356. Bremer Montagsdemo
am 12. 12. 2011  I◄◄  ►►I

 

Wir laden ein zur Jahresabschlussfeier der Initiative Bremer Montagsdemo
am 19. Dezember 2011 um 19 Uhr im Naturfreundejugendhaus Buchtstraße. Als Gast zur letzten Montagsdemo in diesem Jahr begrüßen wir zuvor Volker Lösch, Theaterregisseur aus Stuttgart und Mitbegründer des Schwabenstreichs gegen „Stuttgart 21“ (17:30 Uhr an der Domsheide, 17:45 Uhr am Hanseatenhof).

 

Peter Hartz wollte einen Regelsatz von 511 Euro, um eine menschenwürdige Existenz zu gewährleisten

Elisabeth Graf1. Was uns selbst schon oft aufstieß, wird nun auch offiziell vom DGB in seinem jüngsten „Verteilungsbericht“ festgestellt: Die Beschäftigten sind die Verlierer des vergangenen Jahrzehnts, denn gemessen am Volkseinkommen sank 2007 der gesamtwirtschaftliche Anteil der Löhne auf den tiefsten Wert seit den 70er Jahren! Diametral entgegengesetzt dazu sind natürlich die Bezieher von Unternehmens- und Vermögenseinkommen die Gewinner.

Für die Verluste bei den Arbeitnehmern seien drei Trends im Verteilungskampf verantwortlich: Erstes seien in kürzeren Abständen und auch heftiger als sonst Krisen ausgebrochen, gegen die angeblich beschäftigungssichernde Tarifverträge und Kurzarbeit erfolgreich eingesetzt wurden. Zweitens stagnierte der private Konsum wegen der zurückhaltenden Lohnpolitik, die den Arbeitnehmern immer weniger in der Lohntüte ließ, weshalb die realen Gehälter jetzt zwingend zumindest wieder mit der Produktivität zusammenwachsen müssen. Weil drittens inzwischen über sieben Millionen Menschen im Niedriglohnsektor arbeiten, sank der Anteil der tariflich regulierten Normalbeschäftigten rapide.

Dazu kommen die noch schlechter als normal bezahlten Leiharbeiter. Selbstredend war diese enorm gewachsene Billiglohn-Ausbeutung seit den menschenverachtenden Hartz-Gesetzen – als Triebkraft und Instrument des Niedriglohnsektors – politisch genau so gewollt. Wie kann das äußerst zynische Dogma, jede Arbeit sei besser als Arbeitslosigkeit, sich so durchsetzen, wenn doch als erste Prämisse gelten müsste, dass jeder von seiner Hände Arbeit auch auskömmlich leben können und sich nicht noch als Aufstocker der Verfolgungsbetreuung durch die Flop-, Mob-, Job- Center aussetzen muss! Aus Steuergeldern müssen ja nicht nur die Bezüge für Erwerbslose finanziert werden, sondern auch die durch zusätzliches ALG II aufgestockten Löhne, die zu viele Unternehmer nicht in angemessener Höhe auszuzahlen bereit sind.

So werden die Steuerzahler zur schamlosen Profitmaximierung zur Kasse gebeten. Das ewige Gejaule, dass durch einen Mindestlohn Arbeitsplätze geopfert würden, ist nicht zu halten, denn wenn die derzeit prekär Beschäftigten in ein normales Vollzeitarbeitsverhältnis übernommen würden, stiegen die Lohnsumme und die Zahlungen in die Sozialkassen stärker an. Eine gute Tarifpolitik wäre wichtig, reicht aber nicht: Wir brauchen eher gestern als heute endlich gesetzlich gesicherte Mindestlöhne, die Leiharbeit müsste mindestens drastisch reduziert und jeder Auszubildende übernommen werden.

 

2. In Bremen liegt der Anteil der Rüstung der Wirtschaftsleistung sieben Mal höher als im Bundesschnitt. Aus der neuesten Auflage der Broschüre „Rüstungsstandort an der Weser“ des „Bremer Friedensforums“ geht hervor, dass Bremen diese Position noch ausbaut. Pastor Martin Warneke schreibt, dass auch in Bremen der Krieg vorbereitet und das Töten perfektioniert würde. Unzählige Menschen hätten durch in Bremen hergestellte Produkte ihr Leben verloren. Die fünf großen Bremer Rüstungsfirmen – Atlas, EADS, Rheinmetall, Lürssen und OHB – produzierten 2010 Rüstungsgüter im Wert von 1,15 Milliarden Euro. Lühr Henken vom „Bundesausschuss Friedensratschlag“ nennt Bremen eine Rüstungshochburg.

Die Ankündigung der „Linken“-Fraktionsvorsitzenden Kristina Vogt, mit parlamentarischen Anfragen weiter aufklären zu wollen, in welchem Umfang bremische Steuergelder in Rüstungsprojekte fließen, gefällt mir sehr. Wenn die Bremer Uni die am stärksten drittmittelfinanzierte Hochschule Deutschlands ist, dann müssen militärische Kooperationsprojekte unbedingt umgewidmet werden, damit eben nicht mehr das Wirtschaftsressort beispielsweise den „Kompetenzcluster Marissa“ fördert, in dem Rheinmetall und die Hochschule zur „Ressourcensicherung“ forschen, oder Rheinmetall „Optimierungsmöglichkeiten“ für Drohnen erforscht!

 

3. In der Euro-Krise wird immer wieder der angeblich ausufernde, „unbezahlbare“ Sozialstaat für die hohen Schulden Deutschlands verantwortlich gemacht. Doch drei Viertel der Schulden haben andere Ursachen, zum Beispiel die deutsche Einheit. Gegenwärtig macht die gesamte Staatsverschuldung der Bundesrepublik einen Betrag aus, der etwa achtzig Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung entspricht. Würden die Staatsschulden drastisch reduziert, wüssten viele Anleger gar nicht, wohin mit ihrem Geld. Schließlich profitieren von den Staatsschulden jene in den nachwachsenden Generationen, deren Eltern ein Vermögen haben, Zinsen aus Staatsanleihen bekommen und dies alles an ihre Nachkommen vererben. Deswegen werden bei Kürzungen nur die vermögenslosen Schichten der künftigen Generationen wirklich belastet.

Bei der Entwicklung der Staatsverschuldung startete die Bundesrepublik mit etwa 20 Prozent des Sozialprodukts. Das Krisenmanagement nach der Lehman-Pleite ließ die öffentliche Verschuldung um etwa 15 Punkte steigen, wohingegen der vielgescholtene Ausbau des Sozialstaats in den siebziger und achtziger Jahren ungefähr dieselbe Größenordnung an Verschuldung gebracht hat: etwa 20 Prozentpunkte. Durch die Wiedervereinigung kam eine Verschuldung in ähnlicher Größenordnung hinzu. Weil seit Mitte der 90er Jahre der Anteil der Sozialleistungen nicht mehr anstieg, ließ also keineswegs ein ausufernder Sozialstaat die Staatsschulden explodieren: Etwa drei Viertel unserer Schulden haben andere Ursachen.

Angesichts der Alterung der Bevölkerung stieg die Erwerbsquote der 55- bis 64-Jährigen in Deutschland enorm an, wodurch Sozialausgaben gespart und Steuereinnahmen erhöht wurden. Auch im internationalen Vergleich fallen die deutschen Staatsausgaben nicht als besonders hoch auf. Angeblich erfordert es die vermaledeite Schuldenbremse, dass Ausgaben gekürzt werden. Dabei verlangt sie nur, dass nicht zu viele Ausgaben mit Schulden finanziert werden. Wer mehr Steuern einnimmt, kann auch mehr ausgeben. Demzufolge gibt es kein Problem durch zu hohe Ausgaben, sondern durch zu niedrige Einnahmen, um die Schuldenbremse einhalten zu können. Steuererhöhungen wie im Ausland würden die unglaublich hofierte Wirtschaft keineswegs abwürgen, obwohl sie uns dieses tanzende Scheckgespenst immer wieder gerne glauben machen will.

Es gibt hierzulande durchaus Spielraum für eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer und auch für eine Vermögensteuer! Obwohl die Erwerbsquoten der Älteren sicher weiter steigen werden, sind künftig wegen der Alterung der Gesellschaft höhere Ausgaben für Gesundheit und insbesondere Pflege nötig, weshalb die Sozialleistungen stärker als die Wirtschaftsleistung steigen werden. Höhere Steuern müssen in die Infrastruktur fließen, in den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur, der Schulen und der Universitäten und in den Ausbau der vorschulischen Kinderbetreuung!

 

4. Das schwarzgelbe Gruselkabinett „steht voll hinter dem Entwurf“, die gängige Handhabung der Praxisgebühr zu verändern. Anstelle von zehn Euro pro Quartal sollen nun allen Ernstes fünf Euro pro Arztbesuch gezahlt werden. Das Bundesgesundheitsministerium betont aber, es habe noch keine konkreten Vorschläge vorgelegt, wie die im Koalitionsvertrag vereinbarte Überprüfung der Praxisgebühr aussehen könnte. Die Überlegung, die Praxisgebühr pro Arztbesuch zu erheben, stammt nicht aus dem Ministerium. Es ist unsozial und eine Frechheit, bloß um Kosten zu sparen, Menschen zu unterstellen, dass sie zu oft zum Arzt gingen! Den Betuchten macht es ja nichts, aber die finanziell Schwachen werden auf diese Weise von einer angemessenen medizinischen Versorgung ausgeschlossen. Die Behandlung aller Bedürftigen muss gesichert sein und keinesfalls nur jene derer, die, aus welchen asozialen Gründen auch immer, bloß vom Erbe leben.

Es ist ein Irrglaube, dass Menschen, die einen Arztbesuch brauchen, auch ohne ihn gesund werden, wenn er ihnen ökonomisch verweigert wird! Nur scheint es faktisch niemanden mehr wirklich zu interessieren, dass sie auch gesund werden, weil sie längst als ökonomisch nicht mehr verwertbar ausgemustert sind. Dabei hat die Krankenversicherung derzeit gar kein Geldproblem, sondern wies zuletzt Überschüsse aus. Es reicht doch wohl, dass Medikamente, Brille, Zahnersatz, Plomben, die meisten Medikamente – vor allem die weniger schädlichen pflanzlichen – selbst gezahlt werden müssen! Im sogenannten Regelsatz sind Kosten für Medikamente noch nicht einmal vorgesehen. Ein Problem besteht schon, nur eben nicht bei den Kassen, wohl aber beim Bund, der seit der Bankenrettung völlig pleite ist.

 

5. Ronald Blaschke wirft die interessante Frage auf, wie die Hartz-Kommission vor zehn Jahren auf einen Regelsatz von 511 Euro bei Hartz IV kam. Noch spannender wäre natürlich eine Stellungnahme von SPD und Grünen, warum sie diesen um ein Drittel gekürzt haben. Eigentlich sollte bei der Bestimmung der Regelsatzhöhe auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die tatsächliche Höhe der als angemessen anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung als (herrschafts-)politisch festgelegtes Minimum zur Sicherung der Existenz und der gesellschaftlichen Mindestteilhabe gelten.

Uneigentlich ging hier ein „politisches“ Pokerspiel los, um bloß bei den Ärmsten der Armen so viel wie möglich einzusparen und von untern nach oben zu verteilen. Peter Hartz sagt in der Dokumentation der ARD „Auf der Suche nach Peter Hartz“ in der 28. Minute, in den Ausgangsvorschlägen der Hartz-Kommission sei ein Regelsatz von 511 Euro erwogen worden, denn im Jahr 2002 habe bei allen Kommissionsmitgliedern Einvernehmen darüber geherrscht, dass eine menschenwürdige Existenz gewährleistet werden muss. Heute beträgt der Regelsatz 364 Euro, ab 2012 sollen es 374 Euro sein, womit er also zehn Jahre später immer noch 137 Euro niedriger liegt, als es laut Peter Hartz damals erwogen wurde.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
„Alle Hartz-IV-Kritiker, die das mit mir und meiner Person in Verbindung bringen, wenn die sich einmal vor Augen führen, dass in unseren Ausgangsvorschlägen die ALG-II-Grundvergütung, wo man jetzt immer so sich gezofft hat, von 359 auf 364 Euro, dass unser Ausgangsvorschlag 511 Euro war, weil wir hatten überhaupt keine Diskussion, dass es ein menschenwürdiges Einkommen sein muss.“ (Peter Hartz)
 
Hartz-IV-Regelsatz enthält ja auch keine Geschenke: Heidnische Unsitte der Weihnachtsbaumfällerei passt nicht in unser christliches Abendland („Spiegel“)

 

Für die Sozialleistung Hartz IV ist in Bremen der Hafensenator zuständig

Hans-Dieter Binder1. Das Konzept „P-Konto“ ist unausgegoren. Erreicht wird damit eines: Alle, die Kontenpfändungen befürchten, sind bei der Schufa registriert! Sie darf diese Information jetzt zwar nicht verwenden, doch Gesetze lassen sich ändern. Informationen können angezapft werden. Aber gegen eine Pfändung hilft nur noch das „P-Konto“! Auch bisherige schützende Urteile oder gerichtliche Verfügungen zur Abwehr von Pfändungen verlieren zum 31. Dezember 2011 ihre Wirksamkeit. Einer gerichtlichen Aufhebung bedarf es dazu nicht! Die Ungültigkeit ist per Gesetz verfügt. Die Titel der Gläubiger gelten unverändert 30 Jahre! Die vielen Fragezeichen zum „P-Konto“ finden sich auch in einem Bericht der ARD wieder (Punkt 13). Dieser Text ist sehr zu empfehlen, siehe auch vorherige Bremer Montagsdemos. Die Banken können jetzt beweisen, dass sie humaner reagieren als die jeweilige Zentrale!

 

2. Erinnert sei auch an den Antrag auf Überprüfung für Leistungsberechtigte nach dem SGB II und Grundsicherungsbetroffene. Alles Wichtige dazu steht unter den vorherigen Bremer Montagsdemos. Beim letzten Jahreswechsel ist das „Bildungs- und Teilhabepaket“ dazugekommen. Diese Überprüfung ab 1. Januar 2011 ist auch noch im nächsten Jahr zu beantragen. Die Ansparung von zehn Euro monatlich und die Ausgrenzung der Asylleistungsberechtigten sind nur zwei zentrale Punkte, die mir einfallen. Alle anderen Anträge bitte bis zum 29. Dezember 2011 gegen Eingangsstempel abgeben, notfalls bis zum Silvestertag unter Zeugen in den Briefkasten werfen!

 

3. Soviel Wandel war nie – im SGB II und bei dessen Durchführung und Steuerung im Jobcenter. Sozialstaatsrat Horst Frehe hat jetzt Recht! Damals lag die Verantwortung für die Umsetzung des SGB II noch bei der Senatorin für Soziales. Im „Lebenslagen“-Bericht von 2010 ist die bisherige Zuständigkeit nachlesbar. Bei der Senatorin für Soziales bestehen jetzt noch die Abteilungen 1 sowie 4 und 5. Die Zuständigkeiten für Gesundheit und Arbeit wurden verschoben. Für Gesundheit ist nun die Senatorin für Bildung (dort Abteilung 4) zuständig, für Arbeit und auch für die Umsetzung des Sozialgesetzbuches II hingegen der Senator für Häfen.

In dessen Abteilung 21 ist Dr. Anna Reiners für Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende im SGB II und Fragen des aktiven Leistungsrechts zuständig; sie hat insbesondere die Federführung der kommunalen Trägerschaft des Jobcenters Bremen. Für Fragen des passiven Leistungsrechts und für die Aufsicht als oberste Landesbehörde ist Wolfgang Schäl-Helmers zuständig, für Eingaben, Petitionen und SGB-II-Statistik Monika Kurs, für Arbeitserlaubnis und Arbeitnehmerüberlassung Wilfried Helmbrecht. Daher kann Sozialstaatsrat Frehe jetzt richtig feststellen: „Wenn die nicht tun, was wir aufschreiben, so können wir nichts dafür! Diese Verantwortlichkeit wurde auf den Senator für Häfen verlagert.“

Die Verwaltungsanweisungen stehen aber weiterhin unter „Soziales“. Die Verantwortung für den Haushaltsposten 41 (unter anderem Ausgaben für SGB II) liegt auch 2012 bei „Soziales“. Die Statistiken und Auswertungen sind bei „Häfen“ zu finden; sie stehen augenblicklich bei „Soziales“ nicht mehr im Inhaltsverzeichnis und sind bei „Arbeit“ noch nicht angekommen. Die Änderungen wurden zum 1. Januar 2011 durchgeführt – rückwirkend? Dies war Thema in der Deputation für Wirtschaft am 30. November 2011. Der Deputation wird im Januar 2012 der Bericht über das Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm des (No-)Job-Centers für 2012 vorgelegt.

Im März 2012 werden hier auch die Zielvereinbarungen mit dem (No-)Job-Center Bremen vorgelegt und hoffentlich ausführlich erläutert. Frau Reiners Vor­lage Nummer 18/074 S für die Deputationssitzung am 30. November 2011 nennt Zahlen und Verantwortungen, die Kostenträgerschaft, Kosten, Köpfe und anderes, bringt also sehr viele Informationen, auch Abweichungen zu Zahlen der Senatorin für Soziales. Gegründet wird beim (No-)Job-Center eine Abteilung Außendienst. Die Telefonanrufe sind ausgelagert – die Mitarbeiter(innen) des „Servicecenters Telefonie“ haben Aktenzugriff! Die Sachbearbeitung per Team wird überprüft.

Nicht nachzulesen ist beim Senator für Arbeit die teilweise Verlagerung der Entscheidungen zum „Bildungs- und Teilhabepaket“ auf die Senatorin für Bildung. Die Dienstaufsicht hierfür obliegt wohl auch dem Senator für Arbeit, zumindest die Umsetzung durch das (No-)Job-Center und auch die Übergänge. Ich wünsche dieser Dienstaufsicht viel Erfolg! Ich hoffe, dass die Mitarbeiter der Innenrevision ebenfalls gewechselt haben damit die bisherigen Erfahrungen mit den teilweise haarsträubenden Fehlern weiter genutzt werden können. Immerhin haben diese Fehler die Erreichung des vorgegebenen Ziels nicht behindert – eventuell sogar erst möglich gemacht?

Die Abteilung 2, verantwortet von Hildegard Jansen, ist zuständig für die Um­setzung des SGB II, zuständig damit für den Umgang miteinander, zuständig für die Sanktionspraxis! Wenn das (No-)Job-Center nicht tut, was Herr Frehe oder die Senatorin für Soziales aufgeschrieben hat, so ist der Senator für Häfen verantwortlich! Allerdings sind die Verwaltungsanweisungen nicht immer beziehungsweise wieder nicht gerichtsfest. Wie geht die Dienstaufsicht damit um? Werden diese Verwaltungsanweisungen künftig geändert, allein schon, um die Zahl der Widersprüche und Gerichtsverfahren zu reduzieren?

 

4. Über das „Bildungspaket“ war schon viel zu lesen. Eigentlich sollte dieses Geld den Kindern der Leistungsberechtigten ungeschmälert zukommen. Daher wurde eine sehr bürokratische Auszahlung erfunden, um die Eltern oder Erziehungsberechtigten auszugrenzen. In Bremen wurden von den zur Verfügung stehenden 16 Millionen Euro bis zum 30. Juni 2011 nur 740.000 Euro für die Kinder ausgezahlt! 3,8 Millionen Euro werden für den Mehrbedarf beim Ausbau der Tagesbetreuung verwendet. Diese Mittel sollen durch die für das unentgeltliche Mittagessen im Haushalt vorgesehenen Mittel ausgeglichen werden. Damit ist klar: Bremen erhält (zugegebene) 16 Millionen für „Bildung und Teilhabe“ vom Bund und spart das Geld für das bisherige unentgeltliche Mittagessen, also 3,8 Millionen Euro, das die Kinder nötig hätten!

Bremen hat auch Verwaltungsaufwand gespart. Es wäre so einfach gewesen, alle Anspruchberechtigten anzuschreiben. Bremen hat diesen Aufwand gespart und kann das nicht ausgezahlte Geld behalten. Auch die Senatorinnen in Bremen wissen um die Scheu der Leistungsberechtigten, als solche erkannt zu werden. Warum gibt Bremen den Anspruchsnachweis in blau aus? Die „Blaue Karte“ hat tatsächlich diese Farbe und ist meilenweit erkennbar. Dies wurde beanstandet. Es muss sehr schwer sein, „Blaue Karte“ auf weißes Papier zu drucken! Aber der Haushalt freut sich, denn für den Bundeszuschuss muss weder 2011 noch 2012 die Verwendung nachgewiesen werden. Erst ab 2013 erhält Bremen nur die tatsächlich ausgezahlten Beträge!

Der „Bremer Anzeiger“ hat es auf den Punkt gebracht: „Erst Bürokratie, dann Teilhabe“ heißt es in der Ausgabe vom 11. Dezember 2011. Alles, was dort steht, ist wahr! Nur die Antwort von Bernd Schneider hinsichtlich der Bewilligungszeiträume stimmt nicht mit meinem Kenntnisstand über ein. ALG II kann für längstens zwölf Monate bewilligt werden, somit auch die „Blaue Karte“. Die Senatorin für Bildung unterstellt mit Billigung der Senatorin für Soziales die Geltungsdauer der „Blaue Karte“ für das jeweilige Schuljahr. Der Kommentar „Paket grenzt aus“ von Matthias Koch trifft ebenfalls.

Wie sehr die Ausgrenzung der Kinder wirkt, stand am Samstag im „Weser-Kurier“: „Aussortiert von Anfang an“. Leider steht dieser Artikel nicht im Netz. Berichtet haben zwei Psychologinnen, die „häufig mit Alleinerziehenden oder Eltern, bei denen rechts und links nichts mehr zu holen ist“ arbeiten, und „bei denen auch die Oma nichts mehr besitzt, was sie geben könnte“. Die Fachfrauen stellen heraus: „Armut ist ein Tabuthema, auch in armen Familien. Kaum etwas ist mit mehr Scham verbunden.“ Arme Kinder, arme Eltern oder umgekehrt: Es muss gedreht werden! Das Bild zeigt ein Kind, das vor einem Hochhaus schaukelt, mit der Unterschrift „Hoffnungslosigkeit: Viele Kinder haben schon im Grundschulalter nicht mehr viel von ihrem Leben“.

Und der Bremer Senat sackt die zusätzlichen Gelder für arme Kinder ein. Es werden Haushaltslöcher mit diesem Geld gestopft. Wir werden die Verwendung öffentlich machen! Eltern hätten anders gehandelt: Das Geld wäre angekommen. Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit hat den Umgang der Erziehungsberechtigten mit ihren Kindern untersucht. Das Ergebnis hätte eigentlich dazu führen müssen, dass eine solche Bevormundung der Eltern gar nicht erst in Erwägung gezogen wird. Durch diese Ausgrenzung verlieren die Erziehungsberechtigten die Möglichkeit, ihren Kindern in Geldfragen Ratschläge zu erteilen. Sie sind unglaubwürdig, vorgeführt durch den Gesetzgeber. Dies wird sich rächen! Die Jugend ist unsere Zukunft. Eine Jugend ohne Zukunft, wer will das, wer braucht das?

 

5. Der Entwurf des Haushalts 2012 wird beraten. Frau Senatorin Pieper, haben Sie die Mittel für die Schulreform im Haushaltsentwurf „vorgefunden“? Haben Sie die Mittel für die Wiedereinführung der gestrichenen Leistungskurse und die Ausdünnung derselben im Haushalt „gefunden“ – oder haben Sie die Schüler und Eltern nur um eine weitere Zeit vertröstet? Es ist ja schließlich nicht Ihre Zukunft! Doch, es wird Ihre Zukunft beeinflussen. Auf die Mittel aus den erwarteten zusätzlichen Steuereinnahmen können die Schüler nicht hoffen, denn diese Gelder gehen in die Verwaltung und in Investitionen in Beton und Ähnliches, aber nicht in die Bildung! Die Sanierung der Bürgerweide für 6,8 Millionen Euro wird aus diesem Topf bezahlt. Der Freimarkt, der dort stattfindet, ist eine gute Sache – aber erst, wenn die Bildung gesichert ist. Unter dieser Prämisse muss der Haushalt geplant werden! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 

 
Geldblase kann jederzeit platzen: Die Dollar-Menge hat sich
verdreifacht, die Franken-Menge verfünffacht („Die Welt“)
 
Guttenpest nimmt kein Ende: Die EU-Kommission braucht einen, der
sich mit Fälschung und Manipulation auskennt („Stern“)
 
Fast Drei Prozent: Die jungen Hoffnungsträger Schnupsi
und Bambi haben versagt – und dem Fahnenflüchtigen
folgt ein Fahrerflüchtiger („Süddeutsche Zeitung“)
 
Zweite Frau kostet viel Geld: Doppel-Äff verschweigt zinsgünstigen Halbmillionenkredit von der Gattin eines befreundeten Unternehmers,
den er auf Auslandsreisen mitnahm („Bild“-Zeitung)
 
Geldwäsche: An der Spitze des deutschen Staates steht ein Mann, der seine Anwälte für sich sprechen lassen muss („Bild“-Zeitung)
 
Unternehmergattin hat „mit alledem nichts zu tun“: Welcher Hartz-IV-Bezieher, dem der Staat nicht mal den Weihnachtsbaum gönnt und der dem Jobcenter seine Kontoauszüge vorlegen muss, will von Wulff noch eine Weihnachtsansprache hören? („Bild“-Zeitung)
 
Nachtschicht eingespart: Weil es keinen gesetzmäßigen Zugang zu Drogen
gibt, müssen sich Altenheimbewohner ausrauben lassen („Bild“-Zeitung)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz