171. Bremer Montagsdemo
am 25. 02. 2008  I◄◄  ►►I

 

Da ist der Wurm drin

Angela will Freiheit wagen und geht den Leuten an den Kragen!
Freiheit für die Großkonzerne sehen Ackermänner gerne.
Die Freiheit, arbeitslos zu sein oder aber superreich zu sein?
In dieser Freiheit ist der Wurm drin, Wurmkur hat da keinen Sinn!

Die Bremer Montagsdemo grüßt den Rest der Welt

Refrain: Da ist der Wurm drin, da ist der Wurm drin!
Ne Wurmkur hat da keinen Zweck!
Da ist der Wurm drin, da ist der Wurm drin!
Wie kriegen wir den Dreck bloß weg?
Und die Herrn im Nadelstreifen wolln die ganze Welt umgreifen.
Für die Beherrschung dieser Welt brauchen die Herren unser Geld.
Sparen nennt man sowas heute, damit verkohlt man heut die Leute!
Doch guckt man hin, sitzt da ein Wurm drin! Wurmkur hat da keinen Sinn.
Refrain: Da ist der Wurm drin...
Es ist so schwer, heut zu regieren, denn alle kann man ja nicht schmieren!
Die Leute wollen alle Arbeit, wolln gerechte, echte Freiheit.
Sie wollen nicht auf Sommer warten und mit Kampfaktionen starten!
Und den dicken, fetten Maden wolln die Leute an den Kragen!
Refrain: Da ist der Wurm drin...

Stefanie
„La Cucaracha“, Text: Karl Nümmes, Berlin, vorgetragen von Matthias Feilke.
Auf der Tonaufnahme (MP3, 1.703 kB) folgt im Anschluss die Nachricht von
Jobst Roselius, dass unsere beim Regionaltreffen vermisste Mitstreiterin
Stefanie am Vorabend in der Straßenbahn niedergeschlagen worden ist

 

Es kommt anders, als man denkt

Hamburg hat gewählt, und was ist dabei herausgekommen? Zumindest sagt die Bevölkerung: So wie es war, soll es nicht mehr weitergehen. Das ist Demokratie, die Bevölkerung hat entschieden! Nun, ihr lieben Politiker, dann macht mal was daraus! Neue Farbmischungen sind im Gespräch. Warum nicht? Das wäre doch mal einen Versuch wert! Dazu fällt mir auch Hessen ein: Den Herrn Koch wollen die Wähler nicht mehr, das steht nun mal fest. Für die SPD geht es ohne Partner nicht, und die FDP ist dort noch einmal das Zünglein an der Waage. Sie hätte es in der Hand! Doch wenn es in Hamburg möglich sein soll, neue Farben zu mischen, warum nicht auch in Hessen?

Info-MichelDie Mischung wäre eine Bankrotterklärung der drei alten Parteien: Die CDU wirft der SPD weiterhin Wählerbetrug vor, die SPD möchte regieren und hat sich selbst die Tür verbaut, die FDP spielt die beleidigte Leberwurst. So weit, so gut! Mein Vorschlag für Hessen: Herr Koch zeigt, dass er ein guter Demokrat ist und tritt in Würden ab, CDU und SPD machen ein schwarz-rotes Bündnis, und die FDP geht dahin, wo sie hingehört: ins Abseits. Zusammen mit Grünen und „Linken“ kontrolliert sie das Ganze. Dann könnten die beiden Großen mal beweisen, was sie wirklich für die Wähler tun!

Das Ganze hat nur einen Haken: Die Wahl zum Ministerpräsidenten soll geheim stattfinden. Niemand weiß, wer wen wählt! Man stelle sich nur mal vor, Frau Ypsilanti erhielte mehr Stimmen, als SPD, Grüne und „Linke“ haben – was für eine Aufregung! Wer sind die Umfaller? Wer jetzt noch auf seinem Standpunkt besteht, darf eigentlich nicht mehr von Demokratie reden, bei der das Volk entscheidet und jeder Abgeordnete nur seinem Gewissen verantwortlich ist. Wer das nicht will, hat nur ein Ziel: Er will herrschen!

Am Sonnabend hatten wir unser drittes Treffen mit anderen Montagsdemonst­ranten und -demonstrantinnen aus Norddeutschland. Ich durfte moderieren und war angenehm überrascht über die Disziplin, die dort herrschte. Danken möchte ich allen, die unser Fest – denn das war es ebenfalls! – organisiert und zu seinem Gelingen beigetragen haben. Das gilt auch für die kulturellen Beträge: eine Führung durch das Hafenmuseum von Jobst, die nicht nur bei unseren auswärtigen Gästen sehr großen Anklang fand, und die Live-Musik von Matthias und zwei Besuchern. Das Essen, von Dörte, Marietta, Hannelore und Wolfgang zubereitet, war sowieso spitze!

Was die Organisation betrifft, darf Rolf nicht vergessen werden. Wir haben unsere Standpunkte geklärt und sind zu dem Schluss gekommen: Wir machen weiter und werden den Politikern weiter auf den Geist gehen! Wir haben eine Re­solution auf den Weg gebracht und fordern, dass das Offene Mikrofon in jeder Stadt erlaubt sein muss. Das gehört mit zur Demokratie! Neue Anregungen sind gekommen, auch von jungen Leuten. Wir wollen uns eine Ausarbeitung von Marcus zum Ziel nehmen. Ein Applaus an alle, die dabei waren und mitgewirkt haben!

Udo Riedel (parteilos)
 
„Es wird Zeit, dass wir uns um Politik kümmern“: Bei der „Linken“
wird zu viel über Personen geredet („Weser-Kurier“)

 

„Macht Lafo Deutschland
unregierbar?“

Wieland von HodenbergSo fragt heute die „Blöd“-Zeitung in süffisant-bösar­tigem Tonfall. Wen fragt sie das eigentlich, oder richtet sie die Frage an sich selbst? Wenn ja, könnte selbst sie irgendwann darauf kommen, dass nicht „Lafo“ (gemeint ist Oskar Lafontaine), sondern die zerfallenden Kriegs- und Hartz-Parteien dieses Land unregierbar machen: unregierbar, was die Schaffung von Frieden und sozialer Gerechtigkeit angeht! Wenn sich die Vertreter eben dieser Parteien nach der Hamburger Wahl wieder beruhigt und sich die Gesichtszüge des während der sogenannten Elefantenrunde ständig grinsenden Herrn Pofalla in ihren Normalzustand zurückverwandelt haben, werden wir ja sehen, was passiert: Alle Welt wird feststellen, dass alles beim Alten beziehungsweise bei den Alten bleibt. Wie auch immer der Schacher um die Hamburger Pöstchen ausgehen mag, fünf Punkte scheinen unter jedweder Koalition sicher: „Ole“ bleibt, das Sozialticket wird nicht eingeführt, die Studiengebühren werden nicht rückgängig gemacht, die Elbvertiefung wird durchgezogen und das monströse Kohlekraftwerk am Stadtrand wahrscheinlich gebaut!

Wir sind in Bremen nicht besser dran: Auch hier unter Rot-Grün wird weiter öffentliche Daseinsvorsorge durch Privatisierung zerstört und sozialen Projekten durch Kürzungen und Streichungen das Überleben unmöglich gemacht. Die Reichen werden noch mehr Reichtum anhäufen und noch mehr Steuern hinterziehen, und Rentner, Hartz-IV-Opfer, Kranke, Behinderte, Asylsuchende und so weiter werden wie immer das Nachsehen haben! Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie längst verboten“. Das trifft auf jeden Fall zu! Ein Grund mehr, hier für positive Veränderungen zu kämpfen und weiterhin Montagsdemos zu machen! Zum Beispiel muss das von der Koalition versprochene Sozialticket schnellstens her! Alles könnte finanziert werden durch eine Umkehr der Umverteilung, durch einen Stopp von Steuerflucht und Rüstungswahnsinn. Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan, und die Hartz-Gesetze müssen weg!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Rückfall in die Sklaverei

Elisabeth Graf1. Am letzten Samstag fand das Treffen der norddeutschen Montagsdemos in Bremen statt. Bei herrlichem Sonnenschein, aber eisigem Wind holten wir die meisten unserer Gäste aus Hamburg, Hannover, Oldenburg, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Peine, Verden und Bassum am Bremer Hauptbahnhof ab. Unser erstes Ziel war das Hafenmuseum im Speicher 11, was auch für uns Bremer und Bremerinnen unvermutete Neuigkeiten ans Tageslicht brachte. Viele uns beschlossen, dass wir hierhin noch ein weiteres Mal privat fahren wollen, denn angesichts des geplanten Programms blieb uns zu einer ausführlichen Besichtigung nicht genügend Zeit.

Unser nächstes Ziel war ein Kindertagesheim in Oslebshausen, wo unsere Tagung stattfinden sollte. Der Dank gebührt denjenigen der Bremer Montagsdemo, die sich über viele Stunden hinstellten, um uns allen sowohl Kaffee und Kuchen als auch später noch „Kohl und Pinkel“ oder Gemüsesuppe zu kredenzen. Während die kulinarischen Bedürfnisse abgedeckt wurden, kamen die kulturellen auch nicht zu kurz. Matthias und andere spielten Gitarre, und wir sangen politische Lieder dazu. Außerdem stellten sich die Delegationen der einzelnen Städte vor und brachten ihre Hauptthemen auf den Punkt.

In einigen Städten versuchen die herrschenden Politiker, uns das Offene Mikrofon zu verbieten, indem sie dessen Einsatz an eine bestimmte Mindestteilnehmerzahl knüpfen. In Wilhelmshaven gelang es den Montagsdemonstranten, das Mikrofonverbot aufzuheben. Das Untersagen des Lautsprechereinsatzes wurde ausgerechnet damit „gerechtfertigt“, dass es auf diese Weise 30 marschierenden Faschisten verunmöglicht würde, ihre braune Pest per Mikrofon unter die Leute zu bringen. Wie völlig absurd mutet es dann an, ausgerechnet bekennenden Antifaschisten und bunten Demokraten den Einsatz ihres Lautsprechers verbieten zu wollen! Für das Offene Mikrofon erhielt die dortige Montagsdemo dann eine Ausnahmegenehmigung.

In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover hingegen ging die Staatsmacht mit aller nur möglichen Gewalt gegen die freie Meinungsäußerung auf der Montagsdemo vor und beharrte auf der absurden Forderung, erst ab einer Anzahl von 50 Personen sei die Mikrofonbenutzung erlaubt. Komisch, das Grundgesetz bemisst die Meinungsfreiheit nicht an Teilnehmerzahlen! Aber in Hannover gab es inzwischen fünf Strafverfahren, um die öffentliche Diskussion zu verhindern. Bisher mussten dafür schon 3.000 Euro ver(sch)wendet werden. Zwei Mitdemonstranten wurden zu Geldstrafen wegen „Widerstandes gegen die Staatsgewalt“ verurteilt, einer solle auch noch „gewalttätig“ geworden sein.

Neben diesen Erschwernissen fragten wir uns auch, warum wir eigentlich weitermachen. Mit dem Offenen Mikrofon haben die Montagsdemos ein Faustpfand gewonnen und eine demokratische Streitkultur entwickelt, die sich hören und sehen lassen kann. Sie bildet ein angenehmes Pendant zu Fernsehsendungen, bei denen sich Diskussionsteilnehmer gegenseitig nicht ausreden lassen und chronisch überbrüllen. Wir stellten uns noch die wichtige Frage, wie wir mehr Leute dazu motivieren können, mit uns auf die Straße zu gehen. Klar: Viele sind „kaputt“ oder glauben, ohnehin nichts mehr bewirken zu können. Es wäre sicherlich gut, wenn immer wieder zwischen den einzelnen, ins Detail gehenden Redebeiträgen gesagt würde, wer wir sind, warum wir hier stehen.

Es ist ganz wichtig, der Bevölkerung nahezubringen, dass sie sehr wohl betroffen ist, auch wenn sie noch Arbeit hat. Ein Bremer Montagsdemonstrant brachte es auf den Punkt: Wer weiß, dass er gebraucht wird, muss sich nicht die Frage stellen, ob er sich aufraffen kann, zur Montagsdemo zu gehen! Ein Schulterschluss zwischen Erwerbslosen und Noch-Arbeit-Habenden sollte erkämpft werden! Nachbesprechungen sind wichtig und wertvoll, weil sich so die Organisation besser steuern und grundsätzlich auch auf mehrere Schultern verteilen lässt. Zum Schluss wurde eine Resolution verabschiedet, in der wir uns eindeutig auf die Seite der Verurteilten in Hannover schlagen und ihnen alle uns mögliche Unterstützung zusagen!

 

2. Nach Einschätzung des sachsen-anhaltinischen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer ist Kindstötung für manche ostdeutsche Frau „ein Mittel der Familien­planung“. Der CDU-Politiker sieht die Ursache dafür in einer politischen Entscheidung der siebziger Jahre und führt die häufigen Fälle von Kindstötungen in Ostdeutschland allen Ernstes auf die „DDR-Vergangenheit zurück“. Er „erklärt“ sie sich vor allem mit einer „leichtfertigeren Einstellung zu werdendem Leben“ in den neuen Ländern und stellt sogar die Behauptung auf, dass eine Kindstötung für manche ostdeutsche Frau anscheinend „ein Mittel der Familienplanung“ sei.

Diese Einstellung halte er für eine „Folge der DDR-Abtreibungspolitik“. Dass Frauen dort nach 1972 bis zur zwölften Woche ohne jede Begründung die Schwangerschaft abbrechen konnten, wirke bis heute nach, sagte Böhmer, der bis 1990 Chefarzt der Gynäkologie in Wittenberg war. Er stellt die Behauptung auf, dass viele Ostdeutsche „zu sehr auf den Staat fixiert“ seien und dadurch ihre „individuelle Verantwortung“ aufgäben. Davon fühle er sich „sehr gestört“.

Ach Gott, was für ein (vermeintliches) Seelchen! Jetzt muss wieder der Antikommunismus dafür herhalten, dass in den neuen Bundesländern leider vermehrt Kindstötungen begangen werden. Mit solchen Ammenmärchen drücken sich heutige Politiker davor, die Ergebnisse ihrer unsozialen Politik in Richtung Pauperismus genauer zu betrachten.

Kindstötungen hat es immer gegeben, besonders bei überforderten, alleingelassenen, finanziell armen und eben sehr jungen Frauen. Jedoch können gerade letztere – die zumeist ganz jungen, überforderten und oft alleingelassenen Frauen – von der alten DDR schon altersmäßig kaum etwas mitbekommen haben! Herrn Böhmers hetzerische Äußerungen klingen fast wie die abwegige Behauptung, dass Kommunisten ihre Kinder auffressen. Ich mache die unsoziale und kinderfeindliche Politik von CDU und SPD mit ihrer staatlich verordneten Massenarmut für die Kindstötungen verantwortlich!

 

3. Eine Schweinerei jagt die nächste: Die Bundesagentur für Arbeit geht in ganz Deutschland von geschätzt 400.000 bis 600.000 langzeitarbeitslosen Menschen mit mehr oder weniger großen „Vermittlungshemmnissen“ aus. Mangelnde Qualifizierung, Schulden, ein Alter über fünfzig Jahre, Sucht- oder psychische Erkrankungen, oftmals kombiniert, mindern die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Für diese Zielgruppe hat der „Paritätische Wohlfahrtsverband Thüringen“ das Modell „Pro Arbeit“ entwickelt.

Landesgeschäftsführer Reinhard Müller beschreibt die Vorteile für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wie folgt: „Die Idee von ‚Pro Arbeit‘ ist es, Arbeitnehmer und Arbeitgeber passgenau zusammenzubringen. Bei Langzeitarbeitslosen werden die beruflichen und sozialen Integrationsmöglichkeiten verbessert. Arbeitgeber entlasten vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftemangels ihre personellen Ressourcen und schaffen neue Arbeitsplätze, denn im Fokus stehen einfache Tätigkeiten, derer sich sonst Fachkräfte annehmen müssen.“

Für die Arbeitgeber lohnt sich die Einstellung zudem, da für Hartz-IV-Emp­fänger jetzt ein Beschäftigungszuschuss gezahlt wird, der sich an der Höhe des individuellen „Nachteilsgrades“ orientiert. Der Bundestag hat bei der Schaffung dieses Zuschusses auf maßgebliche Zuarbeiten des „Paritätischen Thüringen“ zurückgegriffen. Mit diesem bundesweit einmaligen Projekt will der Wohlfahrtsverband Langzeitarbeitslose auf dem regulären Arbeitsmarkt dauerhaft integrieren. Zentrales Element des aus Mitteln des „Europäischen Sozialfonds“ geförderten Projektes ist der sogenannte Nachteilsausgleich, mit dem individuelle Schwächen finanziell ausgeglichen werden.

Hier schwächelt die Vollbeschäftigung und nur selten der Einzelne, der dieses gesellschaftliche Problem allein auf seinem Rücken tragen und ausbaden soll!

 

4. Der Lohn reicht nicht – immer mehr Hessen brauchen trotz Arbeit staatliche Hilfe! Obwohl in Hessen weniger Menschen als vor einem Jahr auf Hartz IV angewiesen sind, ist gleichzeitig die Zahl derjenigen gestiegen, die trotz Arbeit ohne staatliche Hilfe kein Auskommen haben. Erstaunlicherweise spricht Jürgen Spatz von der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit in Frankfurt dennoch davon, man sei drei Jahre nach dem Start der Hartz-IV-Reform nun „so richtig in die Gänge gekommen“. Arge-Sprecher Matthias Schulze-Böing versteigt sich sogar auf die Behauptung, dass die gestiegene Zahl von Menschen mit Arbeit, die staatliche Hilfe benötigten, auch einen „Ausdruck des Erfolgs“ darstellten, da gerade Langzeitarbeitslose anfangs oft nicht viel verdienten.

Anstatt von der Politik zu verlangen, dafür Sorge zu tragen, dass die Unternehmer ihren Angestellten faire Löhne zahlen müssen – damit diese nicht weiterer staatlicher Aufstockung bedürfen, um überhaupt mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen –, wollen die Behörden verstärkt an der „besseren Qualifizierung“ von Geringverdienern arbeiten. Da wird das Pferd doch immer wieder neu vom falschen Ende her aufgezäumt! Schulze-Böing hält es für gottgegeben, dass in Wirtschaftsbereichen, Handel, Verkehr oder Sicherheitsdienst grundsätzlich nur sehr geringe Löhne gezahlt werden. Hier zeigt sich immer wieder neu, dass die Hartz-Gesetze ausschließlich dazu dienen, einen flächendeckenden Niedriglohnsektor zu schaffen und allgemeine Arbeitsrechte abzubauen!

 

5. Der rumänische Gewerkschaftsbund Cartel Alfa hat dem finnischen Handy-Hersteller Nokia vorgeworfen, in seiner neuen Fabrik im rumänischen Jucu die Arbeitszeit über das im Lande zulässige Maß hinaus verlängern zu wollen. „Dies wäre eine neue Form der Sklaverei“, sagte letzten Dienstag der Präsident von Cartel Alfa, Bogdan Hossu. An den rumänischen Standort wird die Produktion des Handy-Werks in Bochum verlagert, das im Gegenzug geschlossen wird. Hossu meinte weiterhin, dass Nokia über eine Änderung des rumänischen Arbeitsgesetzes erreichen wolle, dass die Arbeiter in Jucu für 60 bis 70 Stunden pro Woche zur Arbeit verpflichtet werden dürfen! Im Moment sind höchstens 48 Stunden zulässig.

Vor einigen Tagen hatte Rumäniens Arbeitsminister Paul Pacuraru erklärt, Nokia habe bei ihm eine Änderung des Arbeitsgesetzes mit dem Ziel beantragt, es „flexibler“ zu machen. Ob sich der Nokia-Vorstand ausgemalt hat, in einem anderen Land noch hässlichere Vorgehensweisen durchziehen zu können? Es reicht diesem raffgierigen Konzern wohl nicht aus, rumänische Arbeiter für einen Bruchteil vom deutschen Lohn auszubeuten, nein: Sie sollen dafür auch noch fast die doppelte Arbeitszeit absolvieren! Mit wahrlich selbstverständlicher Impertinenz schlägt das Nokia-Imperium vor, für sie das Gesetz zu ändern.

Schöne Aussichten, wenn jetzt also die Konzerne die Gesetze schreiben! Auch hier in Deutschland machen Konzerne beziehungsweise Wirtschaftszweige schon lange Gesetze, aber bisher versuchte das niemand so frech und dazu öffentlich, wie Nokia es anscheinend tut. Das ist wirklich ein Rückfall in die Sklaverei!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
Jahresüberschuss um acht Prozent auf 941 Millionen Euro gestiegen: Henkel will weltweit rund 3.000 Arbeitsplätze streichen („Spiegel-Online“)
 
3,7 Milliarden Euro Vorsteuergewinn: BMW will
8.100 Stellen abbauen („Spiegel-Online“)

 

Die Selbstkastration
der Politik in Lissabon

Hans-Dieter Binder1. Das Bremer Sozialticket soll nun doch „grün“ werden. Die Bagis soll dazubezahlen, ziert sich aber wohl. Ihr könnt der Bagis oder Arge bei dieser Entscheidung helfen und einfach bei jeder „Einladung“ die Übernahme der Fahrtkosten beantragen. Die Untergrenze von sechs Euro wurde vom Bundes­sozialgericht kassiert. Schon die Hälfte, somit drei Euro, sind eine Grenzüberschreitung. Antrag, Widerspruch und leider notfalls auch Klage sind nötig, um dieses Geld zu erreichen – wobei letztens bei einer Arge in Niedersachsen auf „erstes Verlangen“, nach mündlichem Antrag, die Fahrtkosten unter sechs Euro übernommen wurden.

Wer dieses Thema für die Vergangenheit abarbeiten möchte, stelle folgenden Antrag: „Ich bitte um eine Überprüfung nach § 44 SGB X und beantrage meine Fahrtkosten von und zur Bagis für alle aus der Akte ersichtlichen Wege. Berücksichtigen Sie bitte auch, dass ich oftmals Unterlagen zur Sicherheit persönlich abgegeben habe.“ Datum und Unterschrift nicht vergessen! Das Urteil (Aktenzeichen B 14/7b AS 50/06) muss nicht angegeben werden, die Bagis kennt die Rechtsprechung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Ich habe gestern der Mitgliederversammlung der Partei „Die Linke“ in Bremen beigewohnt. Ich bin als Revisor gewählt worden. Der „Weser-Kurier“ vom 25. Februar 2008 schreibt: „Inhalte erst im nächsten Anlauf“. Doch sie waren da, bei der Kandidatenvorstellung. Als besonders erfreulich habe ich vernommen, dass es in die Tiefe ging: um den Lissabonner Vertrag und den Bologna-Prozess.

Vielleicht war der „Weser-Kurier“ da noch nicht anwesend? Natürlich kommt bei den Anträgen mehr an Details zur Sprache. Zum Ende der Veranstaltung erhielten Redner(innen) das Wort, die eigentlich zu den Anträgen reden wollten. Nach dem Schluss der Redeliste wurden die Namen der Personen vorgelesen, die noch zu Wort kommen sollen, und damit war die Sache inhaltlich gelaufen.

Heute habe ich im „Deutschlandfunk“ eine Debatte über die Hamburger Wahl und ihre Folgen gehört. Die Politiker können vieles nicht ändern, sprach ein Professor. Begründen musste er seine Einschätzung nicht, der Diskussionsleiterin war dieser Punkt unangenehm, denn „Die Linke“, das hörte man in der Diskussion, ist die einzige Partei, die im Wahlkampf Kritik am Lissabonner Vertrag geübt hat. Der nächste Redner machte daraus eine Anfechtung der „Globalisierung“, von der Hamburg doch besonders profitiere. Lissabon wurde danach nicht wieder aufgegriffen.

Die Politik kann bestimmte Bereiche nicht ändern, weil die Lissabon-Strategie das nicht zulässt! Diese Politiker setzen nur noch die Vorgaben der EU um. Dabei ist auch der Lissabonner Vertrag änderbar, doch seine Weiterentwicklung obliegt einer Expertenkommission ohne jegliche parlamentarische Kontrolle. Diese Expertenkommission muss hinterfragt und umgehend einer parlamentarischen Kontrolle unterstellt werden!

Am Sonntag wurde in der Wahlmoderation sogar die Handelskammer zur Lage in Hamburg befragt. Auch dies ist eine (bewusste?) Umsetzung des Lissabonner Vertrags: In der „Metropolregion Oldenburg/Bremen“ sitzen in den Gremien auch Vertreter der Wirtschaft mit vollem Stimmrecht, obwohl sie keine Legitimation durch den Wähler haben. Die Schaffung dieser „Metropolregion“ und auch die Einsetzung dieses Regierungsgremiums erfolgt nach Vorgaben der Europäischen Union! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

3. Herr Mehdorn sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Bahn durch die vereinbarten Tariferhöhungen für die Lokführer gefährdet, so der „Weser-Kurier“ vom 25. Februar 2008. Nicht durch die Entlohnung des Vorstandes, der seine Bezüge um 300 Prozent erhöht hat? Herr Mehdorn, am besten reduzieren Sie vor einer Sparrunde erst einmal die Vorstandsbezüge auf eine angemessene Vergütungshöhe, bevor auch nur eine(r) Ihrer Mitarbeiter(innen) einen Cent einbüßt!

In der „Tagesschau“ kam zur Meldung, die IG Metall habe eine 5,2-prozentige Tariferhöhung erreicht, der Hinweis, dieser Abschluss werde „schwer zu verkraften“ sein. Die nächste Meldung betraf das Plus im Ergebnis der Allianz-Versicherung von über zwölf Prozent. Dazu kam der Hinweis, man müsse Personal abbauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben: 450 Menschen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. Die Schriftstellervereinigung PEN kritisiert die Wirtschaft, weil sie für die Abschaffung der Künstlersozialkasse geworben hat, so der „Weser-Kurier“ am 22. Februar 2008. Die Prüfungen dieser Kasse bei den zahlungsverpflichteten Unternehmen werden als lästig empfunden: Nur freiwillig wird offensichtlich nicht richtig abgerechnet. Nichts hinzuzufügen habe ich dem Satz: „Wer das symbiotische Verhältnis zwischen Kulturschaffenden und den Kulturverwertern aus Gewinnsucht missachtet, gefährdet den Mehrwert der freien Kreativität und betrügt die Gesellschaft.“

Auch in anderen Bereichen wird geprüft: „Fahnder fahren Millionen ein“, schreibt der „Weser-Kurier“ am 20. Februar 2008 über die Aufklärung von Ab­rechnungsbetrug gegenüber den Krankenkassen. Die aufgedeckten Betrugsfälle sind mannigfaltig. Hinzu kommen viele Selbstanzeigen, wenn die Fahnder sich nur angemeldet haben. Damit entgeht der Täter einer strafrechtlichen Würdigung. Die Zahl der Fahnder wird jetzt von zehn auf 15 Köpfe erhöht.

„Bremer noch nicht im Visier der Fahnder“, beruhigt der „Bremer Anzeiger“ vom 24. Februar 2008. Gefragt wurden Herr Albers, Leiter der Abteilung Steuern bei der Finanzsenatorin, somit auch verantwortlich für die Steuerprüfung (oder -nichtprüfung) in Bremen, und Frau Bleiker, Sprecherin des Finanzressorts. Zu erfahren war: „Es hat in der vergangenen Woche einige Selbstanzeigen gegeben, allerdings nicht signifikant mehr als sonst auch eingehen.“

Bremen hat mit 26 Fahndern 2006 sieben und 2007 zwölf Millionen Euro Steuermehreinnahmen durch ihre Ermittlungen veranlagt. Außerdem hat Bremen 135 Betriebsprüfer. Somit werden Großunternehmen alle vier, mittlere Unternehmen alle 13 Jahre geprüft. Es fehlt eine Aussage über den Mehrerlös der Betriebs­prüfer und den Umgang mit Millionären. Wie es mit der Steuergerechtigkeit aussieht, erfährt man in einer Zusammenfassung des Bundesrechnungshofes zum Steuervollzug und bei den vorherigen Bremer Montagsdemos. –

Die Banken wurden zu Hypotheken-Konditionen getestet – von der „Stiftung Warentest“, meldet der „Deutschlandfunk“. Es wird auch eine Klausel angeboten, mit der die Bank sich verpflichtet, den Kredit nicht zu verkaufen. Diese soll aber nur gelten, wenn die Vereinbarungen eingehalten werden, der Kredit also vereinbarungsgemäß bedient wird. Soweit der Bericht. Doch haben bisher nicht alle Banken betont, sie verkauften nur notleidende Kredite, also die nicht vereinbarungsgemäß bedienten? Das betrifft zum Beispiel Kredite von ALG-II-Betroffenen, weil die Arge sich weigert, diese Tilgungsbeträge zu übernehmen, auch nicht als Darlehn. Hat die „Stiftung Warentest“ dies gleich mitgetestet? Diese Klausel soll extra kosten – für etwas, das sowieso nicht passiert? Ich bin auf die Veröffentlichung in der Zeitschrift „Test“ gespannt! –

Die Bundesländer und die Gemeinden sollten verpflichtet werden, keine weitere Verschuldung einzugehen – so ungefähr hat Bertelsmann des Volkes Stimme eingefangen. So ähnlich steht es auch im Entwurf der „Föderalismuskommission“. Die Verschuldungsgrenze müsse starr und eng sein, fordert Herr Röwekamp laut „Weser-Kurier“ vom 21. Februar 2008. Das leuchtet ein, oder? Diese Regelung zwingt zur Privatisierung, ganz im Sinne des Lissabonner Vertrags! Weniger Schulden, wer möchte dies nicht? Nur sinnvolle Schulden, das wäre richtiger!

Bremen hat für den Klinikneubau einen privaten Investor gesucht. Die Privaten wollten eine größtmögliche Bürgschaft der Freien Hansestadt. Gewinne hätte der Investor erhalten, Verluste wären an die Stadt weitergereicht worden. Weil es diese Verschuldensgrenze nicht gibt, kann Bremen den Bau der Klinik selbst durchführen. Wenn sie kommt, kann Bremen solche Projekte nur mit einen privaten Investor verwirklichen. Investoren werden sich entsprechend teuer verkaufen! Insgesamt werden die Investitionen für die Steuerzahler unwirtschaftlicher, aber die Vorgaben des Lissabonner Vertrages werden umgesetzt: Alles was irgend geht, soll privatisiert werden! Auch dieses kleine Beispiel zeigt, dass der EU-Vertrag unakzeptabel ist! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

5. Die Bagis und andere Argen missachten absichtlich Gerichtsurteile. Es könnte sich ja ein Richter finden, der den Fall anders sieht! Erst wenn der Mensch nach einem Widerspruch die Klage einreicht, kommt – oh Wunder – von der Bagis oftmals das Einlenken. Auch die Richter in Bremen mögen nicht gerne eine Sache mehrfach verhandeln. Gespart hat die Bagis an den Menschen, die glauben, von einer Behörde nicht über den Tisch gezogen zu werden, oder die einfach nicht klagen mögen! Warum nur?

Der „Weser-Kurier“ schilderte am 16. Februar 2008 den Fall eines Hartz-IV-Betroffenen, der zur Bagis ging, weil er mit seinem Vermieter Ärger hatte. Ein neuer Mietvertrag wurde vorgezeigt. Diese Wohnung sei „etwas teuer“, hieß es, „da werden Sie wohl etwas zuzahlen müssen!“ Seit dem Umzug muss der Betroffene 115 Euro selbst zahlen. Über 1.000 Euro Schulden haben sich angehäuft.

Wer einen Umzug plant, sollte sich die Kostenübernahme vorher schriftlich von der Bagis gegenlassen. Ein Leserbriefschreiber meint: „Wer so vertrauensvoll mit der Bagis umgegangen ist und dieses Ergebnis verkraften muss, sollte Widerspruch und notfalls Klage erheben.“ Sind vier Wochen vorbei, lässt sich Antrag auf Überprüfung stellen. Die 115 Euro monatliche Eigenbeteiligung rechtfertigen ein einstweiliges Rechtschutzverfahren. Diese Summe ist nicht „etwas zuzahlen“!

In jedem Fall heißt es, schleunigst einen weiteren Umzug anzupeilen Wer keine Küche hatte, kann eine Erstausstattung beantragen. Viele Fakten sind unklar, aber nicht klein beigeben: Hier liegt unzweifelhaft ein Beratungsfehler der Bagis vor. Wie dies geklärt wird? Wir gehen mit! Dies alles passiert nicht, wenn mensch zu zweit zur Bagis geht, aber auch wer allein dort war und das Anliegen nur mündlich besprochen hat, kann die Einhaltung der Zusagen einfordern und das gesprochene Wort ernst nehmen, mit Widerspruch und Klage. Schon mit schriftlicher Wiederholung des mündlichen Antrags lässt sich eventuell viel reparieren. Wer noch vorbeugen kann, sollte nicht allein gehen.Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Beschwerdemöglichkeit im Sozialrecht per Gesetz abgeschafft

Mit der Drucksache 16/7716 vom 11. Januar 2008 hat der Bundestag einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vorgelegt. Hinsichtlich der Möglichkeiten für ALG-II-Betroffene, sich gegen rechtswidrige Bescheide und Handlungsweisen der Argen zu wehren, sind deutliche Verschlechterungen geplant. Mit diesem Beitrag möchte ich mich auf nur zwei davon beschränken:

Die Möglichkeiten zur Beschwerde im Eilverfahren so einschneidend zu beschränken, hätte für viele Betroffene bittere Folgen, wie das nachstehende Beispiel aus Bremen zeigt:

In dem Rechtsstreit Aktenzeichen S2 V338/07 hat das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 2. Kammer für Sozialgerichtssachen, am 15. Februar 2007 beschlossen: Der Antrag vom 12. Februar 2007 wird abgelehnt. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind nicht zu erstatten.

Gründe: Der Antragsteller begehrt, nachdem ihm nach eigenen Angaben die von der Antragsgegnerin ausbezahlte Regelleistung bei einem Überfall abhanden gekommen ist, die darlehensweise Gewährung von Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts für den Monat Februar sowie ein weiteres Darlehen, um an der Beerdigung seiner Ehefrau teilnehmen zu können.

Der nach § 86b Absatz 2 SGG statthafte Antrag hat keinen Erfolg. Hinsichtlich des begehrten Darlehens zur Sicherung des Lebensunterhalts hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Nach § 23 Absatz 1 SGB II hat die Antragsgegnerin zwar ein Darlehen zu gewähren, wenn ein nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts auf andere Weise nicht gedeckt werden kann. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen jedoch nicht vor. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, seinen Bedarf an Lebensmitteln für den Rest des Februar 2007 bei der „Bremer Tafel e.V.“ zu decken. Seinen Vortrag im Schreiben an die Antragsgegnerin, die „Tafeln“ böten keine Vollverpflegung, hat er nicht konkretisiert.

Dem Antragsteller ist es auch trotz der attestierten Fußverletzung zuzumuten, den Weg zwischen seiner Wohnung und der Ausgabestelle der „Bremer Tafel“ zurückzulegen. Eine länger andauernde schwere Gehbehinderung ist nicht glaubhaft gemacht. Sie kann dem Attest nicht entnommen werden. Auch der Umstand, dass der Antragsteller bereits mehrfach persönlich nach der Ausstellung des Attestes bei der Außenstelle der Antragsgegnerin und auch beim Verwaltungsgericht vorgesprochen hat, spricht gegen eine schwere Gehbehinderung. Der Antragsteller hat im Übrigen selbst gegenüber dem Gericht mündlich mitgeteilt, dass er in der vergangenen Woche schon einmal bei der „Bremer Tafel“ gewesen sei und dort Lebensmittel bekommen habe. Für den sonstigen notwendigen Lebensbedarf, der bei der „Bremer Tafel“ nicht zu erhalten ist, hat die Antragsgegnerin ein Darlehen in Höhe von 30 Euro gewährt. Der Antragsteller hat insoweit nicht glaubhaft gemacht, dass er notwendige Ausgaben hat, die mit diesem Geld nicht bestritten werden können.

Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für eine Fahrt zur Beerdigung seiner Ehefrau fehlt es an einem Anordnungsgrund, denn die Antragsgegnerin hat sich bereit erklärt, diese Fahrtkosten darlehensweise zu übernehmen. Für darüber hinausgehende Aufwendungen für Grabschmuck fehlt es nach Auffassung des Gerichts an einem Anordnungsanspruch. Das Mitbringen eines Gestecks oder eines Kranzes zu einer Beerdigung mag zwar sozial üblich sein, unabweisbar sind Aufwendungen hierfür jedoch nicht.

Sollte der Antragsteller, wie von ihm befürchtet, zu den Bestattungskosten herangezogen werden, kann er sich wegen hieraus in Betracht kommender Ansprüche aus § 74 SGB XII an das Sozialamt wenden. Die Antragsgegnerin ist nicht zur Übernahme von Bestattungskosten verpflichtet. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Absatz 1 Satz 1 SGG. Sie entspricht der Billigkeit, weil der Antrag erfolglos geblieben ist (vergleiche Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage, § 193 Randnummer 12a).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Sie ist binnen eines Monats nach Zustellung beim Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Am Wall 201, 28195 Bremen (Nachtbriefkasten im Eingangsbereich Ostertor-/Buchtstraße), schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem 0berverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Am Wall 201, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Falls das Verwaltungsgericht der Beschwerde nicht abhilft, wird sie dem Oberverwaltungsgericht vorgelegt.

Der Betroffene konnte sich gegen diesen grausamen Beschluss vor dem Oberverwaltungsgericht Bremen beschweren und bekam Recht:

In dem Rechtsstreit Aktenzeichen S1 B 217/07 (Verwaltungsgericht: S2 V 338/07) hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, 1. Senat für Sozialgerichtssachen, am 25. Juni 2007 beschlossen: Die Antragsgegnerin wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Bremen, 2. Kammer für Sozialgerichtssachen, vom 15. Februar 2007 im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ein Darlehen in Höhe von 100 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind für beide Instanzen erstattungsfähig.

Gründe: Die Beschwerde ist zulässig. Das vom Antragsteller vorgelegte Original der Zweitschritt seiner Beschwerde ist mit einem Eingangsstempel des Gerichts vom selben Tage versehen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Antragsteller an diesem Tage auch seine Beschwerde bei Gericht eingereicht hatte. Dass die Urschrift des Beschwerdeschreibens nicht zur Gerichtsakte gelangt ist, kann dem Antragsteller nicht angelastet werden. Die Beschwerde ist teilweise begründet.

1.) Darlehen zur Bestreitung der Unterhalts- und Unterkunftskosten für den Monat Februar 2007: Der Antragsteller kann verlangen, dass die Antragsgegnerin ihm zur Bestreitung seiner Unterhalts- und Unterkunftskosten für den Monat Februar 2007 ein Darlehen von 100 Euro gewährt. In diesem Umfang liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung vor (vergleiche §§ 86b Absatz 2 SGG, 920 Absatz 2 ZPO).

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass ihm bei einem Raubüberfall die am selben Tage ausgezahlte Leistung nach dem SGB II in Höhe von 600 Euro entwendet worden ist (Vorlage der Strafanzeige beim Polizeirevier und ein ärztliches Attest). Aufgrund dieses Raubes ist er mittellos geworden. Ein Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, dem die ausgezahlte monatliche Leistung unverschuldet nicht mehr zur Verfügung steht, kann grundsätzlich verlangen, dass die Behörde ermessensfehlerfrei über ein angemessenes Darlehen zur Überbrückung der objektiven Notlage entscheidet.

Das dem Antragsteller mit Bescheid für den Restmonat gewährte Darlehen in Höhe von 30 Euro ist nicht angemessen. Der Verweis auf die „Bremer Tafel“ ist, berücksichtigt man die unverschuldete Notlage, nicht sachgerecht. Außerdem sind in diesem Betrag die laufenden Unterkunftskosten nicht enthalten.

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er aufgrund der Weigerung der Antragsgegnerin, ein weitergehendes Darlehen zu gewähren, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts ein Privatdarlehn in Höhe von 120 Euro aufgenommen hat, von dem 60 Euro noch nicht getilgt sind. In diesem Umfang kann er ein Darlehen der Antragsgegnerin verlangen, mit dem er das Privatdarlehen ersetzen kann.

Ferner hat der Antragsteller mit seinem Vermieter vereinbart, die Miete für den Monat Februar in Raten von 20 Euro abzutragen. Im Juli und August 2007 sind insoweit die beiden letzten Raten fällig. Der Antragsteller kann verlangen, dass ihm die Antragsgegnerin in diesem Umfang ebenfalls ein Darlehen gewährt, um seine Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter erfüllen zu können.

2.) Darlehen zur Ermöglichung der Teilnahme an der Beisetzung der Ehefrau: Dieses Begehren verfolgt der Antragsteller im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ersichtlich nicht weiter. Jedenfalls hat er zu den ihm aus diesen Anlass entstandenen Kosten konkret nichts vorgetragen. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist deshalb kein Raum.

3.) Übernahme der Mietkaution: Der Antragsteller macht geltend, zur Zahlung einer Mietkaution in Höhe von 365 Euro verpflichtet zu sein. Er begehrt die Übernahme dieser Kaution durch die Antragsgegnerin. Dieses Begehren hat er erst vor dem Oberverwaltungsgericht in das gerichtliche Verfahren eingeführt. Im Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 12. Februar 2007 ist es nicht aufgeführt und dementsprechend ist es auch nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses vom 15. Februar 2007. Auch liegt diesbezüglich, soweit ersichtlich, noch kein behördlicher Bescheid vor, der sich mit dem Begehren des Antragstellers auseinandersetzen würde. Unter diesen Umständen ist es dem Oberverwaltungsgericht aus prozessualen Gründen verwehrt, dieses Begehren in das vorliegende Beschwerdeverfahren einzubeziehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absatz 1 Satz 1 SGG.

Unter dem neuen, geplanten Sozialgerichtsgesetz würde die Beschwerdemöglichkeit in einem solchen Fall nicht mehr bestehen. Dem Betroffenen bliebe höchstenfalls die Möglichkeit zur Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe – wovon Gebrauch zu machen nur zu raten ist, wenn die Gesetzesänderung in Kraft treten sollte.

Bei dieser Gelegenheit sei meine Anfrage an den Bürgermeister, die Bürgermeisterin, den Senat – insbesondere den Justizsenator – und die Fraktionen der Bürgerschaft der Freien Hansestadt Bremen gerichtet, ob ein Richter, der einen derartig grausamen erstinstanzlichen Beschluss fällt, der gegen die der Rechtsordnung immanenten rechtsethischen Werte und Prinzipien verstößt und dem im Grundgesetz verkörperten Wertesystem einschließlich der Sozialstaatsklausel zuwiderläuft, nicht besser aus dem Amt zu entfernen wäre! Diese Frage muss sich jedem aufdrängen, der ein normaldurchschnittliches Rechtsempfinden besitzt.

Ein ALG-II-Betroffener (parteilos)
 
„Möglich“ reicht nicht: Es muss auch die konkrete Gefahr eines Angriffs auf bestimmbare Personen oder benennbare Grundlagen des Staates bestehen, um Festplatten Verdächtiger auszuspähen („Spiegel-Online“)
 
„Unzulässige staatliche Beihilfe“: EU-Kommission untersucht
Milliarden-Hilfe für deutsche Krisenbanken („Spiegel-Online“)
 
Warum nicht mit dem ollen Beust: Die Grünen haben schließlich
auch schon mit Wolfgang Clement koaliert („Spiegel-Online“)
 
Stress macht krank: Beck, Wulff, Koch liegen mit Grippe im Bett („Stern“)

 

Der Senat muss sich für das
Behördenunrecht entschuldigen!

Jobst RoseliusDer Bremer Senat ist unmissverständlich aufgefordert, sich für Drangsalierungen und menschenverachtende Praxis, die in seinem Namen durch die Behörden (hier Bagis und andere) und Teile der Gerichtsbarkeit verursacht werden, öffentlich zu entschuldigen und sofort andere Arbeitsanweisungen zu veranlassen! –

Nun hat auch Hamburg gewählt. Das Ka­pital hat es nicht geschafft, „seine“ Regierung mit CDU und FDP durchzubringen. Wahlgewinner ist trotz geringer Stimmenzahl „Die Linke“ mit 6,4 Prozent. Massiv hatte das Kapital über die Medien versucht, mit der Keule des Antikommunismus „Die Linke“ aus der Bürgerschaft fernzuhalten, um ihr Desaster der sich ausweitenden Steuerhinterziehungsaffären zu übertönen. Aber das hat nicht geklappt! Theoretisch hätten SPD, Grüne und „Linke“ eine Mehrheit und könnten die CDU ablösen. Aber erstens will die SPD das gar nicht, und zweitens sollte sich „Die Linke“ lieber auf eine offensive Oppositionsarbeit konzentrieren und die enge Verbindung mit den gewerkschaftlichen Kämpfen und der außerparlamentarischen Opposition – wie zum Beispiel der Montagsdemo – suchen und festigen. An Hessen und nun auch Hamburg sieht man, das Volk will eine andere Politik: Hartz IV muss weg und viele andere Dinge. Wenn die Herrschenden das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, müssen sie sich eben auf immer mehr Unregierbarkeit einstellen!

Wir haben gerade da die Aufgabe und Chance, immer mehr Menschen zu gewinnen, sich auf die gemeinsamen Interessen als Werktätige – ob arbeitslos oder arbeitend – zu besinnen und solidarisch für eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse einzutreten. Die Warnstreiks im öffentlichen Dienst gehen weiter. Schäuble verharrt auf seiner Mogelpackung: 0,4 Prozent Steigerung will er als fünf Prozent verkaufen. Dieses faule Angebot erkennen die Kollegen und sind heiß, dass es bald richtig losgeht, mit Urabstimmung und Streik. Bei einem Kindergarten hier in Bremen war beim Warnstreik die ganze Eingangstür mit Solidaritätserklärungen und -grüßen geschmückt. Klar, dass die Eltern sich untereinander halfen: Wir fallen den Kollegen nicht in den Rücken! Der schnelle Abschluss in der Stahlindustrie, zu der auch Arcelor-Mittal Bremen gehört, zeigt, wie viel Angst die Herren Stahlbosse vor kämpfenden Arbeitern haben!

Der Fall Zumwinkel ist nur die Spitze eines Eisbergs der Macht- und Profitgier der größten Monopole. Die sogenannten „leeren Kassen“ sind leer geworden durch die Machenschaften der internationalen Monopole und ihrer Organisationen von Weltbank bis Weltwährungsfonds. Die ganze EU-Politik mit den sogenannten Lissabonner Beschlüssen organisiert diese massive Umverteilung zugunsten der weltgrößten Konzerne. Jede gewerkschaftliche Forderung und jede Streikaktion wird unweigerlich mit den Kapitalinteressen in schärfsten Konflikt kommen und dadurch zunehmend auch politischen Charakter annehmen. Immer mehr Menschen wird die Verlogenheit der bürgerlichen Lebenslügen klar werden, und sie werden Forderungen aufstellen!

Jobst Roselius

 

Rechtsprechung nach
Gutsherrenart

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlEs bleibt länger hell, man sieht einander besser, und die Montagsdemo ist auch auffälliger. Rund 40 Menschen kamen oder blieben stehen zur 171. Montagsdemo am 25. Februar 2008 in Bremen. Freudig und gestärkt konnten wir vom selbstveranstalteten Regionaltreffen der nordwestdeutschen Montagsdemos berichten und die Resolution für ein uneingeschränkt nutzbares Offenes Mikrofon an allen Orten und zu allen Gelegenheiten vortragen.

Natürlich wurde auch die Hamburger Wahl kommentiert. Der Einzug der „Linken“ bringt die Herrschaften mit ihrem Scheuklappendenken ganz schön durcheinander. Die Ablösung vom bürgerlichen Parlamentarismus schreitet voran. Das ist Aufgabe und Chance für uns, neue Kräfte für eine kämpferische Opposition von unten zu gewinnen.

Was ein Hartz-IV-Betroffener erfahren kann an Versagung, Einschränkung, Willkür, Zynismus, Quälerei und unüberlegtem Sadismus durch Behörden wie die „Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales“ und andere – sowie durch manipulierte bürgerliche Gerichte, in denen das Personal nach Gutsherrenart für die gewünschten Urteile herumgeschoben wird, alles unter Verantwortung des Bremer Senats –, was er da erleben kann und wie er fertiggemacht wird, wurde durch das Verlesen eines Gerichtsurteils auf zweiter Ebene wieder einmal drastisch vor Augen geführt. Der Senat wird unmissverständlich aufgefordert, diese Anweisungen und Verwaltungspraxis sofort zu ändern und sich vor der bremischen Bevölkerung auf dem Marktplatz öffentlich zu entschuldigen!

Jetzt wird das Sozialgesetzbuch auch noch in der Weise geändert, dass die Veränderung des Streitwerts eine Unmenge von Widersprüchen und Klagen scheitern lassen wird. Das alles sind schleichende Bestandteile der fortschreitenden Faschisierung des Staatsapparates und der Entmündigung der Gesellschaft! Wir können nur alle Angestellten und Beamten der Verwaltungen in Bund und Ländern aufrufen: Macht da nicht mit! Werdet aktiv in der Tarifrunde des öffentlichen Dienstes! Zeigt Schäuble und Konsorten, dass ihr den imperialistischen Kurs nach innen und außen nicht mitgehen wollt!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
 
Zwergenaufstand: Michi Naumann will nicht selbst schuld sein
an seiner Wahlniederlage („Spiegel-Online“)
 
Neue Ratschläge für Ypsi-Püppsi: „Wer Ministerpräsidentin des Landes Hessen werden will, sollte wenigstens lesen und begreifen können“ („Focus“)
 
Linksruck: Koch kritisiert Job-Kahlschlag der Konzerne („Spiegel-Online“)
 
Statistikwunder: „Jobboom“ trotz Jobvernichtungswelle („Rote Fahne News“)
 
Sarrazin für Schwarzarbeit: Dann kann der Hartz-IV-Regelsatz
schön niedrig bleiben („Spiegel-Online“)
 
Tränchen im Äuglein: Alle haben Zumwinkel wieder lieb („Spiegel-Online“)
 
Zwergenaufstand: Matzi-Platzi und Müde-Fering schmieden (kein)
neoliberales Komplott gegen ihren Nachfolger („Spiegel-Online“)
 
Armut im Geiste: So eine Truppe soll in einem anderen
Land für Ordnung sorgen? („Bild“-Zeitung)
 
CSU bei Kommunalwahl abgewatscht: SPD-Bürgermeister
siegen in München und Nürnberg („Spiegel-Online“)
 
Sturmtief: „Emma“ wütet durch Deutschland („Stern“)
 
Fünf Prozent für Nürnberger „Linke“: Sieben Monate vor der Landtagswahl
scheint die absolute CSU-Mehrheit gefährdet („Focus“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz