471. Bremer Montagsdemo
am 12. 05. 2014  I◄◄  ►►I

 

Milliardenentschädigung für Gewinneinbußen durch Atomausstieg?

Hans-Dieter Binder1. Hat der Frieden verloren? Dann sind die Menschen verloren! Die Abstimmungsergebnisse sind in der Welt nicht überprüfbar. Wissen die Menschen in der Ukraine, welche Bedingungen an die Gelder der EU sowie des IWF geknüpft sind? Die Griechen leiden noch immer unter diesen Sparauflagen. Politiker, geht aufrichtig mit den Menschen in der Ukraine um!

Die USA wollen Sanktionen gegen Russland, Handelssanktionen der EU. Diese Wirtschaftssanktionen werden Russland und die EU schwächen. Putin wird dann erst recht nicht einlenken. Dem russischen Volk wurden schon ganz andere Belastungen aufgezwungen. Frieden ist erreichbar, wenn alle Beteiligten ernst genommen werden. Wenn die Vertraulichkeit des Wortes wieder gewahrt wird!

Telefonieren, bitten, hinweisen und anschließend alles in die Welt posaunen ist keine Lösung. Ich hoffe, Gysi findet den Weg. Hört auf, euch gegenseitig etwas vorzuwerfen! Frieden hat Vorfahrt! Nach jedem Arbeitskampf müssen alle Taten und Aktionen repressionsfrei gestellt werden, um den Tarifabschluss durchzudringen und zum Frieden überzugehen.

Auch die Seeleute von „Frontex“ müssen Leben retten! Dies hat das EU-Parlament beschlossen. Vorausgegangen waren unterlassene Seerettungen durch „Frontex“. Die beteiligten Beamten waren nicht zu ermitteln, weil Unterlagen fehlten. Die „Frontex“-Soldaten sollen aber Flüchtlinge weiterhin abschieben. Europa muss sich weiterhin schämen!

 

2. Die Euro-Krise ist beendet? Griechenland kann sich am Markt finanzieren, Portugal und Spanien ebenfalls. Warum? Für diese neuen Schulden haften alle EU-Länder. Die Rückkehr zum Kapitalmarkt ist kein Ende der Euro-Krise, sondern ein Festschmaus für die Kapitalgeber.

Griechenland, Spanien und Portugal haben gemeinsam Sorgen. Jedes Land hat Investorenklagen am Hals. Diese Investorenschutzklausen sind in vielen internationalen Verträgen enthalten; Investorenschutz soll auch im Freihandelsabkommen mit den USA vereinbart werden. Der Investor kann den Staat verklagen, wenn er durch eine staatliche Maßnahme sein investiertes Geld verliert. Geklagt wird gemäß der vertraglichen Klausel vor einem Schiedsgericht. Dieses ist kein öffentliches, ordentliches Gericht.

 

3. Die Anwaltskanzleien der USA freuen sich auf das Freihandelsabkommen. Ein amerikanischer Anwalt wurde auch als Argumentationshilfe für die Bundeskanzlerin gebraucht, mit einem Gutachten zur Verhinderung der Vernehmung von Edward Snowden vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Darin stand auch gleich die Warnung, es könne eine nach US-Recht zu ahnende Straftat sein, Edward Snowden zu vernehmen. Alles auftragsgemäß? Der NSA-Untersuchungsausschuss wirkte nicht eingeschüchtert. Er wehrt sich!

Es ist etwas seltsam: Die deutsche Bundesregierung gibt einem Anwalt in den USA den Auftrag, ein Rechtsgutachten für die Vernehmung in Deutschland zu erstellen. Nix deutsches Recht? Ein Vorgeschmack auf das Freihandelsabkommen mit den USA! Frau Merkel hat noch immer keine Aussage zum Umfang der jetzigen Abhöraktionen gemacht. Sie hat vor US-Wirtschaftsvertretern für das Freihandelsabkommen geworben. Weiß Frau Merkel nicht um die Fallstricke?

 

4. Das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA war auch Thema eines Vortrags mit Diskussion im „Dete“ in der Lahnstraße. Dieses Abkommen geht über den Handel hinaus, viele Details wurden angesprochen. Die Veränderungen sind so vielfältig, dass eine Nennung innerhalb einer Veranstaltung nur global möglich ist. Alles wird sich ändern, siehe auch vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

Herr Gabriel hat transparente Verhandlungen zum TTIP in Aussicht gestellt und das Abkommen als unverzichtbar dargestellt. Er hat noch einmal betont, dass Standards nicht gesenkt werden, dass keine Chlorhähnchen importiert werden. Betroffen sind aber nicht nur die Lebensmittel, sondern alle Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft. Wenn ein Unternehmen Chorhähnchen verkauft, aber Deutschland das nicht zulässt, kann dieses Unternehmen den entgangenen Gewinn gegenüber Deutschland einklagen – vor einem Schiedsgericht, außerhalb der ordentlichen Gerichte.

Wenn ein Betriebsrat in Deutschland Handlungen seines Arbeitgebers verhindert und dies in den USA nicht möglich wäre (zum Beispiel weil Gewerkschaften in diesem US-Bundesstaat verboten sind), kann der Gewinnausfall vom Unternehmen eingeklagt werden. Beklagte wäre Deutschland vor einem Schiedsgericht. Es ist auch möglich, durch das Aufspüren von unterschiedlichen Rahmenbedingungen diese gezielt für Schadenersatzklagen zu nutzen.

Kanada hat mit den USA ein Freihandelsabkommen. Kanada hat Fracking verboten, in den USA ist es erlaubt. Nun hat ein US-Konzern Kanada auf Schadensatz verklagt, siehe vorherige Bremer Montagsdemos. Herr Gabriel hat nicht gesagt, wie dies verhindert werden kann. Selbst wenn der Vertrag dazu Ausschlussklauseln enthält, sind diese eventuell aushebelbar.

Der EU-Kommissar hat vor einiger Zeit gesagt: Wir behalten unsere Standards, weil wir kein einziges Gesetz für das Freihandelsabkommen ändern werden. Er hat gewusst, dass eine Gesetzesänderung gar nicht nötig ist, um die Standards zu zerstören. Ist er von einer Unwissenheit der Wähler ausgegangen? Bereits heute bricht EU-Recht das Landesrecht, auch ohne Änderung des Landesrechts. Mit dem Freihandelsabkommen werden nicht nur bestehende Standards, sondern jede politische Entscheidung, jede künftige Rechtsetzung über das Freihandelsabkommen angreifbar.

Öffentliche Schulen unter Leitung der Bundeswehr? Ein Horror! In den USA möglich und daher auch bei uns durchsetzbar. Fabio de Masi hat auf die Klage des Vattenfall-Konzerns vor dem internationalen „Schiedszentrum für Investitionsstreitigkeiten“ gegen die Bundesrepublik auf 3,7 Milliarden Euro Entschädigung hingewiesen. Begründet wird die Klage mit Gewinneinbußen des Konzerns nach der Entscheidung der Bundesregierung zum Atomausstieg von Fukushima. Der Ausgang ist ungewiss. Die treffende Überschrift der „Frankfurter Rundschau“ lautete schon letztes Jahr: „15 Juristen gegen die Demokratie“.

 

5. Es gab bereits ein Freihandelsabkommen mit der USA, unterzeichnet von der EU, aber nicht von den USA. Die zuständige Politikerin wollte den unveröffentlichten Vertrag nicht unterzeichnen. Der Vertrag wurde veröffentlicht und aufgrund der Proteste nicht unterzeichnet. Was war davon in Europa bekannt, wie sieht der Text des alten Freihandelsabkommen aus? Im Netz habe ich nichts darüber gefunden. Die USA sind auch beim aktuellen Abkommen gegen eine öffentliche Information, selbst Regierungsvertreter sollen nur eingeschränkt Informationen erhalten.

Dieser Vorsatz dürfte durch die Aktion von „Campact“ erledigt sein. Es ist weiterhin möglich zu unterzeichnen. Der Verhandlungsstand des Freihandelsabkommen muss laufend öffentlich gemacht werden! Die Entscheidung muss per Volksentscheid erfolgen. Dazu ist der Freihandelsvertrag in Themen zu zerlegen, und über jede Sektion kann separat entschieden werden. Nur so können nationale Standards gehalten werden!

 

6. Starbucks zahlt in England mehr Steuern und verzichtet auf die Inanspruchnahme von Ausnahmen im Steuerrecht. Ursachen und Vorgeschichte stehen auch unter Bremer Montagsdemo. Ansonsten gilt: Reichtum macht unsozial! Wie sehr Rechtsauslegungen den gesunden Menschenverstand verdrängen, zeigen Banken und andere Finanzdienstleister, die Aktienkäufe und -verkäufe in schneller Folge rund um den Dividendentag getätigt haben. Die Ertragsteuern wurden gezahlt. Aufgrund einer Gesetzeslücke wurde für einmal gezahlte Ertragsteuern mehrfach ein Antrag auf Erstattung gestellt. Das Finanzamt hat oftmals gezahlt. Der geschätzte Schaden für Fiskus und Steuerzahler soll im zweistelligen Milliardenbereich liegen. Ich wünsche der Steuerfahndung und den Staatsanwälten viel Erfolg und eine belastbare Gerichtsbarkeit! Hier liegt kein Versehen der Steuerpflichtigen vor, sondern eine bewusste Handlung.

 

7. Die restlichen Atomkraftwerke sollen ebenfalls stillgelegt werden. Den Betreibern wurden wegen der vorgesehenen Stilllegung Instandhaltungen erlassen, die nötig wären, um Risiken auszuschließen. Die Explosionen in Japan sahen unterschiedlich aus, eine hatte das Erscheinungsbild einer Atombombenzündung. Ein Fachmann hat dies am Fernseher gesehen und eine Befürchtung durchgespielt: Das Kühlwasser für die Brennstäbe wird mit Zusatzstoffen versehen. Dadurch löst dieses Wasser keine Kernschmelze aus. Wenn jedoch Wasser ohne diese Zusatzstoffe mit einem Brennstab in Berührung kommt, wird die Kernschmelze ausgelöst. Die Explosion kann nicht mehr verhindert werden. Ein Tropfen Wasser reicht.

Ministerin Hendricks will die Ausführungen prüfen lassen. Vorgänger Altmeier hatte es scheinbar nicht beachtet. Die Gefahr steigt, je älter ein Atomkraftwerk wird. Gerade auf die Überprüfung und den Austausch dieser normales Wasser führenden Rohre wurde verzichtet. Die Atomindustrie möchte aktuell die Risiken aus dem laufenden Betrieb, der Stilllegung und dem Rückbau auf die Steuerzahler übertragen. Die Beteiligung der Atomkraftwerksbetreiber einschließlich des Verzichts auf Schadenersatz wird nur einen Bruchteil der Gesamtkosten decken.

 

8. Fracking ist eigentlich ausgesetzt: „Wir wollen erst prüfen“, heißt es aus der Politik. Fracking erfolgt aber aufgrund der erteilten Genehmigungen Tag für Tag in unserer Nachbarschaft. Wie sehr die Betreiber die Risiken verharmlosen, ist nachlesbar und wenig beruhigend! Die „Jugend der Grünen“ in Niedersachsen wollte einen Antrag auf absolutes Verbot von Fracking stellen. Nunmehr soll dies nicht mehr gelten, sondern Fracking eingeschränkt genehmigt werden. Was ist geschehen? Wird auf die Verwendung von giftigen Stoffen verzichtet? Nein, es bleibt alles wie gehabt: Volles Risiko, insbesondere für das Grundwasser!

In Syke und Umgebung hat die Erde gebebt. Bereits in der ersten Zeitungsmeldung wurde darauf hingewiesen, dies sei keine Folge der Erdöl- und Erdgasförderung. Das Bergbauamt hat inzwischen das Erdbeben bestätigt und wird weiter untersuchen. Für die beiden Erdbeben im Kreis Verden wurde als Ursache die Erdölförderung ermittelt. Im Fall des ersten Bebens vor einem Jahr sieht das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie einen Zusammenhang mit den Erdgasbohrungen in der Region als „wahrscheinlich“, im zweiten als „sehr wahrscheinlich“ an.

Das hilft den Anwohnern, deren Häuser 2012 beschädigt wurden, aber nur wenig. Laut einem aktuellen Gutachten können nur die Hälfte der rund 100 Eigentümer auf eine Entschädigung des Förderunternehmens RWE-Dea hoffen. Es laufen mehrere Gutachterverfahren. In einem wurde ein Gutachter ohne Bergbauerfahrung beauftragt. Die Geschädigten sind überwiegend sauer und fordern einen Gutachter mit entsprechender Erfahrung.

Dass auch die Ölförderung von Unfällen nicht verschont bleibt, geht aus den Berichten des „Weser-Kuriers“ vom 23. und 25. April 2014 „Leckage bei Erd­öl­för­de­rung“ und „Leckage auf Erdölförderplatz“ in Großenkneten. Beide Umweltschäden stehen auch in der Auflistung über Störfälle ab 2002 bei der Ergas- und Erölförderung in Norddeutschland.

Eine Kaverne ist undicht, seit April tritt Öl an die Oberfläche. Die Ursache wurde bisher nicht gefunden. Die Einlagerung in der Kaverne wurde als sicher eingestuft. Nun entgegen allen Wissen diese Leckage. Trinkwasser ist lebenswichtig! Energiegewinnung geht anders! Ich hoffe diese Unfälle reichen, um die erteilten Fracking-Genehmigungen zu widerrufen. Fracking ist nur mit ungiftigen Mitteln akzeptabel.

 

9. Umweltbewusstsein und Gewinnerzielung gehen oft auseinander – manchmal versehentlich durch einen Unfall, aber oftmals auch vorsätzlich! Was hat Alu­mi­ni­um in Deospray verloren? „Viele Deos enthalten Aluminiumsalze. Vor zu viel Aluminium warnt jetzt das Bundesinstitut für Risikobewertung. Steigt das Risiko von Brustkrebs, Alzheimer und Schäden im Mutterleib? Was ist mit anderen Kosmetika und Lebensmitteln, in denen sich Aluminium findet?“ Und was haben Plastikkugeln in Gesichtscreme verloren? „Plastikkügelchen in Lebensmitteln und Kosmetika. Mikropartikel finden sich unter anderem in Zahnpasta. Einzelne Honigsorten und Trinkwasser sind teilweise durch mikroskopisch kleine Plastikkugeln verunreinigt. Es besteht der Verdacht, dass diese auch aus Pflegeprodukten wie Duschgels, Peelingcremes oder Zahnpasta stammen könnten. Das sogenannte Mikroplastik gelangt über das Abwasser in die Umwelt und verteilt sich dort.“

„Auf Sand gebaut“ – der Ausspruch soll auf mangelnde Haltbarkeit hinweisen. Wie wichtig Sand für die Bauindustrie ist, ist unbestritten. Gewonnen wird er inzwischen unter Missachtung aller Rücksichtnahmen auf Umweltschutz. Mit einem riesigen Schwimmbagger wird der Sand vom Meeresgrund geholt, mit allen Lebewesen. Alles Leben auf dem Meeresgrund wird im Fördergebiet zerstört und vernichtet. Das Meer füllt die Löcher wieder und nimmt den Sand von den Küsten. In der Südsee verschwinden so Inseln. Das ist teilweise sogar gewollt, um Hoheitsgebiete zu verkleinern. Die neue Umweltzeitbombe Sand ist leider eine wahre Horror-Geschichte über die Vernichtung von Natur und die Vernichtung von Existenten!

Kohle importieren wir aus den USA. Dazu werden ganze Berge weggesprengt. „Die Vereinigten Staaten sind unser Kohlelieferant Nummer eins, die wichtigste Abbauregion für den Deutschland-Export die Appalachen. Paul Corbit Brown ist dort aufgewachsen: „Als ich ein Kind war, konntest du in West Virginia noch aus jedem kleinen Bach trinken. Du konntest Angeln gehen. Du konntest ein kleines Feuer machen und den Fisch direkt neben dem Fluss braten. Man musste sich keine Gedanken machen. Heute kannst du den Fisch aus dem Wasser nicht essen, du kannst das Wasser nicht trinken. An den meisten Stellen kannst du nicht einmal mehr im Wasser schwimmen.“ Der Grund für diese gravierenden Umweltschäden liegt im speziellen Abbauverfahren in den Appalachen, dem „Mountaintop Removal“, auf Deutsch: Bergspitzenbeseitigung. Statt die Kohle unter Tage nach oben zu fördern, baut man die Kohle von oben ab, indem man die Gipfel darüber wegsprengt.

„Auch in Kolumbien wird Steinkohle im Tagebau gefördert, 20 bis 40 Euro kostet die Tonne. In Deutschland sind es 140 Euro. Die Umweltfolgen sind ähnlich gravierend. Doch fürchten viele nicht nur um ihre Gesundheit, sondern sogar um ihr Leben. Das gilt besonders für diejenigen, die sich den Konzernen in den Weg stellen. Gewerkschafter zum Beispiel, die sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. Mit 2.800 ermordeten Gewerkschaftern in den letzten 25 Jahren hält Kolumbien einen traurigen Weltrekord. Dem US-Kohlekonzern Drummond wird vorgeworfen, jahrelang die AUC, eine paramilitärische Einheit, finanziert zu haben, die nicht nur Minen und Bahnlinie von Drummond schützte, sondern gleichzeitig Hunderte Morde beging und Tausende Menschen vertrieb. Drummond selbst weist die Vorwürfe zurück und erklärt, Paramilitärs weder finanziert noch beschäftigt zu haben. Doch auch andere Zeugen bestätigen eine direkt Verbindung.“ Trotz vorgelegter Beweise und Zeugen, die bereit sind auszusagen, erfolgt in Kolumbien keine Anklage, keine gerichtliche Überprüfung. Ist der Konzern zu mächtig?

Durch den Tagebau werden giftige Metalle in die Bäche und Flüsse gespült. Feinstaub belastet die umliegenden Gemeinden. Nirgends in den USA sterben die Menschen früher. Es gibt überdurchschnittliche viele Geburtsfehler. „Alles spricht dafür, dass es durch etwas konkret vor Ort hervorgerufen wird. Und da kommt, das ist für mich offensichtlich, nur das Mountaintop-Removal-Verfahren in Frage“, sagt Michael McCawley, Leiter der Abteilung Umweltmedizin am Universitätsklinikum von West Virginia. Seine Schlussfolgerung: „Die Kohle muss auf andere Weise abgebaut werden oder gar nicht.“ – Wir gehen aber auch nicht gut mit der Natur um. Wieso ist ein Zusatzstoff für künstliches Aroma giftig und explosiv? Die Feuerwehr Bremen hat es durch einen Einsatzbericht öffentlich gemacht. Nur ein weiteres Beispiel, siehe vorherige Bremer Montagsdemonstrationen.

 

10. Das Bankgeheimnis, die Privatsphäre ist löchrig. Gerichtsvollzieher können Bankdaten abrufen. Sie erhalten aber keine Konteneinsicht. Diese neue Befugnis der Gerichtsvollzieher soll Ursache für die Rekordzahl an Kontenanfragen sein: „Massenhaft Auskünfte“, schreibt der „Weser-Kurier“ am 26. April 2014. Die Bürger müssen über die Anfragen der Gerichtsvollzieher stets informiert werden. Wer macht das?

Bei Kontenanfragen der Jobcenter erfolgt eine Information des betroffenen Menschen nur, wenn das Jobcenter eine Nachfrage hat. Die Jobcenter-Mitarbeiter(innen) können alle Kontenbewegungen einsehen. Die Jobcenter finden im Zentralrechner alle Konten eines Bürgers – auch wenn der Mensch nur eingeschränkte Vollmacht hat, zum Beispiel um der Nachbarin den Weg zur Bank zu ersparen. Auch die gemeinsame Nutzung eines Kontos wird so ersichtlich. Im Jobcenter scheint diese erweiterte Kontenabfrage Standard zu werden, entgegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die Kontoabfrage ist nur in Ausnahmefällen zulässig!

Die Banken übermitteln für diese Abfragen alle Kontendaten an einen Zentralrechner. Dort erfolgen die Zugriffe. Die Bank merkt nichts davon, der Bürger auch nicht. Jeder Kontozugriff ist aber auf dem Rechner registriert. Wenn der Zentralrechner diesen Zugriff an die kontoführende Bank übermittelt und dieser Zugriff auf dem Kontoauszug ausgewiesen wird, dann wird dieser Spuk erheblich reduziert! Der Kontoinhaber kann nun das Datum, die Uhrzeit, die Dienststelle und den Sachbearbeiter ersehen. Der Name und die Dienststellung des Sachbearbeiters kann eventuell verschlüsselt sein. Dieses Verfahren wäre automatisiert und ohne viel Aufwand umzusetzen!

 

11. Bremen hat den Bericht für den Stabilitätsrat fertig. „Linnert: Weniger neue Schulden“, titelte der „Weser-Kurier“ am 30. April 2014. In der Se­nats­pres­se­er­klä­rung steht es etwas anders: „Der aktuelle Bericht zeigt, dass das ehrgeizige Ziel, ab 2020 keine neuen Schulden mehr zu machen, bei fortgesetzten Konsolidierungsanstrengungen und weiter günstigen Rahmenbedingungen, zu denen auch die Lösung der Altschuldenproblematik und eine bedarfsgerechte Finanzausstattung gehören, erreichbar ist“. Zwischen den Zeilen steht damit: Ohne Befreiung von den Altschulden und ohne niedrige Zinssätze ist das Ziel nicht zu erreichen!

Über die Änderungen im Länderfinanzausgleich wird erst 2020 Klarheit bestehen. Bremen spart sich bereits heute kaputt, ohne jedwede Gegenwehr! Warum macht Bremen nicht deutlich, wie einschneidend die Entscheidungen für das Gemeinwesen sind? Chefredakteurin Silke Hellwig sprach Verfassungsrechtler Joachim Wieland auf den vorstehenden Bericht an: „In ein paar Jahren werden Sie vielleicht nicht mehr für Bremen tätig sein müssen. Es wird ein neues System für den Länderfinanzausgleich geben, womöglich werden die Altschulden getilgt, und alles wird gut.“ Wielands Antwort: „Ich glaube nicht an Wunder.“

Die Schmerzgrenze für Kürzungen ist überschritten, wenn Unruhen entstehen, meinte ein Gutachter in der Diskussion mit Finanzsenatorin Linnert in der „Arbeitnehmerkammer“ vor einigen Monaten. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Das „Friedensforum“ lädt ein zur „Mahnwache gegen die Rüstungshochburg Bremen“ am Freitag, dem 16. Mai 2014, von 12 bis 13 Uhr an der Domsheide (vor „Kapitel 8“).

 

Regierung verschärft die Diskriminierung gegen Arbeitslose

Harald BraunVor einigen Monaten tönte die SPD noch laut, ohne Mindestlohn werde es für sie keine Regierungsbeteiligung geben. Von Anfang an hat die Montagsdemo die unzureichende Höhe kritisiert: Von 8,50 Euro werden viele Leute nicht leben können und daher gezwungen sein, durch Hartz IV aufzustocken. Jetzt hat Arbeitsministerin Nahles vor Wirtschaftsvertretern weiter nachgegeben: Für Jugendliche unter 18 und für Langzeitarbeitlose soll dieser Mindestlohn nicht gelten. Nahles hat Mitleid mit Branchen, „die Probleme mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro haben“. Diese sollen bis mindestens 2017 Ausnahmeregelungen bekommen.

Das ist Sozialpolitik à la SPD! Nahles rechtfertigt sich, ihr gehe es darum, dass Jugendliche eine Ausbildung machen statt zu arbeiten. In Wirklichkeit können immer mehr Jugendliche keine betriebliche Ausbildung machen, weil es schlicht zu wenige Plätze gibt. Immer mehr werden in Warteschleifen, Arbeitsamt-Maßnahmen und ewiger Schulzeit hingehalten. Zweitens fällt Nahles gar nicht ein, dass auch Auszubildende ausreichend verdienen müssen, um eigenständig leben zu können! Der Gesetzentwurf zum Mindestlohn macht Langzeitarbeitslose zu Menschen zweiter Klasse.

Seit mehr als zehn Jahren sind Arbeitslose durch die Hartz-Gesetze gezwungen, fast jede Arbeit anzunehmen. Diese Hungerlohn-Praxis hat nachweislich nicht dazu geführt, mehr Langzeitarbeitslose in Arbeit zu bringen. Es besteht in Zukunft die große Gefahr, dass Langzeitarbeitslose für sechs Monate zu Hungerlöhnen beschäftigt werden, um sie anschließend wieder nach Hause zu schicken. Dieser Drehtüreffekt ist vorprogrammiert. Das Selbstwertgefühl vieler arbeitsloser Menschen wird ständig mit Füßen getreten – und jetzt werden sie noch zusätzlich diskriminiert. Würde kennt keine Ausnahmen! Diese Stigmatisierung Langzeitarbeitsloser wäre einmalig in Europa. Keine Ausnahmen: Mindestlohn für alle, und zwar in Höhe von zehn Euro pro Stunde!

Harald Braun
 

 
Irrige Thesen auf „Friedensdemos“: Hinter der Kritik am Zins soll der Konflikt zwischen Arbeit und Kapital verschwinden, um zu verhindern, dass sich Unter- und Mittelschichten gegen die Oberschicht verbünden („Neues Deutschland“)

 

Die Erhabenheit jobcenterlicher Bescheide über jeden Zweifel

Elisabeth GrafIm „Spiegel“ (Nummer 19 vom 5. Mai 2014, Seite 17: „Geschäfte mit Hartz IV“) wird über das Buch des ehemaligen Fernsehjournalisten und Juristen Joachim Wagner berichtet, in dem dieser sich darüber mokiert, dass Juristen Geschäfte mit Hartz IV machten. Tausende von Anwälten hätten es zu ihrem Geschäftsmodell erkoren, Hartz-IV-Bezieher zu ver­tre­ten und auf diese Weise einen Großteil ihres Geldes zu verdienen.

2012 habe die Bundesagentur für die Anwälte von Hartz-IV-Beziehern 39,6 Millionen Euro ausgeben müssen. Weil die Hartz-Gesetze nicht nur mit glühend heißer Nadel gestrickt worden seien, sondern der Gesetzgeber zudem so viel Flexibilität bewies, sie auch noch 60 Male zu modifizieren, habe die Erfolgsquote von Klagen gegen Hartz-IV-Bescheide 2011 bei 44 Prozent gelegen. Im Jahr 2010 hätten sechs Sozietäten jeweils mehr als 100.000 Euro bei Hartz-IV-Prozessen kassiert, eine sogar über 300.000 Euro.

Nach Schätzungen des Jobcenters Gifhorn stammten zwischen 2008 und 2012 zwei Drittel aller Einsprüche gegen Bescheide von nur einem einzigen Rechtsanwalt, der allein 2012 ganze 72.000 Euro daran verdient haben soll. Es gebe sogar Anwälte, die Centbeträge einklagen wollten. Wenn sie gewännen, müsse das Jobcenter für ihr Honorar aufkommen, und wenn sie verlören, die Justizkasse. In Thüringen habe ein Jobcenter zehn zusätzliche Sachbearbeiter einstellen müssen, um den massenhaften Klagen eines einzelnen Anwaltes Herr werden zu können.

Na, so etwas! Wo kommen wir denn da hin, wenn Anwälte auch noch ein Honorar für geleistete Arbeit kassieren wollten? Und selbst dann, wenn sie Hartz-IV-Bezieher vor Gericht vertreten! Dem muss natürlich Einhalt geboten werden. Sapperlot, da geben sich Sozialleistungsbezieher nicht nur mit den gewährten Almosen ihres so sozialen und großzügigen Staates nicht zufrieden, sondern kommen auch noch auf die undankbare Idee, Bescheide der Hartz-IV-Behörde anzuzweifeln, sich gar für ihr angebliches Recht einzusetzen!

Haben Transferleistungsbezieher überhaupt Rechte und dürfen sie diese etwa einklagen? Hier muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden, damit dieses arbeitsscheue Gesindel nicht in der abwegigen Idee bestärkt wird, sie seien ohne Arbeit immer noch gleichwertige, gar ehrenwerte Bürger! Selbstverständlich müssen Sonderrechtszonen für Erwerbslose geschaffen werden, wenn diese die Geduld des fürsorglichen Staates so über die Maßen strapazieren. Dann müssen sie eben in Zukunft für Widersprüche und Klagen Gebühren zahlen. Arbeitnehmer entrichten doch auch Steuern!

Wovon Arbeitslose das tun sollen? Von ihren Salären? Ach so, na klar, dann sollen sie eben nicht klagen, und schon haben sie wieder mehr zu essen. Und dann wollen diese Pfennig-, äh: Centfuchser sogar wegen Minimalbeträgen von einer Handvoll Euro auf Staatskosten vor Gericht ziehen? Mit monatlich 392 Euro, immerhin noch zusätzlich zur Brutto-Kaltmiete für die Wohnung, obwohl sie nicht arbeiten, lässt es sich doch ganz wunderbar leben! Der Gast-, äh: Gesetzgeber gönnt jedem Hartz-IV-Bezieher schließlich freigiebig insgesamt vier Euro, wovon er sich immerhin drei komplette Mahlzeiten zaubern kann: Frühstück, Mittagessen und Abendbrot.

Und das sogar jeden Tag, selbst in der Fastenzeit! Dann sollen sich die Arbeitslosen nicht so anstellen, wenn ihnen mal nicht der volle Betrag auf ihr Konto überwiesen wird oder zehn Prozent der Regelleistung gekürzt werden, ob sie sich nun einen Regelverstoß zuschulden kommen ließen oder nicht. Schließlich gibt es nicht immer Zeugen; dann muss halt prophylaktisch sanktioniert werden, um der Gerechtigkeit Genüge tun zu können. Was sind denn schon 39,20 Euro für ein großer Verlust?

Erwerbslose können doch ruhig mal Fünfe gerade sein lassen, statt die Staatskassen unnötig zu belasten und die Gerichte damit quasi lahmzulegen! Immerhin sind die Sachbearbeiter der Jobcenter meist derart überqualifiziert, da etliche von ihnen zuvor ihre besonderen Talente bereits in allen möglichen Sparten, beispielsweise bei der Post oder der Bahn, unter Beweis stellen durften. Mit diesem vielfältigen, besonders wertvollen, weil eben fachfremden, also zusätzlichem und dadurch speziell bereicherndem, mitgebrachtem Wissen wird die Kompetenz der Sachbearbeiter gewissermaßen derart erweitert, dass die Richtigkeit ihrer Bescheide automatisch über jeden Zweifel erhaben sein muss.

Es ist an der Zeit, dass endlich auch Erwerbslose als Bildungsferne zu würdigen lernen, wie umsichtig und völlig selbstlos Vater Staat mit ihnen umgeht und dazu auch noch ganz umsonst neue Blickwinkel durch ihre famosen Sachbearbeiter mit auf den Lebensweg gibt. Ja, natürlich notfalls auch mit struktureller Gewalt. Was soll man denn sonst machen? Es ist ganz ausgezeichnet, dass mit diesem Artikel im „Spiegel“ bestimmt eine wunderbare Werbung für das in dieser Woche erscheinende Buch „Vorsicht Rechtsanwalt– ein Berufsstand zwischen Mammon und Moral“ von Joachim Wagner gemacht wird.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz