93. Bremer Montagsdemo
am 17. 07. 2006  I◄◄  ►►I

 

„Der Herr ließ Schwefel und Feuer
regnen vom Himmel herab“

Ursula GatzkeNach den Meldungen von Bomben auf den Libanon bin ich heute aus einem bösen Traum aufgeschreckt, Gott sei Dank! Ein fürchterlicher Vergleich, aber sind wir nicht auch in Deutschland auf einem Weg wie die Städte Sodom und Gomorrha? Ich habe gestern Abend unsere Tageszeitung gelesen. Angst vor der Zukunft ist mir in die Knochen gefahren: Es trieft nur so von Korruption, Verschwendung, Ausbeutung, Abzocke, Knebelung, Bestechlichkeit, Vorteilsnahme und Dummheit zu vieler Spitzenvolksvertreter!

Ich bin nicht 18 oder 35 Jahre, nein, ich werde 65, und arm kann ich mich auch nicht nennen. Wieviel Angst und Schrecken muss in der jüngeren Generation stecken? „Aus wirtschaftlichen Gründen“ werden die Löhne gekürzt! Die Bundesregierung möchte die Lehrlingsgehälter „einfrieren“, zur Sanierung der Wirtschaft! Der Autozulieferer Hella will die Einkommen seiner 11.000 Beschäftigten deutlich kürzen und schließt Personalabbau nicht aus, zur Sanierung!

Die Allianz streicht Stellen und Standorte, die Warenhauskette Real will 500 Stellen abbauen; das Mercedes-Werk will die Abteilung Motorenlager ausgliedern, und circa 350 Arbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze! Ein „Masterplan“ für das Klinikum Mitte sieht den Abbau von 700 Vollzeitstellen vor, die Belegschaft soll einem „Zukunftssicherungs-Tarifvertrag“ zustimmen, der eine Lohnsenkung von vier bis sechs Prozent vorsieht! Alles zur Sanierung!

Gehaltsverzicht garantiert Kündigungsschutz beim Theater! Man einigte sich auf einen Notlagentarifvertrag für nichtkünstlerische Theaterangestellte bis 2012! Die Beschäftigten sollen durch Lohnverzicht und Streichung des Weihnachtsgeldes die Sanierung bezahlen! Im Durchschnitt wird bis zum Jahr 2012 jede(r) Beschäftigte rund 5.700 Euro brutto für das Theater beigetragen haben! So viel Sanierungs-Abzocke in einer einzigen Tageszeitung!

Das Gesundheits- und Rentenchaos wird noch verschärft, und oben hört, sieht und spürt man nichts, wenn Millionen veruntreut, verschoben oder einfach verbraten werden! Warum nicht? Was zahlen Versicherungen für Managerfehler oder Lustreisen? Da haben wir es wieder: Leute, zahlt mehr Versicherungsbeiträge, damit wir oben sanieren können! Alles ein Sumpf, wie Sodom und Gomorrha! Nur so blüht Armut und Reichtum!

Wer befreit uns von dieser Unterdrückung, Ausbeutung, Armut und dem Hunger? Die Gedanken sind frei! Hitler hatten wir schon, Bush sehen wir schon. Wer schwenkt da noch Deutschland-Fahnen, für wen, für was? Reformen sind keine in Aussicht!

Ursula Gatzke (parteilos)
 
Demokratische Alternative: Aber nicht nur für („Die Weissen“)
 
Huch von hinten: Angie locker für die Cowboys („Bild“-Zeitung)

 

Das Busseln der Staatsfreunde

Elisabeth GrafMir steigen die Tränen in die Augen, weil die Fußball-WM nun vorüber sein muss! Wohin jetzt mit der Langeweile und dem Frust aus dem wirklichen Leben? Kann nach Klinnsmanns enttäuschendem Abgang ausgerechnet von der Politik die Planstelle des nationalen Hoffnungsträgers ausgefüllt werden und aus der Ersatzwelt des Stadions herausführen („Weser-Kurier“ vom 23. Juni 2006)? Diesbezüglich möchte ich im Rückblick auf die vergangene Woche unseren gewählten Volksvertretern über die Schulter schauen: Also, ich finde, unsere Bundeskanzlerin hat ihre Sache mit der sehr persönlichen Einladung an den mächtigsten Mann der Welt ganz großartig gemacht!

George Bush und Gattin sind in diesen abgelegenen Winkel gekommen, weil sich hier nun so eindrücklich die blühenden Landschaften bewundern lassen, nach all den Jahrzehnten der Unfreiheit, in denen die Pfarrerstochter aufgewachsen war. Da auch der Präsident im Alter von 40 Jahren zur Religion gefunden hat, kann er sich unserer Angie wirklich nahe fühlen. Vor laufenden Kameras und der bezaubernden, uralten Kulisse des backsteinernen Rathauses von Stralsund busseln sich der Staatsfreund und die Staatsfreundin ab. Angie kann sich ganz wunderbar in ihren Gast einfühlen. Seiner an der Stelle zur Schau gestellten künstlichen Maske, wo andere Menschen ihr Gesicht tragen, begegnet sie mit ebensolcher Unechtheit.

Für das Präsidentenpaar wurden aus den Reihen der CDU und/oder der Bundeswehr tausend handverlesene Jubel-Mecklenburger ausgesucht, die ihre Fähnchen schwenken. Die gesperrte Innenstadt ist menschenleer. Etwa 12.500 eingesetzte Polizisten verwandeln die Umgebung in eine gigantische Festung. Zwei junge Aktivisten von Greenpeace sind heimlich auf den Turm der Nikolai-Kirche geklettert und entrollen unter der Turmuhr ein quietschgelbes Transparent: “No nukes, no war, no Bush” steht darauf. Wenige Minuten bevor Bush diese Begrüßung der etwas anderen Art hätte lesen können, wird sie von eiligen Polizisten entsorgt.

Frau Merkel hebt lobend hervor, es sei den Vereinigten Staaten von Amerika zu verdanken, „dass wir in Freiheit und gemeinsam in Deutschland leben können“ („Süddeutsche Zeitung“, 14. Juli 2006, Seite 3). Es ist ganz wunderbar, auf welche Weise sie dem amerikanischen Staatsoberhaupt genau zu zeigen vermag, wie die Freiheit aussieht, die sie über Jahrzehnte hin vermissen musste. Natürlich gibt es überall Spielverderber, die Bushs Menschenrechtspolitik missbilligen und nun auch noch mit unserer Angie hadern.

Der SPD-Vorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern, Till Backhaus, hätte die 20 Millionen Euro für die Sicherheit während des Besuchs vom US-Präsidenten lieber in Schulen investiert („Junge Welt“, 8./9. Juli 2006, Seite 2). Eine wahrlich gewagte Äußerung kommt da aus seinem Mund. Weiß Till Backhaus denn nicht, wohin eine derartig hohe Investition in Bildung führen würde? Können wir es riskieren, von 20 Millionen Euro neue Lehrerstellen, Ganztagsschulen und Ausbildungsplätze zusätzlich zu schaffen? Am Ende der Schullaufbahn stünden wir dann plötzlich der pulsierenden Lebendigkeit und dem Lebenshunger einer Generation von eigenständig denkenden jungen Menschen gegenüber! Würde das nicht einem staatszersetzenden Unterfangen gleichkommen, einer Revolution gar gegen unsere neoliberale Demokratie?

Nein, dem möchte Müntefering zuvorkommen. Damit die Jugendlichen überhaupt in Arbeit kommen, will er Ausbildungshemmnisse beseitigen, nämlich den Jugendarbeitsschutz herunterfahren. Auch wenn Statistiken zeigen, dass junge Arbeitnehmer schon jetzt 50 Prozent häufiger von Arbeitsunfällen betroffen sind als ältere, macht dies nichts. Denn jenen Kollateralschäden stehen genügend Ausbildungswillige gegenüber, die einfach nur nachzurücken brauchen und so gleichzeitig aus der Arbeitslosenstatistik entlassen werden.

Im Moment kommen von Seiten der Bundesregierung ganz neue, alte Vorschläge, die an den Schulen gegen soziale Ausgrenzung helfen können sollen. Mit einer einheitlichen Schuluniform etwa soll dem Problem in Billigversion beigekommen werden. Mir ist nicht ganz klar, ob die Uniform auch von den Eltern getragen werden soll, um die sozialen Unterschiede der Herkunftsfamilien zu beseitigen. Vom kürzlich tagenden Integrationsgipfel imponiert in erster Linie die luftige Höhe seines wolkigen Namens.

Mir stellt sich die Frage, ob sich die Ausländer mit den vorab angekündigten Sanktionen ebenso gut in die Gesellschaft integrieren lassen werden, wie die Arbeitslosen auf dem Arbeitsmarkt! Das Fordern wird ganz groß geschrieben; ein Fördern ist kaum vorgesehen. Auch um unsere psychisch kranken und/oder verwirrten Mitbürger kümmert sich der Bundesrat ganz rührend: Künftig sollen die Behörden das persönliche Umfeld von Alten und psychisch Kranken ohne deren Wissen und Zustimmung ausforschen dürfen, um eine Betreuung vorzubereiten.

Ich finde auch, dass der Staat um seiner selbst willen und zum Schutze seiner gesunden Untertanen das völlige Selbstbestimmungsrecht nur noch den ausgesuchten Bürgern zubilligen darf, die es im Sinne von absoluter Normalität anzuwenden wissen! Eine gute oder schlechte Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht.

Elisabeth Graf (parteilos)
 
30 Milliarden Euro Zusatzbelastung für die Massen: „Steinbrücks Pläne sind kaum geeignet, die grundlegende Schieflage im Steuersystem zu beseitigen. Allzu sehr wird der Faktor Arbeit abkassiert, während der Fiskus Vermögende und Kapitalbesitzer auch dort verschont, wo er sie straflos besteuern könnte. Der Beitrag der Unternehmensteuern zum Gesamtsteueraufkommen ist in den vergangenen Jahren stetig zurückgegangen. Lag der Anteil von Körperschaft- und Gewerbesteuer noch in den siebziger und achtziger Jahren zwischen 12 und 15 Prozent, sank er in den vergangenen Jahren auf bis zu 6 Prozent. Die gesamte Körperschaftsteuer entspricht den Mehrwertsteuereinnahmen der ersten sechs Wochen eines Jahres... Wie will die Regierung eine Politik verkaufen, bei der Arbeiter und Angestellte mit höherer Mehrwertsteuer und Sozialabgaben die Milliardengeschenke für Konzerne bezahlen sollen? Warum wird das Kapital entlastet, wenn dem kein erkennbarer Nutzen für die Allgemeinheit entspringt?“ („Spiegel“, Heft 29/2006, Seiten 23, 24)
 
Bedingungslose Existenzsicherung für alle: Linken-Vize Kipping macht
Vorschlag zum Umbau des Steuersystems („Tageszeitung“)

 

Hansestadt demonstriert Zahlungs­unmoral am Beispiel der Sozial- und Schuldnerberatung

Bei der „Solidarischen Hilfe“ mussten wir letzte Woche eine außerordentliche Mitgliederversammlung abhalten und einen neuen Vorstand wählen, weil sich schon seit Wochen eine krisenhafte Entwicklung unserer Finanzen abzeichnet. Die staatlichen Zuschüsse für die Aufrechterhaltung unserer Sozialberatung sowie für Mieten, Energie- und Bürokosten sind uns in den letzten Jahren nach und nach auf Null zusammengestrichen worden.

Unser Haupt-Standbein ist daher die Schuldnerberatung, weil es für jede erfolgreiche Entschuldung noch Gelder von der Sozialbehörde beziehungsweise der Bagis gibt. So konnten wir auch unsere Sozialberatung mitfinanzieren und überleben. Doch schon im letzten Jahr verzögerten die Behörden die Zahlungen, sodass wir schon damals in große existenzielle Gefahr gerieten.

Wieland von HodenbergSeit März 2006 nehmen die Kostenübernahmen der Bagis für die Schuldnerberatung kontinuierlich ab. Aus diesem Grund fanden Gespräche mit den senatorischen Behörden, dem Förderverein Schuldnerberatung und der Landes-Arbeitsgemeinschaft statt, die bisher ohne konkretes Ergebnis blieben. Wir besuchten die Deputationssitzungen im April und Juni, um durch unsere körperliche Anwesenheit Druck auszuüben. Doch auch hier gibt es bisher keinen Erfolg!

Ursache für die Praxis der abnehmenden Bewilligungszahlen scheint nach unseren Feststellungen die Tatsache zu sein, dass im vorigen Jahr 800.000 Euro für Schuldenberatung aus dem 1,4-Millionen-Euro-Sozialetat einfach anderweitig ausgegeben wurden! Da gleichzeitig für circa 700.000 Euro Bewilligungen erteilt wurden, die aber erst 2006 ausgezahlt wurden, war das Geld im Schuldenberatungstopf bereits Anfang des Jahres für die ersten sechs Monate futsch! Die senatorische Behörde vertröstet uns mit der „Zusage“, dass dieses Finanzloch keine Auswirkungen auf die Bewilligungspraxis der Bagis haben werde.

Das alles ist nicht zu glauben! Senatorin Röpke kam uns mit der Ausrede, Ursache für die Schwierigkeiten sei unter anderem eine neue Computer-Software bei der Bagis. Es sei alles halb so schlimm, so die Behörde, weil die Zahlungen im Herbst/Winter 2006 im ersten Halbjahr 2007 nur entsprechend verzögert und nicht eingestellt seien. Die von der Landes-Arbeitsgemeinschaft zusammengetragenen Zahlen gehen allerdings für ganz Bremen von einer deutlichen Reduzierung der Kostenübernahmen aus!

Auf einem Treffen Anfang Juli zwischen Behördenvertretern und Schuldenberatungsstellen sagten Erstere noch zu, dass bis Ende 2006 circa 600 Bewilligungen erfolgen sollten. Das entspräche einem Finanzrahmen von 900.000 Euro, wobei 200.000 Euro vom Schuldenberatungsetat des Amtes für Soziale Dienste an die Bagis fließen sollen. Die Bagis erklärte ihrerseits, dass die enge Verknüpfung von Schuldnerberatung und „zeitnaher Arbeitsaufnahme im ersten Arbeitsmarkt“ nicht aufgegeben werde.

Das seltsame Verschwinden von 800.000 Euro im senatorischen Bermuda-Dreieck, die Verzögerungen und Verschiebungen uns zustehender Zahlungen, die dummen Ausreden von Frau Röpke und die Bewilligungspraxis durch die Bagis „nur bei zu erwartender Arbeitsaufnahme“ – all das nährt den schlimmen Verdacht, dass staatliche Finanzierung der Schuldnerberatung nicht mehr gewollt ist und eines Tages gänzlich eingestellt werden soll. Das Nachsehen haben wieder einmal die Betroffenen!

Wieland von Hodenberg („Solidarische Hilfe“)
 
Journalistischer Offenbarungseid: „Weser-Kurier“ überlässt ortsfremden
Billiglohn-Leiharbeitern den Delmenhorster Lokalteil („Tageszeitung“)

 

In den Amtsstuben liest man fleißig Texte der Montagsdemonstranten

Gudrun BinderIch bin am Samstag als Delegierte mit zwei weiteren Mitstreitern unserer Bremer Demo beim Treffen der Koordinierungsgruppe aller Montagsdemos in Kassel gewesen. In Deutschland gibt es ungefähr 120 bis 130 Montagsdemos. Davon treffen sich einige alle 14 Tage, die meisten aber wöchentlich, an markanten Stellen in ihren Städten. Viele gehen wie wir in das dritte Demojahr und sind genauso stolz darauf wie wir, dass wir entgegen anderen Meinungen eine ständige Präsenz gegen die menschenverachtende und menschenunwürdige Politik in diesem Lande darstellen.

Bei allen Montagsdemos sinken oder stagnieren die Teilnehmerzahlen. Das ist einerseits unverständlich bei den Gemeinheiten der Regierung, die uns alle betreffen, aber andererseits lässt sich durchaus feststellen, dass die Montagsdemos große Beachtung vor Ort finden. Das äußert sich leider auch in mehr oder weniger massiven Behinderungen. Es kommt immer wieder vor, dass Mikrofone ausgeschaltet werden, weil angeblich die Personenzahl zu gering ist; es werden andere Demoplätze zugewiesen; es kommt zu fadenscheinigen Anzeigen, die in den meisten Fällen nach Gegenwehr wieder zurückgenommen werden. Genehmigte Demowege werden unter „Polizeischutz“ umgeleitet, Demos und Kundgebungen nur im Zwei-Wochen-Rhythmus genehmigt.

Demgegenüber wurde aber mehrheitlich festgestellt, dass die Montagdemos in den einzelnen Städten Dinge in Bewegung gebracht oder Maßnahmen abgeblockt haben, die ohne sie eben nicht so abgelaufen wären. Wir waren uns darin einig, dass wir die Aufmerksamkeit da erreichen, wo wir sie auch erreichen wollen, denn in Amts- und Regierungsstuben werden die einzelnen Homepages der Montagsdemos und die der bundesweiten Montagsdemo fleißig und regelmäßig gelesen. Auf der Website der Bremer Montagsdemo gibt es durchschnittlich 200 Besuche täglich, bei der bundesweiten Montagsdemo sind es circa 600.

Unsere Demonstrationen sind nicht wegzureden, weil man uns zuverlässig sehen und hören kann! Wir sind ein Stachel in den Fettpolstern der Politiker! Wir würden uns freuen, wenn die Menschen, die uns am Rande der Demos zuhören – und das sind etliche –, zu uns treten und zu ihrer Wut und Unzufriedenheit mit diesem Staat der Rechtsbeugung stehen. Wir wünschen und hoffen, dass die Menschen in Deutschland endlich den Mut und die Kraft finden, gemeinsam auf die Straße zu gehen. Es ist an der Zeit, sich nichts mehr gefallen zu lassen, aber dazu müssen wir uns wehren. Wir müssen keine Angst vor „denen da oben“ haben. Wenn wir uns alle solidarisieren, ändern wir das, was uns heute lähmt. Dann haben „die da oben“ Angst vor uns.

Gudrun Binder
 
Schnell abGEZockt: Obwohl sie selbst nur einen winzigen Bruchteil der
Internet-Inhalte anbieten, wollen die Rundfunkanstalten für
Zugangsgeräte Gebühren erheben („Spiegel-Online“)

 

Wegen der Skandale bleibt die
Senatorin am Schreibtisch

1. Senatorin Karin Röpke kann nicht in Urlaub fahren, sie hat zuviel auf dem Schreibtisch! Aus meiner Sicht kommt noch der unter den Teppich gekehrte Unrat dazu. Herr Knigge wusste sicher, warum er sofort gehen wollte!

Die Bagis soll den Menschen helfen! Dazu benötigt auch diese Behörde Geld. 1,4 Millionen waren für Schuldnerberatung vorgesehen, doch 800.000 Euro wurden von dieser senatorischen Dienststelle scheinbar anderweitig ausgegeben. Das ist allerdings kein Problem für bremische Haushaltskünstler: Genehmigt wird 2006, gezahlt erst 2007 – aus dem neuen Haushalt! Noch einige Tricks und Kniffe dazu, und keiner merkt etwas. Die Bagis soll den Menschen helfen, will aber nur den überschuldeten Betroffenen helfen, die mit Sicherheit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnehmen. Somit wird dieser Haushaltsposten wirklich nicht benötigt, es sei denn, die Betroffenen wehren sich! Damit die Betroffenen eine Ansprechpartnerin haben, bleibt Frau Röpke am Schreibtisch.

Diese senatorische Dienststelle ist lernfähig! Sollte nicht das Krankenhaus Ost insgesamt bis auf eine Notversorgung geschlossen und alle Bereich nach Mitte verlagert werden? Da war was los in Bremen-Ost! Fazit: Das Krankenhaus Bremen-Ost bleibt! Trotz vieler Gutachter waren alle Argumente zu widerlegen, sie lagen teilweise sogar vollkommen daneben! Aber Personalabbau muss sein, es wird nur anders verteilt. Nun ist das Klinikum dran. Frau Röpke hat gerechnet: Diese Kliniken sind nicht wirtschaftlich und müssen Insolvenz anmelden!

Diesmal soll die Rechnung stimmen; außerdem hat es beim Theater auch geklappt, obwohl nichts stimmte. Neue Gesichtspunkte sind unerwünscht. Auch die in Ost gefundenen Ertragsreserven verändern nichts, oder war dieser Sachverhalt bereits bekannt? Wenn nicht schnell gehandelt wird, gibt es eventuell auch diesen Senat gar nicht mehr! Wer soll dann für die Bauaufträge sorgen, mitten im Stadtteil Baumbestand in Bauland verwandeln und die Mitarbeiter entlassen? Damit die Betroffenen eine Ansprechpartnerin haben, bleibt Frau Röpke am Schreibtisch.

Das Klinikum Ost hat einen freigestellten Geschäftsführer, dem Frau Röpke fristlos kündigen möchte. Bei der Einstellung wurde kein polizeiliches Führungszeugnis verlangt, weil das unüblich sei, so sagt sie. Wurde bei der Einstellung nach Vorstrafen gefragt oder ein entsprechender Fragebogen ausgefüllt? Falls nicht, ist auch keine fristlose Kündigung möglich! Aber auch eine fristgemäße Kündigung benötigt eine gute Begründung!

Scheinbar hat dieses Amt alles gewusst, was die Grünen festgestellt haben. Falls der Geschäftsführer bei der Einstellung Zeugnisse vorgelegt hat, auch für den fraglichen Zeitraum, ohne dass diese Vorstrafe erwähnt ist, so hat entweder diese Angelegenheit nichts mit der Tätigkeit zu tun, oder der vorherige Arbeitgeber ist in Erklärungsnot. Dem entsprechenden Verantwortlichen bei der Senatorin würde ich dringend eine Weiterbildung empfehlen, es sei denn, dieser ist jetzt im vorgezogenen Ruhestand! Damit die Betroffenen eine Ansprechpartnerin haben, bleibt Frau Röpke am Schreibtisch.

Wohnungsumzüge wollte die Senatorin bereits seit langem, im Februar 2006 sollte es endgültig losgehen. Vorher sollten keine Briefe an die Betroffenen gesandt werden, weil dies nur Verunsicherung schaffe, aber es war schließlich Wahlkampf! Umziehen muss in Bremen immer noch keiner: Dank Matthias Brittinger und Ralph Mels kann jeder wohnen bleiben, auch ohne Leistungskürzung! Aber verunsichert wird jetzt ohne gültige Rechtsgrundlage: Die Bagis tut unwissend und fügt einen Fragebogen bei. Wer diesen ausfüllt und um Überprüfung des Sachverhalts bittet, erhält meist keine Antwort.

Eigentlich eilen diese Antworten, aber der Wahlkampf hat längst begonnen. Anschließend muss wahrscheinlich jemand anderes antworten! Frau Senatorin Röpke, hören Sie auf, die kleinen Leute zu verunsichern! Stoppen Sie diese unsinnige Briefaktion der Bagis, solange nicht einmal Ihre Verwaltungsanweisung rechtsverbindlich ist! Damit die Betroffenen eine Ansprechpartnerin haben, bleibt Frau Röpke am Schreibtisch – aber nur bis zur Abwahl!

 

2. Die Freie Hansestadt möchte ihren Gästen viel bieten! Die Marketing-GmbHs haben debattiert und vorgeschlagen, Bremen als „Stadt des Sportes“ zu präsentieren, so der „Weser-Kurier“ vom 7. Juli 2006. Einst hat sich Bremen als Kulturhauptstadt beworben, dann sollte das Theater Insolvenz anmelden, jetzt zahlen die Beschäftigten die Zeche!

Bremen hat sich als „Stadt der Wissenschaft“ empfohlen, aber die Universität Bremen muss 100 Millionen Euro einsparen, und Professorenstellen können nur mit Zustimmung des Senators ausgeschrieben werden. Jetzt zahlen die Studenten die Zeche!

Die Freie Hansestadt Bremen als Stadt des Sportes? Sportler, seid auf der Hut, sonst zahlt ihr die Zeche! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

Aber Bremen hat auch ehrliche Seiten! Es gibt die Broschüre „Bremen Go!“ Auf der Seite „Go! Hafen“ heißt es unter der Überschrift „Hafen Trans Fähr – Informative Fährfahrt von der Innenstadt in die alten Hafenreviere“: „Endlich freie Sicht auf Bremens alte Häfen! Kein Überseefrachter versperrt mehr den Blick auf das, was sich an Land bewegt. An beiden Orten kann ausgestiegen werden  – diese Chance bietet sich nicht immer im Leben.“

In der Broschüre wird auf dieser Seite weder die Dauer noch der Preis genannt. Termine gibt es nach Vereinbarung, aber hier ist keine Telefonnummer angegeben, auch auf der Internet-Seite der Broschüre gibt es keine näheren Angaben.

Frau Senatorin Röpke, Sie haben doch (eigentlich) so viele Schiffe, Nachbauten von alten Schiffen, Traditionsschiffe! Eines davon wurde „Hal Över“ überlassen. Warum werden diese Schiffe nicht hierfür eingesetzt? Wo ist das „Hal Över“ zur Verfügung gestellte Traditionsschiff überhaupt? Es sollte die Touristen zur Schlachte locken! Wer kümmert sich um die Übereinstimmung von Plan, Vertrag und Wirklichkeit? Frau Röpke, passen Sie auf, dass Ihnen nicht die Schiffe davonschwimmen!

 

Hans-Dieter Binder3. Weiterbildung wird groß geschrieben! Arbeitssuchende über 50 Jahre sollen dazulernen, ihr Selbstwertgefühl soll gestärkt werden. Acht Monate dauert diese Weiterbildung, in dieser Zeit soll Erlerntes „erprobt“ werden! So weit, so gut.

Aber Weiterbildung bedeutet hier: weiterhin das gleiche Einkommen! Somit wird der Ein-Euro-Job noch unterboten. Die Arbeitslosen in dieser „Weiterbildung“ sollen Praktikantenplätze und Dauerarbeitsplätze in Unternehmen akquirieren: Eine Null-Euro-Konkurrenz zu den Mitarbeitern der Agentur für Arbeit! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

Unsere Themen sind weit gefächert. Wenn ein Mensch eine bestimmte Frage hat, können wir dies außerhalb der Redebeiträge klären. Bitte sprecht mich an! Hier wird zusammengestanden, wir bieten jede Unterstützung zur Selbsthilfe! Nur herkommen, Kopf zeigen:! Ich bin nicht einverstanden!

Wir sind nunmehr im Jahr 3 nach der Aufkündigung des sozialen Friedens in Deutschland. Wir sind Arbeitnehmer, Rentner, Hausfrauen, Arbeitslose. Leider ist jeder betroffen, der in Deutschland lebt, nicht nur die Erwerbslosen, die aber diese Betroffenheit hautnah spüren! Die Erwerbslosen sind die Versuchskaninchen der Politik. Es wird ausgetestet: Wieviel können wir dem Einzelnen wegnehmen, wieviel können wir ihm zumuten? Wir halten dagegen, wir wollen nicht, dass diese Politik der Ausgrenzung Erfolg hat! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen!

Welche gesellschaftliche Gruppe ist als nächstes dran? Die Arbeitnehmer hatten wir schon, aber weiterhin werden die Löhne und Gehälter gekürzt. Die Mitarbeiter des Theaters haben unstrittig die mangelhafte Eigenkapitalausstattung des Theaters nicht zu vertreten. Sie haben eine gute Arbeit geleistet. Trotzdem gibt es weder Weihnachtsgeld noch Lohnerhöhung, dazu jedoch der Hohn, das Theater werde jetzt „besser kontrolliert“. Die Ursache ist der jeweilige Senator!

Auch die Rentner hatten wir schon, aber weiterhin werden die Renten gekürzt. Allein durch die Rechenformel zur Ermittlung der Rentenentwicklung trägt jedes Ein-Euro-Arbeitsverhältnis zur Verhinderung einer Rentenerhöhung bei! Dies tun aber auch Lohnverzicht von Arbeitnehmern, erhöhte Steuern für Rentner seit dem 1. Januar 2005, erhöhte Beiträge zur Sozialversicherung, Zuzahlungen und so weiter.

Kinder, Schüler, Jugendliche, Studenten sind ebenfalls betroffen. Hausfrauen müssen noch besser wirtschaften, denn Haushalte mit steigendem Einkommen sind sehr selten geworden! Allein die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird besonders die kleinen Leute belasten. Die Senkung der Körperschaftsteuer hingegen kostet mehr, als die Mehrwertsteuererhöhung einbringt, und es ist nicht die erste Steuerentlastung für Unternehmen! Darum Montagsdemo: Kopf zeigen! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern!

Hans-Dieter Binder
 
Absolut freiwillig: Die eigentliche Arbeit ist heute nicht mehr die Arbeit
selbst, sondern die Suche nach Arbeit („Süddeutsche Zeitung“)

 

Große Schnitte

Bundespräsident Köhler rügt die Regierung! Arbeitnehmer sollten stärker am Ertrag oder Produktivvermögen der Unternehmen beteiligt werden, sagte er kürzlich der „Bild“-Zeitung. Ist er jetzt heimlicher Montagsdemonstrant geworden? Aber nein, das war nur ein Satz unter vielen. Tatsächlich geht ihm alles noch zu langsam, er will noch weit radikalere „Reformen“ sehen, aber nicht, dass sich die Koalitionspartner gegenseitig die Schuld für deren Ausbleiben oder Misslingen in die Schuhe schieben!

Wolfgang LangeAuf der Liste der Grausamkeiten und großen Sauereien nach den „kleinen Schritten“ steht jetzt die Mehrwertsteuererhöhung, die bereits nächstes Jahr 19,4 Milliarden Euro einbringen soll, während die Belastung der Unternehmer gesenkt wird, nämlich die Kapitalsteuer von 39 auf 29 Prozent und die Körperschaftsteuer von 30 auf 12,5 Prozent.

Den Arbeitern wird jetzt eine längere Lebensarbeitszeit und folglich eine kürzere Rentenbezugsdauer zugemutet. Derweil fordern die Unternehmerverbände ein noch höheres Tempo bei der Rentenkürzung! Mit der Hartz-IV-„Optimierung“ soll das allgemeine Lohnniveau gesenkt werden.

Hinzu kommen neuerliche Angriffe auf die Arbeitslosen. So behauptet Herr Gunkel vom BDA, aus verfassungsrechtlichen Gründen spreche nichts gegen eine Senkung des Regelsatzes! In der letzten Woche gab es einen Warnstreik bei Daimler-Chrysler gegen Zwangsversetzungen und Arbeitsplatzabbau. Ein heißer Herbst steht an! Auf nach Berlin zur Demo am 16. September!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Neulich beim Bewerbertraining: Die Stimmung in der Gruppe sinkt mit jedem Tag bis an die Grenze zur Meuterei („Süddeutsche Zeitung“)

 

Starten wir den heißen Herbst schon im heißen Sommer

In praller Sonne trafen sich heute zunächst etwas weniger Mitstreiter als sonst zur 93. Montagsdemo am 17. Juli 2006 um 17:30 Uhr auf dem Bremer Marktplatz, aber es wurden dann doch wieder 30 Teilnehmer. Unser Lautsprecherwagen hatte einen Defekt, und so mussten wir uns mit einem Megafon behelfen. Wegen einer CD-Aufnahme im Bremer Dom war das Glockengeläut um 18 Uhr und sogar die Turmuhr abgestellt worden. Wenn man eine ganze Kirche als Aufnahmestudio mietet, ist vieles möglich, was sonst als unumstößlich gilt! Daran werden wir uns ein Beispiel nehmen.

Mit dem Aufruf zum Sternmarsch gegen die Merkel/Müntefering-Regierung am 16. September 2006 in Berlin ging es los. Gleich trugen sich Mitstreiter als Erstunterzeichner und Unterstützer in die Listen für die Demonstration ein. Nach der Weltmeisterschaft und den „schönen Stunden“ mit George W. geht für Merkel der Katzenjammer los. Auch Köhler fängt für seine Kapitalistenwelt schon das Kritisieren an.

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlDie Umfragewerte sinken, und das Sommerloch kommt näher. Es wäre doch schön, wenn dieses ganze menschenverachtende System im „Bermuda-Dreieck“ verschwände! Das tut es aber nicht, nein, wir müssen selber ran: Die Kollegen von Daimler-Chrysler haben mit ihrer zweistündigen Arbeitsniederlegung am letzten Freitag den richtigen Weg gewiesen. „Sanierung“ heißt das neue Stichwort, „Reform“ reicht nicht mehr. Merkel sagt: „Deutschland ist ein Sanierungsfall“. Alle Großkonzerne müssen „saniert“ werden, weil der Profit nicht hoch genug ist!

Wegsaniert werden sollen die Mitarbeiter, die unnötigen Menschen weltweit. Die einen, in den ausgeplünderten Zonen dieser Erde, lässt man gleich verhungern, die andern, in den Metropolen und angrenzenden Gebieten, lässt man durch die „Sanierung“ der Gesetze in die Armut fallen und treibt sie zeitversetzt ebenfalls dem Verhungern zu. Aber das Kapital und die jeweiligen Statthalter sollen sich nicht in Sicherheit wiegen! Wahlfälschungen, wie jetzt wieder in Mexiko, lassen sich nicht mehr so machen, Millionen ziehen dagegen zu Felde.

Das große Redebuch
Band II (2005/2006)Die Bremer Reklame-Blätter berichten vom Urlaub der Senatsriege. Nur eine muss vorerst durcharbeiten: Sozialsenatorin Röpke hat ihren Knigge verloren! Ohne Benimmkatalog ist in dieser „Misswirtschaft“ alles drunter und drüber gelaufen: Da wurden einschlägig Vorbestrafte zu Klinik-Managern (keiner hat das gewusst, aber auch nicht vorher die Qualifikation geprüft), und die inkompetenten Sozialbürokraten lassen sich eiligst in den einstweiligen Ruhestand versetzen, natürlich bei standesgemäßem Salär. Das ist genau, was die Menschen dieser Stadt so lieben: Vetternwirtschaft und Filz pur!

Leider werden noch nur wenige aktiv. Die örtlichen Medien, die ja Teil dieses Filz- und Vetternwirtschaftssystems sind, verstehen es noch, mit den Regierenden zusammen eine Lähmung über diese Stadt zu ziehen. Uns können sie nicht mehr täuschen, und darum sind wir aktiv und stärken das Selberaktivwerden und Aufdecken von Informationen, wo wir nur können. Es gibt neue Gruppen, die vielleicht nichts voneinander wissen. Alle sind gut beraten, wenn sie die überparteiliche Initiative stärken und fördern.

Jobst Roselius für dieBundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz