345. Bremer Montagsdemo
am 19. 09. 2011  I◄◄  ►►I

 

Bildungsferne durch Wahnsinnskosten der Bevormundungsbürokratie

Elisabeth Graf1. Ein Hartz-IV-Bezieher, nennen wir ihn Felix Z., wandte sich mit der Bitte um Hilfe an das „Erwerbslosenforum Deutschland“, nachdem er einen neuen Leistungsbescheid über Hartz IV für sich und seine Familie erhalten hatte. Im Bescheid vom zuständigen Mob-Center in Landkreis Dahme-Spreewald steht, „dass Leistungen nur dann weitergewährt werden, wenn Sie“ (Felix Z. und seine Familie) „im Rahmen Ihrer Möglichkeiten alles unternehmen, Ihre Hilfebedürftigkeit zu unterbinden. Das heißt beispielsweise, dass Sie sich intensiv um einen existenzsichernden Arbeitsplatz bemühen; sich aktiv an allen Maßnahmen beteiligen, die dieses Ziel unterstützen; Ihren Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung nachkommen; den Einladungen des Jobcenters folgen“.

Handelt sich das jetzt um eine neue Masche der Flop-Center im Allgemeinen oder nur dieses speziellen, im Zuge ihrer Verfolgungsbetreuung schon mal vorsorglich Sippenhaftung anzudrohen, wenn ein Familien-, äh: Bedarfsgemeinschaftsmitglied etwas – ja, was eigentlich konkret – gemacht oder nicht erfüllt hat? Sollte es dann tatsächlich vom Goodwill eines Sachbearbeiters abhängen, ob jemand alle seine Möglichkeiten genutzt hat? Was er alles erfüllen muss, bleibt allerdings völlig offen. Zählen höchstrichterliche Entscheidungen gar nichts mehr, die den Jobcentern inzwischen mehrfach auferlegt haben, sich zu konkretisieren? Das „Erwerbslosenforum Deutschland“ fordert die Bundesagentur für Arbeit auf, Bescheide von Jobcentern zu unterbinden, die Familien „quasi Sippenhaft“ androhen, wenn sich einzelne Menschen nicht so verhalten, wie es eine Behröde haben will. Einmal davon abgesehen, ist Kollektivhaftung in Deutschland verboten, und wem diese angetan wird, der kann sich dagegen zur Wehr setzen.

 

2. In den USA leiden, gemessen an der Gesamtbevölkerung, so viele Menschen an Armut wie seit beinahe zwei Jahrzehnten nicht mehr. 15,1 Prozent aller US-Amerikaner „leben“ unterhalb der Armutsschwelle, was 46,2 Millionen „Einzel“-Schicksale von armen Menschen bedeutet. Offiziell gibt es in den USA eine Arbeitslosenquote von derzeit 9,1 Prozent. Wer sich vor Augen führt, dass eine Durchschnittsfamilie heute lediglich elf Prozent mehr verdient als 1980, während die Verbraucherpreise im gleichen Zeitraum um rund 155 Prozent gestiegen sind, dem wird schnell klar, dass die zunehmende Armut durch den Anstieg von Tätigkeiten mit Dumpinglöhnen zustande gekommen sein muss. 15 Prozent arme US-Bürger, das ist der höchste Wert seit 1983. Die Armutsgrenze liegt nach offizieller Festlegung bei einem Jahreseinkommen von umgerechnet knapp 16.000 Euro für eine vierköpfige Familie und bei rund 8.100 Euro für eine einzelne Person.

Die staatlich verordnete Verelendung weiter Bevölkerungsschichten schwappt schon lange über den „Großen Teich“ bis nach Deutschland rüber. So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass inzwischen auch bei uns 2,4 Millionen Menschen einen Zweitjob annehmen müssen, weil sie vom Verdienst aus einer Haupttätigkeit nicht leben können. Da Frauen im Durchschnitt 23 Prozent weniger verdienen als Männer, erstaunt es nicht, dass 57,5 Prozent der Mehrfachbeschäftigten Frauen sind. Seit 2003 verdoppelte sich die Zahl derer, die einen oder mehrere Nebenjobs annehmen müssen, auf 2,4 Millionen Betroffene. Entsprechend stieg auch der Anteil der Arbeitnehmer mit Doppeljobs an allen Arbeitnehmern von 4,3 auf 8,5 Prozent. In über 82 Prozent der Fälle handelt es sich nach den vorliegenden Daten jedoch nicht um mehrere Minijobs nebeneinander, sondern um eine geringfügige Beschäftigung neben einer Haupttätigkeit.

 

3. In Zukunft wird es Hartz-IV-Beziehern leichter fallen, im Streit mit den Mob-, Flop- oder Job-Centern juristischen Beistand zu erhalten, der sich ihrer Belange annimmt. Laut einem noch unveröffentlichten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19. August 2011 müssen die im Sozialrecht außergerichtlich erlangten Gebühreneinnahmen nun vollständig beim mit der Angelegenheit befassten Anwalt verbleiben. Bisher wurden die entsprechenden Bezüge in aller Regel erheblich beschnitten, wodurch sich eine Vertretung sozial Hilfsbedürftiger ökonomisch nicht lohnte. Ich finde es unglaublich, dass sich zuvor sowohl die Sozialgerichte als auch das sächsische Justizministerium mit Händen und Füßen gegen die nun erfolgte Rechtskorrektur zur Wehr gesetzt haben!

Es war hanebüchen ungerecht und in meinen Augen grundgesetzwidrig, dass die mit Inkrafttreten von Hartz IV seit Jahresanfang 2005 geltende Gebührenordnung bis jetzt eine doppelte Kürzung von Anwaltshonoraren bei sozialrechtlichen Auseinandersetzungen vorsah. Erwerbslose, die falsche Bescheide bekamen oder schikaniert und zu Unrecht sanktioniert wurden, sollten sich offenbar nicht so gegen Amtsmissbrauch wehren können dürfen wie Menschen im Broterwerb. Klar, dass es sich für Anwälte dann nicht rechnete, für derart wenig Geld Klienten zu vertreten, für die es hingegen gefälligst immer hinnehmbar sein soll, für unglaublich geringe Entlohnung zu malochen. Merkwürdig finde ich nur, dass sich das Internet darüber ziemlich ausschweigt, wie ein noch unveröffentlichtes Urteil oder ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 19. August 2011 schon jetzt zu einer Gesetzesänderung geführt haben soll. Ich konnte auch beim Bundestag keine solche finden. Deswegen bin ich noch unschlüssig, ob ich mich wirklich schon freuen kann!

 

4. Bei der neuen OECD-Studie fällt Deutschland mal wieder negativ auf, weil – verglichen mit der Entwicklung 36 anderer Industriestaaten – das Bildungsniveau außergewöhnlich langsam angestiegen ist und viel zu wenig Hochqualifizierte wie Hochschulabsolventen und Meister „produzierte“. Die Experten spulen eigentlich nur gebetsmühlenartig herunter, was seit Jahren vollkommen zu Recht immer wieder angeprangert wird: Kinder aus finanziell schwachen Familien haben nach wie vor schlechtere Bildungschancen, weil ein guter Bildungsabschluss noch immer vom Portemonnaie der Eltern und von deren erzielter Ausbildung abhängig ist. Demnach schafften es in Deutschland lediglich 23 Prozent aller 15-jährigen Schüler aus den durch Armut benachteiligten Familien, in der Schule eine gute Leistung zu erzielen. Nur sieben der 36 verglichenen Länder schnitten noch schlechter ab als Deutschland.

Außerdem liegen in Deutschland die Bildungsausgaben nach OECD-Kriterien immer noch deutlich unter dem Schnitt anderer Industrienationen. Ausgerechnet im Grundschulbereich, wo das Fundament für einen erfolgreichen Bildungsweg gelegt wird, sind die Ausgaben besonders niedrig. Das Bundesbildungsministerium fühlt sich offenbar mal wieder zu Unrecht an den Pranger gestellt und hält dagegen, dass die öffentlichen Investitionen in die Bildung in den vergangenen Jahren um mehr als zehn Prozent gesteigert worden seien. Im vergangenen Jahr seien sogar mehr als 100 Milliarden Euro in die Bildung geflossen. Doch auch zur Aufhübschung des deutschen Bildungsdesasters dürfen nicht mal eben Birnen mit Äpfeln verglichen werden, nur um angestrengtes Bemühen zur Beseitigung des angeprangerten Makels beweisen zu wollen: Vergleichbar sind nicht die Gelder der jeweiligen öffentlichen Haushalte, sondern das Bruttoinlandprodukt („Bildung: Deutschland rutscht ab“, „Weser-Kurier“ vom 14. September 2011).

 

5. Wenn das Geld, das die Benachteiligung der Kinder aus armen Familien beseitigen soll, in so etwas Beklopptes wie das sogenannte Bildungspaket von Arbeitsministerin von der Leyen gesteckt wird, dann ist es kein Wunder, dass weder das ausgegebene Geld ankommt, noch die angeblich beabsichtigte Chancengleichheit erreicht werden kann. Woran kann es bloß liegen, dass in Bremen nur ein Drittel der berechtigten Familien, die Anspruch darauf haben, die „tollen Zuschüsse“ nutzen? Sicher nicht nur daran, dass viele Schulen, Kindergärten oder Sportvereine mit der entstandenen Bürokratie überfordert sind. Die Familien erhalten pro Kind sagenhafte zehn Euro monatlich, wenn sie sich und ihre Kinder mit der blauen Diskriminierungskarte als gesellschaftlich ausgestoßene Hartz-IV-Bezieher outen. Mir sind persönlich einige Fälle bekannt, in denen Eltern diese „tollen“ Vergünstigungen eben wegen der Stigmatisierung nicht in Anspruch nehmen.

Kennt Frau von der Leyen die tatsächlichen Kosten für Sport- und Musikunterricht für die Kinder? Das wage ich trotz ihrer eigenen Kinderschar zu bezweifeln, da bestimmt nicht sie persönlich für solch profane Rechnungen zuständig ist, sondern ihr Personal. Wenn bisher kaum Anträge eingegangen sind, lag dies bestimmt nicht an der angeblichen Bildungsferne der Familien, sondern an der Diskriminierung, den bürokratischen Hürden und der meiner Meinung nach beabsichtigten Unwissenheit aller Beteiligten. Alles könnte so viel leichter sein, wenn endlich die Regelsätze – nicht nur für Kinder! – angemessen ausfielen, und zwar bitte auch ohne die Begleiterscheinung der Verfolgungsbetreuung! Wenn den Eltern die kleine Erhöhung einfach so ausgezahlt würde, ließen sich wahnwitzige Ausgaben für unnötigen Bürokratieaufwand vermeiden, indem Eltern als vernünftige Erwachsene behandelt würden und nicht als eine Art egoistischer Idioten, die das Geld für ihre Kinder lieber versaufen oder verrauchen. Aber das ist wohl nicht vorgesehen, obgleich vom Bundesverfassungsgericht gefordert!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
„Bremen, Hochburg des Glücks“: „Wir brauchen kein Geld,
um fröhlich zu sein“ („Bild“-Zeitung)
 
Griechenland kann weder Schulden noch Zinsen abtragen: Ursache ist nicht zuletzt die von deutschen Hardlinern durchgesetzte Krisenpolitik („Linksnet“)
 
Springer-Konzern ist Papst: Ein frommer Mensch würde sich diese
Vereinnahmung und Vermarktung verbitten („Bild“-Zeitung)

 

Ich weiß, wann Lust auf
Arbeit aufkommt

Hallo! Die Frau, die hier über Hartz IV schreibt, ist zu belobigen: Sie hat immer recht, und wenn man nachprüft, ist es auch Prawda. Ich habe es heute wieder erlebt im Amt, wie versucht wird, klar zu machen, wie gerecht Hartz IV sein soll: „Wir geben nur, was Sie zum Leben brauchen“ – und dass Kosten wie Busfahrten auch im Regelsatz drin sein sollen. Aber beim Bus sind nur zwei oder drei Fahrten zur Menschenvermarktung drin. Ich sehe überall: Für einen Euro hat keiner den Anreiz, sich tatsächlich idealistisch zu engagieren, weil die Betroffenen merken, wie klein man wird mit diesen Zwangsarbeiten. Ich weiß, wann Lust auf Arbeit aufkommt: nur dann, wenn bei einem selbst endlich finanzielles und materielles Wachstum ankommt. Ich habe damals als Maurer einmal 10.500 DM Lohn für ein Haus bekommen und mich so auf Arbeit gefreut, denn da konnte ich mir im Herbst einen schönen alten Mercedes kaufen. So ging es den meisten vor zwanzig Jahren, zu Sowjetzeiten – das muss wieder her! Mit sozialistischen Grüßen.

Zuschrift vom „Mann mit dem großen Hut“
 
Vom Elend der Nutzerkommentare: Warum nur gelegentlich Zuschriften
auf dieser Website veröffentlicht werden („Süddeutsche Zeitung“)
 
Billigere Alternative bleibt undiskutiert: Rettungsschirme verteilen Steuergeld an die weltweit reichsten fünf Prozent der Individuen („Frankfurter Allgemeine)

 

Warum parallele Sicherungs­systeme, wenn nicht zur Spaltung?

Gerolf D. BrettschneiderIch freue mich, dass die „Rote Fahne“ der Grundsatzdiskussion über Hartz IV in Heft 35/2011 wieder eine ganze Seite gewidmet hat. In der Antwort auf einen Leserbrief schreibt die Abteilung Aktiver Volkswiderstand des Zentralkomitees der MLPD: „...z.B. ist es richtig, die ‚Erhöhung des Arbeitslosengeldes I und die unbegrenzte Fortzahlung für die Dauer der Arbeitslosigkeit!‘ zu fordern und dafür zu kämpfen. Und – weil es immer mehr Menschen gibt, die erst gar keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erwerben können – auch die ‚Erhöhung des Sozialgeldes!‘ mehr zu propagieren“ (Seite 29). Diese beiden Forderungen stehen im Kampfprogramm der Partei (Abschnitt 6).

Wohlgemerkt: Die Ausgrenzung weiter Bevölkerungskreise von der Teilhabe am Sicherungssystem erster Klasse gegen die Folgen der Erwerbslosigkeit wird hier nicht als falsch kritisiert. Es erstaunt mich, dass die MLPD das Nebeneinander zweier solcher Systeme – Arbeitslosengeld I und Sozialgeld – für die kapitalistische Gegenwart offenbar als richtig erachtet und darin auch keine Spaltung der Arbeiterklasse erkennen kann. Dabei ist es doch eine Fiktion, nur das Arbeitslosengeld I sei Lohnersatzleistung, das Sozialgeld hingegen Existenzsicherung für Kranke oder nicht Arbeitsfähige. Tatsächlich werden einfach alle Menschen zu Sozialgeldempfängern gemacht, die von der Wirtschaft über längere Zeit hinweg oder seit jeher nicht gebraucht worden sind, völlig ungeachtet ihrer Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit.

Warum hält es die MLPD für richtig, dass diese Betroffenen kein Arbeitslosengeld I, sondern bloß eine Sozialleistung zweiter Klasse bekommen? Was können sie für das Fehlen von Arbeitsplätzen? Die Existenz paralleler Sicherungssysteme braucht eine Rechtfertigung, nicht nur von Merkel und Gabriel, sondern auch von der MLPD, wenn sie das richtig findet. Ich halte dieses Nebeneinander für falsch, denn es bewirkt eine Entsolidarisierung der Erwerbslosen untereinander – eine Spaltung zwischen den als „fleißig“ oder „faul“ Eingestuften, die nur im Interesse des Klassengegners liegen kann.

In technischen Anlagen wird Redundanz benötigt, um unvorhergesehene, den Normalbetrieb unterbrechende Störfälle während einiger kritischer Minuten oder Stunden beherrschen zu können. Der deutsche „Sozialstaat“ hingegen befindet sich seit Jahrzehnten im Gesetz gewordenen Katastrophenmodus – und das Zentralkomitee der MLPD, die doch sonst ganz anders tickt, findet es nun „richtig“, mehr zu „propagieren“, dass die „Notkühlung“ weiter aufgedreht wird, um die „soziale Kernschmelze“ „unbegrenzt“ für die Dauer der Katastrophe – tausend Jahre? – aufzuhalten. Das ist weniger als Reformismus, das ist Reformverweigerung zulasten der Ausgegrenzten!

Gerolf D. Brettschneider (parteilos)
 
„Unser Volk möchte die Antwort der Welt hören“: Palästina stellt Antrag auf Anerkennung als Staat und als Mitglied des Völkerbundes („Spiegel-Online“)
 
Sauberkeit nach Körpermaß: Brauchen Kurze weniger
Warmwasser? („Süddeutsche Zeitung“)

 

Aktion zum Thema Sozialstrom

Hans-Dieter WegeHallo Sahra Wagenknecht! Fast überall in Deutschland kündigen sich Energiepreiserhöhungen an, zum Teil um die zehn Prozent herum. Es gibt ja nun die europäischen Richtlinie für Sozialstrom. Nicht jeder Kreisverband eurer Partei dürfte hierüber Bescheid wissen. In meinen Augen solltet ihr aus dem Bundestag und/oder aus dem Bundesvorstand heraus eine Strategie für alle Kreisverbände entwickeln, damit in jedem Stadtrat und jedem Kreistag gleichzeitig die Sozialenergie gefordert wird. Das werden eure Wählerinnen und Wähler bestimmt positiv aufnehmen – und alle finanziell benachteiligten Menschen erst recht. Die Re­kom­mu­na­li­sie­rung kann man weiterhin ebenfalls fordern. Hierzu sollte „Die Linke“ ganz schnell aktiv werden! Die entsprechenden Richtlinien der EU sind euch bekannt. Eine Antwort wäre nett! Mit freundlichen Grüßen.

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner unsozialer Politik)
 
Von wegen Knappheit: Auch nach Abschaltung von acht Atomkraft­werken sind die Stromexporte größer als die Importe („Focus“)
 
Fukushima mahnt: Bevölkerung vor atomaren Gefahren schützen (IPPNW)

 

Jeder Hanswurst darf unsere Atemluft zu giftigen Abgasen verbrennen

Helmut Minkus Es sieht so aus, als stehe zumindest in Deutschland eine Energiewende kurz bevor. Vielen Atomgegnern und Mitbürgern scheint es, als würden demnächst alle deutschen AKWs abgeschaltet. Die großen Demos sind vorbei, der Atomausstieg bis 2022 scheint geregelt, und man kann wieder etwas beruhigter seinen Alltag genießen. Doch das Thema ist noch lange nicht zu Ende. Die Initiativen und Beiträge jedes einzelnen Mitbürgers sind wichtiger als je zuvor, um den Atomausstieg tatsächlich wie beschlossen zu verwirklichen.

Die Atomstromer werden weiterhin versuchen, längere Laufzeiten herauszuholen. Politiker werden sich wieder von Stromkonzernen und Atomstromern für ihre Zwecke benutzen lassen – wie schon oft geschehen. Es wird weiterhin versucht uns einzureden, wie sauber Atomkraft sei, obwohl eine sichere Lagerung beziehungsweise Beseitigung des Atommülls nicht möglich ist – oder dass die Versorgungssicherheit nicht mehr gewährleistet sei, ohne neue Kohlekraftwerke bauen zu müssen. Das bedeutet: Wer Atomkraftwerke weg haben will, muss auch aufpassen, dass er nicht plötzlich Kohlekraftwerke vor die Nase gebaut bekommt!

Atomausstieg ist ohne irgendwelche Probleme bis 2015 möglich, ohne neue Kohlekraftwerke, das zeigt auch eine Studie, die im Auftrag von „Greenpeace“ durchgeführt wurde. Sie heißt „Der Plan“. Diese Zusammenhänge werden in einer Vortragsreihe von „Greenpeace Bremen“ verdeutlicht, in Zusammenarbeit mit der Vereinigten Evangelischen Gemeinde Bremen, Gemeindezentrum Zion, Kornstraße 31. Termine sind der 27. und 29. September sowie der 6. und 13. Oktober 2011. Es wird nicht nur eine Energiewende in Deutschland gebraucht, sondern eine weltweite Klimawende!

Einer der Gründe: Heutzutage darf jeder Hanswurst unserer Erdatmosphäre tonnenweise Atemluft entnehmen, um sie zum Beispiel in seiner Heizung, seiner Yacht oder gar in seinem Auto zu giftigen Abgasen zu verbrennen. Zusammen mit jedem Liter Heizöl oder Kraftstoff darf dann jeder Mensch drei Kilogramm Kohlendioxid in seine ihn umgebende Atemluft blasen. Fast niemand – außer mir und ein paar anderen? – scheint sich darüber zu wundern, dass eine solche Schweinerei erlaubt ist und nichts kostet.

Stattdessen jammert fast jeder Autofahrer täglich, wie teuer ein Liter Benzin doch ist. Mit dieser Zahl kann sich jeder Mensch selbst ausrechnen, mit wie viel Tonnen pro Jahr er am Klimawandel durch Kohlendioxid-Produktion beteiligt ist. Wie viele Liter Treibstoff und Heizöl man selbst verbrennt, ist sicher bekannt; die muss man dann nur noch mit drei malnehmen. Wer bei diesem Ergebnis noch ruhig bleiben kann, ohne irgendwie aktiv zu werden, dem ist noch nicht klar genug, was er selbst anrichtet!

Helmut Minkus (parteilos)
 
Linksruck in Frankreich: Erstmals seit 1958 verlieren Konservative
die Mehrheit im Senat („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz