388. Bremer Montagsdemo
am 20. 08. 2012  I◄◄  ►►I

 

Die Kluft zwischen Arm und Reich
wird immer größer

Harald BraunAltkanzler Schröder lobt zehn Jahre nach Verkündung seiner Agenda 2010 die Hartz-Gesetze als „Gewinn für die Gesellschaft“. Es gibt Gewinner: Das sind die Konzerne und Banken, die Superreichen dieser Republik. Und es gibt viele Verlierer: Mit den Hartz-Gesetzen und der Krisenpolitik von Schröder bis Merkel hat sich eine gigantische Umverteilung auf dem Rücken der Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft vollzogen. Seit Einführung der Hartz-Gesetze zum 1. Januar 2005 ist in Deutschland die Armut deutlich gewachsen. Die Löhne liegen inzwischen am unteren Ende im EU-Vergleich.

Nur knapp 30 Prozent aller Arbeitslosen erhalten noch normales Arbeitslosengeld I. In Bremen sind es sogar nur 18 Prozent, während 82 Prozent der Arbeitslosen von Hartz IV leben müssen. Der Regelsatz von 374 Euro ist „zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel“. Die Leiharbeit hat sich hier mehr als verdoppelt. Mit Minijobs müssen sich im Bundesland Bremen inzwischen 71.000 Menschen irgendwie über Wasser halten. Der Zwang, praktisch jeden Job annehmen zu müssen, macht krank und frisst die Seele auf. Adolf Bauer, Präsident des „Sozialverbands Deutschland“, zieht eine andere Bilanz als Schröder und Merkel: „Für eine Hartz-Jubelarie besteht kein Grund, denn die gegenwärtige Bilanz ist ein Desaster. Mit diesem tiefen Einschnitt wurde der Armut ein Weg in die Mitte der Gesellschaft geebnet.“ Wie recht er hat!

Dabei ist genug Geld da. Europa ist so reich wie noch nie: Inzwischen gibt es 3,2 Millionen Millionäre. Die 500 reichsten Deutschen verfügen laut Rating-Listen über ein Vermögen von 3,3 Billionen Euro – das ist die Hälfte des Gesamtvermögens aller Deutschen. Sie haben in der Krise gut verdient und wurden von der herrschenden Politik großzügig gesponsert. Es waren SPD und Grüne, die mit den Hartz-Gesetzen gleichzeitig eine massive Entlastung des Kapitals beschlossen haben: Der Spitzensteuersatz wurde von 53 auf 42 Prozent gesenkt, die Gewerbesteuer für Großkonzerne massiv abgebaut. Seither können milliardenschwere Familienunternehmen faktisch steuerfrei vererbt werden. Nach einer Studie des „Tax Justice Network“ vom Juli 2012 lagern in den Steueroasen dieser Welt 32 Billionen US-Dollar auf Schwarzgeldkonten.

Den Reichen der Welt wird dabei kräftig unter die Arme gegriffen von Top-Banken, die allesamt staatliche „Rettungsschirme“ bekommen haben. Das alles sind unvorstellbare Summen, aber sie existieren. Mit einem Bruchteil dieses Geldes könnten die elementaren Menschheitsprobleme gelöst werden. Zum Beispiel könnte der Hunger auf der Welt sofort gebannt werden. Mit 20 Prozent der „Rettungsschirme“ für die Banken könnte innerhalb von zehn Jahren die weltweite Energieversorgung auf umweltschonende und erneuerbare Quellen umgestellt werden. Das setzt aber voraus, dass wir uns eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung erkämpfen, in der Reichtum denen zugute kommt, die ihn erarbeiten.

Wir werden vergeblich darauf hoffen, dass die herrschende Politik eine massive Besteuerung der Reichen vornimmt. Sie steht ganz im Dienste der Konzerne und Banken und hat für die Bevölkerung nur noch größere Einschnitte zu bieten. Die Vorgänge in Griechenland, Portugal, Spanien und andere Länder sind ein kleiner Vorgeschmack. Das wollen wir gemeinsam verhindern! Seit acht Jahren gibt es die Montagsdemonstrationen in über 100 Städten Deutschlands. Wir können auf vieles stolz sein: auf unseren langen Atem, auf das soziale Gewissen, auf unsere demokratischen Prinzipien, auf unsere überparteiliche Unabhängigkeit, auf unsere gesellschaftlichen Visionen, auf die internationale Verbundenheit, auf die sachkundige Beratung, auf die alltägliche Hilfe, auf das gegenseitige Mutmachen, auf die begeisternde Solidarität. Das ist wirklich ein guter Grund zu feiern!

Harald Braun

 

Zehn Jahre Hartz-IV-Armut per Gesetz und die Rahmenbedingungen

1. Wie Gerhard Schröder zur Agenda 2010 fand, steht auf der 387. Seite der Bremer Montagsdemo. Eine so grundlegende Vernichtung von Ansprüchen der Arbeitnehmer ist nur mit leeren Kassen möglich – und mit einer Partei, die „Arbeitnehmerfreundlichkeit“ auf den Fahnen stehen hat. Mit Kohl wäre es nichts geworden: Die Gewerkschaften hätten an der Seite der Arbeitnehmer(innen) gestanden – dort, wo sie hingehören!

Die Kassen wurden durch die Unternehmenssteuerreform 2001 geleert. Die Körperschaftsteuer, also die Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften wie AG oder GmbH, versiegte und wurde eine Aufwandsposition, weil die Erstattungen die Einnahmen überstiegen. Wenn wir heute noch die gleichen Steuersätze wie zu Zeiten von Helmut Kohl hätten, wäre der Staatshaushalt ausgeglichen – auch weil inzwischen die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent erhöht wurde.

Hans-Dieter Binder Erhebliche Gelder spülten außerdem die sogenannten Cross-Bor­der-Leas­ing-Ge­schäf­te nach Deutschland. Circa 80 Prozent des Kaufpreises erhielt die vermittelnde Bank als Eigenkapital, nicht als Einlage auf ein Konto. Für dieses Eigenkapital musste eine „angemessene“ Verzinsung erreicht werden – wenn es nach den Vorlieben von Herrn Ackermann geht, 25 Prozent Rendite!

Die Deutsche Bank wollte in den USA ins Immobilien-Banking einsteigen. Bedingung der USA war die Auflösung der „Deutschland AG“. Schröder war einverstanden. Das Großkapital jubelte, als verkündet wurde, dass auf Beteiligungsverkäufe keine Steuern zu zahlen sind. Nach meiner Schätzung wären dies mehr als 100 Milliarden Euro gewesen. Die Zerschlagung der „Deutschland AG“ war vollbracht. Die Deutsche Bank konnte sich in den USA die Beteiligung kaufen. Die Großunternehmen hatten volle Kassen. Diese Beträge wurden genutzt, um personalsparende Technik einzusetzen. Die Politik hat – wissend – die Freibeträge für Abfindungen gesenkt.

Um diesen Personalabbau nicht in der Arbeitsmarktstatistik sichtbar zu machen, wurden die Rahmenbedingungen geändert: Bisher wurden nur Vollzeittätigkeiten als Arbeitsplätze gerechnet, jetzt zählten auch Teilzeittätigkeiten mit. Außerdem fielen immer mehr Erwerbslose durch die Maschen der Statistik: Sie werden einfach nicht mitgerechnet. Die offenen Stellen wurden unter Einbeziehung aller Personalportale im Internet ermittelt. Es wurden einfach alle Angebote addiert, ohne doppelte auszusortieren.

Die Statistik wurde dadurch nichtssagend, allerdings europaweit. Die französischen Statistiker machten durch einen Streik darauf aufmerksam. Frau Merkel hat im Wahlkampf darauf hingewiesen, dass jeden Monat 2.000 Vollzeitstellen abgebaut werden. Sie hat untertrieben. Frau Merkel hat die Statistik aber weiter „verfeinert“: Das gewünschte Ergebnis wurde erreicht, nur die Aussagekraft ging baden. Kaum beachtet, gibt es jetzt als Ergänzung die Statistik der Unterbeschäftigung, leider ebenfalls durch die Rahmenbedingungen gesteuert.

Zu keiner Zeit wurden so rasant Arbeitnehmerrechte abgeschafft. Nie gab es Lohnsenkungen und Sozialkürzungen in diesem Umfang! Gleichzeitig boomte der Export. Die Unternehmen verdienten wie nie zuvor. Die mittleren und besonders die geringen Einkommen waren und sind dagegen vom Lohnverlust gebeutelt. Deutschland wurde Exportweltmeister – in der Ausfuhr von Euros: Das Geld wurde außer Landes gebracht. Ein Teil der Spuren taucht auf den gekauften Steuer-CDs wieder auf. Hat die UBS damals nur durch Bilanzfälschung überlebt – ungesühnt?

Der Kapitalansturm – die „überzähligen“ Gelder aus den sehr guten Unternehmensgewinnen, der sehr gut bezahlten Manager und der Cross-Border-Leasing-Geschäfte – musste bewältigt werden. Die Amerikaner hatten eine Idee: Hypothekendarlehn wurden gestückelt, umbenannt und verkauft. Doch das Volumen reichte nicht. Vertreter gingen in Amerika von Haus zu Haus, um Hypotheken zu verkaufen – auf Provisionsbasis. Der Hausbesitzer konnte ruhig zahlungsunfähig sein. Die Blase platzte; im Wesentlichen blieb das Geld aber im Markt, und es sucht erneut nach einer Anlagemöglichkeit. Die aktuelle Miesere steht in den Tageszeitungen. Mit der Rückkehr zu den alten Steuersätzen plus der konsequenten Steuererhebung wäre ein Teil des Geldes gut angelegt im öffentlichen Haushalt.

In Deutschland wurde die Eigenheimzulage abgeschafft, auch die Grundsteuerbefreiung für Eigenheimkäufer. Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe hatte für viele Einkommensverluste zur Folge, in der Spitze über 1.000 Euro monatlich. Selbst Sozialhilfeempfänger erlitten Einkommensverluste. Der Euro verzehrte ebenfalls Kaufkraft, desgleichen die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent. Auf dem Binnenmarkt florierten nur Luxusgüter, denn die Reichen konnten die Entwicklung verknusen.

Herr Schröder hat auch den „Heuschrecken“ das Tor geöffnet. Er hat die Kop­pe­lung des Erdgaspreises an den Öl­preis beibehalten, einzigartig in Europa! Hat Herr Schröder auf den Rat von „guten Freunden“ gehört? Ich hoffe, er hat Herrn Putin im Vertrauen zur baldigen Korrektur des aktuellen haarsträubenden Urteils gebeten. Herrn Schröder ist sicherlich auch die Tragweite der anderen politisch bedingten Verfahren im Einflussgebiet seines Arbeitgebers bekannt. Aber er hat auch selbst viel Leid zu verantworten. Die Selbsttötungsquote bei Sozialleistungsbeziehern ist leider sehr hoch.

Die zehn Euro Praxisgebühr sind nur die immer wiederkehrende Erinnerung an die vielen Änderungen im Gesundheitswesen. Die Fallpauschale gefährdet Tag für Tag Menschenleben! Die „Schuldenbremse“ soll nun die öffentlichen Hände zum Verkauf des „Tafelsilbers“ zwingen, mit Cross-Border-Leasing hat dies ja nur eingeschränkt geklappt. Eine Gegenrechnung der geschaffenen Werte, eine Auflistung der Schulden und der vorhandenen Werte findet nicht statt. Die Auswirkungen sind schon jetzt in Bremen alarmierend. Eine Gesellschaft, die die Ausbildung der Kinder nicht mehr in den Vordergrund stellt, ist zum Scheitern verurteilt!

Nun werden die unzufriedenen Bürger erwartet. Die Reform der Bundespolizei hat als einen Schwerpunkt den Einsatz auf Großdemos. Die Änderung der Bewaffnung ist abgeschlossen. Der „Verfassungsschutz“ sieht den Feind nur links. Die Neonazi-Mordserie führt wohl auch kein Umdenken herbei. Ausgerechnet je­ner Be­am­te, der Murat Kurnaz nicht wieder nach Deutschland lassen wollte, soll es nun richten. Wer im Bericht des „Verfassungsschutzes“ negativ erwähnt wird, soll automatisch die Gemeinnützigkeit verlieren. Bisher hat das Finanzamt darüber entschieden. Der „Verfassungsschutz“ agiert noch immer nach Gutdünken beziehungsweise nach dem Wunsch des politisch Verantwortlichen. Wie hartnäckig widerrechtlich beschattet wird, zeigt der Umgang mit Rechtsanwalt Rolf Göss­ner. Herr Gössner hat sich erfolgreich gewehrt! Nur in Details verweigert sich der „Verfassungsschutz“ noch immer.

Die Bundeswehr kann nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts nun auch in Deutschland selbst eingesetzt werden. Das ist eigentlich nur die logische Befolgung der „Lissabon-Strategie“. Europa hat eine eigene Einsatzgruppe, die nach EU-Entscheidung eingesetzt wird – überall auf der Welt, ohne Mitbestimmung der Heimatländer der Soldaten. Für diese Truppe hat auch Deutschland Soldaten abgestellt. Die Bundeswehr soll in allen Ecken der Welt stehen – nicht, weil wir von dort angegriffen werden, sondern um die wirtschaftlichen Interessen der EU mit Waffengewalt zu verteidigen. Als ob die Probleme dieser Welt durch Waffen zu lösen wären!

Die Abschaffung der Folter war ein Ziel beim Einmarsch nach Afghanistan. Inzwischen lässt auch die neue afghanische Regierung foltern. Die Amerikaner schauen weg – wir auch. Die angeblich Befreiten leiden! Afghanistan erhält noch nach Abzug der Bundeswehr erhebliche Mittel aus Deutschland. Für die Millionenzahlungen muss die afghanische Regierung die Verwendung nicht nachweisen, nicht einmal nennen. Dies wurde vereinbart, obwohl Bilder mit Paletten voller Dol­lars, bereitgestellt zum Abtransport aus Afghanistan, um die Welt gingen. Aufgeklärt wurde nur, dass die Dollars echt waren, dass sie – und noch viel mehr – tatsächlich aus Afghanistan exportiert wurden und dass es sich nicht um die Regulierung für eine Warenlieferung handelte.

Zur Vorratsdatenspeicherung kommen die Handyverfolgung auch ohne Gerichtsbeschluss, die Rasterfahndung und die Gleichschaltung der Überwachungskameras mit gleichzeitigem Gesichtserkennungsprogramm, die sich zum Glück erst in der Erprobung befindet. Die Handyüberwachung kann auch gebietsweise erfolgen. So wurde auf einem Flughafen festgehalten, welches Handy wie lange in welchen Shop war. Die Aufzeichnung der Gespräche wäre ebenfalls möglich. In Bremen wurde die „Weltraumlupe“ entwickelt. Jeder Mensch, am einfachsten mit Handy, kann aus dem Weltraum genau verfolgt werde. Bei mehrgeschossigen Gebäuden kann sogar das Stockwerk ermittelt werden.

Es kann auch ein Geländestreifen lückenlos überwacht werden, sogar wetterunabhängig. „Frontex“, die „Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“, setzt diese Technik ein. An den Außengrenzen der EU werden die anliegenden Länder so zum lückenlosen Überwachen der Grenzen befähigt. Die EU lässt in Nordafrika die Flüchtlinge vom Grenzzaun schießen. Die EU veranlasst Zöllner, auf Schlauchboote zu schießen. Schiffe werden gestoppt und die Wasservorräte vernichtet. Alles mit dem Ziel: Kehrt um! Über die vielen Toten wird kaum berichtet. Der Prozess gegen die Besatzung der „Cap Anamur“ sollte abschrecken.

Länderbezogen wurden die Demonstrationsgesetze geändert. Demos, die regelmäßig immer zur gleichen Zeit am gleichen Platz stattfinden, können in manchen Bundesländern verboten werden. Das Internet lässt sich stören oder abschalten. Die Einführung der Energiesparlampe mit Sondererlaubnis zur Quecksilberverwendung und erst nach Verbot der Glühbirne vorgelegten Gutachten zeigen die Weltferne der EU. Die EU verpflichtet die Staaten Europas noch immer zur Förderung der Atomkraft; Basis ist ein dem Lissabonner Vertrag unabgestimmt beigefügtes Protokoll. Die Gleichschaltung von Geheimdienst und Entwicklungshilfe erfolgt unter Federführung der Außenminister. Nichtregierungsorganisationen, die sich widersetzen, erhalten keine Unterstützung mehr. Weltweit werden diplomatische Vertretungen der EU geschaffen und besetzt.

Die EU hält nichts vom Sparen in eigener Zuständigkeit. Glaubwürdigkeit wird so verspielt. Die EU gibt vor, unsere Politiker gehorchen. Die EU hat eine gesetzliche Regelung für den Seilbahnbetrieb gefordert, europaweit, einfach mit Sanktionsandrohung. Auch Bremen hat sich gefügt und Vollzug gemeldet. Die Hansestadt hat zwar keine Seilbahn, aber das geforderte Seilbahngesetz. Bremen kann keine Fördergelder von der EU beantragen, dies können nur „Metropolregionen“. In deren Schattenregierungen sitzen Volksvertreter sowie ungewählte Vertreter des Kapitals. Die Schattenregierung der Metropolregion Oldenburg-Bremen ist in Vereinsform gekleidet. So stellt sich die EU die Aufteilung Europas vor.

Nachlesen können Sie vieles und anderes in dem Buch „Wir sind empört! Gegen die Zerstörung des Sozialstaates und den Angriff auf unsere Grundrechte“ der „Georg-Elser-Initiative Bremen“. Vor allem ist dies und vieles mehr aber aus den Redebeiträgen von jetzt acht Jahren Bremer Montagsdemo zu erfahren. Wenn Sie Fragen haben oder etwas unklar ist, können Sie uns über unsere Kon­takt­ad­res­sen erreichen oder kommen Sie einfach zur Bremer Montagsdemo, jede Woche um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz. Falls Sie nicht in der Nähe wohnen, gehen Sie einfach zur nächstgelegenen Montagsdemo. Kommen Sie Ihrer selbst wegen, denn der bisherig Abbau der sozialen Sicherungssysteme gefährdet die Demokratie. Der weitere Abbau beseitigt unsere Demokratie! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

 

2. Den wievielten Klinikskandal haben wir jetzt in Bremen? Die Senatorin für Gesundheit fühlt sich nicht zuständig, obwohl sie Vorsitzende des Aufsichtsrats des Klinikums Nord ist: „Anlässlich der stattfindenden Aufsichtsratssitzung der ‚Gesundheit Nord‘ lädt die Aufsichtsratsvorsitzende Renate Jürgens-Pieper, Senatorin für Bildung, Wissenschaft und Gesundheit, gemeinsam mit der Geschäftsführung der ‚Gesundheit Nord‘ morgen, am 22. Juni 2012, zu einer Pressekonferenz ein“.

Nehmen wir den Klinikskandal im Jahre 2006. Damals war Staatsrat Dr. Knigge für Senatorin Karin Röpke Aufsichtsratvorsitzender in der Klinik. Die da­ma­li­ge Pres­se­er­klä­rung war wesentlich detaillierter. Warum wurde sie im Netz geändert? Sehen Sie sich die Unterschiede an: „Als Fehler räumte Dr. Knigge ein, dass er zu sehr auf die Beratungen und Beschlussfassungen im Aufsichtsrat gesetzt hätte... Auf diese Weise wurde ich mehrmals getäuscht oder nur unzureichend informiert. Zu diesem Fehler bekenne ich mich in alleiniger Verantwortung.“ So die ur­sprüng­li­che Fassung.

Herr Dr. Knigge wurde wunschgemäß in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der Schadensumfang wurde durch den Sonderermittler Professor Ziemann aufgedeckt. Er gab in seinem Bericht auch Handlungsempfehlungen zur Vermeidung solcher Schäden, siehe 103. Bremer Montagsdemo. Das sind eigentlich Selbstverständlichkeiten. Auch sollte die Position im Aufsichtsrat der Kliniken nicht delegiert werden. Hier sollte die Besetzung der Aufgabe entsprechen und die Senatorin sich selbst einbringen. Die senatorische Dienststelle muss aktiv das Geschehen im Blick behalten.

Empfehlenswert im Bericht von Herrn Ziemann ist die Passage auf den Seiten 164 und 165, wie Abgeordnete beschränkt werden. Ab Seite 187 steht, was alles anders werden soll. Unter anderen wird auch darauf hingewiesen, dass eine Einweisung vor der Tätigkeit im Aufsichtsrat nötig ist. Damals ging es nur um Millionen, jetzt hat der „Apparat“ Menschenleben gekostet, und das Vertrauen in die fachliche Zuverlässigkeit ist beschädigt! Es wird leider noch richtig teuer.

Frau Senatorin Jürgens-Pieper und Herr Staatsrat Schuster, haben Sie den da­ma­li­gen Un­ter­su­chungs­be­richt gelesen? Haben Sie eine Einweisung erhalten? Sehen Sie noch immer Ihre Distanz zum Geschehen in den Kliniken? Lesen Sie doch auch die Pres­se­er­klä­rung vom 3. Juli 2006 in der ur­sprüng­li­chen Form. Es wird Zeit für mehr Einsatz!

Bremen sollte es auch endlich hinkriegen, dass das Standesamt die notwendigen Urkunden zeitnah erstellt. Vor einiger Zeit waren es die Sterbeurkunden, aktuell sind es die Geburtsurkunden, die auf sich warten lassen. Die Bremer Kliniken haben eine politische Führung verdient, die zu ihnen steht, schließlich sind sie auch Lehrkrankenhäuser der Uni Göttingen.

Aber da ist noch das Problem mit den nicht beantworteten Fragen zu den unbezahlten Rechnungen: „Der ‚Gesundheit Nord‘ fehlten rund 22 Millionen Euro durch nicht oder schleppend bezahlte Rechnungen der AOK, so Hansen. Er bezifferte den Zahlungsrückstand bei rund 15.000 Rechnungen auf rund 22 Millionen Euro.“ Hat Herr Hansen dies vor seinem Weggang erledigt? Gerade bei der zu erwartenden Baukostenüberschreitung ist der Zahlungseingang wichtig.

Frau Jürgens-Pieper, wie geht es besser? Die Abteilung 4 mit der kommissarischen Leitung unter Silke Stroth sieht ziemlich abgestoßen aus. „Abteilung 4 (Gesundheit)“ war damals die Bezeichnung unter der Senatorin für Soziales et cetera, daher taucht wohl auch Staatsrat Schuster im Organigramm vom Februar 2012 nicht auf.

 

3. Das ZDF hat unter dem Titel „Giftiges Licht“ einen Bericht über die Nebenwirkungen der Energiesparlampen gebracht. Die EU hat ihre Gutachten über Energiesparlampen erst nach dem Verbot der Glühbirnen erhalten. Wenn Sie Energiesparlampen haben, so sehen Sie sich diesen Bericht an! Sie sollten für einen eventuellen Notfall unbedingt Vorsorge treffen, zumindest über die Verhaltensweisen und Risiken informiert sein. Wenn eine Energiesparlampe zerbricht, muss sofort gelüftet werden. Möglichst den Raum verlassen. Die Überreste dürfen nicht weggesaugt werden, sondern mit Schutzhandschuhen eingesammelt werden. Kleine Teile lassen sich mit Klebeband aufnehmen. Alles gehört in einen verschließbaren Behälter, einschließlich Lappen und Handschuhen, und zum Sondermüll.

Energiesparlampen haben einen Sockel mit viel Elektronik. Das dort verwendete Material dünstet bei Hitze aus, wenn der Übergang nicht dicht ist. In dem Beitrag gezeigte Versuche haben die Undichtigkeit belegt. Inzwischen soll es Energiesparlampen geben, die das Quecksilber besonders gesichert haben. Ich habe mir die Verpackung meiner Exemplare angesehen: Es gibt keine Hinweise zur (Un-)Sicherheit, auch keinen „Beipackzettel“ bei. Nur eins ist klar: Defekte Energiesparbirnen gehören in den Sondermüll! Die „Tageszeitung“ hat treffend über den Ablauf der Einführung geschrieben. Es gab kein Verbot zum Verkauf der alten Glühbirnen, nur wurde das Angebot zwangsläufig geringer. Es gibt noch die Acht-Watt-Glühbirnen von Paulmann.

Eine weitere Bedrohung entsteht durch das stärkere Elektrosmogfeld. Die EU lässt grüßen! Energiesparen ist sinnvoll. Ich spare gern Energie, aber nicht unter Gefährdung unserer Gesundheit. Meine Energiesparbirnen liegen jetzt im Keller. Ich werde beim Hersteller nachfragen. Ansonsten gehe ich davon aus, dass die Politik diesen Fehltritt umgehend beseitigt! Es geht auch anders. Die Atomkraftwerke müssen für alle tatsächlich entstehenden Nebenkosten zur Kasse gebeten werden! Dann ist Atomkraft sofort unwirtschaftlich. Daher die Atomkraftwerke sofort abschalten, auch wenn die Energiesparlampe ein Flop ist! Der Stromverbrauch ist mit erneuerbaren Energien zu decken, und auch die „Konkurrenz zum Teller“ durch Biosprit ist zu beseitigen! Es gibt genug zu tun. Schalten wir es ab!

 

4. Die Nazis dürfen das? Die „Courage-Elser-Initiative“ hat da eine negative Erfahrung gemacht und sitzt jetzt auch noch auf den Kosten des Rechtstreits. Eigentlich sollte ein „Herr Reichskanzler“ und „Herr Hitler“ schon für ein Strafverfahren gegen Rechts reichen. Es ging leider ganz anders aus. Daher gab es Schilder am Saaleingang und Augenkontrolle: „Zutritt für Nazis verboten!“ Wer hat, möge etwas Geld überweisen. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Das „Bremer Friedensforum“ lädt ein zur antimilitaristischen Fahrradtour am Antikriegstag, dem 1. September 2012. Beginn ist um 11 Uhr auf dem Marktplatz. – MLPD und „Jugendverband Rebell“ laden für 19 Uhr ein zur Veranstaltung unter dem Titel „International kämpfen für den Weltfrieden“ im „Jugendfreizeitheim Neustadt“, Geschwornenweg 11a. Es gibt anatolische Musik, Theater, Diskussion und internationales Buffet.
 
„In der deutschen Bevölkerung ist durch die Erfahrungen mit dem Hitler-Faschismus das antifaschistische und antimilitaristische Bewusstsein tief verwurzelt. Gegen öffentliche Auftritte von Faschisten entwickeln sich sofort massenhafte Proteste. Zwei Drittel der Deutschen lehnen den Auslandseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan ab. Es gibt große Solidarität mit der demokratischen Aufstandsbewegung in den arabischen Ländern und mit den Rebellionen vor allem der Jugend in Europa. Die Arbeitereinheit wächst international zusammen. Der Kampf gegen den Militarismus, für den Weltfrieden und für die vereinigten sozialistischen Staaten der Welt sind am Internationalen Kampftag gegen Faschismus und Krieg die zentralen Anliegen von MLPD und ‚Rebell‘. Beide sind Mitglied der revolutionären Weltorganisation ‚ICOR‘, die sich in 42 Ländern aktiv am Antikriegstag beteiligt.“ – Einladung von MLPD und „Rebell“
 
Meinungseinfalt: Bertelsmann übernimmt Gruner & Jahr („Manager-Magazin“)
 
Einbrecher klettern übers Baugerüst: Wo bleibt die Polizei? („Tageszeitung“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz