305. Bremer Montagsdemo
am 22. 11. 2010  I◄◄  ►►I

 

Dem Skandal Ein-Euro-Job folgt der Sündenfall „Bürgerarbeit“

Hans-Dieter Binder1. Die Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten stehen auf der Streichliste. Entsprechend wurde wohl auch der Prüfungsauftrag an den Bundesrechnungshof erteilt, um den Weg freizumachen für „Bürgerarbeit“! Der Rechnungshof hat nichts Neues festgestellt: Alles hat bereits vor langer Zeit das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit bemängelt, siehe frühere Bremer Montagsdemos. Damals blieben die Erkenntnisse aber ohne Auswirkung auf die Bewilligung der Ein-Euro-Arbeitsgele­genheiten. Sie sind für die Betroffenen oftmals die einzige greifbare Möglichkeit, etwas zusätzliches Geld zu erhalten, und für die Beschäftigungsträger oftmals sehr lohnend – so sehr, dass manche auf die Gemeinnützigkeit mit allen Steuervorteilen verzichten und lieber Gewinn machen und behalten.

Zur Vertrauensbildung ist hier die Offenlegung der Bilanzen erforderlich. Dabei kann auch geklärt werden, ob die Anlage dieser Gelder in Immobilien wie das Kontorhaus im Schnoor oder die Zigarrenfabrik erfolgte. Es wird bestimmt klar, wie gewinnbringend das Ein-Euro-Geschäft für die Anbieter ist! Der Prüfbericht des Bundesrechnungshofs hat auch festgestellt, dass nur ein Drittel der Fördergelder bei den Ein-Euro-Mitarbeitern ankommen. Zwei Drittel verbleiben den Beschäftigungsträgern (Seite 5, Position 5). Hinzu kommen noch die Erlöse für die verkaufte Arbeitsleistung oder die Produkte. Im Prüfbericht stehen zutreffend die Gründe, warum wirklich Schluss sein muss mit den Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten.

Dass die Beschäftigungsträger noch mehr Geld erhalten haben, ergibt sich auch daraus, dass er für kleine Vereine et cetera keine „Regiegelder“gab. Inzwischen waren oftmals sogar die Anleiter Ein-Euro-Mitarbeiter(innen). Die Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse haben reguläre Arbeit auch in Bremen verdrängt. Dies wurde von der „Bremer Arbeit GmbH“ zugestanden, auf dem „Tribunal gegen Ein-Euro-Jobs“ bei der „Blauen Karawane“. Trotzdem erfolgte keine Änderung. Eigentlich ist jetzt der Ausstieg aus den Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten fällig, durch Umwandlung in normale sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Dazu ist das SGB II zu ändern, damit auch die Arbeitslosenversicherungspflicht wieder eingeführt wird. Nur so sind die Beschränkungen des Hartz IV durch ALG I überwindbar!

Der nächste Sündenfall wurde schon als Gesetz verabschiedet: die „Bürger­arbeit“. Die Reklame lautet ähnlich wie damals zur Einführung der Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten. Auch die Auswirkung wird ähnlich sein: Die „Bürgerarbeit“ wird leider weitere reguläre Arbeitsplätze vernichten. Für sie sind in Bremen 600, in Bremerhaven 200 Plätze eingeplant. Ein wesentlicher Vorteil gegenüber den Ein-Euro-Arbeitsgelegenheiten besteht immerhin darin, dass die „Bürgerarbeit“ der Mitbestimmung des Personal- oder Betriebsrates unterliegt. Leider ist diese Tätigkeit wie die „Arbeitsgelegenheit in der Entgeltvariante“ nur eingeschränkt sozialversicherungspflichtig und führt wegen des geringen Lohnes nur selten aus dem Hilfebezug. Die Fraktion „Die Linke“ in der Bremischen Bürgerschaft hat die geplanten Rahmenbedingungen zur Bürgerarbeit erfragt. Einfach lesen und sacken lassen! Wir beantworten konkrete Fragen immer wieder montags.

Als Gesetzentwurf gibt es den „Freiwilligen Dienst“ als Ersatz für den Zivildienst und Ergänzung für „Freiwilliges Soziales Jahr“ und „Freiwilliges Ökologisches Jahr“. Der Lohn wird als „Taschengeld“ bezeichnet und beträgt 324 Euro im Westen und 273 Euro im Osten. Allein diese Unterscheidung ist Unrecht! – Wer als Ein-Euro-Mitarbeiter(in) reguläre Arbeit geleistet hat, kann den Tariflohn dafür einfordern und einklagen, und zwar rückwirkend bis 2006, wenn der Antrag noch in diesem Jahr gestellt wird. Im nächsten Jahr soll dieser Überprüfungsantrag nur noch ein Jahr rückwirkend greifen, siehe vorherige Bremer Montagsdemos. Dies ist auch bei Zahlungsunfähigkeit des Trägers oder Arbeitgebers sinnvoll, weil die Freie Hansestadt Bremen für diesen Anspruch geradestehen muss. Wie dies geht? Wir gehen mit! – Wer als Mitarbeiter(in) die Kündigung des Trägers erhält, sollte diese in jedem Fall genau prüfen lassen und die Frage der Abfindung klären. Mit Betriebsrat ist das sicher kein Problem. Damals hatten wir die Bildung von Betriebsräten auch bei den Beschäftigungsträgern empfohlen. Gut, wer einen gebildet hat!

 

2. Geplant sind wesentliche Gesetzesänderungen in SGB II und SGB XII, somit für Erwerbslose und Behinderte. Die Änderungen wurden bereits vom Kabinett gebilligt. Die Streichung der Rentenversicherungsbeiträge für ALG-II-Betroffene schwächt die Rentenkasse und verstärkt die Altersarmut! Die Bundesregierung will nicht einmal für einen Ausgleich sorgen. Auch die Streichung des „Arnutsgewöhnungszuschlags“ und des Elterngeldes für ALG-II-Betroffene (bis auf bestimmte Ausnahmen) wurde vom Kabinett beschlossen. Die anderen geplanten Änderungen führen zu noch mehr Ausgrenzung der Erwerbslosen und der Behinderten.

Allein die Anrechnung jeglicher Einnahmen bei der Zahlung des ALG II ist ein Unding! Selbst die steuerfreien Aufwandsentschädigungen für Übungsleiter, Nachbarschaftshilfe oder auch der Fahrkostenersatz werden bei der Regelleistung gekürzt. Auch bereits bewilligtes Elterngeld wird abgezogen. Wer in einem anderen Haushalt lebt und keine Kosten für diesen trägt, erhält circa 78 Euro weniger Regelleistung. Gedacht wurde dabei an Behinderte über 25 Jahre und alte Menschen, die von ihren Kindern aufgenommen wurden (Unterfünfundzwanzigjährige erhalten schon jetzt einen reduzierten Regelsatz). Selbst zweckbestimmte Leistungen an Tagesmütter werden einkassiert. Dies wird erhebliche Probleme bei der Kinderbetreuung verursachen, und die Tagesmütter werden in ihrer Existenz bedroht.

Die Sanktionen werden ausgeweitet: Sie sind nun ohne Rechtsbehelfsbelehrung und ohne Eingliederungsvereinbarung möglich. Die Beweislast wird auch hier umgekehrt, die Unschuldsvermutung stirbt. Aufrechnung und Rückforderung werden zulasten der Betroffenen ausgeweitet, auch für reine Behördenfehler. Die Rückzahlung von Darlehn wird schonungsloser geregelt. Die Möglichkeit der Überprüfung mit § 44 SGB X wird für Erwerbslose im SGB II und Behinderte im SGB XII auf ein Jahr rückwirkend begrenzt, bisher waren es vier Jahre. Die Kosten der Unterkunft werden künftig per Satzung der Gemeinde geregelt. Hier hat Bremen die Chance, positive Änderungen vorzunehmen. Wir werden dies kommentieren!

Weitere Unverschämtheiten sind in Harald Thomés Zusammenfassung zum Gesetzentwurf nachzulesen. Außer dem Änderungsantrag beim langen Eltern­geld sollten noch weitere Maßnahmen vorsichtshalber in diesem Jahr erfolgen. Wer ab 1. Januar 2005 nicht die vollen Kosten der Unterkunft oder Heizung erhalten hat, sollte dies durch einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X klären. Einen solchen Antrag sollte auch stellen, wer eine Sanktion erhalten beziehungsweise eine beantragte Leistung nicht oder nur teilweise erhalten hat. Noch geht dies bis zum 1. Januar 2005 rückwirkend, ab 1. Januar 2011 eventuell nur bis zum 1. Januar 2010. Es können auch mehrere Anträge gestellt werden.

Wer einen Forderungsverzicht unterschrieben hat, kann diesen überprüfen lassen. Ein Verzicht zum Beispiel auf einen Teil der Mietaufwendungen ist ungültig, weil unter besonderem Druck unterschrieben wurde. Mensch kann mit einem Antrag nach § 44 SGB X das Rad zurückdrehen. Wer über ein Jahr hinweg ein Darlehn bei der Arge abbezahlt, kann einen Antrag auf Niederschlagung (Ausbuchung) stellen und muss bei positiver Entscheidung nicht weiterzahlen. Wie dies alles geht? Wir gehen mit! Und wir reden drüber, immer wieder montags, mit weiteren Hinweisen und Anregungen. Fazit: Kommt auf die Straße! Nur damit wird die Gegenwehr sichtbar! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Nicht zumutbar: Wenn es nicht zu einer Normenkontrollklage kommt, müssen sich die Betroffenen mühsam durch die Instanzen klagen („Artikel-Presse“)

 

Ein-Euro-Jobber sollen für ihre
eigene Ausbeutung demonstrieren

Es ist schon einmalig, dass sich große Beschäftigungsträger erdreisten, für den Erhalt von Ein-Euro-Jobs zu demonstrieren. Ihre Kundgebung beginnt am Donnerstag, dem 25. November 2010, um 10 Uhr am Hauptbahnhof. „Vadib“ und Konsorten geht es im Kern darum, diesen für die Großträger lukrativen Markt zu erhalten. Bei allen Nebensätzen in ihrem Aufruf lautet die Forderung am Ende: fünf Millionen Euro für den Erhalt der sozialen Beschäftigungsprojekte. „Vadib“-Vorstand Uwe Lange-Mühlmeyer ist in der letzten Woche sehr deutlich geworden, als er der Politik vorgerechnet hat, dass Ein-Euro-Jobs für Bremen billiger sind als die „Entgeltvariante“. Damit fordert er als Ko-Chef des größten Ein-Euro-Job-Trägers in Bremen nichts anderes als den Fortbestand seiner unsinnigen Maßnahmen.

Längst ist bekannt, dass Ein-Euro-Jobs nichts für die Integration in den Arbeitsmarkt bringen. Ihr Ziel ist und bleibt allein die Disziplinierung der Erwerbslosen und der Ausbau des Niedriglohnsektors. Das ist Gewalt gegen Erwerbslose, und Teil dieses Gewaltanwendungssystems sind die großen Beschäftigungsträger wie „Bras“, „Förderwerk“ oder „Wabeq“. Sie im Zusammenspiel mit der Bagis, der Bremer Arge, sind die Disziplinierer und Sanktionierer. Gleichzeitig sind sie ökonomische Profiteure dieses Disziplinierungssystems. Wer die Dreckarbeit für das Ausbeutersystem macht, wird dafür auch entsprechend entlohnt.

Es gibt aber überhaupt keinen Grund, sich für die diversen Projekte oder gar für diese Großträger einzusetzen, im Gegenteil: „Bras“, „Förderwerk“ und Konsorten gehören aufgelöst! Sie sind Teil des Repressionsapparates, der sich im Interesse des Kapitals gegen uns richtet. Kurzum: Ich bin dafür, am Donnerstag zu der Demo zu gehen. Aber unter den Losungen „Weg mit Hartz IV“ und „Abschaffung der Ein-Euro-Jobs“! Wir dürfen den Profiteuren des Repressionssystems nicht das Feld überlassen. Den vielen Kolleg(inn)en, die sich in Kultur- und Stadtteilprojekten nur mit Ein-Euro-Jobs über Wasser halten, sei gesagt: Wenn sie sich nicht von den reaktionären Zielen der Geschäftsführer der Großträger distanzieren, kann es auch keine Solidarität geben.

Zuschrift von Herbert Thomsen („Bremer Erwerbslosen-Verband“)
 
Problemviertel der Vermüllung preisgegeben: Ist Straßenreinigung im Neolibe­ralismus für die Kommunen eine „zusätzliche“ Tätigkeit? („Weser-Kurier“)
 
Fachkräftemangel: Dürfen von Arbeitsvermittlern an staatlichen Einrichtungen
Grundkenntnisse der deutschen Sprache erwartet werden? („Stattnetz“)

 

Der Hartz-IV-Regelsatz reicht nicht zur Bezahlung der Stromkosten

Elisabeth Graf1. Letzte Woche kritisierte der Bundesrechnungshof, dass die meisten der geförderten Ein-Euro-Jobs den Langzeitarbeitslosen nicht dabei helfen, eine feste Arbeit zu bekommen. Auch dürften diese Jobs in mehr als der Hälfte der Fälle eigentlich gar nicht gefördert werden, weil sie keine zusätzliche Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit waren oder aber in unschlagbarer Konkurrenz zu ungeförderten Unternehmen standen. Un­eigentlich werden Langzeitarbeitslose unter anderem eingesetzt, illegal entsorgten Müll zu beseitigen oder beim Umzug eines städtischen Bauhofs zu helfen. Wohlfahrtsverbände oder Unternehmen aus der Weiterbildungsbranche könnten mit ihnen ungeförderte Tätigkeiten im ersten Arbeitsmarkt ersetzen und so ihre Personalkosten reduzieren.

Hier läuft etwas genau falsch herum, weil doch die Erwerbslosen angeblich einen Weg auf den ersten Arbeitsmarkt finden sollten. Zudem würden die Jobcenter die sogenannten Arbeitsgelegenheiten, für die es keinen Arbeitsvertrag gibt, meist wahllos zuweisen, ohne die Erwerbslosen weiter zu beraten und individuelle Ziele für die Teilnahme festzulegen. Die Arbeitslosenvertretungen jeglicher Couleur beanstanden seit eh und je, dass Ein-Euro-Jobber nahezu rechtlos sind, bei ihrer Sklavenarbeit immer noch unter dem Joch der Verfolgungsbetreuung stehen, dass sie auf jahrzehntelang erkämpfte Arbeitnehmerrechte wie die Bildung eines Betriebsrates oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und im Urlaub verzichten müssen, dass an Ein-Euro-Jobs immer nur deren Träger verdienen und bestimmt nicht die Erwerbslosen. Träger wie die „Bras“ verdienen pro Ein-Euro-Jobber 250 Euro pro Monat pro Nase!

Aufgrund der Sparorgien der letzten drei Jahrzehnte werden Ein-Euro-Jobber gern dort eingesetzt, wo früher mehr schlecht als recht bezahlte Menschen regulär arbeiteten. Viele der großen „Beschäftigungsträger“ nutzen die ihnen von der Bagis kostenlos zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte zum Gewinnmachen und zur Sicherung der gut bezahlten Arbeitsplätze ihres Leitungspersonals. Leider mutierten viele ehemals „gemeinnützige“ Träger zum Teil zu gewöhnlichen Geschäftsunternehmen, die ihre Vorgehensweise mit gesetzlichen Vorgaben und angeblichem sozialem Tun für hilfsbedürftige Menschen rechtfertigen. Es wird Zeit, dass diese Sklavenjobs, die dazu mithelfen, die Arbeitslosenzahlen aufzuhübschen, verboten werden und durch anständig entlohnte Arbeit ersetzt werden!

 

2. Das wäre doch zu schön, um wahr zu sein, wenn die vermaledeite „Bürgerarbeit“ wenigstens in Lahr und Offenburg scheitern würde! Obwohl Frau von der Leyen schon vor einigen Monaten ihre bescheiden-beschämende „Bürgerarbeit“ vorstellte, mit der es nun keine Sozialleistung mehr ohne Gegenleistung durch Arbeit geben soll, äußert die Gewerkschaft Verdi erst jetzt rechtliche Bedenken gegen das kommunale Beschäftigungsmodell in Lahr. Die Kritik richtet sich dagegen, dass „Bürgerarbeiter“ nicht nach dem Tarif für den öffentlichen Dienst entlohnt werden sollen. Offenbar brachte es das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in knapp einem halben Jahr nicht fertig, in der Frage der Entlohnung für Rechtssicherheit zu sorgen.

Die tarifliche Bezahlung hätte bedeutet, dass die Kommunen auf den Bundeszuschuss in Höhe von 1.080 Euro pro Arbeitsplatz und Monat rund 500 Euro draufsatteln müssten. Wo kämen wir denn da hin, wenn Erwerbslose zu einer Arbeit gezwungen werden dürfen, die halbwegs gerecht bezahlt wird? Wie schon bei den Ein-Euro-Jobbern ist der Arbeitsvertrag nicht verhandelbar, denn er unterliegt dem Sozial-, nicht dem Arbeitsrecht. Eine Einzelperson erhält für 30 Stunden „Bürgerarbeit“ 900 Euro brutto, was 781 Euro netto entspricht. Wenn davon eine Familie versorgt werden muss, darf weiter mit ALG II aufgestockt werden. Wer „Bürgerarbeit“ machen muss, bekommt noch weniger Geld als die Ein-Euro-Jobber jetzt! Für die Kommunen ist das sehr attraktiv, weil für sie die Übernahme der Kosten der Unterkunft entfällt.

 

3. Letzte Woche wurde das bremische Landesgesetz zur Gleichstellung von Frau und Mann 20 Jahre alt. Zu diesem Anlass lud „Buten & binnen“ die von mir sehr geschätzte Bremer Frauenbeauftragte Ulrike Hauffe ein. Das „Bubi“-Team gratulierte in der ihm sehr eigenen Weise, indem es das Gesetz als vollen Erfolg wertete, weil es seinen Zweck erfüllt habe und deswegen nun abgeschafft werden könne. Ich weiß nicht, ob ich die Aufforderung, das Gleichstellungsgesetz abzuschaffen, auch damit Frauen nicht mehr vorgeworfen werden könne, dass sie den Job nur wegen der Quote bekommen hätten, als einen Backlash oder als Ausdruck von Uninformiertheit verstehen soll. Was haben Frauen davon, wenn sie zwar zu 53 Prozent im öffentlichen Dienst vertreten sind und zu 30 Prozent Führungspositionen innehaben, sich aber durchschnittlich mit 23 Prozent weniger Lohn als Männer zufrieden geben sollen? Warum eigentlich?

Für den Moderator Kim Adler wäre es ein Zeichen von „Stärke und Selbstbewusstsein“, wenn Frauen nun auf das Gleichstellungsgesetz verzichten könnten. Gut, dass Frau Hauffe diese Meinung so rundherum ablehnte und betonte, dass die Devise „halbe-halbe“ heißt und wir „halbe-halbe“ noch lange nicht haben! Eine Quote bedeutet ja auch, dass bei gleicher Qualifikation der Frau der Vorrang gegeben würde. Die Frau bekommt den Job also nicht wegen der Quote, sondern wegen ihrer Qualifikation! Vermutlich verstand Kim Adler das nicht, weil er fragte, ob das, was die Frauenministerin sage, „Schwachsinn“ sei. Jovial entgegnete Frau Hauffe, dass die Frauenministerin zwar „von vorgestern“ sei, aber noch nicht über so viel Erfahrung verfügte. Ich persönlich denke mir, dass die CDU mit Absicht keine gestandene Frau mittleren Alters, die in ihrem Frauenleben schon viele Kämpfe um gleichberechtigte Behandlung führen musste, für solch eine Position ausgesucht hat, weil diese dann vermutlich nicht so sehr im Sinne der patriarchalisch orientierten und um ihre Pfründen bangenden männlichen Politiker und Wirtschaftsbosse agieren würde.

Frau Hauffe würde auch in der „freien“ Wirtschaft eine Frauenquote begrüßen, weil es den Betrieben besser ginge, wenn in den Aufsichtsräten eine Frauen- und Männervermischung vorzufinden wäre. Sie sprach davon, dass das Gleichstellungsgesetz im Moment ein „Revival“ erlebe und gerade bei der Telekom und erstaunlicherweise in der CSU hoffähig geworden sei. Offenbar muss ein solches Gesetz her, weil freiwillige Verabredungen nicht greifen! Ich finde es immer wieder erstaunlich, dass gerade die jungen Frauen glauben, dass es heute Gleichberechtigung gebe. Diese Seifenblase zerplatzt ihnen wohl erst, wenn sie wegen einer tatsächlichen oder potenziell möglichen Mutterschaft erleben müssen, dass sie Männern gegenüber im Nachteil gehalten werden, wenn es um die besser bezahlten Jobs geht. Außer natürlich, wenn frau über ganz viel „Vitamin B“, zum Beispiel Big Daddy, verfügt! Dann kann sie sogar mit vielen Kindern einen sehr gut dotierten Posten bekommen.

 

4. Eine neue Statistik zeigt, dass es Erwerbslose am härtesten treffen wird, wenn jetzt rund 300 Stromanbieter ihre Preise Anfang Dezember oder zum Jahreswechsel erhöhen werden, denn sie müssen viel mehr für Energie zahlen, als im Hartz-IV-Regelsatz vorgesehen ist. Dort sind nur rund 29 Euro monatlich eingeplant, gut acht Prozent der insgesamt 359 Euro. Wenn ein alleinstehender Arbeitsloser mit einem Jahresverbrauch von 1.500 Kilowattstunden im Schnitt 35 Euro pro Monat zahlt, dann zahlen Hartz-IV-Bezieher, hochgerechnet auf ein Jahr, somit 96 Euro mehr, als der Staat ihnen für Energiekosten zuteilt. Ausgerechnet dort, wo Strom am teuersten ist, sind überdurchschnittlich viele Menschen arbeitslos. Und die Kluft zwischen Hartz-IV-Pauschale und tatsächlichen Kosten wächst nicht bloß beim Strom seit Jahren.

Seit 2007 stiegen die Stromkosten um durchschnittlich 13 Prozent, der Hartz-IV-Regelsatz legte im gleichen Zeitraum nur um rund vier Prozent zu, von 345 auf 359 Euro für alle Posten. Wofür waren die vorgeblichen fünf Euro Regelsatz-„Erhöhung“ wohl sonst gedacht? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Wer konsequent sein geringes Budget nicht den Energie-Multis und der Atomlobby in den Rachen schmeißen möchte, dem können beim Versuch, konsequent zu handeln und sich einen neuen Stromanbieter zu suchen, Probleme entstehen. In der Branche ist es üblich, dass Stromanbieter Kunden erst mal genau überprüfen. Wenn ein „Schufa“-Eintrag angefordert wird und negativ ausfällt, sollten sich Verbraucher nicht entmutigen lassen. Ist ein Anbieterwechsel nicht möglich, lohnt sich immer noch ein Anruf beim aktuellen Versorger. Oft können Kunden zumindest bei diesem auf einen günstigeren Alternativtarif umsteigen.

 

5. Da haben wir den Salat, äh, die Misere! Oder sollte es besser heißen: de Maizière? Denn kaum sprach Innenminister Thomas de Maizière seine Terrorwarnung aus, überschlugen sich Politiker mit Vorschlägen zum besseren Schutz vor Anschlägen. Angeblich sollen Terrorbedrohungen greifbarer denn je sein. Die Behörden gehen dabei von verschiedenen Bedrohungsszenarien für Deutschland aus. Das ist Panikmache, die aus statistischen Gründen ziemlich unangebracht erscheint. Seit ich höre, dass NRW-Innenminister Ralf Jäger die Vorratsdatenspeicherung für dringend geboten hält, ist mir klar, woher der Wind weht. Irgendwie muss die gerichtlich verbotene Datenspeicherung doch wieder zu kippen sein! Ob superzufällig bald erneut eine fast hochgegangene Bombe gefunden wird?

Schließlich war es ein herber Schlag ins Gesicht für die Regierung und die zuvor regierende Große Koalition, als das Bundesverfassungsgericht die vor allem in der Bevölkerung ungeliebte Vorratsdatenspeicherung im März dieses Jahres kippte. Das Urteil wiederum machte zugleich deutlich, dass die Datenspeicherung nicht generell verfassungswidrig sei, sondern nur in ihrer Umsetzung. Wenn jetzt die Innenminister einen neuen Anlauf für die zeitlich begrenzte Speicherung von Verbindungsdaten bei Telefongesprächen und im Internet unternehmen, dann bemühen sie sich darum, ihre Forderung nicht allein mit der gestiegenen Bedrohung durch „Extremisten“ zu begründen. Der stellvertretende Fraktionschef von „Bündnis 90/Die Grünen“, Ströbele, kritisiert außerdem, dass einige Politiker die aktuelle Situation nutzen, um die Diskussion über schärfere Sicherheitsgesetze und die Vorratsdatenspeicherung wieder aufzunehmen.

 

6. Nachdem im Zuge des Bildungsstreiks elf und während des „Attac“-Banken-Aktionstages neun „Bankbesetzungen“ stattfanden, sah sich nun erstmals das Amtsgericht Lindau berufen, ein Urteil zu fällen. Es verurteilte den Berliner Politikwissenschaftler Peter Grottian wegen „Aufforderung zum Hausfriedensbruch“ zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.900 Euro. Es handelt sich dabei bundesweit um die erste Verurteilung wegen „Bankbesetzung“. Grottian hatte in Lindau bei einem öffentlichen Vortrag zu einer öffentlichen, gewaltlosen, gewissensbestimmten und gesetzeswidrigen „Bankbesetzung“ aufgerufen. In seinem Vortrag argumentierte Grottian, dass gefälligst die Verursacher der Krise zahlen sollten, nicht diejenigen, die jetzt in Sparprogrammen als finanziell Schwache bestraft werden.

Deshalb seien ganz unterschiedliche Formen von Aktionen – von der „Bankbesetzung“ bis zur fürsorglichen „Belagerung“ – legitim und angemessen und müssten in ihrer Eingriffstiefe vor Ort von den jeweiligen Aktionsgruppen entschieden werden. Netterweise fühlte sich eine Journalistin bemüßigt, die Polizei und die Deutsche Bank über den Vortrag zu informieren. Interessanterweise sah sich die Staatsanwaltschaft Kempten zum Eingreifen veranlasst, obwohl die besuchten Banken aufgrund der Gewaltlosigkeit und Kommunikationsfähigkeit der Aktionen keine Strafanzeigen stellten, während sich das Gericht schon vorab zum Schutzherrn der Banken macht. Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht augenmaßlos!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

 

Uns Arbeitslosen fehlt langsam
die Luft zum Atmen

Hans-Dieter WegeZu den Forderungen und Meinungen von Brigitte Vallenthin, Sprecherin der Wiesbadener „Hartz-IV-Plattform“, möchte ich Folgendes feststellen: Was die seinerzeit geplanten Demonstrationen vor dem Bundesverfassungsgericht angeht, da hatte sie in meinen Augen auf gar keinen Fall Recht mit der Forderung, diese zu unterlassen. Man hätte Professor Peter Grottian hierbei unterstützen müssen und den Protest gegen die menschenverachtenden Hartz-IV-Regelsätze auch in der Nähe des Bundesverfassungsgerichtes kurz vor dem Termin der Urteilsverkündung noch einmal zum Ausdruck bringen müssen. Aber man muss ja nicht unbedingt immer Recht haben!

Vollkommen Recht hat Brigitte Vallenthin aber in meinen Augen mit ihrer Bewertung des Umgangs der Linkspartei mit den Forderungen nach verfassungs­gemäßen Regelsätzen. „Die Linke“, die Erwerbslosenbewegung, der „Paritätische Wohlfahrtsverband“, die Gewerkschaften und sogar wir von der Montagsdemo fordern eigentlich wieder nur abstrakt eine Erhöhung der Regelsätze. Das beginnt mit 80 Euro mehr für Ernährung durch die Erwerbslosenbewegung, 440 Euro durch Gewerkschaften und „Paritätischen“ und 500 Euro durch die bundesweite Montagsdemo als Sofortforderung. Laut bereits erfolgter Gutachten müsste dieser Regelsatz für Alleinlebende allerdings sogar bei ungefähr 600 Euro liegen! Genau dies fordert Brigitte Vallenthin auch als Hartz-IV-Empfängerin. Hierzu steht sie berechtigterweise, und hierzu muss man sie unbedingt unterstützen!

Das Bundessozialgericht hat in Rentenverfahren bezüglich des Handelns der Sozial- und Landessozialgerichte in Klagen auf Anerkennung der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit abstrakte Vorschläge für „Verweisungstätigkeiten“ immer beanstandet und abgelehnt. Genauso hat das Bundessozialgericht und vorher auch die Regierung jetzt nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zu handeln: nämlich Regelsätze, die auch den wirklichen Bedarf in menschenwürdiger Weise decken, transparent zu ermitteln. Genau das fordert auch die Bremer Montagsdemo, notfalls mit einer anschließenden Gruppenklage!

Warum sollte nicht bereits im laufenden „Prozess“ durch den Sozialausschuss des Deutschen Bundestages genauso verfahren werden? Ein anderes Vorgehen kann doch den Hartz-IV-Empfängern gar nicht einleuchten! Insgesamt bin ich der Meinung, dass die Kritik von Brigitte Vallenthin durchaus berechtigt ist und auch weiter diskutiert werden muss. Die „abstrakte Kunst“ ist bei der Ermittlung bedarfsgerechter menschenwürdiger Regelsätze abzulehnen! Ist nicht dies vielleicht die Wahrheit: „Uns Arbeitslosen fehlt aufgrund von Hartz IV langsam die Luft zum Atmen – und ‚Die Linke‘ kann ohne Hartz IV nicht atmen!“?

Zur Hartz-IV-Anhörung im Sozialausschuss des Bundestages schreibt Brigitte Vallenthin eine sehr gute Presseerklärung, die aber nicht unbedingt die Gründe für die weitere Verweigerung der Regierung und anscheinend auch der meisten anderen Beteiligten zum Ausdruck bringt. In meinen Augen geht es nicht ausschließlich um die jetzigen und die zukünftigen Kosten der jetzigen Hartz-IV-Empfänger, sonst wäre man schon ein ganzes Stück weiter. Leider ist es ja so, wenn man diese Hartz-Gesetze weiterhin am Leben erhält, dass ungefähr auf je 100 Euro Regelsatzerhöhung ungefähr zwei Millionen Menschen in Deutschland mehr berechtigt wären, ALG II in Anspruch zu nehmen.

Demnach würden, ließe man wirklich den von Rüdiger Böker transparent errechneten und an der Wirklichkeit orientierten Regelsatz von 594 Euro Gesetz werden, ungefähr 4,5 Millionen Menschen zusätzlich in Hartz IV fallen. Genau das wollen die meisten Beteiligten unbedingt vermeiden, zumal ihre Mindestlohnvorstellungen dann sofort den Bach hinuntergingen. Dies ist meiner Meinung nach eine Tatsache, die niemanden mehr an einem bedingungslosen Grundeinkommen vorbeilässt. Das wissen auch alle Beteiligten.

So koppelt man lieber den bisherigen Teil der Erwerbsarbeitslosen weiterhin von der Lohnarbeit ab, statt diese gerecht auf alle erwerbsfähigen Menschen aufzuteilen, zum Vorteil einer großen Mehrheit der Beschäftigten und ihrer Familienangehörigen. Nur mit einem bedingungslosen Grundeinkommen kann man auch verhindern, dass weitere Millionen Menschen trotz Arbeit in Hartz IV fallen, ihre eventuellen Ersparnisse aufbrauchen müssen und anschließend diesen Zwangsgesetzen ausgeliefert sind. An der Aufrechterhaltung so eines Systems werde ich mich niemals beteiligen! Dieser Kapitalismus gehört geschreddert, denn er ist die Ursache für die derzeitige asoziale Politik vieler Politiker!

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik)
 

 
Kein Haustier für Hartz-IV-Kinder: Trotz aller Mauschelei kann auch ein Gutachten der Diakonie den Regelsatz nicht unter 433 Euro drücken („OTZ“)
 
Regelsatzberechnung nicht nachvollziehbar: Über die Sozialgerichte wird eine noch stärkere Klageflut als bisher hereinbrechen („Junge Welt“)
 
Bedarfsgemeinschaftsregelung ist grundgesetzwidrig: Einen Rechtsanspruch gegenüber Lebenspartnern oder Stiefeltern gibt es nicht („Scharf links“)

 

Der Kampf gegen die Atompolitik geht weiter

Harald Braun1. Die Anti-Atom-Bewegung geht nach dem erfolgreichen Widerstand im Wendland gestärkt in die nächste Runde. Dies ist ein dauerhaftes Anliegen unserer Montagsdemo, und wir werden es immer wieder zum Thema am Offenen Mikrofon machen. Die Bremische Bürgerschaft hat nun mit den Stimmen von SPD, Grünen und „Linken“ den Senat aufgefordert „alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten“ auszuschöpfen, um „Transporte von Kernbrennstoffen und deren Abfallprodukten“ durch die bremischen Häfen zu verhindern. Das ist positiv, aber nicht konsequent!

Mit einem Appell an die Hafenbetriebe, auf die lukrativen Atom-Transporte zu verzichten, wird die radioaktive Fracht nicht zu stoppen sein. Die Hafenwirtschaft hat bereits erklärt, dass sie keinerlei Beschränkung des „Universalhafens“ akzeptiert. Sie malt mit Unterstützung von CDU und FDP ein Gruselszenario an die Wand: Erst keine Castor- Verschiffung, dann kein Umschlag von Tropenholz und zum Schluss auch keine Verschiffung von Autos mehr wegen ihrer Umweltbelastung. Dabei wissen sie ganz genau, dass das Verbot von Atomtransporten kein Ende der Häfen bedeutet.

Emden hat das längst bewiesen. Dort wurde in §11 der Hafenordnung festgeschrieben: „Gefahrengüter, die als Atommüll oder Sondermüll einzustufen sind, dürfen in Emdener Hafenbereichen weder gelagert, befördert noch umgeschlagen werden.“ Dieses Verbot kann in allen deutschen Häfen sofort erlassen werden. Dazu erklärte das Bundesverkehrswegeministerium am 19. November 2010: „Die Länder können über Verbote frei entscheiden, denn der Bund hat keine Verwaltungskompetenz beim Umschlag von Gütern in Häfen.“ Es liegt also in der Kompetenz des Senats, ein Verbot des Transports und der Lagerung radioaktiver Stoffe über die Bremer Häfen auszusprechen und ein klares Zeichen gegen die Atompolitik der Regierung zu setzen!

 

2. Der „Norddeutsche Rundfunk“ deckte am 16. November 2010 auf, dass von der Polizeiführung Lüneburg eine sogenannte Überwachungsdrohne zum Abfilmen der Anti-Castor-Demonstranten in Gorleben eingesetzt wurde. Diese Video-Erfassung stellt einen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Demonstranten dar. Der massive Polizeieinsatz in Gorleben, der in den Medien nachträglich als „angemessen“ hochgelobt wurde, entpuppt sich mehr und mehr als eine Bürgerkriegsübung europaweiter Dimension.

So wurde inzwischen bekannt, dass ein Polizist der berüchtigten französischen CRS-Gendamerieeinheit im Einsatz war und ohne jeden Anlass gewalttätig gegen Demonstranten vorging. Zusätzlich waren Polizeieinheiten aus Polen, den Niederlanden und Kroatien vor Ort. Die Bundesluftwaffe war mit einem angeblichen Tornado-„Übungsflug“ am 8. November 2010 über den Castor-Gegnern im Einsatz, und das Bundesheer stand mit gesichteten Räumpanzern in der Reserve. Der europaweite Polizei und Militär-Einsatz war keineswegs ein „Ausrutscher“. Er geht auf EU-Verträge zur Aufstandsbekämpfung zurück.

Dies alles wird natürlich mit dem Holzhammer-Argument des „Antiterror“-Kampfes begründet. Nach dem massiven Polizei-Einsatz am 30. September gegen die „S21“-Gegner in Stuttgart hat in Gorleben eine weitere Eskalation der staatlichen Unterdrückung von Massendemonstrationen stattgefunden. Das kann nicht hingenommen werden! Das Recht auf uneingeschränktes Demonstrations- und Widerstandsrecht auf antifaschistischer Grundlage muss europaweit verteidigt und erweitert werden! Schluss mit der Abfilmerei von Demonstranten, egal ob am Boden oder aus der Luft!

Harald Braun

 

Rüstungsindustrie schmiert
Bremer Universität

Wieland von HodenbergDie Universität Bremen steht schon lange im Verdacht, Gelder in erheblichem Umfang von der Bremer Rüstungsindustrie einzuheimsen. Besonders tut sich da die Firma OHB hervor, die zivile wie militärisch zu nutzende Satelliten produziert. Möglicherweise wird auch schon mal der eine oder andere Professor geschmiert.

In einer Pressemitteilung kritisiert das „Bremer Friedensforum“ nun die Einflussnahme von OHB auf die Universität. Es sei zu befürchten, so Sprecher Hartmut Drewes, dass die Unabhängigkeit von Wissenschaft und Lehre immer mehr verloren gehe. Erst jetzt habe das Unternehmer-Ehepaar Christa und Manfred Fuchs der Uni vertraglich zugesichert, dass es für zehn Jahre eine entsprechende Professur finanzieren werde. Es sei nicht das erste Mal, dass Unternehmen Lehrstühle an der Universität einrichteten.

Das „Bremer Friedensforum“, so Drewes weiter, halte die jüngste Stiftung für besonders problematisch, da das Unternehmen durch die Rüstungsproduktion seinen Aufstieg genommen habe und dem Geschäft im Militärbereich eine zunehmend große Bedeutung zumesse. Dies gelte nicht nur für das in Afghanistan eingesetzte SAR-Lupe-Aufklärungssystem, sondern auch für das Galileo-Navigationsprogramm. Das „Bremer Friedensforum“ wirft der Bremer Universität damit vor, sich leichtfertig durch Annahme von Geschenken der Militarisierung auszuliefern.

Die Bremer Montagsdemo schließt sich der Kritik und dem Protest an und schlägt der Bremer Universität vor, dass sie statt Raumfahrt- und Militärtechnik-Lehrstühlen so bald wie möglich einen Lehrstuhl für Rüstungskonversion und Friedenspolitik einrichten möge.

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“) –
siehe auch „Scharf links“ und „Indymedia

 

Es muss mehr Aktionen des zivilen Ungehorsams geben!

Wolfgang LangeTerrorwarnung! Die Täter sind schon unterwegs! Der Bundestag soll entführt werden! – Wie war das doch am 11. September 2001? Da lagen die Pläne für den Afghanistan-Krieg und einen umfassenden Angriff auf die demokratischen Rechte schon vorher in der Schublade. Man brauchte nur noch einen Anlass, sie zu öffnen! Kaum wurde die Terrorwarnung von de Maizière mit stockender Stimme verkündet, forderten auch schon die Innenminister der Länder die Vorratsdatenspeicherung, und Schünemann rechtfertigte den Drohneneinsatz gegen die Demonstranten im Wendland. Wofür wird jetzt ein Anlass gesucht? Die Herrschenden wissen, dass sie nicht ungestraft gegen die Arbeiter, Arbeitslosen und anderen Volksmassen angreifen können, dass der Widerstand steigen wird und ihre Herrschaft in Gefahr gerät!

Nach Griechenland wird jetzt für Irland ein 100-Milliarden- „Rettungspaket“ geschnürt, um den Preis einer weitgehenden Aufhebung der Souveränität dieses Landes. Es werden eine extreme Haushaltskürzung und soziale Einschnitte verlangt. Auch diese Milliarden fließen wieder dem Banken- und Spekulantenpack zu! Die Hypo Real Estate, inzwischen mit 148 Milliarden Euro gestützt, und andere deutsche Banken (nach den englischen zweitgrößter Gläubiger irischer Banken) waren durch ihre Spekulationen Mitverursacher der Irland-Pleite.

Während die Milliarden immer noch lustig für die Banken und andere Spekulanten fließen, trifft sich am Freitag der Bundestag, um die massiven Einschnitte ins deutsche Sozialnetz zu beschließen. Dazu gehört auch die Beratung zum SGB II. Der Bundestag will beschließen, das Elterngeld für Hartz-IV-Familien, die Rentenversicherungsbeiträge für Hartz-IV- Empfänger, das Übergangsgeld von ALG I auf ALG II und den Heizkostenzuschuss für Wohngeldbezieher zu streichen. Um 6:30 Uhr fahren am ZOB Busse zur Demo nach Berlin, zu Preisen zwischen zehn und 25 Euro. Fahrkarten gibt es im Büro der Linkspartei. Die geplante Belagerung des Parlaments wurde verboten. Offensichtlich möchte die Bundesregierung ihr Kürzungspaket unter Ausschaltung der Öffentlichkeit durchpeitschen!

Am Samstag gibt es eine Solidaritätsveranstaltung mit dem Atlas-Streik in Delmenhorst, der jetzt in die fünfte Woche geht. Strohmann Filipov, schon vorher härtester „Sanierer“, als Atlas noch zu Terex gehörte, wo er Manager war, hat Streikposten angefahren und mit Genehmigung der Gemeinde Ganderkesee Hubschrauber eingesetzt, um Material zu liefern. Entlassene, die jetzt auf Hartz IV sind, sollen als Streikbrecher angeheuert werden. Das Gericht zwingt die Streikposten, an jedem Werk ein Tor freizumachen und eine mindestens drei Meter breite Gasse zu bilden. Das zeigt, dass wir uns in Deutschland ein allseitiges und gesetzliches Streikrecht erst erkämpfen müssen! Was nützt eine Blockade, wenn Material und Streikbrecher rein- und rausgehen? Noch halten sich die Kollegen relativ strikt an die Auflagen, wobei jeder Unterstützer am Tor rund um die Uhr herzlich willkommen ist! Um Menschenketten zu bilden und die Tore wirklich dicht zu machen, braucht man möglichst viele entschlossene Leute.

Auch in Stuttgart waren am Samstag wieder 20.000 Menschen auf der Straße. Das Motto lautete: „Schwarzer Donnerstag: Wir klagen an! Raus mit der Wahrheit!“ Florian Toniutti, von der „Jugendoffensive gegen ‚S21‘“, forderte den Rücktritt von Ministerpräsident Mappus, und zwar nicht erst nach der Wahl, sondern sofort. Weiter sagte er: „Demonstrationen allein reichen nicht, es muss mehr Aktionen des zivilen Ungehorsams geben. Es gilt, die Bewegung gegen ‚ Stuttgart 21‘ mit Streiks in den Betrieben zu verbinden, dann trifft es die Konzernchefs an ihrem Profit!“ Dafür gab es tosenden Applaus. Soll man sich an den von den Herrschenden vorgegebenen Rahmen halten, oder wird der aktive Widerstand organisiert? Die Demo in Stuttgart war ein Signal, sich nicht von der Geißler-Schlichtung einlullen zu lassen!

Wolfgang Lange (MLPD)
 
Schlichtungsvorschlag erwartet: Kann Geißler das Nutzen-Kosten-Verhältnis rauftreiben, bis „Stuttgart 21“ nicht mehr realisierbar ist? („Spiegel-Online“)

 

Solidarität mit den
Kollegen von Atlas!

Liebe Kolleginnen und Kollegen in Vechta, Ganderkesee und Delmenhorst, mit Empörung haben wir von den Versuchen eures Kapitalisten gehört, euch einen Tarifvertrag zu verweigern. Eure Entscheidung für einen unbefristeten Streik ist richtig! Dass dieser Kapitalist Streikbrecher sogar mit Hubschraubern ins Werk fliegen lässt, zeigt, mit was für einer Sorte Menschen man es zu tun hat: Sie wollen alle Arbeiter zu Billiglohnsklaven machen, die jederzeit gefeuert werden können. Wir verachten solche Heuschrecken-Manager und rufen jeden ehrlichen Kollegen auf, solche Arbeitsbedingungen zu verweigern und sich dem solidarischen Kampf dagegen anzuschließen!

Die Bremer Montagsdemo möchte euch in eurem Widerstand unterstützen und auch ermutigen, alles zu tun, damit diesen Kapitalisten ihre Grenzen aufgezeigt werden. Wir bieten euch an mitzuhelfen, dass von eurem Kampf immer mehr Menschen in Deutschland etwas mitbekommen. Wir werden von eurem Kampf und euren Erfahrungen über die bundesweite Montagsdemo in ganz Deutschland berichten und mithelfen, die Solidarität zu organisieren. Natürlich können auch Vertreter von euch auf der Montagsdemo selber berichten. Wir würden uns über euren Besuch freuen. Herzliche und solidarische Grüße!

Initiative Bremer Montagsdemo
 
In der Vorweihnachtszeit beginnt die Montagsdemo, da der Marktplatz belegt ist, um 17:30 Uhr an der Domsheide. Von dort ziehen wir weiter zum Hanseatenatenhof und später zum Bahnhofsvorplatz, um ab 18:45 Uhr am Schwabenstreich teilzunehmen.
 
Die „Solidarische Hilfe“ lädt ein zur Informations- und
Diskussionsveranstaltung zur Neubemessung der Hartz IV-Regelsätze am Mittwoch, dem 24. November 2010 um 18 Uhr im Konsul-Hackfeld-Haus, Birkenstraße 34. Dr. Rudolf Martens, Leiter der Forschungsstelle
des „Paritätischen Wohlfahrtsverbandes“, hält hierzu einen Fachvortrag.
Anschließend gibt es eine Podiumsdiskussion mit Bremer Politikern.
 
Im Entmündigungsverfahren gegen unsere Mitstreiterin Bettina Fenzel, die auf Betreiben der Behörden keine Ansprüche mehr gegen den Sozialstaat durchsetzen soll, findet am Donnerstag, dem 25. November 2010, um 11:30 Uhr eine Anhörung vor dem Amtsgericht statt (Ostertorstraße 25-31, Zimmer 664). Bettina bittet um zahlreiches Erscheinen!
 
„Die Linke Bremen“ ruft mit auf zur Bundestagsumzingelung unter dem Motto „Sparpaket stoppen!“ am Freitag, dem 26. November 2010, in Berlin. Von Bremen fahren wir mit Bussen um 6:30 Uhr ab ZOB am Hauptbahnhof. Wir sind gegen 11 Uhr am Brandenburger Tor, um mit auf die Demotour zu gehen. Rückfahrt ist ab 16 Uhr. Die Karten sind im Büro der „Linken“ erhältlich, zu Preisen zwischen zehn Euro (ermäßigt) und 25 Euro (Soli­preis). In Berlin ist infolge einer Terrorwarnung mit massiver Polizeipräsenz zu rechnen. Geplant sei ein Anschlag auf das Reichstagsgebäude. Laut BKA-Chef Ziercke gebe es jedoch keinen Grund, irgendeine öffentliche Veranstaltung abzusagen. Dennoch wurde die geplante Belagerung des Parlaments von der Polizei verboten, gerichtlich aber wieder erlaubt.
 

 
Inflation unberücksichtigt, Referenzgruppe verkleinert: Allein mit den beiden offensichtlichsten Tricks werden wir um 28 Euro betrogen („Open Report“)
 
Sozialrechtler sind sich sicher: Neue Hartz-IV-Sätze landen wieder
vor dem Verfassungsgericht („Frankfurter Allgemeine Zeitung“)
 

 
Hamburger Koalition geplatzt: Nach Elbvertiefung und Kohlekraftwerksbau spekulieren die „Grünen“ auch noch auf Stimmenzuwachs („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz