203. Bremer Montagsdemo
am 20. 10. 2008  I◄◄  ►►I

 

Wo bleibt die Offenbarung
der Vermögen?

Udo RiedelSind die Politiker jetzt endlich aufgewacht? Wenn man ihnen in den Talkshows glauben kann, dann schon. Wie lauten doch jetzt ihre Forderungen? „Wir müssen mehr gegen die ungerechten Ansprüche der Wirtschaft unternehmen, die Banken an die Kette legen, die Managergehälter begrenzen, die Ethik in der Wirtschaft wiederherstellen, mehr soziale Verantwortung verlangen!“

Wo bleibt nun die Bestrafung der Verantwortli­chen, die uns alle fast in den Ruin gestürzt hätten? Die so viele Arbeitslose wie noch nie geschaffen haben, deren Auskommen die Allgemeinheit schultern muss? Die sich immer mehr um die Verantwortung drücken? Die dafür gesorgt haben, dass ein großer Teil unserer Mitmenschen unter den Hartz-Gesetzen leiden muss und höchstwahrscheinlich nie wieder richtig auf die Beine kommt? Die uns mit Absicht verarmen? Von wegen faire Löhne! Wo bleibt bei denen die Offenbarung der Vermögen? Auch das gehört zur Gerechtigkeit, ich als Bürger erwarte darauf eine Antwort!

Endlich wird auch von einem Teil der Politiker laut gesagt, dass der soziale Frieden gefährdet ist. Wir von der Montagsdemo sagen das schon seit Jahren! Hoffentlich sind das nun nicht nur Lippenbekenntnisse, nein, Handeln ist jetzt angesagt! Hier habt ihr auch gleich noch einen Grund dazu. Man stelle sich nur mal vor: Die Bayern-LB hat jetzt tatsächlich noch mehr Finanzbedarf als die bisher zugegebenen Schulden. Das bedeutet dann wohl auch, die Herrschaften haben uns wieder belogen!

Da gibt es doch nur eins, diese Leute dürfen nie wieder einen Posten haben, wo sie in Verantwortung für uns Bürger stehen! Sie gehören sofort auf Hartz IV gesetzt und müssen für ihr unverantwortliches Handeln die Konsequenzen tragen! Von wegen goldener Handschlag und schöner Ruhestand, nein, das wollen wir Bürger nicht! Wir wollen eine Gesellschaft, in der es gerecht zugeht. Da weisen die aktuellen Forderungen der Politik endlich auch den richtigen Weg. Wie haben sie doch immer gesagt: fördern und fordern! Nun haltet Wort, ihr Politiker, und fordert auch! Falls nicht, werden wir von der Montagsdemo euch daran erinnern! Gerechtigkeit ist ein Ausdruck und ein Muss für die Demokratie!

Udo Riedel (parteilos)

 

„Die Geschichte wiederholt sich,
und jedes Mal kostet es mehr“

Gudrun BinderKurios, dass dieser Satz ausgerechnet von einem Isländer ausgesprochen wurde – von Halldór Lax­ness (1902 bis 1998), Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger –, als könne er in die Zukunft sehen. Bis heute hatte ich keine Ahnung, wie schnell und über alle Parteiquerelen hinweg das politische Personal arbeiten kann, wenn es will. Ich bin überwältigt und kann nur sagen: Na bitte, es geht doch! Zwar war ich schon immer der Meinung, dass bei der Höhe des Einkommens der Regierungsangestellten mehr geleistet werden muss, aber es kam leider nicht viel Brauchbares heraus, wenn das politische Personal aktiv wurde.

Nachdem nun klar ist, dass Frau Merkel und der hilflose Herr Steinbrück ihre Maßnahmen zum Wohle der Sparerinnen und Sparer getroffen haben, und zwar im Schweinsgalopp – obwohl doch gerade diese kleinen Spareinlagen nicht ernstlich in Not waren –, gehe ich nun ganz unbekümmert davon aus, dass sich von jetzt an das Arbeitstempo bei anderen dringenden Veränderungen erheblich beschleunigen lässt und auch wird. Oder?

Im Zeitraffer konnten wir erleben, wie eine Einigung erzielt wurde, zu der sonst Monate beziehungsweise Jahre benötigt werden. Es gab kein „zähes Ringen“ um Positionen; alle waren so sehr einer Meinung, dass es schon wehtat. Gesetzesänderungen sind innerhalb einer Woche möglich, frau glaubt es kaum! Doch die fälschlich als „notleidend“ titulierten Banken befinden sich in keiner Krise: Es handelt sich um eine selbst verursachte schlimme Situation, entstanden durch rücksichtsloses Verhalten von angeblichen Fachleuten, bedingt durch eine unbändige Gier nach Vermögen und Geld.

Das gesamte politische Personal ist sich also einig, dass diese Misswirtschaft, skrupellose Raffgier und Vernachlässigung der Verantwortung gegenüber der Allgemeinheit dringend unterstützt werden muss – mit Geld, das der Staat bis heute nicht hat, denn sonst hätten doch alle wichtigen sozialen Aufgaben schon längst erfüllt sein können und müssen! Nun geht die freche Lügerei weiter, dass es sich um „Garantien“ handelt, die nicht benötigt werden. Ich denke, das glaubt inzwischen niemand mehr! Früher waren Banken seriöse Unternehmen, zu denen die Kunden Vertrauen hatten. Sogenannte Manager haben diesen Ruf schon lange ruiniert – und dann lebt es sich bekanntlich ungeniert! Danach wurde in diesem einmaligen Fall auch rücksichtslos vorgegangen.

Nur ist die augenblickliche Situation im Lissabonner Vertrag nicht vorgesehen und nicht durchgespielt worden. Deshalb die Hektik, die penetrante Lügerei. Darum das verkrampfte und unnatürlich schnelle Handeln des derzeitigen politischen Personals, bei dem darauf geachtet wird, dass die Millionäre und Milliardäre ihr Geld unbedingt behalten, weil sich sonst die festgelegten europäischen Verarmungs- und Militärstrategien nicht so einfach durchziehen lassen! Die Regierungen benötigen die europaweit immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, um den Vertrag vereinbarungsgemäß rücksichtslos durchdrücken zu können.

Ich will nun eine absolute Transparenz der Höhe der abgerufenen „Garantieleistungen“ beziehungsweise „Bürgschaften“ haben, die laut Meinung des uninformierten Herrn Steinbrück gar nicht in Anspruch genommen werden müssen! Wenn die Banken mit meinem Geld „gerettet“ werden müssen, will ich wissen, welches Bankinstitut noch mein Vertrauen verdient. Unsere Aufgabe und die der Bevölkerungen der anderen europäischen Länder ist es, uns dagegen zu wehren und nicht aufzuhören, dem politischen Personal kräftig auf die schmutzigen Finger zu gucken, und auch in Massen gegen diese stümperhafte Politik zu demonst­rieren! Dem Druck der Straße sind die Regierungen nicht gewachsen, wenn wir uns alle einig sind in unseren Forderungen. Keiner hat das Recht zu gehorchen!

Gudrun Binder (parteilos)

 

Hoffentlich sind
keine Unruhen nötig

1. „Ausbildungsplätze sind im Überfluss vorhanden“, so steht es in der Zeitung („Weser Kurier vom 14. Oktober 2008). So wird es von der Bundesagentur für Arbeit, den Handelskammern und Industrieverbänden verbreitet. Warum hat die Bundesagentur für Arbeit dann ein zusätzliches Ausbildungsplatzbeschaffungsprogramm aufgelegt? Wer jetzt Ausbildungsplätze mit Jugendlichen mit Vermittlungshemmnissen besetzt, bekommt dafür eine Prämie, siehe vorherige Bremer Montagsdemos.

Am Samstag bin ich mit der Bahn gefahren. Es war eine Gruppe von vier jungen Männern unterwegs: ein „frischer“ Bundeswehrsoldat, zwei Platzwarte und einer „auf der Suche“. Sie haben sich über ihren Alltag unterhalten. Ausbildungsstellen? Fehlanzeige! Bundeswehr oder Platzwart war die Alternative. Die GEW hat es auf den Punkt gebracht: Es gibt keinen Grund zum Jubeln! Circa 400.000 junge Menschen befinden sich in „Warteschleifen“ oder „Übergangsmaßnahmen“. Die „Zwischengeparkten“ empfinden eine solche Meldung als persönliche Beleidigung.

Alle Jahre wieder werden solche „Wunschgedanken“ als Erfolgsmeldungen über die Medien verbreitet. Bei der „Nacht der Jugend“ haben Schüler vor einiger Zeit nachgewiesen, dass diese Meldungen falsch sind. Wer unter „GEW“ und „Warteschleifen“ im Netz sucht, findet das gesamte Dilemma über mehrere Jahre! Nur so ist die Aktion der Bundesagentur zu verstehen.

 

Hans-Dieter Binder2. 500 Milliarden Euro können verteilt werden. Die Banken möchten nicht erkannt werden: Gemeinsam, über den Bankenverband abgeschirmt, sollen diese Milliarden aufgeteilt werden. Ist der Steuerzahler nur der Goldesel? Diese Rechnung wird nicht aufgehen! Die Einflusswünsche der Bundesregierung werden abgeblockt. Wie will das auch ein Finanzminister durchsetzen, der selbst die Vergütung von 400.000 auf 800.000 Euro erhöht hat, so beim Personalwechsel der KfW? Der an einem Freitag sinngemäß sagt, die Politik müsse handeln, auch wenn sie nicht alle Einzelheiten kennt, am folgenden Sonntag dann aber, die Politik könne erst handeln, wenn alle Einzelheiten bekannt sind?

Das Versteckspiel der Banken wird durch die Änderung der Bilanzierungs­vorschriften ermöglicht. Die 500 Milliarden Euro sind für deutsche Banken, allerdings sind Töchter ausländischer Institute ebenfalls deutsche Banken. Ist das eine Abgrenzung oder ein Fass ohne Boden? Lehman-Papiere waren ein Verkaufsschlager von der Citibank bis zur Frankfurter Sparkasse. Arno Gottschalk von der „Verbraucherzentrale Bremen“ ist da voll im Thema: Er hat herausgearbeitet, dass die Bewertungen für das Bankhaus Lehman im Risikobarometer bereits im Januar 2008 gesunken waren. Falls der Sparerschutz nicht für diese Anlagen greift, so besteht die Überlegung, Schadenersatz einzufordern, so der „Weser-Kurier“ vom 16. Oktober 2008.

Die Schweiz stützt die UBS mit sechs Milliarden Franken (3,9 Milliarden Euro) frischem Geld und hat für 62 Milliarden Franken faule Wertpapiere von ihr übernommen. Die EZB verleiht weiterhin Geld unter vereinfachten Bedingungen und folglich mit erhöhtem Risiko. Das Anfangslimit von 260 Milliarden Euro wird bei Weitem überschritten. Ab sofort hält die EZB Dollars ohne Limit bereit. 600 Banken nutzen dieses Angebot. Die Steuerzahler der EU haften für das Ausfallrisiko. Diese Finanzierungsmöglichkeit läuft laut „Weser-Kurier“ vom Vortag neben den 500 Milliarden, zusätzlich!

Wie fühlen sich die Banker? Weltweit wird das Verlustrisiko auf die Steuerzahler verlagert. Was machen die Banker? Herr Ackermann verzichtet auf seinen Jahresbonus. Ein Wettbewerber kommentierte: Verzichten kann man nur, wenn ein Anspruch besteht. Zu seinem eigenen Bonianspruch mochte dieser Mensch nichts sagen. Ich finde, Herr Ackermann hat einen Schritt in die richtige Richtung getan. Die anderen sollten folgen, freiwillig oder zwangsweise!

Und anderswo? „Manager streichen 70 Milliarden Euro ein“, meldet der „We­ser-Kurier“ am 19. Oktober 2008. Trotz des Finanzchaos an der Wall Street streichen die Banker milliardenschwere Bonibezüge ein. Allein die Bezüge der Mitarbeiter der sechs größten Banken summieren sich für in diesem Jahr geleistete Arbeit auf 70 Milliarden Dollar (50 Milliarden Euro). Inzwischen ist das auch bei der „Frankfurter Rundschau“ nachlesbar. Wer wissen will, wie ziellos die EZB reagiert, kann die Tagesmeldungen im Netz miteinander vergleichen. Diese „Fachleute“ sollen es nun richten!

 

3. Frankreichs Präsident fördert ein Unterstützungsprogramm für die Autoindustrie: Die Autos sollen umweltfreundlicher werden. Ein guter Vorsatz seit über 20 Jahren! Doch der Grund scheint mir die Schieflage der Peugeot-Autobauer zu sein. Deutschland ist nicht abgeneigt. Dabei haben die Konzerne in Deutschland gerade die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozent „verfrühstückt“. Diese „Unternehmenssteuerreform“, sprich: Steuersenkung für Konzerne wird den Haushalt noch darüber hinaus belasten. Die nachgeschobene Forderung „Mehr netto fürs Brutto“ zielt auf die Handlungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme. Die Personalkosten der Unternehmen werden „nebenbei“ auch gesenkt, ebenso wie die Bruttolohnforderungen. –

Der Anteil der Länder beträgt 7,7 Milliarden Euro, nur auf die 500 Milliarden gerechnet. Hinzu kommt das Risiko aus dem Geschäftsgebaren der EZB. Was ist mit den Kosten der bisherigen Rettungsaktionen? Ein wesentlicher Teil der Verluste wurde verschleiert beziehungsweise hinausgezögert. Wie wird sich dieses zusätzliche Risiko auf die Kreditwürdigkeit Bremens auswirken? Werden die Banken die Zinsen für die Kredite an die Hansestadt erhöhen, wie bereits angekündigt? Bremen hat bisher, vor dieser Neuverschuldung, 15 Milliarden und 80 Millionen zugegebene Schulden. Einen Zuschuss von 465 Millionen Euro jährlich von 2009 bis 2019, somit für zehn Jahre, haben die bisherigen Verhandlungen ergeben. Dies reicht nicht! –

Bremen hat die Leistungen in allen Bereichen zurückgefahren? Nein, die Gehaltserhöhung für Senatoren ab 1. November 2008 bleibt unangetastet! Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, aber von großer Symbolkraft. Bremen soll von Bundesgesetzen abweichend Steuererhöhungen oder Leistungskürzungen für die Bremer Bürger vornehmen. Der Bund will dies notfalls durch Zahlungsverweigerung erzwingen. Die Gespräche zu diesen Vorschlägen sind vertagt worden. Dies kann nicht ohne Unruhen durchgesetzt werden! Dies ist jedem klar. Daher der Einsatz der Bundeswehr im Inneren? Gerade die Bankenkrise zeigt, dass es anders geht! Der Vorschlag von Attac muss auf die Überschuldung der Länder ausgeweitet werden. Das Grundgesetz, das annähernd gleiche Lebens- oder Rahmenbedingungen in Deutschland garantiert, soll zulasten der Bürger(innen) in Haushaltsnotlageländern abgeändert und aufgeweicht werden! Hoffentlich sind keine Unruhen nötig, um das politische Personal zur Vernunft zu bringen! Es geht auch anders zu regeln. Wir fahren am 8. 11.2008 zur Großdemonstration nach Berlin! Leider fällt der nächste Castortransport auf den gleichen Tag. –

 

4. Ex-Staatsrat Hoffmann kann eventuell mit einem Bußgeld davonkommen, so der „Weser-Kurier“ vom 15. Oktober 2008. Bremen zahlt für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen keine auskömmlichen Löhne und Gehälter: Über 50 Prozent aller Beschäftigten haben Anträge auf ergänzendes ALG II gestellt. Ein weiterer großer Anteil sollte dies umgehend nachholen. Ein Hinweis der Bagis erfolgt nicht, obwohl der Sachverhalt bekannt ist. Bei 1.200 Euro Bruttoeinkommen hat fast jede(r) Alleinstehende Anspruch auf ergänzendes ALG II. Bremen hat den Bruttoverdienst jedoch auf 1.000 Euro gesenkt. –

Die Weichen sind gestellt: Ab 2010 können Krankenkassen pleitegehen. Der Gesundheitsfonds wirkt entsprechend. Die Reduzierung der Krankenkassenbeiträge für ALG-II-Bezieher wirkt nach. Das Klinikum Mitte will oder soll den Vertrag des Geschäftsführers aufheben. Dies hört sich erneut nach viel Geld an. Aber wer einen Herrn Hansen holt, muss eigentlich wissen, dass so einer keinen qualifizierten Mitarbeiter duldet: Der könnte ihm ja die Führung streitig machen. Frau Rosenkötter hat kein glückliches Händchen für Personal! Haben wir zu viele Kliniken? Besteht ein Überangebot bei der Versorgung? Auf der Demo des SoVD sagte Herr Bothe, dass er mit seiner Frau zur Notaufnahme ins Krankenhaus gefahren ist. Sie hatte eine Platzwunde am Kopf. Es dauerte fünf Stunden, bis sie dran waren, plus Anfahrt, für eine Erstversorgung! „Die Linke“ lädt am Mittwoch, dem 21. Oktober 2008, um 13 Uhr in die Bremer Bürgerschaft. Das Thema lautet: „Sind die Krankenhäuser noch zu retten?“ Ergänzend könnte es heißen: Ist Frau Rosenkötter noch zu retten? –

Die SPD ist wieder rückfällig geworden: Schröder durfte auferstehen, und seine Lehrlinge sollen es nun richten. Ob sie Schröder damals beim Abschreiben geholfen haben? Auch darüber steht viel auf unserer Homepage. Herrn Müntefering wird eventuell noch etwas einfallen, das die SPD fordern kann, aber nicht vorher selbst abgeschafft hat. Bis Montag! –

Im Schatten der Finanzkrise werden die Grenzen der EU noch weiter abgeschottet. „Frontex“ erhält noch mehr Befugnisse, die Asylbewerber haben es noch schwerer bei uns. Lebensmittel sind durch die EU-weite Schadstoffanpassung zum Vergiften geeignet. Vor einiger Zeit wurden die Belastungsgrenzen für Fisch EU-weit angepasst, mit der Folge, dass der Genuss von Fisch gesundheitliche Schäden hinterlassen kann. Jetzt wurden die Belastungsgrenzen für Obst EU-weit angepasst. Wieder sind die Verbraucher in Deutschland die Verlierer. Gleichzeitig läuft EU-weit eine Werbekampagne, um Schulkinder für Obst zu begeistern. Doch jetzt kann der zweite Apfel oder die sechste Weintraube bereits schädlich sein! Die EU erwägt, die Rechte der Verbraucher EU-weit anzupassen. Frau Zypries befürchtet, dass wir wieder verlieren. Europa habe ich mir anders gewünscht! Europa kann anders sein! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Binnen einer Woche
Geld für die Hungernden!

Elisabeth Graf1. Während die Regierungschefs vollmundig die notleidenden Banken mit überaus großzügigen Rettungspaketen sanieren, leidet etwa eine Milliarde Menschen still, leise und nahezu unbeachtet vor sich hin. Vergangenen Dienstag stellten die „Deutsche Welthungerhilfe“ und das „Internationale Forschungsinstitut für Ernährungspolitik“ den sogenannten Welthungerindex 2008 vor, mit dem die Situation in derzeit 88 Ländern veranschaulicht wird und die Entwicklung der letzten Jahre nachgezeichnet werden kann. Diametral entgegengesetzt zu den „Milleniumszielen“ wuchs allein im Jahre 2007 die Zahl der Hungernden weltweit um 75 Millionen auf 923 Millionen an. Im Jahr 2008 kommen nach Einschätzung des Institutsdirektors Joachim von Braun „noch einmal mindestens 75 Millionen Menschen hinzu“, denen es am Nötigsten fehlt. Das ist ein ungeheurer Skandal, weil im Gegensatz zu den Bankern die Hungernden nicht selbst schuld sind an ihrem Leid!

Seit Mitte 2007 hat vor allem die Explosion der Nahrungsmittelpreise zur dramatischen Verschlechterung beigetragen. Am schlimmsten vom permanenten Hunger betroffen sind die afrikanischen Staaten südlich der Sahara. Über Länder wie Afghanistan oder Somalia liegen keine konkreten Zahlen vor. Dennoch ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass eine Million afghanische Kinder im kommenden Winter wegen unvorstellbarer Nahrungsmittelknappheit akut vom Hungertod bedroht sind! Anstatt die Monopoly spielenden Banker weiter auf Rosen zu betten, zu hofieren und als „Gegenleistung“ nur zu verlangen, dass sich die Manager dort gefälligst mit einem mageren Jahresgehalt von „nur“ 500.000 Euro zufrieden geben, was immerhin dem 500-Fachen eines einzigen durchschnittlichen Jahresgehalts entspricht, ist es mehr als überfällig, für die hungernde Menschheit die gleichen Maßstäbe bei der Hilfe gegen den Hunger anzuwenden: Da soll dann auch mal eben innerhalb von einer Woche eine halbe Billion locker gemacht werden!

 

2. Sahra Wagenknecht prangert in ihrem Gastkommentar in der „Jungen Welt“ an, dass der Rettungsplan der Bundesregierung vorsieht, 500 Milliarden Euro zur Sanierung des angeschlagenen Bankensystems verwenden zu können, während für die soziale Sicherung nur etwa 141 oder für die Leistungen für Hartz-IV-Bezieher circa 23 Milliarden Euro ausgegeben werden. Da hat sich in der Tat die neoliberale Behauptung, für Bildung, Gesundheit und andere soziale Leistungen sei einfach „kein Geld da“, schlechterdings selbst als abgrundtiefe Lüge entlarvt! Peinlich ist die Rettungsaktion aber auch für die Ideologen des „freien Marktes“, der anscheinend nur dann funktioniert, wenn die Gewinne sprudeln. Sobald die Spekulationen schiefgehen, ist plötzlich doch der starke Staat gefragt, der mit Steuergeldern mal eben das Vertrauen in den Kapitalismus wieder herstellen soll. Wahrscheinlich wird an einer Verstaatlichung von bankrotten Banken kein Weg vorbeiführen. Doch sollen leider keine Vermögenswerte verstaatlicht werden, sondern faule Kredite beziehungsweise Schulden, die sicher noch viele Jahre auf den Schultern der Steuerzahler lasten.

Für Frau Wagenknecht kommen die aktuellen Rettungspakete einer zweiten Enteignung gleich. Die erste habe stattgefunden, als mit billigen Krediten reihenweise Unternehmen aufgekauft und Objekte in öffentlichem Eigentum privatisiert wurden. Jetzt, da die Kreditblase geplatzt sei, sollen die Kosten für die beispiellose Fusions- und Privatisierungswelle nachträglich der öffentlichen Hand aufgedrückt werden. Da bleibt natürlich noch die Frage im Raum stehen, auf wen sich die exorbitanten Kosten abwälzen ließen. Eigentlich kann es darauf nur eine Antwort geben: Es sollen gefälligst diejenigen bezahlen, die über viele Jahre hinweg unglaubliche Gewinne eingesackt haben! Auch ich finde, dass eine Millionärs­steuer in Höhe von wenigstens zehn Prozent auf Vermögen sowie die Einführung von Steuern auf Finanztransaktionen mehr als überfällig ist! Weil die aktuelle Finanzkrise nichts anderes als das Resultat neoliberaler Umverteilung ist, muss nun endlich eine Verteilung zugunsten der Beschäftigten, der Rentnerinnen und Rentner sowie der Arbeitslosen stattfinden!

 

3. Die Große Koalition will angeblich die Familien mit einem höheren Kinderfreibetrag und mehr Kindergeld entlasten. Selbst wenn die Kindergelderhöhung bei den Kindern von Hartz-IV-Beziehern ankäme, wäre sie noch nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein. Was sollten 30 Cent mehr am Tag denn auch großartig an Veränderung bewirken? Aber noch nicht mal dieses bisschen Geldgeklecker kommt bei den ärmsten Kindern an. Auch Bernd Siggelkow, Pastor und Gründer des Kinderprojektes „Arche“, bezweifelt, dass sich die Situation von wirklich bedürftigen Kindern auf diese Art verbessern ließe. Er plädiert dafür, das Geld in Bildung zu investieren, damit die Kinder davon auch profitieren können! Der Pastor empfindet es nicht als sinnvoll, wenn die wohlhabenden Eltern mit dem Kindergeld den Unterricht ihrer Sprösslinge an Privatschulen finanzieren, während die weniger betuchten ihren Kindern noch nicht mal die notwendigen Lernmittel anschaffen können. Siggelkow wünscht sich ein System, von dem die ganze Familie profitieren kann, weil ansonsten Eltern oder Kinder auf die Straße gingen, eben weil sie früher oder später einfach nicht mehr die Mittel haben, die sie zum Überleben brauchen. Kindern kann es nur dann gutgehen, wenn sich auch ihre Eltern wohlfühlen. Finanzielle Armut macht oft dauergereizt, aus dem berechtigten Grundgefühl heraus, immer zu kurz zu kommen, nie mithalten zu können, gesellschaftlich ausgeschlossen zu sein.

Das „Schulstarterpaket“ der Bundesregierung ist selbstverständlich auch nur ein trauriger Witz, mittels dessen lediglich Schulbücher finanziert werden, keineswegs jedoch teurere Arbeitsmaterialien oder Schülerfahrkarten, die Kinder übers Jahr verteilt benötigen. Lernmittel und Schulessen sollten nicht nur subventioniert werden, sondern das ganze Schulwesen muss kostenlos sein – wie beispielsweise in Skandinavien –, damit es alle erreicht und nicht immer wieder Einzelne bloßgestellt werden. So vernünftig Siggelkows Forderungen sind, so sollte er doch auf die Art seiner Formulierungen achtgeben, denn viele rechtspopulistische Politiker sind ebenfalls der Ansicht, dass kein Geld in die Familien gegeben werden soll – nur dass diese sich dann meist für ein demütigendes System mit Gutscheinen oder Ähnlichem aussprechen. Auch sind diese zehn Euro mehr für bedürftige Kinder absolut kein Tropfen auf den heißen Stein, weil sie eben nicht teilweise, sondern zu 100 Prozent auf das ALG II angerechnet, also davon komplett abgezogen werden!

Wenn die Kinder, die seine „Arche“ besuchen, tatsächlich eine Vorstellung davon hätten, welche Berufsvielfalt es gibt, wie viel mehr finanziellen und insgesamt befriedigenderen Spielraum jeder Einzelne dadurch bekommt, dann kann ich es mir nicht vorstellen, dass Kinder sich freiwillig zu Transferbeziehern herabsetzen lassen und sagen würden, dass sie später einmal Hartz-IV-Bezieher werden wollten! Aber andererseits kennen sie wahrscheinlich keine anderen Lebensarten, wenn sie aus den finanzschwachen Gettos kommen. Selbst wenn sie andere Lebensweisen kennen, wissen sie vermutlich, dass diese Welt ihnen zumeist verschlossen bleiben wird. Auch weigere ich mich zu glauben, dass Eltern ihre Kinder nicht fördern wollen! Viele können es einfach nicht, weil sie es nie gelernt haben und gar nicht wissen, wie so etwas geht. Alle Menschen brauchen eine lebenswerte Perspektive! Bei allem Guten, was Pfarrer Siggelkow mit der „Arche“ erreichen kann, sollte er nicht vergessen, dass die Kinder dort nicht die Mehrzahl der Hartz-IV-Bezieher darstellen, und dass viele ihre Kinder aus demselben Grund dort essen lassen, aus dem viele zu den Tafeln gehen, damit nämlich Geld für Schulsachen und anderes da ist, wofür der Regelsatz nicht reicht. Ich spreche jetzt nicht vom ewigen Getöne mit dem Flachbildschirm!

 

4. Auch das „Erwerbslosenforum“ prangert an, dass das Schulbedarfspaket völlig an den tatsächliche Kosten und Bedürfnissen der Schüler(innen) vorbeigeht. Es sieht vor, dass ab 2009 zu Schuljahresbeginn an jedes bedürftige Kind bis zur zehnten Jahrgangsstufe 100 Euro für Schulkosten zusätzlich ausgezahlt werden sollen. Ankündigungen dazu gab es bereits seit Ende 2007, doch zog es die Große Koalition vor, so lange mit diesem Beschluss zu warten, bis der Schulbeginn 2008 vorüber war. Wieder 150 Millionen Euro gespart! Vor den Sommerferien hatte dieselbe Regierung allen Ernstes unverdrossen behauptet, die Schulkosten seien im gekürzten Regelsatz enthalten. Steter Tropfen höhlt den Stein! Nun aber muss auch von Regierungsseite aus zugegeben werden, dass die Schulkosten eben doch nicht im Regelsatz enthalten sind. Hundert Euro als Pauschale sind nur dann zu akzeptieren, wenn gleichzeitig notwendige Schulausgaben, die diesen Betrag überschreiten, gesondert beantragt werden können. Auch die Begrenzung des Pakets bis zur zehnten Jahrgangsstufe, also nur bis zum Real- beziehungsweise Hauptschulabschluss, zeigt, wie „viel“ Interesse die Bundesregierung daran hat, das Bildungspotential von Kindern aus Armutsfamilien zu nutzen: Abitur zu machen wird nicht gefördert, Abitur ist Privatsache!

 

5. Eine 20-jährige Hartz-IV-Bezieherin war im fünften Monat schwanger und erlebte den absoluten Albtraum aller werdenden Mütter: Ihr Gynäkologe eröffnete ihr, dass er keine Herztöne mehr höre und ihr Kindchen wohl tot sei. Dabei hatte sie sich so auf ihr Baby gefreut. Auch wenn der Vater nichts mit dem Kind zu tun haben wollte, erschien der Frau die Schwangerschaft wie ein Lichtblick, als eine neue Perspektive. Als nicht mehr zu übersehen war, wie der Bauch sich immer mehr rundete, ging sie zur Arge. Dort bekam sie eine Beihilfe für Umstandskleidung im Wert von 190 Euro. Nach der Diagnose wurden im Krankenhaus künstliche Wehen eingeleitet, und die junge Frau gebar einen toten kleinen Jungen. Als sie dieses Unglück an die Arge meldete, sagte ihr ein Mitarbeiter, dass sie die Schwangerschaftskleidung jetzt ja nicht mehr brauche und deshalb die 190 Euro schnell zurückzahlen solle. Kann mensch sich eine noch unmenschlichere Reaktion vorstellen?

Nur wenn ein Mensch zur Ware degradiert und für „überflüssig“, also wertlos befunden wird, lassen sich die Tränen und die Hilflosigkeit einer verwaisten werdenden jungen Mutter so brachial wie mit einer Dampfwalze überrollen, jegliches Mitgefühl einebnend! Nach einem Anruf des „Express“ ruderte die Arge zurück und ließ durch ihren Pressesprecher verlauten, dass die junge Frau, nach allem, was sie durchgemacht habe, wohl „unter Schock“ gestanden und deswegen den Mitarbeiter „falsch verstanden“ habe. Ihr Schwangerschaftsmehrbedarf von 120 Euro im Monat werde eingestellt, die 190 Euro müsse sie aber nicht zurückzahlen. Daraufhin antwortete die junge Frau: „Warum sollte er das gesagt haben? Ich habe doch nie Schwangerschaftsmehrbedarf bekommen!“

 

6. Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin erhält wegen seiner umstrittenen Äußerungen über finanziell Schwache den „1. Berliner Diskriminierungspreis“. Darüber dürfte er sich vermutlich nicht gefreut haben. Andererseits lässt sich auch nicht gerade behaupten, dass Sarrazin auch nur ein Quäntchen Mitgefühl oder gar eine realistische Beurteilung über die Situation von ALG-II-Beziehern mit einfließen ließ, als er sich über angeblich aberwitzig niedrige Lebensmittelpreise ausließ, gar behauptete, für nur fünf Euro Stundenlohn arbeiten gehen zu wollen, oder indirekt zum Frieren bei nur 16 Grad Zimmertemperatur aufrief. Er meinte, das habe ihm früher ja auch nicht geschadet. Wenn ich ihn so mit der Arroganz der Satten hetzen höre, bin ich mir dabei aber nicht ganz sicher! Es lässt sich eine Menge an Unsinn oder vermeintlichen Heldentaten behaupten, wenn diese niemals einer Beweisführung standhalten müssen, daher finde ich die Auswahl des Herrn Sarrazin vom Arbeitskreis „Marginalisierte gestern und heute“ für den „Diskriminierungspreis“ mehr als gelungen!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

 

„In was für einer Gesellschaft
wollen wir leben?“

Jobst RoseliusHeute sah ich an der Westerstraße ein großes Plakat: „In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?“ Darauf zu sehen ein fein gekleideter Herr vor rotem Hintergrund. Ich weiß nicht mehr, wofür geworben werden sollte, aber es ist bezeichnend, dass die Gedanken und Gefühle der breiten Bevölkerung in der Werbung thematisiert werden. Wie soll es weitergehen, in welche Zukunft drängen wir, wie wollen wir leben, das sind die Fragen von immer mehr Menschen. Frau Merkel und die EU-Spitzen haben das „Sicherheitspaket“ unter Dach und Fach gebracht, verkündet man uns: Das ist der Part der Politik.

Aber die Politiker schenken uns keinen reinen Wein ein. Zum einen wissen sie selbst nichts oder zu wenig von allen Details, weder Merkel noch Sarkozy noch Bush. Zum anderen sind sie nur die Ausführungsorgane des versteckt agierenden Finanzkapitals. Das Kapital hat sich in allen bedeutenden imperialistischen Ländern die Gesellschaft völlig untergeordnet und eine Diktatur errichtet. Es ist die Diktatur des Betrugs, die mit der bürgerlichen Demokratie eine große Nebelwand errichtet hat, die für Hoffnungen und Illusionen sorgen soll, während gegenüber den Werktätigen Erpressung, Ausbeutung und Degradierung durchgesetzt werden.

Hört man im Radio die kurzen Kommentare zur Börsensituation und den vermuteten Aktionen der Banken, könnte man in allergrößte Panik geraten. Die Analysten und Börsenmakler halten gar nichts mehr für sicher und malen Schreckensszenarien an die Wand, die einen um den letzten Groschen bringen könnten. Nun wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Aber es wird nicht so weitergehen wie bisher, zumindest nicht für uns. Die weltweiten „Rettungspakete“ sind nicht für die Menschen gemacht, sondern einzig und allein für das Finanzkapital, denn der Kapitalismus von Banken, Industrie und Weltmonopolen darf nicht vor die Hunde gehen.

Dass die Menschen ein anderes System, womöglich den Sozialismus, erkämpfen wollen, muss mit allen Mitteln verhindert werden – und wenn es den Staatsbankrott und die vollständige Abwälzung der Lasten auf die breite Bevölkerung bedeuten würde. Genau für so eine zugespitzte Situation haben die USA eine hochgerüstete Brigade der Streitkräfte im Landesinnern aufgestellt. Auch die Bundesregierung mit ihrem Vorreiter, dem Minister Schäuble, will schnellstmöglich den Bundeswehreinsatz im Innern beschließen und umsetzen. Die angeblich terroristische Gefahr ist die aufgewühlte eigene Bevölkerung!

Dem Aufgewühltsein müssen wir mit klarem Kopf begegnen. Die Zeiten werden härter, aber wir lassen uns nicht provozieren! Unsere Forderungen sind bekannt: Weg mit Hartz IV und der ganzen Agenda 2010! Kampf gegen die verlogene Umweltpolitik der EU und der Merkel-Regierung! Beseitigung der Umweltsünden auf Kosten der Verursacher! Deutsche Truppen raus aus Afghanistan und allen anderen Ländern! Natürlich werden wir mit unseren Forderungen auch noch breitere Bündnisse schließen. Wir werden uns einrichten auf die Verteidigung und Weiterentwicklung der demokratischen Rechte. In den letzten vier Jahren haben wir uns eine andere Form von Demokratie erkämpft und erarbeitet. Wir lernten, offen zu diskutieren und unsere Forderungen laut vorzutragen. Das ist auch notwendig, um zu neuen Einheiten und neuen Zielen zu kommen.

Jobst Roselius
 
Rettungspakete statt Finanzausgleich: Bundesmilliarden
strömen ins reiche Bayern („Bild“-Zeitung)
 
Ab November wird demonstriert: Auch in Bremen
gibt es jetzt eine Rentnerpartei („Tageszeitung“)
 
Zwergstaaten-Komödie: Was wird aus der Lustknabenpartei,
wenn der Führer tot ist? („Tageszeitung“)

 

Wiedereinführung der
Vermögensteuer jetzt!

Wieland von Hodenberg„Der Zusammenbruch des kapitalistischen Finanzsystems hätte die Welt tiefgreifend verändert.“ Solche Sätze sind nicht nur von linken Wirtschaftsfachleuten zu hören, sondern so tönt es auch aus der neoliberalen Propagandamaschinerie. Um noch Schlimmeres zu verhindern, seien die „Rettungspakete“ unumgänglich, heißt es weiter. Ich will hier nicht in den Chor derjenigen einstimmen, die das richtig und „alternativlos“ finden. Denn eine Vollbremsung nur zur Bankenrettung ohne nennenswerte Auflagen und vor allem ohne ein Konjunkturprogramm, das diesen Namen auch verdient – das kann es wohl nicht sein!

Ich klage vielmehr die Regierungen von Schröder und Merkel an, das Desaster nicht verhindert zu haben, was sie hätten tun können, wenn sie nur gewollt hätten! Einige wenige Gesetzesbremsen als Folge des Bankencrashs von 1929 gab es schließlich. Aber schon Schröder und Konsorten hatten diesen hochkriminellen Herrschaften durch Aufhebung der wenigen Bestimmungen den Weg freigeschaufelt. Ich klage auch den Bremer Senat an, in Sachen Armutsbekämpfung den Koalitionsvertrag gebrochen zu haben! Sollen jetzt unter dem Druck der Ereignisse Hartz-IV-Betroffene, Kinder, Rentner, prekär Beschäftigte und letztlich wir alle noch mehr bluten müssen?

Die Suppe auslöffeln werden jedenfalls nicht die Banker. Für uns umso mehr ein Grund, hier jeden Montag für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf höhere Löhne und demokratische Mitbestimmung in den Betrieben, für höhere Renten, für die Abschaffung von Agenda 2010, Hartz IV und der ungesunden „Gesundheitsreform“ sowie gegen weitere Aufrüstung, Krieg und Demokratiezerstörung zu kämpfen! Bestraft gehören die Wirtschaftsverbrecher und nicht die Erwerbslosen! Große Vermögen gehören für das Gesundheitswesen, für Bildung, für Umwelt- und Klimaschutz herangezogen und nicht nach Liechtenstein!

Die Wiedereinführung der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer und eine saftige Steuer für Spekulationsprofite müssen sofort her! Sie wären ein erster Schritt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit. Wir brauchen ein wirkungsvolles Konjunkturprogramm, das die Massenarbeitslosigkeit senkt und damit die Kaufkraft stärkt. In Bremen muss endlich das längst überfällige Sozialticket eingeführt werden, die Mietobergrenzen für Hartz-IV-Betroffene müssen endgültig weg! Deshalb muss es immer wieder heißen: Auf zur Montagsdemo!

Zum Thema noch eine Glosse aus dem „Neuen Deutschland“: „Jetzt beginnt das große Schlottern und Zähneklappern in den Chefetagen der Banken: Die fetten Jahre sind vorbei. Fordern und fördern – dieses bewährte Prinzip wird auf den Finanzsektor übertragen. Wobei die Manager wegen der staatlichen Hilfsleistungen den Gürtel ein paar Löcher enger schnallen müssen. Der Regelsatz von 500.000 Euro im Jahr ist eine wahre Zumutung, zumal es – schlimmer als bei Hartz IV – Wohn- und Heizkosten nicht mal extra gibt. Schade, dass Wolfgang Clement das nicht mehr als Minister erleben darf; er hätte schon ein paar Ideen, wie man leistungsunwilligen Leistungsbeziehern auf die Sprünge hilft. Von seiner Hartz-IV-Bibel ‚Vorrang für die Anständigen – gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat‘ soll eine Manager-Neuauflage in Arbeit sein. Kein Wunder, dass sich schon eine Banker-Selbsthilfegruppe ‚Finanzmarktstabilisierung ist Armut per Gesetz‘ gebildet hat. Demnächst soll es erste Montagsdemos geben.“

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Mumias Leben hängt am seidenen Faden: Für die Mordthese ist bislang
kein wirklicher Beweis erbracht worden („Neues Deutschland“)
 
Professor Unsinn verharmlost Antisemitismus: „In der Weltwirtschaftskrise 1929 hat es die Juden getroffen, heute sind es die Manager“ („Spiegel-Online“)

 

Die Börsenkrise hat gewaltige Auswirkungen für die Menschen

Zum letzten Mal im hellen Tageslicht, aber schon umgeben vom Freimarkt fand die 203. Montagsdemo in Bremen um 17:30 Uhr vor dem Dom beim Bismarck-Denkmal statt. Um 18 Uhr begann unsere kleine Demo zum Hanseatenhof durch die Obernstraße zum zweiten Teil der Kundgebung. Um die 40 Teilnehmer und Zuhörer hatten wir. Extra aus Oldenburg war ein Mitstreiter gekommen, um wieder Kraft zu tanken für neue Aktivitäten dort. Die Banken- und Börsenkrise mit ihren gewaltigen Auswirkungen für die Menschen stand im Mittelpunkt der Beiträge. Schließlich wurden die ersten Busfahrkarten nach Berlin zur Demonstration am 8. November 2008 verkauft.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz