716. Bremer Montagsdemo
am 03. 08. 2020  I◄◄  ►►I

 

Dieser Kampf muss auch nach 16 Jahren weitergehen!

Wolfgang Lange1. 16 Jahre Montagsdemo! „Weg mit Hartz IV, das Volk sind wir!“ war unsere zentrale Losung. Wir, die Montagsdemo, sind bis heute das soziale Gewissen in Deutschland. Noch nie gab es eine Protestbewegung über einen so langen Zeitraum, überparteilich, antifaschistisch, finanziell unabhängig! Viele haben bei den Montagsdemonstrationen gelernt, frei vor Menschenmengen zu sprechen, haben sich oftmals nach vielen Demütigungen und Schikanen ihre Würde wiedergeholt.

Montagsdemos haben maßgeblich dazu beigetragen, Einschränkungen der Sanktionen zu erkämpfen. So darf nicht mehr auf Null gekürzt werden, wie es Hunderttausenden geschah. Trotzdem bedeuten die Hartz-Gesetze weithin Armut per Gesetz, und zwar nicht nur durch Hartz IV, das Arbeitslosengeld II, sondern schon mit Hartz I und II durch den massiven Anstieg des Billiglohnsektors. Die Zeit- und Leiharbeiter, die prekär Beschäftigten sind als erste von Entlassung betroffen. Deswegen muss der Kampf auch nach 16 Jahren weitergehen!

Weg mit den Hartz-Armutsgesetzen! Sofortige Erhöhung der Regelsätze um 100 Euro! Unbefristete Fortzahlung von Arbeitslosengeld I für die Dauer der Erwerbslosigkeit! Entsprechende Erhöhung der Grundsicherung! Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich! 1.200 Euro Mindestrente!

Längst geht es bei den Montagsdemos auch um andere wichtige politische Ereignisse, um Natur- und Umweltkatastrophen, gegen Faschismus, Rassismus und staatliche Repression. Montag ist und bleibt Tag des Widerstands! Nun war am Samstag „Corona-Demo“ in Berlin. Wer da noch ernsthaft glaubte, es ginge gegen staatliche Unterdrückung, sollte mal überlegen, mit wem er da auf die Straße ging: von „Verschwörungstheoretikern“ aller Art über AfDler bis hin zu offenen Faschisten, die mit Reichkriegsflagge und antisemitischen Parolen marschierten, natürlich ohne Mund- und Nasenschutz.

Seltsam, dass die Polizei nur in sehr geringem Maße auftrat und keine Corona-Schutzbestimmungen durchsetzte! Wenn Linke demonstrieren oder Kurden für ihre Rechte auf die Straße gehen, wird ein Vielfaches an Polizei aufgeboten. In Berlin waren es gerade mal 1.100 Polizisten. Wenn vier Leute in Fahrgemeinschaft in einem Auto erwischt werden, zahlen sie gleich ein paar Hundert Euro, aber hier liefen die Leute dicht bei dicht und ohne Schutz. Vielleicht ist es der Regierung gar nicht so unrecht, was sich hier tummelt?

 

2. Die Pandemie ist nicht zu Ende! Sie kann auch nicht in einem Land isoliert beendet werden. Weltweit stehen wir immer noch am Anfang, und es sind schon über 600.000 Menschen gestorben. Wer hier nach sofortigem Ende der Pandemie-Schutzmaßnahmen ruft, betreibt das Geschäft der Konzerne, denen es nur auf den Profit ankommt – egal zu welchem Preis an Menschenleben. Das sehen wir an Trump, Bolsonaro und Johnson.

In den USA ist der Pandemieverlauf völlig außer Kontrolle geraten. Es gibt über 60.000 Neuinfektionen an einem einzigen Tag, schon vier Millionen Infizierte. Präsident Trump, der an dieser extremen Ausbreitung der Krankheit in den USA große Schuld hat, lenkt ab und will sie dem „Kommunismus“ in die Schuhe schieben. Man könnte darüber lachen, wenn es nicht so ernst wäre!

In Israel mit seiner faschistoiden Regierung Netanjahu war die Infektionsrate schon unter fünf pro Tag gesunken – dann kam die totale „Lockerung“. Jetzt sind es wieder 1.500 Neuinfektionen pro Tag, weil alles dem Profit untergeordnet wird. Auch in Deutschland gibt es wieder einen starken Anstieg der Infektionszahlen. Zudem ist das Virus viel gefährlicher als anfangs gedacht und befällt alle Organe, Gehirn, Nieren, Magen und Darm. Es ist ein gefährlicher Wahn, jetzt könne „wieder durchgestartet“ werden!

Deswegen: Kostenlos Masken und Tests für alle! Schließung von Hotspots wie Flüchtlingslagern! Rigorose Durchsetzung menschen- und tierwürdiger Bedingungen in den Schlachthöfen – und ganz allgemein: Kämpfen wir für ein System, in dem der Mensch und die Natur im Mittelpunkt stehen und nicht der Profit! Deswegen muss der Kapitalismus radikal weg – das ist jedenfalls meine Meinung.

Daimler will 20- bis 30-Tausend Stellen streichen. Gesamtbetriebsratschef Brecht spricht von „Sozialverträglichkeit“: Beim Altersdurchschnitt von 46 seien so viele Über-50- und 60-Jährige dabei, dass die meisten Arbeitsplätze durch Aufhebungsverträge und Frühverrentung abgebaut werden könnten. Was ist daran bitte sozialverträglich? Die Arbeitsplätze fehlen uns, unseren Kindern und Enkeln!

Auch eine Arbeitszeitverkürzung um zwei Stunden ohne Lohnausgleich ist nicht sozialverträglich. Die Lohnquote in der Industrie liegt bei sieben Prozent, das heißt: Nur 56 Minuten am Tag arbeitet ein Arbeiter für seinen Lohn, den Rest kassiert der Unternehmer. Der Reiche wird immer reicher, der Arme immer ärmer! Die Kapitalisten wissen gar nicht, wohin mit den Milliarden, daher der hohe Anteil an Spekulation mit den Blasen, die sich bilden und dann platzen. Das ist die Ursache der Krisen im Kapitalismus, nicht der zu hohe Lohn!

 

3. Diesen Monat blicken wir zurück auf das größte Verbrechen in der Geschichte der Kriegsführung vor 75 Jahren. In Hiroshima und Nagasaki gab es 250.000 Tote sofort durch die beiden Atombomben am 6. und 9. August, für weitere 160.000 Menschen ein qualvolles, langsames Sterben. Die amerikanische Regierung wusste, was sie tat. Sie wollte der Sowjetunion und aller Welt zeigen: „Wir sind die Nummer eins“. Deshalb: Für das Verbot und die Vernichtung aller ABC-Waffen! Als erstes sollen die US-Truppen ganz aus Deutschland abziehen und ihre Atombomben mitnehmen!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Hartz IV macht uns alle arm: Mein kleiner Regelsatz
ist dein kleiner Freibetrag („Hartz IV“)
 
So geht Statistik: „Sollen sie doch Öl trinken, wenn ihnen
der Salat zu teuer wird“ („Berliner Zeitung“)
 
Machtkalkül mit Agenda-Altmeister: Für ein Linksbündnis bietet die SPD den Grünen die Kanzlerschaft an („Tageszeitung“)
 
Kabinettsberatung vertagt: Die Grundsicherung ist zu niedrig, als dass Spätaussiedler CSU wählen („Neues Deutschland“)
 
Trauriger Rekord in Hamburg: Hartz-IV-Regelsatz deckt
nur zwei Drittel der Stromkosten („Mopo“)
 
Nullrunde statt Inflationsausgleich: Die Sieben-Euro-Regelsatzerhöhung zum Jahreswechsel wird von der geplanten Mehrwertsteuererhöhung vollständig aufgezehrt („Berliner Zeitung“)

 

Hände weg vom Atomausstieg!

Viele Menschen wünschen und fordern, dass das Zeitalter der fossilen Energien so schnell wie möglich zu Ende geht. Die Atomkonzerne wittern Morgenluft und betreiben eine massive Werbekampagne. Immer öfter werden die Medien von Pro-Atom-Wis­sen­schaft­lern gefüttert. Am 16. Juli 2020 erschien ein ganzseitiger Artikel in der „Zeit“, der von der Bundesregierung verlangt: „Stoppt den Atomausstieg!“ Darin wird wieder einmal behauptet, dies sei „für das Klima und die Versorgungssicherheit notwendig. Der Atomausstieg müsse gestoppt werden, die verbliebenen Kernkraftwerke sollten noch etwa zehn Jahre weiterlaufen dürfen.“

Harald BraunDazu muss man wissen, dass alle Atommeiler längst abgeschrieben sind und jeden Tag eine Million Euro Reingewinn abwerfen. Das ist bei acht AKWs und 365 Tagen ein Extraprofit der Konzerne von 2,92 Milliarden. Skrupellos wird versucht, die Hochrisikotechnik mit ihren dauerhaften Folgen für Mensch und Umwelt in Deutschland wieder salonfähig zu machen. Was ist von diesen Lügen zu halten?

In Deutschland besteht überhaupt keine Gefahr, „dass die Lichter ausgehen“! Deutschland produziert mehr Strom, als für den Eigenbedarf nötig ist. 2019 wurde Strom im Wert von mehr als zwei Milliarden Euro exportiert und nur 900 Millionen importiert. Das ist ein Überschuss von 50 Terawattstunden. Diese Menge an Überschuss würde ausreichen, um ganz Portugal ein Jahr lang mit Strom zu versorgen. „Ausgestrahlt“ hat eine umfassende Studie in Auftrag gegeben, Ergebnis: Auch ohne alle AKWs stehen ausreichend Kraftwerkskapazitäten zur Verfügung, um jederzeit mehr Strom zu produzieren, als benötigt wird.

Kann Atomstrom das Klima retten? Derzeit deckt Atomkraft mit rund 400 Reaktoren nur zwei Prozent des Weltenergiebedarfs und hat somit keinen Effekt auf die Klimabilanz. Der gesamte Lebensweg des Brennstoffs für Atomreaktoren erzeugt aber erhebliche Mengen Kohlendioxid. Betrachtet man ihren gesamten Lebenszyklus, betrifft das vor allem die Rohstoffgewinnung, insbesondere den hohen Energiebedarf beim Uranabbau, die Anlagenproduktion, aber auch ihre Stilllegung. Auch in Hinsicht auf Kohlendioxid-Emissionen kann Atomkraft gegenüber erneuerbaren Energien nicht punkten.

Atomkraft ist die teuerste Energieform! Allein der Bau eines AKWs kostet im internationalen Durchschnitt bereits rund zehn Milliarden Euro. Gegenüber erneuerbaren Energien ist Atomkraft nicht wettbewerbsfähig und für Investoren ohne staatliche Fördermittel uninteressant. Während die Kosten für neue Windkraft- und Photovoltaikanlagen kontinuierlich fallen, steigen sie für den AKW- Neubau. Übertragen auf die Megawattstunde ist Atomstrom aktuell dreimal so teuer wie Ökostrom.

Atomkraft steht dem Ausbau der erneuerbaren Energie voll im Wege! AKWs können ihre Leistung nicht flexibel genug regeln. Bei einer Netzüberlastung laufen sie einfach weiter, während Wind- und Solarstrom weichen müssen. Die politische Konsequenz: Ausbaubeschränkungen bei den Erneuerbaren, die für das Gelingen der Energiewende dringend gebraucht werden. Atomkraft ist daher keine Ergänzung im Stromnetz, sondern harte Konkurrenz für Wind- und Solarstrom.

Atomstrom ist äußerst gefährlich! Wer auf Atomkraft setzt, nimmt das Risiko eines Super-GAUs und die dauerhaften Folgen für Mensch und Umwelt bewusst in Kauf. Tschernobyl und Fukushima beweisen: Circa alle 25 Jahre droht ein Super-GAU. Die alten Atommeiler werden immer anfälliger, wie die Risse im AKW Neckarwestheim zeigen. Außerdem werden im Regelbetrieb ständig radioaktive Stoffe in die Umwelt abgegeben, Gewässer und Böden somit langfristig kontaminiert.

Nach wie vor gibt es weltweit kein dauerhaftes und sicheres Lager für hochradioaktiven Atommüll. Jedes Gramm Atommüll ist daher ein Verbrechen an kommenden Generationen, denen die Last aufgebürdet wird. Deshalb sollten wir wachsam sein und dafür kämpfen: Hände weg vom Atomausstieg! Sofortige weltweite Stilllegung aller Atomkraftwerke auf Kosten der Betreiber! Weg mit Kohle und Atom – erneuerbar ist unser Strom!

Harald Braun („Umweltgewerkschaft“)
 
Die nächste Bremer Montagsdemo mit Offenem Mikrofon beginnt am 7. September 2020 wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz. Wir tragen Mund- und Nasenbedeckungen (mit und ohne Motiv) und halten die Abstands­regeln ein.
 
Trotz großer Tröpfchenschwebweite: Von 318 in einer chinesischen Studie untersuchten Corona-Ausbrüchen mit drei oder mehr Infektionsfällen hat nur ein einziger an der frischen Luft stattgefunden („Spiegel“)
 
Ohne Mundschutz durch Berlin: Rechtslastige Gaga-Demo
polizeilich aufgelöst („Spiegel“)
 
Heldenverehrung: Wieso stehen nur drei Polizisten auf der Treppe, wenn Nazis zuvor zum „Sturm auf den Reichstagaufgerufen haben? („Spiegel“)
 
Spielerstreik: US-Basketballstars wollen das Publikum nicht mehr von Polizeigewalt gegen Schwarze und sozialen Protesten ablenken („Daily Beast“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz