506. Bremer Montagsdemo
am 02. 02. 2015  I◄◄  ►►I

 

Hartz-IV-Schikanen zerstören Arbeitsverhältnisse

Hans-Dieter Binder1. Die Demonstration auf dem Bremer Marktplatz am 26. Januar 2015 war gut besucht. Die Lautsprecheranlage war zu schwach oder einfach gedrosselt. Bereits am Roland war nichts mehr zu verstehen. Die Musik kam bruchstückweise rüber. Wenn die Musiker ihre Instrumente absetzten, habe ich geklatscht. Die Reden blieben ungehört. Näheres steht auch unter der vorherigen Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion.

Warum wir überhaupt da waren? Es war eine Demo, auf der sich Nazis nicht wohl gefühlt haben. Wir haben unsere Transparente gezeigt und zum Ende der Veranstaltung auch per Mikrofon auf unsere Anliegen hingewiesen. Wir sind weiterhin jeden Montag in Bremens „guter Stube“, mit Offenem Mikrofon für alle – außer Faschisten und Rassisten!

„Bremen tut was“ – dieses Motto ist nicht neu. In Bremen tut sich schon immer was. Der Bürgermeister wolle dies intensivieren, hat er sagen lassen. Sind dies die ersten Taten? Die Abgeordneten in Bremen sollen neue Stühle im Plenarsaal erhalten. Die Bürgerschaftsverwaltung wolle einen entsprechenden Auftrag der Abgeordneten schnell umsetzen, hat der „Weser-Kurier“ am 30. Januar 2015 berichtet, aber offen gelassen, wer die Idee hatte. Sogar ein Modell wurde bereits ausgeguckt, Kosten pro Stück: gut 2.000 Euro. 130 Stühle sollen es sein. Der Bezugsstoff in der vom Denkmalschutz vorgegebenen Farbe könnte die 260.000 Euro noch nach oben treiben.

Hat die Bürgerschaftsverwaltung bereits einen Stoffhersteller gesucht? Dieser Betrag ist unakzeptabel. Bürostühle, dreh- und kippbar und mit Rollen, sind bereits für 50 Euro zu haben. Diese Stückzahl von 130 Stühlen ist sicher auch ab Werk mit dem entsprechenden Bezugsstoff zu haben. Diese Bürostühle hätten fünf Beine. Der im „Weser-Kurier“ abgebildete Wunsch-Stuhl hat vier Beine mit schlanken Füßen. Die jetzigen Stühle haben eine größere Auflagefläche. Auf die Verträglichkeit für den Teppichboden geht der Artikel nicht ein.

Ich meine, dass jeder Arbeitsplatz so ausgestattet sein soll, dass keine gesundheitliche Schädigung eintritt. Die Abgeordneten und die Mitarbeiter(innen) müssen zweieinhalb Sitzungstage pro Monat auf diesen Stühlen sitzen. Eine Streckung der Sitzungen auf fünf Arbeitstage würde das Sitzproblem wesentlich vermindern. Außerdem erinnert ein etwas mitgenommener Plenarsaal hervorragend an die Kassenlage der Freien Hansestadt Bremen.

Die Entscheidung über die Stühle sollte die Bürgerschaft nicht vor der Wahl treffen, die neuen Abgeordneten sollen dies entscheiden. Sie können ja bereits im Wahlkampf dazu Stellung nahmen: Stühle kaufen und dafür dieses oder jenes sein lassen beziehungsweise kürzen? Im „Weser-Kurier“ stand vor einigen Tagen, dass die „Bremer Werkgemeinschaft“ Ende Januar ihr Infotelefon „Plan P“ für Menschen in psychischen Krisen, aber auch für Freunde, Angehörige, Arbeitgeber, Ärzte und Fachleute, einstellt.

Trotz Anstrengung war keine Finanzierungsmöglichkeit in Sicht. „Plan P“ war als ein niedrigschwelliger Einstieg ins Hilfesystem konzipiert. Am Telefon erhielten die Anrufenden eine Mischung aus psychosozialer Beratung und einer passgenauen Auswahl von weiteren Angeboten. Insgesamt haben mehr als 400 Menschen Hilfe bei „Plan P“ gesucht. Das Aus findet Projektleiterin Martha Söker bedauerlich: „Unser Beratungsangebot wird verschwinden, obwohl psychische Erkrankungen kontinuierlich zunehmen.“ Es fehlen laut „Weser-Kurier“ 5.000 Euro!

Die GEW hat dem Senat ein Zeugnis ausgestellt, benotet wurden die Bil­dungs­leis­tun­gen. Ein klares Ungenügend erhielt der Senat der Freien Hansestadt Bremen! Das ist somit eine Verschlechterung, denn das Zeugnis vom Januar 2014 hat nur eine Note für die Unterrichtsversorgung: ungenügend!

Die Universität Bremen will die Kürzungsentscheidung des Bremer Senats gezwungenermaßen akzeptieren. An der Uni gibt es keine überflüssigen Studiengänge. Jede Schließung hat auch Auswirkung auf das Berufsfeld. Im „Weser-Kurier“ steht: „Die Studenten fordern Sie dazu auf, es so zu machen, wie der Rektor der Uni in Halle an der Saale. Der hat öffentlich erklärt, er wolle keine Sparbeschlüsse an seiner Hochschule fassen.“ Ich wünsche den Studenten viel Erfolg!

Der Senat der Freien Hansestadt steht vor der Frage: Kaufen oder Instandsetzen? Es gab verschiedene Beratungen und Lösungsvorschläge. Ein Argument der Bremer Straßenbahn AG war, dass die Reparaturwerkstadt nicht groß genug ist. Dies ist wohl vom Tisch, die eventuell notwendige Personalaufstockung nicht. Dass die Bremer Straßenbahn AG die einfachste Lösung möchte, liegt auf der Hand: Sie ist durch einen Verlustübernahmevertrag mit der Freien Hansestadt abgesichert.

Aus meiner Sicht sollte diese Entscheidung den neuen Parlamentariern überlassen werden. Der „Weser-Kurier“ titelt dazu: „Weitere Schulden sind kein Tabu“. Die Parlamentarier sollten weitere Unterlagen erhalten, geprüft und erläutert, zum Beispiel den Finanz- und Investitionsplan für die nächsten zehn Jahre, und nicht nur für die BVG, sondern für die Firmengruppe.

 

2. Auf der Veranstaltung „Reich wird immer reicher – unser Wirtschaftssystem verstärkt Ungleichheiten“ im „Forum Kirche“ hat Frau Prof. Dr. Mathilde Schrooten (Hochschule Bremen, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik) die Feststellungen und die Rahmenbedingungen erläutert. Die Veranstaltung wurde wie folgt angekündigt: „Thomas Piketty hat in seinem Buch „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ analysiert, dass unser Wirtschaftssystem auf eine Umverteilung von unten nach oben setzt und damit die Ungleichheit fortwährend vergrößert. Gleichzeitig wird vielfach belegt, dass gerade in Deutschland Herkunft und Einkommensverhältnisse die Lebens- und Bildungsperspektiven von einzelnen Menschen stark beeinflussen. Jetzt geht es um die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis.“

Die Schere zwischen Reich und Arm wird immer größer, und der Staat hat zu geringe Einnahmen. Der Staat kann seine Aufgaben nicht mehr finanzieren. Die finanzielle Handlungsfähigkeit des Staates ist stetig gesunken. Die Privatisierungen haben dazu geführt. Es geht weiter so, trotz dieser Erkenntnisse, war die beklemmende Schlussfolgerung. Am Rande der Veranstaltung wurde auch über die Freihandelsabkommen gesprochen. Es fand sich kein Befürworter!

Es geht leider noch schneller auseinander. Der „Reichtums- und Armutsbericht“ für Bremen hat dies nochmals verdeutlicht, siehe 504. Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion, und die Bürgerschaft hat die Schuldenbremse in die Bremer Verfassung geschrieben. Unfassbar! Die geringen finanziellen Spielräume der öffentlichen Hand in Verbindung mit der Schuldenbremse zwingen zur Privatisierung jeder Investition, die nicht aus Eigenmitteln finanziert werden kann, siehe 444. und 285. Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion.

Derweil wird die EU mit Geld überschwemmt! Die EZB wirft jeden Monat bis zu 60 Milliarden Euro auf den Markt, insgesamt etwa 1,2 Billionen Euro. EZB-Präsident Mario Draghi will die Inflation beflügeln, obwohl im Wesentlichen nur die Energiepreise die Teurungsrate drücken. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker will ein Investitionsprogramm über 315 Milliarden Euro, um Investitionen anzukurbeln.

Den Euro hat es in den Keller gehauen, die Aktionskurse werden nochmals explodieren. Die Gelder der amerikanischen Notenbank haben bereits für einen Kurssprung von rund 60 Prozent gesorgt. Beide Programme treffen auf einen überversorgten Geldmarkt. Ein Analyst sagte dazu sinngemäß: „Früher wurde der Geldmarkt geflutet, um die Pferde zum Saufen zu animieren, aktuell stehen die Pferde bis zum Bauch im Geld. Auch wenn man die Flut bis zu den Schultern erhöht, werden die Pferde das Saufen nicht anfangen.“

Von beiden Programmen, wie schon zuvor vom Euro-Rettungsprogramm, profitieren die Banken. Liegt es an der Vergangenheit der beiden Akteure? Sowohl Herr Juncker wie auch Herr Draghi waren bei Goldmann Sachs, der „Bank, die die Welt lenkt“, siehe 438. Bremer Montagsdemonstration. Dass zu viel Geld in den falschen Taschen steckt, ist bei der 282. Bremer Montagsdemonstration nachzulesen.

Arm trotz Arbeit: In Deutschland können immer mehr Erwerbstätige kaum von ihrem Einkommen leben. Ende 2013 bezogen nach einer Auswertung des Statistischen Bundesamts rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. Das waren 25 Prozent mehr als 2008, als diese Zahl noch bei rund 2,5 Millionen lag, wie die ‚Saarbrücker Zeitung‘ unter Berufung auf eine Sonderauswertung der Statistiker berichtete.“ Die Wirtschaft muss diesen Einkommensschwund verkraften. Das Marktforschungsinstitut GfK überdeckt diesen Schwund mit positiven Prognosen. In den Bilanzen insbesondere des Handels ist die Wirklichkeit nachlesbar. Aus dem Bericht ergibt sich auch: Bremen ist bei der Armut leider Spitzenreiter!

„Die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie zuvor“: Klasse Meldungen! Bremen hat laut „Weser-Kurier“ ebenfalls ein Steuerplus: „Im Vergleich zu 2013 hat sich das Aufkommen um 142 Millionen Euro auf 2.565 Milliarden Euro erhöht... Das sind 49 Millionen mehr, als wir im Haushalt veranschlagt haben... Der Fiskus profitierte von der guten Beschäftigungslage und mehr Privatkonsum. Aber auch höhere Unternehmensgewinne schlugen sich positiv nieder.“ In dieser Aufzählung der Gründe fehlt die Auswirkung der Selbstanzeigen der Steuerbetrüger. Die Zahl der Selbstanzeigen hat sich im ersten Halbjahr 2013 in Bremen mehr als verdreifacht. Dies hat „Radio Bremen“ am 15. August 2014 gemeldet.

Auch bundesweit ist der Anstieg bereits im ersten Halbjahr gravierend. Die Selbstanzeigen haben außer der Nachzahlung auch die aktuelle Steuerehrlichkeit zur Folge und damit eine doppelte Wirkung. Bremen hat sich verpflichtet, alle Steuermehreinnahmen ausschließlich zur Schuldentilgung zu verwenden, trotz aller aktuellen Nöte und obwohl damit die Vorgaben zur Schuldenbremse übertroffen werden. Ist Bremen doch noch selbstbestimmt? War die Verpflichtung, alle Steuermehreinnahmen zur Schuldentilgung zu verwenden, nur ein „Schutzschild“ gegen die notwendigen Mehrausgaben im Sozialen, zum Beispiel bei den Kosten der Unterkunft (siehe 500. Bremer Montagsdemonstration)?

Was wäre, wenn Jean-Claude Juncker alle Sondervereinbarungen zur Steuervermeidung stornieren müsste? Würde sich das Volumen des Bundeshaushalts „nur“ verdoppeln? Auch in den anderen EU-Ländern wären die Einnahmen unerwartet hoch. Diese Steuervermeidungsvereinbarungen schädigen alle Bürger Europas! Wieso bleibt Juncker in diesem Amt? Wenn auch alle anderen Regierungen gezwungen werden, die Schlupflöcher zur Steuervermeidung zu schließen, wären die Demokratien gesichert. Die Nazis hätten europaweit keine Chance. Angeblich verstoßen diese Vergünstigungen für Konzerne nicht gegen geltendes Recht – gegen das Recht auf Gleichheit und Menschenwürde verstoßen sie allemal!

Das Finanzierungsmodell unter Einbeziehung privater Investoren verteuert jedes Projekt! Logisch, dass die Schuldenbremse in die Verfassungen gezwungen wurde. Warum haben die Politiker dies getan? „Die Linke“ hat sich dagegen gestellt. Die Politiker wollten die Schulden bremsen, erreicht wird genau das Gegenteil! Die Schulden werden verdeckt steigen: Die öffentliche Hand bestellt, der Investor baut, die öffentlich Hand mietet. Nur die Mietaufwendungen erscheinen im Haushalt. Die Verpflichtung über die gesamte Laufzeit der Anmietung wird nicht ausgewiesen.

Das ist eine Täuschung der Wähler. Firmen müssen inzwischen genau diese Verbindlichkeiten im Jahresabschluss ausweisen. Die Angabe der Belastung für die kommenden Jahre ist für Kreditgeber und Anleger interessant. Für das Haushaltsrecht ist diese Ergänzung überfällig! Karoline Linnert als Senatorin für Finanzen in Bremen konnte für den Klinikneubau noch selbst Kredit aufnehmen. Die Angebote der Investoren lagen bereits bei der Finanzierung über den tatsächlichen Kosten. Zusätzlich wollten alle privaten Interessenten eine Gewinngarantie der Freien Hansestadt, siehe 150., 186. und 282. Bremer Montagsdemonstration.

Zu meiner Aussage „Der Lissabonner Vertrag verpflichtet auch zum Verkauf der Häfen“ habe ich viele Dementis gehört: „Das geht gar nicht, das machen wir auf keinen Fall!“ In Griechenland standen die Häfen zum Verkauf durch die EU. Inzwischen wehrt sich die neue Regierung und erwartet mehr Entgegenkommen. Die EU hat bereits bei Spanien festgestellt, dass die Modellrechnung über die Auswirkung der Sparzwänge bereits vom Ansatz her falsch ist. Trotzdem wurden die Auflagen nicht abgemildert.

Auf der 490. Bremer Montagsdemonstration bin ich aus aktuellen Anlass auf die Zusammenarbeit mit Investoren eingegangen: „Die Abkürzung für die Beteiligung von Investoren heißt PPP. Der NDR hat über ‚Public-private-Partnership‘ eine Dokumentation gesendet, 45 Minuten Staunen und Grausen: ‚Der geplünderte Staat‘.“ Die Sendung wird vom NDR wie folgt angekündigt: „Viele Bauvorhaben lässt der Staat von privaten Investoren finanzieren. Doch oft werden sie dadurch nicht günstiger, sondern kosten Steuermilliarden. Niemand kontrolliert solche Projekte.“

Zum „Plusminus“-Beitrag „Die Schwarze Null mit Folgen“ vom 14. Januar 2015 schreibt die ARD: „Keine neuen Schulden im Bundeshaushalt, keine Steuererhöhungen. Weil Geld fehlt, will Wirtschaftsminister Gabriel künftig öffentliche Aufgaben verstärkt privat finanzieren lassen. Was bedeutet das für die Bürger?“

 

3. Warum hat uns Edward Snowden die Augen geöffnet? Auf der 504. Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion habe ich die Reportagen über die „Jagd auf Snowden“ und das „Schlachtfeld Internet“ vorgestellt. Das ZDF hat über die ersten Kontakte der Quelle (Edward Snowden) und die ersten Reaktionen eine Dokumentation erstellt. Ich bin auf diesen Beitrag gestoßen, weil er als beste Dokumentation vorgeschlagen wurde. Bereits mit dem Titel „Verschwörung gegen die Freiheit“ wird klar, dass wir und unsere Lebensumstände das Angriffsziel sind: „Die Dokumentation von Elmar Theveßen deckt das Ausmaß der Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten und den Branchenriesen der Telekommunikations- und Computerbranche auf.“

Der Bericht wird eingeleitet durch Befragung und das Aufzeigen der heutigen Datensammlung über jeden Menschen. Danach wird über eine internationale Konferenz in England berichtet. Ihr Ziel ist die Kontrolle der Menschheit. Aufgedeckt wird auch das Lügen von leitenden Mitarbeitern und Chefs der Konzerne und von der US-Regierung. Eines ist aufgrund der Nachfragen klar: Der Bericht trifft für die Gegenwart zu, die Datenströme wurden angezapft und zu 100 Prozent kopiert! Nach dieser Sachlage wird der erste Kontakt einer Quelle geschildert. Die Quelle warnt: „Wenn die USA dies merken, wird getötet!“

Es ist die Falschaussage des Chefs von Snowden zu hören. Er lügt, ohne rot zu werden. Viele Handlungen der Geheimdienste werden geschildert. Daten der Deutschen Telekom werden zur Drohnensteuerung genutzt. Das Volumen der weltweiten Daten ist für die Server der NSA kein Problem. „Facebook“ ist ein Segen für die Geheimdienste. Die NSA will die Täter vor der Tat entdecken. „Täter“ kann jeder, insbesondere jeder Unzufriedene sein! Die NSA schont nicht die eigenen Landsleute: Alles wird gespeichert und ausgewertet!

Der BND hat Unternehmen angeschrieben und die Daten von Mitarbeitern gefordert – ohne Verdacht, einfach so. Es wird aufgezeigt, wie lasch die richterliche Anordnung manchmal gehandhabt wird. Es wird bewiesen, dass US-Präsident Bush seine Wähler belogen hat. Gegner des Programms werden mit Drohungen erfolgreich mundtod gemacht.

Von dem, was Obama als Präsidentenkandidat versprach, hat er nichts gehalten! Obama hat die Überwachung durch die NSA noch ausgeweitet und verdichtet. Die Spezialfirma für Verschlüsselungen hat in den Schlüssel eine „Hintertür“ eingearbeitet, auf Druck der NSA und später des BND für die Lieferungen an bestimmte Regierungen. Es wird aufgezeigt, wie BND und NSA zusammenarbeiten. Politiker waren zu keinem Gespräch bereit, etwa wie Minister Friedrich seine Meinung geändert hat. Das „No-Spy-Abkommen“ ist gescheitert, es wurde fallen gelassen.

Die Manager der Telekom haben in diesem Beitrag nicht die Wirklichkeit erzählt: Alle Telefonanlagen in Deutschland, auch die der Telekom, haben einen „Hin­ter­ein­gang“: Wer den Zugangsode kennt, kann alle Gespräche mithören, alle Telefone zur Raumüberwachung aktivieren. Diese Aktivitäten werden auch in der Zentrale nicht sichtbar. Die „Wirtschaftswoche“ hat sich mit der Telekom beschäftigt und herausgefunden, dass die Telekom aktiv abgehört hat.

Die „Jagd auf Snowden“ und „Schlachtfeld Internet“ wurden von der ARD in der Reihe „Die Story im Ersten“ dokumentiert, siehe 504. Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion. Auch die anderen Beiträge zu diesem Thema sind lesenswert. Die Verantwortlichen müssten vor Scham im Boden versinken! Weiteres zum Thema Überwachung ist auf unseren Seiten zu lesen.

 

4. Für die Leistungsberechtigen ist Hartz IV die Geißel des Alltags: Armut per Gesetz! Hartz IV als Einkommen, und das Leben schrumpft aktuell und ist früher zu Ende. Wenn Ärzte sich treffen, besteht auch bei ihnen Einigkeit darüber. Jeder hat eine für die Patienten schlimme Geschichte im Ohr. Anwälte halten sich mit ihrer Meinung zurück: Berichtet wird über den Einzelfall. Ein Anwalt macht da eine Ausnahme und setzt sich schwerpunktmäßig für Behinderte ein, siehe 208. Bremer Montagsdemonstration: „Herr Kroll hat auch nach gewonnen Verfahren die Verantwortlichen scharf angegriffen. Dies wird ihm angekreidet. Er macht geltend, dass diese einzelnen Verfahren zwar gewonnen wurden, es aber insgesamt einen Handlungsstrang gibt, der nicht ausgehebelt wurde. Recht hat er!“

Dieser Handlungsstrang ist auch in den Jobcentern schmerzhaft spürbar. Leider fehlt bei den Sozialgerichten oftmals die Zeit, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und abzustreifen. Die Jobcenter habe ein „Aktivierungsprogramm“. Der „Kunde“ wird verbal demontiert: „Warum sind Sie hier? Was haben Sie falsch gemacht? Solange ich Ihr Ansprechpartner bin, machen Sie was ich sage, sonst...“ Hinzugefügt wird oftmals: „Ich bin jetzt Ihr Arbeitgeber!“ Wenn der „Kunde“ noch immer nicht spurt wird er grundlos angeschrien und „rund gemacht“. Wenn dies noch nicht den erwarteten Gehorsam bringt, beginn der „Kleinkrieg“ des Sachbearbeiters.

Anträge werden abgelehnt oder spät bearbeitet. Unterlagen kommen nicht an und werden mehrmals eingefordert. Immer neue Forderungen werden aufgestellt, stets mit Terminsetzung und Androhung von Leistungsentzug. Das Geld kommt nicht. Da ist komischerweise eine Sperre im Stammdatensatz: „Wird sofort erledigt!“ Die Nachfrage allein hat einen Tag gekostet, die Sachbearbeitung hatte erst kurz vor Feierabend Zeit. Dem Fallmanager sind auch Nebenbeschäftigungen bekannt. Termine werden gern auch in die Arbeitszeit der Nebenbeschäftigung gelegt. Wenn eine Arbeit aufgenommen wurde, wird gern die Zahlung des ALG II eingestellt, obwohl noch kein Lohn geflossen ist.

Die Vorlage der Lohnabrechnung wird mit Terminierung und Strafandrohung eingefordert, auch wenn der Arbeitgeber noch keine Lohnabrechnung erstellt hat und selbst wenn im Arbeitsvertrag für die Lohnzahlung ein späterer Termin steht, zum Beispiel der 15. des Folgemonats. Was soll der Mensch machen? Er hat Arbeit und braucht seine Energie dafür. Er hat kein Geld. So werden Arbeitsverhältnisse zerstört!

Mit der willkürlich unregelmäßigen Geldzahlung wurde der Ziehvater von Kevin zermürbt. Gerade Drogenabhängige braucht eine feste Struktur. Dazu gehört auch der pünktliche Zahlungseingang. Auf der Akte stand „Den sind wir los!“, nachzulesen im Untersuchungsbericht. Ein Fallmanager erhält das gleiche Lob für einen in Arbeit vermittelten Erwerbslosen wie für einen in die Verzweiflung oder Krankheit gejagten Erwerbslosen: Hauptsache raus aus der Statistik! Eine schlimme Aufzählung. Zum Glück gibt es auch vernünftige Sachbearbeiter, die gute Arbeit leisten, aus der Sicht der Erwerbslosen.

Wie gehe ich damit um? Einfach wegbleiben, die Termine nicht wahrnehmen? Nein! Das führt in eine Sackgasse: Innerhalb kürzester Zeit ist das Geld alle und der Leistungsanspruch zusammengestrichen! Also einfach hingehen und nach Möglichkeit jemanden mitnehmen. Die Begleitung darf nicht durch den Sachbearbeiter vom Gespräch ausgeschlossen werden und muss nichts von Hartz IV verstehen. Mit Begleitung kommen die „Aktivierungsausfälle“ nicht vor, denn es gibt einen Zeugen für das Gesagte. Die Gesprächsnotizen können nicht verfälscht oder dank der Begleitung richtiggestellt werden.

Einfach hingehen, aber nichts unterschreiben. Was zur Unterschrift vorgelegt wird, mitnehmen, lesen und mit einem Fachkundigen besprechen. Erst dann entscheiden, ob die Unterschritt geleistet oder verweigert wird. Das Schriftstück aber auch bei einer Unterschriftverweigerung zurückgeben, mit Vermerk „Unterschrift verweigert“. Eingliederungsvereinbarungen braucht niemand zu unterschreiben, sie können als Verwaltungsakt erlassen werden. Dagegen ist Widerspruch möglich. Er hat allerdings keine aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung kann im Widerspruch beantragt werden.

Notfalls kann die Hilfe des Gerichts per Eilverfahren beantragt werden. Wer sich in der Eingliederungsvereinbarung nicht „wiederfindet“, kann dies bei der Unterschriftverweigerung dazuschreiben. Es ist frustrierend, wenn gerade die vom Amt geförderte Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen wurde und per Eingliederungsvereinbarung gefordert wird, sich auf Lagerhilfstätigkeit zu bewerben. Diese Aufzählung ist unvollständig, weil der Erfindungsreichtum der Sachbearbeiter erheblich ist. Auf unseren Seiten steht Weiteres.

Wer mit Begleitung hingeht, dort nichts unterschreibt, sondern alles mitnimmt, vermeidet garantiert Ärger. Wer allein hingeht, nichts unterschreibt und alles mitnimmt, vermeidet etwa die Hälfte des Ärgers. Wichtig ist die richtige Einstellung: Beleidigen können mich nur meine Freunde. Der Mitarbeiter des Jobcenters ist nicht mein Freund. Er kann mich daher nicht beleidigen! Mit dieser Einstellung ist ein „Schreibtischrücken“ im Jobcenter überflüssig. Ein Zurückschreien verschiebt nur die Verantwortlichkeiten.

Die Entscheidungen des Jobcenters sind angreifbar. Die Sachbearbeiter entscheiden nicht nach dem Gesetz. Die Entscheidungen werden oftmals durch verdeckte Vorgaben geregelt. Ein Fallmanager erhält sein Lob nicht für die richtige Bearbeitung, sondern für das Erreichen des vorgegebenen Ziels. Noch Fragen? In Bremen gibt es ein gutes Netz von Beratungsstellen, und wir sind jeden Montag ab 17:30 Uhr in Bremens „guter Stube“. Wir haben ein Offenes Mikrofon – für Lob und Tadel, nicht für Nazis und nicht für Rassisten. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Protest gegen den Bundeswehrempfang im Rathaus

Die Bundeswehr hatte am 28. Januar 2015 wie jedes Jahr eingeladen, und zahlreiche Gäste – hohe Militärs aller Waffengattungen sowie jede Menge Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Geistlichkeit beider Konfessionen – fanden sich zum Bundeswehrempfang im Bremer Rathaus ein. Es ist bereits lange Zeit Tradition, dass die deutschen Streitkräfte jedes Jahr das Rathaus okkupieren, um prominenten Zeitgenossen wie dem Bremer Landeskommandanten Oberst Körbi oder dem Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber ein Forum zu geben.

Wieland von HodenbergEtwa 250 hochrangige Gäste lauschten laut „Weser-Kurier“ den Ansprachen. Auch der Bremer Innensenator Mäurer hatte gesprochen. Seine Anwesenheit unterstreicht die zunehmende und bedrohende Bedeutung der Bundeswehr im Innern. Da vollzieht sich eine wesentliche Militarisierung der Gesellschaft. Deswegen standen direkt am Eingang nicht zivile, sondern Militärpolizisten.

Bevor die Gäste allerdings das Rathaus betreten konnten, mussten sie an einer Mahnwache unter anderem des „Bremer Friedensforums“ vorbei, das ihnen Transparente mit den Aufschriften „Bundeswehr abschaffen“, „Ja zum Frieden, nein zur Nato“ und „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ entgegenhielt. Die Reaktionen in den Gesichtern und die Zurufe waren vielschichtig – sie reichten von halbherziger Zustimmung bis Ablehnung. Mehr war wohl kaum zu erwarten.

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“)

 

Der Krieg beginnt hier

Hallo Leute, hallo Bremen! Ich habe mal wieder im „Verfassungsschutzbericht“ Baden-Württemberg geschmökert, den ich immer in Berlin bestellt habe mit dem Hinweis, dass mich alle Publikationen über die Friedensbewegung interessieren. Irgendwann haben sie ihn mir nicht mehr geschickt – sie müssen wohl meinen Text gelesen haben. Jetzt ist er in unserer Provinzbücherei ausgelegt. Nun steht nicht nur die Friedensbewegung und das „Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung Karlsruhe“ drin, mit denen wir mit einigen aus der Karlsruher Montagsdemo und dem „Friedensbündnis“ vor der „Bewerbermesse“ mit der Bundeswehr als „Arbeitgeber“ am vergangenen Samstag die Aktion „Der Krieg beginnt hier“ durchgezogen haben.

Dabei standen bis zu fünf Figuren der mutmaßlichen NSU-Unterstützertruppe „Staatsschutz Abteilung 4“ lose herum. Die Polizei hat unsere Schablone einschließlich Sprühkreide geklaut und dann irgendwas von „Reinigungskosten“ gelabert. Dass man Sprühkreide mit dem Text „Der Krieg beginnt hier“ vor den zur Schau gestellten Panzern mit Wasser und Drahtbürste entfernen kann, darauf sind sie nicht gekommen, uns wollten sie daran sogar hindern. Anscheinend haben sie es auf „kriminelle Sachbeschädigung am Asphalt“ durch die Friedensbewegung angelegt.

Auch die Montagsdemo ist erwähnt, allerdings ohne ihre Ziele zu nennen. Die Stümperarbeit des baden-württembergischen Verfassungsschutzes ist uns ja durch die NSU-Affäre bekannt. Deshalb ist meine Idee, die Pf... darauf hinzuweisen, dass sie üblicherweise die Ziele und Erfolge der von ihnen beobachteten – und in diesem Fall nicht von ihnen gesponserten Gruppierungen – mit in den Bericht schreiben sollten. Redaktionsschluss für 2014 ist der kommende März. Da sollten viele „Hinweise der Bevölkerung“ eingegangen sein, denn abschreiben können sie anscheinend.

Also tun wir das! Nun eine eigentlich müßige Frage an Bremen: Kann ich eure Grundsätze dazu verwenden? Das ist das Beste, was ich auf die Schnelle kopieren konnte. Hier Kontaktadressen: info(at)verfassungsschutz-bw.de oder info(at)lfvbw.bwl.de. Das Innenministerium, die Grünen und die SPD in Baden-Württemberg kann ja jeder herausfinden. Mit freundlichem Grinsen!

Zuschrift von Michael Waldmann, Karlsbad
 
Wurzel allen Übels: Es lebte einst das Adelspack,
vollgefressen, fett und satt (Dian the Saint)

 

Gegen Rechts werden „Bunt“-Parolen nicht ausreichen

Jobst RoseliusAm letzten Montag fand hier auf dem Marktplatz die Kundgebung „Bremen ist bunt“ statt, die aber nicht den Wünschen vieler, die gekommen waren, entsprochen hat: eine viel zu dürftige Lautsprecheranlage, keine vernünftige Moderation und keine Zielsetzung. Obwohl als Werbung für Bürgermeister Böhrnsen, SPD und Grüne gedacht, enttäuschte sie die Menschen. Es zeigt, dass außer „alles ruhig halten“ die großen bürgerlichen Parteien nichts, aber auch gar nichts zu bieten haben. Von der Montagsdemo haben wir am Ende versucht, noch mit unserem Beitrag und der Einladung zur Demonstration am 31. Januar ein anderes Zeichen zu setzen und die wirkliche Funktion von Pegida und AfD darzustellen: dass eben bis in die Staatsorgane hinein die reaktionären und faschistischen Element unterstützt und gepuscht werden, weil das Finanzkapital sie zur Niederhaltung von Kämpfen der Arbeiter und Volksmassen braucht und in Reserve haben will. Das war richtig und hat auch bei den Zuhörern positive Resonanz gebracht.

Die große Demonstration am letzten Sonnabend mit fünf- bis zehntausend Teilnehmern war vom „Weser-Kurier“, von Böhrnsen et cetera gleich in die links­ra­di­ka­le Ecke gestellt worden, mit der man sich nicht abgeben wolle. Die De­monst­ra­tion, die in wirklicher großer Breite, die ganze Straße von der einen Seite bis zur anderen füllend, stattfand, war mit Musik und verschiedenen Redebeiträgen unterwegs eine kämpferische Aktion. Die Polizei, die außer mit ihren Bussen hinterher und ihrem Sperrriegel vor dem Kongresszentrum kaum weiter in Erscheinung trat, hatte den Verkehr sehr weiträumig umgeleitet, sodass uns die Straße gehörte. Der AfD-Parteitag ist nun vorbei – das Ergebnis kann jeder woanders nachlesen.

„Pegida“ hat sich selbst entlarvt und macht Pause in Dres­den und an­ders­wo, aber Ruhe wird nicht einkehren. Gegen Rechts werden „Bunt“-Parolen nicht ausreichen. Da müssen wir zusammen noch mehr aufbauen – und auch den Sieg der Kurden in Kobanê darstellen. Der Syriza-Sieg in Griechenland bringt große For­de­run­gen mit sich und hat breite Unterstützer. In Madrid haben Zehntausende gegen dieselbe Sparpolitik demonstriert wie in Griechenland. In Spanien sind im Herbst Wahlen, die neue Linkspartei Podemos liegt in Führung. Die Massen haben die Sparpolitik satt, die ständig ihr Leben ruiniert. Unterstützen wir die Kräfte, die mit der menschenverachtenden Sparpolitik Schluss machen wollen, auch bei uns!

Die Unternehmer jammern, dass sie keinen qualifizierten Nachwuchs fänden. Ja, und warum ist das so? Sie wollen nicht in die Jugend investieren! Die Ausbildungsplätze werden massiv abgebaut, und man hofft auf billige Arbeitszuwanderer aus Südosteuropa. Das wird nicht funktionieren. Die Jugend braucht Zukunft! Dazu muss man aber erst mal die Jugend gewinnen mit einer richtigen, an den Wünschen der Menschen orientierten Politik. Die Jugend und die Älteren wollen keine zerstörte Welt, die in der Barbarei endet, sondern eine lebenswerte Zukunft. Das kann ihnen das Finanzkapital aber mit seiner verbrecherischen Profitpolitik nicht bieten. Darum wird die Auseinandersetzung in den nächsten Jahren gehen. Wir müssen die Scharfmacher der Weltzerstörung überall angreifen. Es kann nicht angehen, dass ein Prozent der Weltbevölkerung 90 Prozent aller Werte besitzt und 99 Prozent nur um die zehn Prozent. Ehe das nicht geändert ist, wird es keinen Frieden auf der Welt geben!

Jobst Roselius
 
Zirkelschluss und Trickserei: Der Hartz-IV-Regelsatz ist um mindestens 45 Euro zu niedrig („Frankfurter Allgemeine Zeitung“)

 

Woher die heiligen Kriege kommen

Helmut MinkusIn den letzten Wochen haben wir in allen Medien sehr viel gehört von Demonstrationen gegen IS-Ter­ror und gegen Islamfeindlichkeit, von „Pegida“ und Anti-„Pegida“; eine Staatsanwaltschaft prüft, gegen den Pastor der Bremer Martinikirche strafrechtliche Schritte wegen Volksverhetzung einzuleiten; ein neues Buch von Bruno Schirra ist erschienen: „Der globale Dschihad: Wie der ‚Islamische Staat‘ den Terror nach Europa trägt“. Überall gibt es viele weise Informationen und Erklärungsversuche. Es wird darüber diskutiert, ob der Islam „zu Deutschland gehört“ oder nicht, und es werden Fragen gestellt, ob wir „Angst haben müssen“, wie „gefährlich“ der Islam sei: „Dürfen“ im Namen Gottes „Ungläubige“ ermordet werden?

Das haben die Kreuzritter und die christlichen Religionen im Mittelalter auch schon getan, im Auftrag der heiligen Inquisition: Andersdenkende hingerichtet und Kriege gegen Andersgläubige geführt. Das ist nach meinen Beobachtungen noch lange nicht vorbei. Es ist nur in großen Teilen nicht mehr so offensichtlich. Ein kluger Leserbrief kennt eine mögliche Erklärung: Der Koran seivoller Tö­tungs­be­feh­le“, wird gesagt und als ein Beispiel Sure 47 Vers 4 angeben. Sie findet sich im allwissenden Internet tatsächlich in der Übersetzung: „Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt; dann schnüret die Bande. Und dann entweder Gnade hernach oder Loskauf, bis der Krieg seine Lasten niedergelegt hat“.

Damit soll scheinbar einfach bewiesen sein, dass sich die IS-Terroristen und die Pariser Mörder auf den Koran beziehen. Doch so einfach geht das nicht, denn es gibt noch andere Übersetzungen, wo es heißt: „Wenn ihr auf diejenigen, die ungläubig sind, im Kampf trefft, dann schlagt ihnen auf die Nacken. Wenn ihr sie schließlich schwer niedergeschlagen habt, dann legt ihnen die Fesseln an. Danach lasst sie als Wohltat frei oder gegen Lösegeld, bis der Krieg seine Lasten ablegt.“ Es gibt also wie auch bei der Bibel verschiedene Übersetzungen, die manchmal den gleichen Sinn ergeben, manchmal einen anderen. Warum ist das so?

Das hängt vom Übersetzer ab – doch weniger von seinen Sprachkenntnissen als vielmehr vom Zweck seiner Übersetzung beziehungsweise von den Absichten seines Auftraggebers: Will er damit Volksverhetzung anrichten und Kämpfer gewinnen, die sich für seine Geisteskrankheit, seine Macht oder Geldgier zu „Märtyrern“ machen lassen, die sich Bomben umbinden und „im Namen Gottes“ damit andere in den Tod und sich selbst ins „Paradies“ jagen? So gehe ich davon aus, dass der ehrliche Islam-Gläubige eine „richtige“, „menschenfreundliche Koranübersetzung hat.

Dann wird es wohl so sein, dass es auch eine „Terrorversion“ vom Koran gibt, für die Killer des IS. Sie können sich dann tatsächlich auf ein in ihre Sprache übersetztes „Heiliges Buch“ beziehen. Einen Boko-Haram-Koran, einen Al-Kaida-Koran, einen Al-Shaba-Koran und so weiter. Ein weiteres, sehr bekanntes Buch, noch nicht so alt wie Koran und Bibel, in deutscher Sprache, bei dem es also für seine Benutzer keine Übersetzungsprobleme gab, heißt „Mein Kampf“ von einem Adolf Hitler. Das haben damals entweder zu wenige Leute gelesen oder nicht richtig verstanden oder nicht ernst genommen.

Was bedeutet das ganze vorher Gesagte? Ich folgere daraus: Im Prinzip ist es egal, was irgendwer schreibt und wer was liest. Das Wichtigste ist, wie wir es lesen und was wir selbst daraus machen. Das allein liegt in unserer eigenen Verantwortung. Nur der Mensch selbst schreibt dummes Zeug, nur er redet dummes Zeug. Nur der Mensch selbst produziert Hetze, Kriege und Hass. Nicht Religionen sind Ursache davon und auch nicht ein Prophet oder gar das „Wort Gottes“, sondern nur der Mensch allein. Jeder Einzelne für sich selbst.

Helmut Minkus (parteilos)
 
Die Gewaltaufrufe stehen tatsächlich im Koran: Und sie werden von Islamisten wortwörtlich als zeitlos-global gültige Handlungsanweisung aufgefasst („Focus“)

 

Für 97,9 Prozent der Hartz-IV-Beziehenden gibt es keine Arbeit

Elisabeth Graf1. Eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit bestätigt, was wir alle schon lange wissen: Auch im vergangenen Jahr änderte sich nichts an den super-schlechten Jobaussichten von Hartz IV-Beziehern. Selbst für den klitzekleinen Kleckerhaufen von 2,1 Prozent, die von September 2013 bis September 2014 Arbeit fanden, bedeutete dies noch lange nicht automatisch das Ende der Hilfsbedürftigkeit vom Amt. Lediglich 94.000 von insgesamt 4,4 Millionen erwerbsfähigen Hartz-IV-Beziehern fanden eine Arbeitsstelle oder einen Ausbildungsplatz oder machten sich selbständig. Nur 1,8 Prozent aller erwerbsfähigen Hartz IV-Bezieher konnten ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ergattern. Nur die Hälfte von ihnen war auch an den Stichtagen nach drei, sechs und zwölf Monaten noch beschäftigt.

Neben den vermutlich noch aufgehübschten Zahlen gibt die Statistik der Bundesagentur allerdings nicht her, ob das Arbeitsverhältnis während des gesamten Zeitraums bestand oder von Erwerbslosigkeit unterbrochen wurde. Nach diesen Zahlen gab es also für 97,9 Prozent oder 4,39 Millionen Erwerbslose keine Arbeit. Von den hoffentlich glücklichen „Besitzern“ eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatzes konnte lediglich ein Drittel seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft überwinden. Vergessen wir nicht, dass über die Hälfte der Menschen im Hartz-IV-Bezug per Definition nicht als erwerbslos gelten, weil sie zum Beispiel eine geringfügige Beschäftigung ausüben, aufstockend Hartz IV beziehen oder eine „Integrationsmaßnahme“ absolvieren. Ein Schelm, wer „Böses“ dabei denkt und etwa von Euphemismus zu sprechen anheben wollte!

 

2. In Deutschland „leben“ mehr als drei Millionen Erwerbstätige unterhalb der Armutsschwelle, das heißt, dass sie trotz Arbeit kaum über die Runden kommen können. Ende 2013 bezogen rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle, bereits ein Viertel mehr als 2008. Ich finde die Unterscheidung zwischen „nur armutsgefährdet“ und „richtig arm“ ausgesprochen überflüssig und beschönigend. Wer von Transferleistungen zu überleben versucht, ist wahrlich bitterarm und nicht bloß armutsgefährdet, weil es hinten und vorn gar nicht reichen kann und am Ende des Geldes immer noch ganz viel Monat übrig ist!

In Zahlen ausgedrückt bedeutet Armutsgefährdung, mit 60 Prozent des mittleren Einkommens auskommen zu müssen. 2013 lag es in Deutschland bei 979 Euro netto im Monat. Die glatten Armutsschwellen bei 50 oder 60 Prozent erwecken auch den Anschein mathematischer Willkür, weil die relativen Maße keinen echten Hinweis darauf geben, ob die entsprechenden Geldbeträge für ein Konsumniveau ohne Not ausreichen und auf Höhe des verallgemeinerten Mindeststandards sind, der eine wirkliche Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht.

Wenn 379.000 der armutsgefährdeten Erwerbstätigen im Jahr 2013 ihre Miete nicht rechtzeitig bezahlen konnten, 417.000 auf angemessenes Heizen verzichteten, 538.000 beim Essen sparten, indem sie nur jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich nahmen, für rund jeden zweiten Betroffenen schon ein einwöchiger Urlaub im Jahr nicht bezahlbar war und fast 600.000 Betroffene sich kein eigenes Auto leisten können, dann kann doch mit gesundem Menschenverstand nur noch von Armut gesprochen werden und nicht „nur“ von mathematisch konstruierter Gefährdung! Die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Ulrike Mascher, sagte, dass die Zahl der Erwerbstätigen, die mit ihrem Einkommen knapp unter oder geringfügig über den staatlichen Hartz- IV-Leistungen liegen, erschreckend hoch sei. Für viele dieser Haushalte sei offenkundig das Wohngeld unzureichend, um einigermaßen über die Runden zu kommen. Beschämend, in diesem eigentlich so reichen Land!

 

3. Die Frage, ob es sich von Hartz IV eigentlich leben lasse, wurde von einigen Medien schon öfters gestellt. Dann schickten sie einen Journalisten in „Armut auf Zeit“ und glaubten so, einordnen zu können, was Armut wirklich bedeutete. Bisher las ich noch nirgendwo so einen die temporären Armutszeugnisse derart in Frage stellenden Artikel wie hier im „Neuen Deutschland“: „Das Armutszeugnis mit dem Armutszeugnis“. Nun war das „Handelsblatt“ mit einem Selbstversuch in Hartz IV dran und kam zu der sagenhaften Erkenntnis, dass „niemand verhungern“ müsse. Wenn sich ein Journalist temporär mal freiwillig über den kurzen Zeitraum von zwei Monaten – eben nur quasi, aber nicht „in echt“ – in Selbstversuchen auf kärglichem Hartz-IV-Niveau sachverständig zu machen suchte, so sei dies nicht im Ansatz mit echter Armut, pardon: natürlich nur Armutsgefährdung, vergleichbar.

Hartz IV heiße viel mehr, als sich nicht gesund und lecker von frisch zubereiteten Gemüse vom Markt verköstigen zu können, echtes Vollkornbrot zu essen, nicht das mit Rübensirup oder Malz gefärbte, dass ein Kinobesuch, mal Freunde zu Hause mit Kaffee und Kuchen bewirten, neue Schuhe, Medikamente, wenn sie benötigt werden und vieles mehr einfach nicht drin sind, und zwar nicht bloß mal für zwei Monate nicht: „Leider muss man sagen, dass man Armut so nicht begreifen kann. Zeitlich begrenzte Mittelknappheit hat mit Armut ungefähr so viel zu tun wie die Einführung des Mindestlohns mit einem Lottogewinn. Armut ist ein langfristiges Phänomen, und es ist eines ohne Netz und doppelten Boden.“

Im Gegensatz zu jedem Hartz-IV-Bezieher gebe es die Gewissheit, dass die Zeit des Darbens, des Ausgeschlossenseins mit Sicherheit in Kürze vorbei sei, und dass er glücklicherweise früher oder später wieder in das Leben zurückkehre, aus dem er gekommen sei. Hartz-IV-Bezieher hätten oft jede Hoffnung verloren, dass es irgendwann noch mal besser werden könnte. Genau an dieser Stelle beginne das schleichende Gift der Armut zu wirken, das sich halt nicht mal eben simulieren lässt. Den Fatalismus als ganz besondere Ebene der Armut lasse sich nicht wie ein Feldversuch inszenieren. Es betreffe eben nicht nur die materielle Seite, denn die Realität in Armut führe durch die miese Ernährung oft zu einem schlechten Gesundheitszustand, die Abschaffung des Autos zu einem Verlust der Mobilität.

Keine Mittel zu haben, wirke sich erst nach und nach aus. Diese Aspekte der Armut seien Prozesse, die niemand erlebnishungrig im scheinbaren Selbstversuch erleben könne, die sich aber automatisch einleiteten, wenn der Mangel ein Dauerzustand ohne Notausgang werde. Ich stimme diesem Artikel aus ganzer Seele zu, denn ich habe nicht vergessen, wie deprimierend und aussichtslos diese Hartz-IV-Armut sich oft anfühlte. Ich hatte das Glück, dass ich nie sanktioniert wurde. Der Autor beschreibt hier jedoch leider nicht, wie sich die Verfolgungsbetreuung, die oft abwertende Behandlung durch viele Fallmanager aus den Arbeitsagenturen und Jobcenter, auf die Psyche und die Gesundheit der Betroffenen auswirkt.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
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