520. Bremer Montagsdemo
am 18. 05. 2015  I◄◄  ►►I

 

Der Regierung sind Geheimdienst­interessen der USA wichtiger als der Schutz unserer Grundrechte

Hans-Dieter Binder1. Bremen hat gewählt. Die Wahl der Bür­ger­schaft ist gültig. Die Hälfte der Wähler und Wählerinnen hat jedoch nicht gewählt – leider, denn das allgemeine Wahlrecht wurde von unseren Vorfahren erkämpft! Wie groß die Begehrlichkeiten sind, das allgemeine Wahlrecht einzuschränken, ist auf den vorherigen Seiten der Bremer Montagsdemonstration nachzulesen. Wenn wir an die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und die damalige Stellung der „Masse“ denken, sollte nicht vergessen werden, wie sehr sich die Politiker gesträubt haben, das Wahlrecht für Frauen im Gesetz zu verankern. Die Umsetzung hat nochmals gedauert, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Herzlichen Glückwunsch an „Die Linke“! Herr Böhrnsen hat sich entschieden, nicht wieder zu kandidieren. Die SPD ist jetzt auf „Spurensuche“. Sie sucht nach dem geeigneten Nachfolger. Erst danach geht es in die Verhandlungen. Es dauert. Am Ende einer Legislaturperiode müssen bisher nicht bearbeite Anfragen und Themen nicht mehr behandelt werden. Bremen hat viel davon, insbesondere an Parlamentsthemen. Das Parlament hat keine längeren Sitzungszeiten beschlossen, weil eine größere Fraktion dies blockiert hat.

Ich wünsche der SPD Mut zu einem tatsächlichen Neuanfang. Das Angebot der CDU weckt bei mir Erinnerungen: Die CDU stellte schon einmal den Senator für Kultur. Dieser hat es verstanden, durch Nutzung von Besonderheiten neue Mitarbeiter in die Behörde zu holen. Er wurde gefragt: „Wann waren Sie zuletzt im Theater, Herr Senator K.?“ Seine Antwort war kurz im Radio zu hören und liegt nun im „Giftschrank“ von „Radio Bremen“. Nachzulesen auf den Seiten der Bremer Montagsdemo!

Die CDU stellte auch einen Senator, der auf verschieden Gebieten für Bremen tätig war. Er hat die Ausbildung zum Steuerprüfer eingestellt. Er hat führend die vielen GmbHs für Aufgaben der Freien Hansestadt gegründet – ausgegliedert aus den entsprechenden Behörden. Es wurden leider zu viele GmbHs. Eine gute Bezahlung und gute Arbeitsverträge sind lobenswert, aber die Gesellschafts- und Geschäftsführerverträge dieser GmbHs sind leider für Bremen oftmals ungünstig. Die Erhöhung der Geschäftsführerbezüge können teilweise nicht von der Freien Hansestadt beeinflusst werden.

Eines haben diese GmbHs gemeinsam: Die Geschäftsführer erhalten mehr Geld als vorher. Die Offenlegung der Geschäftsführergehälter klappt nicht vollständig. Die GmbHs werden aufgelöst, und schon steht der Geschäftsführer wieder – aber mit neuen Bezügen – auf der Gehaltsliste der Freien Hansestadt. Das Rückkehrrecht wirkt! Diese Aufzählung ist unvollständig. Wirkungsspuren werden nur teilweise öffentlich und setzen sich fort. Es wäre auch besser zu gestalten gewesen. Auch die Änderung der Steuerverteilung und der Reinfall mit dem „Kanzlerbrief“ wurden von SPD und CDU verzapft, nachzulesen bei der Bremer Montagsdemonstration!

 

2. Bremer Schüler sind Verlierer in allen vergleichenden Statistiken. Bremen hat die meisten Schüler, die den Abschluss nicht schaffen. Bremen hat eine „Uni plus“: die private Jacobs-Universität. Bremen hat die staatliche Hochschule erneut in ein Finanzkorsett gepresst: Sie muss sparen – wie, bleibt ihr überlassen. Es geht in allen Ansätzen um die Einstellung von Studiengängen oder Qualitätsverschlechterung auf breiter Basis. Beides tut nicht nur der Uni weh! Der Hohn, die Mittelkürzung nennt sich diesmal „Wissenschaftsplan 2020“, siehe auch Bremer Montagsdemonstration. Bremen hat viele Schulden und spart sich kaputt. Gespart wird aber nicht am Beton, nicht an den Gehältern der Senatoren.

Tariferhöhungen sind selbstverständlich, sonst fehlt die Wertschätzung, so ähnlich war die Begründung dafür. Beamte werden anders behandelt: Bei ihnen wird es versucht und auf Druck nachbezahlt, siehe auch Bremer Mon­tags­de­monst­ra­tion. Bremen hat die Auflagen des Stabilitätsrates bisher nur erfüllt, weil die Kreditzinsen so günstig sind. Die Freie Hansestadt kann die akzeptierten Bedingungen der Schuldenbremse nur mithilfe der anderen Bundesländer erfüllen. Wenn diese Hilfe nicht umfassend ist oder auch nur die Kreditzinsen steigen, wird Bremen durch den Stabilitätsrat angehalten, den Haushalt auszugleichen. Aufgrund der Gesetzesänderung kann Bremen die Sozialleistungen oder auch die Einkommen seiner Mitarbeiter(innen) senken, siehe auch Bremer Montagsdemonstration.

Falls die Hansestadt dies nicht umsetzt, kann der Stabilitätsrat durch regieren. Der Senat muss weisungsgebunden handeln. Unter diesen Rahmenbedingungen sind die Kürzungen insgesamt zu sehen. Es gibt keine Erfolgsgarantie. Die Verhandlungen laufen. Die Bundeskanzlerin hat uns die Entwicklung Bayerns vom Nehmerland zum Geberland als Beispiel empfohlen. Bayern hatte einen Ministerpräsidenten, der steuerrechtliche Vorteile und Betriebsprüfungsverzicht für neue Investoren vereinbart haben soll. Die Auswirkungen? Siehe vor! Diese Zusagen sind insbesondere durch die Klage eines Investors in den Gerichtssaal und damit an die Öffentlichkeit gekommen.

Wieso ist Geld mehr wert als die Zukunft unserer Jugend? Wieso stellen wir nicht die Lehrer ein, die nötig sind, um die Jugend gut und umfassend zu bilden? Wieso fehlen die entsprechenden Unterrichtsmaterialien? Mit welcher Berechtigung verweigern wir den jungen Menschen den optimalen Weg in die Zukunft? Dieser Frage habe ich nichts mehr hinzuzufügen, obwohl die Liste weiterer Einschnitte zulasten der Menschen in Gegenwart und Zukunft lang wäre. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten! Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf eure Meinung und Erfahrung!

 

3. Die Bundeskanzlerin hat lügen lassen: Ihr Kanzleramtsminister hat am 12. August 2013 gesagt, dass die Amerikaner Deutschland ein „No-Spy-Abkommen“ angeboten haben. Der Kanzleramtsminister hat einen sehr schnellen Abgang nach diesen Worten hingelegt! Der Regierungssprecher hat es am 13. August 2013 gesagt. Der „Süddeutschen Zeitung“, dem NDR und dem WDR liegen Mails vor, die eine solche Meldung als klar erfunden entlarven, dazu „Extra 3“ vom 13. und die „Heute-Show“ vom 15. Mai 2015.

Warum hat der Kanzleramtsminister damals gelogen, so kurz vor der Bundestagswahl? Der Bundeskanzlerin wird es geholfen haben. Sie sagte am 11. September 2013 und laufend danach, die USA seien zu Verhandlungen über ein „No-Spy-Abkommen“ bereit. Es war einfach gelogen! Bundestagswahl wurde am 22. September 2013 gewonnen. Vielleicht hat Merkel sich an die Plakate im Osten kurz vor der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl erinnert, mit Darstellung der Verdienstmöglichkeiten im goldenen Westen: einfach gelogen! Der CDU hat es damals das Bundeskanzleramt gerettet.

Hat der Kanzleramtsminister einen lukrativen Sessel vor Augen gehabt? Der staatseigene Bahnkonzern will für den Ex-Kanzleramtsminister einen neuen Vorstandsposten schaffen, nur öffentlicher Protest hat dies bisher verhindert. Ich glaube nicht, dass der Ex-Kanzleramtsminister nun in einen Einkommensloch sitzt. Die Bundeskanzlerin hat nicht gesagt: „Mein Kanzleramtsminister hat nicht gelogen“, sie hat nicht gesagt: „Ich habe nicht gelogen“, sondern: „Die Öffentlichkeit wurde nach bestem Wissen und Gewissen informiert“. Eine Notlüge in dieser Situation und bei diesem Thema ist unverzeihlich. Bitte für den nächsten Wahltermin vormerken!

Die NSA kann lückenlos dokumentieren, wie viele Nutzer in Deutschland Eintragungen in ihren elektronischen Kalender vorgenommen haben. Der Bun­des­nach­rich­ten­dienst arbeitet nur noch eingeschränkt mit der NSA zusammen? Wer das glaubt, wird selig! Die NSA braucht die Unterstützung des BND nicht mehr. Der Zugriff auf die Datenströme wurde vollständig automatisiert. Eine Selektion nicht mehr nötig, weil die NSA alles speichert und alles automatisiert auswertet, siehe 518. und 513. Bremer Montagsdemonstration. Die Stellungnahmen sind einfach löchrig!

Solange per Gesetz der Bundesrepublik Deutschland alle Verbindungen über den Frankfurter Knoten als Auslandsgespräche gelten, ist sowieso alles gelogen! Hierzu und zu weiteren Veränderungen von Fakten per Gesetz siehe 477. Bremer Montagsdemonstration. Die USA wollen mit uns kein „No-Spy-Abkommen“ abschließen. Sie sind nicht bereit, auf Daten zu verzichten. Dies bedeutet, der Regierung sind die Geheimdienstinteressen insbesondere der USA wichtiger als der Schutz unserer Grundrechte!

 

4. Die Deutsche Bank hat noch mehr Dreck am Stecken: Der Betrug mit der Umsatzsteuer soll intern bereits 2009 Thema gewesen sein. Den öffentlich gewordenen Unterlagen zufolge wurde dies von Mitgliedern des jetzigen Vorstandes gewusst und gewollt. Ihnen droht nunmehr eine Freiheitsstrafe – und der Deutschen Bank nicht nur die Führungslosigkeit, sondern weitere erhebliche finanzielle Belastung! Es geht sicher nicht so glimpflich wie auf der 517. Bremer Montagsdemonstration geschildert über die Bühne. Nebenbei muss sich der Bundesfinanzminister fragen lassen, warum er weiterhin an diesen deutschen Besonderheiten bei der Umsatzsteuer festhält. Die Milliarden wären im Haushalt besser aufgehoben! Jahr für Jahr wird so betrogen, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Das Bundeszentralamt für Steuern sucht noch immer keine Mitarbeiter, obwohl den Bundesfinanzminister auch die mehrfache Rückerstattung von einmal gezahlten Steuern für Aktienverkäufe in Milliardenhöhe beschäftigt, siehe 512. Bremer Montagsdemonstration. Dort stehen noch weitere Gründe für Steuerausfälle. Einiges wäre einfach abzustellen, wenn der Wille da ist! Der deutsche Bundesfinanzminister nimmt es hin, dass die sachgerechte Erhebung der Steuern in Deutschland nicht erfolgt. Es gibt immer mehr und immer längere „Grüne Wochen“ in den Finanzämtern, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen – nicht unbemerkt vom Bundesrechnungshof, wie der „Stern“ bereits 2009 berichtete.

 

5. Menschen sterben, weil Europa weiterhin die Lebensbedingungen etwa in Afrika zerstört. Gleichzeitig verfeinert Europa seine Grenzsicherung, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen. Augenblicklich werden viele Flüchtlinge von den Booten gerettet. Ein Bericht bei „T-Online“ nennt auch die Probleme nach der Rettung aus Seenot. Das Mandat dieser Kriegsschiffe ist bald um, wenn die 30 Tage nicht verlängert werden.

Diese Kurzfristigkeit war sicher auch dem schnellen Eingreifen geschuldet. Als staatenlos geltende Menschen treiben im Meer, weil Politiker dies so wollen! Der UN-Flüchtlingskommissar verhandelt und bittet. Die Redaktion der „Deutschen Welle“ empfiehlt: „Die Rettung von Bootsflüchtlingen ist völkerrechtliche Pflicht“. Aus meiner Sicht ist diese Forderung bereits über das Asylrecht geltendes Recht. Es fehlt jedoch am Willen zur Durchsetzung.

 

6. Zurück in die Freie Hansestadt Bremen. Die Stadt mit den meisten „Leistungsberechtigen in den sozialen Sicherungssystemen“ pro 1.000 Einwohnern. Die Stadt mit den meisten auf Sozialleistungen angewiesenen Kindern: bundesweit unter 19, in Bremen über 30, in einzelnen Stadtteilen sogar über 50 Prozent! Der IAB-Bericht „Lebensumstände von Kindern in der Grundsicherung“ ist auch auf die Kinder in den anderen sozialen Grundsicherungssystemen übertragbar. Der Bericht wurde diesmal von Bertelsmann vorgestellt. 2011 hatte das IAB unter dem Titel „Grundsicherung und Einkommensarmut. Bedürftige Kinder und ihre Lebensumstände“ dieses Thema schon einmal aufgegriffen, siehe 342. Bremer Montagsdemonstration.

Wer will, kann beides vergleichen. Für die Betroffenen ist es Lebenswirklichkeit! Die Bundesregierung hat trotzdem bei der Regelsatzermittlung für Kinder gelogen und getrickst. Diese Kinder werden bereits in der Jugend um ihre Zukunft betrogen! Es gibt sehr viele Analysen über die Auswirkung von Mangelernährung, der Lebensunsicherheit, der mangelnden Möglichkeiten insgesamt. Die Reaktion der verantwortlichen Politiker in Bremen ist stark verbesserungswürdig!

 

7. Das Thema „Kosten der Unterkunft“, auf gut Deutsch „Miete und Nebenkosten“, wird jetzt wieder vom Verein „so:leb – Sozialer Lebensbund“ aufgegriffen, der künftig auf der Bremer Montagsdemo zu erreichen ist. Die Mietobergrenzen, jetzt Mietrichtwerte genannt, sind in Bremen so niedrig, dass wohl bald jede(r) Zweite einen Eigenanteil trägt. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten! Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf eure Meinung und Erfahrung!

Eine „Sozialwohnung“ klingt gut und ist auch gut, aber für ALG-II-Beziehende nur mit Ausnahmegenehmigung zu ergattern. Schon mal gesehen? Wer einen Eigenanteil von seiner Miete zahlt, einfach vorbeikommen! Uns interessiert jede Einzelfallentscheidung. Wir erläutern, wie Gegenwehr möglich ist! Es ist ganz einfach. Die Entscheidungen des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen bewilligen zehn Prozent Sicherungszuschlag auf die Werte gemäß § 12 des Wohngeldgesetzes. Die Entscheidungen stehen in der Rubrik Urteile mit Kurzkommentar auf der Homepage der Bremer Montagsdemonstration.

Beim Beschluss des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 24. September 2012 stehen auch die sich daraus ergebenden Mietobergrenzen oder -richtwerte für Bremen. Auf der Homepage der Bremer Montagsdemonstration stehen die Möglichkeiten und Schritte der Gegenwehr. Die Gegenwehr beginnt mit der Kenntnis der Grundlagen. Dies werden wir unter unserer neuen Rubrik Urteile aufarbeiten und zusammenfassen. Bis Montag – immer wieder montags!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Warum ist das Bestreben so mächtig, ausgerechnet kleine Gewerkschaft zu entmachten?

Elisabeth Graf1. Die Gewerkschaft Verdi wirft der Deutschen Post vor, Angestellte einzuschüchtern, um sie von der Teilnahme an Streiks abzuhalten, und stützt sich dabei auf Anrufe, Gedächtnisprotokolle und Vermerke von Betroffenen. Dabei soll gerade jenen mit dem Verlust ihrer Arbeitsstelle gedroht worden sein, die nur einen befristeten Vertrag haben. Eine Betriebsrätin berichtete, dass einige Angestellte derart eingeschüchtert seien, dass sie an keinem Streik mehr teilnehmen wollten. Deshalb habe Verdi sich in einem vierseitigen Brief an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gewandt, der diese Vorwürfe für glaubhaft halte.

Ich weiß nicht genau, wie ich mir vorstellen soll, dass die Post diese Vorwürfe auf Nachfrage der „Süddeutschen Zeitung“ nicht ausdrücklich bestritten habe: Gibt sie es nun zu oder nicht? In meinen Ohren klingt eine Antwort wie es sei „jedoch selbstverständlich, dass unsere Führungskräfte unseren Beschäftigten die Auffassung des Unternehmens zur Notwendigkeit der Schaffung wettbewerbsfähiger Löhne intensiv erläutern und mit ihnen diskutieren“ nur wie ausweichendes Rumeiern.

Wirtschaftsminister Gabriel forderte nun in einem Brief an Post-Chef Appel, allen Arbeitgebern, gerade bei großen Unternehmen mit Bundesbeteiligung, die unbedingte Achtung sowohl persönlicher wie kollektiver Arbeitnehmerrechte abzuverlangen. Und konkret, Herr Gabriel? Verdi wirft dem Konzern außerdem vor, dass sie den Streikenden im April zu viel Lohn abgezogen hätten, ein Dreiundzwanzigstel ihres Lohnes pro Streiktag, obwohl nur ein Dreißigstel angemessen gewesen wäre. Die Post erklärte, dass sie mit der Lohnzahlung im Juni die April-Auszahlung „korrigieren“ und die Differenz erstatten werde.

Jetzt wurden von der Deutschen Post womöglich Beamte als Streikbrecher eingesetzt. Dabei verfügte das Bundesverfassungsgericht laut „Süddeutscher Zeitung“ im Jahr 1993, dass die damalige Bundespost „nicht den Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen anordnen“ dürfe, „solange dafür keine gesetzliche Regelung vorhanden ist“ (Aktenzeichen 1 BvR 1213/85). Klar wiegelt die Post ab und behauptet, die Beamten seien bei den Warnstreiks „freiwillig versetzt“ worden. Die stellvertretende Verdi-Chefin Andrea Kocsis sagte dagegen, der Einsatz von Beamten als Streikbrecher sei „weder ‚unfreiwillig‘ noch ‚freiwillig‘ zulässig – er ist schlicht verboten“. Die Post müsse „diese rechtswidrige Praxis sofort unterbinden“.

Ich wundere mich über gar nichts mehr. Die Sprecherin der Grünen- Bundestagsfraktion für Arbeitnehmerrechte, Beate Müller-Gemmeke, forderte die Bundesregierung dazu auf, „endlich ihren Einfluss im Aufsichtsrat zu nutzen, damit die Post zu einem fairen Umgang zurückfindet“. Daran kann ich ihr unumwunden zustimmen, aber hat die Dame möglicherweise vergessen, dass es gerade ihre Fraktion war, die ausgerechnet gemeinsam mit der SPD und natürlich auch mit der CDU/CSU und der FDP die menschenverachtenden, unsozialen Hartz-Gesetze verabschiedet hat, die uns diese Zustände erst bescheren konnten?

Wenn Streikenden nach nur einem einzigen Jahr Arbeitslosigkeit die totale Verunmöglichung ihres bisherigen normalen Lebens auf durchschnittlichem Niveau und der Absturz durch Hartz IV als ausgegrenztem, verachtetem, rechtlosem und nahezu perspektivlosem Menschen zweiter Klasse droht, dann sind Einschüchterungsmöglichkeiten, die den Arbeitsverlust bedeuten können, natürlich ungemein erfolgversprechend! Es war zudem die mieseste, aber wirkungsvollste Art, die Gewerkschaften nahezu zu entmachten. Umso mehr freut es mich, wenn nun endlich mal wieder gestreikt wird und dass es so eine kleine fabelhafte Gewerkschaft wie die GDL gibt, von der sich die Großen gerne mal eine Scheibe abschneiden können! Warum sonst ist das Bestreben so mächtig geworden, ausgerechnet diese kleine Gewerkschaft zu entmachten?

 

2. Mit 5,2 Prozent hat die Stadt Bremen die zweithöchste Leiharbeitsquote aller deutschen Großstädte. Hier ist der Anteil der Zeitarbeit deutlich höher als im Bundesdurchschnitt mit 2,7 Prozent. So bleibt gerade für viele junge Leute eine feste Arbeitsstelle mit Perspektive und einem Einkommen, von dem es sich gut leben lässt, nur eine Illusion. Seit 2007 stieg die Zahl der Leiharbeitsjobs im kleinsten Bundesland um 28 Prozent an. Zuletzt fielen 41 Prozent aller offenen Stellen in den Bereich Leiharbeit. Während die Wirtschaft im Lande Bremen dümpelt, wächst diese Branche ungebrochen und stieg von 260 Verleihbetrieben im Jahr 2007 auf fast 350 heute. Leiharbeit ist im Wirtschaftsleben Bremens mittlerweile eine feste Größe.

Vor allem in der Logistik und in der Fertigung werden Zeitarbeiter eingesetzt. Die meisten Leiharbeiter arbeiten unterhalb ihrer Qualifikation. Obwohl weit mehr als die Hälfte einen Berufsabschluss haben, werden Betroffene meist als „Helfer“ eingesetzt, was sich selbstredend im Lohngefälle widerspiegelt, denn Leiharbeit ist in der Regel prekär. Laut Koalitionsvertrag soll der Zeitraum, in dem eine Firma einen Leiharbeiter einsetzen darf, künftig auf 18 Monate eingegrenzt werden. Außerdem will die Bundesregierung die Firmen verpflichten, ihren Leiharbeitern schon nach neun Monaten Einsatz im selben Betrieb den gleichen Lohn zu zahlen wie Festangestellten.

Nach einer Studie des „Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung“ werden jedoch nur die wenigsten Leiharbeiter von den geplanten Neuregelungen profitieren. Im Land Bremen endete jedes zweite Leiharbeitsverhältnis schon nach weniger als einem Monat, teilweise sogar nach wenigen Tagen. Nur die wenigsten Zeitarbeiter können darauf hoffen, vom ausleihenden Betrieb übernommen zu werden. Vermutlich werden sie in der Statistik der Jobcenter als „erfolgreich in Arbeit vermittelt“ geführt. Klar, dass mit der der prekären Beschäftigungssituation eine Altersarmut vorprogrammiert wird!

 

3. Seit die Arbeitsministerin neue Programme für Langzeitarbeitslose auflegt, muss an anderer Stelle gekürzt werden. Junge Arbeitslose sollen leer ausgehen. Im November 2014 wollte Frau Nahles in die Offensive gegen Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland gehen und 43.000 schwer vermittelbaren Erwerbslosen ohne Berufsabschluss mit Lohnkostenzuschüssen wieder zu einem regulären Job verhelfen. Eine Milliarde Euro sollte dafür ausgegeben werden. Doch Mitte März 2015 wurden die Jobcenter darüber informiert, dass sie in den nächsten Jahren weit weniger Fördermittel abrufen können als bislang zugesagt: Rund 750 Millionen Euro weniger sollen es allein in den nächsten drei Jahren sein. Die grüne Arbeitsmarktpolitikerin Brigitte Pothmer klagt daher, Nahles habe die Jobcenter in ein regelrechtes „Förderchaos“ gestürzt.

So hätten beabsichtigte Maßnahmen von heute auf morgen infrage gestellt und zum Teil bereits veröffentlichte Ausschreibungen zurückgezogen werden müssen. Pothmer spricht von „kommunikativem Dilettantismus“, weil die Reduzierung der sogenannten Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt ohne Vorankündigung oder Absprache vorgenommen worden sei. Es klingt in der Tat merkwürdig, dass von den Bundesprogrammen gerade einmal 40.000 Menschen profitieren können, während für rund 4,4 Millionen erwerbsfähige Hartz-IV-Empfänger weniger Geld zur Verfügung steht. Davon seien vor allem langfristige und mehrjährige Maßnahmen betroffen, etwa für Ausbildung und berufliche Fort- und Weiterbildung.

Ich persönlich fände es nur erfreulich, wenn sinnlose Maßnahmen wie das zigste Bewerbungstraining – mit denen Langzeiterwerbslose gerne mal drangsaliert werden und die wohl nur den Zweck haben, die Arbeitslosenstatistik wieder ein bisschen rosiger erscheinen zu lassen – nicht mehr bezahlt werden können. Aber es sollten nicht Alte gegen Junge ausgespielt, sondern Fördermittel ausnahmsweise einmal so ausgegeben werden, dass sie die Arbeitslosen wirklich selbst fördern und nicht nur die Geldbeutel der für die Förderung zuständigen Trägergesellschaften oder die der Unternehmer, die einen Erwerbslosen immer nur genau so lange einstellen, wie sie für ihn Lohnzuschüsse bekommen, und sich dann schon auf den nächsten arbeitslosen Neuankömmling freuen!

 

4. Im September werden die ersten Absolvent(inn)en eines vierjährigen dualen Studiums der Alten-, Kinder- und Krankenpflege die Hochschule Osnabrück verlassen und möchten gern als Gesundheits- und Krankenpfleger(innen) mit Bachelor-Titel in Krankenhäusern arbeiten. Leider scheint es für sie keine geeigneten Stellen zu geben, weil sie für den Arbeitsmarkt überqualifiziert seien und die Arbeitgeber ihr akademisches Wissen gern zum Nulltarif nutzen möchten. Natürlich wird dies von den zukünftigen Bachelors abgelehnt. Während ihres Studiums lernten sie abwechselnd in Blöcken an der Hochschule, in einer Pflegeschule und in Krankenhäusern, immer mit dem Ziel vor Augen, „in der Praxis die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse individuell umzusetzen“.

Sie könnten in den Bereichen Wundmanagement, Inkontinenz und Stürze helfen, die Patienten besser zu versorgen. Sie könnten die Pflege transparenter gestalten, das Personal schulen und die Pflege für Demenzkranke so organisieren, dass Erkrankte zu ihrer Stabilisierung durchgehend von einer Person betreut werden, um damit die Qualität der Pflege langfristig zu sichern. Nun fehlen Arbeitsstellen, auf denen sie ihr Wissen einbringen können. Viele Arbeitgeber versuchten auch, die künftigen Absolventen mit Hinhaltetaktiken und unter Druck zu bewegen, Verträge als Pflegefachkräfte zu unterschreiben und sich unter Wert bezahlen zu lassen. Unter diesen Umständen büßen die Bachelors nach eigenen Angaben monatlich bis zu 600 Euro brutto ein.

Die Studenten fragen sich zu Recht, warum sie ausgebildet werden, wenn es keine adäquaten Stellen für sie gibt. Martina Kleine-Bornhorst vom Vorstand des „Caritas-Verbandes“ gibt zu, dass Stellen für Bachelors bisher nicht vorgesehen seien. Doch um die Professionalisierung der Pflege voranzubringen, werden Leute gebraucht, die abstrakter denken und wissenschaftliche Erkenntnisse einbringen. In der Praxis sei dafür kein Geld da. Nur das Klinikum Bremen-Mitte geht mit gutem Vorbild voran: Hier arbeiten fünf Bachelors im Qualitätsmanagement und in der Qualitätssicherung. Diese Arbeitsstellen wurden von der Geschäftsleitung extra geschaffen.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

 

Solidarität mit dem Streik der
Erzieherinnen und Erzieher

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Münchner Montagsdemo gegen die Hartz-Gesetze mit ihrem Motto „Montag ist Widerstandstag!“ beglückwünscht euch zu eurem Streik. Ihr habt unsere volle Solidarität. Mit überwältigender Mehrheit habt ihr euch entschlossen, mit eurer Gewerkschaft Verdi für eine Aufwertung der verantwortungsvollen Arbeit und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Ihr macht eine Arbeit, die für die Gesellschaft unverzichtbar ist. Der Streik ist deshalb auch im Interesse der Kinder und Eltern – er steht im Zeichen der Verantwortung für die Zukunft! Und er steht in einer Reihe mit anderen gewerkschaftlichen Kämpfen: den Streiks der GDL, der Postbediensteten, der Kolleginnen und Kollegen von Giesecke & Devrient um ihre Arbeitsplätze.

Der Streik richtet sich nicht nur gegen den Verband der Kommunen, der keine annehmbaren Angebote macht. Er richtet sich gegen eine Politik, die die Anforderungen an euch ständig erhöht, den Kommunen aber keine entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt. Stattdessen wird den Eltern jetzt mit Erhöhung der Gebühren gedroht – die steigen aber schon seit Jahren. Angesichts der zig Milliarden, die den Banken in den Rachen geworfen wurden, oder den Steuersenkungen für Konzerne ist es ein schlechter Witz, dass für die Betreuung und Erziehung der Kinder kein Geld da sein soll.

Seit über zehn Jahren protestiert die Montagsaktion regelmäßig als Teil einer bundesweiten Bewegung gegen Kürzungen im Sozialbereich und die Umverteilungspolitik von unten nach oben, für den Erhalt von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und eine Zukunft für die Jugend. Wir sind sozusagen das „soziale Gewissen“. Wir unterstützen euren Streik und seine Ziele aus ganzem Herzen. Wir werden ihn auf unseren Kundgebungen bekannt machen und die Solidarität verbreitern.

Wir laden euch herzlich ein, die Montagsaktion auch selbst zu nutzen, um eure Situation, euren Streik und eure Ziele vorzustellen und gemeinsam mit uns für eine bessere Zukunft zu streiten. Zurzeit treffen wir uns alle zwei Wochen um 18 Uhr am Marienplatz, das nächste Mal am 1. Juni. Wir wünschen euch viel Erfolg! Herzliche und solidarische Grüße.

Münchner Montagsdemo gegen Hartz IV
 
Deutsches „Beschäftigungswunder“: Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer lag im Jahr 2014 mit 23,468 Millionen um 18,1 Prozent unter dem Niveau von 1991 mit 28,911 Millionen; die Zahl der teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer explodierte dagegen im gleichen Zeitraum um 139 Prozent von 6,316 auf 14,779 Millionen („Querschüsse“)
 
Sozialgericht Gotha hält Hartz-IV-Sanktionen für verfassungswidrig:
Der Staat muss ein menschenwürdiges Existenzminimum
jederzeit garantieren („Neues Deutschland“)
 
Das falsche Lied: Mit der von ihr besungenen Sparpolitik hat Angela Merkel die Sympathien für Deutschland in Europa auf Null gebracht („Spiegel-Online“)
 
Die nächste Bremer Montagsdemo findet wegen des Pfingstfestes erst am 1. Juni 2015 wieder ab 17:30 Uhr auf dem Marktplatz statt.
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz