27. Bremer Montagsdemo
am 27. 02. 2005  I◄◄  ►►I

 

Der Machtrausch

Ursula GatzkeIch habe es schon lange gewusst, unsere Politiker sind nicht ganz normal! Sie schweben und sind längst abgehoben! Sie wissen nicht, was „unten im Volk“ abgeht! Ich habe mich oft an den Kopf gefasst und gewundert über die Arbeit unserer Politiker!

Aber jetzt weiß ich es endlich ganz genau: Sie sind „süchtig“ nach einer sehr gefährlichen „Droge“, nach Macht! Ja, Politik macht süchtig, das haben uns einige Politiker neulich im Fernsehen verraten! Sie können nicht mehr ohne diese Droge leben! Und wie sollen sie da noch gute Arbeit machen, wenn sie so berauscht sind von ihrer Macht?

Politiker brauchen doch einen klaren Kopf, wenn sie das Volk regieren sollen! Das ist ja dann nicht mehr der Fall! Und so sieht ihre Arbeit heute auch aus: überall Chaos im ganzen Land! Und die Menschen „unten“ hat man gar nicht mehr wahrgenommen! Im Rausch sieht man bloß Macht und Geld!

Armes Deutschland, du gehst mit deinen berauschten Volksvertretern noch zu Grunde! Wer zeigt ihnen denn den richtigen Umgang mit Macht und mit uns? Das Land braucht neue Politiker, die noch nicht so mit der „Macht-Droge“ vollgedröhnt sind!

Wir sehen ja die Ergebnisse ihrer Arbeit, sie sind sehr, sehr miserabel! So benebelt, wie unsere Volksvertreter jetzt sind, kann unser Land nur noch tiefer in den „Abgrund“ fallen! „Unten“ schreit das Volk schon lange laut um Hilfe! Und „oben“ schreien die Volksvertreter immer lauter nach Macht und Geld!

Steckt alle vollgedröhnten Politiker in die Rakete und schießt sie vom Space-Park weg auf einen Trip in den Weltraum! Sollen sie mal nachschauen, was für Kraut auf dem Mars wächst! Dann könnten hier endlich Volksvertreter mit „klarem Kopf“ an die Macht kommen!

Ursula Gatzke (parteilos)

 

Der Montagsdemonstrant
und seine Urenkel

Matthias FeilkeDu bist ein Montagsdemonstrant und warst von Anfang an dabei, trotz Spaltung und Medienignoranz, Kälte, Schnee, Wind, Regen und Polizeiobservanz! Dir war egal Partei und Verband! Für die Einheit auch deine Person hier stand!

Doch eines kann ich an dir nicht leiden: Du bist immer viel zu bescheiden und siehst schwarz für unsere Zukunft, genau wie die Journalisten-Zunft! Sagst „einerseits, andrerseits, keinen verletzen“, obwohl sie uns doch solche Schläge versetzen!

Inzwischen haben wir es nicht mehr nötig, uns anzupassen und angebliche Nöte der Herrschenden gelten zu lassen! Sie lassen die Deinen auch nicht gelten! Mach einen Schnitt zwischen beiden Welten: Zeig denen da oben und uns hier unten, dass du rücksichtslos einerseits bist!

Einst werden unsere Urenkel denken: „Warum haben die so lange gezögert? Es lag doch alles klar auf der Hand: Politik und Konzerne sind verschwägert und geraten deshalb außer Rand und Band!“

Kinder, Jugendliche in großen Haufen, lachen, rufen: „Dem sind sie nachgelaufen?“ Wenn sie den ausgestopften Schröder sehn, wird niemand mehr unser Zögern verstehn!

Sie verlassen das Museum der Altertümer, sind nicht mehr geschundene Arbeitnehmer, die schuften müssen für wenig Geld, sondern Besitzer einer befreiten Welt.

Matthias Feilke

 

Statistische Schönfärberei

„Ein-Euro-Jobs und Ich-AGs auf dem Vormarsch“, meldet der „Weser-Kurier“ am 19. Februar und erweckt so den Eindruck einer positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Dies halte ich für statistische Schönfärberei, denn es ist doch nicht als Erfolg zu verbuchen, dass die Zunahme der Erwerbstätigkeit vor allem auf den neuen Zusatzjobs beruht!

In meinen Augen ist es erschreckend, dass es in Deutschland inzwischen fast fünf Millionen Menschen gibt, die ihr Brot als „geringfügig Beschäftigte“ verdienen müssen: als immer größer werdende Klasse der „Working Poor“!

Elisabeth GrafAuch wenn diese Menschen jetzt nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, bleiben sie auf staatliche Daueralimentation angewiesen, ebenso wie „Ein-Euro-Jobber“, die zudem in ihren Dienst verpflichtet werden, ohne dass sie die lange erkämpften Arbeitnehmerrechte wie Urlaubsgeld und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für sich in Anspruch nehmen könnten!

Da gleichzeitig die Zahl der Arbeiter und Angestellten sinkt, ist hier schon der Beweis erbracht, dass prekäre Beschäftigungsverhältnisse, von denen niemand seine Existenz sichern kann, „normal“ bezahlte Arbeitsplätze immer mehr verdrängen!

Wir können doch nicht weiter so tun, als ob es in Deutschland je wieder Vollbeschäftigung geben würde, egal durch welche abenteuerlichen Ausgrenzungen Menschen aus der Arbeitslosenstatistik herausgerechnet werden!

Elisabeth Graf (parteilos)

 

Solidarisch mit
Daimler-Chrysler-Arbeitern

Zur 27. Montagsdemo in Bremen kamen trotz eisigen Windes circa 50 Mitstreiterinnen und Mitstreiter. Mit Kostümen als „Hartzer Käse“ und „Hartz-IV-Info-Michel“ erregten wir Aufmerksamkeit, obwohl nur wenige Passanten über den Marktplatz unterwegs waren.

Kay und Jan, zwei Kinder der Bremer Rotfüchse, die oft zur Montagsdemo kommen und auch schon fleißig Flugblätter und Buttons verteilt haben, hatten ein Transparent dabei, auf dem sie Schröder „zum Teufel jagen“. Zu den Angriffen der Regierung auf die Lebenssituation der Familien mit Kindern sagen sie am Offenen Mikrofon klar: „Nein, mein Sparschwein gehört mir!“

In Gedichten wurden die Politiker in ihrem abgehobenen Machtrausch und ihrer Massenverachtung aufs Korn genommen. Unsere selbst zusammengestellten Musikblöcke kamen gut an. Wegen der kalten Füße mussten wir heute leider wieder auf die Demo verzichten.

Richtig Beifall gab es jedoch zuvor, als ein Kollege von Daimler-Chrysler berichtete, dass heute im Bremer Werk die Arbeit für 45 Minuten niedergelegt wurde: Der Konzern will den Samstag als Regelarbeitstag mit Früh-, Spät- und Nachtschicht ohne Samstagszuschläge durchsetzen, die Verteil- und Erholzeiten von 25 auf 12,5 Minuten verkürzen und ein bis zwei Tage pro Jahr vom Arbeitszeitkonto für Qualifizierungsmaßnahmen abziehen. Da war bei den Kollegen das Maß voll!

Er berichtete auch, wie durch das Radio vollkommen entstellende Sachverhalte vermittelt wurden, um die Kollegen zu verunsichern. Wir haben eine kurze Solidaritätsresolution verabschiedet, solche Erpressungsversuche zurückzuweisen. Sie lautet:

„Liebe Mercedes-Kollegen! Auf der heutigen Montagsdemo und im Radio sind wir darüber informiert worden, welche Angriffe der Daimler-Chrysler-Konzern auf euch vorhat. Mit Erpressung und Spaltung wird versucht, euch gegen die eigenen Kollegen in Brasilien und Ludwigsfelde auszuspielen. Aber die Erfahrung zeigt, dass Spaltung die Arbeiterbewegung nur schwächt! Wir sind solidarisch mit eurem Kampf und werden euch unterstützen in der Auseinandersetzung! Mit Erpressern wird nicht verhandelt! Gemeinsam sind wir stark! Solidarische Grüße von der 27. Bremer Montagsdemo!“

Rote Fahne News
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz