1. Nach Ansicht des Freiburger Wirtschaftswissenschaftlers Bernd Raffelhüschen sind die deutschen Sozialversicherungssysteme auf die Zuwanderung von mehr als einer Million Menschen nicht vorbereitet. Weil wir in Deutschland schon jetzt Hunderttausende unqualifizierte Arbeitslose hätten, zu denen jetzt noch eineinhalb Millionen Menschen dazukämen, von denen siebzig Prozent ebenfalls unqualifiziert seien, müssten wir mit massiven Steuererhöhungen rechnen. Der Ökonom bezweifelt, dass die Mehrzahl der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert werden könne, und rechnet deswegen eher mit einer Integration in die sozialen Sicherungssysteme.
Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow schlägt angesichts der Herausforderungen durch die Flüchtlingskrise höhere Steuern vor, allerdings denkt er dabei eher „an einen höheren Spitzensteuersatz für sehr hohe Einkommen, an eine Vermögensteuer für sehr große Geldvermögen und an eine Erbschaftsteuer, die diesen Namen verdient“. Er sagte, viele Menschen machten sich angesichts des Zustroms Hunderttausender Flüchtlinge Sorgen, für diese Krise genauso zur Kasse gebeten zu werden wie für die Bankenkrise. Der „Linken“-Politiker hält zur Bewältigung der Flüchtlingskrise die Erhöhung der Bundeszuschüsse an die Länder für dringend nötig.
Ramelow forderte, dass die Kosten für die Flüchtlingsunterbringung zu je fünfzig Prozent von den Bundesländern und vom Bund getragen werden, um den Spielraum für eine gelungene Integration organisieren zu können. Sollen jetzt die Flüchtlinge neben dem zu erwartenden Abbau im sozialen Bereich, neben den mangelnden günstigen Wohnungen auch noch für eine Neuaufnahme von Schulden verantwortlich gemacht werden?
2. Nach einem „kurzen Sommer der Utopie, in dem nicht nur Zehntausende Freiwillige den Flüchtlingen zur Seite sprangen, sondern sogar linkes, humanitäres Engagement in niemals erwartetem Einklang mit dem Handeln der Bundesregierung stand, fand die CDU wieder zu sich selbst“, kommentiert die „Tageszeitung“. Jetzt peitsche die Union munter die härteste Asylrechtsverschärfung seit den 1990er Jahren durch und scheue nicht einmal davor zurück, ein Land wie das Kosovo, in dem die Bundeswehr stehe, weil da sonst alles drunter und drüber ginge, als sicheren Herkunftsstaat zu definieren. SPD und Grüne mischen dabei selbstverständlich fleißig mit.
Kein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn plötzlich Flüchtlingsmengen scheinbar mit offenen Armen aufgenommen werden! Da lässt sich doch nun mit ganz „plausiblen“ Begründungen das Asylrecht drastisch verschärfen und von anderen Themen wie TTIP, Ceta und Tisa ebenso herzallerliebst ablenken wie vom US-Geheimdienst NSA, der nach Informationen der Enthüllungsplattform „Wikileaks“ nicht nur Kanzlerin Angela Merkel, sondern weite Teile der Bundesregierung ausspähte. Die Überwachung reicht mindestens bis in die Neunzigerjahre zurück und läuft womöglich noch heute.
Winfried Wolf, Chefredakteur von „Lunapark 21“, schreibt, dass wunderbarerweise auch das Thema Griechenland plötzlich aus Schlagzeilen und Talkrunden verschwand und die deutsche Kanzlerin selbst erklärte, das Flüchtlingsthema werde uns noch weit mehr beschäftigen. Dabei seien diese beiden Themen eng miteinander verflochten, da die Mehrheit der Menschen, die nach Europa fliehen, inzwischen über die Türkei, die Ägäis und Griechenland hierher gelange und nicht mehr über Nordafrika und Italien. Das Drama setzt sich, größtenteils von der Weltöffentlichkeit unbeachtet, in Griechenland fort.
3. Das Erwerbslosenbündnis „Auf Recht bestehen“ kritisiert die Entscheidung der Bundesregierung scharf, die Regelsätze für Hartz-IV- und Grundsicherungsbezieher lediglich auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Jahres 2008 fortzuschreiben, anstatt – wie es das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch in § 28 zwingend vorschreibe – den Regelbedarf ab 1. Januar 2016 anhand der Statistik für 2013 grundlegend neu zu berechnen. Allen Ernstes seien den Sozialleistungen für die Jahre 2011 bis 2015 noch die Einkommens- und Verbrauchsdaten aus dem Jahr 2008 zugrunde gelegt worden.
Längst ist die Bundesregierung in der Pflicht, den neuen Geldbetrag ermitteln zu lassen, um das Existenzminimum von Grundsicherungsberechtigten zu decken. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber dazu verpflichtet, die aktuelle Entwicklung der Strompreise zu verfolgen und gegebenenfalls den Stromkostenanteil in den Regelsätzen zu erhöhen. Damit dürfe nicht bis zur turnusgemäßen Anpassung der Regelsätze gewartet werden. Die Bundesregierung ignoriert ihr eigenes Gesetz und erdreistet sich, eine alberne „Erhöhung“ der Regelsätze ab 2016 um popelige fünf Euro zu verkünden!
4. Rechtsanwalt Thomas Lange berichtet von einem unglaublichen Vorfall, wonach im Zuge des totalen Chaos bei den Sozialgerichten in Brandenburg durch die regelrechte Klageflut aufgrund der Ungerechtigkeiten bei Hartz IV offenbar jede Idee benötigt wird, um die Zahl der Klagen einzudämmen. Lange beschwert sich darüber, dass die Behörde sich schlichtweg denjenigen Richter am Sozialgericht gekauft habe, der in letzter Instanz über die Vergütung der Rechtsanwälte entscheide. Wenn ein Kostenrichter die finanziellen Interessen des Jobcenters vertrete, würden die Klagen von Anwälten, die Hartz-IV-Betroffene vertreten, uninteressant und die Kläger als Folge kaum noch Anwälte finden. Auf diese Weise würden Willkür und Unfähigkeit der Behörde zementiert und ein Rechtsschutz der Betroffenen eingeschränkt, ohne dies öffentlich zu publizieren.
Der Anwalt beschwert sich, dies sei zwar keineswegs legal, interessiere aber wohl niemanden, wenn es um die Finanzen eines Bundeslandes gehe. Brisant sei dabei, dass ein Richter im Rahmen seiner zahlreichen Tätigkeiten von dem Jobcenter bezahlt wird, das am meisten Klagen vor Gericht zu verbuchen habe. So gebe er mit Billigung des Präsidenten des Landessozialgerichtes den Mitarbeitern der Behörde Nachhilfeunterricht in Sachen Kostenrecht und kassierte hierfür stattliche Honorare von der Behörde. Wie willkürlich dürfe ein Richter noch agieren, wenn ihn das Jobcenter bezahle, bevor die Staatsanwaltschaft mal ihre Augenbinde abnehme? Es gibt offensichtlich ganz verschiedene Methoden, um Hartz-IV-Klagen einzuschränken und Transferleistungsbezieher noch rechtloser zu machen.
5. Weil Hartz IV die Arbeitslosigkeit nicht verringert, sondern nur versteckt und die Spaltung der Gesellschaft weiter vertieft, errichtete die „Saarländische Armutskonferenz“ am Weltarmutstag, dem 17. Oktober 2015, vor der „Europagalerie“ in Saarbrücken eine „Mauer zwischen Arm und Reich“. Die auf diese Weise versinnbildlichte skandalöse Spaltung erhält durch die aktuelle Flüchtlingssituation, durch Brandanschläge und offene Gewalt von Neonazis vor Flüchtlingsunterkünften zusätzliche Brisanz. Indem finanziell benachteiligte Gruppen gegeneinander ausgespielt werden, wird die demokratische Legitimation unserer Gesellschaft in ihrem Kern bedroht.
Traurig finde ich es, wenn bloß festgestellt wird, dass nur die Forderung nach einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor für Langzeitarbeitslose auf freiwilliger Basis zu tariflichen Bedingungen infrage komme, weil der erste Arbeitsmarkt selbst in Zeiten eines wirtschaftlichen Aufschwungs das Integrationsproblem nicht löse. Wie sollen denn die Betroffenen als Akteure bei der Verteilung nicht vorhandener Arbeitsplätze für alle eingebunden werden? Es wird Zeit, endlich zu akzeptieren, dass es nicht vernünftig bezahlte Arbeitsplätze für alle gibt, und dass jene, die keinen abbekommen haben, dafür nicht permanent bestraft und zur Schnecke gemacht werden dürfen!
Hallo, Anderdenkende! Was für ein Dauergetöse mit den Flüchtlingen, ein Wollen und Abschotten, einfach beides: Erst die „gutmütige“ und „gewissenhafte“ Frau Merkel, was schon so aussah wie 68er-Moral, aber dann geht es ans Abgeben, na ja, Gebrauchtes abgeben, da freute sich doch jeder Bürger: Kostet ja nichts, mag er dann denken, jedenfalls eine große Mehrheit, wie im Kommerz: „Geiz ist geil“ oder „Ich bin doch nicht blöd“. Es ist schon schwierig, jemandem die Hand zu geben, den man nie gekannt hat und den wir nicht kennen. Das ist das eigentliche Problem, das dann auch „Pegida“ mit rechts stark gemacht hat.
Ganz klar sehe ich: Der Staat muss die Religionen und ihre Unterschiede in eine Demokratie einführen und das auch den Asylanten erklären, nämlich zu schwören: Der Rechtsstaat steht über der Religion, sei es das Christentum oder der Islam. Die Religion ist, was an Asylanten befremdet und große Unsicherheit hervorruft. Man hat sozusagen zwei verschiedene Geldstücke, die mit einheitlicher Farbe überstrichen werden. Die Vorbereitung der Asylanten ist schon der Schlüssel zum Vertrauen, und die Verarbeitung ihrer Kriegsgeschichte könnte sie dann sogar zu Anders- und Neudenkern machen, zu Pazifisten gegen die Gesellschaft im Nahen Osten, wo es immer mehr Widerständler geben kann.
Der Schlüssel für freies Denken ist eine Aufklärung wie in den späten Sechzigern. Deutschland hat damit schon Größtes erreicht: dass politisch und gesellschaftlich Unwürdiges mit am besten erkannt wird. Jetzt wurde bei „Was nun, Herr Seehofer?“ festzustellen versucht, dass „begrenzt“ werden müsse, nur so sei „es zu schaffen“. Die Tatsache wird den etablierten Politikern immer fremder, dass Menschenmassen nicht aufzuhalten sind, und sei der Zaun noch so hoch. Das geht nicht, wenn die Zurückgeschickten todgeweiht sind. In Wahrheit geht es wieder ums Abgeben, Bezahlen und Einwandernlassen. Es ist der bürgerliche Hinterkopf, der vornheraus nur sagt, was die Bürgermassen im Trend meinen, aber weiter das alte Vorurteil, die Unkenntnis und Angst hegt, „die“ würden „uns“ zu viel wegnehmen.
Das ist der Grund, warum auf „Begrenzung“ gekommen wird. Dann sind zum Beispiel eine Million Menschen hier, und der Rest verrottet, was so schnell nicht aufzufallen scheint, oder stirbt schon vorher. Die ganzen Notmenschen in Sicherheit zu bringen, kann nie und nimmer unmöglich sein, bei dem korrupten Reichtum in Europa oder anderswo wie in Saudi-Arabien, wenn wir mal von Reichtum und Weltgerechtigkeit reden wollen. Wenn man Seehofers „Begrenzung“ mit 2,5 Millionen deutschen Flüchtlingen konfrontiert, was würde der Mann wohl sagen: „Wir könnten natürlich zwei Millionen oder fünf oder 20 Millionen Menschen aufnehmen, ganz klar, das ist unbegrenzt möglich, weil Nahrungsmittel so unbegrenzt hier sind, dass schon 20 Millionen Tonnen im Müll landen“.