182. Bremer Montagsdemo
am 26. 05. 2008  I◄◄  ►►I

 

Nur 4.200 von 3,2 Millionen Hartz-IV-Empfängern konnte „Missbrauch“ nachgewiesen werden

Info-MichelIch freue mich auf die nächste Wahl in Bayern. Nicht aus Schadenfreude, im Gegenteil! Wenn in Bayern „Die Linke“ mit einzieht, ist das wohl endlich ein Zeichen für die übrigen Parteien: So können wir nicht weitermachen. Obwohl schon das Wahldebakel in Schleswig-Holstein das Gleiche aussagt. Die großen Parteien im Norden müssen schwere Verluste hinnehmen. Warum wohl? Das müssen sie jetzt erst mal analysieren. An sich wäre das gar nicht nötig, denn der gesunde Menschenverstand hat uns längst die Antwort gegeben: Wir wollen solche Politik nicht! In Bayern wäre das dann nur noch das i-Pünktchen: So dürfen wir nicht weitermachen! Was muss jetzt eigentlich noch geschehen, bis ihr Politiker endlich begreift?

Am Sonnabend habe ich den Parteitag der „Linken“ auf dem Kanal „Phönix“ gesehen. Zu 80 Prozent habe ich dort die alte Arbeitnehmerpartei SPD wiedererkannt, jedenfalls nach den Reden, die gehalten wurden. Am Sonntag habe ich noch die Sendung mit Anne Will gesehen. Ist doch klar, man muss sich von allen Seiten Informationen holen! CDU-Alt-Parteimitglied Heiner Geißler hat sich wieder mal dementsprechend zu Worte gemeldet. Seine Meinung ist bekannt: Hartz IV ist Armut per Gesetz. Was mich aber erstaunte, ist die pauschale Verurteilung von Hartz-IV-Empfängern durch eine Journalistin, die ein Buch geschrieben hat. Solche Leute haben studiert und sind nicht in der Lage zu differenzierter Betrachtung! Im Gegenteil, sie besitzen die Dreistigkeit, andere Menschen anzuprangern. So schafft man Vorurteile! Könnte sie sonst ihr Buch nicht verkaufen? Das ist nämlich Wasser auf die Mühlen der Hartz-IV-Befürworter.

Auch wir von der Montagsdemo streiten nicht ab, dass es „schwarze Schafe“ gibt. Die gibt es leider überall, und sie müssen „sondiert“ werden, denn sie schaden der Allgemeinheit auf beiden Seiten. Aber Menschen durch Gesetze in Armut zu bringen und sie dann zu verurteilen, ist wohl die größte Frechheit, die man erleben kann. Na, die Quittung bekommt ihr jedenfalls, das ist mein Trost! Euch Politikern kann ich nur raten: Erkennt endlich die Zeichen und handelt danach! Schon lange ist uns Bürgern klar: Euch brauchen wir nicht, wir wählen uns andere! Meine hohe Anerkennung gilt der jungen alleinerziehenden Mutter, die in gleich drei Jobs arbeitet. Traurig ist nur, dass sie die alle braucht, um über die Runden zu kommen. Soll das in Zukunft jetzt jede(r) tun? Das würde nämlich bedeuten, es gibt nur noch schlecht bezahlte Arbeit – und das ist weder familienfreundlich noch ein Grund, stolz zu sein. Auch das prangern wir schon lange an.

Udo Riedel (parteilos)
 
Kommunalwahldebakel: Große Koalition in Schleswig-Holstein
erleidet erdrutschartige Verluste („Rote Fahne News“)

 

Denkmalschutz für den Sendesaal

Am 28. Mai 2008 hat Bürgermeister Jens Böhrnsen den Denkmalschutz für den Bremer Sendesaal wieder in Kraft treten lassen. Wir gratulieren Herrn Dr. Hübotter und dem Verein „Freunde des Sendesaals“ zu diesem Erfolg! Darüber freuen wir uns sehr, weil dieser wichtige Schritt den Verhandlungsweg für eine bestimmungsgerechte Weiternutzung des Saals freimachen kann. Jedenfalls scheint nun aufgrund der neuen Ausgangssituation ein Abriss endgültig vom Tisch.

Herrn Dr. Klaus Hübotter wünschen wir viel Glück und in diesem Sinne eine weitere erfolgreiche Tätigkeit. Wir sind überzeugt, dass er alle Beteiligten von seinem sicherlich unterstützenswerten Konzept überzeugen wird. „Radio Bremen“ könnte dann weiterhin sein „Großstudio F“ unter anderem für wertvolle Musikproduktionen und öffentliche Konzerte verwenden, und neue Nutzer könnten ebenfalls zum Zuge kommen. In diesem Zusammenhang appellieren wir an die bisherigen Investoren Heise und Klima, nunmehr von ihrem Kaufvertrag für das „Radio-Bremen“-Gelände bedingungslos zurückzutreten.

Initiative Bremer Montagsdemo
 
Hübotter macht Kaufangebot: Bremer Sendesaal
wahrscheinlich gerettet (Senatskanzlei)

 

Alles gekauft

Wie kriminell wollen und sollen die Kapitalbosse eigentlich noch werden, ehe die Bevölkerung die eigene Initiative dagegen in die Hand nimmt? Alles ist gekauft? Ja!

Jobst RoseliusDen Schaden, den die von Pierers und Zumwinkels anrichten, sollen die Kollegen ausbaden. Der Stellenabbau wegen des „Sparens“ sei „unumgänglich“, sagt Siemens-Boss Löffler.

Wenn Kapital und Politik so eng zusammenarbeiten, dann werden auch schon die Schäuble-Gesetze hervorgezogen. Die Tele­kom-Bosse hören einander gegenseitig ab.

Es ist wie im richtigen Leben: Wenn das Essen schlecht wird, ist die Geschwindigkeit bis zur Fäulnis nicht mehr aufzuhalten. An diesem System ist nichts mehr zu retten, es muss weg!

Aber da müssen noch viele, anstatt den Blick wegzudrehen, nach vorne schauen und aktiv werden. Jede Zeit hatte ihr Problem, dass die Menschen etwas Neues anfangen mussten. Selber mutig werden, den Mitstreitern vertrauen und konkrete Überlegungen treffen, wie man etwas anders macht und welche Schritte zu gehen sind und gegangen werden müssen: Da sind wir jetzt. Ich rufe jeden auf, sich und seine Ideen einzubringen und die Kräfte zu sammeln!

Jobst Roselius

 

In Diepholz gibt es für uns
keine Rechtsberatung mehr

Heute ist ein besonderer Tag: Zum ersten Mal sind Vertreter aus dem Süd- und Nordteil des Landkreises Diepholz hier. Ich hatte heute Morgen eine „Begegnung der dritten Art“ nach Steven Spielberg. Wir haben ja schon gehört, dass es besondere Schwierigkeiten mit der Sozialgerichtsbarkeit gibt. Nun bin ich nach Aufforderung einer Rechtsanwaltskanzlei beim Amtsgericht gewesen, weil mir nahegelegt wurde, mir einen Beratungsschein zu holen. Ich habe meine Schreiben zusammengesucht, bin nach Syke gefahren und habe das Amtsgericht aufgesucht. Dann saß ich einer Diplom-Rechtspflegerin gegenüber, die mich ausgelacht hat. Danke für das Gespräch! Ich hätte keinerlei Anspruch auf Rechtsberatung. Wieso? Es geht darum, einen Antrag zu stellen und dessen Ablehnung abzuwarten. Es gibt also keine Beratungsscheine mehr im Landkreis Diepholz!

Die Diplom-Rechtspflegerin nahm Rücksprache mit ihrer Dienstvorgesetzten, einer Richterin, die sagte, ich hätte keinen Anspruch. Das zeigte mir, dass sie von total falschen Voraussetzungen ausging. Das störte sie aber nicht, nachdem ich das geradegerückt hatte. Die Rechtspflegerin ging noch mal zu ihrer Dienstvorgesetzten und besprach sich. Sie kam mit dem gleichen Ergebnis wieder heraus, nämlich, dass ich keinerlei Anspruch hätte. Dann kam der richtige Hammer: Es ist wichtig, dass sie sich unterschreiben lässt, mir den negativen Bescheid gegeben zu haben, denn sie muss gegenüber ihrer Vorgesetzten nachweisen, was sie in dieser Viertelstunde mit mir gemacht hat. Ich habe das unterschrieben und eine Kopie davon bekommen, was noch mal fünf Minuten dauerte, weil man quer durchs Haus musste. Aber eine Hilfe gibt es in Deutschland erst, wenn man vom Hochsitz gefallen ist!

Es gab einmal einen Präsidenten, der hieß Jimmy Carter und hatte einen Kasper, einen gewissen Zbigniew Brzezinski. Der hat sich Mitte der siebziger Jahre mit seinen Kollegen ausgedacht, was jetzt, seit 2003 und in Folge, umgesetzt wird. Demnach müssen in Zukunft 80 Prozent der dann arbeitslosen Weltbevölkerung durch „Tittytainment“, eine moderne Form von „Brot und Spielen“, bei Laune gehalten werden. Das bitte ich auch noch einmal zu bedenken!

Roland Springborn (parteilos)

 

Eine schwere Pleite
für die Regierung

Harald BraunDie Große Koalition ist auf dem absteigenden Ast. Am Sonntag hat sie bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein die Quittung für ihre volksfeindliche Politik bekommen. CDU und SPD haben ein Debakel erlebt und gemeinsam über 15 Prozent ihrer Stimmen verloren. Einige Tage vorher mussten sie zum ersten Mal eine beschlossene Diätenerhöhung zurücknehmen. Um 16,4 Prozent sollten die Diäten erhöht werden, auf 8.159 Euro im Monat. Wenn man die Kostenpauschale von 3.782 Euro dazurechnet, genehmigen sich die Bundestagsabgeordneten ein Monatseinkommen, mit dem ein Hartz-IV-Empfänger 34 Monate auskommen muss!

Die Empörung über diese Unverschämtheit war so groß, dass es Proteste und Massenaustritte hagelte. Die Regierung musste die Reißleine ziehen, um nicht noch mehr Ansehen zu verlieren. Allerdings bleibt die für 2008 bereits vollzogene Erhöhung von neun Prozent in Kraft, und die weitere Diäten-Erhöhung wird nur aufgeschoben, bis ein „günstigerer Zeitpunkt“ gekommen ist. Das ist ein Erfolg der kämpferischen Opposition, die unbedingt weiter wachsen muss! Und da kann jeder mitmachen, der heute zum ersten Mal auf die Montagsdemonstration stößt.

Ohne mit der Wimper zu zucken, wird Millionen Menschen ein Leben in Armut zugemutet. Die Regierung besitzt auch noch die Frechheit, das wahre Ausmaß der Armut zu verschleiern. Im neuen Armutsbericht wird die Armutsgrenze einfach auf 781 Euro gesenkt, um dann beruhigt festzustellen, dass „die Armut auf dem Niveau von 2003 bei 13 Prozent stagniert“. Geht man von der Armutsgrenze der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ aus – sie liegt bei 938 Euro pro Monat – sind aber bereits 25 Prozent der Bevölkerung in Deutschland von Armut betroffen! In der zehnjährigen Regierungszeit der SPD hat sich die Zahl der Einkommensmillionäre verdoppelt und gleichzeitig der Hunger in einem der reichsten Länder der Erde ausgebreitet.

Die 6. Bundesdelegiertenkonferenz der Montagsdemo-Bewegung hat deshalb am 19. April 2008 beschlossen: „Wir erklären uns solidarisch mit den weltweit stattfindenden Hungerrevolten. Auch in Deutschland gibt es massive Lohnsenkungen und Preissteigerungen. Auch hier greift schon der Hunger um sich. Wir bleiben dabei: Hartz IV muss weg! Die Inflationsrate für den Bedarf eines Hartz-IV-Betroffenen liegt bei mindestens zehn Prozent. Deshalb fordern wir einen Hungerzuschlag von mindestens 50 Euro pro Monat als Soforthilfe.“ Wir sollten auch hier in Bremen gemeinsam beraten, welche Initiativen wir starten für die Durchsetzung der neuen Forderung nach dem dringend notwendigen Hungerzuschlag!

Harald Braun

 

Irische Freunde, sagt Nein für mich!

Hans-Dieter Binder1. Der Bagis fehlen die Mitarbeiter! Von 713 Vollzeitstellen sind nur 679 besetzt. Es gibt somit 34 unbesetzte Stellen, und hinzu kommt die hohe Fluktuation. Auf den Krankenstand der Bagis-Mitarbeiter ist der Senat nicht eingegangen: Die Bagis hatte (und hat?) den höchsten Krankenstand. Beides, Fluktuation und Krankenstand, spiegeln die Unzufriedenheit des Personals wider. Dies nur als Ausdruck der Unsicherheit über den Fortbestand dieser Behörde zu sehen, ist sicherlich zu kurz gesprungen. Egal wie die Verwaltung künftig strukturiert ist – ohne Personal geht es nicht! Unbefriedigend für die Bagis-Mitarbeiter(innen) sind die unterschiedlichen Personalstrukturen, die wesentliche Schlechterbezahlung der neuen Mitarbeiter(innen), die unklaren Weisungs- und Unterstellungsregelungen sowie die Vertragsbefristungen!

Bei dieser Personallage wäre Klarheit angebracht! Durch Arbeitsvereinfachung lässt sich die Belastung reduzieren. Als Externer hätte ich folgende Vorschläge:

  1. Bewerbungskosten werden jetzt überwiegend nach Aufwand abgerechnet. Sie können nach dem Willen des Gesetzgebers aber auch pauschal mit fünf Euro pro Bewerbung abgerechnet werden. Die Pauschale spart Verwaltungszeit und ist weniger mit Streit belastet.
  2. Ortsabwesenheit muss vorher vom Ansprechpartner genehmigt werden. Dies ist aufwendig. Eine einfache schriftliche Information würde es auch tun. Es werden nur drei Wochen Ortsabwesenheit bewilligt. Die Rückmeldung muss persönlich erfolgen. Auch hier würde ein Anruf genügen.
  3. Klare Bescheide reduzieren die Widersprüche. Inzwischen kann der Sachbearbeiter ausreichend Zusatztext für den Bescheid erfassen. Notfalls können die Aufstellungen und Übersichten separat abgeschickt werden.
  4. Die Bescheide werden überwiegend für sechs Monate erteilt. Die Möglichkeit, den Bescheid für zwölf Monate zu erlassen, wird sehr selten genutzt.
  5. Die neuen Verlängerungsanträge sind viel umfangreicher und erfordern wesentlich mehr Verwaltungsaufwand. Bisher stehen nicht einmal die neuen Ausfüllhinweise im Netz.
  6. Von den Gerichten lernen! Obwohl bereits anderslautende Gerichtsentscheidungen vorliegen, wird weiter verweigert. Die Vorsitzende der Landessozialgerichte hat dazu sinngemäß gesagt: Jede erneute falsche Entscheidung und Wiederholung einer bereits gerichtlich kassierten Entscheidung der Argen ist nervig!

All dies würde Verwaltungszeit sparen und die Zufriedenheit bei den Mitarbeiter(inne)n erhöhen. Unter der Überschrift „Baustelle Bagis – Effektivität, Effizienz und Qualität sicherstellen“ hat der Senat eine Anfrage der CDU beantwortet. Diese Überschrift müsste lauten: „Die weisungsgebundenen Fehler der Bagis“!

 

2. Heute ist der „Tag der Ausbildung“! Die Bundesagentur und Olaf Scholz haben eine Aktion angestoßen: „Stifte sichern Zukunft“. Die Bundesagentur ruft zentral alle Arbeitgeber an, um Ausbildungsplätze zu gewinnen. Eine gute Aktion! Wunderlich nur: Hatten nicht gerade der DIHT und alle anderen arbeitgebernahen Organisatoren verkündet, es gebe mehr Ausbildungsstellen als Bewerber?

Die Jugendlichen in Bremen aus ALG-II-Bedarfsgemeinschaften werden bereits vor der Bewerbung aussortiert: Sie erhalten Unterstützung durch die Bagis, alle anderen durch das Arbeitsamt. Dies ist seit dem 1. Februar 2007 in Bremen so. Für den Arbeitgeber ist somit gleich erkennbar: Da kommt einer aus einer Bedarfsgemeinschaft! Die Warnungen der Arbeitgeberverbände stehen in der Presseerklärung zum Ausbildungsangebot: Dort wird vor dem Einstieg in ALG II gewarnt. Früher wurde auf die für Bewerbungen aussichtslose Adresse hingewiesen. Heute muss dies ergänzt werden. Allerdings kann jeder Ausbildungsplatz gefördert werden, wenn der Jugendliche nur „dumm genug“ dafür ist. Dies muss vorher von der Bagis bestätigt werden!

Es gibt immer noch keine verlässlichen Bestimmungen. Kein Arbeitgeber kann einstellen und die Förderung nachträglich erhalten! Wie viele Jugendliche durch eine andere Maßnahme versorgt werden und somit auch ohne Ausbildungsplatz aus der Statistik entschwinden, ist aus den Zielen der Bagis ersichtlich, unter anderem auf Seite 9. Die Schönfärberei der Vorjahre ist in der „Nacht der Jugend“ aufgeklärt worden!

 

3. Der „Ausschuss für Arbeit und Soziales“ macht am 16. Juni 2008 im Bundestag eine Anhörung zum Regelsatz für ALG II. Sie dauert von 12:30 bis 13:30 Uhr – eine Stunde für das Leid von Millionen! Der Regelsatz ist unstrittig zu niedrig! Die Anrechnung des Kindergeldes fällt sogar hinter die alte Regelung der Sozialhilfe zurück. Diese Anrechnung einzuschränken, geht auch in einer Stunde! Beim Bafög wird das Kindergeld ebenfalls nicht angerechnet. Außerdem ist Soforthilfe im Rahmen der Fürsorgepflicht geboten. Wir fordern 50 Euro Hungerzuschlag ab sofort! Die Stunde der Wahrheit für die diätenverwöhnten Abgeordneten naht – am 16. Juni 2008 von 12:30 bis 13:30 Uhr!

Die Regelung, dass Geldgeschenke auf den Regelsatz angerechnet werden, trifft wieder einmal die Kinder. Obwohl die Kirchen eine Ausnahmeregelung für Konfirmations- und Kommunionsgeschenke ausgehandelt haben, versuchen Argen immer wieder, dieses Geld anzurechnen. In Kassel haben sich zwei Familien mit Hilfe des Pastors der Brüderkirche erfolgreich dagegen gewehrt. Eine Mutter war zusätzlich mit Sanktion belegt wurden, weil sie das Geldgeschenk nicht gemeldet hat. Auch diese Sanktion wurde aufgehoben. Für Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke reicht die schützende Hand der Kirche nicht. Daher sind, wenn das Geburtstagskind etwas davon haben soll, Sachgeschenke angebracht, denn diese werden nicht angerechnet. Geld wird zu 100 Prozent abgezogen, wenn der Betrag von 50 Euro pro Jahr überschritten wird. Im Lexikon der Bagis fehlt dieser Punkt.

Der Bremer Senat hat eine Anfrage der Partei „Die Linke“ zur Kinderarmut im Land Bremen beantwortet. Auch hier finden sich Stückwerksansätze und viele Worte, die nicht gehalten werden. So ist der Bremer Senat für den Mindestlohn (Antwort zu 6.2), aber dessen Höhe steht nicht dabei. Bremen hat die ABM-Stellen auf ein Entgelt von 1.000 Euro brutto bei 40 Stunden in der Woche reduziert. ABM wird zur Anleitung von Ein-Euro-Mitarbeiter(inne)n eingesetzt. Dies ergibt einen Stundenlohn von 5,78 Euro brutto.

Der letzte Punkt der Antwort zu Frage 6.3 auf Seite 7 lautet: „Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und deren Kinder sind auch die Bestrebungen, eine soziale Segregation zu minimieren. Dies geschieht unter anderem durch die moderate Bewilligungspraxis bei den Kosten der Unterkunft, indem zum Beispiel die Besonderheiten des Einzelfalls ebenso berücksichtigt werden wie das Mietniveau in einzelnen Stadtteilen, sodass ein Verbleib im Stadtteil möglich sein kann.“ Das ist schön zu lesen. Aber gerade Familien mit Kindern wurden durch die letzte „Verwaltungsanweisung Wohnen“ ab 1. November 2007 schlechtergestellt (wobei diese Verwaltungsanweisung nicht gerichtsfest ist). Traurig, aber von ähnlicher Qualität sind auch die anderen Antworten. Die Partei „Die Linke“ veranstaltet am 7. Juni 2008 im Waldau-Theater in der Waller Heerstraße 165 von 10:30 bis 17:30 Uhr eine Armutskonferenz.

Die Antwort auf eine Anfrage der FDP unter dem Titel „Wege für Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt“ zeigt, dass die Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse immer noch eine wesentliche Rolle spielen! Arbeitsmarktförderung findet überwiegend mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds statt. Die Träger erhalten jetzt 277 beziehungsweise 182 Euro für die Regiekosten.

Zur Frage 12 steht: „Durch die Sondersitzung der staatlichen Deputation für Arbeit und Gesundheit am 28. Februar 2008 konnte sichergestellt werden, dass alle Projekte, die zum 1. März 2008 starten wollten, planmäßig die Arbeit aufnehmen konnten. Das betraf gut die Hälfte der Vorhaben; andere planten einen Maßnahmebeginn zu einem späteren Zeitpunkt. Alle Projekte im Rahmen von ‚Bremen integrativ‘ starten planmäßig erst zum 1. Juli 2008.“ Dies gilt für die Umstellung der „Bras“ unter Wegfall der Gemeinnützigkeit für solche Arbeitsverhältnisse. Das hilft nur für die Zukunft! Rückwirkend bleibt das Risiko des öffentlichen Erstattungsanspruchs der „Bras“ und damit der Freien Hansestadt Bremen erhalten: Jeder Ein-Euro-Mitarbeiter, der produktive Arbeit geleistet hat, kann dafür einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe des Tariflohns oder des ortsüblichen Lohns geltend machen, rückwirkend ab Oktober 2004! Wie dies geht? Wir gehen mit!

Außer der Bundesagentur für Arbeit und der Bagis hat nunmehr auch die „Bremer Arbeit GmbH“ Arbeitsstellen zu vergeben, und zwar richtige sozialversicherungspflichtige Arbeitsstellen, nicht nur Förderangebote! Voraussetzungen sind ein Alter über 50 Jahre und ALG-II-Bezug. Ansprechpartnerin ist Frau Mügge-Maly (Telefon 0421/9584-89536).

Die SPD fordert eine Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge. Dies soll das Kontrastprogramm zur Steuersenkungsaktion der CSU sein. Was die SPD nicht sagt: Jede Reduzierung der Sozialversicherungsbeiträge kommt die Arbeitnehmer teuer zu stehen! Gerade hat die SPD die Haushaltsleistungen für die Sozialversicherungen weiter zusammengestrichen und eine weitere Steuerfinanzierung ausgeschlossen! Gerade hat die SPD die Ankündigung von Leistungskürzungen der Sozialversicherungsträger unwidersprochen hingenommen und auch dem Lissabonner Vertrag zugestimmt, der unter anderem die Privatisierung der sozialen Sicherungssysteme zum Ziel hat!

Die Zerschlagung der Rentenversicherung und die geschürte Rentenangst wurden im Film „Rentenangst“ thematisiert. Die private Rente kam sehr schlecht dabei weg! Aber es wird vom politischem Personal unverändert die Zerschlagung der Sozialversicherung betrieben, und zwar europaweit! Der Lissabonner EU-Vertrag kann durch die Volksabstimmung in Irland am 12. Juni 2008 gestoppt werden. Den Iren wird erklärt, dass dieser Vertrag uneingeschränkte Zustimmung in Europa habe. Auf Anregung von Attac Österreich machen wir uns bemerkbar: Wir sind für Europa, aber gegen diesen Vertrag! Beteiligt euch bitte an der Aktion „Irische Freunde, sagt Nein für mich“ und gebt die Info weiter! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Mit „Verfasssungsschutz“ und Birthler-Behörde: Irgendwie muss der „Linken“
doch beizukommen sein („Spiegel-Online“)
 
Beschäftigungsfetischismus: Förderprogramme der Bundesregierung
bleiben erfolglos („Spiegel-Online“)

 

Vom Wirtschaftswunder
zurück zu Sippenhaftung
und Dreiklassenwahlrecht

Elisabeth Graf1. Gerade eben haben die Fraktionschefs widerstrebend und murrend die geplante Diätenerhöhung vorerst zurücknehmen müssen, da rollt schon die nächste Meldung der unmöglichen Art und Absurdität auf uns zu: Ein 25-jähriges Jüngelchen des – der CDU nahestehenden – Studierendenverbandes RCDS, namentlich Gottfried Ludewig, fordert in einer E-Mail an alle CDU-Vereinigungen, dass die Arbeitslosen und Rentner bei Bundestags- und Landtagswahlen weniger Stimmrechte haben sollen.

In seinem knappen Brief an die CDU-Verbände schrieb Ludewig, dass sich die Parteien „mehr an den Empfängern staatlicher Leistungen“ als an den 26 Millionen Arbeitnehmern orientierten. Als Zweites behauptet er, dass „allein mit Hartz-IV-Beziehern und Rentnern“ der „soziale Ausgleich“ nicht funktionieren könne. Drittens postuliert er, die Lösung könne ein „doppeltes Wahl- und Stimmrecht“ bei Bundes- und Landtagswahlen „für alle Leistungsträger“ in Deutschland sein. Wie das Grundgesetz dafür genau zu ändern wäre, beschrieb Ludewig hingegen nicht. Doch schloss er mit dem Wort „Leistungsträger“ wahrscheinlich nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Selbständige und Begüterte ein.

Wie weit sollen wir denn noch rückwärts schauen? Ich dachte eigentlich, das Dreiklassenwahlrecht wäre 1918 abgeschafft worden! Zwischen 1849 und 1918 war nur männlichen Preußen, die das 24. Lebensjahr vollendet und in einer preußischen Gemeinde seit mindestens sechs Monaten ihren Wohnsitz hatten und die nicht durch rechtskräftiges Urteil die bürgerlichen Rechte verloren hatten oder öffentliche Armenunterstützung erhielten, das Wahlrecht gestattet. Arbeitslose schmähen, das war schon immer en vogue! Sie lassen sich als Ausgegrenzte so hervorragend zu Sündenböcken verunglimpfen, die ja jede Saubermann-Aufschwungsgesellschaft braucht, um sich selbst zu rechtfertigen. Aber leider kann sie sich dabei auch ad absurdum führen, ohne dies zu bemerken. Fatalerweise werden nicht nur die Armen bekämpft, sondern alle Personen, die nicht mehr ökonomisch verwertbar sind, wie zum Beispiel auch die Rentner.

Was ist die CDU eigentlich für eine „christliche“ Partei? Ein Jungmann aus ihren Reihen fordert doppeltes Wahlrecht für Leistungsträger, ein anderer spricht Alten künstliche Hüftgelenke ab – beide steigen auf: Da mag die Frage erlaubt sein, ob Gegner von Rentnern in der Union bessere Chancen haben? Haben diese beiden möglicherweise verdrängt, dass sie auch einmal alt sein werden? Oder lassen sie sich von dieser Frage gar nicht tangieren, weil sie als Privatversicherte solch eine Operation aus der eigenen Tasche bezahlen könnten? Die Option, dass auch sie zum Beispiel durch Krankheit oder Arbeitslosigkeit selbst von ihrer Karriereleiter geschmissen werden könnten, ziehen sie ebenfalls gar nicht erst in Betracht! Und nicht vergessen: wir haben Wahlkrampf! Blöderweise bekam Ludewig gestern Abend bei Anne Will die Gelegenheit, seinen Blödsinn übers Fernsehen weiter zu verbreiten. Angeblich wollte er nur einen „Denkanstoß“ geben.

 

2. Der Bundesrat hat das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Erhöhung des Wohngeldes für die etwa 800.000 Rentner und Niedrigverdiener gestoppt. Zur Klärung einiger Streitfragen rief die Länderkammer den Vermittlungsausschuss an. Die Länder kritisieren die Pläne für eine Erhöhung der durchschnittlichen Wohnhilfen um 60 Prozent auf im Schnitt 142 Euro pro Monat als zu weit gehend.

Die Länder möchten das Wohngeldgesetz für andere Zwecke nutzen: Mit dem Aufschub wollen sie mehr Geld des Bundes für die Grundsicherung im Alter durchsetzen und damit Zusagen der Regierung einfordern. Nur wenn die Einigung im Vermittlungsausschuss zügig vonstatten geht, kann die Wohngelderhöhung wie geplant zum 1. Januar 2009 in Kraft treten. Der „Mieterbund“ kritisierte die Entscheidung als „unerträglich“, da der Bundesrat 800.000 Einkommensschwache „im Regen stehen“ lasse. Das betrifft insbesondere viele Rentnerhaushalte. Mal wieder wird das Geldgezerre – und wer dafür bitte nicht die Verantwortung übernehmen muss – auf dem Rücken der Bedürftigsten ausgetragen!

Trotz der explodierenden Heizkosten gibt es kein wirkliches Interesse daran, dass Menschen mit geringen Einkommen auch nur ansatzweise in den Genuss kommen, ihre Lage auch nur ein wenig verbessern zu können. Oder ist dies die Antwort darauf, dass wir der regierenden Kaste die erneute fulminante Diätenerhöhung nicht gönnen? Ein riesiger Kindergarten? Der Verteilungskampf wird immer härter und asozialer! So wie in Zukunft nicht mehr alle in diesem reichen Land die volle medizinische Versorgung bekommen „können“, die sie brauchen!

 

3. Zwischen 1999 und 2007 sind in den damals noch 13 Mitgliedsstaaten der Eurozone 13 Millionen neuer Jobs entstanden. Laut einer Studie des Verbunds europäischer Wirtschaftsforschungsinstitute kann hierbei leider keine Rede von besseren Jobs sein. Allein im Jahre 2006 gab es einen größeren Zuwachs an Arbeitsplätzen als in den vier Jahren zuvor. Inzwischen nähert sich Deutschland mit seinem überbordenden, boomenden Niedriglohnsektor den Verhältnissen in den Niederlanden, Großbritannien und Amerika an. Der Unterschied zwischen niedrigem und hohem Einkommen vergrößert sich hier ganz besonders stark. In Dänemark sind 8,5 Prozent der Beschäftigten in Niedriglohnjobs angeheuert, in Frankreich 11,1, doch in Deutschland bereits 22,7, womit Großbritannien (21,7) überholt ist und man sich den USA (25) nähert.

Nicht viel anders ist das Ergebnis des Armuts- und Reichtumsberichts: Mindestens ein Viertel der Deutschen ist arm, wenn nicht mehr. Die Kluft zwischen Armen und Reichen und zwischen Lohn- und Vermögensquote wächst und wächst ins schier Unermessliche hinein. Zwischen 2002 und 2005 gingen die realen Bruttolöhne um fast fünf Prozent zurück. Inzwischen müssen ein Drittel aller Beschäftigten im Niedriglohnsektor arbeiten. Es ist Schluss mit dem Wirtschaftswunder – wir strömen dem ausufernden Prekariat entgegen!

Auch beim Vergleich im Hinblick auf die Qualität der Arbeit – gemessen an den Indikatoren Arbeitszeit und Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder anderen sozialen Aufgaben, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit, Weiterbildung und Karrierechancen sowie kollektive Interessenvertretung – schneidet Deutschland schlecht ab und liegt unter dem Durchschnitt, wobei Italien, Griechenland, Portugal und Spanien in diesem Punkt noch schlechter dastehen, während Dänemark an der Spitze steht, gefolgt von Schweden, den Niederlanden und Großbritannien.

 

4. Das „Aktionsbündnis Sozialproteste“ hat gemeinsam mit anderen Erwerbsloseninitiativen eine bundesweite Kampagne „Begleitschutz“ ins Leben gerufen: Kein Betroffener soll Termine bei den diversen Ämtern mehr allein durchstehen müssen. Der Begleitschutz wird in Leipzig mit aktiver Unterstützung der „Linken“ umgesetzt. Wir kennen es ja auch aus unseren Reihen, dass viele allein bei der bloßen Vorstellung einer „Einladung“ ihres Arbeitsvermittlers zum „persönlichen Gespräch“ Angstzustände, Schweißausbrüche und weiche Knie bekommen. Bei manchen reicht es allein, wenn sie vorzugsweise freitags eine „Einladung“ in ihrem Briefkasten vorfinden.

Einer normalen Einladung müsste gar nicht entsprochen werden – aber bei den Anschreiben der argen Argen lässt sich eher von einer Vorladung sprechen, denn hier wimmelt es zumeist vor Androhungen der schlimmsten Sorte für den Fall, „wenn du nicht Folge leistest“, die eine(n) allein in heftige Existenzangst versetzen können. Auch die gezielten Provokationen, Einschüchterungen und Erniedrigungsversuche von so vielen der sogenannten Sachbearbeiter gegenüber ALG-II-Empfängern tragen nicht gerade zur Entspannung bei.

Das „Aktionsbündnis Sozialproteste“ vermutet zwar, dass beide Seiten von einem Begleitschutz profitieren würden. Nach meiner Erfahrung geht es jedoch selten um Kommunikationsschwierigkeiten zwischen dem Sachbearbeiter und dem ALG-II-Empfänger. Wir haben auch bei Begleitungen zur Bagis die Erkenntnis gewonnen, dass Menschen, die sich dorthin begleiten lassen, weitaus besser behandelt werden und eher zu ihrem verdienten Recht kommen als solche, die noch immer allein dorthin gehen! Mir erzählte mal ein „Persönlicher Ansprechpartner“ bei der Bagis, dass die Abteilungen darum wetteiferten, welche das wenigste Geld für ALG-II-Empfänger ausgeben würde. Wie das geht? Natürlich mit „Einsparungen“: dem Nichtgewähren von zustehenden Leistungen, dem vorschnellen, oft ungerechtfertigten Kürzen aus der Leistungsabteilung!

Die Idee, Hilfeempfänger zu begleiten, ist unterstützungswürdig. Aber ähnlich wie bei den „Tafeln“ wird vielerorts viel Energie in die Symptombekämpfung gesteckt und nichts an den Ursachen geändert. Ich persönlich finde, dass wir zweigleisig fahren müssen: Zum einen sollten wir uns Linderung verschaffen, wo immer es möglich ist, ohne zum anderen dabei aus dem Auge zu verlieren, dass das menschenverachtende Hartz IV abzuschaffen ist, und zwar von uns! Das ist ja nun auch das erklärte Ziel der Linkspartei. Wie sagte Theodor W. Adorno so schön treffend: „Es gibt kein richtiges Leben im falschen!“

 

5. Aus dem zigsten, aber mit Sicherheit wieder brandneuesten Unicef-Bericht zur Lage der Kinder geht mal wieder hervor, dass es im reichen Deutschland viel zu viele arme Kinder gibt! Natürlich sind Kinder häufiger arm als Erwachsene, weil sie sozusagen in Sippenhaftung mit arm sind, wenn ihre Eltern von Armut betroffen sind. Der Bericht ermittelt laut Zeitung hohe Armutsrisiken für einzelne Gruppen. So seien etwa 40 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden von Armut bedroht, 30 Prozent der Migrantenkinder sowie fast zwei Drittel der Kinder von Hartz-IV-Empfängern.

Was ist denn mit dem dritten Drittel der Kinder von Hartz-IV-Empfängern? Kann mir mal jemand erklären, warum die nicht unter die Armutsgrenze gefallen sind? Ob es sich dabei wohl um die Kinder handelt, die nicht (mehr) zur Bedarfsgemeinschaft der Eltern zählen, weil sie mit Unterhalt, Ausbildungsgeld und Kindergeld ihren Lebensunterhalt selbst decken können? Auf jeden Fall sind sie durch die Anrechnung von überhängendem Kindergeld und anderem Einkommen noch immer genauso arm dran, als wären sie in der Bedarfgemeinschaft der Eltern verblieben!

Obwohl diese Kinder doch statistisch gar nicht erfasst werden, haben sie genauso wenig zum Leben wie Kinder, die Sozialgeld beziehen. Aber Hauptsache, die Statistik „stimmt“! Entfernen wir doch noch ein paar mehr daraus, anstatt endlich zu handeln, nämlich Hartz IV durch ein auskömmliches Sozialgeld zu ersetzen, das Kindergeld zu erhöhen und allen Kindern einen kostenlosen Zugang zur Bildung ohne Wenn und Aber, mit allem Drum und Dran zu gewähren!

 

6. Letzten Samstag brachte das Bremer Fernsehmagazin „Buten un binnen“ einen Beitrag unter dem harmlosen Titel „Mit dem Grafittimobil durch Olden­burg“. Da war die Rede davon, dass fast jeden Tag irgendwelche Menschen Hauswände oder Brückenpfeiler mit Grafittis zusprühen. „Im Auftrag der Maler- und Fahrradwerkstadt fährt ein sogenanntes Grafittimobil durch Oldenburg, um die Schmierereien wieder zu entfernen. An Bord sind Arbeitslosengeld-II-Bezieher, die sich auf diese Weise etwas dazuverdienen.“

Dieser Beitrag über das Ein-Euro-Reinigungskommando hat mich doch mehr als empört! Die Zeitung mit den vier Großbuchstaben hätte eine solch stupide Berichterstattung nicht besser hinkriegen können. Es ist unverantwortlich, für die menschenverachtenden Ein-Euro-Jobs, die sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vernichten, die jahrzehntelang erkämpfte Arbeitnehmerrechte einfach mal so in die Tonne treten, eine derart volksverdummende Werbung zu betreiben!

Wenn Ein-Euro-Jobber krank sind, erhalten sie keinen fortlaufenden Lohn, und von einem bezahlten Urlaub können sie nur träumen! Warum erhalten nicht anständig bezahlte Maler einen solchen Auftrag, die Farbschmierereien von den Wänden zu entfernen? Weiß man bei „Radio Bremen“ tatsächlich nicht, dass die Trägergesellschaften, die Ein-Euro-Jobber „einstellen“, je Proband 500 Euro bekommen, wovon die Ein-Euro-Jobber lächerliche 120 bis 180 Euro mehr zu ihrem kargen ALG II empfangen?

Der filmische Rest ist auch frisch aus dem Märchenbuch! Nur für die Kamera gab es pädagogische Betreuung, einen anwesenden Malermeister. Außer vielleicht am ersten Tag ist diese Praxis keineswegs üblich! An solchen Projekten verdienen nur bestimmte Organisationen. Ach, und der brave, geläuterte Ex-Knacki war natürlich auch herzig-allerliebst, wie er beteuerte, dass er ja lieber hier arbeite als zu Hause rumzusitzen! Dass die Bezahlung schlecht ist, kümmerte ihn scheinbar gar nicht – Hauptsache in Arbeit, war seine Devise!

Und man müsse natürlich das restliche ALG II mitbedenken, das er von der Bagis erhalte, so erzählte er brav: Er komme damit auf einen Stundenlohn von etwa sieben Euro! Sieht er denn nicht, dass er sich damit kaum über Wasser halten kann, den Klauen der Bagis mit ihrer Verfolgungsbetreuung aber noch immer nicht entronnen ist? Wie viel bekam er für diesen Fake, oder musste er sich zuvor einer Gehirnwäsche unterziehen? Schade, früher hat sich dieses Fernsehteam einmal politisch engagiert und sich vor einem solchen „Aufschwungsbericht“ entsprechend informiert, ehe so etwas in die Bremer Wohnzimmer ausgestrahlt wurde!

Dies habe ich brühwarm an die Redakteure gemailt und ihnen den ernst gemeinten Rat gegeben, mal zu unserer Montagsdemo zu kommen. Hier können sie erfahren, wie es im wirklichen Hartz-IV-Leben zugeht, auch bei Ein-Euro-Jobbern! Ob sie das wohl machen werden?

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

Liebe Frau Graf, vielen Dank für Ihre Mail. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Sie überhaupt an einer Antwort interessiert sind. Wenn Sie unsere Redaktion schon in den ersten Sätzen mit der „Bild“-Zeitung vergleichen, den Beitrag als „stupide“ und „volksverdummend“ und schlecht recherchiert abqualifizieren – dann haben Sie sich ja Ihr Urteil gebildet. Aber weil wir höfliche Menschen sind, antworten wir gerne, sogar denen, die uns unhöfliche Mails schicken.

Dass wir niemanden für irgendwelche Aussagen bezahlen, müsste ich eigentlich nicht betonen. Da Ihnen aber unsere Arbeitsmethoden so vollkommen fremd zu sein scheinen, fangen wir ganz von vorne an: Das war kein Fake, das war nicht bezahlt, das war nicht ausgesucht und gecastet, das war ein ganz normaler Hartz-IV-Empfänger. Es mag sein, dass seine Einstellung sich nicht mit Ihrer deckt und nicht mit der Mehrheit der Hartz-IV-Empfänger. Aber es ist sein gutes Recht, diese Meinung zu haben und zu vertreten. Was Sie dazu berechtigt, den jungen Mann deshalb abzuqualifizieren, ist mir nicht klar. Sie werden es hoffentlich wissen.

Und vielleicht ist Ihnen bei all Ihrer Empörung entgangen, dass sich dieser Beitrag vor allem um das Entfernen von Graffitis drehte und nicht um Hartz-IV-Empfänger. Über das Arbeitslosengeld II und die Folgen haben wir schon zigmal berichtet, das werden wir auch weiter tun. Und auch dann wird gelten: Wir kauen den Zuschauern nicht vor, was sie zu denken haben (ich vermute, das verstehen Sie unter „politischem Engagement“). Die können sich nämlich eine eigene Meinung bilden. Wir können das auch, deshalb kommen wir auch nicht zu Ihren Montagsdemos. Aber vielen Dank für die Einladung. Schöne Grüße.

Zuschrift von Silke Hellwig, Abteilungsleiterin Fernsehen aktuell
(„Radio Bremen“)
 – siehe auchDie Linke“, Kommentar von Gerolf D. Brettschneider sowie Artikel in der „Tageszeitung“: „Radio Bremen ganz privat

Sehr geehrtes „Buten-un-binnen“-Team, als Moderatorin und Mitgestalterin der Bremer Montagsdemo kann ich alles, was Frau Graf geschrieben hat, bestätigen. Ich bin selber Hartz-IV-Empfängerin und habe sechs Monate für die „Bras“ in einer Holzwerkstatt als Verwaltungsangestellte (mit Ausbildung und Berufserfahrung) gearbeitet. Die dort beschäftigten Ein-Euro-Jobber nehmen den ortsansässigen Tischlern die Aufträge weg, und denen droht permanent Arbeitslosigkeit. Eine normale Tischlerei mit sozialversicherungspflichtigen Angestellten ist und kann niemals konkurrenzfähig sein, wenn Holzwerkstätten mit Ein-Euro-Jobbern ihre Produkte zu Dumpingpreisen anbieten!

Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Urlaubsgeld gibt es für Ein-Euro-Jobber nicht. Durch die Subventionierung der Ein-Euro-Jobber vernichtet der Staat alle sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse, und die Träger verdienen sich eine „goldene Nase“ mit jedem Teilnehmer, der nur für ein Taschengeld arbeitet und dessen Berufserfahrung und qualifiziertes Wissen ausgebeutet werden. Ich lade Sie daher herzlich zu einer unserer nächsten Montagsdemos auf dem Bremer Marktplatz um 17:30 Uhr ein. Dort haben Sie die Möglichkeit, sich ein Bild vom realen Leben der Hartz-IV-Empfänger zu machen. Mit freundlichen Grüßen.

Anke Meyer (parteilos)
 
Seit Kohl wird die Statistik gefälscht: Außer den 3.413.921 Menschen, die offiziell Arbeit suchen, werden 1,5 Millionen nicht mitgezählt, und 625.000 melden sich schon gar nicht mehr („Süddeutsche Zeitung“)
 
Am 31. Mai 2008 findet in Bremen-Nord eine Demonstration gegen rechte Gewalt, Strukturen und Parteien statt, da es auch hier eine erschreckend schnell wachsende Nazi-Szene gibt. Die Demo startet um 15 Uhr am Bahnhof Blumenthal und wird bis nach Lüssum verlaufen.

 

Armut lässt sich nicht wegsingen

Wieland von HodenbergDas große Chorfest mit Köhler-Besuch war ein voller Erfolg – zumindest für die Veranstalter und die Medien. Wohlgemerkt: Ich will das „Schönwetter-Event“ hier keineswegs miesreden, und die Begeisterung der Gäste erst recht nicht. Aber die sozialen Probleme in der Stadt lassen sich nun mal nicht einfach „wegsingen“! 100.000 Menschen müssen laut Statistischem Landesamt von den Hartz-IV-Regelsätzen leben, und 22.000 Kinder sind von entsprechender Armut betroffen. Immer noch droht vielen Familien der Zwangsumzug, und Tausende sind prekär beschäftigt oder leben von Ein-Euro-Jobs. Sofern mensch dies überhaupt „leben“ nennen kann!

Im rot-grünen Koalitionsvertrag vom vorigen Jahr heißt es: „Ziel unserer Politik ist es, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen. Der soziale Zusammenhalt in unseren Städten ist Grundlage und Bedingung für eine hohe Lebensqualität. Besondere Hilfe des Staates benötigen alle diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Dazu zählen unter anderem Kinder, alte Menschen, kranke Menschen, arbeitslose Menschen und behinderte Menschen. Die zunehmende Armut in vielen unserer Stadtteile bedroht das soziale Gefüge. Hier werden wir alle Möglichkeiten nutzen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.“

Schöne Worte, doch was ist seither geschehen? Nichts! Besonders schlecht ergeht es den meisten Asylsuchenden, denen nach der zumeist erfolglosen Antragstellung die todsichere Abschiebung droht. Heute berichtet die „Tageszeitung Bremen“ vom haarsträubenden Fall der türkischen Kurdin Yesmin T., die trotz schwerer Erkrankung infolge der Misshandlungen durch ihren Mann und dem tödlichen Unfall eines ihrer Kinder abgeschoben werden soll! Und dies, obwohl selbst Innensenator Lemke hier interveniert hatte. Also, wenn sich schon der Innensenator oder wie im Fall der Bagis die Sozialsenatorin nicht mehr gegen die eigene Behörde durchsetzen kann – wo leben wir denn dann?

Es gibt noch zahlreiche andere Skandale in der Stadt, zum Beispiel das Krankenhausdesaster, Röwekamps Brechmittel- und Brückenschlafskandal oder der unsägliche „Fall Kevin“. Auch dies lässt sich nicht einfach „wegsingen“! Doch schon die alten Römer glaubten: „Gebt dem Volk Brot und Spiele, und es wird sich ruhig verhalten.“ Das klappt aber nicht immer, und auf Dauer klappt es schon gar nicht. Daher sind wir heute wieder auf dem Marktplatz und rufen den Verantwortlichen zu: Liebe Leute, mit uns nicht!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Horst Köhler begrüßt Bremer Montagsdemonstranten: „Auch hier wird gekämpft, ist nicht alles rosig. Deshalb müssen wir weiterarbeiten, und deshalb ist es gut, dass wir zur Kenntnis nehmen, was Sie sagen und was Sie beschwert!“ („Wikipedia“)

 

Die Proteste haben gewirkt

Wolfgang LangeEs lag an den Protesten gerade auch der Montagsdemos, dass die Vertreter der Abzocker-Parteien kalte Füße bekamen und die Diäten-Erhöhung fallenließen – allerdings nur die „Erhöhung der Erhöhung“, denn es bleibt bei der schon zuvor beschlossenen Diätenerhöhung von neun Prozent ab Januar auf dann 7.668 Euro. So belegt auch der „Armutsbericht“ trotz aller Verzerrungen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinandergeht. Die „Armen“ werden immer zahlreicher: Tatsächlich geht es um 40 Prozent der Bevölkerung, wenn richtig gerechnet wird!

Was dagegen tun? Viele Beratungsstellen empfehlen, vor dem Sozialgericht zu klagen. Damit haben viele von uns auch schon Erfahrungen gemacht. Das kann im Einzelfall auch richtig sein, aber das Allheilmittel sind die Klagen ganz sicher nicht! Nur jeder fünfte Hartz-IV-betroffene Kläger siegt – sonst ist es jeder dritte. Und die Gerichte werden immer dreister: Letzten Monat wies das Bundessozialgericht die Klage eines chronisch kranken Hartz-IV-Betroffenen ab, die Zuzahlung zu Medikamenten von seinen 347 Euro nicht bezahlen zu können – mit der Begründung, der Regelsatz von 347 Euro übersteige das physische Existenzminimum und enthalte darüber hinaus einen soziokulturellen Leistungsanteil! Ist damit vielleicht die Teilnahme am kostenlosen Gottesdienst gemeint?

Gerichtspräsident Masuch mit seinem Monatsgehalt von über 10.000 Euro erließ die Richtlinie an alle Sozialgerichte, dass die Armutsgrenze von 936 Euro, wie sie von der OECD beziffert worden ist, kein Beweggrund für die Gerichte sein darf. Was also dann tun? Das Entscheidende ist der Druck von unten: Hartz IV muss weg! Die Montagsdemos müssen größer werden! Auch die Braunschweiger Rentnerdemo, die jetzt einmal im Monat montags stattfindet, geht in die richtige Richtung, denn die entscheidende Bewegung findet in den Betrieben und auf der Straße statt. Parlamente und Gerichte können das – wenn überhaupt – nur ergänzen!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Milchboykott: Bauern prophezeien Versorgungskollaps („Stern“)

 

Wir haben Hunger!

Am vergangenen Sonnabend haben Hans-Dieter Binder, Frank Kleinschmidt und ich als gewählte Bremer Vertreter an der ersten Sitzung der bundesweiten Montagsdemo-Koordinierungsgruppe in diesem Jahr teilgenommen.

Mitglieder der bundesweiten Montagsdemo-Koordinierungsgruppe

Dabei haben wir erfahren, dass im nordrhein-westfälischen Hagen alle Fahrten zur Arge anstandslos bezahlt werden: Die Hagener können ein sogenanntes Mobilitäts-Ticket bekommen. Das entspricht dem Sozialticket, welches die Bremer schon seit Langem fordern, das aber bis heute immer noch abgelehnt wird. Ich bin der Meinung, auch dafür sollten wir uns weiterhin einsetzen! Außerdem möchten wir erreichen, dass die Stromkosten zu den „Kosten der Unterkunft“ gezählt und von den Argen vollständig übernommen werden, genauso wie die Heiz- und Wasserkosten!

Die bundesweite Montagsdemo hat beschlossen, dass wir stärkere Kontakte mit ähnlichen Organisationen, wie wir es sind, im europäischen Ausland pflegen wollen. Der 7. Juli 2008 wird bundesweit zu einem Mottotag: Wir werden mit Kochlöffeln und Töpfen ganz viel Krach machen, um verstärkt für einen Hungerzuschlag von mindestens 50 Euro zum ALG II zu demonstrieren. Ich hoffe, ihr erscheint zahlreich und mit Kochgeschirr „bewaffnet“!

Anke Meyer (parteilos)
 
Bizarr hohe Popularität: Horstel wird Bundestugendwart („Stern“)

 

Den Menschen ist das Vertrauen in „die Politik“ verloren gegangen

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlBei kräftiger Sommerbrise fand die 182. Montagsdemo in Bremen statt. Über 50 Teilnehmer und Zuhörer verfolgten die vielfältigen Wortmeldungen an unserem Offenen Mikrofon. Darunter waren immer wieder notwendige und wichtige Beiträge über den üblichen Ärger mit Hartz IV und die kaputtmachenden Verhältnissen bei der Bagis und den Argen. Aber auch die Tagespolitik wurde erwähnt.

So kamen in mehreren Beiträgen die Rücknahme der geplanten Diätenerhöhung nach starkem öffentlichem Druck – nicht zuletzt der Montagsdemos – zur Sprache, aber auch die großen Stimmeneinbrüche für CDU und SPD bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein. Das zeigt, wie sehr Engagement und Vertrauen in die Politik und das System bei den Menschen verloren gegangen sind. Viele hoffen noch, dass so etwas wie eine Wende zu einer sozialeren Politik möglich sein wird. Der Weg der Montagsdemos, alles offensiv anzugehen, gibt uns jedenfalls mehr Vertrauen!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz