197. Bremer Montagsdemo
am 08. 09. 2008  I◄◄  ►►I

 

Danke für das gelungene Fest!

Wieder einmal ist das Fest der Montagsdemo ein voller Erfolg gewesen, auch wenn der Himmel manchmal ein Paar Tränen vergossen hat. Aber was sind schon zwei kurze Schauer gegen eine schöne Feier? Darum bleibt mir auch nur noch eins übrig: Meinen Dank im Namen der Montagsdemo zu sagen. Wir danken allen, die zum Gelingen dieses Festes beigetragen haben!

Danke auch dafür, dass man seitens der anwesenden Parteien, Vereine und anderen Gruppen anerkannt hat, dass die Montagsdemo eine überparteiliche Organisation ist – und dass auch niemand daraus politisches Kapital schlagen wollte. Danke dafür, das wieder alles fair und ruhig abgelaufen ist, dass ihr Anwesenden alle fair miteinander umgegangen seid!

Duo 'Zartbitter'

Danke auch für die Besucher aus Hannover, die von dieser Veranstaltung begeistert waren. Besonders aber möchten wir uns bedanken für die Livemusik der Gruppe „Zartbitter“, bei Steffi mit ihrer Trompete und nicht zuletzt bei der jungen Dame Gesa. Wir bedanken uns auch besonderst bei unseren edlen Spendern und natürlich auch bei der hervorragenden Bedienung. Danke Elisabeth, Hannelore, Regina, Laila und Anke! Auch an Wolfgang und seine Vertretung danke!

Infotische der 'Linken' und der MLPD

Mein persönlicher Dank geht an Horst Frehe von den Grünen, der sein mir gegebenes Wort gehalten hat, gekommen ist und in seiner kurzen Rede anerkannt hat, dass noch vieles zu tun ist. Als letztes möchte ich mich beim Publikum bedanken, das uns trotz zweier Regenschauer treu geblieben ist und uns nicht verlassen hat. Danke für das gelungene Fest!

Udo Riedel (parteilos)

 

Bremen ist nicht das
Paradies auf Erden

Manche Bremer werden neuerdings glauben, dass wir im Paradies der Sozialdemokratie leben! Nun, da die SPD am Ruder des Senates steht, passieren wunderbare Vorstöße, angefangen mit den neuen Strukturen in der Bildung. Hin zu einer Kita für alle! Aufstockung der Miet­obergrenze und der Heizkosten für Hartz-IV-Empfänger! Zuletzt die Initiative für den Mindestlohn in der Zeitarbeit, die im Bundesrat eingebracht werden soll. Auch bekommen nach Forderung von Frau Linnert alle das Recht, ein Girokonto zu führen. Für die am Rande der Gesellschaft Stehenden sind das frohe Nachrichten. Wahrlich paradiesische Zustände in Bremen! So mag es auf den ersten Blick sein, doch die andere Seite der Medaille sieht weniger schön aus.

Jens SchnitkerMan muss bedenken, dass die SPD nicht die Mehrheit im Bundesrat hat. Also sind die ganzen Initiativen nichts weiter als ein Papiertiger. Es weht schon ein anderer Wind, verglichen mit der Großen Koalition vorher. Doch muss man bei allem Lob auch die ganze Wahrheit sagen: Die eigentlichen Probleme der Stadt schiebt man entweder vor sich her, oder man versucht, sie als Sachzwänge darzustellen. So kommt man bei den Altschulden, der jährlichen Zinsbelastung sowie dem ständig wachsenden Haushaltsdefizit nicht von der Stelle. Nein, diese Probleme wachsen jedes Jahr weiter! Die Grunddaten dürften jeden Bremer bitter bekannt sein: Die Altschulden belaufen sich mittlerweile auf 15 Milliarden Euro. Jeder Bremer ist von Geburt an mit 23.000 Euro verschuldet! Jährlich werden stolze 500 Millionen Euro an neuen Krediten aufgenommen. Das aktuelle Haushaltsdefizit hat eine Höhe von 700 Millionen erreicht, infolge der Zinsbedienung für die Altschulden. Einen Schritt in den Schuldenstaat bedeutete auch die Entscheidung, hier ansässige Firmen nicht mehr zu besteuern. Bremen holt sich die Steuern von den Einwohnern!

Diese drängenden Probleme wurden weder vom Vorgänger angepackt, noch bemüht sich der neue Senat ernsthaft um eine Lösung. Es geht nicht nur darum, eine saubere Bonität für Bremen zu erreichen. Anders als der Idealfall sieht die Realität aus. Durch das Verschleppen der Finanzprobleme werden die Schulden für die heranwachsende und die nächste Generation erdrückend, sie sind es schon jetzt. Am 3. September 2008 traf sich erneut die Föderalismuskommission. Sie ist der letzte Strohhalm für Bremen, damit es nicht in Finanzproblemen absäuft. Es geht dort um die Altlasten, also um Schulden der Länder, die sie alleine nicht begleichen können, sowie um die wachsende Zinsbelastung, die die Haushalte der Länder schwer in Mitleidenschaft zieht. Deren Infrastruktur wird brüchig. Betroffene Länder sind Schleswig-Holstein, Berlin, Bremen und das Saarland.

Die Kommission traf sich 2008 schon mehrfach in Berlin. Bisher kam ein nur schlechtes Ergebnis heraus. Der Bund gibt 1,2 Milliarden Euro zum Zinstilgen. Das versprach Bundesfinanzminister Steinbrück den klammen Ländern. Er sagte, deutlich mehr sei „nicht drin“, und forderte zu „mehr Eigenanstrengung“ auf. Wenn also alle vier Länder in den Topf greifen – vor allem Berlin, das mit 40 Milliarden Euro noch höher verschuldet ist als Bremen –, bleiben für Bremen nur noch 40 Millionen Euro übrig. Frau Linnert kann diesen Ausgang nicht akzeptieren. Nach dem Treffen sagte sie: „Das Paradies gibt es nicht auf Erden“ – und redete den Status quo schön. Was bleibt ihr auch anderes übrig? Dem „Weser-Kurier“ sagte sie, die Stadt könne nicht Pleite gehen. Bayern müsse den Banken von jedem Euro Steueraufkommen nur drei Cent geben, Bremen jedoch 17 Cent. Das verdeutlicht, wie groß die Abhängigkeit Bremens gegenüber den Banken ist.

Am gleichen Tag, zu Beginn der Föderalismusreform, tat die „Liberale Gesellschaft“ ihre Meinung kund: Bremen halte doch nur die Hand auf. Die Stadt kümmere sich nicht selbst darum, die Finanzprobleme zu lösen. Die Stadt müsse in dieser Notlage ihr letztes Eigentum verkaufen, also privatisieren. Gemeint sind der Hafen, der Flughafen und die „Gewoba“. Der Verkauf soll zehn Milliarden Euro bringen. Solchen Forderungen widersprach aber der Senat. Dieses Eigentum darf nicht veräußert werden, weil der Hafen eine Gelddruckmaschine ist. Die Stadt kann auf solche regelmäßigen Einnahmen nicht verzichten. So verhält es sich auch mit den Flughafen. Die „Gewoba“ darf ebenfalls nicht in die Händen von Privatinvestoren gelangen, der soziale Wohnungsbau käme sonst total unter die Räder. In einer verarmten Stadt wie Bremen wäre das Sprengstoff. Was also können Bremen und die anderen Länder tun? Ihre Autonomie in der Wirtschaft und im Sozialen verscherbeln? Ein neues Konjunkturprogramm auflegen? Noch mehr sparen?

In Berlin, das in der gleichen Verschuldungsfalle wie Bremen sitzt, wurden schon Wunden geschlagen: Es hat die Berliner Bank verjubelt sowie seine Wohnungsbaugesellschaft. Das brachte aber gar nichts, das Elend wuchs weiter. Berlin ist die Stadt in Deutschland mit der größter Hartz-IV-Rate: Sie beläuft sich auf über 20 Prozent. In dieser fatalen Situation lässt sich schnell erkennen, dass dies eine Rolltreppe abwärts ist, ein Abrutschen der Stadt und der Länder, wie in Bremen jeden Tag deutlich zu beobachten ist. Die Verschuldung der ärmeren Personen steigt enorm. Die meisten Insolvenzen sind private. Der Bremer Knast in Oslebshausen füllt sich immer mehr mit Menschen, die ihre Schulden nicht bezahlen können.

Aktuell steht die Frage des Weiterbestandes der Krankenhäuser auf der Tagesordnung, in Berlin geht es um die städtische Wasserversorgung. Ein weiteres Indiz sind die bundesweit niedrigen Löhne: Nach den USA hat Deutschland das geringste Lohnniveau aller 30 Industrieländer, obwohl es in den USA einen Mindestlohn gibt. Die deutschen und amerikanischen Verhältnisse lassen sich in vielen Punkten vergleichen, schaut man sich etwa das Wachstum der Callcenter an. Unser Bürgermeister Böhrnsen setzt sich für den Weiterbestand des Bremer Callcenters der Telekom ein, obwohl dort das „Hire and Fire“ gilt. Die Callcenter stehen nicht nur wegen ihrer Arbeitsverhältnisse in schlechtem Ruf, sondern auch wegen ihres mitunter kriminellen Umgangs mit persönlichen Daten, wie beim Telekom-Skandal.

Letztlich müssen die Länder wieder die Oberhand bekommen über den Haushalt. Da der Finanzrahmen immer enger wird, muss eine Altschuldenregelung her. Ein Moratorium ist die einzige Möglichkeit, um wieder die Kontrolle zu erlangen über den Kraken Privatwirtschaft und dessen Stütze, die Banken. Ein Schuldenfonds muss her, das ist der eigentliche Knackpunkt. Doch gilt es als aussichtslos, den Berg an Altschulden abzuzahlen. Diese hängen wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Man hat die Länder ganz bewusst in diese Falle laufen lassen, und die Politik war stillschweigend als Gehilfe dabei. Also muss der Senat weder mit den Ländern verhandeln noch mit dem Bund, das ist alles Augenwischerei! Aber Bremen und die anderen kleinen Länder haben nicht das Rückgrat, gegen die Finanzpaläste anzurennen. Es ist kein Geheimnis mehr, dass Bremen längst nicht mehr von der Bürgerschaft aus regiert wird. Die wahren Herren sind die Banken. Das ständige Verschieben einer Lösung der desolaten Finanzlage entschärft kein Problem, sondern verdeutlicht nur das Versagen unserer Politiker. Letztlich wird durch das Weiterrattern der Schuldenuhr für jeden Bremer klar: Die Probleme nehmen zu, und die Verantwortung tragen die Politiker.

Jens Schnitker (parteilos)
 
Niedriglöhne werden Tiefstlöhne: Die unteren Löhne sind im vergangenen Jahrzehnt um 14 Prozent gesunken („Tageszeitung“)

 

Rente trotz Durchschnittsverdienst unterhalb der Grundsicherung

Hans-Dieter Binder1. Am 1. September 2008 war Antikriegs­tag. Er ist wichtiger denn je: Die Bundeswehr ist weltweit einsatzbereit, und die Bundesregierung ist zur Umsetzung der EU-Anforderungen bereit. Notfalls wird die Bundeswehr angeboten. Kanzlerkandidat der SPD ist nun Herr Steinmeier. Er unterstützt Diktaturen! Für den Nachschub der Bundeswehr hat er die EU-Sanktionen gegen Usbekistan unterlaufen. Wer Herrn Steinmeier wählt, erhält einen Kanzler, der für eigene Interessen Leichen in Kauf nimmt. In Usbekistan kann mensch schnell zur Leiche werden!

Die Banken haben viel Steuergeld erhalten. Allein die Rettung der IKB hat zwölf Milliarden Euro gekostet. Die EU will jetzt von der West-LB zwölf Milliarden Subventionen zurückhaben. Die EZB hat 260 Milliarden Euro für Kredite zur Überwindung der Finanzkrise bereitgestellt. Diese werden gegen Sicherheit gewährt, doch dazu werden die faulen Hypothekenpapiere angenommen! 260 Milliarden Euro – dies entspricht dem Volumen des Bundeshaushalts! (Die Aufstockung von Hartz IV auf 420 Euro würde jährlich zehn Milliarden Euro kosten. Dabei weist das IAB auf die „positiven Auswirkungen“ des Kinderzuschlags und der Wohngelderhöhung hin: Damit wird die Zahl der Kinder in ALG-II-Bezug „geschrumpft“, und dieser Effekt wäre bei einer Regelsatzerhöhung futsch!)

Dies zeigt nur die Spitze des Eisbergs bei der Bankenkrise. Grüne, FDP und „Die Linke“ waren sich über einen Untersuchungsausschuss einig, doch nun macht die FDP einen Rückzieher: Sie möchte an Frau Merkel erst einen Fragen­katalog schicken und nach der Beantwortung über den Untersuchungsausschuss entscheiden. Haben die Banken die FDP an ihr Spendenvolumen erinnert? Letztens war Herr Westerwelle in den Nachrichten zu sehen. Er kam von Frau Merkel. Die FDP fordere einen Untersuchungsausschuss über die Bankenkrise. Demnach waren die Antworten von Frau Merkel nicht ergiebig. Herr Westerwelle hat nicht gesagt, dass ohne seinen Fragenkatalog dieser Untersuchungsausschuss längst seine Arbeit aufgenommen hätte. Frau Merkel hat einige Stunden danach die FDP als Wunschkandidat für die weitere Regierungsbildung vorgestellt. Komisch! Ein Untersuchungsausschuss wird nur möglich, wenn Grüne, FDP und „Die Linke“ gemeinsam den Antrag stellen. Wie viel hat diese Regierung zu verstecken? Beamte erhalten keine Aussagegenehmigung, und die FDP wird „gekauft“!

 

2. Münte ist zurück! Gemeinsam mit dem Unterstützer der Diktatur in Usbekistan will er die SPD retten. Damit haben wir die blanke Hartz-IV/Agenda-2010-Be­satzung beziehungsweise den Rest davon zurück an Deck. Die Agenda 2010 ist Armut per Gesetz, für Arbeiter, Angestellte und Kleinunternehmer! Die Agenda 2010 ist der Abstieg für immer weitere Schichten der Bevölkerung. Diese waren bisher treue Anhänger der SPD. Wenn es den in der SPD noch Verbliebenen nicht gelingt, die Führung zu überzeugen, wird die SPD nach der Bundestagswahl als U-Boot weiterfahren!

Ab 2022 erhalten Neurentner, die einen heutigen Durchschnittsverdienst haben, eine Rente unterhalb der Grundsicherung im Alter. Der sogenannte Eckrentner ist dann als Neurentner auf staatliche Leistungen angewiesen. Berechnungen des „Paritätischen Wohlfahrtverbandes“ zeigen: Schon in 14 Jahren, also 2022, wird, bei Berücksichtigung der Inflation, die Durchschnittsrente auf das Niveau der Grundsicherung absinken. Das würde bedeuten, dass gut zwei Millionen Rentner auf Sozialhilfe-Niveau leben. Der heutige Durchschittsverdienst liegt bei 30.000 Euro jährlich, also 2.500 Euro monatlich. Zehn Euro Mindestlohn ergeben bei einer 40-Stunden-Woche nur 1.732 Euro monatlich!

Wer den Durchschnittsverdienst erzielt hat, erhält für die Rentenversicherung einen Entgeltpunkt. Wer nur 75 Prozent verdient hat, erhält 0,75 Entgeltpunkte. Warum ist das so? Die Bundesregierungen haben die Rentenformeln geändert. Walter Riester hat erhebliche Kürzungen zu verantworten, und Ulla Schmidt hat nachgelegt, zum Nachteil der Rentner. Die Rentensteigerungen fallen aus dem gleichen Grund geringer aus. Auch hier wurde die Formel geändert, dadurch wirkt jedes Ein-Euro-Arbeitsverhältnis mindernd auf die Rentenanpassung. Die Regelsätze für ALG II, Sozialhilfe und Grundsicherung im Alter und ihre Erhöhungsformeln sind identisch!

Wer heute als Arbeitnehmer seinen Rentenanspruch auf dem Niveau des Jahres 2000 halten will, muss sechs Prozent seines Bruttoeinkommens für eine private Rentenversicherung ausgeben. Auch dies sichert nur ungefähr die Rentenhöhe, ohne die in der gesetzlichen Rente enthaltenen Vorsorgen für die Besonderheiten des Lebens. Ratsam ist es, das Kleingedruckte genau zu lesen. Zeiten, in denen die vereinbarten Beiträge nicht gezahlt werden, vernichten Ansprüche und damit eingezahltes Kapital. Warum das Ganze? Im Lissabonner Vertrag ist die Reduzierung der gesetzlichen Rente auf eine Grundsicherung vereinbart. Die Arbeitgeber sollen so vor einer Steigerung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung geschützt werden, und die Versicherungsunternehmen erhalten ungeahnte Verdienstmöglichkeiten: Der Monatsbeitrag der Rentenversicherung beträgt 17 Millionen Euro.

Was heißt das, im Alter auf Grundsicherung angewiesen sein? Wie in der Sozialhilfe muss eventuell vorhandenes Vermögen aufgezehrt werden! Diese reale Grundsicherung hat nichts mit dem diskutierten Grundeinkommen zu tun. Nicht zum Vermögen zählen Beträge bis zu 2.301 Euro bei Alleinstehenden und bis zu 2.915 Euro bei nicht getrennt lebenden Ehegatten oder eheähnlichen Partnerschaften. Übersteigende Geldbeträge und sofort verwertbares Vermögen müssen erst aufgegessen werden, bevor die Grundsicherung zahlt. Selbst die Freibeträge des ALG II gelten hier nicht!

Auch die Eigentumswohnung oder das selbstbewohnte Haus, und sei es noch so klein, führt dazu, dass die Grundsicherung nur als Darlehn ausgezahlt wird. Damit wird sicher vielen Kapitalanlegern geholfen. Bereits auf der Veranstaltung des „Westend Bremen“ anlässlich der „Hartz-Reise“ wurde herausgefiltert: Es gibt mehr Geld als käufliche Gegenstände. Durch ALG II ist das Notverkaufsangebot von Eigenheimen erheblich angewachsen. Die Zahl dieser Notverkäufe wird noch weiter steigen. Die Schnäppchenjäger kann es freuen. Die Arbeiter und Angestellten werden ihrer Lebensleistung beraubt!

Ist diese Zukunft garantiert so? Wollen wir die Zukunft so? Nein! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten! Möglichkeiten zur Rettung der Renten nennt die „Arbeitnehmerkammer“. Sorgen wir dafür, dass das politische Personal dies liest, umsetzt und damit den Lissabonner Vertrag bricht! Ja zu Europa – aber nicht zu diesem Preis!

 

3. Der „Weser-Kurier“ berichtet auch über Behördenverhalten. Erst kommt die oder der Betroffene zu Wort, dann eine Beratungsstelle, und das letzte Wort hat die Behörde. Warum? Im „Weser-Kurier“ vom 4. September 2008 hat die AGAB öffentlich gemacht, dass Rentnern und Behinderten vom Amt für Grundsicherung beziehungsweise dem Amt für soziale Dienste zu wenig Geld für die Miete erstattet wird. Die Mietobergrenzen wurden zum 1. November 2007 angehoben. Das Amt für Grundsicherung hat dies in den Einzelfällen, die der AGAB vorliegen, nicht umgesetzt. Petra Kodré als Pressesprecherin der Sozialsenatorin sagt dazu, die Verwaltungsanweisung für das Amt für soziale Dienste und das Amt für Grundsicherung solle im Oktober vorgelegt werden. Bis dahin sollen die Sachbearbeiter(innen) nach der Verwaltungsanweisung für die Bagis handeln. So sei es verpflichtend im Protokoll der Führungsrunde festgelegt. Nach Wahrnehmung der sozialsenatorischen Dienststelle werde dies auch umgesetzt.

Kapp 8.000 Betroffene erhalten Grundsicherung. Jeder Fall werde einmal jährlich „von Amts wegen geprüft“. Damit falle auch auf, wenn zu niedrige Mietobergrenzen anerkannt worden seien, so Frau Kodré. Na klar, diese Menschen können in Ruhe aushalten! Ich finde die Minderzahlung schon empörend, aber noch empörender ist die Vertröstung! Es ist sicherlich kurzfristig feststellbar, wessen Miete nicht voll erstattet wird. Dieser Mensch muss kurzfristig sein Geld erhalten! Grundsicherung ist wie ALG II und Sozialhilfe die unterste Schmerzgrenze! Wie geht Frau Kodré mit den mündlichen Absagen um, mit Menschen, die vorgesprochen haben und mit einer mündlichen Ablehnung wieder gegangen sind? Betroffene, denen nicht die vollen Kosten der Unterkunft, also Miete und Heizung, erstattet werden, kommen einfach zur Bremer Montagsdemo: Wir gehen mit!

Die Verwaltungsanweisung zu den Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II (also für die Bagis) steht unter „Soziales Bremen“. Dort findet sich kein Hinweis, dass diese Verwaltungsanweisung auch für Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter) gültig ist. Auf der Seite „Existenzsicherung/Publika­tionen“ fehlt zu dem Punkt „Verwaltungsanweisung zu den Kosten der Unterkunft nach § 29 SGB XII“ die PDF-Datei. Außerdem ist hier nur eine abgemagerte Form der Verwaltungsanweisung von elf Seiten Umfang veröffentlicht. Die vollständige Verwaltungsanweisung mit 57 Seiten zu den Kosten der Unterkunft steht unter „Sozialer Lebensbund“, siehe 193. Bremer Montagsdemo.

 

4. Die Energiekosten sind erheblich gestiegen, die Abschläge jedoch meistens unverändert. Daher eine Erhöhung der Abschläge entsprechend den Preiserhöhungen vereinbaren und den neuen Betrag bei der Bagis oder dem Amt für Grundsicherung beantragen. Dies schützt vor unliebsamen Überraschungen. Wie dies geht? Wir gehen mit!

Bergbaurecht kann „strahlend“ sein. Das Atommüllager Asse war dem Bergbaurecht untertan. Man hat gar nicht gemerkt, dass dies ungesetzlich ist: Jeder Rauch- oder Feuermelder, der in einer Fabrikhalle eingebaut wird, braucht für den Betrieb eine atomrechtliche Genehmigung. Asse ist eine Atommüllforschungsanstalt! Der Betreiber hat nicht gegen geltendes Recht verstoßen – nicht gegen geltendes Bergbaurecht! Die Verantwortlichen haben aber gegen jeden normalen Menschenverstand verstoßen. Die Folgen werden hoffentlich nicht weiter unter den Teppich gekehrt. Was bleibt, ist der fade Nachgeschmack!

Hier hat der Staat selbst strahlenden Abfall unsachgemäß behandelt. Wie will er die Sicherheit der Atomindustrie gewährleisten? Einfordern von den Betreibern der Anlagen? Mir kommt die Erinnerung an Atombunker in Hanau und die Pannen von Vattenfall. Jegliche Atomkraft ist abzulehnen! Auch wenn die Förderung der Atomkraft im Lissabonner Vertrag vereinbart ist: Atomkraft, nein danke! Verträge können geändert werden. Verstrahlung nicht! Dank der irischen Bevölkerung ist dieser Lissabonner Vertrag nicht in Kraft getreten. Keiner hat das Recht zu gehorchen (Hannah Arendt)! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Montagsdemo für die Todesstrafe

Gudrun BinderIch habe eine Weile überlegt, ob ich auf einen am letzten Montag erschienenen Artikel des „Weser-Kuriers“ eingehe oder nicht. Denn auf eine gewollt irritierend und provokativ aufgemachte Meldung muss mensch nicht eingehen; sie wird dadurch nur interessanter und aufgewertet. Aber so geht es nicht! In diesem Fall mache ich eine Ausnahme, weil es sich um etwas Ungeheuerliches handelt. Was hat sich Herr Weise dabei gedacht?

Der „Weser-Kurier“ will mit der Montagsdemo seit vier Jahren absolut und konsequent nichts zu tun haben. Das angeblich „täglich glücklich“ machende Blatt meidet Meldungen und Kontakte der Demo wie der Teufel das Weihwasser. Jetzt war aber schon auf Seite 2 eine Schlagzeile abgedruckt, die das Wort „Montagsdemo“ dick und fett enthielt. Die gleiche Aufmachung fand sich auch in den Regionalausgaben wieder. Es war zu lesen: „Montagsdemo für die Todesstrafe“.

Ich dachte, ich traue meinen Augen nicht! Aber doch: Der „Weser Kurier“ spielt in übelster Bildzeitungsmanier bewusst mit der deutschen Sprache. Diese Schlagzeile war absichtlich so irreführend, diffamierend und sensationsheischend formuliert. Der Bericht hingegen hat nicht das Geringste mit den bundesweiten Mon­tagsdemos zu tun, die jede Woche in vielen Städten Deutschlands stattfinden.

Es handelt sich um einen Artikel über den schrecklichen Tod der kleinen Michelle aus Leipzig. Wer den Artikel gelesen hat, stellt fest, dass der Verfasser sehr konstruiert die Montagsdemo in dieser Schlagzeile untergebracht hat und die Veranstaltung mit dieser Formulierung in einen schlechten, sprich: beängstigenden und radikalen Ruf bringt. Wer hat diese Überschrift eigentlich erfunden? Ist Herr Gärtner – der Berichterstatter – dafür verantwortlich, oder wächst so etwas auf dem Mist von Herrn Weise?

Wir wissen: Es gibt gute und schlechte Journalisten, gute und schlechte Presse, aber auf dieses Niveau sollte sich auch eine Regionalzeitung nicht herablassen. Dann landet sie schnell im Geruch eines „Revolverblattes“ und disqualifiziert sich selbst als seriöse Zeitung. Oder meint das „täglich glücklich“ machende Blatt, dass es mit solchen „unglücklich“ formulierten Überschriften seinen Absatz steigern kann? Ich weiß ein Dauerthema, um das sich unser Lokalblatt gern ausführlich und beharrlich kümmern kann – und als verantwortungsbewusste Presse auch sollte: Das Sozialticket in Bremen und Bremerhaven ist überfällig!

Gudrun Binder (parteilos)
 
Zehn Monate in der Todeszelle: Auf der letzten Montagsdemo sprach Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann über seinen Kampf um Rehabilitation (Rede zum Weltfriedenstag, MP3, 3.626 kB)

 

SPD schasst Vorsitzenden Beck

Jobst RoseliusAm Samstag, dem 6. September 2008, haben wir ein gelungenes Sommerfest der Bremer Montagsdemo gefeiert – mit einigen Besuchern: So waren auch Mitstreiter der Montagsdemo aus Hannover und ein Freund aus Bremerhaven angereist und trugen zum Erfolg bei. Trotz zweier Schauer wurden alle selbstgebackenen und gegrillten Speisen aufgegessen, und unsere Spendenkasse konnte sich füllen. Lieder von „Zartbitter“, Steffis Trompete sowie „Konservenmusik“ und Udos Moderation brachten den „guten Ton“.

Von den eingeladenen Initiativen und Parteien waren DKP, „Die Linke“ sowie MLPD und ihr Jugendverband „Rebell“ dabei, außerdem der „Umsonstladen Bremen“. Henks Karikaturen gaben den weiteren Rahmen. Horst Frehe von den Grünen war von Udo persönlich eingeladen worden. Sein kurzes Statement, es sei noch viel zu tun auf dem sozialen Sektor – „wir arbeiten dran“ – kann uns aber kaum trösten: Für viele Menschen wird die Situation immer bedrückender!

Am Sonntag kam dann der Hammer: Die SPD schasst ihren Vorsitzenden Beck! Der Basta-Mann und Oberstrippenzieher Schröder hat seine alten Chi­mären Müntefering und Steinmeier neu gesattelt. Der Blässling und Schröder-Nachmacher Steinmeier, der schon im Zusammenhang mit Murat Kurnaz unangenehm aufgefallen war und sich sonst, wie ein echter Bürokrat eben, immer bedeckt hält, um nicht anzuecken, soll den Kanzlerkandidaten abgeben. Müntefering, der Hartz-IV-Einpeitscher und Leuteschinder, soll als neuer Vorsitzender den Takt angeben. Fehlt nur noch, dass auch Rechtsaußen Clement wieder auf die Bühne geholt wird!

An der Spitze also das Reaktionärste vom Reaktionären, was die SPD zu bieten hat. Das kann keinen hinterm Ofen hervorlocken, wieder diese Partei zu wählen! Oskar Lafontaines „Linke“ hat die SPD im Saarland bereits hinter sich gelassen. Wann die Wahlen genau sind, weiß noch keiner. Ich denke, dass alle, die etwas verändern wollen, bereit sein müssen, baldmöglichst in die Offensive zu gehen! Die bundesweite Montagsdemo-Bewegung ruft auf zur Großdemonstration am 8. November 2008 in Berlin. In acht Wochen also fangen wir den Wahlkampf an: Nein zu allen Hartz-IV-Parteien! Mobilisiert alle, die was verändern wollen!

Jobst Roselius

 

Eine Medienkampagne zum Durchsetzen von Gesetzesänderungen

Elisabeth Graf1. Der Gesetzgeber arbeitet an einer weiteren Ver­schärfung der Hartz-IV-Gesetze, die den nichts Gutes ahnen lassenden Titel „Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ trägt. Der diesbezügliche Referentenentwurf befindet sich seit längerer Zeit im Gesetzgebungsverfahren. Es ist zu befürchten, dass neben den bereits zu Papier gebrachten Änderungsvorschlägen auch weitere Verschärfungen zulasten der Betroffenen vorbereitet werden. So beginnt kurz vor der Verabschiedung dieses Gesetzes eine Medien­kampagne, die keine Hetz- oder Diffamierungsmöglichkeit ausspart. In vorderster Front kämpfen hier „Blöd“-Zeitung und Sat1 mit seiner Sendung für Gehirnamputierte „Gnadenlos gerecht – Sozialfahnder ermitteln“.

Sie machen sich Vorurteile und Feindbilder der Gesellschaft zunutze und vertiefen so ganz bewusst deren Spaltung noch weiter. Man versucht, den Zorn der Verängstigten und Verlierer auf diejenigen zu lenken, denen es noch schlechter geht, oder man sät Hass auf Minderheiten, die sich nicht wehren können. Bei den Rechtsextremisten und Neonazis sind das „die Ausländer“, bei „Blöd“ eben „die Hartz-IV-Abzocker“. Natürlich muss Betrug bekämpft werden. Aber „Blöd“ geht es nicht um Missbrauchsbekämpfung, sondern darum, vom ärmlichen und erbärmlichen Schicksal von Millionen ALG-II-Beziehern und ihrer Familien abzulenken. Es soll unter der Hand der Eindruck vermittelt werden, als würden massenhaft Arbeitslosengeldbezieher einem Luxusleben frönen und diejenigen, die zu niedrigsten Löhnen arbeiten müssen, verhöhnen.

Es verwundert mich immer wieder, dass die Bevölkerung noch nicht bemerkt hat, dass die Gesetzesänderung nicht etwa Folge von Missständen ist, die die Medien aufzeigen, sondern dass die Medienkampagnen der Durchsetzung von Gesetzesänderungen dienen und die Realität zu diesem Zweck vollkommen verzerrt dargestellt wird. Die Medien arbeiten dem Gesetzgeber intelligent zu, die Bevölkerung wird manipuliert, was das Zeug hält, und alles „nur“, um die Rechte von Hartz-IV-Beziehern weiter drastisch zu beschneiden und ihnen durch die Hintertür ihre gesetzlich verankerten Grundrechte auszuhöhlen! Dabei wird vergessen, dass diese Grundrechte geschaffen wurden, um den Bürger auch vor Missbrauch durch den Staat zu schützen, wie es ihn im Dritten Reich gegeben hat.

Dieser Schutz wird durch die weiteren Verschärfungen jetzt für alle Betroffenen weiter eingeschränkt werden. Dabei kann man bereits an der Anzahl der bei den Sozialgerichten anhängigen und zu einem hohen Prozentsatz für die Betroffenen erfolgreich abgeschlossenen Verfahren ersehen, dass die Betroffenen eines wirksamen Schutzes wirklich bedürfen. Es ist richtig, dass viele Verfahren gewonnen werden, weil die Behörde die Formalien nicht beachtet hat. Hierbei handelt es sich keineswegs um Kleinigkeiten, sondern fast immer um existenzielle Entscheidungen oder Bescheide. Oft wird erst durch das Urteil des Gerichtes durchgesetzt, dass das Gesetz auch für ALG-II-Bezieher anzuwenden ist, dass Leistungseinstellungen nicht einfach beliebig als Sanktionsmittel zu missbrauchen sind!

 

2. Es wird mal wieder mit Atombomben auf Spatzen geschossen, wenn Arbeitsminister Scholz noch härter gegen den angeblichen Missbrauch bei Hartz IV vorgehen will. Unter anderem beabsichtigt er, eine schärfere Kontrolle der Arbeitsfähigkeit von Hartz-IV-Beziehern durchzuführen. Hierbei sollen insbesondere die Krankmeldungen besser kontrolliert werden. Wie soll ein Sozialfahnder den gesundheitlichen Zustand eines ALG-II-Beziehers kontrollieren können? Werden hier neuerdings nur noch „Ärzte im Außendienst“ eingesetzt? Oder soll jetzt bei einer Arbeitsunfähigkeit ein zweiter Arzt diesen Tatbestand bestätigen müssen? Gehört das dann zur Kostendämmung im Gesundheitswesen? Oder wird Kranksein jetzt bereits als Missbrauch bewertet? Was in aller Welt ist denn dann erst Leben?

Es ist auch typisch, was damit suggeriert wird, dass nämlich Krankheiten bei Hartz-IV-Beziehern grundsätzlich als Fakes zu betrachten sind. Das kommt den Stammtischen wieder mal schwer entgegen. Auch der Zoll soll besser ausgestattet werden, um Schwarzarbeit noch besser aufdecken zu können. Im Vordergrund stünden für ihn dabei vorgeblich eine erstklassige Arbeitsvermittlung und eine bessere Qualifizierung Arbeitssuchender. Unglaublich, aber Scholz sagte, dass er für den Herbst „weitere Erfolge“ am Arbeitsmarkt erwartete. Mir ist nicht ganz klar, mit welchen neuerlichen Rechentricks er innerhalb einer Dekade Vollbeschäftigung erreichen können will. Aber die nächste Bundestagswahl kommt bestimmt...

 

3. Derweil geht auch die Debatte über die angemessene Höhe des Hartz-IV-Satzes weiter. Im Moment lässt sich wunderbar genau die perfide Manipulation bei der Stimmungsmache gegen die Erwerbslosen nachvollziehen. Erst wird in bestimmten Intervallen die enorm hohe Kinderarmut in Deutschland beklagt und von allen Seiten nachgerechnet, dass und warum das ALG II nicht existenzsichernd ist. Und wenn dann eigentlich die Umsetzung dieser Erkenntnis zu höheren Regelsätzen führen müsste, wird von zwei Chemnitzer Wirtschaftswissenschaftlern eine ultra-schwachsinnige, aber brandgefährliche „Studie“ auf den Markt geworfen, dass der Satz bei Hartz IV viel zu hoch sei und im Modellfall ein „gesundes, rational handelndes Individuum“, frei von Sucht- oder anderen Erkrankungen oder Behinderungen, neben den Kosten für die Wohnung mit 132 Euro monatlich auskommen, ja sogar leben könne.

Ob hier jetzt wohl eine neue arische Rasse gezüchtet werden soll? Sollen wir uns von nun an von frisch gepflückten Brennnesseln ernähren? Oder kann mir mal jemand verraten, in welchem Fantasialand es ein Bett mit Lattenrost für 99 Euro, Bettwäsche für 5,99 Euro, ein Unterhemd für einen Euro und ein Paar Socken gar für 33 Cent zu kaufen gibt? Bekommt mensch in dem Kino mit dem Eintrittspreis von 1,50 Euro einen ganzen Werbefilm gezeigt oder gleich ein kleines Büchlein als Daumenkino leihweise in die Hand gedrückt? Sollten jetzt etwa nahezu acht Millionen Menschen gezwungen werden, minderwertige Kleidung zu kaufen, die keine lange Haltbarkeit hat? Dem Menschen muss die Freiheit bewahrt bleiben, zumindest im Bekleidungsbereich nicht auf gebrauchte Artikel zurückgreifen zu müssen!

Davon abgesehen lasse ich mein Leben bestimmt nicht von einem Dippel-Kaufmann ökonomisch bewerten. Ich bin doch keine Ware! Diese Studie dient nur einem Zweck, nämlich den gewachsenen Druck für eine dringend nötige Regel­satzerhöhung wieder abzubauen! Jetzt heißt es außerdem noch, dass ein niedrigerer Regelsatz die Arbeitslosigkeit weiter senken würde! Wieso halten zwölf Millionen Betroffene eigentlich noch immer die Füße still? Der Direktor des „Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts“, Thomas Straubhaar, erdreistet sich zu der Behauptung, dass die Höhe der Sozialleistungen bestimme, ab welchem Lohn ein Mensch bereit sei zu arbeiten. Es ist eine Frechheit, unnachgiebig weiter zu behaupten, dass die Erwerbslosen sofort Arbeit fänden, wenn sie es denn nur wollten, sobald sie durch zu niedrige Transferleistungen zur Arbeitsaufnahme gezwungen werden können. Wie soll man zur Annahme von etwas gezwungen werden, das es nicht gibt, nämlich ordentliche Arbeitsplätze?

Der Sozialforscher Meinhard Miegel bläst mit seiner Behauptung, höhere Sozialleistungen wären kontraproduktiv und würden nur die „Anreize“ erhöhen, nach Deutschland einzuwandern und keine Arbeit aufzunehmen, ins gleiche Horn. Außerdem „rät“ er zu einem „kritischen Blick“ auf die seiner Ansicht nach „weithin glorifizierte“ Lebensform der Alleinerziehenden. Diese stellten ebenfalls einen hohen Anteil der Einkommensschwachen. Er halte es für falsch, die Konsequenzen des Zerfalls dieser Familien auf den Staat abzuwälzen. Er verlangt, über die Kosten dieser Alimentierung müsse offen gesprochen werden. Sollen jetzt vielleicht die Kinder von erwerbslosen Alleinerziehenden zur Adoption freigegeben werden, damit der Staat nicht für sie aufkommen muss? Leider gibt es im deutschen Strafrecht keinen Paragraphen, der den Tatbestand „Aufruf zu Sklaverei“ behandelt. Bevor „Fachleute“ und sogenannte Politiker irgendwelche wirren Vorschläge machen, sollten sie erst einmal nachsehen, ob diese überhaupt legal sind!

 

4. Mit einem „Energiesparbonus“ will Bundeswirtschaftsminister Michael Glos erreichen, dass Verbraucher ihre Stromkosten um bis zu bis 340 Euro jährlich senken können. Mit einem Zuschuss von 150 Euro sollen Verbraucher dazu bewegt werden, Stromfresser gegen moderne und sparsame Herde, Kühlschränke, Waschmaschinen oder Trockner auszutauschen. Dies habe nachhaltigere Wirkungen als Sozialtarife oder Steuersenkungen, erklärte Glos gestern in Berlin. Selten habe ich größeren Blödsinn gelesen. Denn von Sozialtarifen oder einer Begrenzung der Profitmaximierung der Stromerzeuger hätten auch diejenigen etwas, die am meisten unter den mörderisch hohen Stromrechnungen zu leiden hätten. Wenn die Regelsätze für ALG-II-Bezieher schon nicht zum Leben ausreichen, kommt es einer finanziellen Katastrophe gleich, wenn mal der Kühlschrank oder, noch schlimmer, die Waschmaschine kaputtgeht.

Weil die einmaligen Beihilfen durch das menschenverachtende Hartz IV abgeschafft wurden, muss dann „einfach nur“ ein neues Haushaltsgerät her, das selbstverständlich nicht viel kosten darf. So ist es also überhaupt nicht die Frage, ob Menschen dazu bewegt werden können, energiesparende Geräte anzuschaffen, sondern was sie sich momentan leisten können. Von Hartz IV lässt sich real nichts ansparen! Von daher ist es eine infame Lüge zu behaupten, dass dieser sogenannte „Energiesparbonus“ besser sei als ein Sozialtarif. Dennoch kann die Regierung nach außen hin so tun, als ob sie sich wirklich Gedanken darum mache, wie sie ihrer Bevölkerung helfen könne, die explodierenden Energiekosten zu bezahlen. Herausgekommen ist eine ebensolche Mogelpackung wie bei der geplanten Erhöhung des Kindergeldes und des Kindergeldzuschusses. Beide Maßnahmen werden an den ärmsten und bedürftigsten Kindern vollkommen vorbeigehen.

Den Kindern von Hartz-IV-Beziehern wird ihr Kindergeld zu 100 Prozent auf ihren ohnehin schon viel zu mageren Regelsatz angerechnet, sprich: davon abgezogen. Ein höheres Kindergeld würde ihnen also keinen einzigen Cent mehr bringen! Den Kindergeldzuschuss können auch nur die Eltern nutzen, die über ein geringes Einkommen in einer ganz bestimmten Höhe verfügen. Mittels dieses „Synergie-Effektes“ können davon einige wenige Eltern aus der Klasse der Working Poor profitieren. Gleichzeitig fallen sie nicht in Hartz IV, womit auch die Arbeitslosenstatistik aufgehübscht werden kann und wir der Vollbeschäftigung im Niedriglohnbereich immer näher kommen! Wer arbeitslos ist, der soll Freiwild bleiben, rechtloser Paria – das passt dann ganz wunderbar zu dem Ausspruch von Franz Müntefering vor zehn Monaten, dass wer nicht arbeitet, auch nicht zu essen brauche!

 

5. Seit einer Woche gehöre ich selbst zu den in Vollzeit arbeitenden ALG-II-Be­ziehern. Ich mache mein Anerkennungsjahr als staatlich geprüfte Erzieherin in einem Kindertagesheim in der Neustadt. Ich finde, dass ich zu beneiden bin, weil ich in einer Einrichtung arbeiten darf, in der ein sehr angenehmes Betriebsklima herrscht, mit netten, offenen und wohlmeinenden Kolleg(inn)en und liebenswerten, manchmal aber auch anstrengenden kleinen Kindern. Ich komme bereitwillig in diese Einrichtung, weil ich mich auf meine Arbeit freue, gerne mit solch authentischen jungen Menschen zusammen bin und an ihren Einfällen, ihrer Entwicklung teilhaben kann. Ich schätze die Gespräche mit den Kolleg(inn)en, das Gefühl, angenommen und gebraucht zu werden. Das hat nicht jede(r)!

So freue ich mich, den vielen Horrorgeschichten über die Zwangsarbeit, in die viel zu viele Hartz-IV-Bezieher gesteckt werden, auch mal eine positive Geschichte entgegensetzen zu können. Zu bemängeln habe ich allerdings, dass in Deutschland, speziell in Bremen, Erzieher(innen) grottenschlecht bezahlt werden. Dabei übernehmen wir mit der Arbeit an sehr jungen Menschen eine enorm verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe, die finanziell nicht wertgeschätzt wird! Ich werde mein Bestes geben, wenn ich versuche, mein Wissen, meine Empathie und meine Lebenserfahrung, auch durch die Erziehung meiner eigenen Kinder, mit einfließen zu lassen.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Ein Satz, zwei Lügen: Putschmeier und Müntekahlschlag „haben die
Sozialdemokratisierung Europas hinbekommen“ („Spiegel-Online“)
 
„Adolf Nazi war ein charismatischer Redner“:
Schmidt-Schnauze ist das auch („Linkszeitung“)

 

Verschaukelt, missbraucht
und gedemütigt

Erst ein schönes Sommerfest, dann der Peitschenknall bei der SPD. Zur 197. Montagsdemo in Bremen am 8. September 2008 um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz kamen über 40 Personen. Höchst lebendig ging es zu. Viele teils sehr spontane Redebeiträge gaben ein Bild von der Gefühlslage vieler Menschen, die sich von diesem Staat, dieser Regierung und dieser Bürokratie verschaukelt, missbraucht und gedemütigt fühlen. Kommt alle her! Die Montagsdemo ist das Forum, um die Missstände anzuprangern und die Menschen wirklich aufzuklären!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz