155. Bremer Montagsdemo
am 22. 10. 2007  I◄◄  ►►I

 

Strukturwandel mit Rentnergeld?

Ursula GatzkeWeil das Geld gerade so sprudelt, zur Erinnerung: Schon zweimal haben die Spitzenpolitiker die Rentner dermaßen bestohlen und belogen, dass wir sie als Raubritter bezeichnen können!

1957 war die Rentenkasse sehr gut gefüllt – von den Arbeitern und Arbeiterinnen. Dies sollte ein Polster für die spätere Rente sein. Zu schön, um wahr zu sein: Es gibt ja Politiker! Erst einmal musste das Geld da raus aus der Kasse. Davon wurde der Aufbau der Bundeswehr bezahlt! Es wurde auch ein Vertrag geschlossen, wenn wieder Geld in der Staatskasse sei, solle das Entnommene nach und nach ersetzt werden.

Bis dahin wäre alles in Ordnung, nur danach wurde es kriminell: Der Vertrag verschwand auf Nimmerwiedersehen! Seit Jahren frage ich öffentlich: Wie viel Geld habt ihr Politiker in die Rentenkasse zurückgezahlt? Ich habe einmal gelesen: nichts, absolut nichts!

Dann kam die Wiedervereinigung, erneut war die Rentenkasse gut gefüllt, wieder stahlen unsere „Volksvertreter“ – diesmal für den Strukturwandel, den „Aufbau Ost“ – das Rentengeld. Erneut wurden Rentner bestohlen, um fremde Leistungen zu bezahlen!

Von einem Politiker hörte ich gerade am Samstag: „Das Geld in der Rentenkasse ist abgeschmolzen, da können wir nichts machen!“ – „Geschmolzen“ klingt gut, wenn da nur nicht immer die langen, heißen Finger in die Rentenkasse greifen würden!

Ich finde solche Taten absolut kriminell! Seit heute warte ich auf Post von einem Politiker, der sich erst schlau machen muss, wie das mit dem Renten­rausnahmevertrag gelaufen ist. Zurzeit geben sich fast alle Politiker große Mühe, dass es den Rentnern immer schlechter geht und die Rentenkasse gar nicht erst gefüllt wird!

Ursula Gatzke (parteilos)

 

Zum Kotzen, dieses Gerede!

Info-MichelAnders kann ich es nicht mehr ausdrücken, wenn es um die Abhängigkeit von den großen Energieunternehmen geht – oder besser: um das Diktat der Konzerne. Gestern drehte sich der „Talk“ in der neuen Show von Anne Will um die Energiepreise, die uns alle betreffen. Auch darum stehen wir hier! Wenn das so weitergeht, werden immer mehr Menschen in die Enge getrieben, in die Abhängigkeit von vier großen Unternehmen, die in ihrem jeweiligen Gebiet bereits das Monopol besitzen!

Auch die EU mahnt das Ganze an, doch es wird geredet und geredet und nicht gehandelt, obwohl jeder weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Natürlich kann man in seine Überlegungen nur einbeziehen, was an Daten zugänglich gemacht wird, aber auch auf der Volksschule haben wir gelernt, eins und eins zusammenzurechnen! Nur die Unternehmer und Politiker können es nicht, oder wollen sie es nicht? Leute, lasst euch doch nichts vormachen: Wenn wir dem jetzt nicht Einhalt gebieten, dann gute Nacht!

Je mehr Geld die Menschen für Energie ausgeben müssen, desto weniger haben sie für andere Güter zur Verfügung. Umso mehr muss der Staat bei Hartz-IV-Betroffenen, Sozialhilfeempfängern und Rentnern mit Steuergeldern ausgleichen. Doch je mehr der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, desto mehr verarmt er selber. Meine Damen und Herren Politiker, haben Sie daran auch schon mal gedacht? Darum: Jetzt nicht mehr reden, sondern weg mit dem Monopol, her mit dem fairen Wettbewerb! Handeln Sie, denken Sie an die Menschen, die Sie schließlich gewählt haben, damit es gerecht zugeht in unserem Lande!

Udo Riedel (parteilos)
 
Beck’s „Linkskurs“: „Reformieren heißt nicht
Zwiebeln und Quälen“ („Spiegel-Online“)
 
Hinhaltetaktik von Bahn und Gericht: Lokführer streiken ab
Donnerstagfrüh 30 Stunden lang („Spiegel-Online“)
 
Beck’s Hetze gegen Lokführer: Wohin soll das bloß führen, wenn sich die
Streiklust nicht mehr von der SPD ersticken lässt? („Bild“-Zeitung)

 

Sinnlose Strategien für den Umgang mit „Überflüssigen“

Elisabeth Graf1. Mütter müssen damit rechnen, dass sie wesentlich weniger Arbeitslosengeld erhalten, wenn sie aus einer mehrjährigen Erziehungszeit zurückkehren und dann vom Arbeitgeber gekündigt werden. Dabei kann die Höhe der Leistungen um bis zu 40 Prozent niedriger ausfallen als das Arbeitslosengeld, das ohne Erziehungszeiten gezahlt worden wäre. Das ist die Konsequenz eines Urteils des Landessozialgerichtes Berlin-Branden­burg, das jetzt eine umstrittene Berechnungspraxis der Bundesagentur für Arbeit gebilligt hat.

Die Vorgehensweise der Behörde betrifft insbesondere hoch qualifizierte Frauen, die vor der Geburt ihrer Kinder gut bezahlte Stellen hatten. Diese hohen Gehälter werden nach der Erziehungszeit bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht mehr berücksichtigt. Stattdessen legt die Arbeitsagentur ein fiktives Gehalt zugrunde, das in diesen Fällen wesentlich niedriger ausfällt. So kann es geschehen, dass die Mütter plötzlich Hartz IV beanspruchen müssen! So viel zum Kinderkriegen in Deutschland.

Da wird den Akademikerinnen das Mutterwerden richtig „schmackhaft“ gemacht! Frauen bekommen weniger Gehalt, weniger Rente – dann macht es ihnen bestimmt auch nichts aus, wenn sie mal eben ein Drittel weniger ALG I erhalten, sollten sie gleich nach der Rückkehr aus der Babypause gekündigt werden. Wie deckt sich dieses Urteil bloß mit der Politik und den Forderungen unserer Familienministerin?

Im ach so kinderfreundlichen Deutschland sollen eben nur die „richtigen“ Eltern Kinder in die Welt setzen! Denn sie verfügen über das erforderliche Einkommen, werden – so Gott will – nicht arbeitslos und haben auch noch das Elterngeld erhalten, das den Besserverdienenden zu diesem Zeitpunkt weiterhin mehr Geld beschert. Hingegen müssen diejenigen, die wirklich Unterstützung gebrauchen könnten, sich mit lumpigen 300 Euro begnügen – und das auch nur noch für 12 bis 14 Monate. Sozial Benachteiligte haben gefälligst keine Kinder zu bekommen! Das könnte man dann schon fast als Auslese betrachten.

 

2. Ach Gottchen, die Wirtschaft fürchtet eine „Rolle rückwärts“ beim Arbeitslosengeld! Die SPD bemüht sich, nach Münteferings Niederlage den Streit ums ALG I als das „Normalste von der Welt“ darzustellen. Derweil warnen vier Spitzenverbände der Wirtschaft gemeinsam vor den Folgen – sie fürchten um den „Aufschwung“: Beck will die Zahlung des Arbeitslosengeldes I für Ältere im Gegensatz zu Müntefering verlängern.

Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnten nach einem Bericht der „Blöd“-Zeitung in einem gemeinsamen Appell an Union und SPD eindringlich vor Korrekturen an der Agenda 2010. Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft warnen davor, einen Teil der Reformen zurückzudrehen. Sie behaupten, dass diejenigen, die in SPD und Union Kernpunkte der Agenda aufweichen oder zurücknehmen wollen, den Aufschwung und die gute wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land gefährdeten.

Der Koalitionspartner scheint einzulenken, weil CSU-Chef Huber den längeren ALG-I-Bezug durch Sanktionen finanzieren will. Diese sollen verstärkt verschärft werden, wenn Erwerbslose die Arbeitsangebote nicht annehmen wollen. Derer gibt es ja auch so immens viele, vor allem solche, von denen es sich gerade so leben lässt, ohne dennoch wieder mit ALG II aufstocken zu müssen und damit immer noch am Tropf von Hartz IV hängen zu bleiben. Wenn Herr Huber so weitermacht, wird es bald eine Unterstützung erst nach einer zweijährigen Bewährungsphase geben – und dann auch erst 50 Prozent unter Vorbehalt.

Mit der angestrebten kostenneutralen Finanzierung soll der längere ALG-I-Bezug durch die „Sanktionsvariable“ ersetzt werden. Soll dafür, dass ein paar ALG-I-Bezieher ihre Gnadenfrist verlängert bekommen, die Zahl der ALG-II-Empfänger durch Verhungern oder Gefängnis reduziert werden? Vielleicht wird demnächst die Abschaffung des Ruhestandes für die arbeitende Bevölkerung gefordert, oder hat jemand eventuell schon was von zukünftiger Kinderarbeit gehört? Aber seit heute ist ja die Verlängerung des ALG I für Ältere beschlossene Sache.

 

3. Wenn es nach der Staatsanwaltschaft Aachen geht, scheint das öffentliche Verständniszeigen schon eine schwere kriminelle Handlung zu sein. Mit diesem Vorwurf sehen sich jedenfalls zurzeit einige Nutzer des „Erwerbslosenforums Deutschland“ konfrontiert. Gegen sie ermittelt die Staatsanwaltschaft Aachen wegen des Verdachts der Volksverhetzung, weil sie nach einer glimpflich abgelaufenen Geiselnahme einer offensichtlich gestörten Person in der Aachener Arge im September 2006 im Online-Forum Verständnis zeigten, dass solche Sachen bei Hartz-IV-Empfänger-passieren können, die offensichtlich unter erheblichen Druck durch Behörden stehen.

Am Dienstag wandte sich der Staatsschutz an das „Erwerbslosenforum Deutschland“ und begehrte die Daten von einigen Nutzern des Online-Forums, die sich dazu öffentlich geäußert hatten. Der Betreiber hält diese Verdächtigungen für völlig absurd und überzogen und sieht in der Strafanzeige, die wohl von einer Behörde kommt, den Versuch, hier rigoros die Meinungsfreiheit einzuschränken beziehungsweise auch die sehr erfolgreiche Arbeit des „Erwerbslosenforums Deutschland“ durch derartige Angriffe zu beenden.

Die Trägerinitiative teilte jetzt mit, dass sie vorest nicht beabsichtigt, dem Staatsschutz die persönlichen Daten der Nutzer herauszugeben, da bisher keine rechtlichen Grundlagen zum Bruch des persönlichen Datenschutzes mitgeteilt worden sind. Dazu Martin Behrsing, Sprecher des „Erwerbslosenforums Deutschland“: „Wir halten es für wichtig, dass die persönlichen Daten absoluten Vorrang vor derart ungeheuerlichen und übertriebenen Ermittlungen haben. Das Ganze ist für uns der massive Versuch der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Wir müssen die Staatsanwaltschaft ernsthaft fragen, ob sie hier nicht weit über das Ziel hinausschießt. Dasselbe gilt für den oder die Anzeigenerstatter(innen).

Wenn es nicht mehr erlaubt sein soll, dass man öffentlich sagt, man wundere sich, dass solche Vorfälle – wie in Aachen – nicht schon viel früher passiert sind, ist unser Rechtsstaat ernsthaft in Gefahr. Ebenso müssen sich Hartz-IV-Behörden den Vorwurf gefallen lassen, dass ihre absolute Kontrolle und ihr oftmals sehr willkürliches Verhalten gegenüber ALG-II-Empfängern sicher mit dazu beiträgt, dass manche Menschen in derartige Ausnahmesituationen geraten können. Tolerabel ist so etwas nicht. Wir appellieren an die Staatsanwaltschaft, diese maßlos übertriebenen Ermittlungen einzustellen und auf den Boden der Realität zurückzukommen. Fast schon regelmäßig werden irgendwelche Anzeigen von Bürgern gegen Politiker sofort eingestellt. Genauso sollte es hier sein.“

 

4. Städte und Gemeinden schlagen wegen der geplanten Bundeskürzungen bei Hartz IV Alarm. Ihnen droht 2008 für die Finanzierung ihrer Hartz-IV-Kosten ein Fehlbetrag von 930 Millionen Euro. Die Kommunen fürchten eine große Finanzierungslücke. Die Summe setzt sich nach Angaben des „Deutschen Städte- und Gemeindebundes“ aus der geplanten Kürzung der Bundesbeteiligung von derzeit 4,3 auf 3,9 Milliarden Euro und den für 2008 errechneten Mehraufwendungen in Höhe von 500 Millionen Euro zusammen.

Darin enthalten sind unter anderem die gestiegenen Lebenshaltungs- und Mietkosten. Nicht eingerechnet sind in diesen Fehlbetrag die durch die angekündigten Erhöhungen der Energiekosten zu erwartenden Heizkostensteigerungen. Die durchschnittlichen Mietzahlungen der zuständigen Arbeitsgemeinschaften an Hartz-IV-Empfänger stiegen dem Verband zufolge seit 2006 von 280 auf 320 Euro pro Leistungsempfänger.

Die Bundesregierung hatte die Kürzungen nach der neuen Formelberechnung für Bedarfsgemeinschaften beschlossen. Sorgen bereiten den Sozialexperten des Verbandes auch die „Unwägbarkeiten“ bei den Leistungen im Alter. Die Zahlungen der Städte- und Gemeinden zur Linderung der Altersarmut hat in den vergangenen drei Jahren dramatische Formen angenommen. Über eine geplante Anhebung zur Abdeckung der gestiegenen Lebenshaltungskosten will die Bundesregierung noch in diesem Herbst entscheiden.

 

5. Nach dem Abschlussbericht einer Forschergruppe der Wuppertaler „Stiftung W.“ tritt als wichtigste Erkenntnis zutage, dass es sich bei den sogenannten Arbeits­gelegenheiten nicht um ein „arbeitsmarktpolitisches Instrument“ handelt, sondern um eine politisch gewollte Förderung des „Dritten“ oder „sozialen Arbeitsmarktes“. Dieser sei gar kein Markt, sondern beinhalte die unbezahlte Arbeitspflicht bei Bezug von Transferleistungen für erwerbsfähige Arbeitslose.

Allerdings sei es unübersehbar, dass immer mehr Versuche gemacht werden, eine private Ausnutzung zu ermöglichen, zum Beispiel über Praktika in Betrieben. Zudem werde deutlich, dass es gar keine „zusätzliche“ Arbeit gebe, sondern nur solche, die bezahlt wird, und eben solche, die unbezahlt bleibt. Die immer wieder aufgeführten Handlungsfelder und Tätigkeiten für „gemeinnützige“ Arbeit seien regelmäßig Aufgabenfelder de facto öffentlicher Dienstleistungen. Der Unterschied bestehe darin, dass mit dem Einsatz von Ein-Euro-Jobbern kein professionelles Leistungsniveau mehr erwartet wird.

Faktisch seien die betroffenen Ein-Euro-Jobber mit einem rechtsfreien Raum konfrontiert und müssten zu 90 Prozent damit rechnen, dass sie anschließend weiterhin erwerbslos sind. Denn die von ihnen ausgeführten Arbeiten werden am Markt gar nicht nachgefragt. Hier zeichneten sich Strategien ab, wie man in Zukunft mit den „Überflüssigen“ in der Gesellschaft umgehen wolle. Diese avancierten somit zu den „Ärschen der Nation“ und müssten sinnlose oder eben nicht zusätzliche Arbeiten für noch nicht mal ein Dankeschön zum mehr als kargen Lohn ableisten.

Davon kann man sich bei weiterer Perspektivlosigkeit aber auch nichts kaufen, nur ein Lied singen! Als Danksagung gilt dann wohl die verschärfte Verfolgungsbetreuung bei gleichzeitigem Arbeitszwang – ohne Aussicht auf echte Einstellung und ein Gehalt, das diesen Namen auch verdient! Prost Mahlzeit!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

 

Die Würde des Menschen
ist unantastbar!?

Ich bin 1961 in Bremen geboren und lebe seit März 2005 in Sulzbach an der Saar in einer Wohngemeinschaft. Mit meiner Übersiedlung beantragte ich bei der Arge die Übernahme der Mietkosten im Rahmen einer Wohngemeinschaft, was zunächst abgelehnt wurde. Der zuständige Mitarbeiter der Arge kommentierte seine Ablehnung mit der Bemerkung, ich könne mir einen Anwalt eh nicht leisten und somit meine Forderungen auch nicht durchsetzen. Mein Antrag auf einstweilige Verfügung beim Sozialgericht Saarbrücken hatte jedoch Erfolg, sodass mir die Mietkosten erstattet wurden.

Nachdem ich bei der Arge Sulzbach einen Antrag auf Erstattung der Bewerbungskosten gestellt hatte, erfuhr ich auf Anfrage, dass die zuständige Mitarbeiterin der Arge meine Bewerbungsnachweise nicht bearbeitet hatte. Auf meine persönliche Nachfrage, warum mir meine Ausgaben nicht erstattet worden sind, teilte sie mir, indem sie meine Nachweise aus einem großen Stapel von Akten herausgekramte, mit, dass noch Unterlagen fehlen würden. Ich sei eben verpflichtet, Anschreiben und Bewerbungen in zweifacher Ausfertigung vorzulegen. Meine Bitte, die Kostenerstattung baldigst zu klären, wurde offensichtlich ignoriert. Meine Beschwerde über Frau A. bei deren Vorgesetzten, Herrn K., war erfolglos, worauf ich wütend die Arge verließ.

Inzwischen wurde ich einem anderen Mitarbeiter zugewiesen. Eine Beratungsstelle für ALG-II-Empfänger bestätigte mir, dass die Unterlagen in zweifacher Ausfertigung vorzulegen sind. Bei einem weiteren Besuch der Arge führte der Sozialberater der „Gabb“ in meiner Anwesenheit mit dem Teamleiter K. ein Telefonat zum weiteren Vorgehen in der Sache. Daraufhin teilte mir der Berater mit, dass ich außer den bisherigen Beanstandungen auch noch die Telefonnummern der Firmen auf dem Bewerbungsnachweis angeben müsse.

Am 8. Juni 2006 habe ich zusammen mit meiner Mitbewohnerin erneut einen Bewerbungsnachweis bei der Arge vorgelegt. Der Sachbearbeiter teilte mir lapidar mit: „Wir haben bei der Arge erhebliche Schwierigkeiten mit Ihnen.“ Abermals fanden wir uns beim Teamleiter ein, um unsere Beschwerden über die Behandlung vorzutragen. Herr K. führte ein Telefonat mit seinem Kollegen und meinte dann, ich solle auch noch den Namen des Ansprechpartners der Firmen, bei denen ich mich beworben habe, auf dem Nachweis angeben. Jetzt war ich gänzlich davon überzeugt, dass es hier nicht mehr um die Sache ging, sondern um Schikane. Ich fügte hinzu, wenn meine Bewerbungsangaben angezweifelt würden, solle die Arge mir dies schriftlich mitteilen. Eine Antwort auf meine Einlassung erhielt ich nicht. Nun wurde ich mit der Bemerkung, es ginge jetzt alles in Ordnung, wieder an den Sachbearbeiter verwiesen.

Abermals wurden meine Bewerbungsnachweise von der zuständigen Sachbearbeiterin abgewiesen. Ich bat sie, von den vorgelegten Originalen Kopien für ihre Unterlagen anzufertigen. Ihre Bemerkung hierzu lautete: „Wie stellen Sie sich das denn vor? Was soll ich noch alles machen? Wenn da jeder kommt!“ Sie fertigte dennoch die Kopien mit der Bemerkung an, dies sei das letzte Mal. Daraufhin wurden mir nur die Kosten für Bewerbungen erstattet, auf die ich eine offizielle Antwort erhalten hatte. Wenn also eine Firma auf meine Bewerbung nicht antwortet, weigert sich die Arge, die Kosten zu übernehmen. Der Stadtverbandspräsident forderte mich im Rahmen eines kurzen Gespräches auf, ihm meine Beschwerde schriftlich vorzutragen. Einige Monate später erfuhr ich, dass dieser im Rahmen seiner Befugnisse Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Arge eingelegt habe.

Aus persönlichen Gründen haben meine Mitbewohnerin und ich uns dazu entschlossen, eine andere Wohnung zu suchen. Die Arge Sulzbach genehmigte unserer WG den Umzug. Zunächst fanden wir eine Wohnung in Dudweiler und erkundigten uns daraufhin zunächst bei der dortigen Arge, in welcher Höhe die Mietkosten übernommen würden. Zunächst wurden wir angehalten, ein Beratungsgespräch bei der Wohnungsvermittlung der Arge zu führen. Der zuständige Mitarbeiter teilte uns in diesem Gespräch mit, dass bei einer Wohnungsgröße von 85 Quadratmetern die Mietkosten in einer Höhe bis zu 345 Euro erstattet würden.

Da die Kosten der von uns zunächst in Erwägung gezogenen Wohnung den Regelsatz überschritten, haben wir von einer Anmietung abgesehen, auf Anraten des Sachbearbeiters jedoch die bisherige Wohnung fristgerecht zum 31. Dezember 2006 gekündigt. Wir fanden schließlich eine angemessene Wohnung in Saarbrücken-Burbach. Hier meldeten wir uns unverzüglich bei der Arge, wo wir allerdings erst nach circa 14 Tagen einen Termin erhalten sollten. Ohne eine Zusage der Arge Burbach abwarten zu können, sahen wir uns aufgrund des engen Zeitrahmens veranlasst, den Mietvertrag zu unterschreiben.

Am 30. November 2006 habe ich bei der Arge Burbach meinen Antrag auf ALG II vorgelegt. Ich beantragte zunächst die Übernahme der Mietkaution, die mir allerdings nur als Darlehen gewährt werden sollte. Im Rahmen eines zweiten Beratungsgespräches wurde mir vom zuständigen Sachbearbeiter im Beisein meiner Mitbewohnerin ein Schriftstück vorgelegt. In diesem sollte ich mit meiner Unterschrift erklären, dass ich die Mietkaution zurückzahlen würde, im Widerspruch zu § 43 SGB II, der eine Rückzahlung aus dem Regelsatz nicht vorsieht. Der Sachbearbeiter nötigte mich hierzu mit der sinngemäßen Bemerkung: „Wenn Sie nicht unterschreiben, müssen Sie sehen, woher Sie das Geld für die Mietkaution bekommen!

Am 27. Dezember 2006 bezog ich mit meiner Mitbewohnerin die neue Wohnung. In dem zugestellten Bescheid wurden mir die tatsächlichen Kosten der neuen Unterkunft nicht gewährt. Daraufhin legte ich Widerspruch ein, dem mit einem Änderungsbescheid am 7. März 2007 stattgegeben wurde. Zum 14. März 2007 war ich in Sachen einer Leistungsangelegenheit, so der Wortlaut im Anschreiben, eingeladen. Meine Mitbewohnerin wurde zur gleichen Zeit und Sachbearbeiterin eingeladen. Als wir um 9 Uhr in deren Büro erschienen, empfing sie uns mit der Bemerkung: „Ach, ich habe Sie wohl beide zur gleichen Zeit bestellt?!“ Ich habe die gleichzeitige Einladung meiner Mitbewohnerin und mir bestätigt und der Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass es mir außerdem unbenommen ist, zu den Beratungsgesprächen eine Person meines Vertrauens hinzuzuziehen.

Frau R. teilte uns mit, die Arge vermute, dass Frau N. und ich keine Wohngemeinschaft bildeten, sondern im Sinne der bestehenden Bestimmungen eine „Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft“ begründeten. Wir wiesen darauf hin, dass wir bereits bei den Argen Sulzbach und Burbach eine einfache Erklärung hinterlegt haben, dass wir in einer Wohngemeinschaft leben und daher nicht finanziell füreinander aufkommen. Die Sachbearbeiterin bestätigte uns dies mit der Bemerkung, das genüge nicht. Allein die Tatsache, dass wir länger als ein Jahr zusammen wohnen und auch noch gemeinsam umgezogen sind, reiche aus, diese Vermutung zu äußern. Ich verwies Frau R. auf ein Urteil des Landessozialgerichtes Bremen/Niedersachsen in dieser Angelegenheit, woraufhin sie uns mit den Worten verabschiedete: „Damit ist das Gespräch für mich beendet. Sie hören von mir.

Am 20. März 2007 erhielt ich einen Änderungsbescheid, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich mit Frau N. im Sinne des Gesetzes eine Bedarfsgemeinschaft bilde und wir füreinander einzustehen und Verantwortung zu übernehmen haben. Gegen diesen Bescheid legte ich Widerspruch ein. In der Folge erhielten sowohl Frau N. als auch ich eine Aufforderung der Arge, mit dreiwöchiger Frist die Mietkaution mit je 320 Euro zurückzuzahlen. Wir bekamen keine Gelegenheit, die Unterstellung der Arge zu widerlegen. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung der Arge Burbach habe ich den anwesenden Teamleiter der Leistungsabteilung mit der Zahlungsaufforderung der Regionaldirektion konfrontiert.

Am Morgen des folgenden Tages erhielt ich einen Anruf von Frau R., die mir mitteilte, ich hätte versehentlich eine Rückzahlungsaufforderung über die Gesamtsumme erhalten. Stattdessen müsse ich, ebenso wie Frau N., die Mietkaution in Raten von monatlich 30 Euro zurückzahlen. Am 3. April 2007 fand ich mich um 8 Uhr bei der Arbeitsvermittlerin Z. ein. Während eines kurzen Aufenthalts vor der Tür des Büros konnte ich einem Gespräch zwischen Frau Z., dem Teamleiter B. und einer mir unbekannten Sachbearbeiterin zuhören. Im Büro fiel mein Name im Zusammenhang mit folgenden Sätzen: „Diese Typen kennen wir“, „dann soll er doch nach Frankreich gehen“, “für jeden Scheiß legt er Widerspruch ein“. Nach dem Beratungsgespräch mit Frau Z. wies ich darauf hin, dass ich dem Gespräch zwischen ihr und den beiden Mitarbeitern der Arge zugehört habe. Außer der Geheimniskrämerei und den vielen Ungerechtigkeiten empfand ich es als kränkend, als „Typ“ bezeichnet zu werden. Ich habe gelernt, dass die Würde des Menschen antastbar ist.

Zuschrift von J. M. (parteilos)

 

Verfassungsfeinde machen mobil –
wehren wir uns!

Finanzsenatorin Karoline Linnert hat uns auf der letzten Montagsdemo freimütig Rede und Antwort gestanden. Dafür sei ihr gedankt. Sie versprach, sich im Bundesrat jetzt für eine „deutliche Erhöhung“ der ALG-II-Regelsätze vor allem für Kinder einzusetzen – und nicht erst 2009. In diesem Zusammenhang sprach sie von einer „Bremer Initiative“ zusammen mit Baden-Württemberg. Auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein. Wir sind ja jeden Montag hier, wir werden die Zweite Bürgermeisterin nicht aus den Augen lassen und sie ständig daran erinnern!

Wieland von HodenbergAuf die anderen Punkte will ich hier nicht weiter eingehen, weil vieles von dem, was sie sagte, auch wieder nur im Unverbindlichen blieb. Mir kommt es auf etwas anderes an: Karoline Linnerts dreimaliges Auftreten, sogar als Finanzsenatorin, zeugt von einem Stück politischer Kultur, die es wohl außerhalb Bremens nirgendwo sonst gibt. Es zeigt, dass wir ernst genommen werden! Diese Kultur zu erhalten, ist unbedingt den Einsatz auf der Montagsdemo wert, denn damit könnte es bald vorbei sein, wenn Schäuble & Co. mit ihren Wahnideen durchkommen.

Die Koalition der Zerstörer ist dabei, die demokratische Verfasstheit der Bundesrepublik zu zerschlagen. Wir sind bereits auf dem schlimmsten Weg dorthin, und es geht schneller, als wir denken. Der große „Feldversuch“ fand im Sommer beim G8-Gipfel in Heiligendamm statt, wo Polizei, Verfassungsschutz und Militär aufs Engste zusammengearbeitet haben. Aus der Erfahrung der Weimarer Republik und der faschistischen Geschichte wurde jedoch im sogenannten Polizeibrief von 1949 die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten festgelegt. Die Unterordnung von Landes- und Ortspolizeien unter eine Bundespolizei und die Ausstattung des Verfassungsschutzes mit Polizeibefugnissen wurden damals kategorisch verboten.

Heute, im Jahr 2007, gibt es wieder eine Bundespolizei, die aus dem ehemaligen Bundesgrenzschutz hervorgegangen und mit gravierenden Sonderbefugnissen ausgestattet ist. So dürfen zum Beispiel „verdachtsunabhängige Kontrollen“ und Verhaftungen vorgenommen werden, was dann „Unterbringungsgewahrsam“ genannt wird und bis zu vier Tage andauern darf. Heute sind Geheimdienste, Militär und Polizei zusammengelegt wie einst zu faschistischen Zeiten. Dafür ist das sogenannte Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Berlin aufgebaut worden.

Es ist geplant, eine einheitliche Steuernummer für alle einzuführen, und das Meldewesen wird zentralisiert. Von hier aus werden auch die Ausschnüffelung aller Lebensbereiche und eine totale staatliche Kontrolle organisiert. Eine Datei zur Erfassung aller zwölf Millionen Schüler soll laut Kultusministerkonferenz eingeführt werden. Im Zuge der Hartz-Gesetze ist eine „Jobcard“ installiert worden, in der 35 Millionen Beschäftigte und alle Erwerbslosen registriert werden. Mit der „Gesundheitscard“ werden über 70 Millionen Versicherte zentral erfasst. Die Regierung plant ein Melderegister für 80 Millionen Menschen und verletzt damit das informelle Trennungsgebot laut Bundesverfassungsgericht zum Volkszählungsurteil.

Damit ist der Horror noch längst nicht zu Ende, denn was Berlin mit den Streitkräften plant und zum Teil schon verwirklicht hat, ist ein düsteres Kapitel für sich, auf das ich beim nächsten Mal näher eingehen will. „Wir sind weit über Orwell hinaus“, meint sogar der ehemalige FDP-Innenminister Gerhard Baum und fährt fort: „Die Staatsorgane haben sich angewöhnt, bei der Bekämpfung des Terrorismus über fundamentale Prinzipien der Verfassung hinwegzusehen. Noch schlimmer: Ein Teil der Staatsorgane hat die Absicht bekundet, Entscheidungen des Verfassungsgerichts nicht zu respektieren. Wünschen würde ich mir – ich sage es schon seit Jahren – eine bundesweite Bewegung ‚Rettet die Grundrechte‘.“

Lieber Herr Baum, dann werden Sie doch endlich aktiv! Wir in Bremen leisten unseren Beitrag dazu, weil wir nicht annehmen, dass der Polizeistaat um uns einen Bogen machen wird. Wir werden aktiv bleiben, denn auch unsere besondere demokratische Kultur, unser spezielles und oft sehr kritisches Verhältnis zu Senat und Bürgerschaft sowie unsere Montagsdemo als ständige Initiative gerieten in Gefahr! So findet auch am Samstag, dem 3. November 2007, um 12 Uhr eine Demonstration auf dem Hillmannplatz unter dem Motto „Auf die Straße gegen den Notstand der Republik“ statt. Ungefähr zeitgleich gibt es Demos in Erfurt und Regensburg – und noch in zahlreichen anderen Städten, hoffe ich. Wir vom Bremer Friedensforum und der DFG-Gruppe Bremen werden auf jeden Fall dabei sein!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Das höchste Gut im Himmel
und auf Erden

Hartz IV greift! Dem Kaffesatz eine zweite Chance gebenAls Innensenator Willi Lemke am Freitag den Freimarkt eröffnete, meinte er es einer etwas primitiven Sau-Werbung der Elektronikbranche gleichtun zu müssen, als er die Bremer anpflaumte: „Seid nicht geizig, habt Spaß und macht keinen Scheiß!“ Dass sehr viele Bremer und auch Menschen aus dem Umland nicht geizig sind, sondern sehr sparsam leben müssen, kann ein Senator mit einem Monatsgehalt weit jenseits der 10.000-Euro-Grenze nicht nachvollziehen. Da wäre es doch ein gutes Zeichen von Geizlosigkeit, wenn die Herren Lemke und Böhrnsen und andere etwas von ihrem Freimarktsgeld, sprich Oktobergehalt für soziale Zwecke spenden würden! Über die Ziele lassen wir gerne mit uns reden. Also runter mit den Senatsgehältern und öffentliche Diskussion über die Zielsetzungen und Kontrolle der Umsetzungen!

Die Energiekonzerne wollen die Preise für Strom und Gas um circa zehn Prozent erhöhen. Vorsichtig versucht die Kartellbehörde, sich da einzumischen und die Preisberechnungsgrundlagen zu überprüfen. Wir wissen schon, wie das ausgeht: Hier und da winzige Korrekturen, aber ansonsten geht die Preiserhöhung durch. Wir können zahlen! Der Ölpreis steigt, die von den Weltimperialisten angezettelten Widersprüche und Kriege im Irak werden aufs Neue zur besten Profitquelle der internationalen Ölmultis. Und überall sind das deutsche Kapital und die deutsche Regierung dabei. Ich möchte wissen, mit wie vielen deutschen Panzern und Waffen, allesamt von der Bundesregierung geschenkt oder gesponsert, das türkische Militär in den Krieg gegen die Kurden zieht!

Nun kann sich Frau Merkel freuen, der neue EU-Grundlagenvertrag scheint in trockenen Tüchern. Lissabon – schon einmal Ausgangspunkt für die unglückseligen Lissabonner Verträge unter Schröder mit der massiven Verschlechterung der Lebensbedingungen der Menschen in Europa – ist erneut zum Fanal geworden für die Fortentwicklung eines Europas, das die Weltherrschaft anstrebt, mit massiver aggressiver Militärmacht und Gewaltandrohung nach außen und verschärftem antidemokratischen Kurs nach innen, mit weitergehender Faschisierung des Staatsapparates und mit einem Superüberwachungsstaat, in dem die Werktätigen entrechtet und ausplündert werden.

Ob die Menschen das wollen, wird gar nicht mehr abgefragt, höchstens als kleine Randerscheinung in Irland. Nach dem negativen Ausgang der Abstimmung in Frankreich und den Niederlanden wurden allerorts die Gesetze geändert, das Mitspracherecht der Bevölkerung gekappt und das Abnicken durch leutselige Regierungen und Parlamente dafür eingesetzt, alles hübsch demokratisch. Die scheinbaren Widersprüche vor Lissabon waren doch nur solche der verschiedenen Kapitalfraktionen in Europa. Die hat man jetzt vereinheitlicht, und damit ist es gut. Aber für uns nicht! Wir lehnen eine europäische Vereinigung nicht ab, aber wir setzen uns für die Solidarität der Werktätigen in Europa ein, zum Beispiel bei Airbus oder bei der Eisenbahn. Ein Europa auf Grundlage der Kämpfe der Werktätigen für demokratische und soziale Rechte: Für dieses Ziel können und werden wir uns einsetzen!

Immer mal wieder stolpere ich über zwei Sachverhalte, die nicht zusammenpassen. Weltweit werden 100 Billionen Dollar durch Vermögensverwaltungen betreut, deren Leute immer nur nach den profitabelsten Anlagemöglichkeiten suchen. Dahinter stecken also gar keine richtigen Unternehmer, die etwas reißen wollen, wie uns immer so schön vorgelogen wird. Das andere, sehr „Finanztechnische“ steht im Zusammenhang mit der VW-Aktie und dem Anteil, den das Land Niedersachsen hält. Der EU-Kommissar für den Bereich Aktien und Konzerne verlangt, dass kein Stimmrecht bei den Aktionärsversammlungen über 20 Prozent betragen dürfe, sonst – und nun kommt es – sei die „Freiheit des Kapitals“ in Gefahr.

Die Freiheit des Kapitals ist das höchste Gut im Himmel und auf Erden, Amen! – Nein, für mich nicht. Ich habe ein anderes Ziel: diese Tyrannei abzuschaffen und entgegen aller verlogenen Egoismus-Propaganda eine Gesellschaft aufzubauen und zu entwickeln, in der alle Menschen sich entwickeln und gemeinsam wirken können. Und das heißt für mich Sozialismus. Setzen wir uns darüber auseinander!

Jobst Roselius

 

Zwei Erzieherinnen pro Gruppe
in den Kitas sind notwendig!

Harald BraunLetzte Woche haben Eltern und Erzieherinnen aus mehreren Kindertagesstätten gegen die unzumutbaren Betreuungszustände protestiert. In Bremer Kitas werden 20 Kinder von einer Erzieherin betreut. Die Erzieherinnen sind damit völlig überlastet, und die Betreuung leidet darunter.

Eine ganze Reihe von Kitas liegt in sogenannten sozialen Brennpunkten. Dort kommen Kinder zusammen, die teilweise kaum Deutsch sprechen und durch zerrüttete Familienverhältnisse oder erlebte Gewalt durch Kriege traumatisiert sind. Außerdem sind die Altersunterschiede sehr groß – die Kleinen müssen sich in der neuen Umgebung zurechtfinden, während die Großen auf die Schule vorbereitet werden.

Durch die Situation, dass die Erzieherinnen allein sind, finden Elternarbeit und Fortbildung abends statt, und es entstehen Berge von Überstunden, die nicht „genommen“ werden können. Dem Bremer Senat sind diese unhaltbaren Zustände bekannt, doch bisher will er daran nichts ändern. Argumentiert wird immer mit den „leeren Kassen“. Dabei werden die Konzerne bundesweit immer mehr entlastet. So zahlt zum Beispiel eine Putzfrau von EON mehr Steuern als der ganze Konzern!

Wir brauchen eine Wende in der Steuerpolitik. Die Gewinne der 30 größten DAX-Unternehmen in Deutschland explodierten 2006 um 39 Prozent auf 64 Milliarden Euro. Mit einer Sozialversicherungssteuer für die Unternehmen könnten die notwendigen Sozialausgaben finanziert werden. Und die Forderung, dass jede Gruppe in den Kitas eine zweite Erzieherin braucht, ist völlig berechtigt. Dies sollte von uns aktiv unterstützt werden!

Harald Braun

 

Eine 15-Quadratmeter-Wohnung
ist nicht „angemessen“

Hans-Dieter Binder1. Die neue Bremer „Verwaltungsanweisung Wohnen“ hat unter Punkt 6 folgende Regelung zur „Angemessenheit von Unterkunftskosten“ bei selbst­genutztem Wohneigentum vorgesehen: „Aktuell werden die Kosten der Unterkunft bei selbstbewohnten Eigenheimen und Eigentumswohnungen in tatsächlicher Höhe übernommen. Von der Übernahme grundsätzlich ausgenommen sind Tilgungsbeträge beziehungsweise Bausparraten oder Beiträge für Lebensversicherungen, über die eine Ablösung der Hypothek beziehungsweise Anschlussfinanzierung geplant ist.“

Damit dürfte die sofortige und nachträgliche Übernahme aller Unterkunftskosten möglich sein. Die Entscheidung zur Rechtsfrage, welche Aufwendungen bei einem selbstgenutzten Eigenheim zu den nach § 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II berücksichtigungsfähigen tatsächlichen Unterkunftskosten gehören, ist beim Bundessozialgericht anhängig (B7b AS 34/06 R). Bis zur Entscheidung des Gerichts und Beschlussfassung über entsprechende Regelungen bleiben die Verfahren zur Senkung der Unterkunftskosten für Eigenheimbesitzer ausgesetzt, um unbillige und unvertretbare Härten zu vermeiden.

Es gibt also keine Begrenzung der Kosten auf Quadratmeter oder Ähnliches! Zu den Tilgungsaufwendungen gibt es auch Urteile. So sind kurz vor der Rente oder dem Ausscheiden aus dem Hilfebezug auch die Tilgungen zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit ist die Gewährung dieser Tilgungen als Darlehn, um den Verlust der Unterkunft zu vermeiden. Wie dies geht? Wir gehen mit!

Die Verwaltungsanweisung soll alles ab 1. November 2007 regeln. Weil sie aber keine Rechtsquelle, sondern nur eine Anweisung für die Verwaltung ist, lässt sich alles rückwirkend ab 1. Januar 2005 einfordern! In der Verwaltungsanweisung steht es nicht, aber in der Deputationsvorlage: Wer in einer zu kleinen Wohnung lebt, kann den Umzug beantragen. 15 Quadratmeter sind eben doch keine angemessene Wohnungsgröße! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Eine Statistik sagt viel aus! Darum muss, wer eine solche ersinnt, vorher überlegen, wozu er diese Information verwenden will. Über die Arbeitsmarktstatistik habe ich bereits viel gesagt. Sie ist inzwischen ruiniert und überhaupt nicht mehr aussagefähig, beziehungsweise es wird eine erwünschte Aussage erreicht! Die Wirklichkeit geht dabei verloren.

Eine andere Statistik wird bei der Bagis über die Zahl der Widersprüche geführt, auch um zu registrieren, ob den Widersprüchen stattgegeben wurde oder ob sie zurückgewiesen wurden. Nur ist diese Statistik ebenso dem Wunschdenken unterworfen! Der normale Ablauf sieht nämlich so aus: 1) Bescheid ist nicht richtig, 2) Widerspruch wird eingelegt, 3) es erfolgt ein Widerspruchsbescheid mit Ablehnung oder Bewilligung. Unterstellen wir hier einmal Letzteres. Dann wird in der Statistik ein Widerspruch gezählt, dem stattzugeben war.

Bei der Bagis erfolgt jedoch ein „statistikfreundlicher“ Ablauf: 1) Bescheid ist nicht richtig, 2) Widerspruch wird eingelegt, 3) es ergeht ein neuer Bescheid, der wie im Widerspruch gewünscht ausfällt, 4) es erfolgt eine Ablehnung des Widerspruchs, weil der neue Bescheid bereits richtig ist. Dann wird in der Statistik ein Widerspruch gezählt, der abgelehnt werden konnte. Die Auswirkungen für den Widerspruchsführer sind gleich, er bekommt die erstrittene Leistung. Aber für die Statistik sind sie verheerend – wie erwünscht?

An Widerspruch und Klage wird die Unzufriedenheit der Betroffenen gemessen! Dies hat nichts mit Streithanselei oder Ähnlichem zu tun. So akzeptiert die Pflegeversicherung jetzt auch Demenz als Pflegegrund, weil klar ist, dass die anhängigen Klagen erfolgreich sein werden. Aus dem gleichen Grund wird die Bezugsdauer für ALG I wieder verlängert. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

3. IG Metal und Airbus haben sich geeinigt. Doch sind 180.000 Euro viel Geld als Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes, wenn man 50 Jahre jung ist, nach 20 Jahre Betriebszugehörigkeit? Wie geht es dann weiter? Die Kündigungsfrist wird eventuell etwas verlängert, vielleicht folgt eine Auffanggesellschaft. Das macht circa 2,5 Jahre. Mit dem ALG-I-Bezug von 18 Monaten ergeben sich insgesamt circa vier Jahre.

Jetzt ist er oder sie 54 Jahre jung, und es folgt der Anspruch auf ALG II. Vorher muss jedoch das Vermögen, welches den Schonbetrag von 250 Euro je Lebensjahr übersteigt, verbraucht werden. Das Schonvermögen beträgt hier also 13.500 Euro. Mit einem Ehepartner gleichen Alters ergeben sich 27.000 Euro. Die Abfindungssumme von 180.000 Euro muss versteuert werden. Während der Auffanggesellschaft und des ALG-I-Bezuges beträgt das Einkommen höchstens 67 Prozent vom vorherigen durchschnittlichen Nettoeinkommen.

Das ALG II beträgt 347 Euro plus Miete, für zwei Menschen 624 Euro plus Miete. Für zwei Jahre gibt es noch einen Zuschlag von 80 Euro pro Person für zwölf Monate. Vielleicht gibt es aber auch gar nichts, weil der Ehepartner verdient. Dies gilt bis zum Alter von 67 Jahren. Vorher betrug das Einkommen 4.500 Euro brutto! Die Unmoral dieses Angebots wird bereits ohne die genauen Details sichtbar. Es ist bestimmt nicht im Sinne der Mitarbeiter(innen)!

Man könnte das Geld zur Schuldentilgung verwenden oder sich damit eine Selbständigkeit aufbauen, doch keinesfalls sollte das überschüssige Barvermögen der Arge oder Bagis überlassen werden. Selbstgenutztes Wohneigentum kann angeschafft oder entschuldet werden. Eine Riesterrente, egal wie hoch, wird ebenfalls nicht angerechnet. Für Lebensversicherungen ist es zwingend notwendig, eine Zusatzvereinbarung abzuschließen, damit diese „Hartz-IV“-fest wird.

Ein Auto darf jedoch einen bestimmten Wert nicht überschreiten, beziehungsweise der überschüssige Wert wird als Vermögen gewertet. Darüber hinaus sind Gerichtsverfahren anhängig, ob diese Vermögensanrechnung überhaupt zulässig ist. Wer tatsächlich überlegt, gegen eine Abfindung zu gehen, sollte sich bereits vor dem Aufhebungsvertrag über ALG II informieren, zum Beispiel an jedem dritten Dienstag im Monat um 19 Uhr beim Gesprächskreis „Vorbereitung auf ALG II“ des Vereins „Sozialer Lebensbund“ im „Hibiduri“ in der Thedinghauser Straße 2.

Bei 4.500 Euro brutto im Monat ergeben sich 54.000 Euro per annum, macht allein in zehn Jahren 540.000 Euro plus Sonderzahlungen. Wie hoch wird die Rente sein? Folgende Beiträge werden entrichtet: während der Kurzarbeit aus 4.500 Euro, während des ALG-I-Bezuges aus 90 Prozent dieses Betrages, also 4.050 Euro, während der ALG-II-Zeit aber nur aus 205 Euro. Wer hält dies bis 67 Jahre aus? Für einen vorzeitigen Rentenbezug werden Abschläge vorgenommen, und die Rente ist geringer, weil die Beitragszahlungen früher enden.

Zwischendurch kann eine Beschäftigungsmaßnahme ergattert werden: 100 Cent je Stunde sind möglich, steuer- und abgabenfrei, eventuell auch eine geförderte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Dies ist bestimmt kein Erfolg für die Arbeitnehmer(innen)! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

4. „Mehr Jobs, höhere Löhne und Renten“, versprechen die Wirtschaftsweisen laut „Weser-Kurier“ vom 19. Oktober 2007 – aber bei längerer ALG-I-Zahlung werde nichts daraus! Die Sozialkassen sollen einen Überschuss von 8,4 Milliarden Euro erzielen, der Solidarbeitrag könne abgeschafft werden, und es bestehe Spielraum für Steuersenkungen. Konkret könne der Staat nur die Abgabenlast vermindern, somit etwas für die Unternehmer tun – wieder ohne Gegenleistung!

Die Institute sagen, 2008 nehme der Aufschwung „eine Pause“. Wegen der Banken- und Finanzkrise könne dies aber auch anders sein. Aufschwung dürfe nicht am Nettoeinkommen des Einzelnen festgemacht werden. Mehr als eine Million Menschen hätten einen Job bekommen. Wieder alles ohne Quellenangabe! Herangezogen wurde wohl die Statistik über den Arbeitsmarkt. Dort ist die Zahl der Arbeitslosen nur nach den Regeln dieser Statistik gesunken und die Zahl der Arbeitsplätze wesentlich durch die Einbeziehung der geringfügigen Beschäftigungen gestiegen.

Was ist die Botschaft dieses Artikels? „Macht bloß weiter so, sonst geht’s abwärts!“? 2008 ist das risikoreiche Jahr, so Gustav Adolf Horn, der den Lohnanstieg im kommenden Jahr, ganz differenziert betrachtet, absolut gefährdet sieht, ebenso das Wirtschaftswachstum – aber 2009 werde es einen aufsteigenden Ast geben, diesmal ohne Wunschfärbung.

Der „Mittelstand trägt das Exportwachstum“, schreibt der „Weser-Kurier“ vom 22. Oktober 2007. Der Export stütze die Konjunktur, nicht der Binnenkonsum, sagt BDI-Präsident Thumann. Nur bei den DAX-Unternehmen wurden in Deutschland Arbeitsplätze vernichtet – natürlich nur, um die weltweite Beschäftigung zu halten. Der Mittelstand habe die Beschäftigung von 2003 bis 2005 um zehn Prozent auf 2,2 Millionen Mitarbeiter(innen) erhöht.

Allein mir fehlt der Glaube! Ich habe dies in Unternehmensberichten und Zeitungsartikeln anders gelesen. Was möchte Herr Thumann? Die bisherigen Rahmenbedingungen für die zweite Hälfte der Legislaturperiode zumindest festschreiben, möglichst für seine Klientel verbessern! Leider sehen die Fakten so aus: Die Personalkostenbelastung der Unternehmen ist rückläufig; die Sozialkassen sind insgesamt im Minus, insbesondere die Rentenversicherung; der Staat macht sich arm; er unterlässt die Umsatzsteuerreform, obwohl er die Serienbetrügereien dadurch stoppen könnte; er unterlässt Betriebsprüfungen; er hat keine funktionierenden Finanzämter mehr und unterlässt dadurch die Einforderung von Steuern.

Aus diesen Gründen sind die Kassen leer! Und wir müssen uns die bestellten Berichte der Wirtschaftsinstitute ansehen. 2007 ist ein Modelljahr für diese Berichterstattung. Wer Lust dazu hat, sollte Ende 2006 beginnen, die Reden der Montagsdemonstranten nachzulesen. Er wird sich wundern: Die Kauflust wird herbeigeredet und ist nicht angekommen, beim erhöhten Steueraufkommen lässt die 19-prozentige Umsatzsteuer grüßen, bei den gestiegenen Beitragseinnahmen der Sozialversicherung die Vorverlegung des Fälligkeitsdatums. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

5. EFRE heißt das EU-Geld, die 142 Millionen Euro, die Bremen und Bremerhaven zur Unternehmensförderung erhalten können, wenn sie weitere 100 Millionen dazu beisteuern und 80 Millionen private Gelder einwerben. Somit stehen 322 Millionen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur in Bremen und Bremerhaven im Zeitraum von 2007 bis 2013 zur Verfügung. Der Grundsatz der Grünen lautete: „Fördergelder für Unternehmen nur auf Darlehnsbasis!“ – Das klang sehr gut. Und nun? Die EU wird nichts gegen eine darlehnsweise Vergabe haben, doch werden die Grünen es überhaupt versuchen?

Es gibt noch einen EU-Topf: das BAP mit der Zielrichtung Arbeitnehmer­förde­rung. Auch hierbei ist das Geld aus Brüssel von der Kofinanzierung abhängig. In den Plänen der BAG stehen 32 Millionen für diesen Zweck. Was steht im Haushalt für Bremen und Bremerhaven: 32 Millionen Arbeitnehmerförderung und 100 Millionen Unternehmerförderung? Die EU nimmt auf diese Weise Einfluss auf die Landespolitik, doch es sind Steuergelder, die über die EU laufen, keine Geschenke! Auch dieser Geldkreislauf sollte anders geregelt werden.

 

6. Zwischen 2000 und 2006 sind laut „Weser-Kurier“ vom 25. September 2007 die Entgelte für Arbeitnehmer um 4,5 Prozent gestiegen, die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen dagegen um 42 Prozent. Hinzu kommt, dass innerhalb der Entgelte für Arbeitnehmer die Besserverdienenden – circa 15 Prozent – ihr Einkommen um rund zehn Prozent steigern konnten. Die anderen Arbeitnehmer, dazu gehören auch die Facharbeiter, haben fast zwölf Prozent weniger Lohn!

Im gleichen Artikel fordert der Arbeitgeberverband BDA erneut eine Senkung der Abgabenlast. Die Zahlen zeigten, dass die Sozialabgaben in Deutschland immer noch viel zu hoch sind. Ähnlich äußert sich Heinz Däke vom „Bund der Steuerzahler“. Diese Forderungen kann ich nur als Forderungen zugunsten der Arbeitnehmer deuten, weil die Abgabenquote sich zu ihren Lasten erhöht hat. Bei einem Nettovergleich sieht es für sie noch ungünstiger aus. Wenn außerdem die Preissteigerung der Lebenshaltungskosten berücksichtigt wird, haben die Arbeitnehmer effektiv noch höhere Einkommenskürzungen verkraften müssen.

Die Fortschreibung dieser Zahlen in die aktuelle Zeit erhöht den effektiven Kaufkraftverlust der Arbeitnehmer. Entsprechend wurden auch die Transferleistungen entwertet! Die Schere hat sich noch weiter geöffnet! Aufschwung heißt: Es wird immer mehr produziert, mit immer weniger Personaleinsatz. Darum kommt der Aufschwung nicht bei den Menschen an, nicht einmal über Preissenkungen.

 

7. An sich finde ich eine europäische Union gut: Das Zusammenleben und Zusammenwirken vieler Völker ist einfach Klasse. Diese EU hingegen erfüllt meine Erwartungen weder für die Zukunft noch auch nur für die Gegenwart! Diese EU will die Ausrichtung aller Gesellschaften nach dem Gewinnstreben Einzelner, sie schafft uns die Einkommens- und Lebensunterschiede der USA, sie vergisst die Schwachen und Kranken, sie schafft gute Rahmenbedingungen nur für die Notwendigen.

Nun will die EU zu Tisch bitten. Vorbereitet ist ein Papier, „Vertrag von Lissabon“ soll es heißen. Am 13. Dezember 2007 wird er dort unterschrieben und anschließend in Brüssel gefeiert. Es ist teilweise alter Wein in neuen Schläuchen, denn die Grundausrichtung der EU auf Privatisierung bleibt bestehen, zur Beschleunigung fallen einige Zuständigkeiten an die EU, und eine Mitbestimmung der Völker Europas ist nicht vorgesehen. Wollen wir mitbestimmen, müssen wir uns bemerkbar machen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

8. Es soll ein Milliardengeschäft abgesichert werden. Es bestehen Bedenken an der eigenen, weil geänderten Vorgehensweise. Nun zieht das politische Personal einen juristischen Fachmann zu Rate, einen zusätzlichen, einen Externen, dabei weiß doch jede(r): Wenn du zwei Juristen fragst, hörst du drei Meinungen.

Die einfachste Lösung wurde ebenfalls angedacht: noch mal von vorn anfangen. Dies verzögert zwar den Baubeginn, aber ein Verfahren wegen Benachteiligung im Ausschreibungsverfahren verzögert ihn nachhaltiger. Außerdem entsteht auch sofort ein Schadenersatzanspruch für den Bauunternehmer, der nicht anfangen darf. In Wilhelmshaven wird diese Auswirkung und die damit einhergehende Ratlosigkeit gerade präsentiert.

Ansonsten gilt: Hände weg von diesem Bauvorhaben, bevor nicht jede Rahmenbedingung nochmals geprüft und insbesondere aus den „Küchenfehlern“ gelernt wurde. Spätestens jetzt weiß jede(r), dass vom Klinikum die Rede ist! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

9. Der Regelsatz bei ALG II und Sozialgeld beträgt für Kinder bis 14 Jahre 208, darüber 278 Euro monatlich, jedoch abzüglich des vollen Kindergeldes von zum Beispiel 154 Euro. Kinder können vom ALG-II-Regelsatz nicht versorgt werden, daher geben die Eltern ihren Kindern ab. Dies ist nach vielen Untersuchungen und Erhebungen über das Leben mit ALG II eine unbestrittene Tatsache.

Der Senat der Freien Hansestadt Bremen unterstützt die rhein­land-pfälzische Bundesratsinitiative zur Gewährung von Sonderleistungen für Schuljahrsbeginn, Nachhilfe, Schulausflüge und Veranstaltungen. Scheinbar geht es dabei jedoch nicht um eine Regelsatzerhöhung.

Frau Rosenkötter schlägt vor, die Sonderleistungen „per Gutschein“ auszuzahlen, „damit dieses Geld bei den Kindern ankommt“. Das ist eine Verhöhnung der Leistungsbezieher und außerdem sehr teuer: Schulessen verschlingt circa 30 Prozent der Förderungsgelder durch die Verwaltungskosten! Hier wird es ähnlich sein. Bei den „angedachten“ Beträgen gehen jedem Lehrer die Nackenhaare hoch: Dies ist nicht annähernd kostendeckend!

Ein Schuljahresbeginn kostet mehr als 83,20 beziehungsweise 111,20 Euro. Die Begrenzung auf ein Alter von 18 Jahren ist ebenfalls falsch, weil Ältere durchaus noch zur Schule gehen. Der Regelsatz „über 14 Jahre“ gilt bis zum 25. Lebensjahr, weil die Jugendlichen nicht ausziehen dürfen. Vernünftige Regelsätze gehören her! So bleiben weiterhin die Hauptprobleme ungelöst: Versorgung mit Nahrung, Zuzahlungen für Arzneimittel, Kaufpreise für verschreibungsfreie Medikamente, Beiträge zum Sportverein.

Es fehlt das Ventil für außergewöhnliche Ereignisse. Jede(r) Betroffene hat mehr als einmal nicht gewusst, wie es weitergehen soll – „Wovon sollen wir die restliche Zeit des Monats leben?“ – und sich in die Kissen geheult. Nun kommt Frau Rosenkötter und sagt: „Wir nehmen Gutscheine, damit das Geld bei den Kindern ankommt!“

Die Studie der „Arbeitnehmerkammer“ wird bei einer Umsetzung die Zahl der Kinder in ALG II verringern, aber die Kinderarmut ist so nicht zu beseitigen. In den bisherigen Argumenten fehlen mir die Kinder mit Kinderzuschlag und die Kinder von Eltern, die so eben die Schwelle unterschreiten. Nur bei einer Regelsatzerhöhung würden diese Kinder ebenfalls berücksichtigt.

Der markige Satz „Wer arbeitet, hat in ALG II nichts zu suchen“ ist richtig – und am einfachsten durch die Abschaffung von ALG II zu regeln. Bei jeder sonstigen Veränderung haben bisher die Betroffenen immer Federn lassen müssen. Die Regelsätze insgesamt wurden zurechtgeschummelt, wie der „Paritätische Wohlfahrtsverband“ dargelegt hat: Sie ermöglichen in keinem Fall eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben!

Die Höhe der Regelsätze muss fair ermittelt werden. Die Besonderheiten des Lebens müssen abzufedern sein, durch Soforthilfe bei Not und Mittellosigkeit! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

10. In dem Artikel „Struck-Skandal – Deutsche Leihsoldaten als US-Söldner im Irakkrieg verstrahlt“ schreibt die „Linke Zeitung“ am 18. Oktober 2007: „In einem Krankenhaus in Deutschland liegt ein Bundeswehrsoldat (hoher Unteroffiziersrang) mit einer erstaunlichen militärischen Karriere: Im Frühjahr 2003 wurde ihm in Aussicht gestellt, er könne seine Beförderungschancen verbessern, indem er aus der Bundeswehr offiziell ausscheide, bei den US-Truppen anheuere, mit diesen in den Irakkrieg ziehe und später wieder zur Bundeswehr (Heer/Infanterie) zurückkehre.

Nach Aussagen des Unteroffiziers war es ein kompletter Zug von Soldaten der deutschen Bundeswehr (Zugstärke normalerweise zwischen 50 und 70 Mann), der im März 2003 loszog und im Irak-Krieg an der Seite von US-Truppen dort eingesetzt wurde, wo Strahlenschäden zu erwarten waren.“ Im aktuellen Krieg hat die US Armee 170.000 Schnellfeuerwaffen verloren. Diese Waffen sind unauffindbar. Sie sollten an die irakische Armee oder Polizei geliefert werden. Dort sind sie aber nicht angekommen.

Im aktuellen Krieg lässt die US-Armee sich von einer privaten Sicherheitsfirma schützen, gegen die verschiedene Anzeigen und Verfahren wegen Überschreitung der Befugnisse laufen. Hier und zu Friedenszeiten würde dies eine Anklage wegen Ermordung oder Tötung von unbeteiligten Menschen bedeuten. Die Regierung hat sich schon lange darüber beklagt, und die USA haben dies bestritten. Die irakische Regierung hat nun ein Video vorgelegt. Jetzt ist Funkstille eingetreten. Die privaten Söldner sind aber weiterhin im Einsatz. Durch wen werden sie kontrolliert? Ist das eine Werbung für Demokratie?

Letzten Endes beweist dies: Auch ein Krieg kann privatisiert werden, nicht nur die Deutsche Bahn! Im „Lissabonner Vertrag“ haben sich die Europäer dazu verpflichtet. Demokratie war dazu allerdings nicht notwendig. Ich will Frieden und echte Demokratie, dazu gehört auch öffentliche Verantwortung! Der Kriegseinsatz im Irak seit 2003 verdeutlicht noch mehr, dass Gerhard Schröder die Wahl 2002 nur durch Lug und Betrug gewonnen hat! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Wir demonstrieren beim „Ahnherrn“ des deutschen „Sozialstaats“

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlZum ersten Mal war es kalt. Zwischen kleinem Freimarkt und finsterem Bismarck am Dom ließen wir uns aber nicht unterkriegen bei der 155. Montagsdemo in Bremen am 22. Oktober 2007 um 17:30 Uhr. Wir waren mit etwa 35 Teilnehmern und Zuhörern weniger als bei den Malen zuvor, hörten jedoch interessante Beiträge, und es gab Diskussionen.

Themen waren der „Rentenklau“, der seit den 50-er Jahren herhalten muss, wenn die Politik versagt hat und nur sich selbst und dem Kapital die Taschen füllen will, außerdem die neue imperialistische „Lissabonner Verfassung“, die Energiepreiserhöhungen und vieles mehr.

Auch in der kommenden Woche werden wir uns noch einmal beim Reiterdenkmal des reaktionären Begründers der deutschen Sozialversicherungen treffen. Für Samstag, den 8. Dezember 2007, laden wir zum 3. Norddeutschen Regionaltreffen der Montagsdemo-Bewegung in Bremen ein.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
 
Fall Kevin: Ziehvater schweigt zum Mordvorwurf,
Gericht zur Behördenmitschuld („Spiegel-Online“)
 
Stillstand: Lokführer streiken wöchentlich im Nahverkehr, bis die Gerichte den Streik im Fern- und Güterverkehr erlauben („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz