Anno 2002 habe ich mir erneut einen Studienplatz für das Fach Sozialpädagogik besorgt, um mein ehemals abgebrochenes Studium zu beenden. Es begab sich im Oktober desselben Jahres, dass ich zum Arbeitsamt gehen musste, um nach meinem nun auslaufenden Arbeitslosengeld die damalige Arbeitslosenhilfe zu beantragen. Auf diesem Antrag musste ich meine Immatrikulation angeben. Dort habe ich auch die Lehrveranstaltungen aufgeschrieben, die zumeist in den Abendstunden lagen. Für 30 Stunden stellte ich mich dem Arbeitsmarkt weiterhin zur Verfügung.
„Nix da!“, brüllte das Amt und strich mir sofort rückwirkend meine Bezüge ab 1. Oktober 2002. Dabei sollten die Vorlesungen erst Mitte Oktober beginnen! Eine Woche versuchte ich vergebens, Hilfsmöglichkeiten zu finden, bis ich erst mal resignierte und mich exmatrikulieren ließ. Schließlich muss ich immer ganz allein für drei Menschen aufkommen!
Von da an zahlte mir das Amt für die restlichen Tage des Monats das mir noch zustehende Arbeitslosengeld und bewilligte weitere Arbeitslosenhilfe. Ich war ja wieder eine brave Arbeitslose geworden, die zu Hause die Hände in den Schoß legte und auf keinen Fall ihr Studium abschloss, um den nicht vorhandenen Arbeitsstellen voll und ganz zur freien Verfügung zu stehen! Natürlich habe ich Widerspruch eingelegt und eine Klage eingereicht, als ich damit nicht weiterkam. Ich wollte das Studium beenden und für die Oktoberwochen mein Geld bekommen, als sie mir nichts bezahlt hatten.
Viel Wasser ist seitdem die Weser heruntergeflossen, und vielleicht haben auch schon ganz zarte „Mooswürzelchen“ versucht, in der dicken Staubschicht meiner Akte heimisch zu werden. Nach „nur“ vier Jahren wurde ich letzte Woche Dienstag zum Sozialgericht vorgeladen. Weil sie gerade dabei sind, meinen Studiengang einzustampfen, würde ich keinen Blumentopf gewinnen können. Ich habe mir das mit dem Studium längst abgeschminkt, aber wenigstens das nicht gezahlte Geld für Oktober 2002 wollte ich mir zurückholen!
Ich bin in Begleitung meines Anwaltes Detlef und von Hans-Dieter und Gudrun bei Gericht erschienen. Neben dem Richter Schlüter saßen zwei chronisch schweigende ältere Beisitzer. Ich hockte mit meinem Anwalt vor ihm. Mit etwas Abstand rechts neben mir hatte der juristische Vertreter des Arbeitsamtes Bremen Platz genommen. Dieser alte Herr hatte seinen Namen wohl nach einer von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ bekommen. Die meiste Zeit wirkte er auf mich wie ein Scheintoter, an dem alles wie an einer dicken Bunkerwand abprallte, so regungslos saß er da.
Der Richter verlas den Sachverhalt in der leider üblichen, total gestelzten juristischen Amtssprache, sodass ich Mühe hatte zu verstehen, wovon da die Rede sein sollte. Eigentlich ging es ja um mich! Uneigentlich lauschte ich einer unglaublichen Haarspalterei um irgendwelche Paragrafen und abgelaufene Fristen. Hier ging es nun darum, dass ich über sechs Monate arbeitslos war, als ich mich immatrikulierte, und dass es schon deswegen nicht möglich gewesen sei, neben dem Studium Arbeitslosengeld zu beziehen! Ja, es waren damals zehn Monate Arbeitslosigkeit ins Land gegangen.
Unstrittig schien, dass ich vor dem Beginn der Vorlesungen dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung gestanden habe und mir so für diesen Zeitraum vom 1. bis 13. Oktober 2002 kein Geld hätte gestrichen werden dürfen. Der Richter bot einen Vergleich an, wonach mir für den benannten Zeitraum die gestrichenen Bezüge zurückerstattet werden, ich aber im Gegenzug auf das Geld für die Zeit des Semesterbeginns und meiner Exmatrikulierung verzichte. Ich besprach mich kurz mit meinem Anwalt, und dann stimmten wir zu. Für mich dürften dabei schätzungsweise um die 300 Euro herausspringen. Haben oder nicht haben!
Der „jahreszeitliche“ Abgesandte des Arbeitsamtes zeigte plötzlich auch geistige Anwesenheit und tat sich sichtlich schwer damit, den Kompromiss mitzutragen. Erst nach einer Intervention des Richters mochte auch er einwilligen. Unglaublich langwierig listete der Richter nun auf, wie viel Arbeitslosengeld mir damals zugestanden hat, wie ich es nach der Exmatrikulation noch bekam und wie es sich jetzt nach Anerkennung meines Widerspruches zeitlich von A nach B verschob, alles mit Datenketten.
Nachdem auch mir das Wort erteilt wurde, staunte ich darüber, dass es bei dieser Verhandlung mit keiner Silbe je darum gegangen ist, warum ich den ganzen „Zirkus“ überhaupt in Gang gesetzt habe. Tja, was kann Frau Graf bloß dazu bewogen haben, ihr Studium wieder aufzunehmen? Könnte es einen Sinn ergeben, auch für die Allgemeinheit, wenn ich meine Qualifikation verbessere?
Oh nein, so darf das nicht gesehen werden! Was wäre, wenn alle Studenten sich plötzlich ALG II erschlichen? Also wirklich: So dürfe die Zahlung des Arbeitslosengeldes nicht verstanden werden, wurde ich belehrt! Schade, das ist wieder mal ein Beweis für die These von der Unfähigkeit so vieler Männer, leider gleichbedeutend mit Gesetzesmachern, ein Auge, einen Überblick für die Situation im Ganzen zu haben.
Es ist Schwachsinn, dass ich mein Studium nicht beenden darf! Heute kämen auch noch unbezahlbare Studiengebühren hinzu. Die reine Farce! Ich hätte es längst abgeschließen können, weil meine Professoren mich ins siebte Semester einstufen wollten. Stattdessen musste ich die ganze Zeit über unnötig arbeitslos bleiben, denn ich habe weder vom Arbeitsamt, noch von der Bagis je ein Arbeitsangebot erhalten.
Natürlich haben mich auch meine Eigenbemühungen nicht weitergebracht. Die Krux ist außerdem, dass mich mein Fallmanager vor nicht ganz einem Jahr plötzlich dazu aufforderte, mein Studium fortzusetzen. Da das nicht mehr möglich war, absolviere ich nun eine Ausbildung zur Erzieherin, um wenigstens noch in der Nähe meiner Fähigkeiten und Neigungen bleiben zu können.
Na klasse, auf diese Weise wird dann die „Bildungsferne“ des Prekariats zementiert! Die Kinder der Reichen kämen nie auf die Idee, ihr Studium mit Geldern vom Arbeitsamt zu finanzieren: Sie wurden mit dem goldenen Löffel geboren, und Mama und Papa zahlen das Studium, wie lange es auch dauert. Chancengleichheit in Deutschland!
Jetzt haben wir endlich, was wir haben wollten: Die Gesundheitsreform tritt in Kraft! Wie bitte, das wollten wir doch gar nicht, höre ich euch jetzt schon sagen. Doch, wir wollten es so, denn wenn wir es zulassen, bedeutet es auch: Ich will nichts unternehmen und bin damit einverstanden. Einige Menschen sind das natürlich nicht, nämlich jene, die etwas dagegen getan haben, um es zu verhindern. Dazu gehören auch wir. Aber die nichts getan haben, sind folglich auch damit einverstanden.
Liebe Anwesende, wir brauchen uns in dieser Hinsicht nichts vorzuwerfen, denn die anderen haben die Mehrheit, und wir sind ja für Demokratie. So ist das nun mal! Darum tun wir den Politikern auch unrecht, wenn wir sie verurteilen, dass sie so gehandelt haben, wie sie es taten. Doch nun hat sich tatsächlich ein einzelner Politiker hingestellt und den anderen, sofern sie der Gesundheitsreform nicht zustimmen, damit gedroht, sie aus den zuständigen Gremien auszuschließen! Ich dachte, ich höre nicht recht.
Wie heißt es doch so schön: Der Abgeordnete ist nur seinem Gewissen verantwortlich! Aber mit dem Fraktionszwang wird dieses Gewissen wohl abgeschafft. Danke an euch Abtrünnige, dass ihr ein Gewissen habt, denn solche Politiker braucht das Land und nicht so welche, die anderen drohen! Aber wir lassen das zu, zumindest diejenigen, die nicht bereit sind, etwas dagegen zu unternehmen, und das ist nun mal die Mehrheit. So ist das in einer Demokratie! Wir sind scheinbar die Unterlegenen.
Da unsere Demokratie darauf beruht, dass die Mehrheit das Sagen hat, brauchen wir doch nur diese Mehrheit zu werden, oder wollen wir letztlich gar keine Demokratie? Wollen wir am Ende tatsächlich doch verarmt werden? Wollen wir wirklich, dass die sogenannten Volksvertreter uns immer mehr ins Abseits drängen? Dann besteht auch kein Grund zur Beschwerde, insofern sind wir Montagsdemonstranten gar nicht nötig. Oder? Wenn ihr anderen der Meinung seid, dass wir hier doch zu Recht stehen, habt ihr jedenfalls eine gute Plattform zum Mitmachen!
Die Kürzungswelle für Miet- und Heizkosten rückt immer näher: In den nächsten Wochen sollen die ersten angedrohten Reduzierungen umgesetzt werden. Betroffen sind mehrere Tausend Haushalte ab zwei Personen, deren Miete um mehr als 30 Prozent über den Obergrenzen der Behörde liegen. Im Sommer folgen die Ein-Personen Haushalte.
Ein Beispiel: Max Müller hat eine Mietwohnung mit einer Miete von 358 Euro zuzüglich 50 Euro Heizkosten. Von der Bagis bekommt er 285 Euro Miete und 55 Euro Heizkosten anerkannt. Dies sind die Obergrenzen für eine alleinstehende Person. Seinen tatsächlichen Kosten von insgesamt 418 Euro monatlich steht ein Zuschuss für Miete und Heizung von 320 Euro gegenüber. Demnach fehlen ihm monatlich für die Mietzahlung 98 Euro. Dies muss Max aus seinem Regelsatz aufbringen, will er die Wohnung nicht binnen weniger Monate verlieren. Dieser beträgt 345 Euro. 345 minus 98 gleich 247 Euro, die ihm dann für Essen, Trinken, Bekleidung, Möbel, Kultur, Strom und Fahrtkosten monatlich verbleiben.
Zu wenig, denn die Begründung für 345 Euro monatliche Regelleistung für eine Einzelperson lautet, dies sei der absolute Minimalbetrag, das Existenzminimum, um zu überleben. Max und seine 10.000 Leidenskolleg(inn)en in Bremen müssen aber demnächst mit weniger als diesem offiziellen Existenzminimum auskommen! „Umziehen!“ sagen Sozialbehörde und Bagis: Dies habe sich auch schon im Bereich der Sozialhilfe in den Vorjahren „bewährt“. Allerdings waren es auch hier schon mehr als 20 Prozent der Betroffenen, denen es nicht gelungen ist, sich eine billigere Wohnung zu beschaffen und dementsprechend Teile des Regelsatzes an den Vermieter abtreten müssen.
Billige Wohnungen sind Mangelware! Wohnungen zu den von den Behörden vorgegebenen Obergrenzen sind in Bremen nur wenige vorhanden. Viele Vermieter wollen auch nicht an Bagis-„Kund(inn)en“ vermieten. Bei einem Schufa-Eintrag wegen Schulden kommt es ebenfalls nicht zur Vermietung. Die wenigen billigen, den Obergrenzen entsprechenden Wohnungen liegen fast ausschließlich in Randlagen der Stadt und reichen für die 10.000 betroffenen Haushalte bei weitem nicht aus! Zudem gelten diese Viertel als Gettos. Ein Umzugszwang kann nicht hingenommen werden!
Unsere Forderungen sind die Übernahme der tatsächlichen Mietkosten durch die Bagis bei allen Leistungsbezieher(inne)n und die Anhebung der Heizkostenobergrenze auf 1,40 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Diese Forderungen richten wir an die Sozialdeputation, das ist ein Ausschuss der bremischen Bürgerschaft, der über die anzuerkennenden Kosten bei Miete und Heizkosten entscheidet, sowohl für Sozialhilfe als auch für Arbeitslosengeld II. Hier sollen in den nächsten Monaten Veränderungen der jetzigen Regelungen beschlossen werden.
Wir kommen wieder! Die letzte Deputationssitzung im Dezember wurde schon von 50 Demonstranten besucht, die ihre Forderungen vorgetragen haben. Wir sind erfolgreich: In einigen Einzelfragen wird es absehbar zu positiven Veränderungen kommen. Deshalb sollte der Druck auf die Politiker jetzt noch einmal erhöht werden. 2007 ist in Bremen Wahljahr, im Mai wird eine neue Bürgerschaft gewählt. Annähernd 100.000 Manschen im Lande Bremen, also circa 20 Prozent, leben von Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe oder Grundsicherung im Alter. Damit sind sie bei der Wohnungssuche an diese unzureichenden Obergrenzen gebunden. Sie sind eine Macht, die so manche Kürzungspartei bei der Wahl ein paar Prozente und damit Posten kosten können!
Nutzen wir die Chance, den Druck auf die Politiker jetzt zu erhöhen! Nehmt teil an der Demonstration zur Sozialdeputationssitzung am 8. Februar 2007 um 14 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz! Beginn der Deputationssitzung ist um 15 Uhr im „Siemenshochhaus“, Contrescarpe 72.
Übrigens müssen die Kosten einer Abschlussrenovierung von der Bagis gezahlt werden. Dies ist dann unstrittig, wenn der Mietvertrag eine Abschlussrenovierung vorsieht und es für den Umzug einen triftigen Grund gibt. Ein Grund liegt immer dann vor, wenn die Bagis oder das Amt für Soziale Dienste einen Umzug wegen zu hoher Mietkosten verlangt haben. Zu dieser Auffassung sind jetzt die Richter am Bremer Verwaltungsgericht gekommen. Also: Antrag stellen und bei Ablehnung klagen!
Außerdem hat das Bremer Verwaltungsgericht im Beschluss vom 7. September 2006 (Az. S3 V 1997/06) zu den Mietobergrenzen der Sozialbehörde festgestellt: „Im Falle der gerichtlichen Überprüfung derartiger Leistungsbescheide sind die Gerichte nicht an die in der Verwaltungsanweisung bestimmten Obergrenzen gebunden. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit unterliegt ohne Einschränkung der Auslegung durch die Gerichte.“
Am Donnerstag dieser Woche ist Demo um 14 Uhr vor dem Hauptbahnhof: Es geht um unsere Wohnungen! Um 15 Uhr beginnt die Sitzung der für die Umzugsaufforderungen verantwortlichen Sozialdeputation. Kommt alle mit!
Staatsrat Schuster hat sich zu Wort gemeldet und die Bagis vor dem Bremer Rechnungshof in Schutz genommen, aber gleichzeitig weitere Schwachstellen dieser Verwaltung aufgezeigt. Damit hat Herr Schuster auch zugestanden, dass die vorgesetzte Behörde geschlafen hat! Die Bagis leistet seit zwei Jahren mühsame „Aufbauarbeit“. Warum wurde damit nicht ein Jahr früher begonnen? Das Hartz-IV-Gesetz ist schließlich schon am 23. Dezember 2003 verabschiedet worden!
Das Wesentliche bei den Mieten ist die Uneinsichtigkeit dieser senatorischen Dienststelle für Soziales. Die Umsetzung durch die Bagis ist vorauseilender Gehorsam! Die interne Prüfung der Bagis soll ab April durch zwei bis drei Leute erfolgen, Hinweise können gegeben werden. Ein sehr stumpfes Instrument! Herr Schuster hat auch die bestellte zweite Auflage des Gewos-Gutachtens zur Miethöhe in Bremen vergessen!
Die Bagis will nicht länger warten und erwägt eine „Marktbeobachtung“ durch Fachleute. Sie will eventuell eigene Wohnungsgesuche aufgeben! Das kann sich die Behörde sparen: Es gibt diese Wohnungen nicht! Aber es gibt scheinbar immer noch Betroffene, die solchem Druck nicht standhalten und einen Teil der Miete selber zahlen. Die Verwaltungsanweisung der Freien Hansestadt Bremen sieht viele Ausnahmen vor, doch scheinbar kennt die Bagis diese Regelungen nicht.
Die vielen Fehler und die politische Reaktion auf den Prüfbericht des Bremer Rechnungshofes können nur bedeuten: Ausquetschen, Vorenthalten, Stolpersteine legen bis zum letzten! Darum legt Widerspruch ein! Alles weitere besprechen wir gemeinsam! Und am Donnerstag besuchen wir Frau Rosenkötter!
Mexikos soziale Bewegung hat den Slogan: „Fragend schreiten wir voran!“ Wir gehen zur Wahl! Wir wollen eine andere Regierung! Wir schaffen eine Zukunft mit ehrlichen Politikern! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!
2. Die Bagis hat bei der Prüfung durch den Bremer Rechnungshof sehr schlecht abgeschnitten! Dabei wurde nur der Bereich „Kosten der Unterkunft“ geprüft. Meine Ausführungen dazu stehen auf der 118. und 119. Seite der Bremer Montagsdemo. Es gibt auch einen ausführlichen Kommentar von mir zum Herunterladen.
Somit waren diese gravierenden Mängel längst bekannt, als die Bagis am 31. Januar 2007 eine positive Bilanz zog. Heute, am 5. Februar, hat sich die Trägerversammlung der Bagis mit dem Thema beschäftigt. Dieser Trägerverein wurde von der Freien Hansestadt Bremen und der Bundesagentur für Arbeit gegründet. Die Bagis wird „getragen“!
In der Jubelrunde vertreten waren Bagis-Geschäftsführer Thomas A. Schneider, der Direktor der Bundesagentur für Arbeit Uwe Stern sowie Jochen Eckertz für den Trägerverein als Vertreter der Freien Hansestadt Bremen. Und dies alles wurde nicht gesagt:
Dies zum „gelungenen“ Start der Bagis! Die vorstehend beschriebenen Wechselwirkungen werden uns eine ständig sinkende Arbeitslosenzahl präsentieren und dabei das zunehmende Problem überlagern. Eine Stärkung der Erwerbslosen, gezielte Förderung, faire Behandlung, soziale Sicherheit selbst auf niedrigstem Niveau ist so nicht möglich!
Dabei hat die Bagis alle Möglichkeiten dies zu erreichen – nur die Statistik würde darunter leiden. Noch hat die Bagis die Möglichkeit zur Umkehr! Noch glauben viele Menschen an die Aufrichtigkeit von Behördenmitarbeitern, auch dieser Behörde!
3. Udo hat auf der letzten Demo die Meldung der „täglich glücklichen“ Redakteure weiterverbreitet: Ein-Euro-Jobs verdrängen reguläre Arbeitsverhältnisse! Dies wusste Udo wie jeder hier schon lange. Sehr oft haben wir den Zwiespalt der Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse debattiert!
Auch die Bremer Handwerkskammer hat nun, wie „Radio Bremen“ am 3. Februar 2007 meldete, festgestellt: Ein-Euro-Jobs vernichten reguläre Arbeitsverhältnisse! Hierfür brauchte Hauptgeschäftsführer Busch eine überregionale Forschungseinrichtung. Hat unsere Handwerkskammer nicht das Wehklagen der gezwungenen Gesellen und geschädigten Meister gehört? Hat unsere Handwerkskammer dies überhört, um öffentliche Aufträge für die hiesigen Handwerksbetriebe nicht zu gefährden? Jetzt kann Herr Busch wehklagen, ohne dem Senat auf die Füße zu treten, jetzt hat er eine überregionale Quelle!
Die „Bremer Arbeit GmbH“ hat bereits verkündet, in Bremen sei alles anders, denn hier werde jeder Ein-Euro-Job von der „Bremer Arbeit GmbH“ geprüft. Ja, das stimmt! Aber wie von ihr zugestanden, vernichten Ein-Euro-Jobs auch in Bremen reguläre Arbeitsplätze. Damit meine ich nicht nur die von ihr eingeräumten hundert offiziellen Fehlentscheidungen! Anderswo muss die Handwerkskammer jedem handwerklichen Ein-Euro-Job zustimmen, oder es gibt diese Ein-Euro-Tätigkeit nicht! Warum haben Sie dieser Aufgabenverlagerung zugestimmt, Herr Busch? Vielleicht steht der Grund ein paar Zeilen weiter oben. Anderswo gibt es Beiräte aus Vertretern der regionalen Interessenvertretungen, die über diese Ein-Euro-Jobs beraten (IAB-Bericht, Seite 12).
Nun reden alle über eine Vernichtung von regulären Arbeitsplätzen durch Ein-Euro-Jobs – warum? Das „Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ aus Nürnberg hat eine „Produktarbeit“ mit dieser Feststellung veröffentlicht. Das IAB wird von der Bundesagentur für Arbeit getragen! Dort wird der Ein-Euro-Job mit „soziale Arbeitsgelegenheit“ umschrieben. „Spiegel-Online“ hat am 26. Januar 2007 zusammengefasst: „Immerhin förderten Ein-Euro-Jobs aber die soziale Integration und dienen zur Prüfung der Arbeitsbereitschaft.“ Dem ist vieles hinzuzufügen!
„Prüfung der Arbeitsbereitschaft“ – ja, dies ist unzweifelhaft! Aber wann kann diese Arbeitsbereitschaft weiterverwendet werden? Warum werden durch diese gnadenlose Prüfung einer unwichtigen Arbeitsbereitschaft geringfügige Beschäftigungsverhältnisse und beginnende Selbstständigkeiten gnadenlos zerstört? Es ist für jeden „persönlichen Ansprechpartner“ bei der Bagis oder Arge ersichtlich, dass es keine regulären Stellen gibt! „Immerhin förderten sie aber die soziale Integration“ – ja, dies ist unzweifelhaft, aber das Loch nach der Tätigkeit ist umso größer!
Nun zurück zum Bericht der IAB. Seite 6 oben sagt: „Zum 1. Januar 2005 wurden die sozialen Arbeitsgelegenheiten eingeführt.“ Diese Ein-Euro-Jobs wurden in Bremen und anderswo bereits ab Oktober 2004 eingeführt, siehe Arbeitsmarktbericht der Bundesagentur für Arbeit vom November 2005, Seite 6, Anmerkung 8: „Von Oktober bis Dezember 2004 wurden die Abgänge in Zusatzjobs nicht als Abmeldung in Erwerbstätigkeit, sondern in der Kategorie ‚sonstige Gründe‘ beziehungsweise ‚ohne Nachweis‘ verbucht“.
Der Arbeitsmarkbericht ist die monatliche Statistik der Bundesagentur für Arbeit. Auf diesen Buchungstrick sind somit auch die hauseigenen Forscher reingefallen! Seite 6 unten sagt, dass der Arbeitsmarkt insgesamt, die Risiken, die Verdrängung normaler Arbeitsplätze, die individuellen Möglichkeiten und Hemmnisse nicht beachtet und somit die Ziele insgesamt nicht erreicht werden.
Zu Seite 7 oben: Der Lohn pro Stunde ist teilweise bei 50 Cent angekommen. Zwei Euro pro Stunde wurden nie gesehen! Seite 9, Anmerkung 5: Nur durchschnittlich fünf Prozent aller Arbeitsgelegenheiten entfallen auf die „Entgeltvariante“, sind also eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit. Meine Anmerkung: Hier gibt es einen Hinweis auf den richtigen Weg!
Seite 13/14 sagt alles über die Wechselwirkungen aus und wie gerne übermäßiger Personalabbau („Arbeitsverdichtung“) durch Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse „aufgefangen“ wird, wobei sich noch zusätzliches Geld in die Betriebskasse spülen lässt. Hiermit werden auch gewinnorientierte Betriebe angezogen!
Seite 16 geht auf die Wettbewerbsverzerrungen ein, auch auf die Verminderung von öffentlichen Aufträgen durch den Einsatz von Ein-Euro-Arbeitsverhältnissen. Herangezogen wird auch eine Untersuchung des Bundesrechnungshofes von 2006. Dieser hat festgestellt: „Bei fast einem Viertel der geprüften Maßnahmen mit Arbeitsgelegenheiten lagen die Förderungsvoraussetzungen nicht vor, bei weiteren knapp 50 Prozent der geprüften Fälle hatten die Grundsicherungsstellen keine verlässlichen Kenntnisse.“ Meine Anmerkung: Der Bundesrechnungshof selbst hat dies schärfer formuliert.
Seite 17: Rund 700.000 Arbeitsgelegenheiten sind zu schaffen, so der Sachverständigenrat für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Seite 18 stellt fest: Das Ein-Euro-Arbeitsverhältnis ist für die „schweren Fälle“ nicht anzuwenden, bei Jugendlichen haben gezielte Qualifizierung und psychosoziales Training Vorrang! Meine Anmerkung: Durch ungeeignete Ein-Euro-Jobs und andere Maßnahmen werden insbesondere Jugendliche aus der Leistung gedrängt!
Seite 21: Punkt 4.1 zeigt auf, dass die Statistik der Bundesanstalt für Arbeit unvollständig ist, weil die „optierenden Kommunen“ unvollständig oder gar keine Informationen liefern. Seite 23: Im Jahr 2005 wurden insgesamt 1.132.400 Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse begonnen! Seite 24: Laut BA-Statistik gab es 290.700 Ein-Euro-Jobs, nach der IAB-Erhebung 381.700. Meine Anmerkung: siehe 114. Bremer Montagsdemo.
Diese Differenz von 91.000 Köpfen fehlt in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit! Bei einer Zuweisung zu einem Ein-Euro-Arbeitsverhältnis wird dies im „Stammsatz“ vermerkt. Der Arbeitssuchende ist damit als Arbeitsloser verschwunden. Der Ein-Euro-Jobber taucht erst mit einer Extra-Erfassung wieder auf, und der unerledigte Stapel verschönt die Statistik!
Auf Seite 24 bis 26 wird aufgezeigt, dass Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse im Osten insbesondere gering bezahlte, aber reguläre Arbeitsverhältnisse verdrängen. Außerdem wird die prekäre Haushaltslage der Kommunen für den vermehrten Einsatz von Ein-Euro-Arbeitnehmern herangezogen, bei gleichzeitigen Personalabbau der öffentlichen Hand! Seite 27 benennt auch die gezielte Unterstützung durch finanzielle Entlastung von Betrieben durch Ein-Euro-Arbeitnehmer(innen).
Seite 40 und 41 zeigt die Zweifelhaftigkeit dieses Tuns auf. Meine Anmerkung: Auch hier wird festgestellt, dass die Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse zum Teil keine Fördervoraussetzungen erfüllen, damit sind dies reguläre Arbeitsverhältnisse.
Seite 54 nennt die Übernahmequote: Bei zwei Prozent heißt es „ja, fest beabsichtigt“, bei weiteren fünf Prozent „ja, wir denken darüber nach“. Für ausgelaufene Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse rückt nahtlos der oder die nächste Ein-Euro-Jobber(in) nach! Seite 57 besagt: Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse sind aus heutiger Sicht keine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt, sie dienen der Arbeitserprobung!
Auf Seite 62 erfährt man, dass unzulässige Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse kaum aufgedeckt werden, weil die regelmäßigen Kontakte fehlen. (Meine Anmerkung: Da können die Mitarbeiter(innen) selbst aktiv werden!) Es wird bedauert, dass die Wissenschaft beide Augen zudrückt, obwohl durch den Abbau der regulären Arbeitsverhältnisse und die Zunahme der Ein-Euro-Stellen die Kasse immer leerer wird! Meine Anmerkung: Die Bagis gibt ein Drittel der Mittel für Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse aus.
Alle Seiten diese Forschungsberichts und auch die hier nicht genannten sind sehr interessant. Insbesondere sollte der Ein-Euro-Job das letzte Mittel sein, vorher müssen alle anderen Möglichkeiten genutzt werden. Bereits Ende 2005 und 2006 hat der Bundesrechnungshof die Umsetzung von Hartz IV geprüft. Auf den Seiten des IAB steht auch eine Zusammenfassung. Demnach sind 40 Prozent aller Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse entweder nicht im öffentlichem Interesse oder nicht wettbewerbsneutral! Diese Ein-Euro-Arbeitsverhältnisse haben im Jahr 2005 1,1 Milliarden Euro gekostet. Außerdem gab es Mindereinnahmen und Mehrkosten für vernichtete Arbeitsplätze und durch Wettbewerbsbeeinträchtigungen.
In diesem Zusammenhang eine Vorankündigung: Am Freitag, dem 16. Februar 2007, findet in der Blauen Karawanserei, Am Speicher XI, eine öffentliche Verhandlung gegen das arbeitsmarktpolitische Instrument „Ein-Euro-Job“ statt. Betroffene Menschen können ihre Erfahrungen und Kenntnisse einbringen. Lebens- und Arbeitsbedingungen werden angeklagt, Verantwortliche gesucht und benannt. Gutachter stellen alternative Modelle zu Hartz IV vor, denn das Ziel der Verhandlung ist: Die Ein-Euro-Jobs werden gestrichen und duch armutsfeste sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze ersetzt! Kommt alle und nehmt am Tribunal teil!
4. Die „Gesundheitsreform“ ist einen Schritt weiter: Sie ist dabei, die Hartz-IV-Gesetze negativ zu überholen! Ein prominenter Politiker wurde bereits geopfert. Hätte Stoiber doch besser auf dieses Projekt geachtet!
Die Verlogenheit der beteiligten Politiker ergibt sich auch aus folgender Nebensächlichkeit, einer rundum positiven Sache: Es ist eine unabhängige Patientenberatung geschaffen wurden, finanziert durch die gesetzlichen Krankenkassen, Laufzeit bis 2010. Die Kosten betragen circa 5,1 Millionen Euro pro Jahr. Der Beitrag der privaren Krankenversicherung: null. Die Anlaufstelle in 28205 Bremen befindet sich in der Braunschweiger Straße 53, Telefon 0421-493 521.
1. Außenminister Steinmeier und die ehemaligen Minister Schily und Fischer sind dafür zuständig und verantwortlich, dass Murat Kurnaz vier Jahre in einer Gefangenschaft blieb, die sie hätten beenden können und müssen! Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Es ist Tatsache, dass Murat Kurnaz in Deutschland geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist, dass er perfekt deutsch spricht, dass er hier sein Zuhause hat. Er erfüllt also alle gewünschten Kriterien, die zu einem deutschen Staatsbürger gehören. In seinem Pass steht unter Staatsangehörigkeit allerdings: türkisch. Ein fataler Fehler, wie sich im Nachhinein herausstellen sollte!
Ein in Deutschland geborener und aufgewachsener Mensch ist für mich ein Deutscher – egal, was in seinem Pass steht. Gehen wir mal davon aus, es stimmt, dass Murat Kurnaz im Laufe seiner Pubertät mehr über eine Religion erfahren wollte. Volljährig geworden, macht er sich auf den Weg ins Ausland, wo er Antworten auf seine Fragen finden will. Das ist vielleicht naiv, aber sicher menschlich!
Wenn sich die vermuteten und unterstellten terroristischen Verbindungen als haltlos erweisen und er als unschuldig anzusehen ist, dann ist es die verdammte Pflicht des Staates, in dem er aufgewachsen ist, dafür zu sorgen, dass er so schnell wie möglich wieder nach Hause zurückkehren kann. Es ist nicht Aufgabe dieses Staates, das mit allen möglichen Mitteln zu verhindern!
Ich denke, den Politikern ist es mit Hilfe der willigen Medien wunderbar gelungen, eine Darstellung zu fabrizieren, die den unschuldigen Murat Kurnaz in der Öffentlichkeit in ein falsches Licht stellt. Das ist jetzt der nächste Akt in einer politischen Schmierentragödie, denn es lenkt vom offensichtlichen Fehlverhalten und der Schuld unserer unfähigen, unmenschlich agierenden Politiker ab!
Aber unsere Medien sind nicht besser! Warum übernehmen und verbreiten sie mit großen Überschriften kritiklos jeden Unsinn und jede Lüge dieser Volksverdummer? Unser „täglich-glücklich“-Blatt ist sich auch wieder mal nicht zu schade, sich dafür missbrauchen zu lassen: Es druckt seitenweise Leserbriefe ab, die Murat Kurnaz unterstellen, dass er schuld sei an den Unzulänglichkeiten unserer Volksvertreter.
Murat Kurnaz wurden nicht nur Jahre seines Lebens gestohlen, sein gesamtes Leben wurde nachhaltig beschädigt! Wenn sich nun alle an diesem unglaublichen Vorgang beteiligten Politiker einig sind, richtig gehandelt zu haben, dann sei ihnen mal bei ihrer Argumentation geholfen: Wir haben ein reines Gewissen – wir benutzen es nie!
2. Hurra, das kommunale „Kinder- und Jugendschutztelefon“ ist da! Dreieinhalb Monate nach Entdeckung des toten Kevin haben wir endlich das ersehnte Notfalltelefon für Kinder und Jugendliche, Nachbarn, Verwandte und Freunde. Ich habe schon fast nicht mehr daran geglaubt!
Dass es so lange dauerte, hat sicher ganz plausible Gründe: Es wurde auf eine kurze, leicht zu merkende Telefonnummer gewartet. Nun ist sie endlich da, schön knapp, nur sieben Ziffern: Wähle 6 99 11 33 auf dem Telefon, und du hast es schon! Wäre es nicht so unglaublich traurig, würde frau jetzt lachen.
Nun haben wir endlich dieses überfällige Telefon. In den Abend- und Nachtstunden und an Wochenenden ist es allerdings mit Mitarbeitern des Kinderschutzbundes besetzt, das Sozialressort deckt nur die Zeit zwischen 8 Uhr und 16:30 Uhr ab. Freuen wir uns also und sind wir dankbar, dass der Kinderschutzbund den Telefondienst für den großen Rest der Zeit übernimmt. Eine dicke Mogelpackung des Sozialressorts, um es freundlich auszudrücken!
Da waren aber noch andere „Verprech“ungen! Wie weit ist Herr Schuster mit den acht zusätzlichen, befristeten Teilzeitarbeitsstellen, die so fix angeboten wurden? Sind sie inzwischen besetzt? Ich habe nichts mehr davon gehört oder gelesen, was mich nachdenklich stimmt.
Frau Rosenkötter ist nun schon einige Monate im Amt, und ich sehe sie – genau wie ihre Vorgängerin – häufig im „täglich-glücklich“-Blatt abgebildet, zum Beispiel bei Eröffnungen von Ausstellungen, Überreichungen von Schecks dritter Personen, Vergabe von Urkunden oder auf Empfängen. Ich hoffe, sie ist nicht in der Ausführung ihrer täglichen sozialen Arbeit blockiert, weil sie erst die Ergebnisse der diversen Ausschüsse abwartet, bevor sie agiert oder wenigstens reagiert!
3. Es gibt wieder ein Wunder im Kulturressort: Herr Kastendiek hat Geld übrigbehalten, frau höre und staune! Es ist Geld, das er doch angeblich nicht hatte, um es rechtzeitig zu verteilen! Einer seiner Freunde erklärt dazu, dass es sich dabei „um den Ausdruck und das Ergebnis einer sorgfältigen Haushaltsführung“ handele. 1,2 Millionen Euro stammen aus dem „konsumtiven Bereich“. Die dazugehörenden Einrichtungen hätten diese Gelder längst haben müssen und sollen, um ihre Projekte zu sichern und durchführen zu können!
Auch die Mitarbeiter des Theaters hätten wohl nicht auf ihr Weihnachtsgeld „freiwillig“ verzichten müssen. Durch die senatorisch gewollte und inszenierte Unkerei von einer Insolvenz des Theaters musste es Einnahmeeinbußen hinnehmen. Inzwischen boomt das Bremer Theater wieder: Gute Inszenierungen lassen sich nicht schlecht- und wegreden. Sie bekommen sogar Auszeichnungen!
4. Die Bremer Straßenbahn AG lockt mit Kundengarantien: Sie garantiert eine gute Fahrt! Wie lustig, ich dachte bisher, gute Fahrt und guter Service seien bei einem Dienstleistungsunternehmen eine Selbstverständlichkeit! Aber dass Pünktlichkeit und Anschluss erst noch „garantiert“ werden müssen, verwundert mich doch.
Die Reinigungsgarantie für verschmutzte Kleidung ist doch nicht im Zusammenhang mit dem Ausschank von Kaffee in der Bahn zu sehen, oder? Gab es da schon ein Malheur? Bei der Anschlussgarantie ist noch das ganz, ganz klein Gedruckte zu lesen: Sie gilt zu bestimmten Zeiten auf vielen Linien der BSAG.
Die BSAG hat in letzter Zeit ein Händchen für merkwürdige Werbung von Selbstverständlichkeiten! Die Nachtfahrzeuge, für die es eine enorme Fahrpreiserhöhung gab, sollen doch wohl hauptsächlich junge Menschen gut und sicher nach Hause bringen, und da ist die überzogene Erhöhung wohl reichlich unangebracht.
Eine Selbstverständlichkeit wäre für mich allerdings auch endlich die Einrichtung einer Sozialkarte für all die Menschen in Bremen, die sich eine „normale“ Monatskarte nicht mehr leisten können. Schließlich sind die Fahrpreise sehr hoch, und damit lässt sich einiges finanzieren! Dann kann die BSAG damit werben, dass sie garantiert alle Personen befördert, auch Menschen, die von Staats wegen verarmt wurden.
5. „Der Landkreis verliert die Geduld“: Allein die Formulierung ist eine Zumutung und geht an der schaurigen Wirklichkeit total vorbei. Das „täglich-glücklich“-Blatt ist sich tatsächlich für keine noch so unpassende und sinnentstellende Überschrift zu schade!
Hätte die Überschrift geheißen: „Landkreis verliert die Geduld und Rüdiger S. dadurch womöglich sein Leben“, dann kämen wir der Wahrheit sehr viel näher und wüssten auch gleich, worum es geht. Im Untertitel wird Rüdiger S. „Hartz-IV-Protestierer“ genannt. Ich würde in ihm eher ein mutiges Hartz-IV-Opfer sehen!
Der Mitarbeiterin und Verfasserin des Artikels können wir im freundlichsten Fall eine umfassende Ahnungslosigkeit unterstellen. Diese Art von Berichterstattung sollte unter dem Niveau einer Tageszeitung angesiedelt sein! Ein Rückgang von Abonnenten lässt sich mit solchen und ähnlichen angepassten und unkritischen Artikeln oder Berichten erklären. Dazu kommen aber wohl auch die gekündigten Abonnements der vielen Menschen, die sich eine Tageszeitung finanziell nicht mehr leisten können – Menschen wie Rüdiger S.
Der frühere Staatsrat Knigge aus dem Sozialressort geht übrigens nach Serbien, als Projektleiter für die Arbeitsmarktreform des Landes. Ich hoffe, ich habe das richtig verstanden: Nicht, dass damit gemeint ist, er erledigt das von Bremen aus! Was gibt es noch, von dem Herr Knigge nichts versteht und was er machen könnte?
Peter Hartz ist frei – aber Kurt Kleffel, Moderator der Montagsdemo Hannover, soll in den Knast, weil er sich weigert, das Mikrofon abzudrehen! Die Bundesweite Montagsdemo fordert, dass die Geldbuße von Peter Hartz an die Montagsdemos geht, denn wir sind das soziale Gewissen in Deutschland!
Es wird ja immer so getan, als ob die ganzen Grausamkeiten notwendig wären, weil kein Geld da sei. Dazu ein paar Fakten: Der Gewinn der Deutschen Bank stieg im vergangenen Jahr auf über acht Milliarden Euro, sechs Milliarden nach Steuern, und die Dividende kletterte um 60 Prozent! Exxon, Mutterkonzern der deutschen Esso, macht den höchsten Profit aller Zeiten: 39,5 Milliarden US-Dollar! Bei Shell sind es immerhin noch 25,4 Milliarden.
Die 35 größten deutschen Monopole besitzen sechs Billionen Euro an Vermögen, ihr Profit im vergangenen Jahr beträgt 57 Milliarden! Das ist mehr als alle Ausgaben der Agentur für Arbeit zusammengenommen – und etwa doppelt so viel, wie für ALG I und II ausgegeben wird! So wäre eine Sozialsteuer in Höhe von sechs Prozent des Umsatzes leicht finanzierbar, um alle Sozialabgaben (Krankenkasse, Renten- und Arbeitslosenversicherung) vollständig zu bezahlen, ebenso ein Arbeitslosengeld I für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit!
Die Handwerkskammer fordert inzwischen die Abschaffung der Ein-Euro-Jobs, weil damit reguläre Arbeitsplätze abgebaut werden. Die gesamte Politik der Bundesregierung schafft keine Arbeitsplätze, sondern verarmt die Bevölkerung und macht die Reichen noch reicher! Aber das hat auch ein Gutes: Die Illusionen in diesen Staat und dieses System schwinden!
Letzte Woche gingen die Protestaktionen gegen die Rente mit 67 weiter, und zunehmend fordern die Kollegen: Wir brauchen das Recht auf Generalstreik, um gegen die ganzen Machenschaften vorzugehen! Wenn ein Großteil der Beschäftigten sich dieses Recht nimmt und wir sie dabei unterstützen – wer will uns dann noch aufhalten?
Bei der Montagsaktion gegen die Sozialgesetze (Hartz IV) am 5. Februar 2007 in Hannover kam es zu einem rüden Polizeiübergriff gegen die gesamte Kundgebung und einzelne Teilnehmer. Zu Beginn um 18 Uhr wurde der Anmelder der Kundgebung vom Einsatzleiter der Polizei belehrt, ihre Auflage einzuhalten, die Lautsprecheranlage erst ab einer Teilnehmerzahl von 50 Personen zu benutzen. Der Anmelder wies auf die Aussage des Dezernatsleiters Wangemann vom Polizeipräsidium („Kooperationsgespräch“ am 25. Januar 2007) hin, dass die Beamten „bei der Auslegung nicht kleinlich sein würden“, worauf der Einsatzleiter Friedrichs sagte, es dürften nur nicht „weit unter 50 Personen“ sein.
Daraufhin begann der Moderator ohne Lautsprecher mit der Kundgebung, worauf sich schnell circa 45 Teilnehmer einfanden. Als das erreicht war, schalteten wir den Lautsprecher ein. Sofort schritt die Einsatzleitung ein und behauptete, ihre Zählung hätte nur 31 Personen ergeben, verbunden mit der Anweisung, den Lautsprecher auszuschalten. Dem leisteten wir unter Protest Folge. Im weiteren Verlauf der Kundgebung ohne Lautsprecher erhöhte sich die Zuhörerzahl auf mehr als 100, und es entwickelte sich eine große Empörung der Passanten und Teilnehmer. Die Lautsprecheranlage wurde wieder eingeschaltet, um diesen skandalösen Vorgang bekannt zu machen.
Die Polizei verweigerte eine neue Zählung und ging sofort unter Einsatz völlig unverhältnismäßiger körperlicher Gewalt gegen die Teilnehmer vor, beschlagnahmte den Lautsprecherwagen und setzte dessen Abtransport gegen die Teilnehmer durch. In diesem Verlauf wurden mehrere Teilnehmer körperlich bedrängt, einer sogar im Polizeigriff gewürgt und in Handschellen gelegt. Anschließend wurden weitere drei Personen festgenommen und auf das naheliegende Innenstadt-Revier Herrschelstraße gebracht.
Auf dem Revier musste sich eine Festgenommene bis auf die Unterwäsche entkleiden, um „nach Waffen“ durchsucht zu werden. Ein weiterer wurde erkennungsdienstlich behandelt und drei Stunden im Polizeipräsidium festgehalten. Gegen mindestens drei wird wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ strafrechtlich ermittelt. Der Anmelder bekam die nunmehr dritte Strafanzeige wegen „Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz“!
Dieser Polizeieinsatz ist eine skandalöse Kriminalisierung der Proteste gegen die Hartz-Gesetze. Er richtet sich gegen den gesamten sozialen Protest in diesem Land. Wir fordern Freispruch beziehungsweise Einstellung der Verfahren für alle verfolgten Teilnehmer sowie uneingeschränkte Nutzung des Lautsprechers zur freien Meinungsäußerung!
Die 120. Montagsdemo in Bremen am 5. Februar 2007 um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz verlief völlig unspektakulär. Von zuerst nur 15 Mitstreitern konnten wir uns auf knapp über 30 Teilnehmer und Zuhörer steigern. Wir machten eine kleine Demo durch die Einkaufsmeile Obernstraße zur zweiten Kundgebung am Hanseatenhof.
Empört sind wir nach wie vor über den Skandal-Deal um Peter Hartz. Seine 44 Veruntreuungen und Verleitungen zu Lustreisen et cetera sind der Justiz nur eine vergleichsweise niedrige Geldstrafe wert, die er mit Leichtigkeit aus seiner Abfindung bezahlen kann. Hinter dem Urteil stehen die Großkonzerne VW und Deutsche Bank, die nicht durch zu kräftiges „Aufrühren“ ihrer Machenschaften an ihrem Ruf leiden wollen. Dem beugt sich natürlich die willfährige Justiz, eben Klassenjustiz!
Der Politik um Murat Kurnaz und die Beteiligung der Bremer Behörden wie auch Aussagen der hiesigen Ausschüsse zum Klinik-Skandal und zum „Kindeswohl“ sind immer wieder eine Betrachtung und Kommentierung wert. Wir bleiben offen für alle Informationen und bringen alles zu Gehör, was unseren Widerstand gegen die Regierungspolitik stärkt!
Weitere Termine: Am 8. Februar 2007 findet um 20 Uhr im „Paradox“ (Bernhardstraße 12) eine Aktionsbesprechung zum G8-Gipfel in Heiligendamm statt. Ebenfalls im „Paradox“ ist am 13. Februar 2007 um 20 Uhr ein Aktionstreffen zum EU-Außenministertreffen am 30./31. März in Bremen.
Am 9. Februar 2007 kommt Frau Merkel mittags zur „Schaffermahlzeit“. Am 10. Februar tanzt der „Samba-Karneval“ in Bremen, und am 17. Februar ist Karneval in Braunschweig, zu dem uns die dortige Montagsdemo herzlich einlädt, denn ihr Motto für den Umzug durch die „Stadt der Forschung“ lautet: „Die Wissenschaft hat festgestellt, dass Hartz IV Protest enthält!“
Am kommenden Montag, dem 12. Februar, werden Kolleg(inn)en aus Bremen nach Hannover fahren, um die dortige Montagsdemo zu unterstützen. Wer mitfahren will, kann sich bei mir melden (Telefon 0421-705 687). Der brutale Polizeiübergriff erfordert breiteste Solidarität aller demokratisch gesinnten und sozial engagierten Menschen!