156. Bremer Montagsdemo
am 29. 10. 2007  I◄◄  ►►I

 

Nur noch ein Kopfschütteln

Ursula GatzkeUnsere „Außenkanzlerin“ ist schon wieder im Ausland! Diesmal ging der Flieger mit über 30 Mitreisenden nach Indien. Und wieder muss der „Klimaschutz“ als Ausrede herhalten! Merkel und der „Klimaschutz­wille“, das ist wie Merkel und das „Prekariat“: Sie und viele andere Herrschaften möchten ja ganz gerne den Unterschichtlern unter die Arme greifen, nur fehlt immer bei allem der Wille dazu!

Wo kein Wille ist, da ist auch kein Weg. Im eigenen Land gibt es genug Probleme, aber nein, bloß weg mit dem kostenlosen Flieger, solange es noch geht! „Zum Klimaschutz verdonnern wir von oben herab erst einmal die Autofahrer und die Hausbesitzer, das ist einfacher und billiger, es bringt sogar noch Geld!“

Mein neuer ungewollter Frühsport ist das Kopfschütteln beim morgendlichen Zeitunglesen oder Nachrichtenhören. Heute gibt es wieder viele Gründe, zum Beispiel: Taxifahren wird teurer. Zehn Kilometer Fahrt kosten dann über 17 Euro! Dagegen bietet Ryanair die neuen Flugstrecken ab 12,99 Euro inklusive Steuern und Gebühren ab Bremen an! Billiger ins Ausland düsen als mit dem Taxi zum Arzt: Das ist Aufschwung und Fortschritt!

Ja, und die SPD schreibt sich „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ auf ihre Fahnen. Liebe Damen und Herren, das ist total geheuchelt! Ebenso die gepriesene Pressfreiheit. Heute meldet die „Kreiszeitung“: „Arbeit behindert“. Pressefotografen waren beim Meat-Loaf-Konzert im „AWD-Dome“ nicht zugelassen. In der guten alten „Stadthalle“ wäre das sicher nicht passiert! Wo steuern wir hin?

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Schelle für Bahn-Vorstand: Rumpelstilzchen und die Außerirdische betreiben
Psychoterror mit Massenabmahnungen – und Volksverblödung mit
Überstundenvergütung („Spiegel-Online“)

 

Welcher Linksruck?

Info-MichelDer SPD-Parteitag geht zu Ende. Sein Ergebnis ist ein „Linksruck“, sagt die Gegenseite. Der Weltuntergang naht! Nein, das ist natürlich etwas übertrieben. Bedenklich ist aber die Tatsache, dass eine Partei, die es wagt, mehr für die Masse der Menschen zu fordern, gleich an den Pranger gestellt wird. Was fällt euch eigentlich ein, nennt ihr das Demokratie? Den Kritikern sei es unbenommen, ihre Meinung zu äußern. Aber damit sagt ihr gleichzeitig ganz offen, dass ihr für die Allgemeinheit nichts tun wollt, sondern nur für eine gewisse Minderheit. Dafür seid ihr aber nicht gewählt worden! Uns alle sollt ihr vertreten!

Nun gut, was wir von solchen Parteien zu halten haben, wissen wir schon lange, und ihr werdet nicht mehr gewählt. Jetzt aber zu dem sogenannten Linksruck. Eine Mehrheit von 70 Prozent der Bevölkerung lehnt die Gesundheitsreform ab. Die meisten Menschen lehnen soziale Kälte ab, entwürdigende Maßnahmen, Schnüffelpraxis, Hungerlöhne, Kinderarmut und Ungerechtigkeiten jeder Art. Und was macht ihr Politiker? Ihr beschließt gegen den Willen der Mehrheit. Hat das noch etwas mit Demokratie zu tun? Das macht euch nicht nur unglaubwürdig, sondern auch nicht mehr wählbar. Das hat die „Linke“ schon lange erkannt, jetzt endlich auch die SPD. Gut so! Wie lauteten doch die Worte von Herrn Beck: „Wir brauchen wieder Volksnähe“!

Haben Sie das gehört, meine Damen und Herren? Aber was sage ich, Sie haben ja die Volksnähe direkt vor Ihrem Haus, nun handeln Sie endlich danach! Wann kommt endlich das kostenfreie Essen für die Kinder? Darauf hätte ich jetzt gerne mal eine Antwort, Herr Bürgermeister! Handeln ist jetzt angesagt, sonst muss ich annehmen, dass Herr Beck uns Wählern wieder nur eine Beruhigungspille verpassen wollte. Doch die nächste Wahl kommt bestimmt. Wir werden euch an euren Taten messen und nicht an leeren Versprechungen!

Udo Riedel (parteilos)
 
Rumpelstilzchen geschockt: Platzt die Bahn-Privatisierung? („Spiegel-Online“)
 
„Aufschwung kommt an“: 2008 liegt die Steigerung von Renten und Regelsätzen nur noch zwei Prozent unter der Inflationsrate („Stern“)

 

Gerhard Schröder plant
Montagsrede in Bremen

Hartz IV greift! Dem Kaffesatz eine zweite Chance geben1. Die SPD will sich wieder als die linke soziale Partei verkaufen. Um den Sturz ins Bodenlose zu vermeiden, hat ihr Vorsitzender Kurt Beck einen sogenannten Schwenk vorgenommen: Müntefering musste eine Niederlage kassieren, und das ALG I soll länger an Ältere gezahlt werden – falls die CDU auch noch zustimmt. Diese Frage ist nur ein Teil der sich dann wieder verbreitenden alten Mär, dass man „wegen der CDU“ nichts machen könne. Müntefering wollte und will weiter am schröderschen Kurs festhalten: Die Reformen seien notwendig gewesen, und sie zahlten sich jetzt aus. Welch verlogenes Geschwätz! Der sogenannte Aufschwung baut sich doch nur auf den immer weiter verschlechterten Arbeits- und Lebensbedingungen der breiten Massen auf!

Die Leiharbeit nimmt zu, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse dagegen immer weiter ab. In manchen Betrieben in Nordrhein-Westfalen stehen die Leiharbeiter den Festbeschäftigten fast zwei zu eins gegenüber, so bei Nokia in Bochum oder bei Schmitz-Cargobull in Altenberg. Das SPD-Programm faselt wieder von traditionellen Werten, von „demokratischem Sozialismus“ und dergleichen, nimmt aber die Lage im Land nicht zur Kenntnis. Hartz IV war auf dem Parteitag kein offizielles Thema, da heißt es weiter: volle Durchsetzung der Interessen des Monopolkapitals. Ich kann immer wieder nur sagen: kein Vertrauen mehr in die SPD und ihre politischen Vertreter! Stärken wir eine breite aktive Opposition gegen die Herrschenden!

Der DGB-Vorsitzende Sommer wagt auch mal, den Mund aufzumachen und fordert vorsichtig die Rücknahme der Rente mit 67. Zu all den bekannten Problemen im Land haben der DGB und seine Tochtergewerkschaften weitgehend geschwiegen. Ihre Verfilzung mit der SPD ist zum größten Hemmschuh einer offensiven gewerkschaftlichen Arbeit für unsere Zukunft und die Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Kinder geworden. Aber das Schimpfen darauf reicht nicht: Wir müssen versuchen, in immer neuen Schritten die Menschen aufzumuntern, selber aktiv zu werden. Man ändert nichts, außer man tut es solidarisch mit anderen zusammen!

Gegen alle politischen Phrasen und Heucheleien tut die volle Unterstützung der Streikaktionen der Gewerkschaft der Lokführer richtig gut. Der Bahnvorstand, der in den letzten Jahren 150.000 Arbeitsplätze abgebaut und riesige Gewinne gemacht hat, aus denen er sich selbst Gehaltserhöhungen von 62 Prozent genehmigt, will mit Gerichten die Eisenbahner in Schach halten. Und wenn die sich weiter wehren, wird vielleicht Polizei oder Militär eingesetzt? Möglich ist alles in diesem faulen Staate, aber nur gegen die Menschen! Nach wie vor steht eine große Mehrheit der Bevölkerung auf Seiten der Eisenbahner. Dass die Stimmung kippen soll, ist der Wunsch von Kapital und Helfershelfern. Aber ihre Hetze verfängt nicht bei den Menschen. Auch der Schmusekurs rechter Gewerkschaftsführer hält die Kollegen nicht mehr ab: Massenweise verlassen Gewerkschafter aus Transnet und GDBA ihre Organisationen und schließen sich der GDL an.

Keinen einzigen Arbeitsplatz haben die SPD-hörigen Gewerkschaftsfürsten gesichert! Sie tragen auf ihre Art nur den Umbau der Bahn zu einem international operierenden Konzern mit. Für den Kampf um eine weltmarktbeherrschende Stellung braucht das Kapital den Börsengang und ruhiggestellte Mitarbeiter. Die SPD in ihrer Rolle als „Arzt am Krankenbett“ will eine stimmrechtslose „Volksaktie“ anpreisen. Das ist eine perfide Methode, den nichts Böses ahnenden Menschen das Geld aus der Tasche zu locken, um es den international agierenden Monopolen zur freien Verfügung auszuliefern. Die Politik macht den Betrug gerne mit. Alternative Verkehrskonzepte sind bei der Bahn Fehlanzeige. Schienen und Fahrzeuge verrotten, weil man nur noch die profitabelsten Strecken betreiben und immer weniger Mitarbeiter bezahlen will. Also weiterhin volle Unterstützung für die Eisenbahner!

 

2. Am Wochenende war zu lesen, dass sich das „Bremer Loch“ zur wahren „Goldgrube“ entwickelt hat. Das Ia und Kikeriki hat so viele Münzen angelockt, dass sie schon oft geleert werden musste, und nicht nur von Kippen und Regenwasser. Über 5.000 Euro sind seit dem Sommer daraus entnommen worden. Wo landen die ganzen Gelder? Es sind ja Dienstleistungsgelder fürs Ia. Wurde Hafer für notleidende Tiere gekauft? Nein, das Geld wanderte in die „Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe“, früher Volkshilfe genannt. Diese Stiftung sei eine überparteiliche karitative Organisation, könnte man meinen. Wilhelm Kaisen, manchen Älteren noch als tatkräftiger Bürgermeister Bremens bekannt, der überparteilich zu wirken und zu gewinnen wusste, gab der Stiftung nach seinem Tode den Namen. Viele ehrenamtliche Helfer gehen für diese „Wilhelm-Kaisen-Bürgerhilfe“ sammeln.

Schirmherr und Vorsitzender dieser Stiftung ist Bürgerschaftspräsident Christian Weber. Nach meinem Verständnis hat er auch dieses Amt überparteilich auszuüben. Leider haben wir jedoch seit dem Sommer von Herrn Weher nur mehr gehört, dass er etwas für seine so schwer getroffenen „Filzfreunde“ tut: Zuerst die „missverstandene Zugeneigtheit“ zur armen, aber sooo qualifizierten Ex-Senatorin Röpke – und nun der Ex-Kanzler! Man glaubt es nicht, aber es stand im „Weser-Report“: Herr Weber will vor den ehrenamtlichen Helfern, die viele Cent und Euro für notleidende Menschen – derer es ohne Hartz-IV-Sanktionen nicht so viele gäbe – gesammelt haben, bei einem feierlichen „Bürgermahl“ Gerhard Schröder die Festrede halten lassen. Das wurde alles schon im letzten Jahr verabredet, als Schröder noch so schwer geknickt war. Weber hat doch so ein gutes Herz!

Es ist purer Zynismus, den „Fettnäpfchen-Weber“ da treibt. Ich glaube, viele Menschen würden ihre Spende zurückziehen, wenn sie wüssten, dass man dort einen Mann wie Schröder bewirtet, der hauptverantwortlich für die unsoziale, am Monopolkapital orientierte Regierungspolitik und die steigende Verarmung in diesem Land ist und der sich als Friedenskanzler brüstete, um versteckt deutsche Soldaten unter den Amerikanern im Irak ins Feld zu schicken. Er selbst hat mit Verträgen und Nebengeschäften – man könnte fast von verbotenen Insidergeschäften sprechen – sein Leben mehrfach abgesichert und spekuliert munter weiter um seine Macht.

Ich kann Herrn Weber nur raten, diesen Schröder schnellstens auszuladen. Für den Fall, dass der Bürgerschaftspräsident dabei kein so weiches Herz für uns hat, schlage ich der Montagsdemo und anderen Initiativen in Bremen vor, dass wir dem „Genosse der Bosse“ bei seinem Eintreffen am Montag, dem 26. November 2007, einen entsprechenden Empfang bereiten. Schröder soll Bremen in Erinnerung behalten!

Jobst Roselius

 

„Der soziale Friede ist in Gefahr“

Wolfgang LangeVom Europäischen Gerichtshof wurde jetzt das VW-Gesetz gekippt. Porsche plant bereits die Übernahme. So gelangt der „Volkswagen“ in das Privateigentum der Familien Porsche und Piëch. Ihr Ziel ist es, Toyota als Weltmarktführer abzulösen. Dazu soll die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich verlängert werden. Einen Vorgeschmack liefern die geplanten Massenentlassungen bei Karmann in Osnabrück. Am Samstag gibt es dort eine Demonstration für den Kampf um jeden Arbeitsplatz!

Die Kollegen können sich ein Beispiel an den Lokführern nehmen, die einen konsequenten Kampf gegen die Verlängerung der jetzt schon 41-stündigen Wochenarbeitszeit um zwei Stunden (so das bislang unveränderte „Angebot“) und für eine echte Lohnerhöhung führen (heute bekommt ein Lokführer 2.000 Euro brutto). SPD-Chef Beck und DGB-Chef Sommer greifen die Lokführer an: Der „soziale Friede“ sei in Gefahr. Ja, wo gibt es denn hier sozialen Frieden? Die ganze Agenda 2010, die betrieblichen Angriffe, die Vernichtung und Verlagerung von Arbeitsplätzen, das alles sind Angriffe auf die breiten Volksmassen! Von Frieden keine Spur!

Aber die SPD will unbedingt, dass das Volk stillhält. Die Beschlüsse ihres Hamburger Parteitags sind ein Witz! Durch die minimale Verlängerung des Bezugs von ALG I – bei gleichzeitiger Verschlechterung für Jugendliche – wird der Eintritt in die Armut maximal sechs Monate aufgeschoben! Die Rente mit 67 bleibt. Der Kampf gegen die „Arbeitsplatzreform“ der Schröder/Fischer-Regierung muss darum weitergehen, bis alle Hartz-Gesetze vom Tisch sind!

Die SPD hat den „demokratischen Sozialismus“ wieder ins Programm aufgenommen, nachdem er auf dem letztem Parteitag gestrichen wurde. Für wie blöd halten die uns? Den Sozialismus – und damit breiteste Demokratie – wird es geben. Aber nur, wenn wir selbst den Kampf darum führen! Dafür schafft der Kampf gegen Agenda und Hartz-Gesetze das nötige Selbstbewusstsein! Auch anderswo in der Welt erheben sich die Menschen: 25.000 arme indische Bauern marschierten 600 Kilometer weit, um gegen Armut und Enteignung durch Großgrundbesitzer zu protestieren, und 100.000 Amerikaner demonstrierten am Wochenende gegen den Irakkrieg!

Wolfgang Lange (MLPD)

 

Verfassungsfeinde
machen mobil
(Teil II)

Wieland von HodenbergWas die Medien am 27. Oktober als „sensationelle Neuigkeit“ verkündeten, nämlich die „Reform“ der deutschen Geheimdienste, war längst beschlossene Sache. Sie ist Teil des Plans der Bundesregierung, Deutschland endgültig zu entdemokratisieren und zu einem kriegsfähigen Polizei- und Militärstaat zu machen. Am letzten Montag habe ich dargelegt, wie sehr Verfassungsschutz und die in Berlin zentralisierte Polizei bereits im sogenannten „Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum“ zusammenarbeiten, wobei sie natürlich besonders linke Gruppierungen ins Visier genommen haben. Innenminister Schäuble will ohnehin die Unschuldsvermutung abschaffen. Das heißt, wir alle werden unter Generalverdacht gestellt!

Den Streitkräften ist dabei eine Sonderrolle zugedacht. Das „Weißbuch 2006 – zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ schreibt in Fortsetzung der „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ von 1992 und 2003 das Programm für den Umbau und die Militarisierung des Staates fest. Gabriele Heinecke, Hamburger Mitglied des „Republikanischen Anwaltsvereins“, sagte dazu kürzlich in einem Redebeitrag: „Es ist ein Instrument zur Verwischung von Militärischem und Zivilem, zur Verwischung von innerer und äußerer Sicherheit, zur Verwischung der Definition von Krieg und Frieden, ein Instrument zur Zerstörung des Bewusstseins über die Lehren aus dem deutschen Faschismus.“

Schäuble forderte nach Veröffentlichung des „Weißbuches“ die Zulassung eines offen verfassungswidrigen „Quasi-Verteidigungsfalles“ und den unbedingten Einsatz der Bundeswehr im Innern. Dazu gehört unter anderem die Ungeheuerlichkeit, Zivilflugzeuge bei „Terrorgefahr“ abschießen zu dürfen, was das Bundesverfassungsgericht am 15. Februar 2006 (AZ 1 BvR 357/05) ausdrücklich verboten hatte.

Ein wesentlicher Punkt des Staatsumbaus ist die Integration der Zivilbevölkerung in das militärische System durch die Errichtung von „Heimatschutzeinheiten“. Zurzeit werden 429 Verbindungskommandos in Landkreisen und kreisfreien Städten, 34 weitere auf Ebene der Bezirksregierung, 16 Landes- und vier Wehrbereichskommandos mit Reservisten der Bundeswehr eingerichtet. Jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt stehen – über die gesamte Bundesrepublik verteilt – 10.000 ausgebildete Soldaten zur Seite.

Dazu werden die Truppenteile „nicht in einer militärischen Liegenschaft untergebracht, sondern in einem Büro der zugeordneten Behörden, um bereits im Grundbetrieb in das kommunale Netzwerk Katastrophenhilfe eingebunden zu sein“, wie es in einem Basisinfo zur Neuordnung der zivil-militärischen Zusammenarbeit heißt. Diese sieht im Rahmen des „Heimatschutzes“ weiterhin vor, Feuerwehren, „Johanniter“, „Malteser“, „Rotes Kreuz“, DLRG und vieles mehr unter Streitkräftekommando zu stellen. Durch solch eine Zusammenarbeit werden zusätzlich sämtliche zivilen Mitarbeiter(innen) dieser Organisationen faktisch in den Dienst der Bundeswehr gestellt. Nicht mehr Lebensrettung ist dann angesagt, sondern Zuarbeit für den Dienst an der Waffe!

Übrigens werden in diesem Zusammenhang zivile Krankenhäuser schon lange militärisch verplant. Grundlage hierfür ist ein Kooperationsabkommen zwischen der „Deutschen Krankenhausgesellschaft“ und der Bundeswehr. Vor einigen Jahren stellte ich im Rotkreuz-Krankenhaus in Bremen, das hiervon auch betroffen ist, aufgrund von Pressemeldungen Recherchen an und fand heraus, dass der damalige Betriebsrat über den Vertrag zwischen einem Lazarettkrankenhaus bei Delmenhorst und der Klinik systematisch von der Leitung des Hauses im Unklaren gelassen wurde, obwohl sie mehrfach um Aufklärung gebeten wurde. Wahrscheinlich sollte eine Beunruhigung unter dem Personal vermieden werden.

Schon bis 2010 sollen sämtliche zivil-militärischen Stützpunkte aufgebaut sein. Es sind insgesamt 470 vorzugsweise aus Reservisten bestehende Kreis- und Bezirksverbindungskommandos vorgesehen. In Militärkreisen meint man, es sollten zusätzlich etwa 5.000 Reservisten für die Zusammenarbeit rekrutiert werden, da diese über eine „besondere Mittlerfunktion“ zwischen Zivilgesellschaft und Bundeswehr verfügten.

Zum Staatsumbau gehört die Entrechtung großer Teile der Bevölkerung. Die Hartz-Gesetze haben nicht nur zur Verarmung geführt, besonders bei Kindern, sondern die Betroffenen auch elementarer Grundrechte beraubt. Hier seien zwei Beispiele genannt: Die Freiheit der Berufswahl nach Artikel 12 Grundgesetz, die durch Verpflichtung der ALG-II-Empfänger, jegliche Arbeit anzunehmen, außer Kraft gesetzt ist, sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Grundgesetz, die durch „Hausbesuche“ zur Überprüfung von Angaben – zum Beispiel ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt – ebenfalls außer Kraft gesetzt ist.

Auch hat der Zoll – eigentlich ein Organ zur Kontrolle des Warenverkehrs an den Grenzen – die Aufgabe übertragen bekommen, zu kontrollieren, „ob Sozialleistungen nach SGB III zu Unrecht bezogen werden“. Es gibt also jede Menge Grund, am Samstag, dem 3. November 2007, gegen die Demokratiezerstörung auf die Straße zu gehen! Kommt alle um 12 Uhr zur Demonstration am Hillmannplatz! Außerdem findet am Dienstag, dem 6. November, um 17 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung unter anderem gegen die Online-Schnüffelei statt.

Das Abschussverbot von Zivilflugzeugen seitens des Bundesverfassungsgerichts gilt natürlich auch für Maschinen des Billigfliegers Ryanair. Für uns Bewohner in Flughafennähe ist es allerdings höchst ärgerlich, immer wieder Jubelnachrichten über neue „Fun“-Flüge der hochgradig asozialen irischen Fluggesellschaft lesen zu müssen („Weser-Kurier“ vom 31. Oktober 2007, Seite 15). Diese Airline mit ihren miesen Ausbeutermethoden verursacht zusätzlich zu den anderen Fluggesellschaften unerträglich dauerhaften Lärm durch immer kürzere Flugintervalle, verpestet die Umwelt und schädigt das Klima noch weiter.

Durch die extrem hohe Start- und Landeverdichtung zu bestimmten Tageszeiten tragen ihre Flieger entscheidend dazu bei, Fenster, Dächer und Vegetation binnen kürzester Zeit mit einer dicken, giftigen Dreckschicht zu überziehen. Viele Menschen müssen darunter leiden, nur weil wenige meinen, „mal eben“ für ein paar Euro zum Beispiel nach Alicante fliegen zu müssen. Solche „Billigflüge“ kommen uns alle teuer zu stehen, denn die Folgekosten für Umweltvergiftung und Gesundheitsschäden zahlt nicht Ryanair, sondern wir!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Armutszeugnis: IG Metall erträgt keine kritische und kämpferische
Arbeiterpresse auf ihrem Gewerkschaftstag („Rote Fahne“)
 
Sorge um Rumpelstilzchen: Gericht kippt Streikverbot
im Güter- und Fernverkehr („Spiegel-Online“)

 

Kinder fühlen Existenzangst der Eltern und verlieren die Hoffnung

Elisabeth Graf1. Kinder aus armen Familien fühlen sich abgeschrieben: von der Gesellschaft, häufig auch von ihren Eltern. Das zeigt eine neue Studie, die erstmals aktuell die Lage von Jungen und Mädchen in Deutschland untersucht – und deren Probleme offenbart. Ich finde es erschütternd, dass heutzutage bereits die Grundschulkinder über Zu­kunftsängste klagen. Aber eigentlich ist das gar kein Wunder, denn Kinder sind wie Seismografen, sie reagieren auf die erlebte Armut in ihrer Umwelt und die gefühlte Existenzangst ihrer Eltern.

Am schlechtesten geht es der Studie zufolge all jenen, die nur mit einem Elternteil aufwachsen. Mehr als ein Drittel aller Kinder von alleinerziehenden Elternteilen, die berufstätig sind, beklagt sich, dass Vater oder Mutter zu wenig Zeit haben. Einen direkten Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit der Eltern und mangelnder Zuwendung gibt es der Befragung zufolge allerdings nicht. 17 Prozent aller Kinder von Eltern, die beide Vollzeit arbeiten, haben das Gefühl, zu wenig Aufmerksamkeit zu bekommen. Bei Kindern von arbeitslosen Eltern sind es dagegen 28 Prozent. Insgesamt 1.600 Kinder zwischen acht und elf hat „TNS Infratest Sozialforschung“ befragt. Kinder, die in einer armen Familie groß werden, sehen demnach für ihre Zukunft schlechte Chancen. An einen sozialen Aufstieg glauben diese befragten Acht- bis Elfjährigen in der Regel nicht. Was Wunder, Kinder sind doch nicht blöd!

In Bremen können die 24.000 Hartz-IV-Kinder gerade ganz aktuell erleben, was soziale Ausgrenzung bedeutet, wenn sie sich von den privilegierteren Klassenkameraden erzählen lassen müssen, auf welchen Karussells diese gefahren sind, wie toll das gewesen ist. Natürlich kamen pro Nase noch eine Bratwurst, Zuckerwatte, ein Paradiesapfel, ein Gasballon, diverse Lose und eine Tüte mit gebrannten Mandeln dazu. Arme Kinder dürfen in Bremen nur mit großen Augen über den Freimarkt gehen und müssen sich mit der Vorstellung begnügen, wie es sich wohl anfühlen könnte, mit so einem Gerät zu fahren und wie all die Leckereien wahrscheinlich schmecken würden. Wohl dem, der über eine ausschmückende Fantasie verfügt!

Welchen Schulabschluss sie anstreben, hängt maßgeblich davon ab, aus welcher Schicht ihre Eltern kommen. 82 Prozent aller Kinder aus der Oberschicht wollen das Abitur machen – in der Unterschicht sind es weniger als ein Drittel. Die Spanne zwischen sehr gut situierten Kindern und ihren Altersgenossen, die unter sehr schlechten Bedingungen aufwachsen, ist beängstigend. Viele Kinder haben Angst davor, dass ihre Eltern arbeitslos werden könnten und die Familie dadurch die Sicherheit verliert. Außerdem fürchten Kinder sich besonders vor Kriegen und Terroranschlägen. Der Alltag von Unterschichtskindern ist der Befragung zufolge oft eintönig. Mehr als die Hälfte der Jungen und Mädchen aus finanziell schwachen Familien nimmt nach eigener Aussage an keinerlei Freizeitaktivitäten teil. Freizeitgestaltung kostet nun mal Geld, das da ist oder eben nicht!

 

2. Deutschland verstößt gegen Völkerrecht! Der „Schattenbericht an die Vereinten Nationen“ beklagt eine Missachtung des Menschenrechts auf Bildung in Deutschland. Die Verfasser fordern eine UN-Rüge wegen der Studiengebühren. Mit der Ratifizierung des sogenannten Sozialpaktes der Vereinten Nationen im Jahr 1973 hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, regelmäßig über den Fortschritt bei der Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte Bericht zu erstatten. Dass der zuständige UN-Ausschuss inzwischen seit fast 16 Monaten vergebens auf Post aus Deutschland wartet, hat jetzt Studierendenvertreter und Gewerkschafter auf den Plan gerufen.

Am Montag stellten der „Freie Zusammenschluss von Student(inn)enschaften“ und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft einen „Schattenbericht an die UN“ vor, der die Bundesrepublik angesichts der in mehreren Bundes­ländern erhobenen Studiengebühren des Völkerrechtsbruchs bezichtigt. Durch die Einführung des Bezahlstudiums verstoßen die Länderregierungen gegen Geist und Buchstaben des durch den Sozialpakt gewährleisteten Rechts auf Bildung. Die Urheber der Untersuchung sehen das Recht auf Bildung nicht erst mit der Durchsetzung allgemeiner Studiengebühren in mittlerweile sieben Bundesländern verletzt. Internationale Vergleichsstudien hätten wiederholt belegt, wie sehr der Hochschulzugang schon heute in besonderem Maße von der sozialen Herkunft abhängig sei.

Studiengebühren verstärkten die soziale Auslese und hielten Schulabgänger vom Studium ab. Auch die Möglichkeit der Kreditfinanzierung verringere die Selektion nicht. 2005 und 2006, als noch nirgendwo eine Campusmaut fällig wurde, nahmen bundesweit 356.000 Menschen ein Studium auf. Nach deren Einführung in der Mehrzahl der unionsgeführten Länder sei die Zahl der Erstsemester-Studenten sofort um 17 Prozent auf noch knapp 300.000 eingebrochen. Die Kluft, die zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht, macht sich in derselben Art und Weise auch bei der Bildung bemerkbar.

Die Oberschicht hat sich darauf eingerichtet, unter sich zu bleiben. Gemäß des grassierenden Wildkapitalismus und der falsch verstandenen Globalisierung hat man dort die Mittel- und Unterschicht „aufgegeben“, wohlwissend, dass nur noch so viele „Pöstchen“ zu besetzen sind, dass es für die eigenen Reihen reicht. Der Rest wird als „Humankapital“ verwertet, zum Beispiel beim Militär, wenn Deutschland seine Grenzen am Hindukusch verteidigt. Dazu braucht man keine „höhere Bildung“, zumal es förderlich ist, wenn das „Bewusstsein“ und die Erkenntnisfähigkeit für die realen Dinge mit abnehmender Bildung schwinden. Die für die Unter- und Mittelschicht geltende „Wahrheit“ wird von oben diktiert und ist bei „Massen mit flachem Intellekt“ auch besser zu konditionieren.

 

3. Wer klug und fleißig ist, schafft es nach oben? Das ist ein Märchen. Es ist die Gnade der richtigen Geburt, die eine Spitzenposition garantiert. Wichtig ist, sagt der Elitenforscher Michael Hartmann, schon als Kind den souveränen Umgang mit Macht erlernt zu haben. Die Zahlen sind erschreckend: 80.000 Jugendliche verlassen jährlich die Schulen ohne Abschluss. Ein Viertel aller 15-Jährigen kann nicht richtig lesen oder schreiben. 15 Prozent eines Jahrgangs werden komplett abgehängt, sind ohne Perspektive. Keine Gesellschaft hält so etwas auf die Dauer aus. Aber diese Jugendlichen sind nicht einfach dumm. Nein, es sind die Strukturen, die sie aus der Gesellschaft katapultieren. Es stimmt nicht, dass nur der Wille bestimmt, wer nach oben kommt.

Zum Manager wird man geboren. Vier von fünf Managern der 100 größten Unternehmen stammen aus den oberen drei Prozent der Bevölkerung, dem Großbürgertum. Nur ein Chef aus den DAX-30-Unternehmen ist ein Arbeiterkind. Bei den meisten anderen Vorstandschefs waren die Eltern Unternehmer, Manager, hohe Beamte oder Adlige. Man kennt sich. Das ist eine wirklich geschlossene Gesellschaft. Der kürzlich verstorbene Gottfried Graf von Bismarck hatte mit schlechten Noten in Oxford studiert und sagte: „Wenn ich mich bewerbe, und auf der Liste steht Meier, Müller, Schmidt oder von Bismarck, dann bin ich ziemlich sicher, dass ich den Job bekomme.“

Natürlich. Denn jeder Chef denkt: Der tickt wie ich. Der ist dem gleichen Wertesystem verbunden. Der weiß, wie man sich bewegt, kann über Opern plaudern, kann Regeln bewusst oder ironisch verletzen, er hat den richtigen Habitus, die Aura: „Ich gehöre dazu“. Er strahlt Souveränität aus. Wie man sich oben bewegt, wie man mit Macht richtig umgeht, das lernt man nur, wenn man in diesem Milieu aufwächst. Das ist auch der Grund, weshalb persönliche Auswahlgespräche bei den Universitäten verstärkt in Mode kommen. So findet, unabhängig von den Noten, eine gezielte soziale Selektion statt. Dabei war es der sozialdemokratische Kanzler Schröder, Kind einer Putzfrau und eines Hilfsarbeiters, der nach Elite-Universitäten rief.

Es ist eine bittere Ironie: Ohne die Bildungsoffensive der sechziger und siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als der Staat wirklich mal Geld in die Ausbildung seiner Bürger steckte, hätte Schröder seinen Aufstieg nie geschafft. Aber es gibt immer wieder Aufsteiger, die vergessen, woher sie kommen, und sich dann nach unten abschotten. Das ist ein Grund, weshalb bei uns so hartnäckig und gegen besseres Wissen am dreigliedrigen Schulsystem festgehalten wird. Dieses sorgt dafür, dass über die Hälfte der Kinder, fast 60 Prozent, aus dem Kampf um ein Studium und relativ gute Arbeitsplätze herausfällt. Da wird ganz früh, viel zu früh, sortiert.

 

4. Nach einer Studie nehmen Gutqualifizierte sogenannten Geringqualifizierten die Stellen zu unterbezahlten Löhnen weg! Die Ergebnisse der aktuellen Studie des „Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ der Bundesagentur für Arbeit zeigen, dass die Hartz-IV-Reformen die Arbeitsbedingungen von neu eingestellten Arbeitnehmern enorm verschlechtern und Hartz-IV-Betroffenen nicht zu mehr Beschäftigung verhelfen. Endlich wird durch diese Studie bewiesen, was wir schon lange wissen und täglich vorgelebt bekommen, dass nämlich Hartz IV die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Erwerbslose nur noch mehr verschlechtert. Da liegt natürlich die Spekulation auf der Hand, dass mittels Hartz IV die noch Werktätigen drangsaliert und abgeschreckt werden sollen, damit sie sich mit leisem Knurren – aber letztlich ohne Widerstand – ihre Arbeitnehmerrechte brav weiter abbauen lassen.

 

5. Hat Kurt Beck sich aus Angst vor dem drohenden Parteisterben für einen Kurswechsel entschieden? Die Umfragen sind anhaltend schlecht, sie attestieren der Partei einen Ruf-Selbstmord. Seit der Agenda 2010 verliert die SPD ihren Existenzkern, ihre Seele. Es wird ihr nichts mehr zugetraut bei der Suche nach sozialer Gerechtigkeit, der Verteidigung des Sozialstaats, beim Abbau der Unterschiede zwischen Arm und Reich. Deswegen ist jetzt plötzlich Kapitalismuskritik wieder erlaubt. Das Nachdenken über neue Aufgaben für den Sozialstaat wird nun sozialdemokratische Pflicht. Das Hamburger Programm übernimmt das von Matthias Platzeck geprägte Wort vom „vorsorgenden Sozialstaat“, fügt ihm aber den „sorgenden Sozialstaat“ an.

Kurt Beck beteuert, dass es auf dem Parteitag keinen „Linksruck“ gegeben habe. Oder wird mit „links“ heute die Weigerung gleichgesetzt, die Frage nach der Gerechtigkeit einfach dem Markt zu überlassen? Der identitätsstiftende Begriff des „demokratischen Sozialismus“ ist wieder „in“. Zu hören gibt es viel Blabla um einen angeblich neuen Sozialstaat. Wird darunter vielleicht verstanden, dass das ALG I für Ältere um ein paar lächerliche Monate verlängert wird, bevor der unvermeidliche soziale Absturz in Harz IV droht? Neue Jobs, von denen es sich auskömmlich leben ließe, entstehen dadurch sicher nicht. Aus einem Parteitagsbeschluss wird nicht gleich automatisch Regierungshandeln!

 

6. Allein in Berlin werden monatlich rund 11.000 Hartz-IV-Empfänger mit Sank­tionen der Arbeitsagentur belegt. Im August bekamen demnach 10.902 Berliner Einschränkungen und erhielten eine verringerte Zuwendung vom „Jobcenter“. Sanktioniert wird, wer etwa eine „zumutbare Arbeit“ oder sonstige „Einglie­derungshilfe“ ablehnt. Dann können die Behörden auch die Kosten für die Unterkunft kürzen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Agentur zehn bis dreißig Prozent der Regelleistungen einbehalten, die finanzielle Unterstützung also kürzen darf. Bei Jugendlichen unter 25 Jahren können die Leistungen auch komplett gestrichen werden. Ausgesprochene Sanktionen gelten in der Regel für drei Monate.

Beim Sanktionieren liegt Berlin im bundesdeutschen Vergleich im Mittelfeld. Doch die Grünen befürchten, dass die Zahl künftig steigen wird. Denn die einzelnen Jobagenturen haben sich in Zielvereinbarungen zu einer Senkung der Ausgaben verpflichtet. Eigentlich sollte es das Ziel der Argen sein, die Senkung der Ausgaben durch Vermittlung in Arbeit zu verringern. Wenn dies aber nicht gelingt, bliebe als einziges Mittel die Verschärfung der Sanktionspraxis. Die Sanktionen betreffen auch die Kosten der Unterkunft, was viele Menschen in die Obdachlosigkeit treiben wird. Ob allerdings alle Sanktionen gegen Hilfebedürftige gerechtfertigt sind, ist fraglich.

Fast die Hälfte aller Verfahren am Sozialgericht, 11.892 Klagen oder Eilanträge, betraf im vergangenen Jahr die Regeln rund um Hartz IV. Zahlreiche Bürger versuchten, mit dem Gang vor Gericht die „Jobcenter“ zu zwingen, sich endlich zu ihren Widersprüchen gegen erteilte Bescheide zu äußern. In 40 Prozent der Fälle erzielten Kläger und Antragssteller zumindest einen Teilerfolg, teilt das Sozialgericht mit. Insbesondere rügt das Gericht eine „rechtswidrige Untätigkeit der Behörden“. In den vergangenen Monaten war es praktisch unmöglich, zeitnah aus einem „Jobcenter“ eine Reaktion auf einen Einspruch zu erhalten. Inzwischen liegen in den zwölf „Jobcentern“ 50.000 Widersprüche auf Halde.

Anfang des Jahres erstellte die Bundesagentur für Arbeit erstmals eine offizielle Statistik. Das Resultat war alarmierend. Zehn Monate, so kalkulierten die Statistiker der Regionaldirektion, dauere es, den Berg abzuarbeiten. Im „Jobcenter“ Mitte wurden sogar drei Jahre als Prognose ausgemacht, in Neukölln 19 Monate. Sollen sie drei Jahre unter einer Brücke schlafen müssen, bevor überhaupt mal auf ihren Widerspruch eingegangen wird? Aber vielleicht sind sie bis dahin bereits erfroren. Auch mit dieser Art des „sozialverträglichen Ablebens“ lässt sich die Arbeitslosenstatistik ganz wunderbar aufhübschen! Geld spart man dadurch auch noch!

 

7. „Streik war gestern“: Finnlands Pflegekräfte setzen auf eine radikale Methode im Tarifstreit um mehr Gehalt. 13.000 drohen damit, alle am selben Tag zu kün­digen, sollten ihre Forderungen im kommenden Tarifvertrag nicht erfüllt werden. Schriftlich haben sie sich deshalb verpflichtet, in diesem Fall am 19. November gleichzeitig zu kündigen. Schwer war es für die Krankenpflegegewerkschaft Tehy nicht, unter ihren Mitgliedern Teilnehmer für eine Massenkündigung zu rekrutieren: Weil es in Finnland an Pflegepersonal fehlt, hat kaum eine Schwester Angst, die alte Stelle nach dem Tarifkonflikt nicht wiederzubekommen.

„Wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Wir waren ausreichend lange die lieben Mädchen“, sagt die 54-jährige Chirurgiekrankenschwester Gun Ward der Zeitung „Huvudstadsbladet“ in Helsinki. Seit 20 Jahren arbeitet sie als Schwester. Ihr heutiger Nettomonatslohn liegt trotz großer beruflicher Verantwortung für Leben und Tod und langer Nachtschichten bei nur rund 1.400 Euro im Monat.

Kein Wunder also, dass die Krankenhausverwaltungen im ganzen Land Panik kriegen: Sie warnen vor chaotischen Zuständen in finnischen Spitälern. Der gesamte Krankenpflegebereich, bis auf die lebensrettenden und lebenserhaltenden Abteilungen, könne zum Erliegen kommen, warnen Krankenhausverwalter. Allein in der Hauptstadt Helsinki sollen laut Gewerkschaftsplan 25 Prozent der Krankenschwestern die Kündigung angedroht haben. In anderen Landesteilen soll der Anteil noch höher liegen.

Für die erst im März dieses Jahres neu gewählte Mitte-Rechts-Regierungs­koalition unter dem liberalen Ministerpräsident Matti Vanhanen wird der Tarifkonflikt zur Feuerprobe, denn einer der Gründe für die Unnachgiebigkeit der Krankenschwestern ist ein Wahlversprechen von Vanhanens konservativem Koalitionspartner, der „Sammlungspartei“. Diese hatte versprochen, die Löhne bei einem Wahlsieg um stattliche 540 Euro im Monat zu erhöhen. Nun fordert die Gewerkschaft die Einlösung des Versprechens. Sie will 430 bis 650 Euro mehr pro Monat, zu realisieren innerhalb der kommenden zweieinhalb Jahre.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
Neue „Verwaltungsanweisung Wohnen“ erlassen: Sie wird der Bagis
keine Einzelfallprüfung ersparen („Soziales Bremen“)

 

Kevins mutmaßlicher Mörder bekam einen Monat lang kein ALG II

Hans-Dieter Binder1. Das Gerichtsverfahren zum „Fall Kevin“ vor dem Bremer Landgericht hat begonnen. Es war kalt – nicht nur äußerlich. Ein starkes Medienaufgebot und ein nur zögerlicher Einlass der anderen Besucher sorgten für einen verspäteten Beginn. Der Richter erklärte zunächst, wozu dieses Verfahren nicht dienlich ist, worüber er nicht zu urteilen hat. Der Staatsanwalt verlas die Anklage. Es war hart, wie er die Verursachung von Knochenbrüchen bei dem kleinen Jungen detailliert beschrieb.

Die Verteidigung erläuterte ausführlich, dass die Todesursache an den verordneten Tabletten liegen kann. Dieser Vortrag der Verteidigung war dem Gericht seit längerem bekannt. Es hat die Anklage daraufhin abgeändert. Die medizinischen Befunde hat der Staatsanwalt ebenfalls abgeändert vorgetragen, die Verursachung von Knochenbrüchen aber in unsprünglicher Form belassen. Die Tabletten, durch zwei Kinderärzte verschrieben, verursachen Osteoporose (Knochenerweichung). Der Ziehvater hat sich gegenüber dem Gericht nur mit Namen sowie Geburtsdatum und -ort geäußert, ansonsten aber das Geschehen genau verfolgt und mit seinen Verteidigern besprochen.

Als Zeugen waren zwei Polizeibeamte geladen. Insgesamt fünf Beamte des Mobilen Einsatzkommandos hatten mit einer Ramme die Wohnungstür aufgebrochen und waren in die Wohnung gestürmt. Sie wollten einer Geiselnahme vorbeugen. Es war für mich erschreckend, wie wenig Erinnerung diese Zeugen an das Geschehen hatten und wie viele Widersprüche aufgetreten sind. Verständlich wäre dies eigentlich nur bei einem Routineeinsatz. Nun werden morgen die drei anderen Polizisten gehört, um Klarheit über diesen Einsatz zu erhalten.

Diese beiden Beamten haben den Kühlschrank geöffnet. Aufgrund des Geruchs und des Volumens eines darin enthaltenen Abfallsackes haben sie Kevin als tot vorgefunden gemeldet. Ein Beamter hat Maden in der Kühlschranktür in Erinnerung, der Vorsitzende Richter bezweifelt dies. Die andere Beamtin wird danach nicht noch einmal zu diesem Bild befragt. Sie war vorher vernommen worden. Dies ist für mich unverständlich.

Vielleicht bringen die anderen Beamten Licht in diese Frage. Wenn Maden vorgefunden wurden: Bedeutet dies, dass Kevin schon lange im Kühlschrank lag, insbesondere wenn der Kühlschrank eingeschaltet war? Einen Irrtum schloss dieser Polizeibeamte aus: „Ich kenne diese Maden. Ich habe schon eine Leiche und dazu die Maden gesehen“, sagte er. Der Vorsitzende ging darauf nicht ein. Die Leiche Kevins wurde im Dezember 2006 nach Hamburg gebracht, um den Todeszeitpunkt festzulegen. Wurden auch der Abfallsack und der Kühlschrank mitgeliefert beziehungsweise die darin enthaltenen Spuren?

Wenn die Verteidigung im Recht ist, hat der Ziehvater Kevin die verordneten Tabletten verabreicht, und diese haben zum Tode geführt. Die Knochenbrüche, zu denen es bei Osteoporose leicht kommt, sind dann eventuell durch den Druck im Kühlschrank entstanden. Ich hoffe, Kevins Ziehvater erhält einen fairen Prozess, denn es sind viele Interessen berührt. Der Vorsitzende Richter geht zurzeit nicht davon aus, dass weitere Gutachter nötig sind.

Ansonsten war die gestürmte Wohnung ordentlich, keine „Drogenhöhle“. Es gab eine Kinderjacke an der Flurgarderobe, ein Laufgitter in der Stube und Spielzeug in der Wohnung, eben die Spuren eines Kleinkindes. Es wurde kein Drogenbesteck, kein Einstich gesehen. Ich war im Gerichtssaal als Zuschauer. Mir war kalt. Ich gehe auch nicht zur nächsten Sitzung.

 

2. Euch brauche ich nicht zu überzeugen von der friedensbedrohenden Aufrüstung durch die „Lissabon-Agenda“ und ihren weiteren Folgen wie der Zerstörung von Grundrechten, der Privatisierung von Bahn, Krankenhäusern, Versorgungsbetrieben und Bildung, den Fallpauschalen im Krankenhaus bis hin zu den Hartz-Gesetzen. Am Donnerstag, dem 13. Dezember 2007, soll nun der neue Lissaboner Vertrag unterzeichnet werden. Bereits die Verhandlungen dort wurden durch Proteste begleitet: Über 200.000 Köpfe blieben von den Korrespondenten unbemerkt.

Der „Reformvertrag“ ist teilweise alter Wein in neuen Schläuchen, denn die Grundausrichtung der EU auf Privatisierung bleibt bestehen, zur Beschleunigung fallen weitere Zuständigkeiten an die Union, und eine Mitbestimmung der Völker Europas ist nicht vorgesehen. Wir wollen aber mitbestimmen! Da nun die EU zu Tisch bittet und die Unterzeichnung am gleichen Tag in Brüssel feiert, lassen wir uns nicht lange bitten: Wir kommen, Kopf zeigen! Wir sind nicht einverstanden! Wir wollen die Zukunft positiv gestalten!

 

3. Der Aufschwung geht um! Gesehen wird er immer wieder von Regierungsverantwortlichen und ihren abhängig Beschäftigten. Doch der „Weser-Kurier“ schreibt am 26. Oktober 2007: „Die Konjunktursorgen wachsen“. Der „IFO-Geschäfts­klimaindex“ sei gesunken: „Das Ergebnis spricht für eine Fortsetzung des Aufschwungs, allerdings mit nachlassender Dynamik“, sagte IFO-Chef Werner Sinn.

Wer die alten Vorhersagen nimmt und schaut, was davon geworden ist, dem fällt auf: Es sind immer die gleichen Argumente mit dem Hinweis auf viel Wenn und Aber wie Weltwirtschaft, Energiekosten, Hypothekenkrise. Die Stütze dieser „Weisen“ für den Aufschwung ist die Arbeitsmarktstatistik, wie das folgende Zitat von „Spiegel-Online“ belegt:

„Nur noch 3,5 Millionen Arbeitslose, das sei doch ein Erfolg für Hartz IV & Co. – über solche Argumente seiner Genossen regt sich Dreßler wirklich auf: ‚Die feiern ihre Statistik, die sie selbst bereinigt haben. Tatsache sind 6,1 Millionen Arbeitslose, nur die Ein-Euro-Jobber, die Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die Geringbeschäftigten werden nicht mehr mitgezählt.‘ Und was sei bitteschön mit der hohen Jugendarbeitslosigkeit und der Kinderarmut von 2,7 Millionen in Deutschland? Und was mit dem wachsenden Niedriglohnsektor in unserem Land – 25 Prozent der Menschen in den alten Bundesländern verdienten weniger als den Durchschnittslohn, in den neuen Ländern liege die Quote bei 60 Prozent? Gleichzeitig senke die SPD die Unternehmenssteuern erst um 40 Milliarden und jetzt noch mal um sechs Milliarden Euro.“

Naturgemäß sind diese Argumente nicht vollständig, aber es ist hilfreich zu lesen, dass auch andere das amtliche Zahlenwerk nicht mehr als aussagefähige Statistik ansehen. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. Auf der letzten Montagsdemo habe ich mich im vierten Beitrag mit der Ver­teilung der Abgaben, der Last der Steuer und Sozialversicherung beschäftigt. Übersehen hatte ich den Artikel im „Weser-Kurier“ vom 16. Oktober 2007 über das „Minus in den Sozialkassen“: Das Statistische Bundesamt hat veröffentlicht. „Die gesetzliche Sozialversicherung hat am Ende des ersten Halbjahres 2007 ein Defizit von 519 Millionen Euro ausgewiesen. Es reduzierten sich die Ausgaben aller Zweige der Sozialversicherung im Vergleich zu 2006 um 0,6 Prozent auf 232,6 Milliarden Euro. Die Einnahmen sanken um 4,3 Prozent auf 232,1 Milliarden Euro. Für das Gesamtdefizit war die gesetzliche Rentenversicherung hauptverantwortlich.“

So weit der Artikel. Dieser Statistik glaube ich, weil es um die Bewegung von Geld geht. Anzumerken ist noch, dass der tatsächliche, bereinigte Beitragsrückgang noch höher ist, weil 2006 die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorgezogen wurde und gemäß Übergangsvorschrift Beiträge aus dem ersten Halbjahr ins zweite verlagert werden konnten. Wenn bisher den Sozialkassen ein Überschuss von 8,4 Milliarden Euro vorhergesagt wurde, ist das breits nach den vorstehenden Ausführungen total daneben.

Mit Abschaffung der 58er-Regelung müssen Hartz-IV-Betroffene vorgezogene Altersrente beantragen, sobald diese Möglichkeit besteht, auch wenn diese Rente unter den Leistungen des ALG II liegt! Allein dadurch kommen erhebliche Mehraufwendungen auf die Deutsche Rentenversicherung zu. Zudem ist die Nachfrage nach Erwerbsunfähigkeitsrenten bereits heute gestiegen. Die Unternehmen bauen weiterhin Personal ab und kürzen die Bezüge der Beschäftigten. Dadurch werden leider auch die Beitragseinnahmen weiter sinken.

Aber die Arbeitgebervertreter von DIHT, BDA und BDI sehen Senkungsbedarf für die Sozialversicherungsbeiträge! Senkungsbedarf besteht allerdings für die Belastung der Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

5. Der Präsident des Bundesrechnungshofes hat ein Gutachten vorgelegt. Demnach gibt es in Deutschland keine funktionierende Steuerverwaltung mehr. Der Umsatzsteuerbetrug war bereits 2003 Gegenstand einer Empfehlung. Die Steuerausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe sind immer noch nicht im Griff! 2006 hat der Rechnungshof erneut Steuergerechtigkeit angemahnt: Die Kassen sind leer, wenn auf Einnahmen verzichtet wird!

Arbeitnehmer sind von diesen Fehlern oder Unterlassungen nicht berührt: Ihne Einkommensteuer wird bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung einbehalten. Aber jeder Arbeitnehmer muss mit seinen Abgaben diese Steuerlöcher stopfen! Die Unterlassungen sind einzig zum Vorteil der Unternehmen – obwohl die meisten Unternehmer nichts gegen eine gerechte Steuerverteilung hätten. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

6. In Sachen Zumutbarkeit von Arbeit bleibt festzuhalten, dass der Mensch sich wehren kann. Das bedeutet: Die Arbeit annehmen, die Stunden protokollieren und festhalten, was getan wurde, dann die Abrechnung abwarten und mit diesen Unterlagen zur Gewerkschaft gehen, um den Lohn prüfen lassen. Wenn eine tarifliche Unterzahlung vorliegt und der Arbeitgeber tarifgebunden ist, muss er den Tariflohn zahlen!

Wenn er nicht gebunden ist, kann das Arbeitsgericht die Angemessenheit des Lohnes prüfen. Das Arbeitsgericht Bremen hat dazu ausgeführt, dass gerade bei den einfachen Tätigkeiten auch eine geringe Unterschreitung der vergleichbaren Tariflöhne sittenwidrig ist. Wie sich der Anspruch auf anständige Bezahlung durchsetzen lässt? Wir gehen mit! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Unglaubwürdig: Statt die Zumutbarkeitsregelungen zu ändern, erhebt der SPD-Senat unverbindliche Forderungen nach einem Mindestlohn („Die Linke“)

 

Die SPD brauchen nur noch die schmierigsten Gestalten im Land

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlErst die Zeitumstellung und dann noch ein ganzer Tag Regen, so kamen wir nur auf gut 20 Teilnehmer bei der 156. Montagsdemo in Bremen am 29. Oktober 2007 um 17:30 Uhr vor dem Dom. Wir mussten Schutz suchen unter den Arkaden des Bürgerschaftsgebäudes.

Im Mittelpunkt der Beiträge stand der abgelaufene SPD-Parteitag. Die Widersprüche nehmen zu, Schröders Agenda 2010 bekommt gehörig Risse. Die ersten Rufe nach Neuwahlen kommen auf. Bohren, sägen und hämmern wir weiter, nicht mehr lang, nicht mehr lang, dann kommt auch Hartz IV zum Kippen!

Nur der Parlamentpräsident Weber scheint sich noch mit dem abgehalfterten Lügenkanzler Schröder „schmücken“ zu wollen und ist schon wieder in einem Fettnapf ausgerutscht.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo

 

Der Hartz-IV-Thriller

Nachdem ich kürzlich über eine Straßenzeitung auf eine Organisation für Montagsdemos in Karlsruhe gestoßen war, habe ich weiter recherchiert und bin auf Ihre Website gekommen. Ich bin Autor des Polit-Thrillers „Das Odessa-Experiment“, in dem es um das Problem Arbeitslosigkeit in Verbindung mit der Hoffnungslosigkeit der Armut durch Hartz IV geht. Verpackt in eine höchst brisante Story, die Erinnerungen an die unrühmliche Geschichte dieses Landes weckt, wurde einmal in der Presse vom „gesellschaftlichen Dynamit“ gesprochen. Im nächsten Jahr wird der Stoff im TV-Format verfilmt.

Ich habe mich also mit der Problematik beschäftigt, die auch Schwerpunkt Ihrer Montagsdemos ist: Sozialabbau im Wesentlichen durch Armutspolitik zulasten Arbeitsloser und sozial schwacher Menschen. Die Schaffung einer Elitegesellschaft ist in vollem Gange. Den Mächtigen werden durch explodierende Preise immer mehr Milliarden in die ohnehin schon vollen Taschen gespült, während das Volk auf der Strecke bleibt. Wir zählen 7,5 Millionen „Hartz-IV-Empfänger“! Ich weiß nicht, wie viele Millionen dazuzurechnen sind, die kurz vor diesem Abgrund stehen. In meinem Thriller bin ich von insgesamt zehn Millionen ausgegangen.

Dass dieser Weg nicht der richtige sein kann, weiß jeder normal denkende Mensch. Da fragt man sich, was haben die Mächtigen eigentlich vor? Wo soll es enden? Beschäftigt man sich mit der langfristigen Entwicklung vor den Kriegen, stellt man erschreckende Parallelen fest. Um so mehr ist es wichtig, dass heute möglichst viele Menschen auf die Straße gehen und alle anderen wachrütteln. Wenn ich wüsste, wie man die 7,5 Millionen „Hartz-IV-Empfänger“ mobilisieren könnte, würde ich es tun. Wie hieß es doch schon einmal mit so viel Erfolg: Wir sind das Volk!

Und was ist mit dem sogenannten Aufschwung, von dem jeden Tag die Rede ist? Ich will es wohl glauben, dass es diesen Aufschwung gibt, aber eben nur für die Oberschicht. Das Volk nimmt nicht teil, an ihm schwingt er sozusagen vorbei. Die Menschen bemerken ihn nur durch die immer größer werdenden Belastungen. Das Volk finanziert in meinen Augen den Aufschwung für die Mächtigen. Und damit das Ganze funktioniert, hat man ja auch ein schillerndes Deckmäntelchen: die Globalisierung und den Klimaschutz. Ein schöner Teppich, unter den vieles andere gekehrt werden kann! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin viel Erfolg.

Zuschrift von Martin de Wolf, Autor, Bremen
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz