313. Bremer Montagsdemo
am 24. 01. 2011  I◄◄  ►►I

 

Eine Vielzahl geplanter Entrechtungen kommt nie zur Sprache

Elisabeth Graf1. Die Leiharbeit ist in aller Munde. Jetzt legte die Bundesagentur für Arbeit in einer großen Einkommensanalyse eine harte Zahl vor, die besagt, dass das mittlere Einkommen einer Vollzeitkraft in der Zeitarbeit 2009 inklusive aller Zuschläge und Jahresleistungen gerade einmal 1.393 Euro brutto im Monat betrug. Das ist haarsträubend wenig, wenn bedacht wird, dass viele Leihkräfte in der Industrie arbeiten, wo die mittleren Löhne der Stammkräfte mehr als doppelt so hoch sind. Obwohl die meisten Zeitarbeiter – entgegen aller Vorverurteilungen – eine Ausbildung haben, verdienen sie meist noch weniger als unqualifizierte Festangestellte.

Kein Wunder, dass es angesichts dieser Lohnkluft für Firmen so interessant ist, Leiharbeiter anzuheuern. So ist es in einigen Branchen wie der Pflege oder der Druckindustrie längst gängige Praxis geworden, Stammbeschäftigte zu entlassen und sie nach dem „Schlecker-Prinzip“ für exakt dieselbe Tätigkeit nur als Leiharbeitnehmer zu viel geringeren Löhnen wieder einzustellen. Natürlich könnte ein Gesetz, das gleichen Lohn für gleiche Arbeit zwingend einfordert, diesen Missbrauch eindämmen, aber das schwarz-gelbe Gruselkabinett möchte sich seine Wählerklientel ja nicht verprellen. Ich finde es erschreckend, dass der Anteil der Geringverdiener aller sozialversicherungspflichtig Vollzeit-Beschäftigten inzwischen schon auf mehr als zwanzig Prozent emporgeklettert ist! Wer die verfügbaren Nettoeinkommen der Haushalte inklusive staatlicher Leistungen betrachtet, erkennt, dass die Realeinkommen der ärmsten Bürger seit 1999 um zehn Prozent gesunken, die Einkünfte der reichsten fünf Prozent dagegen um 23 Prozent gestiegen sind. Eindeutige Belege dafür, wie die Einkommensschere auseinander geht!

 

2. Mit dem Entwurf eines Gesetzes, das die Kommunen ermächtigt, selbst die Höhe der angemessenen Unterkunftskosten per Satzung festzulegen und dabei Pauschalen für Miet- und Heizkosten zu bestimmen, werden die Betroffenen mit Leistungskürzungen bedroht, die sogar das Existenzminimum unterschreiten können. DGB und Mieterbund befürchten unterschiedlichste regionale Regelungen, die nicht durch abweichende Mietniveaus begründet werden, sondern durch politische Entscheidungen von Kreistagen und Stadträten vor dem Hintergrund der jeweiligen kommunalen Finanznöte. Auch wenn die Kommunen für das Gros der Unterkunftskosten im Hartz-IV-System aufkommen müssen, sind diese laut Bundesverfassungsgericht Teil des Existenzminimums und dürfen daher nicht zur freien Manövriermasse je nach Haushaltslage werden. Nur wenn die Kosten in voller Höhe übernommen werden, können zum Beispiel bei den Heizkosten die Energieeffizienz des Gebäudes, die unterschiedlichen Kosten der Energieträger und extreme Preisschwankungen, wie zuletzt beim Heizöl, berücksichtigt werden. Es kann ja wohl nicht sein, dass am Ende der Hartz-Reform zwar fünf Euro mehr im Regelsatz, aber 50 Euro weniger bei den Unterkunftskosten stünden, wobei andere gestrichene Posten – wie das Elterngeld für ALG-II-Bezieher, der „Armutsgewöhnungszuschlag“, die Rentenbeiträge, der Heizkostenzuschuss für Grundsicherungsbezieher – und eine Vielzahl von Entrechtungen im Referentenentwurf hier und allerorten nie zur Sprache kommen!

 

3. Eine Meldung im „Focus“ letzte Woche war sehr irritierend geschrieben. Demnach sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der „Linken“ im Bundestag, Dagmar Enkelmann, dass ihre Partei eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um mindestens 33 Euro fordere und ein Satz unter 392 Euro verfassungswidrig sei. Im ersten Moment war ich nur empört und dachte, dass wir schon genügend korrumpierbare Politiker haben und Frau Enkelmann mit dieser Äußerung weder ihrer Partei noch ihren Wählern einen Gefallen getan hat, indem sie von der ursprünglichen Forderung der Linkspartei nach einem Eckregelsatz von 500 Euro während der letzten Bundestagswahl abwich. Aber tat sie das wirklich? Frau Enkelmann sagte außerdem voraus, auch die Neuregelung der Bundesregierung werde vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben, und ein nach dem tatsächlichen Bedarf berechneter Hartz-IV-Satz ohne Tricksereien bei der Berechnungsgrundlage müsse laut Linksfraktion sogar 509 Euro betragen. Wie denn jetzt? Gut, Frau Enkelmann ist nicht identisch mit der Partei „Die Linke“, aber ich vermisse klare und unmissverständliche Aussagen gegen die unmenschlichen Hartz-Gesetze und den Einsatz für einen bedarfsdeckenden Regelsatz von mindestens 500 Euro, der jährlich an die Lebenshaltungskosten angepasst wird, und dass vor allem der Regelsatz für Kinder und Jugendliche angehoben werden muss. Werden diese Aussagen nicht gemacht, um für andere Parteien als koalitionsfähig zu gelten, oder liegt es an der Art der Berichterstattung über die Partei „Die Linke“? Ich hoffe nicht, dass „Die Linke“ umfällt und zu einer „SPD light“ wird! Meiner Meinung nach muss die Parteienlandschaft der Einheitssoßendemokratie nicht noch mehr angedickt werden.

„Die Linke“ ist die einzige Partei im Bundestag, die sich für eine Abschaffung von den menschenverachtenden Hartz-Gesetzen einsetzt, und genau dort sollte sie weitermachen! Beim Spitzengespräch an diesem Montag soll „Die Linke“ scheinbar ausgeschlossen werden. Dazu sagte Dagmar Enkelmann, der entscheidende Deal bei der Hartz-IV-Reform stehe nun an, wobei „Die Linke“ außen vor bleibe, weil sie offenkundig zu sehr beim trauten Kungeln der Hartz-IV-Parteien stören würde, was sich bei den Gesprächen im Vermittlungsausschuss mehr als einmal gezeigt habe. Durch den „Druck von links“ habe sich bei SPD und Grünen ein wenig „schlechtes Gewissen“ eingestellt, sodass beide Parteien nun fänden, die Regierung müsse nicht nur bei Mindestlohn und Bildungspaket, sondern auch beim Regelsatz nachbessern. Mit absolut lächerlichen Angeboten, den Regelsatz um zwölf Euro zu erhöhen, die bei Weitem noch keinen verfassungskonformen Regelsatz böten, sollen offenbar die SPD und die Grünen geködert werden! Dann dürfen sich also alle ALG-II-Bezieher auf die lächerliche Regelsatzerhöhung bei gleichzeitiger Verschärfung der Sanktionsanwendungen freuen. Die Regierungsparteien scheinen „Die Linke“ erfolgreich ausgetrickst zu haben, indem sie sich darauf geeinigt hatten, dass „Die Linke“ anfangs an diesem Gespräch teilnehmen durfte. So lief es nicht über das Bundesverfassungsgericht. Alle wissen genau, dass „Die Linke“ in den paar Stunden kaum eine Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht aus dem Ärmel schütteln kann.

 

4. Der Medien-Blätterwald rauscht, tanzt, flattert, jubiliert und träumt davon, dass die Wirtschaft mit einem rasanten Wachstum glänzt, beste Voraussetzungen für einen kräftigen Jobaufbau gegeben seien, weil das Vorkrisenniveau nahezu erreicht sei. Während die Bundesregierung bereits wahnhaft über eine mögliche Vollbeschäftigung fantasiert, mahnt Frank-Jürgen Weise zur Vorsicht. Er befürchtet sogar, dass die Erfolge auf dem Jobmarkt durch die Euro-Krise zunichte gemacht werden können, wenn aus den Euro-Ländern, in die Deutschland exportiert, keine „Impulse“ mehr kämen. Wenn weiterhin Unternehmer Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern, dann sei der Strukturwandel durch die Krise beschleunigt worden. In der Industrie werde zwar die Wirtschaftsleistung steigen, aber nicht die Zahl der Arbeitsplätze. Auch wenn im Dienstleistungsbereich und im Handel Jobs entstehen, werde es „keinen Job-Boom in der Breite“ geben. In manchen Dienstleistungssparten wie beispielsweise im Gesundheitswesen gebe es schon jetzt „viele offene Stellen„, die zum Teil gar nicht besetzt werden könnten, weil „Fachkräfte“ fehlen würden. Zum Teil sinke die Arbeitslosigkeit auch nur deshalb, weil weniger Junge auf den Erwerbsmarkt drängten und mehr Alte in Rente gingen.

Statistisch gesehen nimmt die Beschäftigung zwar zu, doch werde das Arbeitsvolumen auf mehr Menschen verteilt, weil es eine klare Tendenz von der Vollzeit zur Teilzeitstelle gebe. Dieser bei den Arbeitnehmern sicher unbeliebte Trend gehe einher mit eine Zunahme der Zeitarbeit und einem Rückgang unbefristeter Stellen. Wenn tendenziell die Löhne niedriger ausfallen, nimmt ausgerechnet im Boomland Deutschland die Qualität der Arbeit durch unsichere Jobs und weniger Einkommen ab. Weise findet offenbar, dass „Arbeit, Arbeit über alles“ immer besser sei als Arbeitslosigkeit! Die menschenverachtende Hartz-Reform hat ihr Ziel erreicht, den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. So fanden immer mehr Menschen Arbeit, auch wenn sie davon leider nicht leben können und zusätzlich auf Hilfe vom Staat angewiesen sind, sich somit der Verfolgungsbetreuung unterwerfen sollen. Weise hält es allen Ernstes für falsch, den Unternehmen daran die Schuld zu geben. Gegen den entfesselten Raubtierkapitalismus und die ungebremste Profitgier so vieler Unternehmer ist natürlich kein Kraut gewachsen! Dabei müsste bloß mal der fruchtbare Samen des Mindestlohns ausgestreut werden. Für Weise ist dies eine Möglichkeit, die aber die Politik entscheiden müsse. Aber die sträubt sich mit Händen und Füßen dagegen! Ach ja, der „Spiegel“, mal eine Prise Jobwunder mit der Schnellstraße zur Vollbeschäftigung, und am nächsten Tag wieder ein schwacher Jobmarkt, so wie es gerade in den Kram passt!

 

5. Angeblich profitieren in Niedersachsen die „Tafeln“, die überschüssige Lebens­mittel aus dem Einzelhandel an Bedürftige verteilen, vom Dioxin-Skandal. Wenn etliche „Tafeln“ erheblich mehr abgepackte Wurstwaren und sogar die 15-fache Menge an Eiern als sonst üblich von den Geschäften erhalten habe, dann drängt sich doch der Verdacht auf, dass es sich dabei um zwar vermutlich belastete Nahrungsmittel handelt, die aber selbstredend nach menschlichem Ermessen unbedenklich seien. Und wenn, wen störte es groß? Es geht hierbei ja zumeist um die Überflüssigen der Gesellschaft, die eh ökonomisch nicht mehr verwertbar, oder um Aufstocker, die auch auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Wenn die Lebensmittelkontrolleure mit der gleichen Umsicht wie bisher die Spenden überprüfen, können alle unbesorgt sein oder sich eine rosarote Brille aufsetzen, um ein Unbedenklichkeitszertifikat erkennen zu können!

Weltweit hungern rund eine Milliarde Menschen, doch fast ein Drittel aller Lebensmittel wird weggeworfen. Die Umweltorganisation WWF warnte vor dem Welt-Agrarministergipfel vor einer Verschwendung von Nahrung und prangerte an, dass fast ein Drittel aller Lebensmittel von Agrarindustrie, Handel oder Verbrauchern weggeworfen würde. Die Agrarlobby rede immer davon, die Produktion auszuweiten – mit mehr Pestiziden, mehr Gentechnik, mehr gerodetem Wald für neue Äcker –, obwohl zuerst die Löcher unseres Ernährungssystems gestopft werden müssten. Es gehe um einen Bewusstseinswandel, um planvolles Einkaufen. Erst in der vergangenen Woche hatte die „Welthungerhilfe“ angeprangert, dass reiche Länder wie Deutschland pro Jahr 20 Millionen Tonnen Lebensmittel wegwürfen. Es ist ein Skandal, dass eine Milliarde Menschen Hunger leiden, obwohl genug Lebensmittel produziert werden, um die gesamte Weltbevölkerung zu ernähren. Aber ein ebensolcher Eklat ist es, wie die Tiere zu Lebensmitteln, ja zu Produkten degradiert und grauenhaft gequält werden, bevor ihnen ihr kümmerliches Leben geraubt wird. Bauern, Verbraucher, Tierschützer und Umweltaktivisten gingen am vergangenen Wochenende gegen Tierfabriken, Legebatterien und Mastbetriebe auf die Straße. In Berlin zogen mehrere Tausend Menschen für eine andere Agrarpolitik mit mehr als 70 Traktoren durch das Regierungsviertel zum Brandenburger Tor. Sie forderten eine Abkehr von der industriellen Landwirtschaft, den Ausstieg aus der Gentechnik und die Unterstützung für ökologische Produktionsformen. In Bremen demonstrierten etwa 60 Menschen. Als Hintergrund der Aktion ist insbesondere auch der aktuelle Dioxin-Skandal in Deutschland zu sehen.

Es ist mehr als überfällig, auch in diesem Bereich dem profitorientierten Kapitalismus Grenzen aufzuweisen und die Tiere als Lebewesen wahrzunehmen, die auch ein Recht auf ein würdiges Leben haben und nicht mehr in quälerischen Tierfabriken gehalten werden, wie zum Beispiel zu 22 Hühnern auf nur einem Quadratmeter, obwohl Hühner intelligente Tiere sind, die gern im Sand scharren mögen und sich frei bewegen. Hennen werden die Schnäbel gestutzt, damit sie sich in der aggressiv machenden Haltung nicht gegenseitig hacken. Eigentlich werden Hühner 15 bis 20 Jahre alt, doch werden sie als Hähnchen sechs Wochen lang derart gemästet, dass sie möglichst viel Fleisch ansetzen, bis sie dadurch kaum noch stehen können, um dann getötet zu werden. Bei den eierlegenden Hühnern werden Hähnchen gleich aussortiert und getötet. Die Hennen sind nach etwa einem Jahr Tier- oder Eierfabrik „ausgelutscht“ und haben ausgedient, werden zu Suppenhühnern gemacht. Offenbar denken zu viele Menschen nicht darüber nach, wo das Essen, das auf ihren Tellern landet, eigentlich herkommt. Hähnchenbrust wächst nicht auf Bäumen, sondern für deren Verzehr werden Tiere bestialisch gehalten und dann getötet. Das galt jetzt nur den Hühnern. Keiner muss glauben, dass die Kühe mit ihren Turbo-Eutern oder die Schweine weniger gequält oder mehr artgerecht gehalten würden. Dabei gibt es natürlich auch für diejenigen, die meinen, nicht auf Fleisch verzichten zu können, eine Alternative: Weg von der Massentierhaltung, hin zu artgerechter Haltung! Überall versagt die Politik, weil sie sich nicht für die ihnen Anvertrauten einsetzt, sondern nur die Unternehmer in ihrer Profitgier unterstützt!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

 

Ein asoziales Kindergeldgesetz?

Die Kindergeldzahlung erfolgt in Deutschland unab­hängig vom Einkommen der Eltern. Kindergeld steht allen Eltern von neugeborenen bis volljährigen, erwachsenen Kindern zu. Dieses Kindergeld wird seit dem 1. Januar 2007 bis zum vollendeten 25. Lebensjahr gezahlt, nach alter Rechtsprechung für die Geburtsjahrgänge 1982 und 1983 noch bis zum 27. Lebensjahr, unter bestimmten Voraussetzungen wie Wehr- oder Zivildienst sogar darüber hinaus. Hier muss nur einmalig Antrag bei der Familienkasse für das Kind und folgende Kinder gestellt werden, da die Zahlung nicht automatisch erfolgt.

Hans-Dieter Wege Seit dem 1. Januar 2005 wurde immer wieder im Zusammenhang mit den Hartz-Gesetzen von den unterschiedlichsten Behörden die Behauptung aufgestellt, das Kindergeld sei Einkommen der Kinder, zumindest jener, deren Eltern kein oder nur über ein unzureichendes Arbeitseinkommen verfügen. Hierzu in Widerspruch steht ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 2. Februar 2010, wonach Kindergeld zum Einkommen der Eltern zählt. Der 12. Senat des Gerichtes hat in drei kürzlich veröffentlichten Urteilen klargestellt, dass das an die Eltern ausgezahlte Kindergeld zu deren Einkommen im Sinne sozialrechtlicher Vorschriften zählt.

Ob es nun sozial oder vielleicht eher unsozial ist, das Kindergeld auch an Eltern zu zahlen, die wirklich über ein für alle Angehörigen ausreichendes Familieneinkommen erwirtschaften, diese Frage muss sich jeder selbst beantworten. Anders ist es aber meiner Meinung nach, wenn man sich am Zweck des Kindergeldes orientiert und dabei davon ausgeht, dass es eben gerade einkommensunabhängig auszahlt wird, somit ergänzend.

Wenn seitens der verschiedenen Regierungen in Deutschland seit 2005 behauptet wird, man habe einen „vorsorgenden Sozialstaat“ in Deutschland eingerichtet, muss man auch die Frage stellen dürfen, ob es noch zeitgemäß sein kann, dass Bürgerinnen und Bürger aus der Mittelschicht über die Steuern mit herangezogen werden, damit beispielsweise Millionären und sogar Milliardären staatliche Transferleistungen in Form von Kindergeld gezahlt werden können. Was das mit dem „vorsorgenden Sozialstaat“ zu tun haben soll, muss man wirklich den Bürgerinnen und Bürgern plausibel erklären! Oder sollte dies eine Unmöglichkeit sein?

Ich persönlich sehe hier eher ein asoziales Wirken zugunsten von Menschen, die darauf beim besten Willen nicht angewiesen sind. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass Kindergeld immer nur Einkommen der Eltern sein darf. Es muss für alle Eltern und gerade für jene, die über kein oder über ein zu geringes Familieneinkommen verfügen, das Kindergeld für jedes Kind ausschließlich zweckgerichtet und zusätzlich zu den Miet- und Lebenshaltungskosten gezahlt werden, selbst dann, wenn sich zwischenzeitlich für sehr viele Menschen diese Bedarfe nun „Kosten der Unterkunft“ nennen. Dieser Staat handelt auch nur dann gleich und vorsorglich, wenn er allen Kindern die Teilhabe an Erziehung, Betreuung und Bildung gleichermaßen zweck- und zielgerichtet ermöglicht.

Dieser Staat und seine Minister scheinen noch nicht einmal zu wissen, dass sie über das Bundeskindergeldgesetz bereits die Möglichkeiten haben, die obigen Punkte zielgerichtet zu erfüllen. Insbesondere die Bundesarbeits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen faselt von der Notwendigkeit eines Chipkarten- und Gutscheinmodells für die Kinder der Ärmsten in diesem Land. Genau dieses Verhalten und diese Forderungen bestätigen in meinen Augen die derzeit ungleiche und verfassungswidrige Anwendung des Bundeskindergeldgesetzes, was seine Bestimmungen und Zwecke angeht.

Die angeführten Vorschläge aus dem Bundesarbeits- und Sozialministerium bezüglich der Blendgranaten zu den Themen Erziehung, Betreuung und Bildung haben doch wohl ausschließlich den Zweck der Sicherung des Lohnabstandsgebotes und dürfen auch aufgrund fehlender Notwendigkeit niemals zum Mittel eines vorsorgenden Sozialstaats werden. Man darf in meinen Augen diese Vorschläge nur als Eingriff in persönliche Freiheit, Datenschutz, Menschenwürde, Gleichbehandlung und besonderen Schutz von Ehe und Familie in Deutschland werten.

Aus all diesen Gründen darf es meiner Meinung nach nicht bei der Ausführung und Anwendung in der derzeitigen Art und Weise zum Bundeskindergeld bleiben, denn wäre es so verfassungswidrig - gerade im Moment dürfte das der Fall sein, denn die Hartz-Gesetze sind es derzeit immer noch -, und handelt man trotzdem weiterhin in der gleichen Art und Weise, dann handelt man nicht unsozial, sondern ausschließlich vorsätzlich asozial. Für gute Erziehung, Betreuung und Bildung! Gegen ein asoziales Bundeskindergeldgesetz!

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik, derzeit Kläger
gegen Hartz IV beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen)

 

 

Ich kandidiere für die Wahlen
zur Bremischen Bürgerschaft

Hans-Dieter Binder 1. Verlängerung für die Überprüfungsan­träge nach § 44 SGB X! Aufgrund des laufenden Trauerspiels der Politik ist dies ein Vorteil, denn die geplanten Verschlechterungen im Kleingedruckten sind noch nicht in Kraft und noch nicht verabschiedet. Dieser Antrag auf Überprüfung kann somit zurzeit noch vier Jahre rückwirkend gestellt werden, bis zum 1. Januar 2007, somit für ein Jahr weniger als noch vor drei Wochen. Die Gründe und die Anleitung stehen auf den vorherigen Bremer Montagsdemos. Lesen und nachdenken! Es werden dort bereits viele Gründe genannt, aber die Aufzählung ist nicht vollständig.

Aktuell ist Folgendes zu ergänzen: Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die Beiträge zur privaten Krankenversicherung bis zur Höhe des Basistarifs übernommen werden müssen. Seit 1. Januar 2009 können privat versicherte Erwerbslose oder Aufstocker nicht mehr zurück in die gesetzliche Kran­ken­versicherung. Das Sozialgericht Bremen hat entsprechende Klagen bereits 2009 zugunsten der Betroffenen entschieden. Nun liegt die Bestätigung des BSG vor. Der Zeitraum ab 1. Januar 2009 ist jetzt noch mit dem Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X revidierbar. Daher sofort diesen Antrag stellen und nachweislich beim Jobcenter abgeben, weil in den geplanten Änderungen auch eine für die Rückwirkung von Anträgen nach § 44 SGB X vorgesehen ist. Diese sollen dann bei Erwerbslosen und Behinderten nur noch ein Jahr rückwirkend gelten, also ab 1. Januar 2010. Die Beiträge für 2009 wären nicht mehr einklagbar, daher ist Eile geboten.

Dieses Urteil (Aktenzeichen B4 AS 108/10 R) müssen wir uns auch wegen der seit 2010 teilweise an die gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlenden Zusatzbeiträge merken. Auch bei diesen geht es um die Pflichtversicherung. Die Jobcenter haben sich sehr schwer getan mit der Erstattung dieser Zusatzbeiträge. In allen mir bekannten Fällen hat die Bagis gezahlt. Wer diesen Beitrag nicht erstattet bekommen hat, sollte umgehend Antrag auf Überprüfung stellen. Dies ist allerdings nicht so eilig, weil das Jahr 2009 auch noch nach der geplanten Verschärfung des SGB II zu erreichen ist. Falls auch aktuell der Beitrag nicht erstattet wird, ist allerdings schon aus Geldmangel Eile geboten, also das Jobcenter daran erinnern.

Gleichzeitig den Antrag auf Regelsatz in verfassungsgemäßer Höhe stellen und bereits bei Vertröstung die Hilfe des Gerichts per einstweiligem Rechtschutz erbitten. Dies gilt auch für alle, die aktuell zu wenig Geld erhalten, egal aus welchem Grund! Wie dies alles geht? Wir gehen mit! Über die Bearbeitungsfristen für das Jobcenter brauchen wir in diesem Punkt wohl nicht nachzudenken, denn egal, ob Antrag oder Widerspruch: die Vertröstung oder Ablehnung kommt prompt. Falls ein (aussichtsreicher) Antrag oder Widerspruch doch länger dauern sollte, einfach einstweiligen Rechtschutz aufgrund des Antrags oder Widerspruchs stellen! Dies ist auch in Verbindung mit dem Antrag noch § 44 SGB X möglich und für Familien mit Kindern oder Menschen mit laufender Unterzahlung besonders zu empfehlen.

 

2. Die Bundeswehr hofft auf viele Freiwillige. Am 27. Januar 2011 findet wieder eine ihrer Werbeveranstaltungen im „Berufsinformationszentrum Bremen“, Doventorsteinweg 44, statt. Die Jugendlichen stehen dieses Jahr wesentlich stärker unter Druck, denn Studien- und Ausbildungsplätze sind nicht ausreichend vorhanden. Trotzdem ist die Bundeswehr kein erstrebenswerterer Arbeitgeber! Die Bundeswehr wirkt bei einem überlebten Kriegseinsatz nach, dein Leben lang! Die körperliche Unversehrtheit sagt noch nichts über den Gesundheitszustand und das Lebensgefühl danach! Natürlich sind die Angebote verlockend, und die Fallmanager der Jobcenter werden oft missverstanden: Es gibt keine Drohung „entweder den Vertrag bei der Bundeswehr unterschreiben oder Sanktion, bis zu drei Monaten null Euro“!

Nicht einmal die Informationsveranstaltungen der Bundeswehr müssen besucht werden. Auch hier darf kein Zwang ausgeübt werden. Die Fraktion der Partei „Die Linke“ in der Bremischen Bürgerschaft hat dies in einer sehr umfangreichen Großen Anfrage an den Senat der Freien Hansestadt Bremen thematisiert, die auch im Parlament kritisch diskutiert wurde. Obwohl hier anderslautende Berichte vorliegen, bestreitet der Senat, „dass Druck auf Arbeitslose ausgeübt werde, sich bei der Bundeswehr zu bewerben oder an entsprechenden ‚Informationsveranstaltungen‘ teilzunehmen“. Nachstehend dazu die Frage 10 und 11 mit den entsprechenden Antworten:

Frage 10: „Hat der Senat Kenntnis davon, dass die Bundeswehr gezielte Anstrengungen der Werbung unter Arbeitslosen unternimmt? In welcher Weise kooperierten Bagis und Bundeswehr im Jahr 2009, zum Beispiel in der Bewerbung von Werbeveranstaltungen, bei deren Durchführung oder durch Jobangebote oder Informationen der Bundeswehr direkt bei der Bagis? Wie gestaltet sich diesbezüglich die Planung für 2010, gibt es Verträge dazu? Wie bewertet der Senat, dass sich die Bagis auf der 4. ‚Jobmesse‘, die am 26. und 27. September 2009 unter der Schirmherrschaft von Senator Ralf Nagel stattfand, einen gemeinsamen Standplatz mit der Bundeswehr teilte?“

Antwort 10: „Bei der Bagis und der Arge Jobcenter Bremerhaven werden SGB-II-Kundinnen und -Kunden unter Berücksichtigung von Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit zu beruflichen Themenfeldern beraten und im Integrationsprozess unterstützt. Personen, die sich aus dem Beratungsprozess für eine Tätigkeit oder Ausbildung bei der Bundeswehr interessieren, werden im Bedarfsfall - wie in jedem anderen Berufsfeld auch - über weitergehende Informationsmöglichkeiten, Beratungsstellen und Kontaktadressen informiert. Konkrete Kooperationsvereinbarungen oder -verträge zwischen der Bundeswehr und den beiden Grundsicherungsträgern bestehen nicht. Die Bagis war an der ‚Jobmesse‘ am 26. und 27. September 2009 beteiligt und hat sich den Standplatz mit der Nummer 27 mit der Arbeitsagentur Bremen, nicht mit einer Dienststelle der Bundeswehr geteilt. Über die hier dargestellten Aktivitäten von Bagis und Arge Jobcenter Bremerhaven sowie die in Frage 11 dargelegten Sachverhalte für die Arbeitsagenturen Bremerhaven und Bremen hinaus sind dem Senat keine Aktivitäten von Werbung der Bundeswehr unter Arbeitslosen bekannt.“

Frage 11: „Hat der Senat Kenntnis davon, dass im Rahmen der Arbeitsvermittlung Arbeitslosen der Besuch von Werbeveranstaltungen der Bundeswehr nahegelegt oder gewissermaßen angeordnet wird? Ist auf Arbeitslose irgendwelcher Druck seitens der Bagis ausgeübt worden, sich bei der Bundeswehr zu bewerben? Haben Arbeitslose Kürzungen erhalten, weil sie sich geweigert haben, Werbeveranstaltungen der Bundeswehr zu besuchen oder sich bei der Bundeswehr zu bewerben? Wie wird sichergestellt, dass der ‚Beruf‘ als Soldatin oder Soldat, einschließlich der Möglichkeit des Auslandseinsatzes, nicht als reguläres Arbeitsplatzangebot behandelt wird, dessen Ausschlagen Sanktionen zur Folge hat?

Antwort 11: „Nach Auskunft der Arbeitsgemeinschaften entsprechen die in den Fragestellungen aufgeführten aktiven Anforderungen, Sanktionsandrohungen oder -verhängungen gegenüber SGB-II-Kundinnen und -Kunden zur Kooperation mit Bundeswehreinrichtungen oder Teilnahme an Informationsveranstaltungen der Bundeswehr nicht der Praxis, den Weisungen und der Geschäftspolitik von Bagis und Arge Jobcenter Bremerhaven. Nach Auskunft der Agenturen für Arbeit Bremen und Bremerhaven ermöglichen diese der Bundeswehr im Rahmen der regelmäßig im ‚Berufsinformationszentrum‘ stattfindenden Berufsinformationsvortragsveranstaltungen die Vorstellung ihrer Berufs- und Karrieremöglichkeiten. Im Rahmen solcher Informationsveranstaltungen referieren Personalverantwortliche und Experten aus unterschiedlichen Branchen und Berufen. Die Veranstaltungen werden über die Medien angekündigt und stehen allen Interessierten kostenlos offen. Einladungen an arbeitslose Kundinnen und Kunden mit möglicher Rechtsfolge werden seitens der Arbeitsagenturen nicht ausgesprochen. Eine namentliche Erfassung der Besucher(innen) erfolgt nicht.

Die Veranstaltungen der Berufsorientierungsreihe haben je nach Thema höchst unterschiedliche Resonanz. Die Besucherzahl schwankt zwischen sehr wenigen und 75 Personen. Die Veranstaltungen der Bundeswehr im ‚Berufsinformationszentrum‘ haben bisher eher geringe Resonanz gehabt. In die berufliche Tätigkeit der Soldatin / des Soldaten wird seitens der Agenturen für Arbeit nicht vermittelt. In die Tätigkeit von zivilen Angestellten der Bundeswehr, beispielsweise im Verwaltungsbereich, können die Agenturen vermitteln. In der Praxis spielen diesbezügliche Vermittlungen eine geringe Rolle, weil Angestellte im technischen Bereich aus dem Bestand der Soldaten rekrutiert werden und damit nicht unter die Vermittlungstätigkeit der Arbeitsagenturen fallen. Zudem baut die Bundeswehr Personal ab, sodass dieser Teil des Arbeitsmarktes ohne nennenswerte Aufnahmebewegung ist.“

Soweit die auszugsweise Wiedergabe der Antwort des Senats auf die Große Anfrage der Fraktion „Die Linke“ vom 23. Dezember 2009 (Drucksache 17/1200 vom 9. März 2010). Wer dies also anders erlebt hat, komme bitte zur Bremer Montagsdemo! Die Unterschrift bei der Bundeswehr ist rückholbar! Wie dies geht? Wir gehen mit! Wer bereits jetzt in den Schulen das Gegengewicht zum Jugendoffizier bildet, sollte diese Klarstellung des Senats berücksichtigen. Kommt bitte zur Bremer Montagsdemo und informiert uns über eure Erfahrungen! Wer als Lehrer ein Gegengewicht zum Besuch des Jugendoffiziers braucht, komme bitte zur Bremer Montagsdemo. Wir gehen mit! Wer als Mensch im Jobcenter anders behandelt wird nach dem Motto „geh doch einfach mal hin“, komme bitte zur Bremer Montagsdemo. Wir gehen mit, wir klären das! Wenn ihr als Gruppe Informationen wollt, wir kommen zu euch! Wer dies gut findet und mitwirken möchte, komme bitte zur Bremer Montagsdemo. Wir bilden Gesprächskreise zur Vorbereitung von „Wir gehen mit“. Auch dazu kommen wir zu euch, auch zu Vereinsveranstaltungen!

Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten! Wer sich in diesen Zeilen wiederfindet ist, herzlich zur Teilnahme eingeladen. Wir haben ein Offenes Mikrofon und genug Platz auf dem Marktplatz. Auf dem Sofa sitzen und andere machen lassen ist wie Warmduschen! Und nicht vergessen: die Anträge auf verfassungsgemäße Sozialleistungen und auf Überprüfung nach § 44 SGB X stellen, noch geht es rückwirkend bis zum 1. Januar 2007! Wer Kinder hat, kann noch im Januar den Antrag auf die zusätzlichen Leistungen für 2011 stellen, siehe 310. Bremer Montagsdemo. Wie dies alles geht? Wir gehen mit, wir klären das! Wer davor „über den Tisch gezogen wurde“, frage vor Antragstellung bei uns nach, weil der Platz hierfür nicht ausreicht.

Hans-Dieter Binder kandidiert für „Die Linke“
zur Bremischen Bürgerschaft (Platz 18)

 

Die zynische Begleitmusik
zum Totentanz in Afghanistan

Wieland von HodenbergAuch in diesem Jahr gibt es hier in Bremen wieder die „Musikschau der Nationen“. Sie findet vom 27. bis 30. Januar wie immer in der Stadthalle statt. Wir vom „Bremer Friedensforum“ begleiten schon seit Jahren diese Show mit Argwohn und Mahnwachen, weil sie immer auch ein Militärspektakel war und ist. Seit 1965 gibt es diese Musikschau schon, aber dieses Mal haben wir es mit einem Novum zu tun: Minister zu Guttenberg hat die Schirmherrschaft übernommen! Dies gibt uns Anlass zu verstärkter Kritik, denn wir halten die Schirmherrschaft in einer Pressemitteilung für – gelinde gesagt – äußerst fragwürdig.

Für uns bleibt das Blasmusikfestival nicht nur eng mit Militär und Rüstung verbunden, sondern wird zugleich eine zynische Begleitung zum Totentanz in Afghanistan! Karl-Theodor zu Guttenberg hat erst jüngst den Einsatz der Streitkräfte zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen gepredigt. Die Bundeswehr darf jedoch nicht zur Verfolgung, Durchsetzung und Sicherung ökonomischer oder politischer Interessen herangezogen werden, weil dies eindeutig gegen das Grundgesetz verstößt. Guttenberg setzt sich – genau wie seine Vorgänger – nun einfach darüber hinweg!

Was uns besonders sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass Ex-Bundespräsi­dent Köhler vor Monaten für seine Äußerungen zu Wirtschaftskriegen massiv kritisiert wurde, während Guttenbergs Pläne, die Bundeswehr mit ähnlicher Zielsetzung umzubauen, als etwas völlig Selbstverständliches hingenommen werden. Die gefährliche Tragweite dieser Politik ist der Öffentlichkeit offensichtlich noch nicht klar. Wir plädieren für den Anstoß einer breiten gesellschaftlichen Diskussion über die künftige Rolle der Bundeswehr. Dabei stellt sich auch die grundsätzliche Frage: Brauchen wir überhaupt noch eine Armee? Wir vom „Friedensforum“ sagen entschieden Nein und setzen uns grundsätzlich für eine Abschaffung ein!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Brot und Rosen!
Her mit dem ganzen Leben!

Harald Braun Die „Stadtfrauenkonferenz in Bremen“ lädt herzlich ein zu einem Bündnistreffen zur gemeinsamen Vorbereitung des 8. März 2011. 100 Jahre „Internationaler Frauentag“ sind ein Grund, zu feiern und weltweit gemeinsam auf der Straße für die Gleichberechtigung und die Befreiung der Frau zu kämpfen; dies überall bekannt zu machen in Betrieben, Verwaltungen, Nachbarschaft, Krankenhäusern, Schulen, Unis, Familien und unter Freunden; Veranstaltungen und Gesprächsrunden durchzuführen zu seiner Geschichte und zu klären, dass er so aktuell ist wie vor 100 Jahren; die „Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen“ durchzuführen und dies weltweit zum Thema machen. Unter dem Motto „Die Zeit ist reif: Frauen nehmen ihre Zukunft in die eigenen Hände! Raus zum 8. März!“ möchten wir auch in Bremen sichtbar machen, unter welchen Bedingungen Frauen in Bremen leben und arbeiten.

Beim „Equal Pay Day“ demonstrierten Frauen auf dem Bremer Marktplatz gegen ungleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit. In Bremen ist der Lohnunterschied mit 26 Prozent doppelt so hoch wie in vergleichbaren Großstädten. Im Schnitt verdienen Bremerinnen 1.184 Euro weniger pro Monat als Männer, vor allem durch den massiven Ausbau des Niedriglohnsektors in der Hansestadt. Viele Frauen werden in Minijobs gedrängt und sind auf Hartz IV angewiesen. Frauen- und Kinderarmut steht so immer mehr auf der Tagesordnung. Die Frauen- und Familienministerin Schröder kürzt das Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger, welches sowieso schon ärmere Frauen und Alleinerziehende schwer benachteiligt. Die Schere zwischen Arm und Reich wird noch größer.

Viele Frauen können sich die Pille nicht mehr leisten. Die Anzahl ungewollter Schwangerschaften hat drastisch zugenommen. Laut einer Umfrage von „Pro Familia„ ist zum Beispiel in Köln die Zahl der Hartz-IV-betroffenen Frauen, die regelmäßig mit der Pille verhüten, von 67 auf 30 Prozent gesunken. In Deutschland entspricht der Umfang der unbezahlten Haus-, Pflege- und Familienarbeit der Frauen der Bruttowertschöpfung der gesamten deutschen Industrie. Ohne diese Doppelbelastung der Frauen könnte diese Gesellschaft überhaupt nicht existieren. Damit dies so bleibt, werden Traditionen, Werte und Rollenbilder wie „die Frau muss zu Hause die Kleinkinder erziehen“ tagtäglich verbreitet. Auch hier steht die „junge“ Familienministerin an der Spitze! Das Selbstbewusstsein der Mädchen wird unterwandert, indem ein sexistisches Schönheitsideal und Frauenbild verbreitet wird. „Besonders hübsch, berühmt und sexy“ – die Modeindustrie prägt ein Bild in der Werbung und im Fernsehen.

In Bremen gibt es zwei Frauenhäuser, die mit großer Fürsorge die Opfer häuslicher Gewalt betreuen. Beim letzten weltweiten „Tag gegen Gewalt an Frauen“ beklagten Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser zu Recht, dass sie nur Hartz-IV-Betroffene aufnehmen dürfen. „Früher bekamen wir Haushaltsmittel, die wir selbst verwalten konnten, jetzt haben wir Pflegesätze, die vom Betreuungsschema der Bagis abhängen“ („Weser-Kurier“, 25. November 2010). Das muss sich ändern! Die Krisenlasten der Weltwirtschafts- und Finanzkrise werden weiter weltweit auf die breiten Massen abgewälzt. Wir sollten uns nicht spalten lassen, indem uns weisgemacht wird, wir hätten über unsere Verhältnisse gelebt.

Tatsache ist: Wir produzieren den Reichtum der Welt. Mit dem heutigen technischen, medizinischen und wissenschaftlichen Fortschritt müsste keiner mehr hungern, könnten Krankheiten besiegt, unsere Umwelt gerettet werden, und wir könnten ein Leben führen, in dem unsere Fähigkeiten genutzt und unsere Bedürfnisse befriedigt werden. Dies verhindert die Profitgier einiger weniger, die auf unsere Kosten immer reicher werden. Aber immer weniger Menschen lassen sich das gefallen! Die einzige Lösung ist, unseren Traum zu leben, indem wir uns zusammenschließen und gemeinsam kämpfen!

Lasst uns weltweit mit den Basisfrauen der Welt, die im März 2011 die erste Weltfrauenkonferenz in Venezuela durchführen, unsere Forderungen, Wünsche, Visionen bunt auf die Straße tragen und gemeinsam den 100. „Internationalen Frauentag“ feiern. Die Montagsdemo wird sich an den kämpferischen Aktivitäten am 8. März 2011 beteiligen und im Bündnis zum „Internationalen Frauentag“ in Bremen mitarbeiten. Das nächste Treffen ist am Dienstag, dem 1. Februar 2010, um 18 Uhr im „Zeitraum“ in Walle, Ritter-Raschen-Straße 4, Anfahrt mit Straßenbahn (Linie 2/10) oder Bus (Linie 26/28) bis Haltestelle „Waldau-Theater“.

Harald Braun

 

Wir lernen im Vorwärtsgehen

Jobst Roselius Der „Weser-Kurier“ titelte am Samstag: „Manager sind für höhere Löhne“. Für sich selbst, das kennen wir ja schon – aber für Werktätige? Sind die Banker und Konzernherren jetzt lammfromm geworden? Nein, im Gegenteil: Sie sorgen sich noch mehr um ihre Profite. Denn wie sieht es aus? Einerseits gibt es, zum Beispiel bei Mercedes hier in Bremen, Arbeit ohne Ende. Der Konzern weiß gar nicht, wo er all die Leute, die er ausbeuten möchte – als Leiharbeiter, versteht sich – herkriegen soll. Sogar Studenten und Schüler dürfen ran .Die Kollegen hoffen auf eine fette „Benz-Prämie“, die immer im Frühjahr fällig ist, und haben kaum einen Blick für den Gesamtzusammenhang der Weltwirtschaft.

Andererseits verkauft VW seit Jahresbeginn keine Autos mehr in China. Vielleicht jetzt, vielleicht auch später platzt die chinesische Blase, auf die die deutschen Exportweltmeister gesetzt haben. Die Chinesen bremsen, weil ihnen selber angst und bange wird, dass ihnen schnell das eigene Land um die Ohren fliegen könnte. Darum muss jetzt alles getan werden für den Konsum im Binnenmarkt: Die Niedriglöhner, Teilzeitarbeiter und Aufstocker sollen doch nicht so knickrig sein und lieber konsumieren als sparen! Geld für neue Rettungsschirme ist beim Staat nämlich nicht mehr da, also müssen die Ersparnisse ran. Die Regale sind voll, die Werbepakete auch, nur die Leute sind noch unschlüssig, ob sie nun für „Wellness A“ oder „B“ berappen sollen.

Vernünftige Mindestlöhne sind immer noch nicht in Sicht. Von der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich sprechen nur die aktiven Gewerkschafter. Wir haben keinen Grund, auf diese Leimspur des Kapitals reinzufallen: Schafft erst einmal die Hartz-Gesetze ab und schafft normale sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse, von denen man auch leben kann, dann wird sich die Binnennachfrage fast von selbst ergeben! Aber das würde eure Profite angreifen, darum wollt ihr diesen Lügenkurs gehen.

Über Tunesien habe ich schon letzte Woche gesprochen. Jetzt rumort es auch in anderen Ländern. Ein Prozess der Entwicklung ist immer dann gut, wenn alle ihn mitgehen können, also das Volk die Kontrolle hat und alle Menschen mitnehmen kann. Es müssen erst neue Erfahrungen gemacht werden, das Selbstvertrauen in die eigene Kraft entwickelt werden. Ich finde darum die Aussage „Wir lernen im Vorwärtsgehen“ so wichtig. Andererseits kann man in Berlin, Paris oder Washington hektische Betriebsamkeit erahnen, wie man das, was einem da aus den Fingern einer 30-jährigen Diktatur entgleitet, wieder einfangen könnte. Erklären wir uns solidarisch mit den Menschen am südlichen Mittelmehr und anderswo auf der Welt: Wir sind auf eurer Seite!

Am Sonntag, dem 6. Februar 2011, findet das 92. Gedenken an die Verteidiger der Bremer Räterepublik statt. Die Montagsdemo ist wie in den Vorjahren Mitunterzeichnerin des Aufrufs. Beginn ist um 11 Uhr vor dem Tor des Waller Friedhofs. Nach dem Gedenken gibt es ab etwa 12 Uhr ein Kulturprogramm und Kaffee und Kuchen im nahen „Westend“. – Am 7. März 2011 wollen wir die Montagsdemo unter das Motto „100 Jahre Internationaler Frauentag“ stellen und rufen mit auf zur Beteiligung an einer kämpferischen Demonstration am Dienstag, dem 8. März 2011. Dafür findet am 1. Februar 2010 um 18 Uhr im „Zeitraum“ ein Bündnistreffen in Walle statt (Ritter-Raschen-Straße 4). – Weiterhin schlage ich die Beteiligung an dem Bündnis „Keinen Meter“ vor und werde eine Veranstaltung gegen die NPD-Aktivitäten am 1. Mai und bei der Wahl anmelden.

Jobst Roselius

 

Nur keine Illusionen über
die Rolle der Gerichte!

Wolfgang Lange Die Woche ist Spitzengespräch im Hartz-IV-Vermitt­lungsausschuss. Es ist ein trostloser Haufen: CDU und FDP schwören Stein und Bein, dass die Fünf-Euro-Erhöhung exakt „nach dem Bedarf“ ermittelt wurden. SPD und Grüne wollen zwölf Euro mehr – und die Linkspartei? Dagmar Enkelmann fordert 392 Euro, also eine Erhöhung um 33 Euro. Dabei weiß sie ganz genau, dass selbst 500 Euro Hartz IV nur eine erste Minimalforderung sind. Nach wie vor fordern die Montagsdemos und zahlreiche Verbände: Weg mit Hartz IV!

Was heißt hier überhaupt „verfassungsgemäße Bedarfsermittlung“? Damit hat all das gar nichts zu tun. Schon der bisherige Satz von 359 Euro war bekanntlich nicht nach dem tatsächlichen Bedarf, sondern nach Kassenlage ermittelt worden, für Kinder ebenso. Damit kann man sich nicht ernähren, kleiden, bilden, den Körper pflegen. Seltsam also, dass eine nunmehr „exakte“ Bedarfsermittlung einen so glatten Betrag ergibt, nämlich fünf Euro! Die Regierungsparteien lügen, wenn sie nur den Mund aufmachen, und leider auch die anderen Berliner Parteien. Was bleibt uns also zu tun? Die Sache in die eigene Hand nehmen!

Da können wir derzeit einiges lernen, wenn wir über die Grenzen schauen. Auch wenn in Tunesien längst nicht klar ist, wohin alles geht - es fehlt vor allem an einer klaren Führung, einer in den Massen verankerten wirklich revolutionären Partei -, so können wir doch schon große Erfolge sehen. Nicht nur, dass Ben Ali vertrieben wurde – seine Partei wurde jetzt übrigens aus der „Sozialistischen Internationale“ ausgeschlossen, sie war bisher also Schwesterpartei der SPD! –, das Volk geht weiter auf die Straße und fordert Demokratie, billige Preise, Selbstbestimmung und: Alle korrupten Politiker dieser Partei müssen weg!

Derweil wächst die Angst der Herrschenden vor einer Kettenreaktion. In Tirana gingen letzten Samstag 300.000 Albaner auf der Straße und fordern ebenfalls den Rücktritt der korrupten Regierung. Drei Demonstranten wurden sofort erschossen, Dutzende sind schwer verletzt, aber die Menschen sie ließen sich nicht aufhalten! Albanien ist eigentlich reiches Land mit vielen Bodenschätzen, wird aber ausgesaugt vom deutschen Bankenkapital, das mit der korrupten Regierung zusammenarbeitet.

Ebenso gibt es aufstandsähnliche Unruhen im jordanischen Amman. Demonstranten erklärten: „Sie belügen die Menschen, sie senken bei einigen Dingen die Preise, um sie bei anderen zu erhöhen“. Gefordert werden der Rücktritt der Regierung und weitgehende demokratische Grundrechte, denn die Regierung wird von Feudalherrscher Abdullah ernannt. Eine internationale Revolution auf der ganzen Welt ist notwendig, mit gegenseitiger Unterstützung! Proletarier aller Länder und Unterdrückte, vereinigt euch!

Wer sich Illusionen über die Rolle der Gerichte gemacht hat, wurde in Stuttgart gleich zweimal belehrt. Erstens wurde Gangolf Stocker, Anmelder der Demonstrationen gegen „Stuttgart 21“, zu 30 Tagessätzen à 50 Euro zuzüglich Gerichtskosten verurteilt, weil er bei der Demo am 27. August 2010 nicht verhindert habe, dass einige der 70.000 Teilnehmer die Bannmeile des Landtags durchbrochen haben. Sechs weitere derartige Prozesse gegen ihn stehen noch an. Die Richterin sagt: „Es geht munter so weiter“, was zeigt, wie befangen sie ist. Als Gangolf bat, das Urteil nicht „im Namen des Volkes“ zu verkünden, widersprach sie: „Nicht nur die Zuschauer hier, auch andere Menschen gehören zum Volk“, worauf die Prozessbesucher riefen: „Wir sind das Volk!“

Beim zweiten Prozess in Stuttgart wurde ein Demonstrant vom 30. Juli 2010 zu zehn Tagessätzen zuzüglich Gerichtskosten verurteilt, weil er sich „durch Muskelanspannung seiner Gewahrsamnahme widersetzt“ habe. Polizisten hatten, als die Blockade schon zu Ende war, sich zugerufen: „Den schnappen wir uns!“ Der Staat probt und bereitet sich vor, wie er vorgeht, wenn es wirklich zu Aufständen gegen die Diktatur der Monopole geht und sich die Massen wie in Tunesien gegen Hunger, Lüge und Unterdrückung erheben. Zu diesem Staat gehören auch die Gerichte! Wir brauchen ein Versammlungsrecht auf antifaschistischer Grundlage!

In Hamburg haben sich einige Kioskbesitzer und Bäcker aus dem Bezirk Sankt Pauli entschlossen, die „Bild“-Zeitung aus dem Sortiment zu nehmen, da sie gegen Migranten, Arbeitslose und Arme hetzt. Das wird von einer Initiative aus dem Stadtteil unterstützt: „Wir wollen als Kiez-Bewohner oder Kiez-Besucher dieses menschenverachtende Schmierblatt, das sich auch noch Zeitung schimpft, nicht mehr in unseren Stadtteilen sehen! Wir werden ab sofort an jeder Verkaufsstelle in Sankt Pauli, Altona, Schanzen- und Karoviertel den Besitzer freundlich und mit guten Argumenten davon überzeugen, die ‚Bild‘-Zeitung für immer aus dem Sortiment zu nehmen.“

Wolfgang Lange (MLPD)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz