201. Bremer Montagsdemo
am 06. 10. 2008  I◄◄  ►►I

 

Auch Mini-Renten führen
in die Obdachlosigkeit

...und raus bis du! Kennen Sie diesen Abzählreim? Kinder benutzen ihn beim Spielen, doch für viele Erwachsene wird er zur bitteren Wahrheit! Arbeitsplatz- und Wohnungsverlust, Energiepreis-Steigerungen, Verschuldungen... und raus bist du! Die Profitgier der Großkonzerne, verbunden mit einer Politik, die den großen Firmen in die Hände spielt, zwingt immer mehr Menschen in die Arbeitslosigkeit, in die Schuldenfalle und in die Obdachlosigkeit! Die Hartz-Gesetze verschärfen die Situation der Betroffenen. Ein Drittel aller Kinder in Bremen lebt von Sozialhilfe!

Die Armut in Deutschland ist schon lange sichtbar. Die soll so nicht sein, denken sich manche Saubermänner und -frauen. Aus diesem Grund dürfen Obdachlose sich zunehmend nicht mehr an „attraktiven“ Stellen aufhalten. Ein neues Polizei- und Ordnungsgesetz erleichtert den Platzverweis Obdachloser zum Beispiel vom Bremer Marktplatz. Anstatt den ohnehin schon von der Gesellschaft ausgegrenzten Menschen zu helfen, verhängt die Politik Repressionen gegen sie – von Mitmenschlichkeit, Toleranz und Verständnis keine Spur! Doch kaum jemand ist davor gefeit, in den sozialen Abstieg zu geraten: Eben noch fest eingestellt in guter Position, kann mensch morgen schon arbeitslos und von Hartz IV betroffen sein!

Der Energiekonzern SWB will in Bremen für Wasser, Strom und Gas die Preise erhöhen. Menschen, die eine Grundsicherung von 351 Euro erhalten, sollen nach dem Willen der Sozialbehörde davon 45 Euro als Pauschale zurücklegen, um hiervon zum Beispiel für ein Haushaltsgerät zu sparen. Von dem übrigen Geld sollen sie noch Strom, Wasser und Telefon bezahlen. Laut Gesetz ist die Behörde verpflichtet, die vollen Heizkosten zu übernehmen. Tut sie es nicht, kann dagegen Widerspruch und Klage eingereicht werden – ohne Garantie auf Erfolg. Wie viele Menschen werden sich verschulden, da sie die Preissteigerungen nicht mehr bezahlen können? Dann wird ihnen die Energiezufuhr abgestellt, weil sich die Behörden widerrechtlich verhalten! Wie viele Kältetote wird es in den Wohnungen und auf der Straße geben?

Von armen Menschen wird verlangt, dass sie „sauber und reinlich“ sind. Dank der Profigier der privaten Energiekonzerne und der allgemeinen Preissteigerungen werden Hygiene und Körperpflege aber zum Luxus, den sich Arme nicht mehr leisten können. Individuelles bewusstes Energiesparen wird zunichte gemacht, indem die Behörden das eingesparte Geld zurückfordern. Auf der anderen Seite werden die realen, durch Preissteigerungen entstandenen Kosten nicht voll und ganz übernommen. Das gilt es zu ändern, denn zugleich werden wertvolle Ressourcen durch die Rüstungsindustrie und Kriegseinsätze verschleudert! Zum Beispiel brauchen wir den „Gelben Sack“ nicht, weil der Plastikmüll mit teurem Aufwand verbrannt statt umweltfreundlich recycelt wird, wobei viel Gift freigesetzt wird! Das dient nur dazu, die Profite einiger Weniger zu mehren. Doch es ist wissenschaftlich erwiesen, dass der Regelsatz von 351 Euro viel zu niedrig ist, darum gehört dieser erhöht und ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt!

Gräfin Emma lässt grüßen

Wir, eine Gruppe Bremer Bürgerinnen und Bürger, die sich gegen Obdachlosigkeit und die Diskriminierung der Betroffenen einsetzen, fordern: Kein Platzverweis für Obdachlose an öffentlichen Plätzen! Menschlicher Umgang mit Obdachlosen! Mehr und bessere Wohnprojekte für Obdachlose! Aktive soziale Hilfe für von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen! Kostenlose Toiletten und Waschgelegenheiten in der Innenstadt! Förderung des sozialen Wohnungsbaus! Rüstungskonversion, also Umwandlung von Rüstungsproduktion in ökologische Herstellung von Zivilgütern! Abrüstung statt Sozialabbau, Frieden statt Krieg! Umverteilung von oben nach unten! Wiedereinführung von Vermögensteuer, Erbschaftsteuer und Kapitalerstragsteuer! Abschaffung des „Gelben Sacks“! Senkung der Mieten, denn Wohnraum muss erschwinglich werden oder bleiben! Rücknahme der Erhöhung der Energiekosten und die volle Übernahme derselben, sodass diese nicht aus den Regelsätzen bezahlt werden müssen! Menschenwürdige Grundsicherung ohne Repression durch Behörden! Weg mit den Hartz-Gesetzen, der Agenda 2010 und der Bedürftigkeitsprüfung! Erhöhung des Regelsatzes auf 500 Euro! Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens von 800 Euro plus Warmermiete! Staatliche Daseinsversorgung mit Grundgütern wie Strom und Wasser! Rücknahme aller Privatisierungen im Bildungs-, Kultur- und Gesundheitsbereich! Verstaatlichung von Großkonzernen einschließlich der Banken und Versicherungen, wenn sie Menschen entlassen, obwohl Gewinne erwirtschaftet werden (nach Artikel 14 Absatz 2 und 3 sowie nach Artikel 15 Grundgesetz)! Ein Gerichtshof für „Kapital“-Verbrechen! Stopp der Privatisierung staatlicher Unternehmen!

Flugblatt der „Bremer Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit“
(Bild: bei der „Gräfin-Emma-Aktion“ am 19. Oktober 2007)

 

Der Bank das Rathaus, dem
Bürgermeister die Prämie

Hans-Dieter Binder1. Nach der 200. Bremer Montagsdemo habe ich Frau Annelie Buntenbach zugehört. In der Jugendherberge hat sie über drohende Altersarmut ungeahnten Ausmaßes referiert. Eingeladen hat ein Arbeitskreis der SPD. Beschrieben war die Veranstaltung im „Weser-Kurier“, unter den Veranstaltungen des DGB war sie nicht aufgeführt. Die Ausführungen von Frau Buntenbach waren fast deckungsgleich mit denen von Herrn Dr. Johannes Steffens unter dem Titel „Rente und Altersarmut, Handlungsfelder zur Vermeidung finanzieller Armut im Alter“ (Juli 2008).

Die Aussicht ist für Neurentner sehr bedrückend. Die Abschmelzung der Rentenansprüche ist nicht Zukunft, sondern Gegenwart. Die Gesetze wurden entsprechend den Vorgaben der Lissabonner Strategie verabschiedet, siehe 197. und 198. Bremer Montagsdemo. Es war ein anschaulicher, lebhafter Vortrag zu einem drögen Thema, über den ich nur leider nichts im Netz gefunden habe. Die anschließende Diskussion war lebhaft und zeugte von viel Sachverstand. Auf meine Nachfrage bestätigte Frau Buntenbach die Vorgaben der EU. Beim Ranking für die private Rentenvorsorge liegt Großbritannien vorne! Aber mit welchem Ergebnis für die Menschen? Hier wurde Frau Buntenbach von der Moderatorin gestoppt: Dies sei „ein ganz neues weites Feld“.

(Anmerkung: Aus dem Film „Rentenangst“ geht hervor, dass die gesetzliche Rente in Großbritannien nur noch eine Grundversorgung auf sehr niedrigem Niveau bietet und die private Vorsorge dies nicht ausgleicht. Der Film steht nicht im Netz, kann aber bestellt werden, obwohl dieser Hinweis inzwischen fehlt. Einfach an den Sender schreiben!)

Alle Anwesenden waren sich einig: So kann es nicht bleiben! Der DGB hat Forderungen aufgestellt, zum Schutz der Rente! Es war klar, die SPD hat diese Rentenänderungen ausgearbeitet und mitgetragen. Der DGB wird seine Forderungen 2009 mit einer Aktion für die Rente in die Öffentlichkeit bringen. Die SPD wird 2009 die Rente zum Wahlkampfthema machen, „Die Linke“ ebenfalls. Es waren viele Gewerkschafter vertreten. Carsten Sieling (SPD) und Helga Ziegert (SPD) haben sich an der Diskussion nicht beteiligt. Staatsrat Schuster hat darauf hingewiesen, dass diese Forderungen „viel Geld kosten“ und daher „nochmals überdacht“ werden müssten. Solch ein Argument kam am Tag, nachdem die Hypo Real Estate in München eine Staatsbürgschaft über 26,5 Milliarden Euro erhalten hatte!

Herr Schuster ging auch auf die private Altersvorsorge ein und sagte: „Wenn ich dies privat tue, habe ich am Ende des Tages mehr in der Tasche.“ Herrn Schuster wurde in beiden Punkten nicht widersprochen, weil er den letzten Diskussionsbeitrag geliefert hat. Gerade diese Aussage zur privaten Altersvorsorge stimmt nicht! Herr Schuster hat aber lange gepflegte Klischees bestätigt. Wenn seine Meinung in der SPD gefestigt ist, wird diese Partei erheblich schrumpfen! Die SPD muss ihre Fehler eingestehen – dies war bis auf Herrn Schuster kein Problem –, und die SPD muss glaubhaft mit Änderungen beginnen. Die Änderung des EU-Vertrages gehört dazu!

 

2. Die Hypo Real Estate München sollte bereits letzten Montag gerettet sein – laut Finanzminister für eine geordnete Abwicklung, laut Bank für eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebs. Die weiteren Aktionen sind jedem geläufig. Peer Steinbrück stand am Sonntag recht schulbubenhaft neben seiner Chefin. Die Bank hat bekommen, was sie brauchte: Über Bundesbank und Europäische Zentralbank wurde das Geld bereitgestellt, 15 Milliarden kamen zusätzlich über die Bundesregierung.

Im „Deutschlandfunk“ wurden am Freitag die Sparer über die Finanzkrise aufgeklärt. Ein Interessenvertreter der Banken hat die Abschreibungen erläutert. Sinngemäß sagte er, die Abschreibungen seien nur vorsorglich: „Wenn die Papiere fällig sind, wird ja der Gesamtbetrag gezahlt, und die Abschreibungen sind hinfällig.“ Nur der Bilanzierung wegen sei dies nötig. Dieser Beitrag ging unwidersprochen über den Sender – für mich ein Grund auszuschalten: Diese Wertberichtigungen und Abschreibungen sind eben wegen der Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Ausstellers am Fälligkeitstag nötig. Dieser Beitrag war des DLF unwürdig! Warum wird so viel Steuergeld für so wenig Gegenleistung versenkt? In den Berichten war mir aufgefallen, dass die HRE keine Privatkunden hat und ihr Geschäftsfeld nicht ersetzbar ist, weil es in der Finanzierung öffentlicher Haushalte und Investitionen besteht. Näheres wurde nicht genannt.

Die „Junge Welt“ hat es auf den Punkt gebracht: Es geht um „Zittern und Schachern hinter den Kulissen“, denn infolge des „Cross-Border-Leasings“ bringt die Finanzkrise den Städten und Staatsunternehmen „noch mehr Risiken“. Warum? Stellen Sie sich vor, Sie sind Hauseigentümer. Sie verkaufen Ihr Haus und nutzen es per Leasingvertrag weiter. So weit ist das noch vermittelbar! Doch der Kaufpreis wird nicht an Sie ausgezahlt, sondern geht an zwei Banken, die Eigentümer des Geldes werden. Nicht Sie bleiben Eigentümer des Gegenwertes! Die Banken verpflichten sich, die Leasingraten für Ihr ehemaliges Haus zu zahlen, und Sie selbst erhalten eine Prämie von vier bis fünf Prozent des Kaufpreises. Ist dies noch vermittelbar? Ja, wenn Sie Politiker sind und es sich bei Ihrem Haus um das Rathaus handelt!

Zu den weiteren Rahmenbedingungen gehört, dass der Vertrag von Nadelstreifenträgern überbracht und erläutert wird – auf Deutsch, wenn die Rechtsanwälte aus den USA deutsch konnten, sonst auf Englisch. Den Vertrag gibt es nur auf Englisch. Seine Bedeutung wird heruntergeredet: 1.000 Seiten, aber ohne Bedeutung. Die strafbewehrte Geheimhaltungsklausel ist wichtig: Keiner außer Bürgermeister und Stadtkämmerer darf es lesen, keiner darf wissen, mit welchem Investor, welcher Bank oder Versicherung dieses Geschäft getätigt wurde. Geht nun diese Bank pleite, so muss letztendlich die Stadt die Raten für das verkaufte Rathaus zahlen. Die beteiligten Banken sind mit den bisher gestützten Banken und Versicherungen identisch, und diese Politiker haben wir gewählt!

Dieses Verfahren drückt die Verschuldung der Gemeinde oder des Bundeslandes: Die Schulden sind nicht mehr „bilanziert“. Dieses Modell soll helfen, die Verschuldungsobergrenzen der öffentlichen Haushalte einzuhalten. Das Nachfolgemodell ist bereits im Angebot: Die EU-Bestimmung „privat statt öffentlich“ wird so umgesetzt! Dabei wird öffentliches Eigentum verschleudert und dem privaten Investor eine traumhafte Renditemöglichkeit eröffnet. Es ist wie im Schlaraffenland – für die Investoren, denn bluten müssen die Steuerzahler. Viele Gemeinden haben sich erhebliche Einschränkungen und Nebenkosten eingehandelt, auch ohne Bankenkrise! Diese Politiker werden wir nicht wiederwählen!

 

3. 465 Millionen Euro für Bremen, jährlich bis 2019, das scheint viel zu sein („Weser-Kurier“ vom 1. Oktober 2008). Es reicht aber nicht! Das steht in diesem Artikel nicht. Es wird mit folgender Bestimmung vorgesorgt: „Die finanzpolitischen Auswirkungen der jährlichen Millionenbeiträge in den bedachten Bundesländern soll genau beobachtet werden. Die Empfängerländer, so heißt es in dem Vierer-Vorschlag, verpflichten sich zur Festlegung eines Konsolidierungspfades. Auf diesem Weg müssten sie regelmäßig darstellen, wie sie finanzpolitisch wieder auf die Beine kommen und sich den Prüfungen eines Stabilitätsrats stellen.“ Den Stabilitätsrat muss mensch sich merken!

„Radio Bremen“ hat am selben Tag berichtet, dass die Haushaltsnotlagenländer für einen ausgeglichenen Haushalt sorgen müssen: „Die Möglichkeiten sind mit dem Stabilitätsrat zu besprechen und werden von diesem überwacht. Um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, dürfen diese Länder von Bundesgesetzen abweichen und für ihren Bereich Steuern erhöhen oder Sozialleistungen verringern.“ Diese Vorlage von Peer Steinbrück hat „Radio Bremen“. Das Grundgesetz soll entsprechend geändert werden. Haushaltsnotlageländer sind bisher Bremen, Berlin, das Saarland und Schleswig-Holstein. Hinzu kommen die Bundesländer, deren Bürgschaften für die Landesbanken et cetera in Anspruch genommen werden! Ich glaube nicht, dass dies durchgesetzt werden kann. Politiker, begrabt diesen Plan unverzüglich! Bei den Sozialleistungsempfängern ist nichts zu holen, und bei den Steuern traut ihr euch sowieso nicht!

Die Bundesregierung droht den Bundesländern, die sich nicht an diese Vorgaben halten, mit Kürzung der Zahlungen, zum Beispiel bei der Erstattung der Kosten der Unterkunft oder anderen Bundesaufgaben. Peer Steinbrück, das ist der Minister mit den Milliarden an Finanzhilfen für die verspekulierten Banken! Wir fahren am 8. November 2008 zur Großdemo nach Berlin! Macht diesen unglaublichen Plan bekannt! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten! Übrigens hat die Bundesregierung die Weichen für den Einsatz der Bundeswehr gegen Demonstranten auch innerhalb Deutschlands bereits beschlossen. Die Bundespolizei wird als nicht schlagkräftig genug angesehen, und die EU verpflichtet!

 

4. Die Krankenversicherung soll künftig 15,5 Prozent des Einkommens kosten. Einer muss schließlich den Gesundheitsfonds bezahlen! Die Begründung für diesen ist die Stärkung des Wettbewerbs. Wie der mit einem einheitlichem Beitragssatz gefördert wird, hat die Bundesregierung nicht vermittelt. Die Rentner werden von der Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung nicht entlastet, die Arbeitnehmer auch nur vordergründig. Die Bundesagentur für Arbeit hat im Jahr 2012 alle Rücklagen verbraucht, dabei muss diese Rechnung an die Auswirkungen der Finanzkrise noch angepasst werden, wie der gesamte Haushalt.

In einer Pressemitteilung der Bundesagentur steht: „Dem Vorstand ist der Hinweis wichtig, dass die Entscheidung zur Beitragshöhe das gute Recht der Bundesregierung ist. Aufgabe der BA ist es nun, im Rahmen dieser neuen, sehr engen Vorgabe ihre Leistungen auf dem Arbeitsmarkt aufrecht zu erhalten und guten Service zu bieten. Die BA kann den Beitragssatz von 2,8 Prozent für die zunächst vorgesehen eineinhalb Jahre aus ihren Rücklagen finanzieren. Es ist ein gutes Zeichen, dass Mitte 2010 neu bewertet werden soll, ob der Beitragssatz auf dieser Höhe gehalten werden kann oder erhöht werden muss. Aus der heutigen Sicht wären bei einem längerfristigen Beitragssatz von 2,8 Prozent im Jahr 2012 praktisch alle Reserven der BA – einschließlich der sogenannten Liquiditätsreserve – aufgebraucht. Diese Einschätzung beruht auf den derzeitigen Eckwerten der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Entwicklung, die noch nicht an die aktuelle Entwicklung der Wirtschaft angepasst sind.“

Soweit die Bundesagentur für Arbeit. Vorangegangen ist eine Abkopplung der Bundesagentur für Arbeit vom Haushalt der Bundesrepublik Deutschland. Das Handeln der Bundesregierung wird der Verpflichtung des EU-Vertrages, also der Lissabonner Strategie zur Schwächung der sozialen Sicherungssysteme und zur Förderung der privaten Wirtschaft, voll gerecht – zulasten der Allgemeinheit! In dieses Bild passt auch der Umgang mit den Krankenhäusern: Die tägliche Unterfinanzierung durch die Fallpauschalen wird nicht beseitigt. Die zugesagte Sonderzahlung ist ein Tropfen auf dem heißen Stein! Dies ist auch Herrn Diethelm Hansen aufgefallen. Vielleicht möchte er jetzt statt Personalkahlschlag die Änderung der Fallpauschalen? Diese führen zur Insolvenz vieler Kliniken. Manche Krankenkasse sieht darin eine Stärkung des Wettbewerbs, mancher Versicherte wird dies mit seinem Leben bezahlen! Das insolvente Klinikum ist dann für einen Spottpreis zu haben und kann durch Befreiung von den Vorhalteverpflichtungen ertragreich arbeiten, zum Nachteil der Kliniken mit Vollversorgung!

 

5. Bremen vermietet auch Werbeflächen. Damit dies besser läuft, soll ein Gutachten angefordert werden, für geplante 700.000 Euro. Wie hoch der Ertrag aus der Vermietung der Werbeflächen pro Jahr ist, war der Meldung nicht zu entnehmen. – Die Feuerwehr in Bremen kann die Mehrarbeit abfeiern. Die Arbeitszeit ist grundsätzlich den gesetzlichen Regelungen anzupassen. Diese Niederlage der Freien Hansestadt war absehbar. Wurden im Haushalt daher entsprechende Mittel bereitgestellt? –

Die Entwicklung der einzelnen Themen ist in unseren wöchentlichen Redebeiträgen nachzulesen. Die „Gesundheitsreform“ – eine mehr als falsche Bezeichnung! – hat uns bereits 2005 beschäftigt, ebenfalls viele andere Themen. Dies ist die 201. Bremer Montagsdemo! Ich habe nicht alle mitgemacht, aber langweilig war es montags nie! Lesen Sie selbst! Wer sich nicht wehrt, hat weniger vom Leben! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Neue Arbeitsamt-Studie: Hartz IV reicht nicht zur Teilhabe
am sozialen und kulturellen Leben („DCRS-Online“)
 
Lafontaine das Wort im Mund umgedreht: Die Reichen zahlen keine
Vermögensteuer – die wurde 1997 abgeschafft („Financial Times“)
 
Und die Rente ist auch sicher: Merkela gibt Billionen-Garantie –
aber nicht schriftlich („Bild“-Zeitung)

 

Staatlich gewollte Lohndrückerei
statt Eingliederung

Elisabeth Graf1. Die Sat1-Serie „Gnadenlos gerecht“, die auf der Suche nach angeblichen Hartz-IV-Betrügern war, ist bei ihrer Vorgehensweise selber nicht „gna­denlos gerecht“ gewesen, weil dabei die Wahrheit gar zu sehr auf der Strecke bleiben musste! Ich finde es deswegen ganz wunderbar, dass sich zu Unrecht Denunzierte dagegen zur Wehr setzen. Vor allem im Kreis Offenbach hatte diese unsägliche Sendung für Diskussion gesorgt. Weil sie nicht nur von vollkommen ver-„Bild“-eten Gehirnamputierten gesehen wurde, musste sich Landrat Peter Walter (CDU) von der Opposition kritisieren lassen, dass er sich überhaupt auf die Anfrage von Sat1 eingelassen habe. Jetzt klagten mehrere im Fernsehen gezeigte Hilfeempfänger und deren Angehörige gegen Sat1 und die „Blöd“-Zeitung. Super! Sat1 musste bereits klein beigeben und hat offenbar eine Unterlassungserklärung unterschrieben. Doch würde nach der zivilrechtlichen Klage eine Strafanzeige gestellt, wäre sie nur gegen die Sozialfahnder selbst gerichtet: Diese stellten in der Folge vom 27. August 2008 Sachverhalte falsch dar.

Falsch sei etwa, dass die Familie, die in Langen eine Pizzeria betreibt, in einer „über 100 Quadratmeter großen Luxuswohnung“ lebe, wie von der „Ermittlerin“ behauptet. Die Familie verfüge nur über 80 Quadratmeter, was der Kreis leicht aus den Unterlagen hätte entnehmen können, sagt die Anwältin aus Neu-Isenburg. Falsch sei auch die Unterstellung, die Mutter des Mandanten kassiere Miete für eine Wohnung in Italien. Eine Dienstreise der Fahnder sollte den Beweis liefern. Das hätte man auch anders machen können. Angeblich sparen die Fahnder Steuergeld, aber in Wirklichkeit verursachen sie zusätzliche Kosten. Die Leistungen werden trotzdem weitergezahlt, weil sie nämlich gerechtfertigt sind. Es ist ein sozialer und ein wirtschaftlicher Schaden entstanden. So wurde auch gegen den Willen der Betroffenen gefilmt. Heimlich zu filmen, sei eigentlich Hausfriedensbruch! Ganz zu schweigen vom sozialen Schaden: Jeder, der in Langen wohne, erkenne, um wen es gehe. Hierbei wurden auch zwei Brüder betroffen, denen angedichtet wurde, dass ihre Eltern eine „Luxusvilla“ in der Türkei besäßen. Dabei handelt es sich aber nur um einen Rohbau, den ein Onkel im Jahr 2000 vererbte. Kein Cent Sozialhilfe ist dabei in die Türkei geflossen. Obwohl die beiden Brüder noch nie Hartz IV bezogen, wurden sie von Sat1 und „Blöd“ in den Vordergrund gesetzt.

Pfui, so intensiv habe ich mich mit diesem Kloschüsselgehetze noch nie inhaltlich befassen müssen! Eigentlich müsste es unbeachtet heruntergespült werden. Doch um den Leumund der Beschuldigten wiederherzustellen, muss leider doch in den „medialen Fäkalien“ gerührt werden! Wenn sich noch mehr Betroffene zur Wehr setzen, wird es hoffentlich eng für Landrat Walter werden, der augenscheinlich seine Fürsorgepflicht vernachlässigt hat. Und was bedeutet das? Rückzug oder Entsorgung in die Frühpension, oder anders gesagt: ein Schmarotzer mehr? Vielleicht sollte man statt Sozialfahndern mal Pensionsfahnder losschicken! Diese Ruhegelder werden ja aus laufenden Steuereinnahmen bezahlt, und unter deren Beziehern findet man sicher ausreichend Typen, die voll arbeitsfähig, also für gemeinnützige Arbeit abrufbereit sind.

 

2. Für 355 Erwerbslose platzte der Traum vom neuen Job und damit die Hoffnung auf ein Leben außerhalb von Arbeitslosigkeit und Verfolgungsbetreuung am Tropf der argen Argen: „City-Letter“, ein neuer privater Postdienstleister, schickte seine bis zu 355 neuen Mitarbeiter gleich am ersten Arbeitstag wieder nach Hause. Sie wurden mit Ausflüchten über „Startschwierigkeiten“ und „Störmanöver von außen“ vertröstet. Verdi und die Arge wittern heftigen Betrug, denn das Berliner Unternehmen hat am 25. September 2008 einen allerdings fehlerhaften Insolvenzantrag gestellt. Das Verfahren wurde daher noch nicht eröffnet.

Bei privaten Arbeitsvermittlern liefen Bewerbungen nur über Vermittlungs­gutscheine von Arbeitsagentur und Arge, eine direkte Bewerbung war nicht möglich. So mussten den Vermittlern Zweifel kommen. Die Verträge waren verlockend, völlig entgegen dem neoliberalen Mainstream, der beständig nach dem größtmöglichen Lohndumping kreischt: 1.900 Euro brutto, dreizehntes Monatsgehalt, 30 Tage Urlaub. Auf dem Papier waren das gute Jobs, vom Zusteller bis zum Niederlassungsleiter, weit entfernt von der Mindestlohndebatte. Kein Wunder, dass es bis zu 2.500 Euro pro Vermittlung gab. Das macht bei 355 ehemaligen und wieder neuen Erwerbslosen 887.500 Euro. Ob dieses Geld wohl in den Wind geschossen ist? Ja, wohin denn sonst?

 

3. Für einen Euro vogelfrei? Das „Netzwerk Hessischer Erwerbsloseninitiativen“ diskutierte in Frankfurt am Main die These, dass Ein-Euro-Jobs unmittelbar zum autoritären Staat führen. Ein wunderbar sarkastischer „Ein-Euro-Job-Blues“ über die Entwürdigung durch Arbeitsgelegenheiten für zusätzliche 150 Euro im Monat zum lachhaften ALG-II-Betrag von 351 Euro plus Miete ertönte: „Ich kratz für euch die Hundescheiße direkt vom Bürgersteig und pick euch die Rosinen aus dem großen Teig! Gebt mir ’nen Euro, gebt mir ’nen Euro, und ich tu’s! Verschickt mich auch nach Bayern oder in die Walachei, denn für einen Euro, da bin ich vogelfrei!“

Alle Kritik an Ein-Euro-Jobs, die Erwerbsloseninitiativen jemals geäußert hätten, sei mittlerweile amtlich bestätigt worden und bleibe dennoch folgenlos, konstatierte Harald Rein vom „Frankfurter Arbeitslosenzentrum“. Am massiven Einsatz von Ein-Euro-Jobs habe sich nichts geändert. Das Ausmaß schilderte der Aktivist am Mittwoch auf einer Veranstaltung im DGB-Haus in Frankfurt am Main: In der Bankenmetropole habe sich die promovierte Kunsthistorikerin als Museumsaufsicht wiedergefunden, der Modedesigner als Lagerhelfer. Büro- und Küchenhilfen, Putz- und Aufsichtsarbeiten – das seien wichtige Tätigkeiten, die zwar gemacht werden müssten, aber kaum der beruflichen Perspektive dienten. „Schlüsselqualifikationen“ wie „mit alten Menschen spazieren gehen“ oder „angeregt unterhalten und zuhören“ seien für eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt nun mal nicht gefragt.

Wissenschaftliche Institute, Bundesrechnungshof und Behörden seien mittlerweile bei ihren Überprüfungen zu den gleichen Ergebnissen gekommen wie die Kritiker, führte Rein aus: Die Integrationsquote in den ersten Arbeitsmarkt nach Beendigung eines Ein-Euro-Jobs tendiere gegen Null, Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit der Jobs seien kaum gewahrt. Selbst die Bundesregierung habe auf Anfrage der FDP zum Nutzen der Arbeitsgelegenheiten knapp geantwortet: „negative Wirkung“. Die Bundesarbeitsagentur bestätigt, nur 3,4 Prozent aller arbeitslosen oder erwerbstätigen Hilfeempfänger hätten in sozialversicherungspflichtige Arbeit wechseln können. Folglich müsse anderes beabsichtigt sein als die oft beschworene „Eingliederung“ Hilfsbedürftiger. Laut Aussage des parlamentarischen Staatssekretärs Klaus Brandner im Bundesarbeitsministerium tauchten derzeit rund 3,2 Millionen Menschen nicht in der Arbeitslosenstatistik auf. Zu besetzende Ein-Euro-Jobs würden bei Trägern fälschlicherweise als „offene Arbeitsstellen“ geführt. Somit werde der Anschein erweckt, von staatlicher Seite alles für Erwerbslose getan zu haben – im Zweifelsfall müsse es also an ihnen selbst liegen, wenn sie keine Arbeit fänden.

So wird zum trillionsten Mal der Versuch unternommen, das Schicksal Erwerbslosigkeit zu individualisieren und es aus dem gesellschaftlichen Rahmen zu nehmen, wo sich zweifellos sein Ursprung findet. Die Regierenden wollen auf das Instrument Ein-Euro-Job sicher auch deshalb nicht verzichten, weil sich damit so wunderbar die Statistiken fälschen, äh, aufhübschen lassen: Die Selbstbeweihräucherung über angeblich gelungene Arbeitsmarktreformen darf auf keinen Fall angezweifelt werden! Schließlich weiß doch jeder nachdenkende Mensch, dass es außerhalb der „Springer“-Presse gar keine echten, also sozialversicherungspflichtigen, anständig bezahlten und die Arbeitnehmerrechte wahrenden Arbeitsplätze gibt! Ein-Euro-Jobber füllen wunderbar Lücken aus, während durch sie klammheimlich eine Wiederbesetzungssperre im öffentlichen Dienst erlassen werden kann! Eine Ausweitung des Niedriglohnsektors von gigantischem Ausmaß ist schließlich politisch gewollt, um die Profitmaximierung einzelner Unternehmer zu sichern. Nicht selten dürfen sich Organisatoren von Einsatzstellen für Ein-Euro-Jobber eine goldene Nase an der Not der Betroffenen verdienen. Pro Monat und Nase gibt es 300 Euro für nicht gegebene Beratung, einfach so, ohne all die Kontrollinstrumente, denen etwa ALG-II-Bezieher unterworfen werden.

Auch lassen sich Ein-Euro-Jobs ganz allerliebst als Straf- und Disziplinierungsmittel einsetzen! Eben damit geht eine Verschärfung gesellschaftlicher Tendenzen zum autoritären Staat einher, der sich dem Workfare-Modell gefährlich annähert. Die Dimension des Zwangs ist immer noch viel zu vielen überhaupt nicht bewusst! Wie die Sozialrechtlerin und Professorin Helga Spindler von der Universität Duisburg-Essen erläutert, kommt es bei Workfare, dem Arbeiten für die Grundsicherung, weder auf Eingliederung noch auf Zusätzlichkeit an, sondern auf die Pflicht, die staatliche Existenzsicherung als Gegenleistung sozusagen abzuarbeiten, für einen Hungerlohn. Es geht also um staatlich gewollte Lohndrückerei, Massenverelendung und -verarmung! Ich könnte es auch nur begrüßen, wenn ganz pragmatisch anstelle der amtlichen Sozialschnüffler Ein-Euro-Job-Detektive eingesetzt würden, um diesen massiven Missbrauch aufzudecken. Andersherum kann ja gar nicht genug Kontrolle aufgebracht werden! Wir müssen von Projektionen ausgehen. Manchmal kann bereits die Androhung einer Veröffentlichung der Missstände Abhilfe schaffen!

 

4. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von irgendeiner Seite vorgeschlagen wird, das ohnehin schon viel zu niedrige ALG II zu kürzen. Seit vergangenem Sonntag ist die Rede davon, 100.000 beispielsweise an Diabetes erkrankten ALG-II-Beziehern keine Zuschläge für erhöhte Ernährungskosten mehr zu gewähren. Laut „Focus“ kommt dieser missgünstige Vorschlag ausgerechnet von der Dachorganisation der Wohlfahrtsverbände, dem „Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge“. Angeblich ist bei Diabetes, erhöhten Fettwerten und anderen Volkskrankheiten nach heutigem Stand selbsternannter „Wissenschaft“ keine Diät erforderlich und eine gesunde Ernährung ausreichend. Laut „Focus“ richten sich die Behörden im Allgemeinen nach den Empfehlungen dieses Vereins.

Im Bewusstsein darüber, dass mehr als die Grundversorgung mit dem materiell Notwendigsten für viele Hartz-IV-Bezieher nicht mehr „drin“ ist und eine Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben den meisten verwehrt bleibt, ist es geradezu zynisch und menschenverachtend, das ALG II überhaupt als Sicherung auch nur in Erwägung zu ziehen! An welchen Ecken soll denn noch weiter eingespart werden, um frisches, gesundes Essen zu kaufen? Der kulturelle Bereich beispielsweise kann es nicht mehr sein, da er ohnehin gar nicht abgedeckt wird. Dann eben bei Kleidung und Schuhen oder bei der Körperpflege! Leider sind hier fast alle Betroffenen so depressiv und resigniert, dass sie sich nicht zusammentun. Es sollte einen Aufstand geben! Nachdem in Deutschland die soziale Eiseskälte des Neoliberalismus eingezogen ist, wird nun damit begonnen, sich Gedanken über die gesundheitliche Auslese zu machen! Im Grunde entzieht mensch den Betroffenen nun das Recht auf Leben, denn viele Betroffene sind auf den Mehrbedarf angewiesen!

 

5. Am 1. Oktober 2008 fand im „Konsul-Hackfeld-Haus“ eine Veranstaltung zu der Frage statt, ob Bremen einen „Masterplan“ braucht. Dort sprach auch der von mir sehr geschätzte Bremer Wirtschaftsprofessor Wolfram Elsner und beeindruckte uns nachhaltig. Klaus-Rainer Rupp von der „Linken“ leitete die Veranstaltung ein. Dabei schilderte er die besondere soziale Spaltung in unserer Stadt und die sich selbst verstärkenden Armutsprozesse. Mit Armut ist hier nicht nur Geldmangel gemeint, sondern die vollkommene Ausgegrenztheit von Kultur, Bildung, Gesundheit, ja auch von Demokratie, eben von jeglicher gesellschaftlicher Teilhabe. Wo also ist der ressortübergreifende Masterplan zur Armutsbekämpfung? Er kann nicht vom Sozialressort allein erarbeitet werden!

Wolfram Elsner holte weit aus und führte an, dass der Neoliberalismus letztlich nichts anderes als ein globaler Masterplan der Armutsproduktion ist. Hierbei wurde Bremen als regionales Pilotprojekt benutzt. Der neoliberale Masterplan zur Armutsproduktion wurde schon vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges geboren, doch bevor er richtig durchstarten konnte, mussten die Herrschenden die ihnen abträgliche Nachkriegsordnung mit „Staatssozialismus“ und „sozialer Marktwirtschaft“ als Nachteil für sich verbuchen. Mit immer höheren Lohnforderungen und steigenden Ansprüchen der Bevölkerung entwickelte sich der „soziale Kapitalismus“ für die Interessen der Unternehmer bedrohlich in die „falsche“ Richtung. Der Staat wurde ganz absichtlich verarmt, die sogenannte Dritte Welt kreditabhängig und gefügig gemacht. Ethnische und religiöse Konflikte wurden gezielt angezettelt. Der Masterplan des Neoliberalismus sieht eine Umverteilung von Ressourcen, Macht, Vermögen und Ansehen von unten nach oben vor. Nur kann sich dadurch nicht genügend Kaufkraft entwickeln, um die Massenproduktion zu unterstützen. Darum leistet sich Deutschland eine absurde Exportstrategie als Ersatzmaßnahme. So können wohl einzelne Länder eine Weile überleben, nicht jedoch auf Dauer.

Hier wurde ein wahres Horrorszenario gezeichnet, in dem der Neoliberalismus „nach unten“ explodiert ist, die Bankenkrise massenhaft hysterische Menschen produziert und Spekulationsblasen in Billionenhöhe platzen. Das öffentliche Vermögen wurde spottbillig verscherbelt, um private Profite zu unterstützen. Mit steigender Zahl der Arbeitslosen sinken die Massenarmutslöhne, werden richtige Verarmungsprozesse initiiert. So wächst in Bremen bereits jedes dritte Kind in Armut auf. Die Hoffnung auf kollektive Vernunft des Kapitalismus schrumpft. Es geschieht ein brutaler sozialer Ausschluss, eine Entwicklung von der Zweidrittel- zur 50-Prozent-Gesellschaft, worin die eine Seite in der Gesellschaft lebt und an ihr teilhat, während die andere Hälfte von allem ausgeschlossen ist. Die Mittelschicht wird fast komplett zerrieben. Als in Deutschland der „Rheinische Kapitalismus“ seine fein dekorierten Schaufenster gen Osten zeigte, mussten die sozialdemokratischen „Bomben auf die Hütten“ noch Jahre warten, bevor sie zum Einsatz kommen.

Helmut Kohl, der Kanzler der Bestechung, hat in vier Legislaturperioden nur halbherzigen Neoliberalismus geschaffen. Gerhard Schröder ist in sieben Jahren die soziale Zerstörung gelungen. Kanzler Schröder fuhr die Einkommen so dramatisch runter, bis sie das Niveau der Fünfzigerjahre erreichten. Deutschland hat sich zu einem der „ungleichsten“ Länder mit ungerechtester Staatsfinanzierung und geringster Belastung der Reichen entwickelt. Es ist vollbracht: Deutschland ist ein Billiglohnland geworden! Staatliche Handlungsverweigerung wurde das Politikmodell. Der Neoliberalismus prügelt den Menschen die „Anspruchshaltung“, die Erinnerung an einen „sozialen Kapitalismus“ heraus. In diesem System der Angst werden Millionen von Familien mit Kindern in die Massenarmut getrieben. Die SPD wird nun an den „Linken“ kaputtgehen.

Im Stadtstaat Bremen konzentrieren sich die sozialen Probleme intensiv. Seit 1993 leidet Bremen unter einer extremen Haushaltsnotlage und bekommt Geld vom Bund dazu. Für 2008 rechnet der Finanzplan vor, wie die Große Koalition „vorge­sorgt“ hat: Lediglich ein Prozent des Haushalts steht zur freien Verfügung, 99 Prozent sind durch endlose Mittelbildung, eine Strategie des Neoliberalismus, mit dem Festhalten an Eliteprojekten festgelegt. Die Sozialausgaben sind in vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Bundesverfassungsgericht ebenfalls festgelegt, fallen aber spärlicher aus, als sie müssten. Unter diesen Bedingungen werden keine Investitionen getätigt. Stillstand und Stillhalten sind angesagt! In den Schulen, Unis und Bildungseinrichtungen herrschen verheerende Zustände vor, die in die polarisierte Ungleichheitsgesellschaft und die Verteilungskatastrophe münden! Nun gilt es, aufzuwachen und gegenzusteuern, um der weiteren Zementierung von Armut etwas entgegenzusetzen. Dazu müssen alle Ressorts fachübergreifend zusammenarbeiten. Es wird wohl 20 bis 30 Jahre dauern, bis sich der beachtliche Schaden reparieren lässt, wenn denn endlich damit begonnen würde! Mit Geld allein kommt mensch da gar nicht weiter. – Claudia Bernhardt von der „Bremer Arbeit GmbH“ stellte ihre Sicht der Dinge dar. Daran schloss sich eine allgemeine Diskussion an.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
„Unzulässige Besitzabgabe“: Wer nicht von der Möglichkeit Gebrauch
macht, über Internet Radio zu hören, braucht auch keine
Rundfunkgebühr zu zahlen („Spiegel-Online“)
 
Der „Sozialverband Deutschland“ ruft für Mittwoch, den 8. Oktober
2008, zu einem Protestmarsch unter dem Motto „Schluss mit dem
Sozialabbau!“ auf. Beginn ist um 10 Uhr am Bahnhofsvorplatz.
Um 12 Uhr gibt es eine Kundgebung auf dem Marktplatz.
 
Am Donnerstag, dem 9. Oktober 2008, gibt es um 20 Uhr im „Kapitel 8“ an der Domsheide eine Veranstaltung mit Lühr Henken unter der Frage­stellung „Rüstungsproduktion in Bremen – das Beste für die Stadt?“
 
Das nächste Bremer Sozialforum findet von Freitag, dem 10.,
bis Sonntag, den 12. Oktober 2008 statt. Am Freitag geht
es ab 18 Uhr los, am Samstag und Sonntag ab 10 Uhr.

 

Banken mästen, aber Diabetikern
die Schonkost streichen

Jobst RoseliusImmer öfter finden sie statt, immer länger dauern sie, die Krisensitzungen wegen des Börsen- und Finanzsystemcrashs. Der hat nach den USA auch Japan und die EU erfasst. Die Banken trauen sich gegenseitig nicht mehr. Nun will die Politik für Beruhigung sorgen: Der Staat soll die Sparer und Kleinanleger in Sicherheit wiegen, damit es bloß keinen „Dominoeffekt“ gibt. Aber die, denen sowieso schon immer alles genommen wird, sollen gleich wieder gleich zur Kasse gebeten werden.

Es gibt, versteht sich, einen Konsens zum Gutachten, dass Hartz-IV-Betroffenen, die Diabetiker sind, die Zulagen für Diätkost gestrichen werden soll, weil bei „geschicktem“ Einkauf auch vergleichbare „normale“ Lebensmittel eingekauft werden könnten. Darum sei die Diät-Zulage unnötig und könne eingespart werden. Dankeschön für solche Hinweise und Belehrungen, besonders von solchen Gutachtern, die willfährige Vorschläge machen und sich selber nach Strich und Faden aus der Staatskasse für ihre „Leistungen“ bedienen! Dahinter steckt doch eine durch und durch perverse Mentalität!

Ich wiederhole mich gerne, wenn ich immer wieder darauf hinweise, dass dieses ganze System, von den Banken bis zum weltweiten Staatsapparat, völlig faul und absolut entbehrlich geworden ist! Schauen wir auf unsere Interessen, sammeln wir unsere Kräfte und klären die Menschen auf, die immer noch alten Illusionen anhängen! Dann können wir auch etwas erreichen. Kommt mit am 8. November 2008 nach Berlin zur Demonstration gegen die Regierung!

Jobst Roselius
 
Am Samstag, dem 11. Oktober 2008, gibt es ab 11 Uhr auf dem Domshof eine Aktion für ein friedliches, soziales, demokratisches und ökologisches Europa. Nach dem Votum der irischen Bevölke­rung zum EU-Reformvertrag lautet das Motto: „No means no!
 
Rettungspakete wirkungslos: Rekordverluste
an allen Börsen („Spiegel-Online“)

 

Terrorismus als Buhmann für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren

Wieland von HodenbergDie Nato wird nächstes Jahr 60. Alt sieht sie aus, diese Nato! Da hilft auch keine „Verjüngungskur“, die sie sich mit einer neuen Doktrin verpassen will. Doch diese Doktrin hat es in sich: Sie bedeutet noch mehr Rüstung, bedeutet Krieg, Krieg und nochmals Krieg, und dies auf der ganzen Welt! Selbstverständlich hält sich die Nato dabei auch atomare Optionen offen. Im Rahmen der werdenden EU-Militärmacht, die mit der Nato eng zusammenarbeiten soll, ist Deutschland immer mittendrin. Das heißt, heruntergebrochen auf staatliches Handeln gegenüber der Bevölkerung: Ausbau des Überwachungsstaates, Verschärfung der Armut schaffenden Gesetze und damit letztlich noch mehr Schikanen bei Hartz IV!

Das extrem militärische Denken und Verhalten ist ein Rückfall in die Steinzeit. Zuzeiten des sogenannten Kalten Krieges beschränkte sich das Nato-Bündnis noch weitgehend auf die „Verteidigung“ seiner Außengrenzen, obwohl es auch da schon die Bereitschaft zum Einsatz von Atomwaffen gab. Hier sei nur an die Kubakrise und ähnliche Ereignisse erinnert. Das änderte sich schlagartig, als der Ostblock zusammengebrochen war, der Warschauer Pakt sich auflöste und uns eine gewisse Rhetorik weismachen wollte, dass jetzt der große Weltfriede ausbreche. Nix da! Es wurde und wird kräftig in sogenannten Bürgerkriegen mitgemischt. Die Gier der Mitgliedsstaaten nach Öl, anderen Rohstoffen und Einflussgebieten ist ins Unermessliche angewachsen. Daher die Kriege mit deutscher Beteiligung in und gegen Jugoslawien, dann die Kriege gegen Afghanistan und Irak, und demnächst vielleicht gegen den Iran. Die Vorbereitungen hierfür sind längst angelaufen!

Dann gibt es überall die „verdeckten“ Kriege zwecks Destabilisierung der betreffenden Region, auch mit deutscher Geheimdienst-Beteiligung, entsprechendem Personal und vor allem mit deutschen Waffen und Bremer Rüstungselektronik. Auch Kriegsschiffe der Vegesacker Lürssen-Werft sind schon lange dabei! Wobei sich die Nato den „Terrorismus“, den sie zu bekämpfen vorgibt, selbst heranzüchtet. Und diesen „Terrorismus“ braucht man in Berlin wiederum als Buhmann für den Einsatz der Streitkräfte im Innern. Schäubles Propagandamaschine läuft längst auf vollen Touren. Die Koalition will in Kürze entsprechend beschließen und sogar das Grundgesetz ändern. Toll, funktioniert alles prima!

Wer nun manche Texte über das „Selbstverständnis“ der Nato liest, könnte meinen, das Bündnis sei längst reif für den Friedensnobelpreis. Wie hervorragend die Indoktrinierung läuft, zeigt beispielsweise ein Schülerinnen-Referat aus der Berufsschule Nürnberg – es liest sich fast wie eine Laudatio: „Aus der ursprünglichen Aufgabe der kollektiven Verteidigung ist das Prinzip der politischen Integration und der Wahrung des Weltfriedens geworden. Auf der Grundlage der gemeinsamen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit strebt das Bündnis seit seiner Gründung eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in Europa an. Es trägt daher auch zu Frieden und Stabilität in der Welt bei.“

Am 21. und 22. Februar 2009 wird in Bremen eine Konferenz60 Jahre Nato“ stattfinden, zu der ich beizeiten zurückkommen und Näheres sagen werde! Das „Friedensforum“ überlegt gerade, wie und in welcher Form es sich dazu verhalten wird.

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“) –
siehe auch „Die Linke

 

Erste „Winterdemo“
durch die Einkaufsmeile

Wegen der „Polnischen Woche“ mussten wir bei der 201. Montagsdemo am 6. Oktober 2008 um 17:30 Uhr erstmals wieder zum Dom umziehen. Als die „Treppenfeger“ kamen, brachen wir zur ersten „Winterdemo“ durch die Obernstraße zum Hanseatenhof auf. Das immer heißer werdende Thema der Banken- und Börsenkrise brachte uns viele Beiträge und über 40 Zuhörer und Teilnehmer.

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz