Am Sonntag wurde die 26. Weltklimakonferenz in Glasgow eröffnet. Es zeichnet sich bereits ab, dass auch dieses Mal der Betrug mit unverbindlichen Absichtserklärungen munter weitergeht.
Bereits der G20-Gipfel am letzten Wochenende hat nichts als „heiße Luft“ produziert. Die Regierungschefs der 20 größten kapitalistischen Länder konnten sich auf keinerlei konkreten Pläne und Ziele einigen, obwohl sie für 80 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen auf der Welt verantwortlich sind. Der Kohleausstieg wird in der Abschlusserklärung nicht einmal erwähnt. Eine Frechheit ist, dass Macron und Biden die Renaissance der Atomenergie als Lösung der Klimakrise verkaufen wollen.
Nach den vorliegenden nationalen Plänen werden die Emissionen bis 2030 um 16 Prozent weiter ansteigen, obwohl ein Rückgang um 55 Prozent nötig wäre. Das wird zu einer Erderwärmung um mindestens 2,7 Grad führen, mit fatalen Folgen: Dürren, Hochwasser, Eisschmelze und Stürme. In einem Sonderbericht warnt die Weltgesundheitsorganisation vor der größten Gesundheitsbedrohung der Menschheit durch die Erderwärmung. Die UN-Flüchtlingsorganisation prognostiziert 240 Millionen „Klimaflüchtlinge“.
Die Erderwärmung steht in enger Wechselwirkung mit weiteren Faktoren des Übergangs zu einer globalen Umweltkatastrophe wie der Zerstörung der tropischen Regenwälder, der Versauerung, Erwärmung und Vermüllung der Weltmeere oder der Ausdehnung des Ozonlochs. Die Fixierung allein auf die Klimakrise verharmlost die Gefahr des drohenden Kollapses unseres Planeten. Inzwischen bilden sich Kipppunkte heraus, die nicht wieder rückgängig gemacht werden können, wie das Abschmelzen des Eises der Arktis und Antarktis, das Auftauen der Permafrostböden, die Umwandlung der tropischen Regenwälder von „grünen Lungen“ hin zu Kohlendioxid-Emittenten oder das Abschwächen des Jet-Stroms.
Das Sondierungspapier der künftigen Ampel-Koalition in Deutschland lässt nichts Gutes erwarten. Versprochen wird in der Vereinbarung „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“. Das kapitalistische Profitsystem wird nicht dadurch sozial und ökologisch, indem man ihm einfach ein neues Etikett verpasst. Liest man genauer nach, geht es vor allem darum, „Chancen“ für den „Industriestandort Deutschland“ zu stärken. Es ist geplant, die Konzerne mit Milliarden Steuergeldern beim Umstieg auf „grüne Geschäftsfelder“ zu beschenken.
Die Umweltbewegung ruft zum globalen Protest auf. Eine „COP26-Coalition“ aus über 130 lokalen und internationalen Graswurzel- und Nichtregierungsorganisationen ruft unter Federführung von „Friends of the Earth“ am 6. November 2021 zu einem „Global Day of Action“ in der Mitte der Weltklimakonferenz auf. Die revolutionäre Weltorganisation ICOR hatte diesen Kampftag vor Jahren ins Leben gerufen. Neben Umweltorganisationen, indigenen Gruppen und Flüchtlingsorganisationen rufen auch Gewerkschaften, Bauern und Organisationen aus dem Gesundheitswesen auf. Dieser Schulterschluss von Umwelt-, Arbeiter-, Jugend - und Bauernbewegung ist sehr zu begrüßen.
Die „Umweltgewerkschaft“ organisiert und beteiligt sich an den Protesten in zahlreichen Städten. Im Aufruf heißt es: „2021 war ein Rekordjahr der Umweltkatastrophen, ein Signal, dass es gesellschaftlicher Veränderung bedarf, wenn wir eine Umweltkatastrophe verhindern wollen. Ein Signal, für die Zukunft der Menschheit am 6. November auf die Straße zu gehen, wenn gleichzeitig in Glasgow Regierungen bei der UN-Klimakonferenz tagen.“
„Another world is possible“ – eine Welt, in der der Mensch in Einheit mit der Natur lebt, ist das Ziel der „Umweltgewerkschaft“. Schluss mit Greenwashing, Taten statt leerer Worte! Wir brauchen Umweltschutz und Arbeitsplätze – eine Zukunft für die Menschheit! Kommt zur Kundgebung am Samstag, dem 6. November 2021, um 11 Uhr auf den Bremer Marktplatz!
Obwohl der Klimawandel, seine Ursachen und möglichen Folgen schon ein jahrzehntealtes Thema sind, bringen alle Medien täglich abgedroschene „Neuigkeiten“ von der „26th Conference of the Parties“ in Glasgow.
Doch der Schadstoffausstoß hat sich seit der ersten internationalen Klimakonferenz 1979 in Genf nicht verringert. Allen gemeinsam ist, dass die Ergebnisse immer weit hinter den Erwartungen von umweltbewussten Menschen und Klimaschützern zurückgeblieben sind. Die beschlossenen Maßnahmen haben keine Anzeichen einer Entspannung gebracht, im Gegenteil: Die Auswirkungen des Klimawandels werden weltweit immer stärker spürbar.
Der Grund sind die immer noch gleichen Naturgesetze, die wir seit Jahrzehnten missachtet haben, die aber schon seit dem Bestehen der Welt existieren, länger als der Mensch. Es ist sicher: Sie bleiben länger gültig als wir selbst. Naturgesetze sind nicht diplomatisch zu umgehen, nicht durch Diskussionen abzumildern, nicht mit Geld zu beeinflussen und nicht wie Gesetze zu ändern.
Es ist oft zu hören, hauptsächlich Industrie und Wirtschaft seien schuld an der Umweltzerstörung, an Schadstoffausstoß und Energieverschwendung. Doch die Industrie stellt Produkte her, nicht nur um maximalen Profit zu machen, sondern auch für unseren Fortschritt, für ungerecht verteilten Lebensstandard und zweifelhaften Wohlstand.
Zum Beispiele liefern Zementwerke einen wichtigen Baustoff für unsere Wohnhäuser und Autobahnbrücken; Stahl- und Walzwerke Blech und Halbzeuge für unsere Individual-Fahrzeuge und Kreuzfahrtschiffe; Kraftwerke Energie für unsere Küchengeräte und Elektroautos. Aus Bergwerken und Minen werden Erze und seltene Rohstoffe gewonnen, für unsere Computer und modernen Multi-Kommunikationsgeräte.
Wälder werden abgebrannt für unseren Fleischkonsum, Urwaldbäume gefällt für „Ökokraftstoffe“ und Grillkohle. Meere werden geplündert für unsere gesunde Ernährung mit Fisch und gleichzeitig verdreckt mit Wohlstandsmüll und Öl aus havarierten Tankern. Wir selbst verseuchen unsere Atemluft mit Abgasen jeder Art. Mit drei Kilogramm Kohlendioxid je verbrauchtem Liter Kraftstoff oder Heizöl sind wir am Klimawandel beteiligt.
Eine Aussage wie: „Die Hauptverursacher sitzen in Konzernzentralen, Banken und Regierungen“ ist daher eine genauso pauschale Halbwahrheit wie die Feststellung, dass China, Russland, USA die größten „Klimakiller“ sind. Es ist wichtiger, die Gesellschaft und die Region genauer zu kennen, in der ich selbst lebe, und zu versuchen, hier etwas zu bewirken.
Hierzulande ist jeder Mensch für den Ausstoß von mindestens acht Tonnen Kohlendioxid verantwortlich, sagen Schönredner und Optimisten. Beim größeren Teil der nicht gerade armen Deutschen sind es mehr als zwölf Tonnen, sagen Realisten. Bei einer weltweit ausgewogenen, „gerechten“ Verteilung müssten es weniger als fünf Tonnen pro Mensch sein. Das ist der heutige Status, gegen den massiv protestiert wird: 40 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, verursacht von acht Milliarden Menschen.
Es ist zwar auch eine Tatsache, dass das kleine Deutschland nur mit wenigen Prozent am weltweiten Schadstoffausstoß beteiligt ist. Doch mit diesem Argument in unserem Land weiteres Nichtstun zu rechtfertigen ist schlicht verantwortungsloses, persönliches Greenwashing. Große Produktionsbetriebe betreiben ihre Energiewirtschaft effizienter als die meisten modernen deutschen Haushalte.
Nicht nur in meiner Stromrechnung steht, dass ein Single-Haushalt 1.800 Kilowattstunden elektrische Energie pro Jahr verbraucht, ein Zwei-Personen-Haushalt etwa 3.000 Kilowattstunden. Zu welchem Zweck benötigt ein effizienter Privathaushalt so viel wertvollen Strom? Entweder soll mit solchen Angaben dem Verbraucher ein beruhigendes, gutes Gefühl beim Vergleich mit seinem zu hohen Eigenverbrauch vermittelt werden, oder es ist eine traurige Tatsache. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ohne zu sparen die Hälfte des angegebenen Wertes ausreicht.
Wie viele Kilogramm Kohlendioxid für den persönlichen Energieverbrauch vom Kraftwerk in die Luft geblasen wurden, lässt sich mithilfe der Stromrechnung feststellen, indem die Kilowattstunden mit 0,8 Kilogramm multipliziert werden. Hinzu kommt der Verbrauch von Gas für die Heizung, das beim Verbrennen pro Kubikmeter 0,38 Kilogramm Kohlendioxid erzeugt.
Womit jeder Mensch sofort beginnen kann ist das Sammeln von Informationen aus seriösen Quellen; durch logisches Nachdenken, basierend auf Naturgesetzen, persönliche Erkenntnisse gewinnen; hieraus das eigene Verhalten überprüfen und folgerichtige Entscheidungen treffen. Als verantwortungsbewusste Konsumenten können wir wählen, von welchem Multikonzern oder Millionär wir unsere Waren kaufen, Ob Kleidung, Energie, Kraftstoffe, Nahrungsmittel oder Dienstleistungen.
Ich kann frei wählen, welchen Milliardär ich weiter bereichern will, durch bequemes Online-Shopping oder Nutzung seiner Datenkraken und Apps. Ich muss selbst herausfinden, welchen Wirtschaftskriminellen ich vertraut habe. Wir als Menschheit können nur so gut überleben, wie wir es lernen, uns der Natur anzupassen, mit ihr im Einklang zu leben und ihre Gesetze zu achten. Wenn das der Umweltverbrecher nicht macht, müssen wir selbst dafür sorgen.
Ein Kurzbericht: Zum ersten Mal wieder im Dunklen fand die 730. Montagsdemo auf dem Marktplatz statt. Karussells und Buden vom Freimarkt waren schon weggeräumt, aber natürlich hatte die Zahl der Zuhörer leider auch abgenommen.
G20-Gipfel und Klimakonferenz in Glasgow waren Thema. Aber mehr als Blabla wird nicht rauskommen, wie Greta Thunberg richtig vorhersagt. Nein, die Kapitalismusvertreter wollen ja gar nichts verändern. Biden will Treibhausreduktionen durch Anreize erreichen, die er noch vergolden will. Der indische Faschist Modi will erst in 50 Jahren klimaneutral werden. Wie bisher nur Geplapper. Genauso in Rom.
Es kommt, wie Marx es schon in seinem Vergleich dargestellt hatte: Für den höchsten Profit riskiert der Kapitalist sogar sein Leben. Und so wird es kommen. Milliarden Menschen sollen dafür in der Umweltkatastrophe ihr Leben lassen. Nein, dagegen werden sich die Menschen wehren, aber mit zivilen Reaktionen wird das nicht möglich sein.
Am Sonnabend, den 6. November 2021 um 11 Uhr ist Gelegenheit, seinem Protest freien Lauf zu lassen: Die „Umweltgewerkschaft“ ruft mit Gleichgesinnten zur Kundgebung auf dem Marktplatz auf. Kommt zahlreich!
Dann haben wir unseres früheren Mitstreiters Wieland von Hodenberg gedacht, der in der letzten Woche im Alter von 83 Jahren gestorben ist. Er lebte schon geraume Zeit in einem Seniorenheim, aber ich sehe ihn noch, wie er in früheren Jahren mit seinem Rad zum Marktplatz kam und dann einen Beitrag zu einem Thema hielt, das wichtig war, aber nicht so offensichtlich im Vordergrund stand; es war durchdacht und im Zusammenhang dargestellt.
Hartz IV fehlte auch nicht. Zusammenhang und Perspektive sind wichtig. Mit der Umbetitelung zum „Bürgergeld“ ist es nicht getan, solange die Drangsalierungen und Sanktionen bleiben. Die nächste Montagsdemo findet am 6. Dezember 2021 statt, um 17:30 Uhr an der Domsheide vor der Glocke. Bleibt gesund und besteht euren Alltag!
Lieber Ekkehard Lentz, als Webmaster der Initiative Bremer Montagsdemo danke ich dir und dem „Bremer Friedensforum“ sowie allen Spenderinnen und Spendern sehr herzlich für das Zustandekommen einer würdigen Traueranzeige für Wieland von Hodenberg im „Weser-Kurier“.
Hiermit spende ich dem „Friedensforum“ das Ergebnis einiger Stunden Arbeit, in denen ich Wielands schriftliches Vermächtnis, soweit er es mir überlassen hat, in Buchform gebracht habe. Das Impressum:
Wieland von Hodenberg: Im Geiste der Republik Zitzer.
Friedenspolitisches Tagebuch (Bremen 2021 posthum)
Druckfassung: Bremer-Montagsdemo.de/zitzer/zitzer.pdf
Mobilfassung: Bremer-Montagsdemo.de/zitzer/zitzer.htm
Herausgeber: Bremer Friedensforum
und Initiative Bremer Montagsdemo
Lektorat: Gerolf. D. Brettschneider
Quellen unter jeweiligem Datum:
Bremer-Montagsdemo.de
Vervielfältigung und Verbreitung erwünscht.
Spenden an das Bremer Friedensforum
für die antifaschistische Bündnisarbeit:
Kontoinhaber: Ekkehard Lentz
IBAN: DE47 2501 0030 0123 2683 06
BremerFriedensforum.de
Der Rücktitel:
Für einen Kleinrentner, der niemals ein feiner Kaufmann oder Ratsherr gewesen war, hatte der Konsul ehrenhalber der Geistigen Republik Zitzer erstaunliche Bekanntheit und Wertschätzung erlangt, denn als er in hohem Alter starb, spendeten mehr als 70 Bürgerinnen und Bürger der Freien Hansestadt Bremen gemeinsam 1.200 Euro für eine würdige Traueranzeige im Weser-Kurier.
Jahrzehntelang hatte der Konsul in antifaschistischen Initiativen und Beratungsvereinen wie Solidarische Hilfe, Friedensforum oder Montagsdemo mitgewirkt, Leserbriefe an Zeitungen geschrieben, am Offenen Mikrofon auf dem Marktplatz gesprochen. Was waren die Worte, mit denen er die Herzen so vieler Menschen erreichen konnte?
Dazwischen die rund 200 Beitragsmanuskripte, die Wieland mir für die Montagsdemo-Homepage überlassen und deren redaktioneller Bearbeitung durch mich er zugestimmt hat.
Ich denke, diese Art der Nachlassverwertung ist in seinem Sinne, denn ich habe Wieland schon 2008 einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Damals wollte er sich im Internet selbstironisch als „Friedenshetzer“ vorstellen, was ihm später nicht mehr behagte. Ab 2014 passte dieser Begriff eher auf rechte Kräfte, von denen Friedensbewegung und Montagsdemo unterwandert wurden.
Ausgeblendet habe ich in der neuen Buchfassung die lauten Überschriften, die allesamt nicht von Wieland stammen, und beibehalten nur das jeweilige Datum. Wie aus einem Tagebuch spricht nun der Bewusstseinsstrom einer mit großer Leidenschaft betriebenen friedenspolitischen Kleinarbeit.
Dies muss nicht die endgültige Fassung sein. Wenn du denkst, es mangele noch an Kürzung, Erweiterung, Auswahl, Vorwort oder Umgestaltung, dann möchte ich gern das ganze Projekt vertrauensvoll in deine erfahrenen Hände übergeben. Das gilt, weil mir Zahlungseingänge vom Hartz IV abgezogen würden, auch für den möglichen Verkauf als „Amazon E-Books“ oder einzeln gedruckte „Libri Books on Demand“. Herzliche Grüße.
Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen. Das Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein.
Wir gewähren in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges die Leistung ohne Anrechnung des Vermögens und anerkennen die Angemessenheit der Wohnung. Wir werden das Schonvermögen erhöhen und dessen Überprüfung entbürokratisieren, digitalisieren und pragmatisch vereinfachen. Um die Erstattung der Kosten der Unterkunft transparenter und rechtssicherer auszugestalten, schaffen wir einen verbesserten gesetzlichen Rahmen für die Anwendung der kommunalen Angemessenheitsgrenzen und stellen sicher, dass diese jährlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dies erleichtert den Kommunen, die Kosten der Unterkunft und Heizung als regionalspezifische Pauschalen auszuzahlen.
Das Bürgergeld stellt die Potenziale der Menschen und Hilfen zur nachhaltigen Integration in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen verändern wir so, dass künftig eine Beratung auf Augenhöhe möglich ist und eine Vertrauensbeziehung entstehen kann. Es werden die Stärken und Entwicklungsbedarfe durch ein Kompetenzfeststellungsverfahren ermittelt, mit dem auch „Soft Skills“ zertifizierbar werden. Die Angebote und Maßnahmen werden im Rahmen einer Teilhabevereinbarung mit den Bürgergeldbeziehenden gemeinsam vereinbart, in einfacher Sprache formuliert und gegebenenfalls angepasst. Diese ersetzt die bisherige Eingliederungsvereinbarung. Es gilt eine sechsmonatige Vertrauenszeit. Für Konfliktfälle schaffen wir einen unabhängigen Schlichtungsmechanismus.
An Mitwirkungspflichten, die in der Teilhabevereinbarung festgehalten werden, halten wir fest. Sie werden gesetzlich bis spätestens Ende 2022 neu geordnet. Der Neuregelung geht eine Evaluation voraus. Damit setzen wir auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes um, wie die Kosten der Unterkunft von Sanktionen auszunehmen und Unter-25-Jährige gleich zu behandeln. Ihnen machen wir im Sanktionsfall ein Coaching-Angebot in Abstimmung mit der örtlichen Jugendhilfe (nach § 16h SGB II). Bis zur gesetzlichen Neuregelung schaffen wir ein einjähriges Moratorium für die bisherigen Sanktionen unter das Existenzminimum, das auch für kommunale Jobcenter gelten muss. Wir werden die Nachhaltigkeit der Integration in den Arbeitsmarkt ins Zentrum des Zielsteuerungssystems des SGB II stellen und die hierfür notwendigen Schritte der sozialen Stabilisierung und Teilhabe ebenso berücksichtigen. Das Bürgergeld soll individuelle, ganzheitliche Unterstützung leisten. Dazu sollen auch Instrumente anderer Sozialgesetzbücher genutzt werden. So erhöhen wir die Durchlässigkeit und reduzieren Schnittstellen. Wir wollen die Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und Kommunen durch Kooperationsvereinbarungen intensivieren. Wir werden den Jobcentern mehr Gestaltungsspielraum und regionale Verantwortung übertragen und die freie Förderung (§ 16f SGB II) aufwerten.
Der Vermittlungsvorrang im SGB II wird abgeschafft. Die Förderung der Weiterbildung und Qualifizierung werden wir stärken. Die Prämienregelung bei abschlussbezogener Weiterbildung werden wir entfristen. Wir fördern vollqualifizierende Ausbildungen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung unabhängig von Dauer und Grundkompetenzen, auch im Umgang mit digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien. Bürgergeldberechtigten kann im Rahmen der Teilhabevereinbarung für die Teilnahme an der Eingliederung dienenden Förder- oder Unterstützungsmaßnahmen ein befristeter Bonus gezahlt werden.
Das Teilhabechancengesetz (§ 16i und § 16e SGB II) wollen wir entfristen und weiterentwickeln. Begleitendes Coaching und aufsuchende Sozialarbeit werden Regelinstrumente in SGB II und SGB XII.
Kinder und Jugendliche bedürfen besonderer Unterstützung für einen gelingenden Bildungs- und Ausbildungsverlauf. Wir werden § 16h SGB II ausweiten, um die Kooperation mit der Jugendhilfe zu stärken und gemeinsame Anlaufstellen zu schaffen. Auf ältere Bürgergeldberechtigte können wir auf dem Arbeitsmarkt nicht verzichten. Wir werden Frauen gezielt mit passenden Angeboten unterstützen und dabei insbesondere darauf achten, dass Mütter von kleinen Kindern früher, auch durch Angebote in Teilzeit (zum Beispiel Teilzeitausbildungen) besser erreicht werden. Ausgehend von den Erfahrungen der Modellprojekte im Rahmen von „RehaPro“ werden wir die präventive Gesundheitsförderung in den Jobcentern stärken. Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund wollen wir besonders fördern. Generell werden wir Angebote stärker mit der Sprachförderung im alltagspraktischen Zusammenhang verknüpfen.
Die Zuverdienstmöglichkeiten werden wir verbessern mit dem Ziel, Anreize für sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit zu erhöhen. Die Anrechnung von Schüler- und Studentenjobs von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II sowie Pflege- oder Heimkindern soll entfallen. Bei Auszubildenden erhöhen wir den Freibetrag. Wir werden eine Reform auf den Weg bringen, die Bürgergeld (ehemals Arbeitslosengeld II), Wohngeld und gegebenenfalls weitere steuerfinanzierte Sozialleistungen so aufeinander abstimmt, beziehungsweise wo möglich zusammenfasst, sodass die Transferentzugsraten die günstigsten Wirkungen hinsichtlich Beschäftigungseffekten und Arbeitsmarktpartizipation in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erzielen, die Zuverdienstmöglichkeiten verbessert und Grenzbelastungen von 100 und mehr Prozent ausgeschlossen werden. Zur Entwicklung des Reformmodells wird eine unabhängige Kommission aus mehreren hierfür qualifizierten unabhängigen Instituten beauftragt.
Auch die Möglichkeit für erwerbsgeminderte Personen sowie für Rentnerinnen und Rentner in der Grundsicherung, mit einer Erwerbstätigkeit ihr Einkommen zu verbessern, wollen wir ausweiten. Die Anrechnung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Arbeit soll in Anlehnung an das Steuerrecht mit einem jährlichen Freibetrag gestaltet werden. Eine passgenaue und ganzheitliche Unterstützung erfordert einen ausreichend dimensionierten Betreuungsschlüssel und gut qualifiziertes Personal bei den Jobcentern. Wir werden daher Eingliederungs- und Verwaltungstitel entsprechend ausstatten. Die Übertragbarkeit von Restmitteln werden wir fortführen.
Wir wollen prüfen, ob sozialversicherungspflichtige Erwerbstätige im Bürgergeldbezug in die Betreuung durch die Agenturen für Arbeit wechseln können, auch um Kapazitäten für einen besseren Betreuungsschlüssel in den Jobcentern zu schaffen und ihnen Zugang zu den Qualifizierungs- und Weiterbildungsangeboten im SGB III zu gewähren.
Durch die Einführung einer Bagatellgrenze in Höhe von bis zu 50 Euro werden wir die Jobcenter von Bürokratie entlasten. Um den individuellen Charakter des Bürgergelds zu stärken, werden wir auch im SGB II von der horizontalen auf die vertikale Einkommensanrechnung umstellen. Die Feststellung der Erwerbsfähigkeit wird standardisiert und in Zukunft ausschließlich von der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt.
Zur Problematik der Obdachlosigkeit von EU-Bürgern richten wir eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ein. Die gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände sehen wir samt ihrer Angebotsvielfalt als wichtigen Partner bei der Förderung des gesellschaftlichen Engagements und Zusammenhalts. Bei der Erstellung des 7. Armuts- und Reichtumsberichts richten wir auch einen Fokus auf verdeckte Armut und beziehen Menschen mit Armutserfahrung stärker ein.