137. Bremer Montagsdemo
am 18. 06. 2007  I◄◄  ►►I

 

Der Umzugs-Spuk der Bagis
wird in drei Monaten vorbei sein

Karoline LinnertZiel unserer Politik ist es, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen. Wir werden jeder Form von Diskriminierung und Ausgrenzung entgegentreten und uns für ein gemeinsames Leben in unseren Städten einsetzen. Unabhängig vom Alter, der sozialen Herkunft oder einer etwaigen Behinderung wollen wir allen Menschen in Bremen und Bremerhaven die umfassende Teilhabe an der Gesellschaft sowie ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Besondere Hilfe des Staates benötigen alle diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Dazu zählen unter anderem Kinder, alte, kranke, arbeitslose und behinderte Menschen. Generell gilt, dass Menschen in schwierigen Lebenslagen unsere besondere Unterstützung verdienen und bekommen sollen. Die zunehmende Armut in vielen unserer Stadtteile bedroht das soziale Gefüge. Hier werden wir alle Möglichkeiten nutzen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.

Wir wollen die Umzugsaufforderungen drastisch reduzieren. Die Mietgrenzen in Bremen sollen sich an den Regelungen vergleichbarer Großstädte orientieren. Umzugsaufforderungen sollen nur erfolgen, wenn annehmbarer Ersatzwohnraum tatsächlich vorhanden ist. Dabei soll sichergestellt werden, dass möglichst eine räumliche Nähe zum bisherigen Wohnort gewahrt bleibt und soziale Härten verhindert werden. Wir werden außerdem unsere Einwirkungsmöglichkeiten auf die „Gewoba“ nutzen, damit sie in ausreichendem Maße preiswerten Wohnraum zur Verfügung stellt.

Auf Bundesebene setzen wir uns für eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche sowie eine Prüfung von Maßnahmen ein, wie bestimmte Leistungen gezielter bei den Kindern ankommen. Außerdem sollen die Berechnungsgrundlagen der Regelsätze überprüft werden. Wir wollen auch Wege prüfen, wie die Wiedereinführung von Einmalleistungen gelingen kann, ohne die Kommunen zu belasten.

Wir werden mit allen Mitteln und unter Bündelung aller Ressortaktivitäten gezielt gegen die Kinderarmut vorgehen. Die Zukunfts- und Entwicklungschancen der Kinder dürfen nicht von der sozialen Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern abhängig sein. Gemeinsam mit den Sportvereinen, Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen werden wir in eine Diskussion eintreten, wie durch eine gemeinsame Anstrengung und die Einbeziehung von Sponsoring die Eintrittspreise in städtische Einrichtungen und die Mitgliedsbeiträge von Sportvereinen für Kinder sozial gestaffelt werden können.

Die Organisation der Gewährung von Hilfen für Arbeitslose und andere Leistungsberechtigte im Rahmen des SGB II muss verbessert werden. Es soll geprüft werden, ob die begleitenden sozialen Hilfen wie Schuldner- und Suchtberatung analog zur Regelungen in der Stadtgemeinde Bremerhaven durch Bremen bewilligt und in kommunaler Bremer Verantwortung organisiert werden können. Wir wollen mit der BSAG Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, analog zum Angebot von Job-Tickets ein ermäßigtes Sozialticket einzuführen.

Für Langzeitarbeitslose mit personenbezogenen erheblichen Problemen, gesundheitlichen Einschränkungen und dadurch verursachten gravierenden Vermittlungshemmnissen sollen circa 600 Maßnahmeangebote als Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung und mit freiwilliger Verlängerungsoption bis zu fünf Jahren geschaffen werden. Marktferne Langzeitarbeitslose, die unter den gegenwärtigen Arbeitsmarktbedingungen mit Arbeitsförderungsmaßnahmen absehbar nicht in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden können, sollen in längerfristigen sozialversicherungspflichtigen gemeinwohlorientierten Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt werden.

Zusätzliche, aber für das Zusammenleben in unseren Quartieren wichtige Aufgaben sollen durch diese Beschäftigungsprojekte ausgefüllt werden. Im Jahr 2008 werden wir mit 400 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen mit einer Beschäftigungsdauer von bis zu drei Jahren beginnen. Diese Zahl wollen wir kontinuierlich steigern. Wir werden uns zudem dafür einsetzen, dass der Bund die Möglichkeit schafft, eingesparte passive Leistungen für langfristige Beschäftigungsmöglichkeiten einzusetzen.

Rot-grüner Koalitionsvertrag (Auszüge), vorgetragen und
erläutert von Karoline Linnert („Die Grünen“)

 
„Einsicht in das Notwendige“: Warum SPD-Politik
so deprimierend ist („Spiegel-Online“)
 
Parteiloser Nußbaum weggemobbt: Bremer SPD-Chef Beckmeyer wollte
selbst neuer Wirtschaftssenator werden („Weser-Kurier“)
 
Über den Tisch gezogen: Verdi erkämpft 6,5 Prozent Lohnsenkung
bei vier Stunden Arbeitszeitverlängerung („Spiegel-Online“)

 

Das haben wir lange gefordert

Info-MichelGut, Bremen hat eine neue Regierung, und was wir da von den Koalitionsverhandlungen gehört und gelesen haben, soll der neue Anfang sein. Die Ansätze sind in unser aller Interesse: Einstellung von Personal, Streichung von Subventionen, Schaffung eines Sozial- und Kulturtickets, Einsatz gegen Kinderarmut. Gut, sage ich!

Das alles kommt mir bekannt vor, es sind unsere Forderungen seit langem. Doch bei aller Freude frage ich mich: Wo sind die Aussagen zu den Miet­obergrenzen? Was ist mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu fairen Löhnen? Meine Damen und Herren, haben Sie nicht noch etwas vergessen? Was glauben Sie denn, weshalb wir hier stehen? Seit fast drei Jahren mahnen wir an, dass wir von unseren Löhnen leben können und nicht auf die Almosen des Staates angewiesen sind. Wir wollen keine Demütigungen, wir wollen mehr bezahlte Arbeitsplätze!

Und was wird für die Rentner getan? In den Koalitionsverhandlungen gab es keine Aussage dazu. Meine Damen und Herren Politiker, Sie sind doch diejenigen, die uns immer Angst vor Altersarmut machen! Wissen Sie denn nicht, dass wir die schon längst haben? Auch hier steht eine Generation vor Ihnen, die nicht bereit ist, beim Staat zu betteln oder sich von ihm demütigen zu lassen! Diese Generation hat Deutschland aufgebaut, 45 Jahre gearbeitet und alles für das Wohlergehen der Bevölkerung getan. Der Dank ist nun Altersarmut!

Was ist nun der Unterschied zu einem ALG-II-Empfänger? Die meisten Hartz-IV-Betroffenen sind noch jung und haben – wenn auch schlechte – Chancen, aus ihrem Leben noch was zu machen. Die Rentner können das nicht mehr, darum: nicht nur ein Sozial- und Kulturticket für ALG-II-Bezieher, sondern auch für alle Rentner! Bitte lassen Sie es nicht zu, dass durch unterlassenes politisches Handeln die heutigen Rentner gedemütigt werden, denn auch bei denen steigen die Kosten. Wenn Sie mir nicht glauben, überprüfen Sie doch mal die Durchschnittsrente!

Udo Riedel (parteilos)
 
„Auswanderungsland“: Die Bundesrepublik hat sich innerhalb weniger
Jahre mutwillig zum Armenhaus gemacht („Sonntagsblick“)

 

Der Teufelspakt von
Kirche und Wirtschaft

Elisabeth Graf1. Bekloppte Ideen kann es am Rande des Sommerlochs gar nicht genug geben: Das Diakonische Werk Bremen unterstützt die bundesweite und von der Diakonie der Evangelischen Kirche Deutschland getragene Initiative „Arbeit durch Management/Patenmodell“, die mit einer gezielten Begleitung arbeitsuchenden Menschen wieder den Weg in eine neue Beschäftigung weisen soll. Das Patenschaftsmodell, das von der Deutschen Telekom mit Personal und Büroinfrastruktur unterstützt wird, sieht vor, einem arbeitslosen Menschen einen ehrenamtlichen „Paten“ an die Seite zu stellen, der aus der Wirtschaft kommt und womöglich gerade in einer Personalabteilung oder als selbstständiger Personalcoach tätig ist.

Der Landespfarrer Michael Schmidt frohlockt dazu, dass jeder Arbeitslose, der nach einer neuen Perspektive sucht und mit dieser Hilfe einen Zugang zum Arbeitsmarkt findet, ein Gewinn und Grund genug sei, sich für dieses Patenmodell zu engagieren. Bis jetzt sind bundesweit 400 solcher Paten im Einsatz. Sie sollen die Arbeitssuchenden umfangreich beraten, ihre vorhandenen Stärken und aufgedeckten Schwächen analysieren, die bisherigen Bewerbungen überprüfen und die Selbsthilfe fördern. Zielsetzung in Bremen ist es, in diesem Jahr 15 Jobpaten zu gewinnen, die drei bis fünf Patenschaften im Jahr übernehmen.

Dank der eigenen Kontaktnetze zu Arbeitgebern und der Einbindung von Wirtschaftspartnern sei bisher eine Vermittlungsquote von knapp 30 Prozent erreicht worden. Interessierte Arbeitsuchende können sich im Internet für eine Teilnahme anmelden. Allerdings wird es dem Diakonischen Werk mit bundesweit aufzustockenden 400 „Paten“ kaum gelingen, die Mitarbeiter der Argen durch Paten zu ersetzen, und selbst Paten schaffen keine Arbeitsplätze. Bei der Bremer Bagis sind auch schon viele Ex-Mitarbeiter der Telekom untergekommen, die „Betreuung“ durch Paten kann also kaum unqualifizierter werden.

Soll uns hier wieder suggeriert werden, dass jeder, der wirklich Arbeit sucht, mittels eines Paten tatsächlich welche findet? So viele können es demnach gar nicht sein, die wirklich Arbeit wollen, sonst würde niemand auf die Idee kommen, eine Vermittlung mit so unglaublich wenigen Ex-Mitarbeitern der Telefongesellschaft zu probieren. Es ist schwer vorstellbar, dass dieses Modell ernsthaft diskutiert wird. Wo sollen denn die Millionen Paten herkommen, für jeden der vielen Millionen Arbeitslosen? Hartz IV soll nämlich nicht nur fördern, sondern auch fordern: nämlich für jeden Arbeitslosen seinen persönlichen Sklavenhändler!

Schließlich sind wir zu dämlich, eine Bewerbung zu schreiben, zu unterbelichtet, um zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen. Womöglich wird auch mal wieder in Anlehnung an Henrico Frank behauptet, wir würden uns nicht pflegen und bekämen deshalb keinen Job. So langsam reicht es mit der Einprügelei auf uns Erwerbslose! Wir könnten uns die Frage stellen, ob solche Paten theoretisch die Arge-Mitarbeiter überflüssig machen. Dabei sind sie es doch schon längst. Denn wer hat schon mal davon gehört, dass Fallmanager uns in Arbeit brächten? Das taten früher die Arbeitsvermittler. Aber seit es keine Arbeit mehr zu vermitteln gibt, werden wir eben als Fall gemanaged, bis wir aus der Statistik verschwinden und in Zwangsarbeit, Weiterbildung oder Krankheit abtauchen.

 

2.Spiegel-Online“ berichtet von einem Landwirt im bayerischen Donauwörth, der 118 Rumänen wie Sklaven gehalten haben soll. Augenzeugen sprechen von Zuständen wie in einem afrikanischen Flüchtlingslager, bei Hunger, Hitze und einem Stundenlohn von nur einem Euro! Beim Begutachten der rumänischen Erntehelfer fanden die Beamten der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ menschenunwürdige Zustände vor: „Die Rumänen wurden quasi zur Nachlese auf die Felder geschickt, wenn zuvor die polnischen Erntehelfer schon beim Pflücken draußen waren“, sagt ein Sprecher des Hauptzollamts. So hätten die Rumänen nur wenige Erdbeeren pflücken können, obwohl sie täglich bis zu dreizehn Stunden arbeiten mussten.

Die Beamten durchsuchten auch die Privaträume des Erdbeerplantagen-Besitzers, der bis zu seinem Erziehungsurlaub 2003 selbst Polizist gewesen ist. Seither ist der Polizist zwar ohne Bezüge, aber immer noch Beamter, und daher werden gegen ihn disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Meiner Meinung nach müsste dieser beurlaubte Polizist Berufsverbot bekommen, weil es ihm gravierend an der sittlichen Reife und ethischen Verantwortung mangelt, die ein Mensch in seinem Tätigkeitsfeld mitbringen müsste! Aus Profitgier hat er die Menschenwürde mit Füßen getreten. Wann wird der „Spiegel“ darüber informieren, dass Arbeitsminister Müntefering Millionen von Arbeitslosen durch Verfolgungsbetreuung fast unter ähnlichen Bedingungen hält: Stallpflicht, Sanktionen, „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ und vieles mehr?

 

3. Der angebliche Aufschwung zeigt seine hässliche Fratze: 1,2 Millionen Menschen in Deutschland verdienen mit ihrer Arbeit so wenig, dass sie zusätzlich ALG II beziehen müssen. Sie sind vorrangig bei Zeitarbeitsfirmen, im Gastgewerbe und in Friseursalons beschäftigt. Ihr Lohn, der in manchem Hamburger-Restaurant nur bei 4,60 Euro pro Stunde liegt, reicht nicht zum Leben. Die Zahl derjenigen, die trotz eines Jobs zu den ärmeren Deutschen zählen, hat sich in den vergangenen beiden Jahren verdoppelt. Diese sogenannten Aufstocker bereiten den Arbeitsmarktexperten des Deutschen Gewerkschaftsbundes große Sorge. Da entsteht neuer sozialer Sprengstoff.

Obwohl angeblich die Zahl der Arbeitslosen und die der ALG-II-Empfänger sinkt, wächst das Heer der Aufstocker, die zu ihrem Lohn Hartz-Geld erhalten, unaufhörlich steil nach oben. Dabei wird es aus Scham noch nicht mal von allen beantragt, die es tun könnten. Allerdings hätten die Politiker und die mit ihnen unter einer Decke steckenden Unternehmer erheblich mehr Anlass, sich in Grund und Boden zu schämen: Ein akzeptabler Mindestlohn, der ein auskömmliches Leben garantierte, ist mehr als überfällig!

 

4. So ist es kein Wunder, dass die Überschuldung sprunghaft ansteigt. Die Verantwortung dafür liegt nicht zuletzt bei Hartz IV. Nach aktuellem Stand ist jeder zehnte Haushalt in Deutschland überschuldet. Glaubhaften Schätzungen zufoge wissen zwischen 20 und 30 Prozent der Betroffenen nichts von ihrem Anspruch auf kostenlose Beratung. Viele wenden sich in ihrer Not an kommerzielle Finanzsanierer, die in den meisten Fällen unseriös sind und die Lage ihrer Kunden durch hohe, mitunter rechtswidrige Gebühren noch verschärfen. Von den drei Millionen überschuldeten Haushalten können zur Zeit nur rund zehn bis 15 Prozent seriös betreut werden, weil es bundesweit gerade einmal 1.100 gemeinnützige Beratungsstellen gibt.

Für professionelle Hilfe müssen oft wochen- und monatelange Wartezeiten in Kauf genommen werden – Zeit, in der sich die Lage der Ratsuchenden weiter verschlimmert. Hier besteht dringender politischer Handlungsbedarf. Die häufigsten Auslöser von Überschuldung sind Arbeitslosigkeit, Krankheit und Scheidung. Allerdings ist die Zahl der Überschuldeten in Folge der sogenannten Sozialreformen sprunghaft gestiegen. Den Leuten fehlen heute einfach die Mittel, kleinere Notlagen im Haushalt zu bewältigen. War früher eine Waschmaschine defekt, bekamen Sozialhilfeempfänger die Kosten für eine Reparatur oder Neuanschaffung erstattet. Dazu erhielten sie zweimal im Jahr eine nicht unerhebliche Bekleidungsbeihilfe.

Heute soll all das aus dem ALG-II-Regelsatz beglichen werden, der aber nur unwesentlich über dem einstigen Sozialhilfesatz liegt. Wie sollen da Rücklagen für Notsituationen angespart werden können? Bei einer seriösen Beratung stehen die Chancen erfahrungsgemäß sehr gut, dass bereits während des Verfahrens eine Entspannung erfolgt und die Leute nicht nur die finanzielle, sondern auch die mentale Freiheit wiedererlangen, um ihr Leben in den Griff zu bekommen. Wissenschaftliche Studien haben nachgewiesen, dass überschuldete Haushalte durchschnittlich schon nach zwölfmonatiger Beratung stabilisiert sind.

 

5. Das alles hindert den Chef des Wirtschaftssachverständigenrates der Bundesregierung, Bernd Rürup, aber nicht daran, schamlos herumzusödern, dass ausgerechnet das menschenverachtende Hartz IV der Grund für den angeblichen Beschäftigungsboom sei. Die Einstellungsschwelle des Wirtschaftswachstums scheine gesunken zu sein, und das habe etwas mit den Hartz-Reformen zu tun. Er behauptet, dass nun besser vermittelt und intensiver nach Arbeit gesucht werde. Viele Arbeitslose hätten schließlich auch Angst, mit ihrem Einkommen auf „Hartz-IV-Niveau“ zu gelangen.

Eine Lüge jagt die andere, wenn er fortfährt, hiermit scheine das Konzept „Fördern und Fordern“ aufzugehen, welches ein großes Anliegen der Reformen gewesen sei. Auch die Zeitarbeit habe stark zugenommen. Rürup merkte hierzu an, dass die Bundesregierung darüber nachdenken solle, den Kündigungsschutz zu lockern. Dies liege vor allem im Interesse der Langzeitarbeitslosen. Ja, es wird geradezu zwingend Zeit, dass Langzeitarbeitslose noch mehr zum Spielball von Politik und Wirtschaftsinteresse gemacht werden! Die Behauptungen von Herrn Rürup zeugen von anscheinend absoluter Inkompetenz.

Hartz IV vermag zwar Geldmangel, aber bestimmt keine Arbeitsplätze zu schaffen. Diese stellt ausschließlich die Wirtschaft bereit. Hartz IV wirkt durch die verminderte Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten hemmend auf einen Wirtschafts- und damit Beschäftigungsboom. Wenn dem so wäre, wie Herr Rürup behauptet, müsste vor der Hartz-IV-Reform ein Überschuss an unbesetzten Arbeitsplätzen vorgeherrscht haben! Oder wird der Wirtschaftsboom durch das Aussterben des Mittelstandes gefördert? Wie kann ein Mensch, der sich so inkompetent äußert, nicht nur in einem Sachverständigenrat der Bundesregierung sitzen, sondern auch noch dessen Chef sein?

 

6. Die Gründung der neuen Partei „Die Linke“ hat heftige Reaktionen ausgelöst. Der designierte SPD-Vize, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, sagte der „Blöd am Sonntag“, das Programm der „Linken“ sei der „sichere Weg in die Armut, besonders auch für die sozial Schwachen“. Das schlägt doch dem Fass den Boden aus: Er tut so, als ob die sozial Schwachen den Weg in die Armut erst noch gehen müssten!

Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) warnte die SPD vor einer Zusammenarbeit mit der „Linken“: „Mit Kommunisten kann man keine Politik machen.“ Klar, die „Linke“ hat inzwischen heimlich eine Scharia ausgearbeit, nach der Dieben die rechte Hand abgehackt wird! CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: „Postkommunisten haben in Deutschland nichts zu suchen.“ Genau, in Deutschland sind Postfaschisten eher willkommen!

 

7. „Sie haben Hartz IV eingeführt und Hungerlöhne zugelassen, wollen den Kündigungsschutz abschaffen und können sich nicht zu einem gesetzlichen Mindestlohn entschließen, aber vor und am Gedenktag stehen sie alle fest an der Seite der Bauarbeiter von der Stalinallee: Ausgerechnet Franz Müntefering bricht dem freiheitlichen Sozialismus eine Lanze, und Guido Westerwelle inszeniert beim FDP-Parteitag eine anti-linke Gedenkfeier. Noch nie klangen Sonntagsreden so heuchlerisch wie am 17. Juni 2007.

Ob die alte Masche ‚Freiheit statt Sozialismus‘ wieder zieht, angesichts von Arbeitskonflikten, bei denen aus ganzen Konzernbelegschaften mehr Produktivität und weniger Lohn gepresst werden sollen? Wie lange es wohl dauert, bis die Hartz-IV-Opfer und alle, die in der Armutsfalle sitzen, die dafür Verantwortlichen zum Teufel jagen, wie es die Aufständischen des 17. Juni 1953 mit dem SED-Regime vorhatten? Damals wie heute die gleichen Konflikte. Gibt es neue Lösungen? Wohl kaum.

Es wird auch in der Gegenwart nicht ohne Volksaufstand gehen. Nicht wie damals, mit so vielen Toten. Aber dafür hartnäckig und unaufhaltsam, jeden Tag. Die Freiheit zurückerobern, die uns genommen wurde. Die bürgerlichen Rechte dem Überwachungsstaat wieder abtrotzen. Am Arbeitsplatz wieder den Mund aufmachen. Auch weiter gegen Hartz IV kämpfen. Für mehr Lohn streiken. Den Klimaschutz und Afrika nicht der G8 überlassen. Das bessere Leben nicht aus den Augen verlieren.

Freiheit ohne soziale Gerechtigkeit ist das Joch für alle, die ausgenutzt werden. Es ist nur die Freiheit der Reichen, noch reicher zu werden. Eine Chronik des 17. Juni zitiert einen Arbeiter mit den Worten: ‚Den Kapitalisten macht ihr Geschenke, uns beutet ihr aus.‘ Wie wenig sich geändert hat“, schreibt Wolfgang Sass in der „Linkszeitung“.

Elisabeth Graf (parteilos)

 

Kohle verbrennen
statt Kröten schützen

Hans-Dieter Binder1. SWB soll wohl bedeuten: Spaß wird bezahlt! Auch diesmal hat die SWB mit Sponsoring-Ein­stellung gedroht. Arbeitsplätze sind sehr wichtig, doch reine Luft ebenso! Ich sehe darin keinen Widerspruch, denn hier in Bremen sind Wasser, Wind und Gezeiten nutzbar, Kohle jedoch vertreibt die Touristen! Passend zum Thema hat die „Tageszeitung“ am Freitag die Überflüssigkeit eines neuen Kraftwerks in Norddeutschland dargelegt. Warum jedoch möchte die SWB ein Kohle- und kein Gaskraftwerk?

Sie hat weder Kohle noch Gas, aber ein Kohlekraftwerk lässt sich auch mit anderen Feststoffen befeuern. Es sind nur geringe Anpassungen nötig! Aufgrund einer Gesetzesänderung muss jeglicher Müll erst den Verbrennungsofen durchlaufen, bevor eine Deponielagerung erfolgen darf. Müllverbrennung ist somit der Markt der Zukunft! Strom und Wärme sind da nur noch Nebeneffekte. – Übrigens darf der Giftmüll aus Australien nun doch nicht in Deutschland verbrannt werden. Für solch ein Verbot hatte ich auf der Montagsdemo Unterschriften gesammelt.

Die SWB ist eine Tochter von EON und keinesfalls ein auf Bremen bezogenes Unternehmen wie einst die Stadtwerke. Diese Energieversorger sind vielfältig aufgesplittet. Die SWB könnte viel Strom sparen, allein durch andere Ausführung der Neubauvorhaben. Die Überlandleitungen werden weiterhin oberirdisch verlegt, obwohl eine Verlegung als Erdkabel die Leitungsverluste stark reduzieren und dazu noch die Umgebung schonen würde, wobei der Elektrosmog erheblich zurückginge. Unterirdische Kabel könnten durch gesenkte Stromabnahme einige der jetzigen Kraftwerke überflüssig machen, aber will die SWB das? –

Was den Gaspreis betrifft, sollte mensch, wenn die Jahresrechnung vorliegt, Widerspruch gegen die Änderungen im Preis und bei der Aufteilung in Netzentgelte einlegen, den Rechnungsbetrag neu ermitteln und nur den verminderten Betrag überweisen. Diesen Widerspruch bitte auch vornehmen, wenn schon der letzten Rechnung widersprochen oder zwischendurch Widerspruch eingelegt wurde. Das muss möglichst umgehend erfolgen, die Ausrechnung kann nachgereicht werden.

Bei Strom ist ein Anbieterwechsel möglich. Vielleicht hat die SWB einen Sonderpreis für Wechselwillige? Nachfragen und Handeln lohnt sich! Trotzdem würde ich die Gesamtrechnung mit Widerspruch belegen, weil in der Vergangenheit der Strompreis unsauber gebildet wurde. Auch hier gilt: neu ausrechnen und den Zahlbetrag kürzen, denn von der SWB gibt es kein Geld zurück! Im Folgejahr aufpassen, weil die SWB den gekürzten Betrag eventuell gegen die geleisteten Vorauszahlungen gerechnet hat.

 

2. Zum ergänzenden Arbeitslosengeld II bei Selbständigkeit stand neulich ein Urteil im „Stern“. Bemerkenswert an diesem Urteil ist, dass das Gericht die Regeln zur Erstellung der Steuerbilanz über die Regeln im ALG II stellte. Dieser Selbständige konnte seine Ansparabschreibungen geltend machen, also die Vorsorge für Anschaffungen, die künftig getätigt werden. Sie sind nicht mit einer aktuellen Geldausgabe verbunden! Bisher wurden nur die Geldbewegungen berücksichtigt, und zwar zum Zeitpunkt ihres Stattfindens. Abschreibungen blieben unberücksichtigt.

Es wurde auch auf das Recht der Arge oder Bagis verwiesen, eine unrentable Selbständigkeit zu beenden. Dies ist aber nur sehr eingeschränkt möglich. Die Unrentabilität muss auf Dauer ausgelegt sein und im Gegenzug eine Arbeitsstelle zur Verfügung stehen! Wer selbständig ist und nicht genug Geld verdient, weil ein Auftrag platzt oder der Kunde nicht zahlt, sollte nicht warten, bis er kein Geld mehr hat. Der Antrag auf ALG II sollte möglichst früh gestellt werden, damit noch Reaktionen möglich sind.

Einen Verkauf der Geschäftsausstattung, Schlussverkauf oder ähnliches kann die Arge nicht verlangen, wenn die Selbständigkeit fortgesetzt werden soll. Ebenso kann keine Zuweisung zu Arbeitserprobung, Bewerbungstraining oder zu Bewerbung erfolgen. Falls doch, kann mensch nachfragen und Widerspruch einlegen. Wir gehen mit!

Oftmals kommen Selbständige erst zur Bagis oder Arge, wenn das Geld alle ist, Telefon- und Stromrechnung unbezahlt sind und somit der Geschäftsbetrieb unmöglich wurde, von der nächsten Mahlzeit ganz abgesehen. Bei der Antragstellung – dies ist die Abholung des Antragsformulars – kann sofort ein Abschlag beantragt und bar ausgezahlt werden. Leider dauert auch ein Eilverfahren zur Durchsetzung dieses Anspruchs länger als die Einreichung der geforderten Unterlagen, doch mit Verhandlungsgeschick und Nachweis der Mittellosigkeit klappt es! Wie gesagt: Wir gehen mit!

 

3. Am Mittwoch, dem 20. Juni 2007, wollen Richter des Verwaltungs-, Ober­verwaltungs- und Sozialgerichtes, Herr Lange von der Bagis und Rechtsanwalt Detlef Driever in der Stadtbibliothek über die Erfahrungen aus zweieinhalb Jahren mit Arbeitslosengeld II diskutieren. Beginn ist um 17 Uhr im Wallsaal, Am Wall 201. Alle sollen zu Wort kommen, bei Themen wie etwa Kosten der Unterkunft, Eingliederungsvereinbarungen, Leistungskürzungen, Bedarfsgemeinschaften, eheähnliche Gemeinschaften und Höhe der Regelleistungen. Augenblicklich ist die Bagis in Bremen empfänglich für Anregungen, weil kein Politiker mehr an eine gute Sachbearbeitung durch sie glaubt!

Frau Rosenkötter hat weiterhin Weisungsberechtigung, aber auch Dienstaufsicht über die Bagis. Die vielen faulen Eier, die Frau Rosenkötter übernommen hat, wollte niemand haben! Dabei hat sie jedoch einen eigenen Fehlgriff hinzugefügt. Die Ernennung von Herrn Hilker („einer wurde gerufen – fünf sind gekommen“) geht zu Ende. Leider verliert Bremen einen weiteren Klinikgeschäftsführer, weil dieser einfach kein Vertrauen mehr hat!

Die Mitarbeiter in den Kliniken brauchen Sicherheit und eine Zukunft! Wir erinnern uns: Alle waren höchst verunsichert, nur die Politik nicht. Die Planung stand: Die Klinik in Osterholz-Tenever wird geschlossen, das Klinikum Mitte abgerissen und auf weniger Platz neu gebaut. Auch die Chefarzt-Besetzung in Mitte war geregelt und jeder Chefarzt aus Ost versorgt. Ja, damals! Dann kamen die Demos in Osterholz, ein Personalrat entlarvte die Luftschlösser, und ein Geschäftsführer gab sehr viel Geld aus, das eigentlich überhaupt nicht vorhanden sein konnte, bei der schlechten Lage!

Wieder ging der Personalrat in Tenever an die Öffentlichkeit, doch der Plan wurde stur weiterverfolgt. Die Küche, das erste Gebäude im Klinikum Mitte, wie geplant errichtet, wurde doppelt so teuer wie veranschlagt. Jeder kann sehen, welche Qualität dieser Plan hat! So können weder Zukunft noch Vertrauen gewonnen werden. Der Grund für diese umfassende Neuordnung mit sehr starkem Personalabbau und sehr starker Versorgungsschwächung sind die Leistungsvorgaben der Europäischen Union. Ihretwegen wurde in die vorige Gesundheitsreform die Abrechnung nach Fallpauschalen aufgenommen, doch Vorgaben sind änderbar!

 

4. Die Vorgabe für die Polizei in Heiligendamm stammte von der Politik. Eventuell ist die Polizei über das Ziel hinausgeschlagen! Die Gewerkschaft der Polizei will jetzt eine Nachbereitung der Ereignisse vornehmen und dazu Polizisten aus ganz Deutschland nach Berlin einladen. Eigentlich sind diese Dienstreisen unnötig, stammen doch die schlagkräftigsten Züge der Bereitschaftspolizei aus Berlin! Sie sind seit Jahren unter den bewährten Zugführen, für jeden Einsatz gut und vielen Gerichten bestens bekannt.

Ich habe am 6. Juni 2007 das Fußballspiel und in der Halbzeitpause die Nachrichten auf der ARD gesehen. Ich habe mir diese Nachrichten nochmals im Internet angeschaut: Sie haben sich verändert! Die Orginalfassung zeigt ganz klar den Aufruf zur Körperverletzung und deren Umsetzung! Sitzende Demonstranten werden zu unfriedlichen Demonstranten erklärt und weggeräumt. Man sieht den Griff an den Halswirbel, den Griff in die Haare, alles in Nahaufnahe. Wie kann solche Brutalität angemessen sein?

Durch die Helme waren schemenhaft die Gesichter der Polizisten zu erkennen. Wer diese Sendung aufgezeichnet hat, melde sich bitte bei mir, ich bin sehr an der Originalfassung interessiert! Auch „Amnesty International“ sammelt Unterlagen und Augenzeugenberichte über die Fehlgriffe der Polizei. Bundesweiter Ansprechpartner ist Herr Falk Menzer, menzer(at)freenet.de. Diese Gruppe will auch zum „Neunstaatenbericht Rassendiskriminierung 2006“ eine Gegenaussage als „Schattenbericht“ vorlegen. Jeder kann sich in den Verteiler aufnehmen lassen und wird laufend kostenlos informiert!

 

5. Gewerkschaften sind Papiertiger, sie bewegen nichts, ist oftmals zu vernehmen. Das kann nicht sein, denn wieso kauft sich Siemens sonst eine eigene Gewerkschaft? Anders kann mensch die Unterstützung dieser aus heutiger Sicht sonderbaren Arbeitnehmervertretung kaum verstehen: Siemens waren diese scheinbaren Arbeitnehmervertreter viel Geld wert!

Im Betrieb profitieren alle von einer guten Gewerkschaftsarbeit. Lohnerhöhungen werden gerne genommen! Aber die Mitgliedschaft und der Organisationsgrad entscheiden über die Schlagkraft der Gewerkschaft. Es gibt also viele Gründe, Mitglied zu werden. Die Mitarbeit in der Gewerkschaft verhindert auch einen neuen „Peter Hartz“. Erwerbslose zahlen einen geringen Beitrag und haben durch die Mitgliedschaft Vergünstigungen. Nachfragen lohnt sich!

 

6. Es stand in der „Tageszeitung“ vom Freitag: Die Deutsche Rentenversicherung wirbt für eine zusätzliche Altersversorgung bei einer privaten Versicherung. Sie selbst darf diese Zusatzvorsorge nicht anbieten. Die Variante mit der Entgeltumwandlung hat sie genau untersucht. Bei dieser Gehaltsumwandlung wird der sozialversicherungspflichtige Arbeitslohn geringer, weil ein Lohnanteil in eine Zusatzversorgung investiert wird.

Dadurch werden weniger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt und vermindern diese Rentenansprüche, aber über die Bruttolohnentwicklung auch die Rentenansprüche aller Beschäftigten. Besonders negativ ist es, wenn das Berufsleben durch Unfall oder Arbeitslosigkeit überschattet wird. Erst mit Abschaffung dieser beitragsfreien Umwandlung sind solche negativen Auswirkungen beseitigt! Der zusätzliche Verwaltungsaufwand für den privaten Versicherungsträger bleibt. Dies und die Gewinnabsicht zahlt der Versicherte.

Mit wesentlich weniger Verwaltungsaufwand wäre eine Zusatzversorgung direkt bei der Deutschen Rentenversicherung verbunden. Politisch ist dies nicht gewollt: Der Kunde zahlt, und der Staat stiehlt sich aus der Verantwortung. Trotz solcher Erkenntnisse muss die Deutsche Rentenversicherung Werbung für die Zusatzverträge bei den privaten Versicherungen machen. Nicht einmal Provision erhält sie! Versicherungsvertreter und deren Vorgesetzte erhalten insgesamt circa zwei Jahresprämien, und das Geld des Kunden fließt in den Kapitalmarkt!

Wer einen solchen Vortrag gehört hat und nicht auf die Nachteile hingewiesen wurde, auch nicht durch die vertragsschließende Versicherungsgesellschaft, kann die Rückabwicklung verlangen. Wer eine Zusatzversorgung abschließt, sollte unbedingt darauf achten, dass er als Erwerbsloser keine Beiträge zahlen muss, aber auch keine Nachteile erleidet. Ist das Wunschdenken? Nachfrage bestimmt den Markt! Wer erwerbslos wird, muss vor dem ALG-II-Antrag die Zusatzversorgung „Hartz-IV-fest“ machen. Nur Riesterverträge sind dies ohne Ergänzung.

Hartz-IV-Betroffene haben meistens gar keine Versicherungen mehr. Im Regelsatz sind die Prämien nicht berücksichtigt und aus diesem auch nicht zu leisten. Selbst für Kinder ist kein Versicherungsschutz vorhanden. Das Kindergeld wird zu 100 Prozent auf das Sozialgeld angerechnet. Ein Freibetrag für die Haftpflichtversicherung wird erst bei Jugendlichen über 18 Jahren eingeräumt.

Die Privathaftpflichtversicherungen haben darauf reagiert: Sie bieten eine Zusatzklausel an und zahlen den eigenen Schaden, wenn der Schädiger nicht zahlen kann. Dies kostet bei der HUK 15 Euro, ist für alle zu empfehlen, aber für ALG-II- oder Sozialhilfeempfänger, Rentner mit Grundversorgung und alle Menschen mit wenig Geld nicht bezahlbar! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Termine: Das „Anti-G8-Bündnis Bremen“ trifft sich am 21. Juni 2007 um 20 Uhr im „Kurzschluss“, Lahnstraße 16, zwecks Nachbereitung der Ereignisse in Rostock und Heiligendamm. Das „Bremer Friedensforum“ tagt am 5. Juli 2007 um 18:30 Uhr in der „Villa Ichon“. Die „Lateinamerika-Gruppe“ trifft sich am 22. Juni 2007 um 19 Uhr im „Info-Laden“, Sankt-Pauli-Straße 10–12. Der neugegründete „Sozialistische Studierendenverband“ trifft sich am 26. Juni 2007 um 12 Uhr in der Glashalle der Uni Bremen. Die zweite Sitzung der Bremer Bürgerschaft ist am 29. Juni 2007 um 12 Uhr – wir wollen uns diese Leute ansehen! Das Sommerfest der Bremer Montagsdemo steigt am Samstag, dem 21. Juli 2007, von 12 bis 22 Uhr in den Neustadtswallanlagen.

 

Der neue Senat müsste Millionen
von den Konzernen einfordern

Harald BraunIch überbringe euch herzliche Grüße von der Montagsdemonstration in Gelsenkirchen. Vor einigen Wochen bin ich aus Gelsenkirchen nach Bremen gezogen. In der kurzen Zeit habe ich bereits verschiedene Parallelen beider Städte kennengelernt: Sie haben eine hohe, wachsende Kinderarmut. Sie sind pleite, obwohl der Reichtum in Deutschland immer größer wird.

Davon profitieren aber nur die großen Konzerne und Aktionäre – die breite Masse der Bevölkerung wird immer mehr ausgesaugt. Es ist überhaupt nicht einzusehen, dass wir alle Steuerlasten tragen, die Großkonzerne aber ständig Steuergeschenke erhalten. Bei EON bezahlt eine Putzfrau mehr Steuern als der Energiekonzern selbst. Wie sieht es hier in Bremen mit Daimler-Chrysler, Airbus und anderen aus?

Wenn der neue Senat es ernst meint mit der Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung, müsste er als Erstes Millionen von diesen Konzernen einfordern! Ich freue mich, dass es hier in Bremen, wie in hundert anderen Städten, die Montagsdemonstration gibt. Wir sind das soziale Gewissen, und wir haben schon einiges bewegt. Ich werde mich an eurer Seite engagieren, damit unsere Bewegung noch stärker wird!

Harald Braun

 

Das reicht nicht, Herr Böhrnsen!

Um es gleich vorwegzunehmen: In helles Entzücken versetzt hat mich der Koalitionsvertrag nicht, denn der weitaus überwiegende Teil besteht leider nur aus unverbindlichen Absichtserklärungen. In Sachen Umwelt- und Klimaschutz sind die Grünen vor der SPD eingeknickt, weil sie der Vertiefung der Unter- und Außenweser zugestimmt haben. Dabei war der Schutz der Umwelt einmal eines der Hauptziele der Grünen! Die Folgen für das ökologische Gleichgewicht von Flora und Fauna im Fluss und dessen Umgebung werden so gravierend sein, dass der Grundwasserspiegel stark absinken wird und die natürlichen Feuchträume austrocknen. Das hat negative Auswirkungen auf die Natur und damit letztlich auch aufs Klima. In der Präambel steht zu den zu erwartenden Auswirkungen einer Weservertiefung: „Ziel muss es sein, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes auch an der Unter- und Außenweser unabhängig von der Tiefe des Flusses und im Gleichklang mit den Anforderungen der Schifffahrt soweit zu verbessern, dass gemäß der Verpflichtung der FFH-Richtlinen ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet wird.“ Diesen Widerspruch muss mir erst mal jemand verklickern!

Beim Thema Kohlekraftwerk einigten sich SPD und Grüne auf ein „ergebnis­offenes Moderationsverfahren“, wie sie diesen äußerst faulen Kompromiss nennen. Wie heißt es doch so schön im Vertragstext: „Deshalb wird der Senat die Ziele und Strategien der bremischen CO2-Minderungspolitik für den Zeitraum bis 2020 – im Einklang mit den Klimaschutzzielen auf nationaler und europäischer Ebene – in der Vierten Fortschreibung des Landesenergieprogramms konkretisieren. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob durch eine Novellierung des Bremischen Energiegesetzes zusätzliche Beiträge zur Minderung der CO2-Emissionen erzielt werden können... Erneuerbare Energien müssen einen wachsenden Anteil der Energieversorgung übernehmen.“ Dazu passt natürlich eine CO2-Schleuder wie das geplante Kohlekraftwerk so treffsicher wie die berühmt-berüchtigte Faust aufs Auge! Auch hier habe ich den Eindruck, dass sich die Grünen im Rathaus von Beckmeyer und Böhrnsen genüsslich über den schweren Edelholztisch ziehen ließen. Zudem vermisse ich eine Aussage dazu, ob nun der vierspurige Ausbau der Schwachhauser Heerstraße gestoppt wird oder nicht – und ob der Lebensqualität zuliebe endlich eine weitergehende Innenstadtsperrung für den Autoverkehr zugunsten größerer Fahrradfreundlichkeit geplant ist.

Wieland von HodenbergDem Thema Wirtschaftspolitik wird breiter Raum gegeben, wobei sehr viel von arbeitsplatzfördernden Innovationen die Rede ist. Aktive Friedenspolitik, die Bremen einmal in den 1980er Jahren auszeichnete, ist völlig hinten runtergefallen. Die Tätigkeit der BLG wird gewürdigt und dabei leider unerwähnt gelassen, dass gerade die Bremer Lagerhausgesellschaft einen schwunghaften Güterumschlag auch mit Schießwerkzeugen aller Art betreibt! Bremer Rüstungsgüter, die seit Kaiser Willems Zeiten in Bremer Betrieben produziert und seit Jahrzehnten in alle Welt exportiert werden, heizen die Kriege in aller Welt an! Die Hansestadt, die hier bundesweit eine traurige Spitzenstellung innehat, muss wieder, wie Ex-Senator Horst-Werner Franke es einmal ausdrückte, „Friedenshauptstadt der Bundesrepublik“ werden! Das „Bremer Friedensforum“ fordert seit langem Rüstungskonversion statt Kriegsgüterproduktion und -Export. Außerdem wurde die ständig erneuerte Forderung nach Aufnahme von Deserteuren in der Stadt völlig außer Acht gelassen, und im Vertrag ist davon auch keine Rede. Die neue Koalition lässt leider, genau wie ihre Vorgängerin, mit keiner Silbe erkennen, ob sie in diesem Sinne Initiativen zu ergreifen gedenkt.

Zum Thema Sozialpolitik gibt es außer wohlklingender Absichtserklärungen auch nicht allzu viel Konkretes. Im Koalitionspapier heißt es dazu: „Ziel unserer Politik ist es, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen... Wir wollen die Umzugsaufforderungen drastisch reduzieren. Die Mietgrenzen in Bremen sollen sich an den Regelungen vergleichbarer Großstädte orientieren. Umzugsaufforderungen sollen nur erfolgen, wenn annehmbarer Ersatzwohnraum tatsächlich vorhanden ist... Wir werden außerdem unsere Einwirkungsmöglichkeiten auf die ‚Gewoba‘ nutzen, damit sie in ausreichendem Maße preiswerten Wohnraum zu Verfügung stellt. Auf Bundesebene setzen wir uns für eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche ein. Außerdem sollen die Berechnungsgrundlagen der Regelsätze überprüft werden... Wir wollen auch Wege prüfen, wie die Wiedereinführung von Einmalleistungen gelingen kann, ohne die Kommunen zu belasten... Es soll geprüft werden, ob die begleitenden sozialen Hilfen wie Schuldner- und Suchtberatung analog zu Regelungen in der Stadtgemeinde Bremerhaven durch Bremen bewilligt und in kommunaler Bremer Verantwortung organisiert werden können. Wir wollen mit der BSAG Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, analog zum Angebot von Job-Tickets ein ermäßigtes Sozialticket einzuführen.“

Die Einführung eines Sozialtickets würden wir selbstverständlich lebhaft begrüßen! Ansonsten prüfen, prüfen und nochmals prüfen – das scheint mir das dominierende Credo in dem Papier zu sein. In Sachen Mietobergrenzen drängt sich zum Beispiel zwingend die Frage auf: Warum wollt ihr eigentlich die Umzugsaufforderungen nur „drastisch reduzieren“? Jede Aufforderung ist eine zuviel, und deshalb meine ich, weg damit! Es reicht auch nicht, die „Gewoba“ nur aufzufordern, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die „Gewoba“, die ja noch teilweise im Besitz des Landes Bremen ist, muss die Mieten ganz allgemein deutlich senken, was sie aufgrund ihrer Ertragslage auch ohne Weiteres könnte. Keine weiteren Anteilsverkäufe an Kapitalhaie und auch keine das Gesundheitssystem zusätzlich ruinierenden Privatisierungen mehr bei den Bremer Krankenhäusern! Es reicht im Übrigen nicht, die Regelsätze für ALG-II-Betroffene wieder mal nur zu „überprüfen“, sondern sie müssten deutlich erhöht werden, und darüber hinaus wäre eine Initiative zur gänzlichen Abschaffung der Hartz-Gesetze notwendig!

An anderer Stelle ist in dem Papier davon die Rede, dass sich die künftige Koalition verstärkt um die „Schaffung und Sicherung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze“ kümmern wolle. Ein solches Vorhaben würden wir natürlich ebenfalls begrüßen. Leider gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass SPD und Grüne in Sachen Ein-Euro-Jobs und andere prekäre Arbeitsverhältnisse wirklich an die völlige Abschaffung derselben zugunsten eines armutsfesten Mindestlohns und tariflich abgesicherter Arbeitsplätze denken. Diese Forderung bleibt also weiterhin aktuell.

Es konnten hier jetzt längst nicht alle Themenbereiche abgehandelt werden. Aber auch in Sachen Kinder- und Jugendpolitik, Bildungs- und Kulturpolitik, Arbeitsmarkt, Beruf und Weiterbildung, Emanzipation der Geschlechter sowie in der allgemeinen Gesundheitspolitik bleiben unsere berechtigten Forderungen auf der Tagesordnung. Wir werden sie montags immer wieder aufgreifen!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Viele Absichtserklärungen, wenig Konkretes

Klaus-Rainer RuppRot-Grün hat in den Koalitionsberatungen alles beredet, aber wenig geklärt. In fast allen wichtigen Fragen stehen die Ergebnisse unter Finanzierungsvorbehalt, sind unkonkret oder bislang nicht abschließend geklärt. Es sieht so aus, als ob wir jetzt vier Jahre Koalitionsverhandlungen bekommen.

Rot-Grün wird daran gemessen werden, ob die neue Koalition das Kaputtsparen auf den Gebieten Soziales, Bildung und Kultur beendet und ob sich die Regierung endlich wieder politische Gestaltung zutraut. Nach den Ergebnissen der Koalitionsverhandlungen sind hier Zweifel angebracht. Zwangsumzüge für Hartz-IV-Bezieher sollen erschwert werden, aber es wird sie weiterhin geben.

Ein-Euro-Jobs sollen verringert werden, aber welche aktive Beschäftigungspolitik kommt stattdessen? Sind die Privatisierungsmodelle im Klinikbereich nun vom Tisch oder nicht? Wird das 93-Millionen-Sparprogramm für die Hochschulen, an dem sich die Proteste entzündet hatten, gekippt oder nicht?

Die Liste der offenen Fragen ist lang. Vom „Mediationsprozess“ in Sachen Kohlekraftwerk ist nur sicher, dass die SWB daran beteiligt sein wird. Hier haben die Grünen offenbar bereits kapituliert. Ebenso beim Thema Vertiefung von Außenweser und Unterweser. Hier zieht sich Rot-Grün auf das Planfeststellungsverfahren des Bundes zurück, obwohl der BUND zu Recht ausgeführt hat, dass Alternativen dabei nicht berücksichtigt werden.

Dass Rot-Grün ein Sozialticket für den ÖPNV einführen will, ist zu begrüßen, ebenso die Ankündigung, in den Kitas werde endlich die zweite Kraft für jede Gruppe eingeführt. Es bleibt abzuwarten, ob dies weiterhin mit Geld zweiter Klasse versucht wird, das heißt mit temporären Mitteln aus Beschäftigungs- oder Qualifizierungsprogrammen, oder ob die Zweitkraft erstmals mit Geld erster Klasse abgesichert wird.

Pressemitteilung von Klaus-Rainer Rupp („Die Linke“)

 

Prominente Bremer Politiker sprechen auf der Montagsdemo

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlNoch am Tage der Unterschrift unter den Koalitions­vertrag mit der SPD für den neuen Senat kam die Spitzenkandidatin von „Bündnis 90/Die Grünen“, Ka­roline Linnert, am 18. Juni 2007 um 17:30 Uhr auf den Marktplatz zur 137. Bremer Montagsdemo, um uns über die erreichten Ergebnisse auf dem Gebiet des Sozialen zu informieren.

Ihr Auftritt und auch das Statement des Bürgerschaftsabgeordneten Klaus-Rainer Rupp von der Fraktion „Die Linke“ zog natürlich viele Umstehende und Vorbeikommende an, sodass mal wieder über 50 Teilnehmer gezählt werden konnten. Es zeigt, dass die Bremer Montagsdemo eine Institution geworden ist, die nicht so einfach außer Acht gelassen werden kann. Das wird von den Bremern und auch außerhalb beachtet: Auf unserer Home­page hatten wir am letzten Sonnabend 735 Besuche.

Natürlich hat Frau Linnert uns nicht das Blaue vom Himmel versprochen: Es werde im Alltag sicher noch manchen Kampf um die Umsetzung der Ziele geben. An erster Stelle der praktischen Auswirkungen nannte sie den sofortigen Stopp der Verwaltungsanweisung zu den Zwangsumzügen. Senatsressort und Bagis sollen ihre Arbeitsweise ändern und die Mietobergrenzen vergleichbarer Großstädte anwenden. Es soll nur noch wenige Umzugsaufforderungen geben, und dies auch nur dann, wenn entsprechender Wohnraum tatsächlich zur Verfügung steht und das soziale Umfeld gewahrt bleibt.

Mit der „Bremer Straßenbahn AG“ soll über die Einführung eines Sozialtickets für die Hartz-IV-Be­troffenen gesprochen werden, um es nach Möglichkeit zu realisieren. Frau Linnert forderte die Teilnehmer auf, an die Grünen heranzutreten, wenn etwas zu kritisieren oder eine konkrete Forderung anzumelden sei. Etwas später kam Klaus-Rainer Rupp zur Montagsdemo, um über die Konstituierung der Fraktion „Die Linke“ und die ersten Schritte der Arbeit zu berichten. Der Auftritt beider Parlamentsvertreter wurde von der Montagsdemo positiv gewürdigt.

Die Montagsdemo ist immer mit konkreten sachlichen, aber auch grundsätzlichen Forderungen an die Politik herangetreten und hat ein breites Bündnis gefordert für den Kampf gegen eine Regierungspolitik, die sich in erster Linie für die Interessen des Großkapitals einsetzt und sozusagen Krieg führt gegen Arbeitende und Arbeitslose. Wir haben die Aussagen zu den sozialen „Brandthemen“ zur Kenntnis genommen und werden sie kritisch begleiten. Wir hoffen, dass das auch in der nächsten Zeit praktisch umgesetzt wird, aber wir werden auch sofort unseren Widerspruch erheben, wenn etwas „in Vergessenheit gerät“ oder „Sachzwängen“ untergeordnet wird.

Es gab natürlich auch noch andere Themen. Angesprochen wurde die Asbes­tose, eine aktuelle und brutale Gefahr. Ehemalige Entsorger und Verwerter, die zum Teil als Firmen gar nicht mehr existieren, haben in Bremen und anderswo riesige Asbestmengen vergraben oder weggekarrt, ohne dass diese Vorgänge aufgedeckt werden können. Eine riesige Welle an Asbestose-Fällen wird in den kommenden Jahren über alle Länder hereinbrechen, wenn die Krankheit im fortgeschrittenen Lebensalter zum Ausbruch kommt.

Warum will die SWB nun ausgerechnet ein Kohlekraftwerk bauen? Die Verbindung zur Verbrennung von „Gelbem Sack“ und speziellem Sondermüll soll erhalten bleiben! Eine andere Ressourcenpolitik würde auch größere Kreisläufe möglich machen, aber das liegt nicht im Interesse der Energiemonopole. Weiter standen auch Heiligendamm, das Zerrinnen der Absichtserklärungen der G8-Mächtigen zum Klimawandel, die widerrechtliche „Amtshilfe“ durch Tornado-Einsätze über den Demonstranten und viele andere Themen auf der Tagesordnung.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo“, auch Pressemitteilung
 
Quadratwurzel-Modell: Ein Gegenvorschlag zeigt, dass der Verfassungs­entwurf Deutschland zum Führer Europas machen sollte („Spiegel-Online“)

 

Den Polizeistaatstendenzen
entgegentreten!

G8 ist jeden Tag! Es gibt Militäreinsätze gegen Demonstrant(inn)en, Terrorismusdurchsuchungen zur Einschüchterung von politischen Dissidenten, Käfighaltung für Gefangene, massenhaftes Datensammeln durch die Polizei, Ingewahrsamnahmen aufgrund solcher Datensammlungen, Masseneinsperrungen von Menschen, weil sie Halstücher, Handschuhe, Sonnenbrillen oder sonstige Bekleidungstücke bei sich führen, Demonstrationsverbote durch die Polizei wegen „zu vieler“ Teilnehmer(innen), versuchte Identitätsfeststellungen anderthalbjähriger Kinder, erzwungene Entkleidungen von Frauen vor männlichen Polizeibeamten, Aussperrung von Anwält(inn)en aus Gefangenensammelstellen, kurz: eine nicht abreißenwollende Verschärfung von Überwachungsgesetzen durch die Politik!

Rund um den G8-Gipfel wird deutlich, wohin die Republik im Moment treibt: Es geht den Verantwortlichen offensichtlich darum, präventiv einen Polizei- und Überwachungsstaat einzuführen. Ziel ist es, Menschen, die sich gegen die Zustände wehren, wie sie in dieser Welt herrschen, von vornherein durch Einschüchterung und Überwachung mundtot zu machen. Denn in Anbetracht der unter anderem von den G8 weltweit vorangetriebenen sozialen Verschärfungen ist damit zu rechnen, dass sich Menschen nicht mehr an vorgegebene Regeln halten. Politische Auseinandersetzungen, die diese Entwicklung grundsätzlich in Frage stellen, können die Folge sein. Dem will die Bundesregierung, wie auch die Regierungen der EU und der anderen G8-Staaten, schon jetzt vorbeugen: durch massiven Ausbau von Überwachung und Abbau von grundsätzlichen Rechten aller.

Ziel ist es, die sogenannten „Reformen“ der neoliberalen Globalisierung weiter voranzutreiben. Wer dies grundsätzlich ablehnt und sich dagegen wehrt, bewegt sich außerhalb des Konsenses der politisch Mächtigen und wird zum Terroristen gestempelt. So ist es kein Wunder, dass Hausdurchsuchungen unter fadenscheinigen Vorwürfen mit dem Terrorismusvorwurf versehen werden konnten. Wie so oft ist die gesetzliche Grundlage durch Polizei oder Justiz bei diesem G8-Gipfel ein wenig überspannt worden. Jetzt werden neue Gesetze eingefordert, damit in Zukunft das polizeistaatliche Vorgehen legalisiert wird. Unter dem Deckmantel der polizeilichen Prävention verbirgt sich oft nichts weiter als eine polizeistaatliche Ideologie, die alle Menschen unter Generalverdacht stellt. Nur wenn du deine „Unschuld“ beweist, hast du nichts mehr zu befürchten!

Doch was ist das für eine „Unschuld“, wenn sie am Ende bedeutet, vor dem Elend der Welt, dem Hunger, der Ausbeutung, dem Auseinanderklaffen von Arm und Reich, den Kriegen und dem Waffenhandel die Augen, die Ohren und den Mund zu verschließen? Wir sind nicht dazu bereit! Wir stehen auf gegen die G8 und alle, die ihre Politik verfolgen. Diese Polizeimaßnahmen richten sich gegen uns! Polizeistaatliche Überwachung geht gegen alle, die gegen das Unrecht in der Welt aufstehen und sich wehren. All dem gilt es entgegenzutreten, jetzt, heute, jeden Tag. Deshalb rufen wir auf zu einer Demonstration am Samstag, dem 23. Juni 2007, um 11 Uhr ab Ziegenmarkt. Sagt es weiter, wo ihr könnt, und kommt alle, so ihr könnt! Ein Vorbereitungstreffen soll es am Freitag um 20 Uhr im „Sielwallhaus“ geben.

Zuschrift von Felizitas („Anti-G8-Bündnis Bremen“)
 
Bundeswehr vernichtet Geheimpapiere: Daten zum Folter-Fall
Kurnaz für immer verloren („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz