755. Bremer Montagsdemo
am 06. 11. 2023  I◄◄  ►►I

 

Schaut euch beide Seiten an

Gerolf D. BrettschneiderAnnalena Baerbock hat sich in einer Abstimmung bei den Vereinten Nationen zum Gazakrieg der Stimme enthalten und damit zwei Dinge zugleich gesagt: Sie kann einer Resolution nicht zustimmen, die nicht die Kriegsschuldfrage beantwortet, obwohl das möglich ist – Israel wurde Ziel eines entsetzlichen, aus dem Gazastreifen heraus geführten Terroranschlags mit vierstelliger Opferzahl und hat das Recht zur Selbstverteidigung. Sie kann diese Resolution aber auch nicht ablehnen, weil darin ja etwas Richtiges und Notwendiges enthalten ist – die Forderung nach sofortiger Waffenruhe und Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung. „Schaut euch beide Seiten an“ ist die Botschaft der Außenministerin. Sie muss jetzt nicht zurücktreten, bloß weil das lauwarm rüberkam; doch zum schwierigen Thema die bessere Rede gehalten und sich damit als Kanzlerkandidat empfohlen hat Robert Habeck.

Im Vorgehen der israelischen Regierung sehe ich die in einem übertragenen Sinne stalinistische, in guter Absicht betriebene staatliche Gewaltmaßnahme, die Opfer in Kauf nimmt. Die Tausenden von Frauen und Kindern in Gaza wurden nicht mit Vorsatz getötet, und nur dann ließe sich von Mord, gar Völkermord sprechen. Sie wurden mit Flugblättern zur Flucht aufgefordert und sind geblieben – wohl weil sie die Männer, die Raketen gen Israel hinter der Mauer abfeuern und denen die notwendige Gegenwehr gilt, als liebende Gatten und Väter kannten; sie fühlten sich nicht unbedingt als Geiseln von Terroristen. Nicht der Aufbau des Sozialismus ist nun das hehre Ziel der israelischen Gewaltmaßnahme, sondern der Erhalt des bürgerlich-demokratischen Rechtsstaates, der die Juden schützt. Dazu muss er sich das bedrohliche faschistische Terrornest einverleiben. Natürlich muss er auch die Palästinenser schützen und sie, wenn ihnen kein Land verbleibt, zu gleichberechtigten Staatsbürgern erheben und die Selbstbestimmung mit ihnen teilen. Das Gewaltmonopol muss beim Staat liegen. Nicht nur der Gazastreifen muss entwaffnet werden; im Westjordanland müssen auch die jüdischen Siedler ihre Waffen abgeben.

Mit ihrem Blutbad vom 7. Oktober 2023 hat die islamistische Ter­ror-Or­ga­ni­sa­tion Hamas ihre Menschenfeindlichkeit, ihren Faschismus unter Beweis gestellt. Aber auch Parlamentarier, die Netanjahus Regierung stützen, äußern sich in entmenschlichender Weise. Galit Distel Atbaryan sagte: „Löscht ganz Gaza vom Angesicht der Erde, damit die gazanischen Monster zum südlichen Zaun fliehen und versuchen, ägyptisches Gebiet zu betreten, oder sterben, und ihr Tod wird entsetzlich sein! Gaza sollte ausgelöscht werden.“ Hat „Bibi“, indem er solche Faschisten an Schaltstellen installierte, bereits ein faschistisches Regime erschaffen? UN-Menschenrechtler nennen die israelischen Angriffe auf Gaza unverhältnismäßig und drücken die Sorge aus, sie könnten sich zu Kriegsverbrechen auswachsen und eine hu­ma­ni­tä­re Kri­se verursachen. Eine Eva­ku­ierung ohne Möglichkeit der Rückkehr würde zur ethnischen Säuberung, wie kürzlich in Bergkarabach geschehen.

Faschistisch nenne ich eine Gewaltmaßnahme oder -aktion, wenn in Ver­nich­tungs-, Vertreibungs- und Eroberungswillen, sogar Blutrausch das Ziel gerade darin besteht, möglichst viele Opfer zu machen. Ich meine und hoffe, das ist seitens Israels nicht der Fall. Gute und böse Absicht zu unterscheiden erweckt keine Toten zum Leben, ist aber derzeit maßgebend bei den Bemühungen des US-amerikanischen Sonderstaatsanwalts Jack Smith, zuvor Ankläger von Kriegsverbrechern, dem Ex-Präsidenten Straftaten und Verfassungsbruch nachzuweisen: Hat Donald Trump wirklich ganz doll daran geglaubt, ihm sei 2020 der verdiente Wahlsieg gestohlen worden, hatten die Stürmer des Kapitols Grund zu solcher Sorge? Die israelische Regierung muss den Palästinensern glaubwürdig Grund zur Hoffnung geben, eine menschenwürdige Lösung für sie ausarbeiten, Soforthilfe und Wiederaufbau ermöglichen. Nur so wird sie den harten Übergriff ihrer Staatsgewalt rechtfertigen können.

Die Zwei-Staaten-Lösung ist keine, die Hoffnung wecken kann. Wie soll eine Volkswirtschaft ohne größere, zusammenhängende Landfläche lebensfähig sein? Schon das Versprechen von Selbstbestimmung ist trügerisch: 16 Jahre lang gab es keine Wahlen im Gazastreifen, Hilfsgelder für eine Entsalzungsanlage wurden für Waffenkäufe verwendet, die Herrschaft rissen Verbrecher an sich. Auch die Deutschen konnten die Herrschaft der Faschisten nicht selber abschütteln, sondern mussten befreit und entnazifiziert werden, unter Besatzung durch Stalin und die Alliierten. Stalin verkörpert für mich die notwendige Gegenkraft gegen den Faschismus. Stalinistisch nenne ich die Entschlossenheit, auch einen schwere Opfer fordernden Abwehrkrieg gegen den Faschismus aufzunehmen, um eine bessere, menschenwürdigere Zukunft zu verwirklichen, wie in der Charta der Vereinten Nationen entworfen, deren Präambel Stalin mitformuliert haben dürfte.

Was verkörpert Netanjahu? Erst hat er nationalistische Siedler mit historisch-biblischen Ansprüchen auf palästinensisches Gebiet gewähren lassen, um Wahlstimmen der Strenggläubigen zu gewinnen. Dann hat er, vergrätzt über Korruptionsverfahren gegen ihn, die Verfassungsgerichtsbarkeit beschnitten. Jetzt bibbert „Bibi“ im Bunker und befiehlt den Militäreinsatz, denn der faschistische Angriff erfordert die stalinistische Abwehr: Panzer müssen rollen. Doch welche der von ihm beförderten Generäle haben die Opfermaximierung im Sinn? Pflichtvergessen war er eben noch so schön dabei, Rechtsstaat und Demokratie zu schleifen – nun muss er sie retten und erneuern als die gegenüber den Nachbarländern höher entwickelte Staatsform, in der Menschenrechte und Bürgerrechte gelten. Das ist die historische Aufgabe in seinem Amt. Die Welt schaut genauer hin, als es früher möglich war. Möge es keine Satellitenfotos von Todesmärschen in die Wüste geben.

Es ist die Ein-Staat-Lösung, die Sicherheit, Wohlstand und Gleichberechtigung für die Palästinenser verspricht. Nach der allgemeinen Entwaffnung werden Versöhnungswillen und Vertrauen wachsen. Es wird Zeit, nachzudenken über eine Verfassungsreform und darüber, ob auf der Staatsflagge neben dem Davidstern auch Platz für eine Mondsichel ist. Innerhalb des größeren Staates werden die Palästinenser ihre Siedlungsgebiete selbst verwalten können. Wie in Großbritannien, wo Waliser und Schotten erst vor einigen Jahren eigene Parlamente bekommen haben. Wie im glücklichen Belgien, wo Flamen und Wallonen nicht im Traum auf den Gedanken kämen, ihre kleinen Konflikte durch wechselseitigen Raketenbeschuss auszutragen. Wie in Deutschland, wo zwischen Bremen und Bremerhaven nur die Entfernung an sich die wirtschaftlichen und menschlichen Beziehungen behindert: Beim Übertritt ins niedersächsische Umland bemerkt oder ignoriert man bloß ein Schild am Straßenrand, eine Naht in der Asphaltdecke.

Das Vorgehen der israelischen Armee scheint unnötig hart zu sein. Aber ich meine, es drückt kleinbürgerlichen Pazifismus aus, sich der Einsicht Stalins zu verschließen, dass ein faschistischer Angriff auf ein Land mit Waffengewalt abgewehrt werden muss. Das ist mir schon beim Überfall auf die Ukraine aufgestoßen und bildet den Kern meiner Kritik an der Kriegstheorie der Marxisten-Leninisten. Vor unbequemen Aussagen zurückzuzucken, die in Widerspruch zu Forderungen der alten Friedensbewegung stehen, stellt das bequemere Werben für die Partei in den Vordergrund. Der Sozialismus kommt später doch. Der weltweite gesellschaftliche Umschwung wird vorangetrieben durch eine menschengemachte, aber nichtmenschliche Kraft, die Marx, Lenin und Stalin nicht vorausgesehen haben: das Umschwungsklima. Ein unerwarteter Wirbelsturm hat kürzlich Acapulco zerstört.

Gerolf D. Brettschneider (parteilos, Webmaster Bremer Montagsdemo)
 
„Jews demand ceasefire now“: „End Israel’s genocidal bombardment
of Palestinian civilians in Gaza!“ („Raw Story“)
 
Bremen löscht Link zum „Friedensforum“: „Formulierungen, die den Staat Israel, israelische Staatsbürger und Jüdinnen und Juden diffamieren“ („Nachdenkseiten“)

 

Wir unterstützen Greta Thunbergs Forderung nach Gerechtigkeit für Palästina

Harald BraunSolidarität mit Greta Thunberg gegen die Medienhetze und Schluss mit dem Spaltungsversuch gegenüber der weltweiten Jugend-Umweltbewegung „Fridays for Future“! Hoch die internationale So­li­da­ri­tät!

Die Auseinandersetzung um die Zuspitzung im Nahen Osten ist auch zu einer wesentlichen Frage der Umweltbewegung geworden. Unter anderem „Merkur“ titelte am 27. Oktober 2023: „Gre­tas Kli­ma­ret­ter hart auf Ha­mas-Kurs“. Die Grünen und auch „Fridays for Future Deutschland“ distanzieren sich von Greta Thunberg.

Josef Schuster, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, forderte am gleichen Tag sogar, dass „Fridays for Future Deutschland“ sich „umbenennen“ solle. Das ist nichts weniger als ein Aufruf zur Spaltung der weltweiten Jugendumweltbewegung! Warum distanziert sich Luisa Neubauer – das deutsche „Gesicht“ von FFF – in dieser Situation ausgerechnet von Greta Thunberg, anstatt solche Spaltungsversuche zurückzuweisen?

Greta Thunberg, das Vorbild für viele Jugendliche und Kinder, soll als Hamas-Unterstützerin oder Verharmloserin faschistischen Terrors demontiert werden. Sie sagt selber: „Es versteht sich von selbst – so dachte ich zumindest – dass ich gegen die schrecklichen Angriffe der Hamas bin. Wie ich schon sagte, die Welt muss ihre Stimme erheben und einen sofortigen Waffenstillstand, Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser und alle betroffenen Zivilisten fordern.“

Wir unterstützen die Forderung Gretas nach Gerechtigkeit für Palästina ausdrücklich! Den zweifellos barbarischen Terror der religiös-faschistischen Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung verurteilen wir scharf. Das rechtfertigt aber keine Massenbombardierung der gesamten palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen! Wir kritisieren, dass jegliche Kritik an Israels jahrzehntelanger Unterdrückung der Palästinenser als Antisemitismus verleumdet wird.

Diese Auseinandersetzung klärt auch die Fronten in dieser wichtigen Auseinandersetzung in der Umweltbewegung. Hoch die internationale Solidarität! Für die Vereinigung der Arbeiter-, Umwelt- und Friedensbewegung auch in Israel und Palästina! Sofortiger Stopp des Krieges!

Presseerklärung der „Umweltgewerkschaft“, vorgetragen von Harald Braun

 

Nahostkonflikt und Gazastreifen

Tausende Opfer machen noch keinen Völkermord. Das klingt zynisch, brutal und grausam, ist aber richtig. Ich habe mich auf der Marineunteroffiziersschule zwei Mal – Maatenlehrgang und später Bootsmannslehrgang – mit dem Kriegs­völ­ker­recht befassen dürfen. Gegnerische Stellungen, gegnerisches Personal, gegnerische Waffen und Infrastruktur wie Straßen, Bahnlinien, Bahnhöfe, Flugplätze, Brücken, Häfen, Handelsschiffe sind legitime Kriegsziele. Getötete Zivilisten, die sich in der Nähe von Kriegszielen aufgehalten haben, sind legitime Kol­la­te­ral­schä­den; vergleiche die völlig zerstörten Bremer Stadtteile Walle und Gröpelingen im Zweiten Weltkrieg. Die alliierten Bomberflotten haben kriegs­völ­ker­recht­lich keinen Völkermord betrieben, sondern den Hafen zerstört.

Frank KleinschmidtAus meinem väterlichen Familienteil ist nur meine Großmutter mit meinem Vater dem „Danziger Kessel“ entkommen. Der jüngere Bruder meines Großvaters war zu der Zeit als kriegsversehrter einäugiger und einarmiger Zivilist Kollateralschaden.

Das Kriegsvölkerrecht ist und bleibt grausam. Ich habe nie verstanden, wieso in einigen Fällen unter anderem das „Friedensforum“ auf das Kriegsvölkerrecht pocht, denn wenn das Kriegsvölkerrecht angewandt werden muss, ist es zu spät. Dann hat die Politik versagt. Dann wird die Politik mit anderen Mitteln fortgesetzt. Aber auch den Clausewitz haben sie in Kenntnisnahme und Beachtung abgelehnt, was ich auch immer als weltfremd eingestuft habe, denn es gilt doch, die „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“ zu vermeiden.

Zur Forderung oder eigentlich eher zum frommen Wunsch nach einer Waffenruhe: Ich weiß ich jetzt nicht, was eine Waffenruhe ist. Falls jedoch damit ein Waffenstillstand gemeint ist, kann er nur bilateral zwischen den kriegführenden Parteien vereinbart werden. Mit wem soll Israel einen Waffenstillstand vereinbaren? Mit der Hamas als Zweig der islamistischen Muslimbruderschaft? Mit einer fanatischen, radikalen, fundamentalreligiösen Terrororganisation, vergleichsweise dem „Islamischen Staat“? Falls mit „Waffenruhe“ gemeint sein sollte, dass Israel einseitig das Schießen einstellt, sehe ich dies als Wunsch an, der nicht nur fromm, sondern auch weltfremd ist.

Das Thema Nahostkonflikt war mir immer zu heiß. Da habe ich mich immer herausgehalten. Wenn in seltenen Fällen auf der Montagsdemo irgendein Redner Nahost, Israel, Palästinenser zur Sprache brachte, bin ich immer abseits gegangen, als mein Hauptbeweggrund noch Hartz IV mit den damit zusammenhängenden Mietobergrenzen, Sanktionen und Ein-Euro-Jobs war. Das waren meine Spezialgebiete, in denen ich etwas Konkretes bewirken konnte. Von „Nahost“ hatte ich keine Ahnung, kann bis heute nichts Konkretes bewirken, und „Gotteseidank“ haben den durchgestrichenen Davidstern unseres „Künstlers“ keine aufgeheizten Palästinenser wahrgenommen.

Seit meiner Kindheitswahrnehmung beginnen Nachrichtensprecher so manche Meldung mit dem Satz: „Bei den gestrigen Auseinandersetzungen im Gazastreifen...“ Es ist einfach unfassbar, wie lange diese Konflikte schon kochen. Mittlerweile habe ich mir einige Kenntnisse angelesen, unter anderem die Bücher von Michael Lüders oder „Breaking the Silence“, was mich nicht unbedingt zum Experten macht, mir jedoch einen Überblick über die Fraktionen verschafft, die sich dort gegenseitig die Köpfe einhauen. Es gab mal eine Zeit, in der diese Gebiete Bestandteile des Osmanischen Reiches waren. Von einer Multikulti-Gesellschaft konnte zwar nicht die Rede sein, die verschiedenen Ethnien und Religionen blieben unter sich und koexistierten, ohne sich gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Das wäre doch schon mal was.

Die Palästinenser zu Staatsbürgern Israels machen und ihnen lokale Autonomien und Verwaltung ihrer Gebiet überlassen: prima Idee, seit über 50 Jahren überfällig. Das ist möglich, das muss man nur wollen. Jedoch gibt es in den Schaltstellen und Führungsebenen der Fraktionen, die an lukrativen Posten und Geschäftsinteressen hängen, mit politischen Einflüssen und mitunter radikalreligiösen Anhängerschaften, allzu geringes Interesse an friedlicher Koexistenz.

Ich werde mich also diesmal wieder heraushalten, denn ich kann nichts Konkretes bewirken, und es fällt mir im Traum nicht ein, für irgendjemanden Partei zu ergreifen. Auch den „Fridays For Future“, die sich gerade wieder einmal in dieser Thematik verrennen, sei angeraten, sich herauszuhalten. Das ist nicht euer Thema. Ihr könnt nichts Konkretes bewirken. Energiewende, Verkehrswende sind unter anderem die Themen, mit denen ihr Konkretes bewirken könnt. Wir brauchen euch, und es wäre schade, wenn ihr euch „wegen Nahost“ zerschlagen lasst.

Israelhass geht gar nicht, absolutes No-Go. „Der Judenstaat“ von Theodor Herzl habe ich auch gelesen. Die Idee des modernen Israel ist Ende des 19. Jahrhunderts als Resultat Jahrtausende währender Vorurteile, Diskriminierungen, Gettoisierungen, Entrechtungen und Pogromen an Juden in Europa entstanden und die Staatsgründung Israels 1948 vor allem eine Frucht Überlebender aus der Asche des Holocaust. – Greta Thunberg ist jung und Schwedin. Für mich als deutscher Kriegsenkel und Erbe der Völkermordverbrechen meiner Großeltern- und Elterngeneration ist das Existenzrecht Israels, das seit seiner Gründung in fünf nacheinander folgenden Kriegen von vereinigten arabischen Nachbarstaaten angegriffen wurde, jedoch unmissverständlich unantastbar.

Frank Kleinschmidt (parteilos)

 

 

Der Krieg in Palästina geht nicht nur um Gaza

Wolfgang LangeUnser aller Mitgefühl gilt ganz sicher den An­ge­hö­ri­gen der beim Massaker der faschistischen Hamas am 7. Oktober 2023 Ermordeten. Viele davon waren Jugendliche – etliche davon waren auf einem Festival und waren erklärte Netanjahu-Gegner! Sie wurden brutal und grausam hingemetzelt. Das ist faschistischer Terror, der durch nichts zu rechtfertigen ist.

Unser Mitgefühl gilt aber auch den inzwischen mehr als10.000 Toten durch den Bombenterror und die Bodenoffensive der israelischen Armee, davon circa zwei Drittel Frauen und Kinder! Das hat nichts mehr mit „Bestrafung der Täter“ zu tun. Israels Vorgehen richtet sich nicht gegen die Hamas in erster Linie, sondern das palästinensische Volk. Der Plan ist, Gaza vollständig Israel einzuverleiben und die über zwei Millionen dort lebenden Palästinenser umzubringen oder zu vertreiben.

Ein dokumentierter Plan dafür liegt vor, was selbst von Netanjahu nicht bestritten wird: In Stufe 1 werden die Bewohner von Gaza in den Süden vertrieben. Das ist inzwischen erfolgt. Israels Regierung feiert die Teilung Gazas in Nord und Süd bei gleichzeitigem Dauerbeschuss. Auch im Süden werden die Menschen angegriffen. Stufe 2: Die Palästinenser, die den Terror überlebt haben, werden in die Wüste Sinai in Zeltstädte vertrieben, wo sie keine Überlebenschancen haben, oder sie sollen ganz fliehen – ganz Israel soll „palästinenserfrei“ werden.

Netanjahu lamentierte, dass sein Geheimdienst nicht vor dem Terroranschlag der Hamas gewarnt habe. Das ist sehr unglaubwürdig. Vielleicht war es vielmehr so, dass dieses Massaker ihm gerade recht kam, um seine imperialistischen Eroberungspläne in die Tat umzusetzen – und nicht zuletzt, um den wachsenden Widerstand der eigenen Bevölkerung gegen seine zunehmend faschistische Politik zu brechen. Das wäre nicht das erste Mal in der Geschichte: Ich denke nur an die US-Pläne für den Afghanistan-Krieg, die schon vor dem 11. September 2001 in der Schublade bereitlagen.

Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf! Ich protestiere gegen die Kriminalisierung der Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf. Diese Solidarität hat nichts mit Antisemitismus zu tun!

Am Mittwoch jährt sich zum 85. Mal die Reichspogromnacht. Auch dieser und der Millionen ermordeter Juden gedenken wir heute. Die Lehre daraus muss sein: Faschismus und Rassismus in jeglicher Form muss bekämpft werden – auch der von Netanjahu und seiner Regierung. Das sehen übrigens auch Millionen Israelis so. Bis zum 7. Oktober waren jede Woche Hunderttausende gegen die Regierung in Israel und die Faschisierung des Staatsapparats auf der Straße. Das wird jetzt durch Kriegsrecht unterdrückt. Solidarität deshalb auch mit der antifaschistischen demokratischen Bewegung in Israel!

Seit 1948 wurden 700.000 Palästinenser vertrieben. Es gab es eine ständige Vergrößerung Israels auf Kosten Palästinas. Inzwischen ist Israel ein neuimperialistisches Land. Längst geht es nicht mehr „nur“ um einen Gaza-Krieg: Alle Imperialisten bereiten den Dritten Weltkrieg vor. Der Krieg in Palästina geht nicht nur um Gaza. Ein atomwaffenfähiges U-Boot sowie Flugzeugträger der USA sind inzwischen eingetroffen. Wirtschaftsminister Habeck bringt einen Bundeswehreinsatz an der Seite Israels ins Spiel und spricht offen von Weltkrieg, Kriegsminister Pistorius fordert die „Kriegsfähigkeit“ Deutschlands.

Ein konkretes Ziel Israels und seiner Verbündeten sind auch die 28,5 Milliarden Kubikmeter Gasvorkommen vor Gaza – das will Israel für sich. Der Ukrainekrieg und die Gasverknappung haben diese Begehrlichkeit noch verstärkt. Auf der anderen Seite steht der faschistische Iran, ebenfalls eine neuimperialistische Macht, im Bündnis mit dem sozialimperialistischen China und dem neuimperialistischen Russland.

Es ist absolut keine Lösung, sich auf eine dieser Seiten zu stellen. Die Perspektive kann nur die revolutionäre Überwindung des Imperialismus, die Erkämpfung des Sozialismus sein.

Wir verurteilen genauso den Terror der faschistischen Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung und den Bombenterror der israelischen Regierung. Unter der Führung von Hamas oder dem „Islamischen Dschihad“ wird es keine Befreiung, sondern faschistische Unterdrückung geben, wo Frauen, die kein Kopftuch tragen, ausgepeitscht oder getötet werden, wo Folter und brutalste Unterdrückung herrschen.

Das ist die blutige Lehre aus dem Iran, wo fortschrittliche Kräfte dem verhängnisvollen Irrtum unterlagen, sie könnten mit Khomeini und seinen Mullahs gemeinsam gegen den Imperialismus und das Schah-Regime kämpfen. Tausende bezahlten dafür mit dem Leben, und heute hat der Iran eines der fürchterlichsten faschistischen Regime. Damals wurde von den USA mit Hilfe der CIA der Sturz des Schahs gefördert, um die islamistischen Geistlichen an die Macht zu bringen – und um die sozialistische Revolution zu verhindern! Davon hat das israelische Regime gelernt: Nachweislich hat Israels Regierung mitgewirkt an der Gründung von Hamas, ebenfalls um eine sozialistische Entwicklung zu verhindern.

Ich kritisiere daher aufs Schärfste, dass es „linke“ Organisationen in Deutschland gibt, die mit Hamas und anderen islamistischen Organisationen sympathisieren. Diese „Querfront“ dient einzig und allein den Faschisten! Und ich kritisiere aufs Schärfste die deutsche Regierung: Sie stellt sich voll und ganz auf die Seite Israels und unterdrückt die Solidarität mit dem palästinensischen Befreiungskampf. Außenministerin Baerbock hat sich in der UN-Vollversammlung gegen die von 120 Staaten erhobene Forderung nach sofortiger Waffenruhe gestellt. Deshalb: Rücktritt von Baerbock!

Stoppt die Bodenoffensive und Vertreibungen! Waffenstillstand sofort! Rück­zug aller Truppen, auch des atomwaffenfähigen US-U-Bootes und der Flug­zeug­trä­ger! Freiheit für Palästina! Reden erst die Völker selber, werden sie schnell einig sein!

Wolfgang Lange (MLPD, Moderator Bremer Montagsdemo)
 
Die MLPD lädt ein zur VeranstaltungDie globale Umweltkatastrophe hat begonnen!“ am Freitag, dem 10. November 2023, um 19 Uhr (Einlass 18.30 Uhr) im „Roten Atelier“ im „Kunz“, Sedanstraße 12. Reinhard Funk, Mitglied des Zentralkomitees, wird das Buch mit diesem Titel vorstellen. Anschließend findet eine Diskussion dazu statt.
 
MLPD und „Rebell“ laden herzlich ein zur Eröffnung des „Roten Ateliers“. Der neue Raum befindet sich im Souterrain des KulturzentrumsKunz“ in der Neustadt, Sedanstraße 12. Wir sind gerade fleißig am Streichen, Renovieren und Einrichten für das Eröffnungsfest am 3. Dezember 2023 ab 15 Uhr. Wir laden ein zum Kennenlernen, gemütlichen Zusammensein und Austauschen! Passend zum 1. Advent gibt es Punsch, Glühwein, Kuchen und Kekse (ihr könnt auch gern etwas mitbringen!), kulturelle Beiträge, Kinderschminken und Spiele, fortschrittliche und revolutionäre Literatur.
 
Das „Rote Atelier“ fördert fortschrittliche Kultur, Austausch und Politik. Auf antifaschistischer Grundlage sind alle eingeladen, uns kennenzulernen und selbst aktiv mitzugestalten! Der Raum kann für faire Preise auch gemietet werden. Du bist neugierig, hast Ideen, möchtest etwas zum Fest beitragen oder eine Veranstaltung hier organisieren? Dann meldet euch bei uns unter mlpd.bremen(at)web.de. Kommt vorbei und bringt eure Bekannten mit. Wir freuen uns auf euch! Rebellische Grüße.
 
EU-Richtlinie gilt ab 15. November 2024: Auch der Mindestlohn sollte automatisch erhöht werden, damit der Lohnabstand erhalten bleibt (Amtsblatt der EU; Artikel 17, Punkt 28)

 

Kein „Hartz V“

Wenn man in Niedriglohnbranchen denkt, Mitarbeiter könnten ihren Arbeitsplatz zugunsten des Bürgergeldes aufgeben, wenn es im Januar 2024 erhöht wird, kann ich entweder von ahnungsloser Kaffeesatzleserei ausgehen oder von gezielter Hetze gegen eine angeblich zu hohe Grundsicherung. Denn auch wenn nun von Bürgergeld die Rede ist und nicht von „Hartz V“, ist es „Armut per Gesetz“ geblieben. Den neuen Erwerbslosen werden lediglich temporär ein paar Vergünstigungen gestattet, wie noch in einer „zu teuren“ Wohnung bleiben oder mehr Erspartes behalten zu dürfen.

Elisabeth GrafKein Erwerbsloser kann es sich erlauben, einen Arbeitsplatz einfach so niederzulegen, weil dieser schlecht bezahlt wird, da er sonst eine dreimonatige Sperre des Arbeitslosengeldes erhalten würde. Wahrscheinlich befürchtet die Niedriglohnbranche eher eine Abwanderung ihrer Beschäftigten in besser bezahlte Stellen. Hoffentlich zu Recht.

Ich habe mich schon oft über Dumpinglohnarbeitgeber geärgert, die ihren Angestellten so wenig Lohn zahlen, dass Milliardenbeträge aus Steuermitteln aufgewendet werden müssen, um nicht existenzsichernde Arbeit aufzustocken.

Der „Paritätische Wohlfahrtsverband“ kritisiert die Anhebung der Regelsätze in der Grundsicherung auf 563 Euro zum Januar 2024 als viel zu niedrig. Um vor Armut zu schützen, müsste der Regelsatz für Erwachsene mindestens 813 Euro betragen. Gerade Bürgergeld beziehende Familien leiden unter steigenden Kosten und bekamen bisher keinen Inflationsausgleich.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

Dieses Jahr erstmals schon: Es gab für Alleinstehende plus 53 Euro. Plus 61 Euro sind es im nächsten. Es bleiben die bisherigen Tricks zum Kleinrechnen des Regelbedarfs unangetastet (Kaffeepulver statt Cafébesuch zur „sozialen Teilhabe“), aber ich möchte anerkennen, dass unser dicker Arbeitsminister hier still und heimlich einen Zuwachsgenerator gebastelt hat, der sich sehen lassen kann. Anders als jahrzehntelang üblich liegt der Anstieg oberhalb der offiziellen Inflationsrate und gleicht tatsächlich beinahe die höhere Teuerung bei Lebensmitteln aus. Und auf einmal entsteht Lohndruck von unten, sogar ohne Massenstreiks. Deshalb die neuerliche Hetze, das Bürgergeld sei zu hoch, Arbeit lohne sich nicht

Gerolf D. Brettschneider (parteilos)

Über die Rente spricht niemand. Ich bekomme aktuell 13,59 brutto die Stunde. Jährlich erhöht sich mein Rentenanspruch um 25 Euro. Um auf einen Rentenanspruch von 1.500 Euro (abzüglich SV) zu kommen, müsste ich 60 Jahre arbeiten. Mit meiner Schwerbehinderung schaffe ich das nicht. Immerhin bin ich nicht zwei Jahre früher in Rente gegangen. Deshalb darf ich mit Rente beliebig dazuverdienen. Ostern ist es dann so weit: Da gehe ich in Grundsicherung! Mein Rentenanspruch liegt bei 692 Euro. Schule, Ausbildungen, erbärmliche Einkommen, Arbeitslosigkeit haben das erreicht.

Regina (parteilos)

Beim Bürgergeld käme ich als Einpersonenhaushalt ab 2024 mit 563 Euro Regelleistung zuzüglich Bruttokaltmiete und Heizkosten auf 1.086,60 Euro. Mit dem Mindestlohn ab 2024 von monatlich brutto 2.151,07 und netto circa 1.533,42 Euro würde ich wohl zugunsten des Bürgergeldes nicht kündigen, zumal bei selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld für drei Monate gesperrt ist. Herr Merz könnte diese drei Monate sicherlich locker überbrücken, aber das ist hypothetisch, da er für das Bürgergeld ohnehin zu reich ist.

Frank Kleinschmidt (parteilos)
 
Alle hetzen gegen Migranten: Und dann gewinnt der
rechtsextreme Oberhetzer die Wahl („N-TV“)
 
Die nächste Bremer Montagsdemo beginnt am 4. Dezember 2023
wieder um 17:30 Uhr, wegen des Weihnachtsmarktes jedoch auf der Domsheide vor dem Konzerthaus Glocke.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz