382. Bremer Montagsdemo
am 09. 07. 2012  I◄◄  ►►I

 

Bei zehn Prozent „Kunden“, die ihre Rechte kennen, können
die Jobcenter „einpacken“

Elisabeth Graf1. Nicht nur in der deutschen Hauptstadt ist Kin­der­armut zu einem großen Problem geworden. Inzwischen leben in Berlin bereits 168.078 Mädchen und Jungen in Familien, die von ALG II vegetieren müssen. Das entspricht einem Anteil von ungeheuren 33,8 Prozent. An der Spitze liegt der Bezirk Mitte mit 51 Prozent, dicht gefolgt von Neukölln mit 49,4 Prozent. Den geringsten Anteil an armen Kindern gibt es in Pankow mit 17,5 und in Steglitz-Zehlendorf mit 14,1 Prozent. Von den rund 168.000 bedürftigen Mädchen und Jungen haben 62.854 einen Migrationshintergrund.

Der Senat spricht vollmundig davon, eine „Strategie zur Bekämpfung der Kinderarmut“ zu erarbeiten. Vielleicht hat er damit den Mund zu voll genommen, weil Sozial-Staatssekretär Michael Büge (CDU) auf eine Parlamentsanfrage der Linken- Abgeordneten Katrin Möller keine Details nannte. Diese galoppierende Steigerung der Armut ist hausgemacht, staatlich gewollt, den menschenverachtenden Hartz-Gesetzen geschuldet!

 

2. Immer mehr diakonische und private Einrichtungen lassen Zeitarbeitnehmer zu Bruttolöhnen von weniger als 1.600 Euro monatlich schuften. Dabei ist die Zahl der Leiharbeiter in Krankenhäusern und Pflegeheimen seit 2005 um satte 400 Prozent gestiegen. Die meisten Leiharbeiter arbeiten im Pflegebereich: Gemessen am Gesamtanteil beträgt ihr Anteil in Pflegeberufen nunmehr 16,4 Prozent. In dieser Branche verdient ein Leiharbeitnehmer im Monat lediglich 1.600 Euro brutto. Zwei Drittel der Leiharbeiter verdienen monatlich weniger als 1.802 Euro und liegen somit unter der deutschlandweiten Niedriglohnschwelle für Single-Haushalte.

Es existieren bedenkliche Gehaltsunterschiede, wenn Arbeitnehmer, die regulär im Gesundheits- oder Sozialwesen beschäftigt sind, im Jahr 2010 einen Durchschnittsmonatslohn von gut 2.456 Euro erreicht haben. Obwohl Krankenpflege eine körperlich sehr schwere und belastende Arbeit ist, die viel persönlichen Einsatz und Engagement erfordert, versuchen die Arbeitgeber dies völlig außer Acht zu lassen und sehen im Arbeitnehmer lediglich – teuflisch neoliberal – den belastenden „Kostenfaktor“, den es um jeden Preis zu drücken gilt. Soziale und pflegerische Arbeit wird nicht wertgeschätzt und entsprechend mies bezahlt.

So werden reguläre Stellen abgebaut, um sie mit billigen Arbeitskräften wieder aufzufüllen, die dann trotz Vollzeitarbeit so erbärmlich wenig verdienen, dass sie mit Hartz IV aufstocken müssen, um mit sich und ihren Familien notdürftig halbwegs über die Runden zu kommen. Arbeitsmarktexperten sehen die Entwicklung mit Sorge, da einige Zeitarbeitsunternehmen nur zu dem Zweck aufgebaut worden seien, um Arbeitskräfte an Krankenhäuser und Altenheime zu verleihen. Es gelte, die Löhne immer weiter nach unten zu drücken. Dann können Menschen trotz Vollzeitarbeit nicht von ihren Löhnen leben, ohne sich der entrechtenden Verfolgungsbetreuung unterwerfen zu sollen. Darum genau scheint es zu gehen!

 

3. Dem Bundesgeschäftsführer der Piraten „reicht es“, weil ihn die Bundesagentur für Arbeit lehrte, dass sein politisches Amt mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II nicht vereinbar sei. Johannes Ponader ist von Beruf Autor, Regisseur, Schauspieler und Theaterpädagoge und seit 2010 Mitglied der Piratenpartei. Ende April 2012 wurde er zu ihrem politischen Geschäftsführer gewählt. Anfang Mai zogen die Piraten in den schleswig-holsteinischen Landtag ein. Noch am selben Abend saß Ponader bei Günther Jauch in der Sendung.

Als Jauch Ponader fragte, ob er Hartz IV bekomme, antwortete dieser mehrfach, er beziehe Sozialleistungen. Jauch schien es nicht lassen zu können und betonte, dass er also Hartz IV bekomme. Sollte das Ansehen der Piratenpartei durch die Feststellung geschmälert werden, dass ihr politischer Geschäftsführer Hartz-IV-Empfänger sei? Jedenfalls teilte das Jobcenter Ponader drei Tage später per Post mit, dass seine Zahlungen eingestellt würden, weil er „Politischer Geschäftsführer der Piratenpartei“ sei. Ohne weitere Erklärung wurde dies als „Grund“ dafür genannt, seinen Anspruch auf Sozialleistungen abzuerkennen.

Später wurde ihm unterstellt, er habe sich bei Jauch „geziert“, seinen ALG-II-Bezug zuzugeben. Doch habe Jauch, so Ponader, drei Male aus einem ganz anderen Grund nachfragen müssen: Den Begriff Hartz IV für ein Arbeitslosengeld, das der Existenzsicherung dient, lehne er ab, weil Namensgeber Peter Hartz wegen Untreue in 44 Fällen vorbestraft ist und im Namen Hartz der Verdacht mitschwinge, dass da irgendjemand andere hintergehe.

Wenige Tage nach der Sendung habe der Vorsitzende der Piratenpartei einen Anruf von Heinrich Alt, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit, mit der Frage bekommen, warum die Partei Ponader nicht bezahlen könne. Alt deutete dabei an, das Jobcenter müsse ihn mit Eingliederungsmaßnahmen und Sanktionen „härter anpacken“, wenn öffentlicher Druck entstehe. Dies habe Alt später geleugnet und stattdessen ein generelles Interesse an der Piratenpartei als Grund für seinen Anruf angeben. Ponader fragte sich, wieso ein Vorstandsmitglied der Agentur für Arbeit das Sozialgeheimnis bricht, und versuchte nun selbst, zu Herrn Alt durchgestellt zu werden, was ihm nicht persönlich gelang.

Dass Ponader an einem beruflichen Projekt in München arbeitete, kommentierte der „Spiegel“ später damit, dass er in diesen Tagen „ausnahmsweise“ sein Geld selbst verdiente. Allerdings sei dies in den letzten zweieinhalb Jahren zu zwei Dritteln der Zeit so gewesen, so Ponader. Weiterhin habe der „Spiegel“ später in einer Pressemitteilung suggeriert, Ponader habe Honorare nicht angeben wollen und sei deswegen vom Jobcenter abgemahnt worden. Die Springer-Presse titelte noch subtiler: „Hartz-IV-Pirat erschlich sich Stütze“. Erst nach einer Klarstellung durch ihn selbst sei die Überschrift geändert worden, die sich natürlich längst in den Köpfen der Menschen verankert hatte.

Auch der sogenannte Prüfdienst der Bundesagentur habe ihn schon zwei Male aufgesucht und seine Grundrechte „mit Füßen getreten“, weil eine Prüfung durch den Außendienst nur dann erfolgen darf, wenn es einen Anfangsverdacht auf Leistungsmissbrauch gibt, und auch dann nur, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen. Das war bei Ponader nicht gegeben: Alles hätte durch einfache Nachfrage geklärt werden können. Es ist oft zu lesen, dass die Jobcenter sich nicht an die Vorschriften halten, die für ihren Bereich gelten. Oftmals seien die Mitarbeiter aufgrund der vielen Änderungen überfordert und würden unter enormen Druck gesetzt. Auch platzten die Sozialgerichte vor Klagen aus allen Nähten, gut die Hälfte davon ist erfolgreich.

Es handelt sich also beileibe nicht um Querulanten, sondern um Menschen, die für ihre Rechte einstehen. Die Jobcenter, so Ponader, teilen ihre Besucher in mehrere Gruppierungen ein: in „arbeitsmarktnah“, „arbeitsmarktfern“ und „nicht vermittelbar“. Doch gebe es auch eine inoffizielle Kategorie: Kunden, die ihre Rechte kennen, die oft zu zweit aufs Amt kommen, sich gegenseitig begleiten. Sie machen laut Insiderinformationen etwa zwei Prozent aus – bei fünf bis zehn Prozent könnten die Jobcenter „einpacken“. Bei seinem letzten Gespräch dort belegte Ponader seine Einnahmen des Vormonats in Höhe von 1.800 Euro, genug also, um mit den Leistungen mehr als einen Monat auszusetzen. Damit sei sein Arbeitvermittler „völlig überfordert“ gewesen.

In der Presse liest Ponader, „man“ habe jetzt einen „detaillierten Integrationsplan“ für ihn ausgearbeitet. Während sein persönlicher Ansprechpartner rechtswidrig sein Programm durchziehe und einseitig seine alte Eingliederungsvereinbarung vorzeitig außer Kraft setzen wolle, plaudere die Sprecherin der Arbeitsagentur öffentlich über seinen Fall, ohne dass er sie je vom Sozialgeheimnis entbunden hätte. Ponader hofft, dass er in Kürze genug Einkommen habe, um vom Jobcenter unabhängig zu sein. Bis dahin wollen ihn Freunde unterstützen. Nun sei ein Sprung ins Ungewisse angesagt, wie ihn viele gingen, die die Gängelung durch die Jobcenter nicht mehr ertragen und freiwillig auf Sozialleistungen verzichten. Johannes Ponader verlässt das Amt, um frei zu sein – das Arbeitsamt, nicht sein Amt als politischer Geschäftsführer.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Das Chaos an den Schulen ist perfekt: 800 Schüler und 800 Lehrer
tragen deshalb das Chaos vors Rathaus („Bild“-Zeitung)

 

Europas Bergleute kämpfen vereint gegen EU-Beschlüsse

Harald BraunGemeinsam und international für eine lebenswerte Zukunft! Seit Mai 2012 ist eine ganze Region in Spanien im Aufruhr. 8.500 Bergleute sind in den unbefristeten Streik getreten, der zu 100 Prozent auf allen Schachtanlagen befolgt wird. Die Zechen sind von den Kumpels größtenteils untertage besetzt. Am 22. Juni sind 200 Kumpels aus Asturien, Kastilien-León und Aragon zu einem „schwarzen Marsch“ in die Hauptstadt aufgebrochen. Auf ihrem Weg durch 22 Städte mobilisieren sie die Bevölkerung für den Kampf gegen Zechenschließungen und die Demonstration am 11. Juli in Madrid.

Ihre Entschlossenheit bringt eine Bergarbeiterfrau auf den Punkt: „Wir kämpfen und werden weiterkämpfen, weil unsere Kinder Brot und ein Bett brauchen und, wenn sie größer sind, einen Arbeitsplatz.“ Dieses Verantwortungsbewusstsein für die Zukunft lässt die Kumpels und ihre Familien seit über fünf Wochen im Streik durchhalten, obwohl sie weder Lohn noch Streikunterstützung erhalten, sondern von Ersparnissen und Unterstützung aus der Bevölkerung leben müssen.

Die spanischen Kumpel haben sich an die Spitze des Widerstands gegen das von der EU verordnete Krisenprogramm der Rajoy-Regierung gesetzt. An ihnen soll als Exempel statuiert werden, den EU-Beschluss zur vorgezogenen Schließung des subventionierten Bergbaus durchzuziehen. Während den internationalen Großbanken 62 Milliarden Euro zugeschoben werden, sollen im Zuge der Auflagen des EU-Fiskalpakts die „Kohlebeihilfen“ um zwei Drittel gekürzt werden, was einem Todesurteil für die Zechen gleichkommt. Die spanische Regierung beruft sich dabei auf eine Klausel im EU-Beschluss, wonach „bei gravierenden wirtschaftlichen Veränderungen“ die Kürzungen der Subventionen vorgezogen werden können. Würde das durchkommen, ist auch bei uns Tür und Tor dafür geöffnet!

In den großen deutschen Medien wurde über den Streik der spanischen Bergleute eine regelrechte Zensur verhängt. Offensichtlich soll der Kumpel über die Gemeinsamkeit im Unklaren gelassen werden. Wenn sie den Vorstoß der spanischen Regierung und der EU zu Fall bringen, dann werden auch bei der geplanten Schließung der deutschen Zechen die Karten neu gemischt. Kumpel ist Kumpel, egal in welchem Land! Hoch die internationale Solidarität! Millionen Kumpels werden eine Macht! –

Dieser Aufruf der Bergarbeiterinitiative „Kumpel für AUF“ endet mit der Aufforderung an die Kumpels im Ruhrgebiet, sich am kommenden Mittwoch an den Kundgebungen vor drei Schachtanlagen zu beteiligen. Diese Proteste finden zeitgleich zur großen Demonstration der Kumpels am 11. Juli in Madrid statt. Alle gemeinsam – todos juntos!

Harald Braun

 

Ich widerspreche der Weitergabe meiner Daten an Gewerbetreibende

Gernot-Peter Schulz Sehr geehrte Damen und Herren, der Bundestag plant, Paragraf 44 des Mel­de­rechts­rah­men­ge­set­zes dahingehend zu ändern, dass die Mel­de­äm­ter Aus­kunft an Ge­wer­be­trei­ben­de zu geben haben, auch wenn diese Daten zum Zwecke der Werbung, Markt- und Mei­nungs­for­schung genutzt werden. Falls es zu dieser Änderung kommen sollte, widerspreche ich hiermit vorsorglich jeglicher Weitergabe meiner personenbezogenen Daten zu solchen Zwecken. Dieser Wi­der­spruch umfasst insbesondere auch die Weitergabe dieser Daten zum Abgleich mit bei den Anfragenden bereits gespeicherten Daten. Bitte informieren Sie mich rechtzeitig, falls ich diesen Widerspruch erneuern muss, um die Weitergabe meiner Daten wirksam zu blo­ck­ieren. Freundliche Grüße.

Schreiben von Gernot-Peter Schulz („Freie Bürger Deutschland“)
ans Stadtamt Bremen

 
Wegen Sachbeschädigung am Südflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs: Strafanzeige gegen Bahnchef Grube wurde mit Aktenzeichen an die
Staatsanwaltschaft Stuttgart übergeben (Gernot-Peter Schulz)
 
130. Montagsdemo gegen „Stuttgart 21“: Der Tiefbahnhof ist im Brandfall leistungsfähiger als jedes Krematorium („Frankfurter Allgemeine Zeitung“)
 
Razzia bei Mappus: Dem Organisator des Schwarzen Donnerstags
geht es wegen Untreue an den Kragen („Spiegel-Online“)
 
Unterstützung erbeten: Keine Transitautobahn durch
den Nationalpark Donauauen! („Avaaz“)
 
Schützt den Hofgarten in Öhringen: Keine Baumfällungen
für die Landesgartenschau 2016! („Avaaz“)

 

Ohne Marktforschung: Das Stadtticket muss übertragbar werden!

Pete OrdingHier ein Bericht aus der Anhörung am Mittwoch, dem 4. Juli 2011, in der Bremischen Bürgerschaft. Obwohl alle Inhaberparteien des Senats bestenfalls Rückfragen hatten, die Petition ansonsten gar unterstützten, jedoch niemand (außer der Herr von der BSAG) gegen die Übertragbarmachung des Stadttickets sprach, kündigte der Herr von der BSAG (den Namen werde ich noch erhalten) eine Marktforschung an, da er nicht wisse, wie viele Personen dann das Ticket kaufen würden, wäre es übertragbar.

Diese Marktforschung soll bis Juli 2013 laufen, also ein Jahr lang, obwohl sie sämtliche geschäftsrelevanten Daten der letzten Jahrzehnte vorliegen haben! Eines ist sicher: Sollte es tatsächlich eine solche Marktforschung geben, die ein Jahr lang läuft, ehe es eine Änderung geben könnte, werde ich Protest einlegen. Ich hoffe für alle Berechtigten, dass möglichst viele diese Aktion unterstützen werden!

Pete Ording (parteilos)
 
Bundessozialgericht hält Regelsatz nach Kassenlage für verfassungsgemäß: Betroffene dürfen sogar um Centbeträge beschissen werden („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz