418. Bremer Montagsdemo
am 08. 04. 2013  I◄◄  ►►I

 

Gesellschaftliche Teilhabe erfordert 1.000 Euro Grundsicherung!

Wolfgang LangeLieber Gerolf, wir wollen versuchen, mit diesem Brief dazu beizutragen, wieder zu unserer gemeinsamen Basis und zur bewährten Streitkultur zurückzukehren. Die Montagsdemobewegung ist entstanden im gemeinsamen Kampf gegen die Hartz-Gesetze – insbesondere Hartz IV. Sie genießt ein hohes Ansehen und hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Hartz-Gesetze bis heute von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden. Wir waren und sind uns darüber einig, dass mit den Hartz-Gesetzen der größte Angriff auf die soziale Lage eines Großteils der Bevölkerung in Deutschland geführt wurde und richteten daher von Anfang an unseren Kampf gegen die Bundesregierung.

Wir haben in den acht Jahren gemeinsamen Kampfes viel gelernt und sind zusammengewachsen. Für viele Mitstreiter(innen) ist die Montagsdemo ein wichtiger Treffpunkt für den gegenseitigen Austausch, für das Solidaritätsgefühl, für ein alternatives Gesellschaftsmodell... Wir haben gelernt, öffentlich zu reden, und vielen hat es geholfen, ihr Selbstwertgefühl zu behalten oder wieder zu erlangen. Und wir haben im Laufe der Jahre unsere Themen erweitert. Vor allem nach der Katastrophe in Fukushima zogen wir die Konsequenzen, den Montag zum „Widerstandstag“ zu machen – in der Erkenntnis, dass es dieselben Mächte sind, die auf Kosten der großen Mehrheit ihre Profite machen und hinter den Angriffen auf unsere soziale Lage stehen, und die, ebenfalls aus Profitgier, das Leben der Menschheit und die natürlichen Lebensgrundlagen aufs Spiel setzen.

In den acht Jahren hat sich in der Bevölkerung auch viel getan: Vor allem die heutige Jugend kennt gar nichts anderes mehr als Hartz IV. Bei ihnen löst die Forderung „Weg mit Hartz IV“ oft das Missverständnis aus, wir wollten ihnen das jetzt auch noch wegnehmen. Deswegen ist es richtig, geeignete neue Forderungen zu entwickeln. Ein Vorschlag, der von dir unterstützt wird, ist die Forderung nach einem „bedingungslosen Grundeinkommen“. Die MLPD unterstützt diese Forderung nicht und hat bereits mehrfach ihre Gründe öffentlich dargelegt.

Wir werden uns niemals damit abfinden, dass einem großen Teil der Bevölkerung ein befriedigender Arbeitsplatz versagt wird. Wir halten Arbeit für ein Grundbedürfnis. Alle Behauptungen, die „moderne Gesellschaft“ habe eben nicht mehr Arbeit für alle, sind falsch. Die Kapitalisten haben ein Interesse, dass ein größerer Teil arbeitslos ist, da dieses Arbeitslosenheer gut zur Lohndrückerei eingesetzt werden kann. Die Arbeiter und Angestellten aber können daran kein Interesse haben, sondern vielmehr, dass die Arbeit auf Kosten der Profite gleichmäßiger verteilt wird – zum Beispiel durch die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich.

Die Quelle allen Reichtums ist die Natur und die Arbeit. Auch alle „Sozialleistungen“, Arbeitslosengeld et cetera entstehen so. Die MLPD fordert deshalb, dass alle Beiträge zu den Sozialversicherungen von den Kapitalisten bezahlt werden müssen – am besten in Form einer umsatzbezogenen Sozialsteuer in Höhe von circa sechs Prozent. Die MLPD fordert die unbegrenzte Zahlung von Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Arbeitslosigkeit und eine Erhöhung des Sozialgeldes (Grundsicherung) für alle, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und nicht über ein eigenes Einkommen verfügen. Wir haben uns immer dafür ausgesprochen, dass diese Grundsicherung – statt Hartz IV – so hoch sein muss, dass sie eine Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermöglicht. Das sind derzeit – bei 60 Prozent vom Durchschnittsnettolohn – circa 1.000 Euro netto im Monat.

Lieber Gerolf, aus all dem Gesagten wird deutlich, dass deine Behauptung, die MLPD sei dafür, dass Hartz IV bleibe, jeder Grundlage entbehrt. Wie kommst du dazu? Du schreibst: „Es geht der MLPD um die ‚Schule des Klassenkampfs‘, das konkrete Thema ist egal“. Du weißt doch ganz genau, dass sich die MLPD schon immer mit großer Energie um die Probleme der Arbeiter, Frauen, Jugendlichen, Arbeitslosen und Rentnern kümmert – das sie uns eben nicht egal sind. Welche andere Partei hat sich denn, wie die MLPD, von Anfang an und durchgehend für den Aufbau und die Weiterentwicklung der Montagsdemonstrationen engagiert?

Ja – für uns sind Reformkämpfe eine „Schule des Klassenkampfes“ – aber nicht, weil uns das konkrete Reformziel egal ist, sondern weil wir wissen, dass erst der Sturz des Kapitalismus, die Errichtung des echten Sozialismus, die dauerhafte Befreiung von Ausbeutung, Unterdrückung, Kriegen und Not bringt. Das Reformergebnis ist aber relativ und zeitweilig. Wer nur darauf starrt, dreht sich wie ein Hamster im Rad: Jeder Lohnerhöhung folgt die nächste Preiserhöhung, die alles wieder auffrisst. Was aber bleibt, ist der um sich greifende Zusammenschluss der Ausgebeuteten und Unterdrückten; das Sammeln von Stärke, Erfahrungen und Fähigkeiten. Das heißt „Schule des Klassenkampfs“. Warum sollen wir uns mit Brosamen, mit einzelnen Verbesserungen zufrieden geben? Wir wollen – wie viele Menschen – eine lebenswerte Zukunft, die der Kapitalismus nicht bieten kann. Der echte Sozialismus wird den Charakter der Arbeit grundlegend ändern – es wird keine Ausbeutung der Arbeitskraft mehr geben.

Lieber Gerolf, vor allem über „Scharf links“ und den Verteiler der Montagsdemo hast du die Behauptung in die Welt gesetzt, die MLPD sei zur Verteidigerin von Hartz IV mutiert. Das können wir so nicht stehen lassen. Es widerspricht den Prinzipien unserer Zusammenarbeit, die von solidarischer Streitkultur geprägt ist und gegenseitige Angriffe in der Öffentlichkeit ausschließt. Wir bitten dich daher darum, das aus der Welt zu schaffen. Auch wenn wir Meinungsverschiedenheiten haben, sollten wir doch alle zum solidarischen Umgang miteinander zurückkehren. Nur gemeinsam sind wir stark.

Seit viereinhalb Jahren haben wir es mit der tiefsten Weltwirtschafts- und Finanzkrise zu tun, die der Kapitalismus je durchlaufen hat. Ein Ende ist noch nicht absehbar. Wir haben eine Umweltkrise, die existenzbedrohend für die ganze Menschheit ist. Der ganze Kapitalismus ist eine einzige Krise. Der Ausweg besteht im Sturz des Kapitalismus – in der internationalen sozialistischen Revolution. Um die Massen (besser: Bevölkerung) davon abzuhalten, wird mit Hilfe des modernen Antikommunismus versucht, einen Keil zwischen sie und die Marxisten-Leninisten zu treiben. Der Kapitalismus kann sich nicht mehr positiv darstellen – deswegen versuchen seine Verteidiger den Blick auf den revolutionären Ausweg zu verstellen, indem suggeriert wird, dass der Sozialismus/Kommunismus noch viel schlimmer sei als das, was sie täglich im Kapitalismus erleben.

Keine noch so abstruse Gräuelgeschichte, die nicht Lenin, Stalin und Mao Tsetung in die Schuhe geschoben wird. Und immer wird behauptet: Die Kommunisten setzen sich nur scheinbar für euch ein – in Wirklichkeit wollen sie nur ihr blutiges (besser: diktatorisches) Regime errichten. Anders herum wird aber ein Schuh draus: Der Antikommunismus ist die Ideologie der Unfreiheit, des Terrors gegen die Arbeiterbewegung und die Volksmassen, des reaktionären Militarismus und des Faschismus. Und der Kommunismus ist die Ideologie der Freiheit!

Mit deinen ungerechtfertigten Unterstellungen leistest du dem Antikommunismus Vorschub – vielleicht ohne es zu merken und ohne es zu wollen. Die MLPD ist radikal links, revolutionär und für den echten Sozialismus. Alle, die das unterstützen wollen, laden wir herzlich ein, in unserer Wählerinitiative mitzumachen (nächstes Treffen: Freitag, 12. April 2013, 17:30 Uhr, „Gem’s mug“, Langemarckstraße 82). Mit solidarischen Grüßen.

Zuschrift von Wolfgang Lange (MLPD-Ortsgruppe Bremen)

Lieber Wolfgang, „wir bitten dich, das aus der Welt zu schaffen“ – wie denn außer durch Löschung von Texten? –, ist höflich gesagt, aber ich werde mich nicht von der MLPD unter Druck setzen lassen, darum kommt dieser Brief auf die Homepage. Dass ich die MLPD kritisiere, ist noch lange kein Antikommunismus und auch kein Verstoß gegen die Streitkultur – den Maßstab setzen die Piraten mit ihren Shitstorms, und gerade die Montagsdemo-Homepage bildet dazu einen Kontrapunkt. Du kannst nicht erwarten, dass ich Kritik nur intern äußere, wenn sich unsere Diskussionen jahrelang bloß im Kreis drehen, bis ich das Gefühl habe, gegen eine Wand zu reden!

Gerolf D. BrettschneiderVon meiner Kritik habe ich nichts zurückzunehmen: Vergeblich warte ich auf einen Funken Verständnis dafür, dass ich nicht für „So­zi­al­un­ter­stüt­zung (oder Grund­sicherung) statt Hartz IV“ demonst­riere – das ist nämlich schlicht das Gleiche, eine herabwürdigende Behandlung zweiter Klas­se der Langzeiterwerbslosen. Dass sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, wird von der MLPD nicht infrage gestellt. Deshalb lautet mein Kommentar: Hartz IV muss bleiben – aus Sicht der MLPD.

Was den Vorwurf des Antikommunismus betrifft, so halte ich den Gedanken für naheliegend, dass revolutionärer Druck entsteht, wenn Menschen ausgebeutet, entwürdigt, entrechtet werden. Deshalb ist das Nachdenken über eine bessere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung notwendig, und eine Umsetzung wäre genial zu nennen, aber nachzudenken ist jedenfalls auch darüber, wie die Systemänderung im konkreten Detail beschaffen sein muss. Es bleibt hier die Frage der Existenzsicherung, solange es nicht bezahlte Arbeit für alle gibt. Herzliche Grüße.

Gerolf D. Brettschneider (parteilos)
 
Keine Umbenennung in „Basisgeld“: Von der Leyen scheiterte 2010
mit Hartz-IV-Imagepolitur („Spiegel-Online“)

Hans-Dieter WegeIch wundere mich am meisten darüber, dass Wolfgang hier von der Arbeit schreibt und wie notwendig sie für die Erfüllung der Menschen ist. Er redet hier nicht von der Lohnarbeit, wohl aber von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen, deren Teile alle von den Arbeitnehmer(inne)n erarbeitet werden müssen. Auf ihre Arbeit, also ihre Lohnarbeit selbst, haben aber alle Arbeitnehmer(innen) überhaupt keinen Einfluss: Was und wie sie sie ausführen müssen, bestimmt der Unternehmer. Selbst wenn es dem einzelnen Beschäftigten vielleicht noch so unsinnig vorkommt, muss er die Arbeiten weitestgehend so verrichten, wie es ihm der Unternehmer vorschreibt.

Wie soll eine solche Arbeit denn zur Erfüllung des Lebens beitragen, wenn man nur das machen darf. was einem vorgeschrieben wird? Und wenn man seitens der MLPD behauptet, die 30-Stunden-Woche mit vollem Lohnausgleich sei ausreichend, um die Misere der Arbeit zu lösen, dann würde ich gern einmal wissen, auf welcher Analyse diese Behauptung erfolgt. Mit Sicherheit braucht man derzeit keine zusätzlichen Lohnarbeitsstunden für die Arbeit, für die der Mensch sich derzeit verkaufen muss, nämlich die Lohnarbeit.

Das darf aber auch in meinen Augen nicht bedeuten, dass man ein Grundeinkommen fordern sollte, welches bedingungslos ist, wenn schon die erste Bedingung hierzu lautet, es müsste bedingungslos sein. Aber ein solidarisches gleiches Grundeinkommen ohne vorherige Bedürftigkeitsprüfung, finanziert aus der Produktivität dieser Gesellschaft eines Jahres, wobei sich jeder Mensch nach seiner Eignung und Befähigung im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten einbringt, ist bestimmt ein richtigerer Weg, als nun auf einmal wieder auf die Bis­marck’sche Sozialversicherung zu setzen, die schon oft durch den Staat zweckentfremdet wurde.

In einem kapitalistischen Staat geht es ausschließlich um die profitorientierte Produktion. Den einzelnen Unternehmen geht es um ihre Konkurrenzfähigkeit, und hier ist es überwiegend nur möglich, die Kosten der Produktion über die Löhne, über Entlassungen mit daraus resultierender Arbeitsverdichtung oder auch durch Schließung einzelner Unternehmensteile seine Wettbewerbsfähigkeit auf dem globalen Weltmarkt zu erhalten.

Arbeit gibt es in Deutschland oder auch überhaupt in der kapitalistischen Welt mit Sicherheit mehr als genug, aber in diesem System muss es sich eben auch um Arbeit handeln, die die Unternehmen zu bezahlen bereit sind; ansonsten wäre die notwendige Reproduktion der Menschen nicht möglich. Genau diese notwendige Reproduktion der Menschen wird derzeit von den Unternehmen aus den oben angeführten Gründen mindestens verschlechtert, und ein Weiterso würde letztendlich zur Verelendung großer Massen der Bevölkerung in allen kapitalistischen Ländern führen. Die Forderung nach einem Grundeinkommen auch auf Kosten der Profite darf also nur eine Übergangsforderung sein, hin zu einer neuen, besseren Gesellschaft, die auch im größtmöglichen Einklang mit der Natur stehen muss. Mit sozialistischen und solidarischen Grüßen.

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner unsozialer Politik) –
siehe auch „Scharf links

 

 

Langzeitarbeitslose haben deutlich geringere Lebenszufriedenheit

1. Na, wer hätte das gedacht: Schweizer Forscher widerlegen das Klischee des zufriedenen Arbeitslosen! „Glückliche Erwerbslose“ seien „ein Mythos“. Die meisten Medien scheuen üblicherweise nicht davor zurück, gebetsmühlenartig das Bild von den frohgemut in der „sozialen Hängematte“ schaukelnden oder sich auf dem Sofa vor dem Flachbildschirm fläzenden, Kartoffelchips kauenden, Bier schlürfenden Menschen ohne Erwerbsarbeit wiederzukäuen. Meist wird ihnen ungeprüft noch eine Riesenportion „Bildungsferne“ attestiert und ihre schließlich staatlich produzierte finanzielle Armut zu einer „sozialen Schwäche“ verdreht. Nicht zu vergessen die angebliche Faulheit, die die freudestrahlend vor sich hin Schmarotzenden davon abhält, sich einen der angeblich derart im Überfluss vorhandenen Jobs zu angeln, dass dafür sogar Facharbeiter aus dem Ausland geholt werden müssen!

Elisabeth GrafWissenschaftler von der Universität Lausanne belegen nun, dass Ar­beits­lo­sig­keit eben keine Gewöhnungssache ist: Die Betroffenen arrangieren sich keinesfalls nach längerer Zeit mit ihrer Situation und erleben sie als zunehmend belastend. Daher empfehlen die Wissenschaftler eine „konsequent aktivierende Ar­beits­markt­po­li­tik“, statt die Betroffenen mit Sanktionen zu strafen. Leider vergessen sie dabei, dass durch lauter „Coaching“ keine neuen Arbeitsplätze entstehen und viele Firmen lieber Jüngere einstellen. Auch mir selbst wurde vor Jahren von meiner Fallmanagerin vorgeworfen, ich mich hätte mit meiner Arbeitslosigkeit „bequem eingerichtet“.

Ich persönlich kenne nur Erwerbslose, die unter ihrer Situation leiden, weil sie dauerhaft perspektivlos und ausgegrenzt sind, vom Flop-, Mob- oder (No-)Job-Center schikaniert und gegängelt werden, am Ende des Geldes immer noch ganz viel Monat übrig ist. Natürlich frustriert es auch nur, permanent sinnlose Bewerbungen zu schreiben, um das Soll zu erfüllen. Wenn ich lesen muss, dass nach jeder Wirtschaftskrise, obwohl sich der Arbeitsmarkt wieder „erholt“ habe, eine steigende Zahl von Menschen dauerhaft arbeitslos bleibt, weil sie sich daran „gewöhnt“ hätten, oder dass der Leidensdruck durch die Arbeitslosigkeit mit zunehmender Dauer oder bei häufigen Jobverlusten abnehme und sich die Arbeitslosen an ihre Situation „gewöhnten“, sich scheinbar bequem im Sozialleistungsbezug einrichteten und nicht mehr nach Arbeit suchten –, dann kommt mir die Galle hoch.

In meinen Augen ist diese genannte Hysterese, das „Verbleiben“, ein aufgequirltes Geschwurbel, das nur der Hetze auf Erwerbslose dient, damit sie aus Angst vor dem Absturz jeden noch so erbärmlich niedrigen Lohn zu akzeptieren. Diese abenteuerliche Theorie ist nun endlich wissenschaftlich widerlegt: Weder Dauer noch Häufigkeit mindern den Leidensdruck der Arbeitslosen. Im Gegenteil verschlechtert sich ihr Wohlbefinden, je länger die Arbeitslosigkeit andauert. Langzeitarbeitslose haben eine deutlich geringere Lebenszufriedenheit als Kurzzeitarbeitslose.

 

2. Der Ruf aus den Sozialverbänden nach einem verstärkten Kampf gegen die Armut in Deutschland wird lauter. Die VdK-Präsidentin Ulrike Mascher kritisierte, das Armutsrisiko steige bereits seit Jahren, auch immer mehr Rentner gerieten in Not. Sie warnte vor einer drohenden Altersarmut infolge von Niedriglöhnen, Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Mascher forderte außerdem bei den Mütterrenten eine verstärkte Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992. Der Präsident des „Sozialverbandes Deutschland“, Adolf Bauer, blies ins gleiche Horn und sagte, jahrelanger Sozialabbau und fehlende Reformen für mehr Verteilungsgerechtigkeit hätten in Deutschland tiefe Spuren hinterlassen.

Damit sich für die Bezieher niedriger Einkommen die steigenden Energiekosten nicht zur Kostenfalle entwickeln und ihnen gar der Strom abgestellt wird, müssten verbindliche Sozialtarife oder ein Energiekostenzuschuss eingeführt werden. Ich finde diese Forderungen richtig und wichtig, doch kann ich nicht vergessen, dass die wachsende Armut gerade durch die Hartz-Gesetze dermaßen angestiegen, also staatlich gewollt und gesteuert ist!

Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder scheinbar Unbelehrbare, die wie der neue Chef der „Wirtschaftsweisen“, Christoph Schmidt, sogar einen aberwitzig zu niedrigen Mindestlohn von 8,50 Euro für „entschieden zu hoch“ halten. Dabei würde nur ein Mindestlohn von wenigstens 15,63 Euro vor echter Altersarmut schützen. Ungeachtet der steigenden Lebenshaltungskosten verlangt er einen noch niedrigeren Mindestlohn und „mahnt“, jeder Arbeitsplatz müsse sich „wirtschaftlich tragen“, damit er nicht wegfalle. Auch wenn in Deutschland „manche Arbeitnehmer nicht von ihrer Arbeit leben“ könnten, macht Schmidt dafür keinesfalls Dumpinglöhne verantwortlich, sondern „die erhöhte Bedürftigkeit von Haushalten mit Alleinerziehenden, einem arbeitslosem Partner oder vielen Kindern“.

 

3. Auch Großbritanniens Regierung baut den Wohlfahrtsstaat ab, Suppenküchen sollen offenbar die Sozialhilfe ersetzen. Kirchenleute, karitative Verbände, Gewerkschaften, Akademiker und Labour-Opposition kritisieren, dass nicht einmal Margaret Thatcher es gewagt habe, den Wohlfahrtsstaat in ähnlicher Weise auszuhöhlen. Obwohl Millionen Briten bereits jetzt am Essen und an der Heizung sparen müssen, werde die „Sparpolitik“ der Regierung das ärmste Zehntel der britischen Haushalte um fast 40 Prozent seiner Einkünfte bringen und Hunderttausende von Kindern zu einem „Leben“, besser: Vegetieren in Armut verdammen. Sozialhilfe, Wohngeld und Beihilfe für Invalide werden wesentlich eingeschränkt.

Familien, die über Sozialwohnungen mit einem „überschüssigen“ Zimmer verfügen, büßen künftig einen Teil ihres Wohngeldes ein, wenn sie nicht in kleinere Wohnungen irgendwo anders im Lande umziehen – obwohl solche kleineren Wohnungen oft gar nicht existieren. Die Sozialhilfe wird jährlich nur noch um ein Prozent erhöht, obwohl das weit unter dem aktuellen Preisanstieg für Nahrungsmittel, Strom, Benzin oder Bustickets liegt. Sogar von den mehr als zwei Millionen Angehörigen der ärmsten Schichten werden Kommunalsteuern erhoben. Statt Notzahlungen sollen in „akuten Bedarfsfällen“ Essensgutscheine für karitative Suppenküchen ausgegeben werden.

Die Zahl der Essenausgaben bei diesen Suppenküchen hat sich in den letzten drei Jahren bereits verzehnfacht. Die Bevölkerung soll aber nicht nur radikal verarmt, sondern auch noch weiter entrechtet werden, denn die Rechtshilfe für Verschuldung, Sozialhilfe, Unterkunft, Ausbildung oder Arbeitsrecht wird abgeschafft, also keine Auskunft mehr bei Räumungsbescheid, Schulausschluss, Vermieterwillkür oder Lohnausfall gegeben. Ein selbstbestimmtes Leben in Würde ist wohl nur noch denen vorbehalten, die entweder über besser bezahlte Arbeit verfügen, oder jenen, die mit einem goldenen Löffel geboren wurden, nicht selbst verdientes Geld erbten. Kann eine Regierung deutlicher zeigen, wen sie vertritt und wen sie mit Füßen tritt?

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

 

Atomdreck stop, weltweit!

Helmut Minkus Um sich eine Meinung für oder gegen Atomkraftwerke zu bilden, braucht man heutzutage nicht mehr viel zu wissen. Niemand braucht ein Experte zu werden, um darüber seine Meinung zu vertreten. Wir brauchen nicht mehr über den Sinn oder gar die Sicherheit von AKWs zu diskutieren, denn wir wissen, was Atomtechnologie – außer der Erzeugung von einem bisschen Strom – bereits alles angerichtet hat. Wir Menschen haben es schon erlebt: viele sinnlose Krankheiten, Tod und Elend.

Trotzdem bauen einige Verrückte noch immer Bomben und Atomkraftwerke. Andere bezahlen sie dafür gut und werden dabei selbst Millionäre. Dann haben sie Angst um ihr Geld und erfinden böse Feinde, damit wieder andere die Bomben darauf werfen sollen. Damit das alles funktioniert, wurde getestet, die Bevölkerung der Südseeinsel Rongelap verstrahlt und dann ihrem Schicksal überlassen. Verbrecher haben Bomben geworfen und gaben dem bösen Feind die Schuld.

Andere wollten „sichere“ Atomkraftwerke bauen, und als es eine Katastrophe gab, machten sie ein Erdbeben dafür verantwortlich. Der Tsunami hat außerdem noch ihre Sicherheitsstatistik beziehungsweise Wahrscheinlichkeitstheorien durcheinander gebracht. Erdbeben und Tsunami können Menschen nicht verhindern; doch wenn von ihnen gebaute Atomkraftwerke explodieren, haben skrupellose Menschen daran Schuld.

Einige haben uns erzählt, dass wir Atomkraftwerke bauen müssen, weil der Strombedarf steigen wird. Das wurde bisher von den meisten von uns akzeptiert. Es wurde erzählt, dass AKWs „sicher“ sind – bis auf ein „kleines Restrisiko“: Vielleicht gibt in ein paar Tausend Jahren mal einen Unfall, aber bis dahin sollten AKWs durch bessere Energieerzeuger ersetzt sein. Es wurde schöngeredet, und die meisten haben es geglaubt. Was dann innerhalb weniger Jahrzehnte geschehen ist, wissen wir: Skrupellose sind reicher geworden, Unschuldige dafür gestorben. Das darf so nicht weitergehen! Jetzt wollen sie uns erzählen, dass die Lichter ausgehen, wenn wir die AKWs abschalten.

Das ist nur noch ein lächerliches, verzweifeltes Argument der Atomstromer. Im Vergleich zum bisher Angerichteten habe ich deswegen keine Bedenken mehr, selbst wenn es diesmal ausnahmsweise nicht gelogen wäre. Doch bleiben wir weiterhin bei unserer Forderungen! Sagen wir nicht mehr höflich: Atomkraft, nein danke! Das wird schon seit Jahrzehnten gesagt. Schreien wir heute: Atomdreck endlich raus! Schreien wir so laut, dass es bis in den Schwarzwald gehört wird und über den Rhein hinweg bis zu unseren Nachbarn: Atomdreck raus aus Europa! Schreien wir noch lauter, sodass es bis nach China, Japan und Amerika gehört wird: Atomdreck stop, weltweit!

Helmut Minkus (parteilos)

 

Auf Transparenten rückt in den Vordergrund, den ganzen Kapitalismus nicht mehr zu wollen

Wolfgang LangeInternationale Journalisten haben dank geheimer Dokumente, die ihnen durch „Offshore-Leaks“ zugespielt wurden, eine Steuerhinterziehung großen Stils enthüllt. Das Schwarzgeld wird dazu auf die Cook-, Cayman- oder Jungferninseln transferiert, nach Guernsey, Jersey oder Mauritius, und auch die Deutsche Bank mischt mit. Während „Troika“ und Weltbank ganze Bevölkerungen in Armut zwingen, können die raffgierigen Angehörigen der herrschenden Klasse den Hals nicht voll kriegen – und wenn ihnen ihre eigene Gesetzeslage nicht passt, dann umgehen sie sie eben. Mit dabei sind auch die Söhne des ehemalige Präsidenten aus Kolumbien, Uribe Vélez, und der stellvertretende Gazprom-Chef. Aus der ganzen Welt sind Politiker, Manager, Anwälte und Kapitalisten verstrickt.

Uns predigen sie Wasser – sie selber trinken nicht, sie saufen Wein! Auch Zypern war – und ist noch – ein Steuerparadies. Wer meint, die reichen Russen würden nun zur Kasse gebeten, sieht sich getäuscht: Die haben ihr Geld längst anderswo untergebracht. Selbst während die Banken geschlossen waren, konnten sie unbegrenzt Milliarden in Ausland verschieben. Der zyprische Präsident Anastasiades leugnet zwar, seinem Schwiegersohn einen Tipp gegeben zu haben – aber seltsam ist schon, dass dieser 21 Millionen Euro in Sicherheit bringen konnte. Finanzminister Sarris war bis vor Kurzem Chef der Laiki-Bank, die jetzt zerschlagen wird.

Die Maßnahmen treffen nicht die Großen, sondern die Kleinen: Massiver Arbeitsplatzabbau, Senkung der Gehälter für Staatsangestellte um 12,5 Prozent, Senkung der Renten um weitere drei Prozent, Steuererhöhung um zehn Prozent für Tabak, Alkohol und Treibstoff, Erhöhung der Mehrwertsteuer von 17 auf 19 Prozent. Hausbesitzer sollen 70 Millionen Euro zusätzlich an Immobiliensteuer aufbringen. Ein Vorgeschmack, was auf uns alle zukommt! Die Arbeitslosigkeit in Griechenland beträgt inzwischen 26,5 Prozent, unter der Jugend sogar 58,4 Prozent; auch in Spanien liegt sie bei 26,3 beziehungsweise 55,7 Prozent.

Europaweit sind 19 Millionen Menschen arbeitslos, ein Viertel der Jugendlichen unter 25! Aber die Angst der Herrschenden ist groß, denn immer mehr rückt auf den Transparenten in Griechenland, Zypern, Spanien und Italien in den Vordergrund, den ganzen Kapitalismus nicht mehr zu wollen. Die Frage der gesellschaftlichen Alternative ist eine objektive Tatsache. Das alleinherrschende internationale Finanzkapital ist nicht durch „Bankenaufsicht“ oder „Regulierung der Finanzmärkte“ zu zähmen – es muss gestürzt und der Sozialismus aufgebaut werden!

In Fukushima gab es an diesem Wochenende schon wieder einen schweren Störfall: Ein Kühlsystem ist zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen ausgefallen, es besteht die Gefahr einer erneuten Kernschmelze.6,5 Tonnen Plutonium in Form von Brennstäben lagern in Abklingbecken – wenn da die Temperatur über 65 Grad steigt, kann es schon wieder losgehen. Jetzt sind 120 Tonnen schwer radioaktiv verseuchtes Wasser ausgetreten, und es erfolgt eine Verhöhnung der Öffentlichkeit durch die Regierung. Weltweit sind Hunderte AKWs in Planung. Weil der Profit über alles geht, egal zu welchem Preis, wird kein Menschenrecht, keine Natur geachtet. Deswegen fordern wir: Atomkraftwerke weltweit sofort abschalten – und den Herrschenden die Welt aus der Hand nehmen, ehe es zu spät ist!

Am 18. Mai 2013 findet die Auftaktdemo zum Pfingstjugendtreffen in Essen statt. In Aufruf heißt es: „Unsere Zukunft wird auch durch die Umweltkatastrophe bedroht. Deswegen brauchen wir eine breite und internationale Front des Widerstands. Für die sofortige und weltweite Stilllegung aller Atomanlagen auf Kosten der Betreiber! Verbot von Fracking! Weltweiter Umstieg auf erneuerbare Energien jetzt!“ – In Rotenburg geht der Streik bei Neupack weiter, weil Inhaber Krüger den Verzicht auf anschließende Maßregelungen ablehnt, zum Beispiel Kündigungen, Abmahnungen oder Schadenersatzklagen. Deshalb ist weitere Unterstützung gefragt!

Wolfgang Lange (MLPD)

 

Dank Hartz IV schon
vor der Rente altersarm

Hier meine Erfahrungen mit Hartz IV und dem sogenannten Jobcenter (das eigentlich falsch bezeichnet ist). Nach über zwölf Jahren ungerechtem, undankbarem Leiharbeiterdasein (ohne equal pay) durfte ich als 58-jähriger hoch qualifizierter Ingenieur schuldlos und unverdient auch als Bedürftiger die noch undankbarere Hartz-IV-Armutsfalle erleben, wo ich nach über 35 Berufsjahren mit allen Arbeitslosen gleichgestellt werde. Das von der Volksmehrheit abgelehnte und in den Medien berechtigte Negativ-Fazit der unrühmlichen Agenda 2010 kann ich nur voll bestätigen. Es ist wirklich ein einseitig zulasten von wehrlosen, arbeitslosen Bedürftigen und Schwachen ohne Lobby so gewolltes unwürdiges, drangsalierendes, deprimierendes, zum Teil diskriminierendes, übles, unverdientes, unfaires, leidvolles staatlich verordnetes Zwangsverelendungsprogramm mit unakzeptabel, unzumutbar überhöhtem Druck auf Arbeitnehmer.

Man wird als Bedürftiger zu einer „BG-Nummer“ und gelangt als Zwei­per­so­nen-„Bedarfsgemeinschaft“ mit zum Beispiel monatlich 570 Euro (davon circa 300 Euro für Warmmiete), weit unterhalb der Armutsgrenze, nach etwa zwei bis drei Monaten in eine finanzielle Verarmungs- und Absturzspirale, kommt in eine verzweifelte Lebenslage und regelrecht in Finanznot. Man kann vom Hartz-IV-Satz ohne Hilfe des Partners, von echten Freunden und Bekannten beziehungsweise durch Abbau von Ersparnissen, laufenden Finanzeinlagen und Einnahmen oder einem schlecht bezahlten temporären Minijob unmöglich normal überleben (es führt zu Substanzabbau).

Die Kostenkalkulation ist trotz Verfassungsgericht total unrealistisch, da viele Positionen (zum Beispiel Erhaltungskosten für Mobilität, Gesundheit, Versicherungen, Zinsen) lebensfremd, unreal oder nicht erfasst sind. Viele kommen zunehmend nur mit Hilfe der Tafel monatlich über die Runden. Das Schlimmste: Mühevolle Ersparnisse zur Absicherung sind ohne Einnahmen schnell aufgebraucht. Man muss sich durch Hartz IV immer mehr verschulden und teure Zinsen zahlen und wird schon vor der Rente altersarm (die zulässigen 150 Euro pro Lebensjahr sind Augenwischerei). Neben der unangenehmen Vermögens- und Konto-Offenbarung ist es am ungerechtesten, wenn einem zum Beispiel selbst erarbeiteter Lohn oder irgendwelches Geld zum falschen Monatszeitpunkt zugeht und man die Hartz-IV-Leistung ans Amt zurückzahlen muss oder diese Leistung fiktiv gekürzt wird (was zu allem Übel bei mir schon circa 2.000 Euro waren).

Aus diesem Teufelskreis kommt man nur nach einem vollen Arbeitsjahr heraus, weil man nach Kurzeinsätzen immer wieder in ALG II zurückfällt. Die stupide, inkompetente Vermittlungshilfe vom Amt ist überlastet, uneffektiv, faktisch unwirksam und bezieht sich nur auf Eingliederungsvereinbarung, Vermittlungs- und mit Glück Bildungsgutschein für zum Teil teure, aber passungenaue Kurse, auf die Abschiebung ins sogenannte Team 50 plus, das zum Teil schlecht gepflegte Arbeitsagentur-Online-Portal und die bürokratische Fahrtkostenerstattung zu Vorstellungsgesprächen mit zu langen Rücklaufzeiten (trotz gesetzlicher Fahrtkostenübernahmepflicht der einladenden Firmen halten sich nur wenige dran, was geduldet wird).

Meine laufende Intensivjobsuche mit Hunderten Recherchen und Bewerbungen kann kein Amt leisten, doch sind diese durch die geringe Erfolgsquote sehr belastend und entmutigend. Man hat zu viel zu tun mit sinnloser und aufgeblähter Bürokratie, mit lästigen und absurden Anhörungsschreiben, mit der Korrektur von fehlerhaften Bescheiden, mit Anträgen und Rückzahlungen. Bei Arbeitsplatzmangel kann das Amt auch keine Vermittlungswunder vollbringen! Wie sie überleben, fragt keiner. Von „Fachkräftemangel“ für ältere Bewerber gibt es keine Spur: In Süddeutschland ist fast Vollbeschäftigung, und viele flüchten ins Ausland.

Wenn man überhaupt einen Minijob bekommt (Rentner werden wegen längerer Motivation bevorzugt), muss man drei Viertel vom Minilohn demotivierend abgeben und wird praktisch zur unsozialen illegalen Schwarzarbeit gezwungen. Hauptsache, für die Erfolgsstatistik sind weniger Menschen arbeitslos! Das soll sinnvolles „Fördern und Fordern“ sein? Es ist für unser reiches Land ein Armutszeugnis, wie mit Bedürftigen umgegangen wird, wo die Reichen bekanntlich beim Reicherwerden begünstigt werden, es weder Vermögens- oder Finanztransaktionssteuer noch Mindestlohn gibt und Milliarden falsch eingesetzt werden, zum Beispiel für die Rettung nicht haftender Banken. Das ist unfassbar, skandalös, unzumutbar, ungerecht und unakzeptabel, das führt doch zu gefährlichem Wahl-, Politik- und Demokratieverdruss und ist gesellschaftsspaltender sozialer Sprengstoff!

Ich bin deshalb von unserer Regierung, die so etwas zulässt, und von dieser gewollten, einseitigen, undifferenzierten, unfairen Sozialnetz-Auffang- und Verarmungspraxis in unserer angeblich den Wohlstand mehrenden und chancengerechten realen sozialen Marktwirtschaft bitter enttäuscht. Ein Lob den Helfern, den ständigen Protesten und Demos gegen Hartz IV, ohne sie wäre es noch viel schlimmer! Es gehen dagegen aber noch viel zu wenige auf die Barrikaden. In Frankreich wäre das sicher anders. Ich bin froh, unter diesen Umständen im eisigen Turbokapitalismus nur noch wenige Jahre Arbeitnehmer sein zu müssen. Gegen so viel Ungerechtigkeit muss man sich unbedingt zur Beseitigung erheben, um längeres Leid zu verhindern. Der Arbeitsplatzmangel muss logischerweise ganz anders (zum Beispiel durch gemeinsames Timesharing) gerechter gelöst werden. Ohne Korrektur dieser Zustände ist sicher kein Bundestagswahlgewinn „von Rot“ erreichbar.

Nach meiner Erstrede am Offenen Mikrofon werde ich zukünftig sicher öfter Besucher der Montagsdemo in Bremen und Hamburg sein, wenn es meine Zeit zulässt und passt. Diese Ungerechtigkeiten, die keine demokratische Mehrheit im Volke haben, kann man einfach nicht mehr kampflos und inkonsequent hinnehmen. Sie müssen schnellstens beseitigt werden, damit unsere Gesellschaft im Turbokapitalismus nicht noch mehr gespalten wird. Macht weiter so mit eurer tollen Montagsdemo! Mit freundlichen Grüßen.

Zuschrift von Eberhard

 

Deutschland ist am radikalsten
unmenschlich geworden

Wir sehen alle immer weiter zunehmende Ungleichheit und stellen dann auch die Frage: Woher kommt das? Ich sehe auch immer wieder, wer für sich entscheiden kann, sich völlig von den propagierten Leitlinien abhebt und das auch bestimmt. Einige haben wohl auch von dem oldenburgischen Polizeipräsidenten gehört, der dem niedersächsischen Landtage eben gemeldet hat: „Ich bin bald 60, habe keinen Bock mehr und will auch wie meine Kumpel noch etwas vom Leben haben“, und schon ist wieder das geschehen, worüber Arbeitnehmer schon seit Jahrzehnten fluchen: Nicht eingezahlt und sich bedienen lassen, die Herren Staatsbediensteten – und wir sollen mindestens bis 70 arbeiten!

Das ist eben auch Agenda 2010, da ist weiter die Oberschicht, bei der sich Kürzungen nur ganz kurz ausgewirkt haben, und schon haben deren Angehörige ihre Privilegien im Verhältnis zu den Arbeitslosen exponentiell erhöht. In der Besoldungswelt sitzen die Lobbyistenvertreter und erbauen die etablierte Korruption, ja: Korruption gibt es in Deutschland! Die soll man nicht sehen, aber hier ist wieder ganz klar die Ungleichheit zu erkennen, die eben verfassungswidrig ist.

Es ist faktisch wie bei Einsteins Relativitätstheorie, dass im System Kapitalismus die Arbeitslosen keine Lobby haben und keine Werte aufbauen dürfen, was zu einer unaufhaltsamen Privatisierung und dem Ergebnis führt, das wir in Europa sehen. Deutschland ist am radikalsten unmenschlich geworden. Nur wenn Arbeitslose gegen diese Tatsachen gemeinsam kämpfen, ist der Neoliberalismus noch aufzuhalten!

Zuschrift von Günni, dem „Mann mit dem großen Hut“
 
Margaret Thatcher privatisiert Hölle: Tausende Dämonen
bangen um ihre Jobs („Der Postillon“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz