Vergangenen Samstag nahm auch die Bremer Montagsdemo an der Großdemonstration in Berlin unter dem Motto „Stoppt TTIP, Ceta, Tisa & Co.“ teil, zu der ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, den Grünen, der „Linken“, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen sowie Globalisierungskritikern aufgerufen hatten. Wir trafen uns bereits um 6:10 Uhr am ZOB Breitenweg unter der Hochstraße, um zusammen in einem der Busse fahren zu können, und pünktlich um 6:30 Uhr ging es dann los. Nach fünf Stunden Fahrt erreichten wir Berlin. Schon der Blick aus dem Fenster verhieß uns, im warmen Sonnenschein durch die Stadt laufen zu können. In Berlin verquirlten sich die zahlreichen Busse aus allen Richtungen mit dem normalen Wochenendverkehr zu einem unüberschaubaren Chaos.
Der Fußmarsch zum Hauptbahnhof und das Bad in der Sonne waren Balsam für unsere steif gewordenen Glieder. Leider bekamen wir von der gemeinsamen Auftaktkundgebung von Montagsdemos und Mitstreitern nichts mehr mit, sondern hörten eher ein durchdringendes Tongewirr aus Lautsprecherfetzen, Trillerpfeifen, Fantröten und Trommeln. Unvorstellbare Menschenmassen strömten aus allen Richtungen, und es wurde unglaublich voll, schrill, bunt und dichtgedrängt. Fahnen und Transparente wurden hochgehalten, einige Kinder saßen bei ihren Eltern auf den Schultern und schwenkten Fähnchen. Ich hörte interessiert zu, wie ein junger Mann in bayerischer Trachtenlederhose und wollenen Stulpen einem etwa vierjährigen Blondschopf auf Englisch erklärte, warum und wogegen wir hier auf die Straße gingen.
Von den Plakaten, Transparenten und Fahnen gingen eindeutige Losungen aus, zum Beispiel: „Gesundheit vor Profit – Nein zu TTIP“; „Lokale Wertschätzung statt globale Gewinnmaximierung“; „Montag ist Widerstandstag gegen die Hartz-Gesetze und den ganzen Sozialabbau – Stilllegung aller Atomkraftwerke, sofort und weltweit – Macht mit: Nur wer kämpft, kann gewinnen! Initiative Bremer Montagsdemo“; „TTIP macht schlank“ (darunter räkelt sich ein Skelett in Seitenlage); TTIP, das sich als trojanisches Pferd in Europa einschmuggeln will und „Nee bedankt“, „Non merci“ und „No gracie“ zu gehören bekommt (was ich eigentlich viel zu nett und höflich finde); „Lohndumping, vergiftetes Trinkwasser, explodierende Mieten, Schattenjustiz der Konzerne: unsere Zukunft mit TTIP, Ceta und Tisa“ sagt klar, was wir zu Recht befürchten.
Weiter: „Bremen bleibt TTIP-frei“, „Topografie des Terrorkonsums Internationaler Profitgier“; „Demokratie duldet keine Geheimverhandlung“; „Du bist verdächtig – TTIP“; „Nach Berlin mit dem Bus – zur Hölle mit TTIP“; „kik – Kapitalismus is Kacke“; „TTIP ist gut für alle – es sei denn, du bist kein Millionär“; „Stoppt TTIP, denn es gefährdet unsere sozialen und demokratischen Rechte, unsere Umweltstandards, schützt nur den Profit der Konzerne“ (Verdi-SeniorInnen, München); „TTIP heißt Friede, Freude, Eierkuchen für das Kapital“ („Die Linke“), mit einem Bild von Angela Merkel und Sigmar Gabriel, die darauf einander sehr zugewandt sind); „Eure Suppe kauf ich nicht“ (aufgemalt ist eine Katze, deren Kopf aus einem Sack hervorguckt, auf dem TTIP und Ceta steht); „TTIP bedroht Arbeitsschutz, Sozialsystem und Umweltschutz“; „Ab in die Tonne mit TTIP, Ceta und Tisa“. Die Texte und plakativen Aussagen sprechen in aller Deutlichkeit für sich und auch für uns!
An mehreren Orten säumten unglaublich viele pinkfarbene Dixi-Klos in langer Reihe den Straßenrand und erweckten den Anschein einer „einseitigen Allee“. Uns war spürbar bewusst, dass wir traumhaft viele auf der Straße sein mussten, konnten aber so mittendrin keinen Überblick darüber gewinnen, wie viele in etwa. Wir jubelten, als wir hörten, dass wir schier unglaubliche 250.000 Menschen waren, die gegen die geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA und Kanada protestierten und damit wohl die bisher größte Demo gegen TTIP in Europa. Was die Redner sagten, konnten wir erst verstehen, als wir ganz in die Nähe der Rednerbühne vor der Siegessäule angekommen waren. Wir hörten, dass das Ende der Demo noch nicht einmal habe losgehen können, als wir schon an der Siegessäule angekommen waren.
Die Organisatoren erklärten, die Demonstration sende eine klare Botschaft aus, dass wir unsere Demokratie gegen TTIP und Ceta verteidigen und für gerechten Handel auf die Straße gehen. Die Verhandlungen zu TTIP auf Grundlage des jetzigen Mandates müssten gestoppt werden, der vorliegende Ceta-Vertrag dürfe so nicht ratifiziert werden. Nein, wir wollen keine Wirtschaftsdiktatur! „Chlorhühnchen“ nahm ich zwar auch am Rande wahr, doch ging es eher um den Abbau von Demokratie, indem hier plötzlich nicht demokratisch Gewählten das Zepter in die Hand gegeben werden soll. Viele befürchten einen Abbau von sozialen, gesundheitlichen bis ökologischen Errungenschaften, die wir uns bestimmt nicht für die Profitmaximierung einer weniger wegnehmen und darüber geheimniskrämerisch im Verborgenen bestimmen und lenken lassen wollen! Ein sozialer Ausgleich, umweltgerechtes Wirtschaften und kulturelle Vielfalt könnten nur mit einem fairen Welthandel durchgesetzt werden.
Ich wunderte mich darüber, dass unsere Route ganz anders verlief als bei sonstigen Demos, nämlich durch eher unbelebte Straßen, vom Hauptbahnhof am Reichstagsgebäude vorbei bis zur Siegessäule und an wunderschön getöntem Laub der herbstlich geschmückten Bäume entlang. Erst später las ich, dass die Demonstrationsroute nach Angaben der Polizei wegen der vielen Teilnehmer habe geändert werden müssen und die S-Bahnen den Hauptbahnhof, wo die Demonstration begonnen hatte, wegen Überfüllung zeitweise nicht anfahren konnten. Mir fiel angenehm auf, dass diametral entgegengesetzt zur unglaublich angestiegenen Menge der Demonstranten die Zahl der Polizisten erheblich abgenommen zu haben schien. Anstelle eines sonst oft martialisch anmutenden Erscheinungsbildes als Robocops sah ich nur normal und entspannt wirkende Polizisten an den Straßenecken stehen oder uns begleiten.
Ich finde es großartig, dass gegen derart undemokratische, unmoralische, unsoziale Vorhaben unserer Politiker so viele Menschen auf die Straße gingen wie schon lange nicht mehr. Ja, der 10. Oktober 2015 war „ein großer Tag für die Demokratie“! Der äußerst bedenkliche Satz der heutigen Bundeskanzlerin Angela Merkel „Wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit“ hat sich in mein Gedächtnis eingegraben. Es ist erstaunlich – und auch wieder nicht –, dass sie diesen Satz vom 16. Juni 2005 bis heute noch nicht einmal erläutern musste. Wenn immer mehr von unseren Politikern die Demokratie zu anstrengend geworden ist, weil sie diese viel lieber den Bedürfnissen der Wirtschaft unterordnen möchten, um sich mit ihr gemeinsam daran zu bereichern, dann ist dies eine Politik, die sich gegen das eigene Volk richtet. Ich wünsche mir, dass der Funke überspringt und immer mehr Menschen in diesem Land begreifen, wie menschenverachtend diese neoliberale Politik ist, die nicht in unserem Interesse liegt, und dass es richtig ist, dagegen auf die Straße zu gehen, damit wir uns unsere Rechte nicht nehmen lassen!
Dass einfach „zu viele“ Menschen gekommen sind, ist natürlich der schönste Grund, wenn eine Demonstration nicht ganz so durchgeführt werden konnte wie geplant, die Route geändert werden musste und manche Montagsdemonstranten ihren Block nicht rechtzeitig erreichten, weil Hauptbahnhof und Innenstadt total verstopft waren. Es gab auch noch weitere glückliche Umstände: die Zurückhaltung der Polizei, die Aufwertung durch einen professionellen Karnevalswagenbauer aus Köln, den stabilen Sonnenschein, der für gute Laune und prächtige Bilder sorgte.
Den Medien war anzumerken, dass sie nur mit Widerwillen über diese erfolgreiche Protestveranstaltung eines breiten Bündnisses berichtet haben. Schon am Sonntag musste nach entsprechenden Meldungen gezielt gesucht werden. „Bild.de“ hat es am Samstag fertiggebracht, die seit Jahren größte Demonstration in Deutschland auf der Startseite komplett totzuschweigen. Nur im Berliner Lokalteil gab es ein Berichtlein darüber, das erst nach Mitternacht in einem Kästchen weit unten auf der Homepage verlinkt wurde. Wir sollten uns bitte mehr für Jürgen „Normal“ Klopps Kampfeinsatz im „Schlammpfuhl“ begeistern als für eine gerechte Welthandelsordnung.
Lieber schreiben die Medien über 9.000 Pegida-Leute in Dresden als über eine Viertelmillion TTIP-Gegner in Berlin. Beide Gruppen in einen Topf gerührt und damit jegliche Kapitalismuskritik und den Protest auf der Straße schlechthin unter Naziverdacht gestellt zu haben, war „Spiegel Online“ nach entsetzten Leserreaktionen im Forum dann offenbar doch so peinlich, dass wenige Stunden später eine akzeptable Widerrede veröffentlicht wurde, die die Redaktion auch prominenter platzierte als den vorangehenden Hetzkommentar, demzufolge „die Kampagne gegen den Freihandel wie auf dem braunen Mist gewachsen“ sei.
Die MLPD hat es zur Erwähnung in einem „Zeit“-Artikel gebracht: „Längst nicht alle, die in der Hauptstadt auf die Straße gehen, formulieren ihre Bedenken gegen TTIP so klar wie [BNN-Geschäftsführerin] Röder. ‚Kapitalistische Weltrevolution stoppen‘, dröhnt es aus Lautsprechern über die Köpfe der Leute hinweg. Auf einem Banner fordert die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands ‚Freiheit für Kurdistan‘.“ Letztere Forderung hat durch den (Staats?-)Terroranschlag auf eine Friedenskundgebung in Ankara sogar eine traurige tagespolitische Aktualität, und natürlich hängt bei globaler Betrachtung jede Fehlentwicklung irgendwie mit dem Kapitalismus zusammen, aber wahrgenommen wird diese Auffassung, wie beim „Zeit“-Autor spürbar ist, als völlige thematische Beliebigkeit.
In dieser Vielfalt offenbar ziemlich untergegangen ist allerdings das Montagsdemo-Kernanliegen „Weg mit Hartz IV“. Nicht einmal den „Rote-Fahne-News“ war es noch eine Erwähnung wert – dabei hat die Montagsdemobewegung für den Protest gegen TTIP ihre traditionelle Herbstdemonstration geopfert. Sogar der Redebeitrag ihres Sprechers auf der Hauptbühne wurde von den Veranstaltern kurzfristig wieder abgesagt. Das war freilich nach den Erfahrungen des Jahres 2004, als „Attac“, PDS und DGB den Protest gegen Hartz IV auf der Straße nach ein paar Wochen beenden wollten, keine große Überraschung mehr.
In Berlin hat am 10. Oktober 2015 die seit Jahren größte Protestdemonstration mit 250.000 Menschen stattgefunden. Ein bisher einmaliges, breites Bündnis aus verschiedenen Umweltorganisationen, der Gewerkschaftsbasis, Menschenrechtsgruppen, Frauenorganisationen, sozialen Bewegungen und linken Parteien war entstanden. Hervorstechend waren in diesem breiten Widerstand die große Beteiligung und der Einfallsreichtum junger Menschen. Auch die bundesweite Montagsdemonstrationsbewegung beteiligte sich aktiv, und wir als Bremer Gruppe waren mit dabei.
Lautstark, kämpferisch und bunt wurde der Abbruch der Verhandlungen über die Freihandelsabkommen TTIP, Ceta, Tisa und Konsorten gefordert. Einen großen Anteil hatte die massive Kritik an der kapitalistischen Profitlogik, denn mit den Freihandelsabkommen sollen alle Lebensbereiche und die Natur schrankenlos und noch intensiver vom internationalen Finanzkapital ausgebeutet werden.
So gehört zu den Grundsätzen der Freihandelsabkommen, dass „alle nationalen Regelungen zum Schutz von Arbeiter(inne)n und Arbeitsplätzen, Mindestlöhne, Umweltschutzgesetze, nationale Menschenrechtsbestimmungen, Verbraucherschutzregelungen die Realisierung der Gewinnerwartungen nicht behindern dürfen“.
Weiterhin sollen alle noch „nicht privatisierten Staatsunternehmen ausschließlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden“, sie dürfen also soziale und ökologische Bedürfnisse der Bevölkerung gar nicht berücksichtigen. Das zielt darauf ab, die Privatisierung der öffentlichen Daseinsfürsorge weltweit durchzusetzen – ein gigantisches Geschäft im Umfang von vielen Hundert Milliarden Euro.
Während für das internationale Finanzkapital alle Grenzen beseitigt werden, werden um die kapitalistischen Länder herum immer höhere Zäune gezogen und die militärische Abwehr ausgebaut, um Flüchtlinge abzuhalten, denen die Lebensgrundlagen durch Kriege, Armut, Verfolgung oder Umweltkatastrophen entzogen werden.
Vertreter des SPD-Kurses für ein „faires“ Freihandelsabkommen bekamen den Unmut der überwiegenden Mehrheit der Teilnehmer zu spüren. So wurde Gesine Schwan, die sich für kleine Nachbesserungen aussprach, kräftig ausgepfiffen. Stopp TTIP – Schluss mit den Verhandlungen!
Wie gewohnt wurde von der Mainstream-Presse die Zahl der Teilnehmer massiv heruntergerechnet („einige Zehntausend“) und die Großdemonstration nur als Randmeldung („Weser-Kurier“) oder gar nicht erwähnt („Bild“). Besonders skandalös war die Berichterstattung in „Spiegel Online“, die dreist behauptete, rechte Drahtzieher hätten die Führung der Demonstration inne.
Auf großen Protest stieß auch die Haltung der EU-Kommission. Sie hatte die Annahme der 3,26 Millionen Unterschriften gegen TTIP mit der hanebüchenen Begründung abgelehnt, dass Bürgerinitiativen nur für eine Sache Unterschriften sammeln dürften und nicht gegen eine politische Angelegenheit.
Alle diese Reaktionen zeigen, wie groß die Angst vor dem großen Widerstand der Bevölkerung und wie groß die Defensive der TTIP-Verfechter ist. Deshalb waren sich viele Demonstranten einig, dass nach dieser hervorragenden Demonstration der aktive Widerstand weiter verstärkt werden muss.
Am letzten Samstag, dem 10. Oktober 2015, demonstrierten 250.000 Menschen in Berlin kämpferisch, unüberseh- und -hörbar, fröhlich und sehr ideenreich gegen die geplanten Freihandelsabkommen TTIP, Ceta und Konsorten. Kurz vor Beginn der Kundgebung und Demo war kein Durchkommen mehr zum Hauptbahnhof möglich. Es kamen viel mehr als erwartet, vor allem junge Menschen. Insbesondere wurde gegen die umweltpolitischen Auswirkungen der Politik der Freihandelsabkommen protestiert. Für viele Demonstranten war klar, dass man den Kapitalismus ins Visier nehmen muss, wenn man TTIP und Ceta zu Fall bringen will – die meisten Redner auf der Hauptbühne versuchten allerdings das Kunststück, genau das zu vermeiden.
Alle Umwelt-, Ernährungs-, Sicherheits- und Arbeitschutzbestimmungen, die von unseren Vätern und Großvätern und natürlich auch Müttern und Großmüttern zumeist hart erkämpft wurden, stehen mit TTIP zur Disposition, mehr als 600.000 Arbeitsplätze in Europa auf der Abschlussliste. Die bundesweite Montagsdemonstrationsbewegung war selbstverständlich mit dabei. Wir haben unsere ursprünglich für den 3. Oktober 2015 geplante Herbstdemonstration gegen die Regierung mit der bundesweiten Großdemonstration zusammengelegt, um die Kräfte gegen den Abbau ökonomischer, ökologischer und demokratischer Rechte zu bündeln und uns mit anderen sozialen Bewegungen zu verbinden. Diese Entscheidung hat sich als richtig erwiesen.
Unser gemeinsamer Block der Montagsdemos mit dem Offenen Mikrofon auf dem Lkw kam super an und wurde rege genutzt. Eingestimmt haben wir uns mit einer Auftaktkundgebung vor dem Hauptbahnhof. Dort sprachen unter anderem Brigitte Gebauer vom „Frauenverband Courage“, Peter Weispfenning vom Zentralkomitee der MLPD, Nick Brauns vom „Kurdistan-Solidaritätskomitee Berlin“, der Jugendverband „Rebell“ und eine Vertreterin vom „Demokratischen Gesellschaftszentrum der Kurd(inn)en in Deutschland“.
Die Sprecher der bundesweiten Montagsdemo, Fred Schirrmacher und Ulja Serway, stellten in ihrem Redebeitrag auch den Zusammenhang zwischen dem Kampf gegen die Freihandelsabkommen und der Flüchtlingspolitik der EU und Bundesregierung her: „Während von Flüchtlingen verlangt wird, da zu bleiben, wo sie sind, und wenn sie dann doch kommen, sich gefälligst den herrschenden Gesetzen zu unterwerfen, gilt das für die Riesenkonzerne nicht. Sie fallen in ihrer Gier nach Mega-Profiten überall ein, sollen sich nicht an die in den jeweiligen Ländern geltenden Regelungen halten müssen. Nein zu TTIP und Ceta!“
Große Freude und Jubel brandeten auf, als sich unser Lkw in unseren Block einfädeln konnten, nachdem die Veranstalter und Ordner ihn erst ganz am Schluss einsortieren wollten, obwohl unser Block weiter vorne lief – ob aus bürokratischen Abläufen oder politisch gewollt, sei dahingestellt. Doch wir bestanden darauf, und siehe da, es war dann auch problemlos möglich. Leider schafften es viele Montagsdemos wegen der großen Menschenmassen nicht zum gemeinsamen Block der bundesweiten Montagsdemo. Schade, aber gleichzeitig war die bundesweite Montagsdemo dadurch mit weiteren zehn kleinen Blocks im Demonstrationszug vertreten.
Unser Informationsstand bei der Abschlusskundgebung wurde gut besucht. Viele erkundigten sich, ob es in ihrer Stadt eine Montagsdemo gibt. Alles in allem war es ein sehr erfolgreicher Tag. Viele Demonstranten sagten, wir kommen wieder, denn das war sicherlich nur ein Anfang! Wir brauchen Ausdauer, genauso wie wir es im Kampf gegen die Hartz-Gesetze schon gelernt und bewiesen haben. Aber wir müssen stärker werden und viele neue Mitkämpfer gewinnen. Die Koordinierungsgruppe freut sich über eure Meinungen und Berichte und Fotos für die Homepage.
1. Die Demonstration in Berlin für die Verhinderung der Freihandelsabkommen war ein Riesenerfolg! In den Zeitungen ist davon wenig zu lesen. Am Tag danach stand im „Weser-Kurier“ ein Artikel, ohne dass die Erfahrungen mit den bisherigen Freihandelsabkommen einbezogen wurden. „Über 100.000 Menschen“ ist richtig, aber näher dran sind „über 200.000 Menschen“ – oder einfach treffend 250.000 Menschen. Auch die anderen Ausführungen sind nicht falsch. Damit steht der „Weser-Kurier“ aber nicht allein da. Durch die Freihandelsabkommen werden die Reichsten noch reicher! Einfach so – natürlich zulasten der Armen!
Die Reichsten werden sich wehren. Lügen, Hetze und Verleumdung werden zunehmen. Nicht verunsichern lassen! Wenn die Verhandlungspartner der Freihandelsabkommen nichts zu verbergen haben, warum sind dann die Unterlagen geheim? So geheim, dass nicht einmal die Abgeordneten sie Unterlagen einsehen können? Am Verhandlungstisch sitzen die Vertreter der Großkonzerne. Die „Verbraucherzentrale“ und andere Interessenvertreter der Verbraucher sind nicht zugelassen. Die Großen schnipseln die Klauseln so zusammen, wie sie vorteilhaft für ihre Interessen sind. Dies gilt auch für die Vertreter der USA.
Eine erfreuliche Meldung: „Der Europäische Gerichtshof hat die „Safe-Harbor“-Regelung zum Datenaustausch zwischen den USA und der EU gekippt. In den USA sei der Datenschutz nicht ausreichend“. Dieses Urteil hat Auswirkung auf die Freihandelsabkommen, weil mit ihnen der Datentransfer sprunghaft ansteigt. Damit landen auch alle Produktionsdaten, die über Datenverbindungen in die USA laufen, bei der NSA. Die US-Regierung ist damit einverstanden, die Datensammelwut der NSA wird sogar aktiv unterstützt. Hinzu kommt, dass die NSA im Verdacht steht, Wirtschaftsdaten gezielt an US-Firmen weiterzugeben. Die NSA ist auch beauftragt, in wichtigen Unternehmen Trojaner zu installieren. Diese Anweisung besteht auch für die „befreundeten“ Staaten. In Deutschland werden zum Beispiel die Elektrizitätswerke entsprechend unterwandert.
Auf unseren Seiten stehen viele Details über die Wirkung der Freihandelsabkommen, einfach mal nachlesen! Es gibt bereits ein Freihandelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada. Es hat bereits gewirkt, und zwar erbärmlich – nachzulesen auf der Seite zur 522. Bremer Montagsdemonstration. Die Stimmung der Großdemo in Berlin ist im Beitrag von Elisabeth zu spüren, die „Vertuschung des Erfolgs“ durch die Medien dem Beitrag von Gerolf zu entnehmen.
2. Eine große Chance für Europa sind die Neubürger: Die „Überalterung“ hat sich bei einer gelungenen Integration erledigt. Ungetrübt von politischer Einfärbung hat „Heute“ in der Nacht zum 10. Oktober 2015 unter der Überschrift „Schutz bei uns“ Kinderbilder gezeigt und eingeblendet, was diese Kinder gesehen und erlebt haben – kurz, prägnant und einschneidend, auch die Worte über die Politiker.
Am Wochenende war zu hören, dass das BKA die Streitigkeiten in den Unterkünften auf die Überbelegung zurückführt. Terroristen werden dort nicht vermutet, aber die Überbelegung ist drastisch. Eine Flüchtlingsunterkunft in Braunschweig wurde für 750 Menschen erstellt. Vor einigen Wochen waren dort bereits 2.000 Flüchtlinge untergebracht, inzwischen leben dort 4.000 Menschen! Werden die Neubürger über die Probleme informiert, oder scheitert es an der Sprache? Werden sie einquartiert ohne Informationen?
Neubürger hätten „schwarz“ gearbeitet, ihnen drohe eine saftige Strafe, war in den Nachrichten zu hören. Der Sachverhalt: An einer Tankstelle wurden Neubürger zum Autowaschen „angestellt“. Als sie den Arbeitgeber um einen höheren Lohn baten, hieß es: „Wenn ihr die Arbeit nicht mehr wollt, hört einfach auf. Ich suche mir neue Leute!“ Die Neubürger baten um Unterstützung. Sie wurde über „Schwarzarbeit“ und die Folgen für sie „aufgeklärt“. In der Meldung war nichts von einer Bestrafung des Tankstellenbesitzers zu hören. In Deutschland haftet jedoch der Arbeitgeber für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Er muss die Sozialversicherung et cetera nachzahlen und mit einer Bestrafung rechnen. Bereits die Strafandrohung gegenüber den Neubürgern ist unmöglich und unhaltbar!
Derweil berät die Bundesregierung Änderungen zum Asylanspruch. Auf circa 190 Seiten stehen die Änderungen, Lieferant ist Bayern. Vergünstigungen für Asylbewerber: keine. Das Grundgesetz wird verletzt, wenn diese geplanten Regelungen Gesetz werden. Was ist die Regierung wert, wenn vorsätzlich unsere Verfassung nicht beachtet wird?
„Panorama“ hatte am 8. Oktober 2015 die üble Nachrede gegenüber den Neubürgern als Thema. In der gleichen Sendung wird über das Entstehen von Gerüchten und falschen Behauptungen berichtet. Diesmal ist Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Quelle. Auch der Rest der Sendung ist sehenswert!
Thomas de Maizière ist der Minister, der allen „gefährdeten“ Ortskräften der Bundeswehr in Afghanistan eine Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zugesagt hat. Er hat seine Zusage nicht gehalten! Einige wurden als „ungefährdet“ eingestuft. Begründung? Unwissenheit des Entscheiders! Teilweise konnten diese Menschen fliehen. In Deutschland angekommen, erhofften sie sich Unterstützung vom einstigen Dienstherrn. Erfolglos! „Frontal 21“ hat dies thematisiert: „Afghanische Helfer von Deutschland im Stich gelassen“.
In Berlin gibt es jeden Tag auf Neue einen Ansturm auf die Registrierungsstelle. Die Mitarbeiter(innen) schaffen etwas über 300 Anträge täglich, aber circa 1.000 neue Flüchtlinge kommen täglich hinzu. In einer Sendung wurde der Behördenchef mit dem Video der Tumulte und Verletzungen vor seiner Behörde konfrontiert. „Wir werden mit der Polizei reden“, war seine Antwort. Auf dem Video waren verletze Menschen und umgestürzte Absperrgitter zu sehen. Für die Menschen ist die Registrierung überlebenswichtig, sonst erhalten sie keinerlei Leistungen. Inzwischen haben einige Betroffene Klage per Eilantrag erhoben: Sie haben wochenlang versucht, einen Termin zu ergattern.
Berlin will eine zweite Erstantrageinrichtung erstellen. Dies ist bereits länger geplant. Geplant ist auch, die Polizei zu entlasten: „Sie müssen in den Polizeiabschnitten keine Strafanzeigen wegen illegalen Grenzübertritts mehr schreiben. Stattdessen sollen Staatsanwälte diese Fragen direkt in der Registrierungsstelle in der Kruppstraße entscheiden.“ Die Entlastung besteht nur vordergründig, insgesamt wird die Verwaltung noch stärker belastet. Warum diese lange Verwaltungsunfähigkeit, warum diese Tätigkeit der Staatsanwälte? Allein aus den Medienberichten geht hervor, dass eine Registrierung unmöglich ist.
3. Arbeit ist knapp, pardon: bezahlte Arbeit ist knapp. Sie reicht nicht für alle. Die Arbeitgeber, unterstützt von der Führungsetage der Bundesagentur für Arbeit und den Politikern, beklagen den „Fachkräftemangel“. „3sat“ hat ihn hinterfragt und festgestellt: Es gibt nur einen kleinen Bereich, in dem Fachkräfte fehlen, nämlich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die Bundesagentur für Arbeit sieht dies aufgrund der Nachforschungsergebnisse ebenso und ergänzt, es gebe auch im Pflegebereich einen Fachkräftemangel. Der DGB hat eigene Untersuchungen vorgenommen und ebenfalls nur einen punktuellen Fachkräftemangel festgestellt. Am 30. Oktober 2015 wird um 20:15 Uhr auf „3sat“ dieses Thema neu aufgemischt!
Mein Fazit: Der „Fachkräftemangel“ ist genauso wie die Zahl der offenen Stellen eine Geschichte in Tradition des Barons von Münchhausen! Dieses Thema beherrscht schon seit Jahren die Diskussion – länger als eine Ausbildung zur Fachkraft dauert! Der DGB hat eine Untersuchung aus dem Jahr 2011 im Netz stehen. Aktuell tadelt er die Arbeitgeber, weil sie nachweislich zu wenige Ausbildungsplätze schaffen und Hauptschülern zwei von drei Plätzen verwehrt bleiben.
4. Die „Jugendberufsagentur“ soll dafür sorgen, dass niemand „verlorengeht“. Das ist aus meiner Sicht eine Drohung. Bereits in den Schulen erhalten die Jugendlichen Datenschutzhinweise und Einwilligungserklärungen. Diese werden über die Lehrer verteilt und von ihnen wieder eingesammelt. Eigentlich ist die Unterschriftsleistung freiwillig. Die Jugendlichen verzichten ohne entsprechende Aufklärung auf ihr Recht. Die Sachbearbeiter können sogar per unangemeldetem Hausbesuch die Jugendlichen aufsuchen, wenn diese Erklärungen unverändert unterschrieben wurden.
Die Daten der Jugendlichen wandern von der Schule über die Senatorin für Bildung zu den Jobcentern und zurück. Falls jemand „verloren“ geht, soll dies unter Einschaltung der Polizei geklärt werden! Dies als „Jugendförderung“ auszugeben, ist ein starkes Stück. Wer bereits eine solche Einwilligungserklärung unterschrieben hat, kann seine Unterschrift widerrufen. Es ist zudem möglich, die Erklärung zu ändern: einfach den Hausbesuch sowie die telefonische Nachfrage streichen. Auch dies gilt für bereits abgegebene Erklärungen. Wer damit Schwierigkeiten hat: Wir gehen mit! „Die Linke“ hat es auf den Punkt gebracht: Mist!
5. „Bremer Wirtschaft legt kräftig zu“, titelte der Weser Kurier am 25. September 2015. Es sei der drittgrößte Zuwachs bundesweit. Gemeint ist das erste Halbjahr 2015. Die „Arbeitnehmerkammer“ stellt hierzu fest: „Insgesamt ist der Arbeitsmarkt im Land Bremen von einem Wachstum atypischer Beschäftigung mit hohem prekärem Potenzial charakterisiert, während das Normalarbeitsverhältnis immer mehr an Bedeutung verliert.“
Wer beim „Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe“ nachschlägt, findet auch die tatsächlichen Zahlen. Die Bundesagentur für Arbeit errechnet für den Monat Juli 2015 eine Steigerung der Erwerbslosigkeit.
6. Maschinen werden immer aufdringlicher und intelligenter. Das „Internet der Dinge“ habe ich bei der 538. Montagsdemonstration angesprochen. Die Maschinen kommen, sie können selbst Arbeitsgänge übernehmen, die „Feinfühligkeit“ erfordern, zum Beispiel Pflegekräfte entlasten oder ersetzen. Roboter können servieren, „Gespräche“ führen, Personen begleiten und wiedererkennen.
„ZDF Info“ informiert in einer Serie über den „Aufstieg der Roboter“. Sie werden viele Menschen entlasten, aber es verlieren auch viele Menschen ihre Arbeit. Die Politik versteckt sich hinter Hirngespinsten, redet von „offenen Stellen“ und hält den „Fachkräftemangel“ als „Mohrrübe für den Esel“ hoch. Es fehlt die Idee für die Reduzierung der angebotenen Arbeitskraft. Wohin ein Überangebot führt, ist am deutlichsten in den Nähfabriken zu sehen. Zum Weg aus der Sackgasse siehe 538. Bremer Montagsdemonstration.
Intelligente Maschinen sind auch in der Landwirtschaft kein Unding. Eine Sendung zeigte den „glücklichen Bauern“: Er sieht alles auf dem Bildschirm, und fast alles läuft ohne ihn. Der Mähdrescher fährt allein übers Feld. Er informiert den Trecker, wenn der Tank geleert werden muss und wo die Übergabe erfolgt. Jede Maschine informiert die Werkstatt, wenn eine Wartung fällig ist oder ein Verschleißteil ausgetauscht werden muss, natürlich mit Ursache und Artikelnummer. Die Kühe werden automatisch gefüttert, Milchmenge, Körpertemperatur und Gewicht gemessen.
Die Daten werden für verschieden Planungen genutzt und zielgerichtet aufbereitet. Die Felder werden per Drohne überwacht. Die Auswertungen zeigen Wasserbedarf, Reifegrad und Sortenreinheit – alles, was der Bauer schon immer wissen wollte, auch als Vorhersage. Wenn es Regen geben soll – die Drohne rechnet es ein. Auch für den voraussichtlichen Erntetermin berücksichtigt die Drohne die Wettervorhersagen.
Für diesen Sprung in die Hochtechnologie müssen die Gesetze zum Schutz der Umwelt angepasst werden. Auch die traditionellen Bauern müssen lebensfähig bleiben. In Afrika und Asien verdrängen Agrarfabriken die kleinen Landwirte. Wir wollen die Flüchtlingsursachen beseitigen? Hier ist ein Ansatzpunkt – allerdings auch vor der eigenen Haustür: Die Milchpreissenkung ist eine aktuelle Auswirkung!
7. Ex-Vorstandsvorsitzender Martin Winterkorn kann nicht loslassen. Er hat seinen Abschied nur angeboten, hängt aber an seinen Ämtern. Dies ist für VW entsetzlich. Wenn der Konzern ihm das Wissen um den Abgasbetrug nachweist, kann VW Herrn Winterkorn entlassen und Schadenersatz einfordern, allerdings zahlt dann die Manager-Versicherung nicht. Nur wenn er unwissend war, leistet sie bis zur Deckungshöhe.
Der neue Vorstandsvorsitzende hat gesprochen und die erforderlichen Nachbesserungen bei den Abgasreinigungssystemen für Januar 2016 angekündigt. Damit hat Matthias Müller bereits verloren, denn die Behörden werden diese Zeitspanne nicht akzeptieren. Inzwischen soll die Produktion normal weiterlaufen. Bedeutet dies, VW produziert weiterhin Dieselautos mit Betrugstechnik? Der Ausweg: Der Betriebsrat möchte die Möglichkeit der Kurzarbeit auch für die Leiharbeitnehmer(innen). Dazu wäre eine Gesetzesänderung nötig. Die Einstellung der Leiharbeiter ist die einfache Lösung, und sie ist vorzuziehen, zumal sie nebenbei die Stellung des Betriebsrats stärken würde. Ich drücke den Arbeitnehmer(inne)n von Volkswagen die Daumen!
8. In Bremen erhalten längst nicht alle ALG-II-Leistungsbezieher die Kosten der Unterkunft, also die Miete, zu 100 Prozent erstattet. Gegenwehr ist möglich! Der Wohnungsmarkt in Bremen ist seit Langem nicht mehr aufnahmefähig. In der Arbeitshilfe zur Verwaltungsanweisung steht auf Seite 11: „Die Feststellung der konkreten Angemessenheit obliegt der Sachbearbeitung. Sie entscheidet, ob im Einzelfall die Richtwerte als angemessene Kosten der Unterkunft zugrunde gelegt werden oder aber davon abweichend eine höhere angemessene Miete anzuerkennen ist.“ Wer einen Eigenanteil zur Miete zahlt, sollte dies ändern! Wie das geht? Wir gehen mit!
Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Suchmaschine auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!