Setzen wir ein Signal an die neue schwarz-gelbe Regierung! Die führt der Bevölkerung ein Schauspiel mit harten Koalitionsverhandlungen vor. CDU und FDP können es sich nicht leisten, schon vier Wochen nach der Wahl ihre Versprechungen zu brechen und die geplanten Angriffe offen auf den Tisch zu legen. Aber hinter dem sozialen Mäntelchen, das sich Frau Merkel gerne umhängt, blitzt bereits der Kahlschlag auf unserem Rücken hervor!
Die FDP will „Hartz IV abschaffen“. Noch im Sommer wurde von ihr die Kürzung der ALG-II-Regelleistungen um 30 Prozent gefordert. Hat sie plötzlich ihr Herz für die Arbeitslosen entdeckt? Nein – sie verpackt die Kürzungen auf neue Art. Sie will Hartz IV durch ein „Bürgergeld“ ersetzen, in dem alle staatlichen Unterhaltsleistungen enthalten sein sollen. Für Alleinstehende würde ein Betrag von maximal 662 Euro ausbezahlt. Im „Bürgergeld“ soll alles enthalten sein: Arbeitslosengeld II, Leistungen für Wohnen und Heizen, Sozialhilfe, Zuschüsse zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und Kindergeldansprüche. Was auf den ersten Blick als Erhöhung der bisherigen 359 Euro daherkommt, ist in Wirklichkeit massiver Sozialabbau!
Gleichzeitig sollen die Sanktionen in Form von Kürzungen bis zu 30 Prozent verschärft werden. Der FDP-Bürgerschaftsabgeordnete Möllenstädt macht den Vorreiter: „In Bremen werden Sanktionen viel zu selten eingesetzt. Es muss endlich Schluss sein mit dem Kuschelkurs! Wir werden die Daumenschrauben anziehen.“ Was für eine unglaubliche Arroganz!
Die neue Regierung entdeckt plötzlich ein riesiges Defizit im Gesundheitswesen. Angeblich fehlen sieben Milliarden Euro. Merkel und Westerwelle wollen zwar nicht offen sagen, wer dafür aufkommen soll, aber einig sind sie sich schon darin, „dass der Wirtschaftsstandort nicht belastet werden darf.“ Die Konzerne und Banken sind also fein raus. Beschäftigte und Patienten sollen die Kosten tragen. Wie sie das wohl verpacken wollen?
Einig sind sich CDU und FDP aber schon, dass demokratische Rechte beschnitten werden sollen. Der Kündigungsschutz soll künftig erst ab 20 Beschäftigten (bisher zehn) gelten. Einen Betriebsrat soll man erst ab 20 Beschäftigten (bisher fünf) gründen können.
Die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke ist auch schon beschlossene Sache. Ein altes AKW, das bereits abgeschrieben ist, erwirtschaftet täglich einen Zusatzprofit für die Energiekonzerne von zwei Millionen Euro. Die Anlage in Neckarwestheim hatte bereits 400, die in Krümel 314 Störfälle! Es ist Zufall, dass es bisher noch zu keiner Katastrophe wie in Tschernobyl gekommen ist.
Es gibt also schon jetzt jede Menge Gründe, der neuen Regierung die Kante zu zeigen! Über 1.000 Umweltschützer protestierten in den letzten Tagen bei den Koalitionsgesprächen unter dem Motto „Warmlaufen gegen Schwarz-Gelb“. Am kommenden Samstag fahren aus 100 Städten Montagsdemonstranten nach Berlin. Wir machen keinen Frieden mit Armut und Massenarbeitslosigkeit! Kommt alle mit!
In der „Kreiszeitung Syke“ gibt es an jedem Wochenende die „Frage der Woche“, womit die werte Leserschaft dazu angeregt werden soll, per Brief zu reagieren und notfalls auch mal kräftig Dampf abzulassen. Auch ich nehme hin und wieder gern diese Gelegenheit wahr. Diesmal lautete die keineswegs originelle Frage „Verliert die Politik an Glaubwürdigkeit?“ Sie inspirierte mich zu folgender Antwort.
Wann war denn Politik in Bund und Ländern jemals glaubwürdig? Die rot-grüne Regierungskoalition in Bremen beispielsweise hatte vor Regierungsantritt bei vielen Menschen Hoffnungen geweckt und damit einen Vertrauensvorschuss erhalten, den sie nicht im Geringsten verdient hatte. Die SPD nicht, weil sie zusammen mit der CDU einen rigorosen Sparkurs gefahren war, der Teile der Bevölkerung extrem benachteiligte und viele Menschen in die Armut trieb. Die Grünen nicht, weil sie in der Opposition keinen nennenswerten Widerstand dagegen geleistet hatten und auch umweltpolitisch nicht mit großen Ideen glänzten.
Beide Parteien versprachen vor ihrem Regierungsantritt wieder mal viel „soziale Gerechtigkeit“ – was immer das heißen mag. Für mehr Bildungsgerechtigkeit und gegen Kinderarmut, Gettoisierung und Ausgrenzung wollten sie sich einsetzen. So legten sie es bekanntlich auch im Koalitionsvertrag fest. Freilich geschah danach das genaue Gegenteil, denn ihre rigorose Kahlschlagspolitik gefiel außer den neoliberalen Sprücheklopfern an den Stammtischen nur noch der Handelskammer! Die Grünen versprachen ein ökologisches Bremen, und jetzt machen sie an Weser und Werdersee fürs Blickfeld der Reichen zahlreiche Bäume platt. Damit verspielen sie auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit!
Nicht anders sieht die Glaubwürdigkeitsbilanz in Berlin aus. Trotz Rekordverschuldung und Wirtschaftskrise versprechen die Politiker Steuersenkungen und Besserstellung für Eltern und Kinder. Dass dies nur per Umverteilung geht und nur die Reichen erfreuen soll, sagen sie natürlich nicht. Als ob es sie nicht längst gäbe, verspricht die CDU hoch und heilig: „Soziale Kälte wird es mit uns nicht geben!“ Dabei existieren längst Schubladenpläne, die darauf angelegt sind, die Bevölkerung noch weiter auszusaugen und vor allem die Banken mit unserem Geld noch voller zu pumpen!
Schon Kurt Tucholsky formulierte das Unwesen des Kapitalismus mit feiner Ironie: „Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sogenannte ‚Stützungsaktion‘, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleiten erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch nichts mehr.“ (Aus: „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931) Doch auch Vertrauen haben wir schon lange nicht mehr. Da hilft nur anhaltender Widerstand! Dafür stehen wir auf der Montagsdemo!
Während des offenen Plenums der Bremer „Linken“ am Donnerstag Abend wurden meine seit Langem gehegten Zweifel an der Oppositionsfraktion der „Linken“ in der Bremischen Bürgerschaft bestätigt. So war es seit Langem nicht nur mein Eindruck, dass die Oppositionsarbeit einiger „Linken“-Abgeordneten der Bürgerschaft ziemlich saft- und kraftlos einhergeht. Dieser Eindruck scheint auch bei der Parteibasis seit einiger Zeit zu bestehen. Nun mag sich parteiintern darüber streiten, wer will, ob dies nun an den Abgeordneten selbst liege oder an zu wenig Mitwirkung der Parteibasis bei der Fraktionsarbeit. Als parteilosem Wechselwähler ist mir das einerlei. Dies ändert nichts an der Außenwirkung der Fraktionsarbeit, die für ihre Wähler(innen) schlichtweg nicht wahrnehmbar ist.
Der Abgeordnete Klaus-Rainer Rupp ließ sich auf diesem offenen Plenum seiner Partei nur kurz blicken, weil berufliche Gründe ihn davon abzuhalten schienen, der ganzen Dauer der Veranstaltung beizuwohnen. Sein Fraktionskollege Jost Beilken entgegnete – mit Hinweis auf die Klassiker Marx und Engels – der Kritik an der Fraktion unter anderem, dass die Verelendung weiterer Teile der Bevölkerung diese über kurz oder lang zu Protesten auf die Straße treiben werde und sich somit Oppositionsarbeit erübrige. Für einen parteilosen Wechselwähler wie mich schlagen solche geäußerten Ansichten eines Abgeordneten dem sprichwörtlichen Fass den Boden aus!
Wenn Herr Beilken der Ansicht ist, dass nur darauf gewartet zu werden braucht, bis genügend Leuten der Strom abgestellt wird und sich seine „Weltrevolution“ dann automatisch ergebe, kann er diese Ansicht ruhig haben und vertreten. Jedoch – und ich denke, dass ich mir diesbezüglich herausnehmen darf zu behaupten, dass meine Meinung dazu als repräsentativ gelten kann – nicht in der Position und mit den Diäten eines Abgeordneten und schon gar nicht mit meiner Stimme. Bleibt für „Die Linke“ in Bremen zu hoffen, dass sie intern den Dreh kriegt und noch während der laufenden Legislaturperiode durch eine effektivere Oppositionsarbeit ihre Wähler(innen) überzeugen kann. So wie die Dinge bis jetzt stehen: Nicht mit meiner Stimme!
1. Jetzt wird es amtlich, dass das Sozialticket in Bremen mit einem gewaltigen Webfehler an den Start gehen soll. Eigentlich sollte eine günstige Monatskarte für finanziell Schwache geschaffen werden, damit sie innerhalb Bremens mobil sein können. Uneigentlich kann genau die Bevölkerungsgruppe, für die das Sozialticket gedacht war, sich dieses gar nicht leisten! Für erwachsene ALG-II-Bezieher sind etwa 15 Euro im Regelsatz für Mobilität vorgesehen, doch das Pseudo-Sozialticket soll mit 29,25 Euro beinahe doppelt soviel kosten, für Kinder und Jugendliche „nur“ 24,50 Euro. Da das Sozialticket nicht einmal auf Familienmitglieder übertragbar ist, kann es wohl kaum von Erwerbslosen erworben werden.
Welche alleinerziehende Mutter von zwei Kindern könnte es sich leisten, monatlich 78,25 Euro für Fahrkarten zu bezahlen? Da wäre es ja günstiger, eine normale Monatskarte für 47 Euro für alle zu kaufen! Pech nur, wenn alle immer zur gleichen Zeit aus dem Haus gehen müssen, zur Schule, zur Ausbildung und zum 400-Euro-Job. Wenn ein Sozialticket sozial sein soll, dann darf es für Erwachsene nicht mehr als 15, für Kinder bis 13 Jahren nicht mehr als neun und für Jugendliche ab 14 Jahren nicht mehr als 10,50 Euro kosten, weil Kindern nur 60 und Jugendlichen nur 70 Prozent des Regelsatzes für Erwachsene zugebilligt werden. Für so wenig Geld gibt es keine Monatskarten? Stimmt, wenn der Staat nicht einspringt. Aber ALG-II-Beziehern und ihren Kindern wird nun mal nicht mehr zugestanden. Wenn Politiker sich nicht um das Kennenlernen der Realität bemühen, die sie ihren Bürgern zumuten, dann können sie ihre Hausaufgaben nur vollkommen ungenügend auf dem Level eines Schildbürgerstreiches aus dem Wolkenkuckucksheim heraus machen. Sozial ist etwas anderes!
2. Die Wahl ist gelaufen. Jetzt will uns das schwarz-gelbe Gruselkabinett auf Kürzungen im sozialen Bereich einstimmen. Dafür macht es sich offenbar gut, mal wieder eine Runde pauschal gegen die Bezieher von Transferleistungen abzulästern und zu hetzen, was das Zeug hält! Auf diesem Niveau fordert der Bundesvorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, eine noch strengere Sanktionspraxis beim ALG II. Als wären Hartz IV und Agenda 2010 für die Betroffenen nicht bereits „Folter“ genug, blies der Bremer FDP-Abgeordnete Oliver Möllenstädt in das gleiche Horn und ließ sein schauriges Halali mit der Forderung erklingen, dass „unwilligen“ Hartz-IV-Kunden endlich „die Daumenschrauben angezogen“ werden.
Ob Schlarmann es der Gazette mit den vier Großbuchstaben entnahm, dass etwa ein Drittel aller Erwerbslosen gar nicht arbeiten wolle, weil sie ja zu gut damit lebten, oder ob Möllenstädt insbesondere die „Aktivierung von Personen mit Migrationshintergrund“ fordert ist eigentlich vollkommen egal. In jeder Krise wiederholt sich das ewig gleiche Muster, dass eine Missbrauchsdebatte angezettelt werden „muss“, um vom eigenen politischen Versagen beim angeblichen Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und dem tatsächlichen gegen die Erwerbslosen abzulenken. Wer behauptet, dass es sich von Hartz IV gut leben lasse, weiß gar nicht, wovon er spricht. Im Gegenteil, der Paragraf 31 SGB II, der Betroffene bis zu 100 Prozent sanktionieren und in die Obdachlosigkeit, die totale Mittellosigkeit treiben kann, gehört sofort abgeschafft und nicht etwa noch verschärft, denn dies ist eines Sozialstaates nicht würdig! Ich hoffe, dass sich Katja Kipping von der „Linken“ im Bundestag mit der Forderung nach 500 Euro Regelsatz plus Wohnkosten bis zur Abschaffung von Hartz IV durchsetzen kann, sofern dort wieder an einem vernünftigen Strang gezogen wird.
3. In triefend süßlicher Herablassung macht sich das schwarz-gelbe Gruselkabinett an die Mietrechtsreform und gibt vor, eine zweckfremde Verwendung des Geldes für die Kosten der Unterkunft durch die Leistungsbezieher verhindern zu wollen. Laut dem Vorsitzenden der Unions-Fraktion, Wolfgang Bosbach, sollen die Kosten der Unterkunft in Zukunft nicht mehr wie bisher an den Leistungsempfänger, sondern direkt an den Vermieter gezahlt werden. Das „Erwerbslosenforum Deutschland“ droht der schwarz-gelben Koalition mit rechtlichen Schritten, falls sie ihre Absicht wahr macht. Sprecher Martin Behrsing geht davon aus, dass die geplante Änderung rechtlich keinen Bestand haben wird, weil sich eine derartige millionenfache Verletzung des Schutzes der Sozialdaten bestimmt nicht verfassungsgemäß begründen lässt. Außerdem sei zu bezweifeln, dass es überhaupt signifikante Erkenntnisse gibt, die eine Veränderung der Auszahlungspraxis rechtfertigen.
Offenbar tritt hier ein neuerlicher Versuch zutage, Hartz-IV-Bezieher zu stigmatisieren und ihnen ein weiteres Stück ihrer schon weitgehend verloren gegangen Würde nehmen zu wollen. Ob dann wohl endlich mal die gesamte Miete bezahlt würde? Aber Spaß beiseite: Es kann nicht sein, dass alle Erwerbslosen unter Generalverdacht gestellt und zu unmündigen Kindern degradiert werden! Was geht es die Vermieter an, dass ihre Mieter erwerbslos wurden? Wenn ich an das Computersystem denke, mit dem die Argen ihre Klientel bedienen, hege ich die Befürchtung, dass sich Vermieter derartige Unzuverlässigkeiten als „Betreuung“ nicht gefallen ließen. Durch ständige Fehlüberweisungen könnte Vermietern eingedrillt werden, dass es mit Erwerbslosen immer nur Probleme gibt. Dann wird sich die Wohnungssuche noch schwieriger als ohnehin schon gestalten.
Müssen Erwerbslose jeden Monat zittern, ob die Miete ordnungsgemäß eingegangen ist, eine Abmahnung vom Vermieter im Briefkasten liegt, irgend etwas geklärt oder geprüft werden muss, ein Softwarefehler vorliegt oder der Antrag verschwunden ist – eben all das „Übliche“? Wie sollte dies eigentlich bei Mietkürzungen gegen den Vermieter aussehen? Sollte in diesen Fällen auch zur Arge gelaufen werden müssen, damit das dort geklärt wird? Es erscheint unwahrscheinlich: Bei der Personalfluktuation und häufigen Unkenntnis wäre dies allein personell und zeitlich eine völlige Überforderung. Ein weiterer Schritt in Richtung Einkasernierung oder Obdachlosigkeit wurde hier auf den Weg gebracht! Es ist die Frage, ob wir uns das gefallen lassen, oder ob wir uns jeweils einzeln und zusammen mit dem „Erwerbslosenforum“ dagegen verwehren. Wir müssen gegen den langfristigen Versuch aufbegehren, Erwerbslose in einem Getto oder in Sammelunterkünften unterzubringen! Wehret den Anfängen!
4. Der Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach fällt mir in letzter Zeit immer wieder unangenehm auf. Nun scheint er der ARD diktieren zu wollen, mit wem er diskutiert und mit wem nicht. Traurig für die sogenannte Presse- und Meinungsfreiheit, wenn die Rundfunkanstalt sich darauf einlässt! Im konkreten Fall ging es um die Einladung von Sevim Dagdelen, die von der Redaktion zunächst zur letzten Sendung mit Anne Will über Fragen der Integration eingeladen war, aber dann mit Verweis auf ihre Mitgliedschaft im Verein „Rote Hilfe“ wieder ausgeladen wurde. Wenn der Verfassungsschutzbericht über einen Verein, der im Kern versucht, Angeklagten den rechtsstaatlich gebotenen juristischen Beistand zuteil werden zu lassen und Bürgerrechte zu verteidigen, als Vorwand für eine Ausladung herhalten muss, zeigt das ein seltsames Verständnis von Meinungsfreiheit!
Es ist auch fragwürdig, wenn eine Talkshow im vorauseilenden Gehorsam Angst vor Debatten hat und meint, Diskussionspartner so auswählen zu müssen, dass sie Unionsmitdiskutanten gefallen. Obwohl Dagdelen von der Redaktion zunächst zur Sachkompetenz eingeladen wurde, scheint dies nun eine untergeordnete Rolle zu spielen. Hat die ARD Angst vor dem Giftstachel der schwarz-gelben Hornisse, äh, Koalition? Frau Dagdelen mutierte immerhin zur „Ausgeladenen des Tages“ und musste sich die Nähe der geladenen Personen weder angucken noch ihre Art von „Unterhaltung“ ertragen!
5. Seit in Hamburg 1.200 „Brückenjobs“ für Ein-Euro-Jobber gekürzt wurden, schlagen etliche etablierte Einrichtungen Alarm: Viele Anbieter, die zum „Diakonischen Werk“ gehören, müssten Beschäftigte entlassen. Eine Hamburger Arbeitsloseninitiative müsse ihr Angebot um mehr als 70 Prozent einschränken, eine Schulkantine möglicherweise geschlossen werden. Eine Mitarbeiterin vom „Diakonischen Werk Hamburg“ forderte, dass die Menschen nicht im Regen stehengelassen werden dürften und die Kürzungen nur dann einen Sinn ergäben, wenn sie durch andere sinnvolle Maßnahmen wie eine „Qualifizierung“ ersetzt würden. Sinnvoll für wen, bitte schön? Doch wohl nur für die Diakonie! Die Erwerbslosen sollen mit ihren ausbeuterischen Ein-Euro-Jobs vom Regen in die Traufe kommen. Irgend etwas wird hier grundlegend missverstanden, denn es fehlt keinesfalls an Ein-Euro-Jobbern, sondern an Angeboten, die Stellen anständig und sozialversicherungspflichtig zu bezahlen!
Wenn der Ein-Euro-Job nicht gemacht wird, darf das nichts ausmachen, weil er ja zusätzlich und gemeinnützig sein soll. Wenn hingegen ganze Einrichtungen kollabieren, weil Ein-Euro-Jobs wegfallen, dann stimmt etwas ganz Entscheidendes nicht! Was sind Brückenjobs denn Überhaupt für eine von hinten durch die Brust ins Auge schmeichelnd verdrehende neudeutsche Bezeichnung für Zwangsarbeit? Das klingt ja noch salbungsvoller als die Bremer „In-Jobs“! Die einen sollen eine Brücke zum ersten Arbeitsmarkt bauen, die anderen in ihn „integrieren“. Wie niedlich! Dabei führten die asozialen Hartz-Gesetze das gesamte Gefüge von Löhnen und Gehältern ad absurdum. Ein-Euro-Jobber arbeiten konkurrenzlos billig. Normale Betriebe können mit ihnen nicht mithalten, wenn sie ihre Angestellten nicht vom Staat bezahlt und außerdem zusätzlich noch einen gehörigen Obolus von einigen hundert Euro obendrauf bekommen! Die Ein-Euro-Jobber erhalten selbstredend nur einen Bruchteil des Geldes, das die Träger sich aus Steuergeldern für was auch immer einverleiben dürfen. Von wegen „Integration“ in den ersten Arbeitsmarkt: Dieser wird durch solche Sklavenhalterei wie durch Erosion abgetragen!
6. Am Wochenende ging ein neuerlicher Skandal durch die Medien, weil eine 58-jährige Altenpflegerin nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit wegen Mitnehmens von sechs Maultaschen, die sowieso weggeworfen worden wären, fristlos entlassen wurde. Unbegreiflicherweise wies das Gericht ihre Klage mit der Begründung ab, dass die Kündigung wegen „Diebstahls“ rechtens sei. Dass hier andere Gründe vorliegen müssen, weil sich so eine „zu teure“, ältere Arbeitskraft nun durch eine jüngere, billigere ersetzen lässt, liegt doch wohl auf der Hand! Wird das nun ein neuer Wettbewerb, welcher Arbeitgeber wegen der geringsten Lappalie seinen Angestellten aufgrund des Märchens vom Vertrauensbruch entlässt und dabei sogar noch vom Gericht Recht bekommt? Wo leben wie denn eigentlich inzwischen? In einer Bananerepublik – mindestens farblich würde es ganz wunderbar passen!
7. Es wird immer besser auf der kabarettistischen Polit-Bühne: Schwarz-Gelb feiert substanzlose Nullnummern als Rettung für Hartz-IV-Bezieher! Zwar wäre eine Verdreifachung des Schonvermögens für die Altersvorsorge grundsätzlich zu begrüßen, doch davon kann hier gar keine Rede sein, weil nur eine verschwindend geringe Minderheit von etwa 0,5 Prozent der Betroffenen überhaupt solche Ersparnisse besitzt. Wer kann sich denn bei den menschenverachtenden Dumpinglöhnen in der heutigen Zeit noch ein Vermögen angespart haben? Welch ein Zirkus für die vermeintliche Wohltat für Hartz-IV-Bezieher, wenn es 99,5 Prozent überhaupt nicht betrifft! Ungeheuer gerecht! Außerdem ist in den Medien immer nur die Rede von der Erhöhung des Schonvermögens von 250 auf 750 Euro. Dabei handelt es sich doch wohl lediglich um die Freibeträge aus Alterssicherungen wie Lebensversicherungen und so weiter. Der Vermögensfreibetrag für Barvermögen beträgt weiterhin nur schlappe 150 Euro pro Jahr und wird offensichtlich nicht mit angehoben!
Das ist mal wieder Volksverdummung hoch vier nach dem Motto: die “gute“ Nachricht“ zuerst. Mitnichten soll es den Erwerbslosen besser gehen, sie sollen nur nicht unbedingt ein Recht auf Grundsicherung im Alter haben und dann erst mal das Schonvermögen aufbrauchen! Hier beginnt offensichtlich der schleichende Abbau der Sozialversicherungen, in diesem Fall der gesetzlichen Rente. Dennoch wird unglaublicherweise so getan, als ob damit fundamentale Ungerechtigkeiten im Hartz-IV-System beseitigt würden! Das schwarz-gelbe Gruselkabinett zeigt nach dem pseudosozialen Getue endlich sein wahres Gesicht als schwarz-gelbes Kabifies!
1.
Und wenn der Nazi sich dann gerade auf das Recht beruft,
Wie war das noch mal in der Nazizeit?
Als Demokrat und Andersdenkender kam man nicht weit!
Und jedem im Land ist doch bekannt:
Die Nazis machten ihr Recht meist aus dem Stand!
Viele Menschen stellten sie einfach gleich an die Wand.
Faschismus ist keine Meinung,
Sondern ein Verbrechen!
Die Braunnationalen versuchen, jeden ausländischen Mitbürger
Pauschal als Kriminellen hinzustellen.
Sie vergessen dabei eins: Ausschließlich sie selbst
Sind die finsteren Gesellen.
Die Menschen im Land kennen schon lange,
Wie’s war in Eden, die Geschicht’ mit der Schlange!
Faschismus ist keine Meinung,
Sondern ein Verbrechen!
Vor langer Zeit, da benötigten die Industrie
Und die Wirtschaft die Ausländer sehr.
Sie luden sie als Gastarbeiter zu uns ein,
Zu erledigen die Arbeit, für die sich manch Deutscher zu fein.
Man steckte sie quasi in die finstersten Kammern.
Ihr Geld, das nahm jeder, ohne jemals zu jammern!
An sie wurde man die schlechtesten Wohnungen los,
Und viele im Land fanden das noch famos.
Heute holt sich manch einer von früher die Braunen,
Ich spreche übrigens nicht von Gaulen,
Um die Gäste von einst von nun an zu vergraulen.
Die Arbeitslosigkeit wurde nicht von ausländischen Bürgern gemacht,
Und sie kam auch schließlich nicht über Nacht.
Die Braunen haben immer nur ein Interesse:
Ganz schnell zu werden der Wirtschaft Mätresse!
Faschismus ist keine Meinung,
Sondern ein Verbrechen!
Die Nazizeit ist lange vorbei!
Doch leider marschieren sie wieder, sogar am 1. Mai!
Und dies passiert auch noch im deutschen Lande,
Dem die Nazis schon einmal brachten Schmach, Qualen und Schande!
Deshalb geht nun ein Ruck durchs Land,
Wir organisieren den Widerstand!
Kein Fußbreit und keine Straße dem Nazi-Pack!
Und erst recht nicht am Arbeiterkampftag!
Solange Kapitalisten und ihre Vasallen regieren,
Wird in der Nazifrage leider nichts Entscheidendes passieren!
Wir haben schon lange von denen genug,
Deshalb machen wir jetzt Druck!
Faschismus ist keine Meinung,
Sondern ein Verbrechen!
2. Wohnen oder Hungern? CDU-Vize Bosbach bestätigt die zu geringe Höhe der Regelsätze für Hartz-IV-Betroffene! Vor wenigen Tagen konnte man die nachfolgende Nachricht auf der Internetseite der BAG Hartz IV lesen: „Das ‚Erwerbslosenforum Deutschland‘ droht der schwarz-gelben Regierung mit rechtlichen Schritten bei der geplanten Hartz-IV-Mietrechtsänderung.“ Es sei eine nicht hinzunehmende Stigmatisierung, wenn die Miete bei Hartz IV direkt an den Vermieter gezahlt werden soll. CDU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach hatte dies gegenüber der „Berliner Zeitung“ damit begründet, dass eine „zweckfremde Verwendung der entsprechenden Leistungen“ verhindert werden soll. Das „Erwerbslosenforum Deutschland“ bezeichnete diese Ankündigung und Begründung als bewusst falsche Unterstellung.
Forumssprecher Martin Behrsing sagte: „Die zukünftige schwarz-gelbe Regierung wird sich darauf einstellen müssen, dass wir sofort rechtlich dagegen vorgehen werden. Wir sind uns auch sicher, dass die geplante Änderung rechtlich keinen Bestand haben wird. Eine derartige millionenfache Verletzung des Schutzes der Sozialdaten und eine solche Bevormundung werden sich bestimmt nicht verfassungsgemäß begründen lassen. Zudem bezweifeln wir, dass es überhaupt signifikante Erkenntnisse gibt, die eine Veränderung der Auszahlungspraxis rechtfertigen. Wir betrachten diese Absicht als einen erneuten Versuch, Hartz-IV-Bezieher zu stigmatisieren und ihnen noch ein Stück ihrer schon weitgehend verloren gegangen Würde zu nehmen. Dem Obermoralapostel der CDU-Bundestagsfraktion Wolfgang Bosbach empfehlen wir dringend, mal sechs bis zwölf Monate unter Hartz-IV-Bedingungen zu leben und sich dann erst wieder zu melden.“
Wenn man von einer „ungeheuerlichen Stigmatisierung“ der Hartz-IV-Empfänger spricht, so trifft das natürlich den Nagel auf den Kopf. Zu Bosbachs Vorwurf der zweckfremden Verwendung von Miete wird sich in meinen Augen aber ganz bestimmt nicht ausreichend geäußert. Es muss überhaupt nicht falsch sein, was Herr Bosbach hier behauptet! Allerdings tritt er auch gleich mit seiner Behauptung einen Gegenbeweis an, nämlich den, dass die Regelsätze für die von Hartz IV betroffenen Menschen viel zu gering sind und die Menschen daher teilweise dazu gezwungen werden, sich zu entscheiden, die Monatsmiete zu überweisen oder nicht, weil sie sonst vielleicht Kohldampf schieben müssen! Wenn auch noch Kinder betroffen sein sollten, entscheiden sich in diesem Moment Eltern oftmals richtigerweise lieber dazu, auf die Mietüberweisung an den Vermieter zu verzichten.
Auch die Hartz-IV-Behörden selbst tragen oftmals aus eigener Verantwortung heraus dazu bei, dass es zu verspäteten Mietzahlungen kommt. Wahrscheinlich kommt es hunderttausendfach in Deutschland vor, dass Hartz-IV-Empfänger ihre monatlichen Transferleistungen nicht rechtzeitig auf dem Konto haben. Oftmals haben sie die Gründe hierfür überhaupt nicht zu vertreten, sondern es liegt einfach am Organisationssystem der Argen und der dazugehörenden schwerfälligen Bürokratie. Wenn das „Erwerbslosenforum Deutschland“ jetzt ankündigt, gegen die Absichten der Regierung Klage einzureichen, so ist das zwar in Ordnung. Für besser würde ich es allerdings halten, wenn man allen betroffenen Menschen rät, für den Fall, dass die Regierung ihre Pläne diesbezüglich wirklich umsetzt, selbst Klage einzureichen!
In diesem Moment würde auf die Gerichte in Deutschland eine neue Klagewelle mit wahrscheinlich ungeheurem Ausmaß zukommen. Gerade die Kosten der Unterkunft, die vom Staat für die Transferempfänger übernommen werden, sind doch für die Vermieter in Deutschland die Garantie dafür, dass sie ihre Wohnungen überhaupt noch vermieten können. Allerdings scheint der Fraktionsvize der CDU, Bosbach, einfach übersehen zu wollen, dass Millionen Menschen nur ergänzendes ALG II bekommen und über eigenes Einkommen verfügen. Sie bezahlen somit hiervon ihre Miete. Will er als ausgebildeter Jurist vielleicht eine Massenpfändung in Deutschland einführen?
Die Regierung sollte besser die Regelsätze erhöhen, sodass die Menschen davon auch menschenwürdig leben können. Dann bräuchte man auch nicht über Zwangsmaßnahmen nachzudenken, die sich wieder einmal gegen die Schwächsten in der Gesellschaft richten! Deshalb kann man nur den Appell an die bedrohten Menschen richten, sich mit allen rechtlichen Mitteln gegen solche Vorhaben zu wehren und endlich den Gruppen beizutreten, die gegen die fortwährende asoziale Politik bereits Protest und Widerstand leisten! Nur durch die Teilnahme jedes einzelnen Betroffenen kann letztendlich der Widerstand stark genug werden. Darüber müssen sich die Betroffenen endlich klar werden!
3. Bosbach und Konsorten wollen auch etwas gegen sittenwidrige Löhne machen. Nur ist Herr Bosbach als Rechtsanwalt zu fragen, ob Sittenwidrigkeit nicht sowieso vor Gericht gehört! Wenn ihm bekannt ist, dass bei Vertragsparteien ein Arbeitsvertrag sittenwidrig ist, so hat er Anzeige gegen den Rechtsbrecher zu erstatten. Aus „Wikipedia“: „Ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, so gilt es nach § 138 Absatz 1 BGB als von Anfang an nichtig. Hierdurch werden die Vertragsfreiheit (sogenannte Privatautonomie, Artikel 2, Absatz I Grundgesetz) und auch die Rechtssicherheit eingeschränkt, da die gerichtliche Prüfung von Rechtsgeschäften immer nur im Nachhinein erfolgt. Andererseits werden aber auch regelmäßig die Interessen schwächerer Vertragspartner, insbesondere rechtlich unerfahrener Einzelpersonen (beispielsweise Mieter, Kreditnehmer, Bürgen) und die Interessen am Vertrag Unbeteiligter, etwa der Allgemeinheit, besonders gewürdigt.“
Hier ist Herr Bosbach gnädig. Er will nicht etwa einen Mindestlohn einführen, womit die Sittenwidrigkeit erledigt wäre, sondern ein Verbot von sittenwidrigen Löhnen durchsetzen. Die sind aber jetzt schon strafbar, sie müssen nur verfolgt werden! Der Rechtsanwalt und CDU-Vize Bosbach weiß auch, dass Sittenwidrigkeit strafbar ist, nur geht das nicht hinterher. Er weiß, dass 40 Prozent der Kinder – „unsere Zukunft“, wie er sagt – in Armut aufwachsen müssen. Er sieht nur eine Möglichkeit, Gesetzesbrechern, die mehr als 250.000 Euro verdienen, alle Schweinereien zu legalisieren. Da werden wir uns hier in Bremen nicht den Mund verbieten lassen, nicht von Daimler und nicht von Bosbach! Wir werden weiter fordern: Weg mit Hartz IV! Weg mit Abmahnungen in den Betrieben! Weg mit der Bespitzelung durch die Bagis oder Argen!
Meint Herr Dr. Möllenstädt, Abgeordneter der Bremer FDP, folgende Behauptung ernst: „Wenn einige Hartz-IV-Kunden keine Lust haben und keine Leistungsbereitschaft zeigen, müssen endlich die Daumenschrauben angezogen werden“? Viel zu selten würden im Stadtstaat Sanktionen eingesetzt, es müsse „endlich Schluss“ sein mit dem „Kuschelkurs“. Da muss er sich doch die Frage gefallen lassen, ob ihm nicht die zunehmenden Suizide bei Daimler noch nicht ausreichen! Was will er ansonsten mit dem Anziehen der Daumenschrauben erreichen? Arbeit schaffen mit Daumenschrauben? Dies ist eindeutig eine pauschale Diskriminierung von Erwerbslosen und allerunterste Schublade! Es ist ein Fehler, dass solche Abgeordnete hierfür auch noch Geld bekommen! Vielleicht sollte Herr Möllenstedt seine Kampfansagen nicht zu weit treiben.
4. Schon in der Überschrift wird vom „Erwerbslosenforum“ behauptet: „Hartz IV wird sehr teuer“. Ich frage mich, was das wohl soll und was man damit erreichen will. Bisher wurden für Hartz-IV-Empfänger – lässt man einmal die sogenannte Ansparpauschale außen vor, die einem eigentlich im Monat nicht zur Verfügung steht – Alleinstehenden 300 Euro im Monat gezahlt, Kindern und Jugendlichen entsprechend weniger gemäß der prozentualen Abstufungen. Das bedeutet, dass für die monatlichen Regelsätze im Jahr ungefähr 3,6 Milliarden Euro für eine Million Menschen zu zahlen waren. Sollten sich wirklich zehn Millionen Menschen im Hartz-IV-Bezug befinden, so wären das dies 36 Milliarden Euro im Jahr.
Der Einfachheit halber lasse ich die Unterschiede bei den Regelsätzen für Kinder und Erwachsene weg, ebenso die Zuschläge, die der Einzelne vielleicht bekommt. Von diesen 36 Milliarden muss man aber auf alle Fälle noch das Kindergeld der Hartz-IV-Empfänger abziehen, genauso Einkommen aus Erwerbslohn, Vermietung, Rente, Krankengeld, ALG I oder Ähnlichem. Hinzu kommen dagegen die Kosten für die Unterkunft. Diese sind aber im Prinzip nur eine Subvention für die Vermieter in Deutschland. Hartz-IV-Empfänger müssen dieses Geld sofort an sie weitergeben. Berücksichtigen muss man in meinen Augen auch, dass sich der Staat fast ein Fünftel des Hartz-IV-Regelsatzes innerhalb eines Monats von den Betroffenen zurückholt, und zwar über die Mehrwertsteuer. Allein dies macht fast 500 Millionen Euro aus, die man wieder abziehen muss.
Es sind nicht die Hartz-IV-Empfänger, die diesem Staat teuer werden, sondern die Unternehmen und Banken, die mit ihren Steuerabschreibungen, aber auch mit Entlassungen aufgrund von derzeitigen Überproduktionen ihre Profitraten steigern wollen und müssen, da dies eine kapitalistische Notwendigkeit ist, um am freien Markt überleben zu können.
Das Nettoerwerbseinkommen aller Menschen in Deutschland betrug 2008 1.680 Milliarden Euro. Wenn hiervon 36 Milliarden auf die Lebenshaltungskosten entfielen – was sie nicht tun, da sie aus Steuern gezahlt werden –, dann wären das gerade etwas über zwei Prozent des jährlichen Nettoerwerbseinkommen für zehn Millionen von der Lohnarbeit abgekoppelte Menschen, während sich 1.680 Milliarden Euro auf die übrigen 72 Millionen Menschen im Land aufteilen, die dann, würde man es auf alle gerecht verteilen, einen sechseinhalb Mal so hohen Betrag für ihre monatlichen Lebenshaltungskosten zur Verfügung hätten.
Deswegen sollten in meinen Augen Hartz-IV-Gegner nicht noch die falschen Behauptungen von Behörden oder von der Regierungsseite übernehmen! Hartz IV ist es, was in den letzten Jahren allen Betroffenen zu teuer geworden ist: durch den Verlust an Lebensqualität, häufigem Ärger mit den Behörden, ausgebliebene Transferleistungen und vielleicht noch durch vieles mehr. Genau dieses sollte ein Erwerbslosenforum zum Ausdruck bringen, statt die Argumentationsformen der Verursacher an erste Stelle zu setzen!
5. Geehrte Frau Bundeskanzlerin! Viele Bürger in Deutschland sind auf die sogenannten Tafeln angewiesen. Diese werden von zahlreichen erwerbslosen und finanziell benachteiligten Menschen in Anspruch genommen, gezwungenermaßen, da die staatlichen Transferleistungen unzureichend sind, wie schon von vielen Gutachtern und auch einem Landessozialgericht festgestellt wurde. Wenn aber Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer, die aufgrund oftmals viel zu geringer Löhne eigentlich diese „Tafeln“ aufsuchen möchten, dies aber in ihrer Arbeitszeit nicht können, in den Müllcontainer ihrer Arbeitgeber greifen, um „abgelaufene“ Waren mit nach Hause zu nehmen, dann wird ihnen, wie im „Maultaschenfall“ einer Altenpflegerin, fristlos gekündigt.
Mir ist nicht bekannt, wie vielen Personen, die die „Tafeln“ in Deutschland organisieren, bereits ein Bundesverdienstkreuz oder eine Ehrenmedaille verliehen wurde, wohl aber der Fall dieser Altenpflegerin, der für die Mitnahme von „Müll“ die Kündigung ausgesprochen wurde. Deshalb habe ich folgende Fragen an Sie, die ich Sie mir zu beantworten bitte.
Darf es in Deutschland sein, dass auf der einen Seite Menschen Orden und Medaillen dafür verliehen werden, dass sie „abgelaufene“, aber noch essbare Lebensmittel unter die Armen in Deutschland bringen, während auf der anderen Seite arme Arbeitnehmer(innen) eigentlich genau hierfür bestraft werden, nämlich nur dafür, dass sie etwas mitnahmen, was ansonsten niemand mehr haben wollte und was ja auch überhaupt keinen Wert mehr darstellte, und dass man ihnen dann kündigt? Halten Sie das nicht auch für eine moralische und sittliche Verelendung in unserem Staat, und was wollen Sie, falls ja, dagegen unternehmen? Mit freundlichen Grüßen.
6. Geehrte Frau Merkel! Sie versprachen nach dem G8-Gipfel in Heiligendamm, sich für weltweite Mindeststandards, bezogen auf das Soziale, einzusetzen. Seit Jahren werden in Deutschland ungefähr 46 Milliarden Erwerbsarbeitsstunden im Jahr geleistet. Demgegenüber stehen 44 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter. Verrichtete jeder von ihnen die gleiche Zeit an Erwerbsarbeitsstunden, würde dies bedeuten, dass dann nur vier Stunden am Tag Erwerbsarbeit von allen 44 Millionen erwerbsfähigen Menschen geleistet werden müssten.
Man könnte jeden Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichten, an den Staat für jede geleistete Erwerbsarbeitsstunde zum Beispiel zehn Euro für die in Anspruch genommene Arbeitskraft zu zahlen, und zwar zusätzlich zur Entlohnung der Arbeitnehmer. So würde der Staat 460 Milliarden zusätzlich an Steuern einnehmen. Hiervon – sowie von den Löhnen, Gehältern, Dienstbezügen und natürlich auch von den Profiten der Unternehmer – ließe sich dann ein gleiches bedingungsloses Grundeinkommen für alle in Deutschland lebenden Menschen finanzieren, vom Säugling bis zum Greis, welches allen Menschen ein menschenwürdiges und schönes Leben ermöglichen würde.
So würde ein bedingungsloses Grundeinkommen gleichzeitig wie ein Familienlastenausgleich funktionieren, und jeder junge Mensch in Deutschland hätte optimale Chancengerechtigkeit für Schule und Studium. Auch vielen Frauen, die heute vielleicht noch teilweise vom guten Willen der Partner abhängig sind und auch oft nur auf Basis der sogenannten 400-Euro-Jobs arbeiten können, würde dies eine wesentlich bessere finanzielle Unabhängigkeit bringen. Studienabgänger und spätere Intellektuelle oder Akademiker könnten nicht mehr allein aufgrund ihres Studium höhere Löhne beanspruchen, da sie nunmehr keine Kredite für das Studium zurückzahlen müssten. Auch sie würden nur an Lebensqualität gewinnen. Stress und Hetze würden für viele Menschen der Vergangenheit angehören!
Nun meine Fragen: Müssten Sie, Frau Bundeskanzlerin, sich nicht schon allein aufgrund Ihrer Aussage nach dem G8-Gipfel bezüglich der weltweiten Mindeststandards für ein menschenwürdiges bedingungsloses Grundeinkommen für alle in Deutschland lebenden Menschen aussprechen? Müssen Sie nicht damit beginnen, erforderliche Visionen hinsichtlich eines besseren Zusammenlebens und einer neuen Zukunftsperspektive für alle Menschen in Deutschland umzusetzen? Wann werden Sie damit beginnen, Ihr Versprechen von Heiligendamm einzulösen und den Bankern und Unternehmern ihre Grenzen aufzeigen? Ich bitte Sie, mir meine Fragen gründlich zu beantworten!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Initiative Bremer Montagsdemo, haben von eurem Komitee „Wir sind der GHB“ und von eurem Kampf gegen Lohnraub und Arbeitspatzvernichtung in den stadtbremischen Häfen und beim Gesamthafenbetriebsverein erfahren. Dafür wollen wir euch unsere Anerkennung und uneingeschränkte Solidarität ausdrücken!
Die Bremer Montagsdemonstration ist Teil der selbständig organisierten und überparteilichen bundesweiten Montagsdemonstrationsbewegung, die seit fünf Jahren unter der Hauptlosung „Weg mit Hartz IV – das Volk sind wir!“ den Kampf gegen die unsozialen und volksfeindlichen Hartz-Gesetze führt. Damit ist sie nicht nur eine Erwerbslosenbewegung, denn Hartz IV geht jeden an, wie ihr es bei den Maßnahmen der Unternehmensleitung des GHB gegen euch selbst bemerkt habt. Arbeiter und Erwerbslose gehören zusammen!
Deshalb machen wir euch den Vorschlag, die gegenseitige Solidarität praktisch zu verstehen und unsere Kämpfe miteinander zu verbinden. Ebenso wie wir euch bei eurem Kampf gerne unterstützen, laden wir euch auch herzlich ein, auf die Bremer Montagsdemonstration – jeden Montag um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz – zu kommen und dort am Offenen Mikrofon euer Anliegen bekannt zu machen. Mit herzlichen und solidarischen Grüßen!