296. Bremer Montagsdemo
am 20. 09. 2010  I◄◄  ►►I

 

Fräu Ley’n, Ihre Gesetzentwürfe
sind alle verfassungswidrig!

Elisabeth Graf1. Ein neuer Name, und alles wird gut, oder warum möchte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen so gern auf die Bezeichnung Hartz IV verzichten? Bei der „Neuberechnung“ der Hartz-IV-Sätze wollte sie den Begriff „Basisgeld“ im Sozialgesetzbuch neu etablieren, indem es die „Grundsicherung“ für Erwachsene und Kinder ablöst. Erwogen wird ein Vorschlag wie „Basissicherungsgesetz für Erwerbsfähige und ihre Familien“. Dabei sollen die Regelungen für die Bürger „verständlicher“ werden als bisher. Dafür müssten wohl erst mal klare und eindeutig auszulegende Gesetze geschaffen werden! Nicht nur der Begriff „Hartz IV“ ist negativ, sondern diese gesamte asoziale Gesetzgebung, die durch ein bisschen Kosmetik ebenso wenig inhaltlich verbessert wird wie durch Antifaltencreme der Hautalterung vorgebeugt werden kann. Ein Scherzkeks aus meinem Bekanntenkreis schlug die Bezeichnung „Bagissicherungsgesetz“ vor. Damit könnten doch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden! Damit wäre ein wohlklingender Name geboren und der Fortbestand der Argen zudem gesichert.

Der Sprecher des „Erwerbslosenforums Deutschland“, Martin Behrsing, betonte, dass wir keinen Versuch der bloßen Imageaufbesserung des Begriffs Hartz IV benötigen, sondern die Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nach einer Neuberechnung und einem transparenten Verfahren. „Basisgeld“ lässt Schlimmes befürchten, indem die Gewährung von Leistungen in Zukunft noch undurchsichtiger wird und die über das „Basisgeld“ hinausgehende Bedarfe vom guten Willen des sogenannten Familienlotsen oder Fallmanagers abhängen. Alle in diesem Zusammenhang bisher gemachten Vorschläge der Bundesarbeitsministerin liefen nur auf das Ziel hinaus, maximale Bevormundung und Einmischung des Staats in private und familiäre Angelegenheiten zu schaffen. Augenfällig liege es nicht in ihrer Absicht, die Hartz-IV-Armut zu beseitigen.

Derweil sieht es ganz danach aus, als ob Ursula von der Leyen mit einer immer schamloseren Trickserei bei der Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes den nächsten Verfassungsbruch vorbereitet. Die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion „Die Linke“, Katja Kipping, kritisiert, das Ministerium gehe von einem Regelsatz von 430 Euro aus und berücksichtige dabei noch nicht mal alle Auflagen des Bundesverfassungsgerichts. Es gibt natürlich zu denken, wenn die Bundesregierung gleichzeitig die Herausgabe der Zahlen der „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008“ gegenüber dem Parlament verweigert, obwohl diese längst vorliegen. Die Bundesregierung versucht die Abgeordneten bewusst in Unwissenheit zu halten, um das Würfeln, äh: die Berechnung, nach politischem Gutdünken beliebig manipulieren zu können! Wenn diese Manipulation von der Bundesregierung mit einem Zeitplan kombiniert wird, der eine seriöse Behandlung unmöglich macht, kommt dies einer Nacht-und-Nebel-Aktion gleich, die weit von der Forderung des Bundesverfassungsgerichtes auf ein eigenständiges Grundrecht auf die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums abweicht! Bei dieser Methode ist weit und breit überhaupt gar nichts von der geforderten Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu erkennen. Wir fordern eine verfassungsgemäße Neuberechnung der Regelsätze und der Ausgestaltung der Grundsicherung so lange, bis die vermaledeiten Hartz-Gesetze durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ersetzt werden!

 

2. Ich finde es unglaublich, dass der Bundesgerichtshof nun urteilte, Kinder müssten selbst dann für ihre Eltern zahlen, wenn diese sich wegen einer langen Krankheit im Grunde nie richtig um ihre Kinder kümmern konnten und seit Jahrzehnten kein Kontakt mehr gepflegt wurde. Im vorliegenden Fall dürfen Sozialbehörden die Heimkosten für pflegebedürftige Menschen auf deren erwachsene Kinder abgewälzen, wenn diese genug Geld haben. Nach diesem Grundsatz muss der Sohn einer verstorbenen, psychisch kranken Frau die Pflegekosten in Höhe von 40.000 Euro übernehmen. Auch wenn eine Mutter „grausam“ war, sei ihre psychische Krankheit kein Grund, die Kosten für ihre Pflege nicht zu übernehmen.

Ein 48-jähriger Mann hatte sich geweigert, der Stadt Gelsenkirchen mehr als 40.000 Euro an Pflegekosten für seine inzwischen gestorbene Mutter zurückzuzahlen, weil diese sich nur im ersten Lebensjahrzehnt und auch nur mit Unterbrechungen überhaupt um ihn habe kümmern können. Dabei litt die Mutter unter einem Waschzwang, habe ihre Kinder „zwangsgebadet“ und deren Kleider zerschnitten. Spätestens seit 1977 habe er keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt. Das Karlsruher Gericht stellte klar, dass die Unterhaltspflicht der Kinder für ihre pflegebedürftigen Eltern zur innerfamiliären Solidarität gehört – und zwar auch dann, wenn die Kinder wegen einer „schicksalsbedingten“ Krankheit wenig von den Eltern hatten. Ich fürchte, dass zukünftig die Familienangehörigen anstelle des Staates immer mehr herangezogen werden. Das Geld ist dafür nicht mehr da. Das haben jetzt andere (Aktenzeichen XII ZR 148/09).

 

3. „Juchhu“, jubiliert Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und möchte den Boom prekärer Arbeitsplätze furchtbar gern als Jobwunder feiern dürfen. Dass die sinkende Arbeitslosigkeit in Wahrheit vor allem auf dem Boom von Billigjobs beruht, möchte er gar nicht so gern hören. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion „Die Linke“, Sabine Zimmermann, kritisiert, die Zahlen des IAB gaukelten ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit vor, denn hinter der erwarteten Zunahme der Beschäftigung verberge sich ein dramatischer Strukturwandel am Arbeitsmarkt: Teilzeit und Minijobs ersetzen immer mehr Vollzeitarbeitsplätze, und Vollzeitarbeitsplätze gibt es inzwischen gar zu gern als Leiharbeit. So entstehen immer mehr Arbeitsplätze, von denen die Beschäftigten nicht leben können. Ans Feiern ist hier also nicht im Entferntesten zu denken, sondern hier ist die Politik gefordert, endlich einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen und den Missbrauch von Lohnarbeit zum Lohndumping zu beenden! Des Weiteren sollte nicht vergessen werden, dass permanent die Arbeitslosenstatistik aufgehübscht wird, indem aus ihr auf dubiose Weise Arbeitslose nicht mehr mitgezählt werden, obwohl sie unverändert arbeitslos sind, weil sie zum Beispiel in einen „Lehrgang“ gestopft werden, krank sind, als Ein-Euro-Sklave arbeiten müssen oder ganz banal von Dritten oder privaten Arbeitsvermittlern „betreut“ werden.

Alle paar Wochen kommt dann die Meldung, in Deutschland gingen die Arbeitskräfte aus, zumindest, was die Facharbeiter betrifft. Es klingt so gut, was die gleichgeschalteten medialen Spatzen da von den Dächern pfeifen sollen, die seien Arbeitslosenzahlen derart gesunken, dass wir sogar schon von einem „Arbeitskräftemangel“ sprechen könnten. Eiderdaus, wieso gibt es denn überhaupt noch Erwerbslose? Wollen die nicht? Tja, in diese Richtung soll wohl gelenkt werden! Nach der schwersten Wirtschaftskrise seit Generationen wird nun sogar schon von einem „Jobwunder“ fantasiert. Mit einer Riesenportion Selbstbeweihräucherung vorgezeigt werden uns die Ergebnisse gut eines Jahrzehnts „moderner“ Tarifpolitik und moderater Lohnabschlüsse, eines international „wettbewerbsfähigen“ Industriestandortes und schmerzhafter, aber „erfolgreicher“ Hartz-Reformen der rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder, und wir sollen vor Ehrfurcht erglühen! Zum Jubel ist es dennoch verfrüht, da sich dunkle Wolken am Horizont zeigen, die angesichts des demografischen Wandels und sinkender Bevölkerungszahlen von neuen Gefahren unken lassen, was die bereits erreichten „Erfolge“ gefährden könnte.

Vollmundig schwadronieren echte „Experten“ davon, die Erholung auf dem Arbeitsmarkt beruhe auf dem „kräftigen Aufschwung“ und auf strukturellen Effekten, vor allem aber auf den Hartz-Reformen, die den „verkrusteten Arbeitsmarkt aufgebrochen“ hätten. Das goldene Konzept des „Förderns und Forderns“ habe sich eben ganz fantastisch bewährt, da Arbeitslose nun eher dazu „bereit“ seien, auch ungeliebte Jobs anzunehmen. Um derlei „Aufschwung XL“, „Boom“ und „Vollbeschäftigung“ erhalten zu können, würden Menschen länger arbeiten, mehr Frauen in Vollzeit tätig sein und Menschen ohne Abschluss qualifiziert werden müssen. Doch ohne Zuwanderung sei langfristig keine Vollbeschäftigung zu erreichen. – Gehen nicht eher Deutschlands Zeitarbeitsfirmen die Fachkräfte aus? Wenn es Mangel gibt, warum wird der nicht einfach abgestellt, indem die Betriebe selbst ausbilden? Das schafft loyale Facharbeiter, die zudem den Betrieb und die Anforderungen kennen! Aber dies kostet dummerweise Geld, was inzwischen lieber dem Steuerzahler genommen wird.

 

4. Derzeit können Arbeitslose über 50 bis zu 24 Monate lang Arbeitslosengeld I beziehen. FDP-General Christian Lindner ist das zu viel, seine Partei fordert eine deutliche Absenkung der Bezugsdauer für ältere Arbeitslose: Überfünfzigjährige Erwerbslose sollten künftig maximal zwölf bis 18 Monate Arbeitslosengeld I beziehen, womit sich rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr einsparen ließen. Klar, die Langzeiterwerbslosen sind ja auch selber schuld an ihrer Arbeitslosigkeit und daran, dass sie trotzdem schon „so alt“ geworden sind! Oder ist bei der neoliberalen Einstellung der FDP gar nichts Menschliches wie eine Schuldzuweisung notwendig, um über das Parteiprogramm derartiges zu fordern? Könnte die FDP dann nicht einfach kontern, dass die Menschen in den meisten Fällen zwar nicht schuld daran seien, dass sie keinen Job mehr bekommen, aber es doch verstehen müssten, dass sie, wenn sie nicht mehr verwertbar sind, auch nicht so teuer sein dürfen? FDP, wofür steht das noch mal, für „Feige Dekadente Pest“?

Aber eines muss an dieser Stelle mal gesagt werden: Die Zeiten sind vorbei, in denen Güte, Liebe, Geduld an den Tag gelegt werden, wo der Anblick eines Kindergesichtes mit allen Merkmalen des Kindchenschemas an die eigene Fürsorglichkeit appellierten. Nein die neoliberale Politikergeneration reagiert nicht mehr auf einen überproportional großen Kopf, eine gewölbte Stirn, Kulleraugen, runde Wangen, sondern auf ein riesiges leeres Portemonnaie, auf das Rascheln von Banknoten und das Klirren von Münzen, vor einem herrschaftlichen Panorama aus Stahl und Glas und eiskalter Berechnung, Macht halt.

 

5. Am vergangenen Samstag fuhr ich morgens mit einem Bus der Partei „Die Linke“ zur Großdemonstration gegen die unverantwortliche Verlängerung der Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraftwerke nach Berlin. Es gibt absolut keinen nachvollziehbaren Grund, den beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie rückgängig zu machen, im Gegenteil: Gerade die alten Meiler weisen gravierende Sicherheitsmängel auf. Vor allem in Hinblick auf die Sicherheitsanforderungen betreibt die Bundesregierung Klientelpolitik, indem sie einseitig die Interessen der Konzernvorstände bedient, aber nicht die Belange von Beschäftigten und Bevölkerung berücksichtigt. Es ist einfach nicht hinnehmbar, wie sich das schwarz-gelbe Gruselkabinett mit seinen heimlich geschlossenen Verträgen am Bundesrat vorbeizuschmuggeln sucht, nur weil es dort die Mehrheit verloren hat. Wenn wir eine derart unverantwortliche Politik erleben, die sich einzig um die Profite der Betreiber der Atomkraftwerke kümmert und sich nicht die Bohne um den Schutz der Bevölkerung schert, die noch immer keine Antwort darauf hat, wo der nukleare Abfall endgelagert werden kann, dann müssen die Bürger einfach massenhaft auf die Straße gehen, um den Politikern ihre Grenzen aufzuzeigen!

Auf der Autobahn sahen wir unzählige Busse, die ebenfalls nach Berlin unterwegs waren; wir winkten uns zu. Mit Sonderzügen und über 150 Bussen reisten Menschen aus dem ganzen Land nach Berlin, um gegen die Atompläne der Bundesregierung zu demonstrieren. Ihre Forderung war unüberhörbar: „Atomkraft: Schluss jetzt!“ Es wurde darüber berichtet, dass in Stuttgart der Sonderzug nach Berlin – angeblich wegen Reparaturen – 30 Minuten früher abfahren war, sodass die Demonstranten ihr Ziel nicht erreichen konnten und die Zahl der Wehrhaften entsprechend geringer ausfiel. Was für ein Zufall, dass der Zug nicht später abfuhr – wie sonst immer! Wir hörten auch, dass wir nicht wie geplant auf der Wiese vor dem Reichstag ankommen durften, sondern mussten mit dem viel kleineren Platz hinter dem Bahnhof vorlieb nehmen. Hier versammelten sich nach einer mehrstündigen Fahrt immer mehr Teilnehmer der Demo, und es war sehr unbefriedigend, hier so lange verweilen zu müssen, weil es einen Engpass bei der Brücke gab, die über den Bahnhof hinweg zum Regierungsviertel führte, das von den Demonstranten umzingelt werden sollte.

Symbolisch war das sicher eine gute Idee, praktisch jedoch für Demonstranten wie mich, die am Ende liefen, eine echte Tortur. Nach fünf Stunden Busfahrt nun stundenlang stehen zu müssen, dabei auch noch durch Mega-Lautsprecher unglaublich lauten Krach ertragen zu müssen, dem nicht ausgewichen werden konnte, das war fast unerträglich! Als es dann endlich weiterging und sich sogar endlich so etwas wie eine Demo entwickelte, fügten sich leider Lastwagen mit diesem Terror-Krach ein, der nicht auszuhalten war. Ich musste mir die ganze Zeit die Ohren zuhalten. Über Musikgeschmack lässt sich streiten, da bin ich tolerant, aber bei der Lautstärke wurden Grenzen überschritten, ohne Warnung, wir sollten Ohrenstöpsel mitnehmen. Aber ich freue mich darüber, dass am Samstag 100.000 Menschen in Berlin gegen Atomkraft demonstriert und das Regierungsviertel umzingelt haben. Aber eine normale Demo mit Bewegung wäre mir persönlich lieber gewesen. Ich empfand es als viel anstrengender als sonst und vom Erleben her unbefriedigend. Ich war sehr froh, dass ich gegen ein Uhr nachts endlich wieder zu Hause war.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
Gottlob haben wir Kernkraft: Gerade jetzt, wo die
Sonne abgeschaltet wird („Bild“-Zeitung)
 
Diskussionsverweigerung: Statt über die Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes berichten die Medien über einen Amoklauf („Spiegel-Online“)
 
Mauschelei: Arbeitsministerium errechnet 420 Euro als neuen Regelsatz, soll ihn aber auf 400 Euro drücken („Tageszeitung“)

 

Kein Mitarbeiter am Telefon, kein Lebensmittelgutschein per Post

Hans-Dieter Binder1. Ich war mit vielen anderen in Berlin zur Demo. Allein aus Bremen waren es neun Busse! Die Reaktion auf Regierungsseite zeigt: Es ist notwendig, dass wir wiederkommen! Atomkraft sei eine saubere und günstige Energiequelle: Dass dies eine Lüge ist, brauchten wir nicht zu diskutieren. Es bestand Übereinstimmung! Am Rande der Demo konnte ich meine Beweggründe darlegen und habe dazugelernt. Kernkraft ist selbst bei normalen störungsfreien Betrieb eine Gefahrenquelle, wie die Häufung von Leukämiefällen bei Kindern in der Nähe der Atomkraftwerke beweist. Doch die Wissenschaft ist über die Ursache gespalten. Die Betroffenen leiden dadurch doppelt! Eine saubere Energie? Bereits der Uranabbau ist gesundheitsgefährdend! Die günstige Energiequelle wird vom Steuerzahler verursacht: Die komplette Entsorgung erfolgt zu seinen Lasten, auch die Forschung und Entwicklung.

Als der Atomstrom „auf den Weg“ gebracht wurde, hat die Regierung festgestellt: Der strahlende Abfall ist so brisant, dass wir ihn nicht einem privaten Entsorger überlassen können. Um diesen Abfall kümmert sich der Staat! Damit wurden damals Bedenken zerstreut. Und was ist dabei rausgekommen? Die Schachtanlage Asse, die heute als GmbH geführt wird. War das eine Flucht der Regierung aus dem Risiko und der Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und dem Rest der Welt mit allem, was da lebt? Frau Merkel hat bereits vor Monaten festgestellt, dass der Stromabsatz zurückgeht und Gegenmaßnahmen getroffen: Die Förderung der Elektroautos wurde kurzfristig umgesetzt. Die Nachfrageunterstützung sollte wohl die Laufzeitverlängerung rechtfertigen.

„Tschernobyl“ ist lange her? Damals gab es zwei Tage lang keinen frischen Salat zu kaufen. Danach war er wieder im Angebot. Er hatte sich nicht geändert: Die Grenzwerte wurden der Belastung angepasst. Noch heute werden Jäger für strahlenbelastetes Wildschweinfleisch entschädigt, nicht irgendwo, sondern hier bei uns in Deutschland! Die Waldbrände in Russland haben deutlich gemacht, dass eine erneute Verstrahlung möglich ist. Die marode Hülle um den Reaktor in Tschernobyl sollte erneuert werden, doch der Termin für den Baubeginn ist bereits verstrichen.

Das Probe-Endlage Asse wurde vorher nach Bergrecht betrieben und sollte auch nach Bergrecht geschlossen werden. Die hat die Antiatombewegung mit gerichtlicher Unterstützung verhindert! Jetzt wird es vom Bundesamt für Strahlenschutz risikovermeidend über eine GmbH betrieben. Die Bundesregierung hat aber auch diesem Amt gedroht, ihm bei unliebsamen Forderungen die Zuständigkeit zu entziehen. Das geplante Endlager in Gorleben wurde scheinbar durch die von Bundeskanzler Kohl angeregten Textänderungen im Gutachten weiter als mögliches Endlager betrachtet. Inzwischen liegen die DDR-Akten offen. Demnach ist bei Probebohrungen im Salzstock Gorleben ein Bohrturm abgefackelt.

Die Rückholbarkeit des Atommülls steht im Gesetz. Sie soll entfallen. Erwogen werden Bohrlöcher in den Salzstock bei Gorleben, die nach Befüllung verschlossen werden. Dafür soll auch unverpackter Atommüll zugelassen werden. Unsere Nachwelt hätte keine Chance, dies zu ändern. Wie unsicher dieses Verfahren ist, ergibt sich schon aus den vorstehenden Zeilen. Atommüll wurde europaweit zur staatlichen Angelegenheit erklärt, doch wollen die Regierungen wirklich den besten Schutz für Ihre Bürger? Die Atomfässer am Strand von Somalia kommen nachweislich aus Europa.

Allein die Verstrahlung durch das Verwerten von Atomabfall in der Waffenproduktion ist beängstigend. Gewehrmunition, die durch die Verarbeitung von Uran panzerbrechend wird, ist doch eine Verseuchungsgefahr sondergleichen – für die Soldaten, die ohne Schutzausrüstung damit hantieren, genauso wie für die im Einsatzgebiet lebenden Menschen und die Natur. Glaubt jemand an die Begrenzung der Verstrahlung? Wind und Wasser transportieren die strahlenden Partikel um die Erde! Lasst uns damit aufhören! Ohne Atommeiler gäbe es diesen Abfall nicht, ein schöner Nebeneffekt des Ausstiegs! Soldaten, fragt euren Vorgesetzten nach der Urananreicherung, schaltet den Wehrbeauftragten ein! Glaubt nicht an die schützende Hand des Dienstherrn. Auch Radarstrahlung wurde jahrzehntelang verniedlicht und geleugnet.

Warum nimmt die Politik dies so wenig wahr? Die Munitionsbestellungen der Bundeswehr unterliegen den Vorgaben der Nato. Was vom Nato-Oberbefehlhaber zu halten ist, siehe 226. Bremer Montagsdemo. Die Politik kann dies thematisieren! Frau Merkel hat mit dem Vertrag über die Laufzeiten der Atomkraftwerke ihre Kompetenzen überschritten. Dieser Vertrag ist daher unrechtmäßig. Die Parlamentarier sind gefordert, sich nicht durch auf diesem Vertrag beruhende Schadenersatzansprüche der Konzerne einschüchtern zu lassen. Die Länder sind stark betroffen: Durch Bremen rollen ständig und unangekündigt Atomtransport. Eine Information der Bevölkerung erfolgt nicht – weil besondere Schutzmaßnahmen sowieso nicht möglich sind? Auch hier schafft nur die Abschaltung der Atomkraftwerke Abhilfe und ein Ende der Betroffenheit!

Die Förderung der Atomkraft steht im Lissabonner Vertrag. Außer der „Linken“ haben alle anderen im Parlament vertretenen Parteien diesem Vertrag uneingeschränkt zugestimmt. Die Förderung der Atomkraft wird insbesondere in Italien und England durch die Planung von neuen Kernkraftwerken umgesetzt. Wo ist die Initiative der politischen Mitstreiter zur Änderung dieses Lissabonner Vertrags? 70 Prozent aller Entscheidungen für Deutschland werden nicht mehr in Berlin oder in den Bundesländern, sondern in Brüssel getroffen. In Berlin erfolgt nur noch die Umsetzung der Vorgaben. Werden wir eines Tages erfahren, der Ausstieg verstoße gegen EU-Recht, daher können wir gar nicht abschalten – und ein scheinheiliges „Na, versucht haben wir es ja“ dazu hören? Es Eilt! Der EU-Vertrag muss geändert werden! Dies sind die Gründe, warum ich gegen die Nutzung der Atomkraft bin.

Die Auswirkung der Laufzeitverlängerung auf die erneuerbaren Energien ist fatal. Die bestehenden Unternehmen sind leichte Beute für die Atomkonzerne. Scheinbar gilt der Aufkauf der Wettbewerber als Investition in die erneuerbare Energie! Liebe Volksvertreter, schaut genau hin und agiert nicht mit Bevollmächtigungsgesetzen! Ich als Wähler werde das Kreuz als Möglichkeit zur Förderung des Ausstiegs benutzen! Vertrauen in die Regierungen habe ich nicht mehr, auch daher ist der Ausstieg alternativlos! Die Unzulänglichkeiten der Veranstaltung wurden durch die „Flutung“ des Regierungsviertels mehr als ausgeglichen. Zum Glück war der Engpass eine Brücke und kein Tunnel. Ich habe noch nie so viele Menschen auf einer Veranstaltung getroffen, die uneingeschränkt einer Meinung waren: Atomkraft? Nein danke! Darum auch jede Woche um 17:30 Uhr auf dem Bremer Marktplatz bei der Montagsdemo Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2. Letzte Woche habe ich über die Sanktionen bei Hartz IV berichtet. Sanktionen sind Geldstrafen! Die Bagis will jetzt anders handeln: Jede Mittelkürzung von über 30 Prozent soll durch Sachleistungsangebote abgemildert werden, egal, ob es einen Alleinstehenden oder ein Elternteil trifft. Diese sollen ohne Extraantrag gewährt werden. So weit die positive Seite! Die Einschränkungen lauten: Die Bagis verschickt keine Lebensmittelgutscheine per Post. Zur Ausgabe der Gutscheine muss der gültige Personalausweis vorgelegt werden. Für die Direktzahlung an den Energieversorger muss die Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden. Dazu ist anzumerken: Die Bagis weiß sehr wohl, dass viele Sozialleistungsempfänger über keinen gültigen Personalausweis mehr verfügen. Außerdem sind die Leistungsempfänger persönlich bekannt. Wer von einer Sanktion betroffen ist, kann sich wehren! Auch die Vorlage eines Personalausweises ist keine gerichtsfeste Bedingung. Wie sich wehren geht? Lest den Beitrag zur 295. Bremer Montagsdemo!

Die Aussage, dass durch Sanktionen keiner in die Wohnungslosigkeit getrieben wurde, ist verharmlosend, denn es soll es gar keine Unterlagen über 100-Prozent-Sanktionen geben, jedenfalls nach Antwort des Senats der Freien Hansestadt. Auch erfolgt keine Klärung für nicht gestellte Leistungsanträge: Es schaut keiner, warum hat XY keinen Antrag gestellt? Woher nimmt jetzt eine Sprecherin der Bundesagentur diese Information? In der Statistik sind die 100-Prozent-Kürzungen in der Zahl „konnten den Leistungsbezug beenden“ enthalten. Offen bleibt auch, wieso die Bagis abweichend von den Weisungen der Bundesagentur gehandelt hat, und dies übereinstimmend. Nach der Presseerklärung will die Bagis wieder von der Weisung abweichend handeln, diesmal positiv abweichend. Wie erfährt der einzelne Sachbearbeiter dies? Wie wird dies zielsicher umgesetzt?

In dieser Woche war die Erreichbarkeit der Bundesagentur ein Thema. Die Sachbearbeiter sind nicht per Telefon erreichbar, das Servicecenter ist nur per kostenpflichtiger Sondernummer zu erreichen. Der Wunsch wird notiert und ein Rückruf des gewünschten Mitarbeiters innerhalb von zwei Tagen versprochen. „Bitte bleiben Sie erreichbar“, heißt es. Ohne Handy ist das glatter Hausarrest, und wenn es um eine mögliche Ausbildung geht, eine Tortur! Der Bildungsgutschein ist bereits für die Anmeldung zur Ausbildung nötig und kann nur vom schlecht zu erreichenden Sachbearbeiter ausgestellt werden. Persönliche Vorsprachen ohne Termin sind nicht möglich, einen Termin gibt es vielleicht in 14 Tagen. Für den Sprecher der Bundesagentur ist das kein Grund zur Änderung: Vorrang hat die ungestörte Beratung im persönlichen Gespräch beim Fallmanager! Für mich ist das ein unhaltbarer Zustand. Von dieser Bürokratiehürde sind auch Arbeitsplatzanbieter betroffen. Auch dies ist kein Trost, im Gegenteil! Schön, dass sich die junge Frau von der Presse informiert hat! Mehr Öffentlichkeit kann dies beenden. Ansonsten: Nimm dir einen Beistand mit und geh hin, bei Erfolglosigkeit hol dir die Unterstützung des Gerichts. Wie dies geht? Wir gehen mit! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
Kaiser’s-Kassiererin „Emmely“ hat in den langen zweieinhalb Jahren mit zwei gerichtlichen Niederlagen bis zu ihrem gerichtlichen Erfolg gegen die skandalöse Pfandbon-Kündigung viel Unterstützung erfahren, auch in Bremen. Dafür möchte sie sich jetzt bei einer Rundreise bei ihren Unterstützer(inne)n bedanken. Die Bündnisse „Mayday“ und „Wir zahlen nicht für eure Krise“ laden daher herzlich ein zu einem Gespräch in lockerer Runde mit „Emmely“ am Donnerstag, dem 23. September 2010, um 19:30 Uhr im „Alla Hopp“, Bonbonfabrik, Hardenbergstraße 50-54.

 

Das Kleingedruckte in Hartz V

„Schneller, höher, besser, weiter“ war mal wieder das Aufmerksamkeit heischende Motto, um sich eher vor als nach Veröffentlichung des neuen Hartz-Gesetzent­wurfs im „Google-News“-Ranking ganz oben zu finden. Dass da noch niemand den erst am Montagabend veröffentlichten Gesetzesverschärfungsvor­schlag aus dem Hause von der Leyen kannte, fiel im Medienhype der vom Ministerium durchgestochenen Propagandawünsche gar nicht auf. Auch nicht, dass die Höhe der Regelsätze – sofern die Ministerin ihren Zeitplan besser einhalten wird als diese Woche – erst am kommenden Montag darin zu finden sein werden. Es gab wieder einmal nur Wahlkampfrhetorik, um eigene Positionen in die Medien zu bringen. Grund genug, jetzt einmal ins Kleingedruckte der abermals verschärften Förderung von Willkür und Beschleunigung des Absturzes in Armut zu schauen!

Während alle wie die Kaninchen auf die Schlange ihre Aufmerksamkeit auf die Höhe der Regelsätze richten und damit abgelenkt sind, hat die „Hartz-IV-Plattform“ einen ersten Blicke in Teile der klammheimlich mitgelieferten Drangsalierungen aus der 136-seitigen Gesetzesänderung geworfen – ohne dass sie damit jetzt schon Anspruch auf eine vollständige oder gar juristisch abschließende Wertung erheben will und kann. An wenigen Beispielen wird jedoch deutlich, dass die Bundesregierung genau da den Riegel vorschiebt, wo bislang die Gerichte den Menschen noch Möglichkeiten lassen konnten, einen bodenlosen Absturz zu verhindern und die Chance auf eine Zukunft nach Hartz IV nicht gänzlich zu verlieren. Das Gesetz würde, sofern es die parlamentarischen Hürden ungehindert nähme, den Weg eröffnen, um die Lebensumstände der betroffenen Menschen noch mehr als bisher dramatisch zu verschlimmern!

In den Paragrafen 11 und 11a werden – im Sinne der bereits heute massenhaft vollzogenen Amtspraxis des Aushungerns durch Verzögerung von Bewilligungen – jetzt alle Türen endgültig sperrangelweit dafür aufgemacht. Das geschieht mit ergänzenden Sätzen, und zwar in § 11 („Zuflüsse aus Darlehen sind Einnahmen“) und im neuen § 11a („Nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind Darlehen, die ausdrücklich einem anderen Zweck als der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind“). Das hat nach Einschätzung der „Hartz-IV-Plattform“ folgende praktische Konsequenz: Wenn künftig – nach weitverbreiteter Amtspraxis – eine Leistungsbewilligung wegen angeblich nicht ausreichender Mitwirkung nach Belieben hinausgezögert wird, bleibt nur das Verhungern, denn per Darlehen geliehenes Geld für Essen und Trinken zum Überleben wird man dann nicht mehr zurückzahlen können, wie es die Rechtsprechung heute noch erlaubt!

Ein zweites Beispiel: Es ist zu befürchten, dass mit dem geänderten § 13 die bereits heute in den Ämtern praktizierten Schikanen zur Urlaubs-, das heißt „Ortsabwesenheits“-Verhinderung via urplötzlicher Meldepflicht oder Jobtermine verschärft werden. Dort ist eine neue Ermächtigung hinzugefügt worden: „Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu regeln, wie lange und unter welchen Voraussetzungen sich erwerbsfähige Leistungsberechtigte außerhalb eines näher zu bestimmenden zeit- und ortsnahen Bereiches aufhalten dürfen, ohne Ansprüche auf Leistungen nach diesem Buch zu verlieren.“ Damit steht zu befürchten, dass die bislang auf den § 7 bezogene Erreichbarkeitsanordnung gekippt wird, die wenigstens eine 21-tägige Hartz-IV-Auszeit im Jahr bei „vollem Lohnausgleich“ ermöglichte durch die auf diese Zeit befristete Erlaubnis, den Wohnort auch mal verlassen zu dürfen.

Schließlich kippt der Gesetzentwurf bei der Wohnraumbemessung und -finanzierung selbst die realitätsnahe Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das nach Ansicht der „Hartz-IV-Plattform“ nicht im Verdacht der Parteilichkeit für Hartz-IV-Betroffene steht. Mit den neuen Paragrafen 22a und b wird nämlich die bislang noch rechtswidrige Wohnungs- und Heizungspauschalierung der Hartz-IV-Ämter abgesegnet. § 22a: „Die Länder können die Kreise und kreisfreien Städte auch ermächtigen, abweichend von § 22 Absatz 1 Satz 1 den Bedarf für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet durch eine monatliche Pauschale zu berücksichtigen.“

Getoppt wird das Ganze noch von einer kommunen- und behördenfreundlichen Aufforderung zur Mischkalkulation für Wohnungsgröße, Miete und Heizkosten, die allein die Sparbestrebungen der Kommunen befördern und die eine Regelsatzerhöhung, wenn wirklich eine kommen sollte, mehrfach auffressen wird, denn eine per Landesgesetz erlassene Satzung kann nach § 22b „bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für die Unterkunft als angemessen anerkannt werden. In der Satzung kann auch die Höhe des als angemessen anerkannten Verbrauchswertes oder der als angemessen anerkannten Aufwendungen für die Heizung bestimmt werden und eine Gesamtangemessenheitsgrenze gebildet werden.“

Ob wir Sarrazins warme Pullover doch noch brauchen werden? Man darf gespannt sein, was die Bundesverfassungsrichter zu diesem Machwerk sagen, das sie vermutlich schneller als erwartet auf den Tisch bekommen werden. Noch geben wir allerdings die Hoffnung nicht auf, dass – anders als im Falle der Bundespräsidentenwahl – SPD, Grüne und Linke dieses Mal zusammenhalten und sich dem die Menschenwürde missachtenden Gesetz von Schwarz-Gelb spätestens im Bundesrat kraftvoll entgegenstellen!

Dass Ursula von der Leyen die Arbeitsministerin den Dreh- und Angelpunkt ihrer Folterwerkzeuge mit ihrem neuen Gesetzes- Vorschlag noch verschärfen will, ist Sarrazynismus ohne Rücksicht auf Menschen- und Grundrechte. Dabei wissen die juristischen Berater der Arbeitsministerin genau, dass mindestens seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9. Februar diesen Jahres die Vollstreckung des § 31 SGB II massenhaft angeordneter Verfassungsbruch ist. Damit stellt die Ministerin mit lautem Ablenkungsgetöse über die Regelsatzhöhe schon jetzt alle Ampeln nach Karlsruhe auf Grün. Die „Hartz-IV-Plattform“ bereitet schon eine Verfassungsbeschwerde gegen den Sanktionsparagrafen vor, den sie dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar nach Verabschiedung des neuen Gesetzes auf den Tisch legen wird. Als dort am 20. Oktober 2009 Hartz IV verhandelt wurde, war viel vom „lernenden Gesetzgeber“ die Rede. Nach Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Schutze der massenhaft klagenden Betroffenen lässt der Gesetzesvorschlag aber nur einen einzigen Lernerfolg erkennen: Wie ziehe ich die Hartz-IV- Daumenschrauben so fest, dass den Klägern keinerlei Aussicht auf Erfolg bei den Sozialgerichten bleibt?

Das wird überdeutlich am Sanktionsparagrafen § 31. Den hatte dem Grunde nach das Bundesverfassungsgericht zwar bereits am 9. Februar 2010 für verfassungswidrig erklärt, indem es das unverfügbare Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verkündete. Umso unbegreiflicher erscheint es, dass sich seit dem Ausweichmanöver in Richtung Rechtsfolgenbelehrung durch das Bundessozialgericht am 18. Februar kein Gericht zu dem Aus des § 31 SGB II bekannt hat. So „verfügen“ die Verwaltungen weiterhin ungeniert über dieses Grundrecht, obwohl es Kläger dagegen wahrlich genug gibt – Ermutigung für die Bundesregierung, das Gesetz noch mit weiteren Verschärfungen zu toppen?

Im § 31 sind es insgesamt nur fünf Wörter, die wohl zu einer dramatischen Verschlechterung führen werden. Wo bislang noch ein Rechtsanspruch bestand, herrscht jetzt durch die unscheinbare Hinzufügung von „oder deren Kenntnis“ Willkür und Rechtlosigkeit. Unter der neuen Überschrift „Sanktionen“ lautet nun der folgenschwere erste Satz des neuen § 31: „Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis“ Eingliederungsvereinbarungen, Arbeit, Ausbildung, Arbeitsgelegenheiten oder Maßnahmen verweigern. Das ist ein Freibrief für Willkür in der Verwaltung, die sich damit jede Rechtsfolgenbelehrung sparen kann und mit der bloßen Behauptung, ihr „Kunde“ kenne die Rechtsfolgen, durchkommt. Da nützt es vermutlich auch nicht, wenn es später heißt: „Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.“ Man darf getrost davon ausgehen, dass auch das Hinzufügen der beiden Wörter „darlegen und“ mit juristischer Tragweite und sicher nicht im Interesse der Betroffenen eingesetzt wurde.

Neu ist der § 31a über die „Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen“. Darin gibt es gleich mehrere Drangsalierungen: In der „Kann“-Bestimmung für die Absenkung einer 100-Prozent-Sanktion auf 60 Prozent ist die ehemalige Formulierung „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls“ gestrichen worden. Es gibt somit noch weniger als bisher eine Chance zur Berücksichtigung des individuellen Schicksals! Auch diese Entscheidungen werden der reinen Willkür preisgegeben. Für Unterfünfundzwanzigjährige und neuerdings auch Jugendliche und Kinder unter 16 Jahren kommt es knüppeldicke: Während das alte Gesetz formuliert „Hilfebedürftigen, die das 15. Lebensjahr, jedoch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben“, ist der Kinderschutz im neuen Entwurf ersatzlos gestrichen worden. Da heißt es nur noch: „bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“. Will der Gesetzgeber damit etwa sagen, dass er beabsichtigt, menschenrechtsverletzende Sanktionen auch auf Untersechzehnjährige anzuwenden: 100 Prozent Nahrungsentzug und drohende Obdachlosigkeit auch bei Kindern und in der Pubertät?

Ebenfalls neu im Gesetz ist der § 31b über „Beginn und Dauer der Minderung“. Es ist ein für ein demokratisches Gemeinwesen und die damit verbundenen ethischen Wertvorstellungen schwer erträglicher Zynismus, hier von „Minderung“ zu sprechen, wo Nahrungsentzug und Verlust der Wohnung vollstreckt werden. Alleine schon die Wortwahl ist eine Demütigung für die Betroffenen. Nach dieser ersten Einschätzung des verschärften Sanktionsparagrafen – ohne dass wir Anspruch auf juristisch Endgültiges oder Vollständigkeit erheben könnten – bleibt gar keine andere Wahl, als endlich die Bundesverfassungsrichter zu fragen, ob derartige Formen staatlicher Gewalt mit der Menschenwürde des Grundgesetzes vereinbar sind.

Zuschrift von Brigitte Vallenthin („Hartz-IV-Plattform“)
 
Da reden wir doch lieber von Tabak und Alkohol: Um Hartz IV zu ertragen, muss die Unterschicht betäubt werden („Bild“-Zeitung)
 
Das kann zum Glück nur teuer werden: Hartz-IV-Empfänger werden vom „Hilfsbedürftigen“ zum „Leistungsberechtigten“ („Frankfurter Rundschau“)

 

Sechs Sorten Scheiße

In Anlehnung an die Meinung, die sich Roger Willemsen laut „Tageszeitung“ über Heidi Klum gebildet hat, ist mensch versucht, den Gesetzentwurf der Chipkarten-Ursel nicht anders zu bewerten als so: „Der Exzess erreicht seinen Höhepunkt, wo sie mit Knallchargen-Pathos und einer Pause, in der man die Leere ihres Kop­fes wabern hört, ihre gestrenge Entscheidung mitteilt und wertes von unwertem Leben scheidet. Da möchte man sechs Sorten Scheiße aus ihr herausprügeln, wenn es nur nicht so frauenfeindlich wäre!“

Frank Kleinschmidt (parteilos, „so:leb – Sozialer Lebensbund“)
 
Bremen hat kaum noch Geld für Ein-Euro-Jobs: Und das ist angesichts ihrer
Unsinnigkeit und ihres Zwangscharakters zu begrüßen („Tageszeitung“)

 

Warm und stinkend

Heute, am 24. September 2010, ist überall in den Medien zu lesen, zu sehen und zu hören, dass die „Bundesregierung“ die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder minimal, vielleicht allenfalls um 20 Euro erhöhen wird – rechnerisch aber durch Tricksereien den Anschein der Korrektheit zu wahren versucht. Dafür habe ich nicht sechs Jahre gekämpft und bin nicht vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, um mitzuerleben, wie sehr diese Kriminellen, die sich derzeit „Regierung“ nennen, eben dieses Bundesverfassungsgericht und das Grundgesetz unsres Landes so derartig mit Füßen treten und somit auf jedwede Rechtsstaatlichkeit, die nicht ihre eigenen und die Taschen ihrer Bonzenfreunde füllt, klar und deutlich warm und stinkend draufscheißen.

Ich hab schon mit einigem gerechnet, aber nicht damit, dass diese Halunken Deutschlands höchstes Gericht und seine Verfassung derartig verhöhnen. Ich werde jetzt nicht schreiben, was mir momentan in meiner Wut und in meinem Zorn, der mich zu ersticken droht, durch den Kopf geht, was ich als geeignete Maßnahmen gegen diese Leute für sinnvoll erachte. Fragen tu ich mich aber, ob es für mich überhaupt noch sinnvoll ist, vor die EU-Gerichtshöfe zu gehen, denn wer als Regierung derartig warm und stinkend aufs Bundesverfassungsgericht und eben das Grundgesetz draufscheißt, der scheißt auch genauso auf die EU-Gerichtshöfe und auf geltendes EU-Recht sowie die Menschenrechte und so weiter und so fort.

Diese Verbrecher im Regierungsgewand tun noch etwas viel Schlimmeres: Sie verhöhnen nicht nur jene, denen sie durch jahrzehntelang verfehlte Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik erst die Arbeitsplätze nahmen, um sie dann zu Niedriglohn- und Hartz-IV-Sklaven werden zu lassen, sondern sie scheißen auch auf uns Hartzis und Niedriglöhner, die wir dank der Inkompetenz dieser Politidioten heute keine existenzgesichert bezahlte Arbeit mehr haben. Sie scheißen auf uns drauf und lachen uns aus. Meine Familie will deshalb weiterhin nicht, dass ich weitermache.

Ich frage mich nun wirklich, ob meine Frau und Tochter nicht Recht haben damit, dass es überhaupt keinen Zweck hat, als kleiner Krauter, der ich nun mal bin, mich mit diesen stinkenden Regierungsverbrechern anzulegen. Heute wollte ein Journalist hierher kommen und mich zum Thema Regelsätze interviewen. Meine Familie hat das strikt abgelehnt, und meine Frau hat mir deutlich klargemacht, dass ich überlegen sollte, was mir wichtiger sei: meine Familie oder der Kampf gegen die Windmühlen, gegen diese Lügner und Betrüger, die sich Regierung nennen. Ich werde mir das dieses Wochenende gut überlegen.

Es scheint wirklich so zu sein, dass unter den realen Umständen, die an schlimme Zeiten in der deutschen Geschichte erinnern, der juristische Kampf ebenso sinnlos ist wie der öffentliche Kampf etwa durch Demos. Bliebe also nur noch eine Variante des Kampfes – und für die bin ich leider zu alt und zu krank und habe Familie, die mich braucht. Ich könnte aber alle verstehen, die jung und gesund und mutig genug sind, in diese Variante des Kampfes für Gerechtigkeit zu gehen. Solidarische und linke Grüße.

Zuschrift von Thomas Kallay, Kläger gegen die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene und Kinder vor dem Bundesverfassungsgericht
 
Unter Lebensgefahr: Müssen Bremer Arbeitslose künftig
Fahrkarten kontrollieren? („Weser-Kurier“)
 
Minister lässt Bankert vom Staat alimentieren: Und dem Man-wird-doch-noch-sagen-dürfen-Blatt das Maul stopfen („Bild“-Zeitung)

 

Willkür rechtfertigt Widerstand

Hans-Dieter Wege1. Thomas Kallay ruft in meinen Augen mit Recht zum Widerstand gegen die Absichten bezüglich der neu festzusetzenden Regelsätze auf. Immer wieder wurden Einlassungen auch vom Bundessozialgericht mit abstrakten Vorschlägen zur Urteilsfindung abgelehnt. Das Gleiche war im Prozeß vor dem Bundesverfassungsgericht der Fall. Die Hartz IV-Gesetze sind auch deshalb neu zu gestalten. Die Wichtigkeit, nicht erneut ausschließlich abstrakte Berechnungen anzuwenden, wird allerdings schon dadurch wieder von der Regierung ignoriert beziehungsweise unterlaufen, indem man das Parlament viel zu spät oder auch gar nicht daran beteiligt. Auch dass man anscheinend keine notwendigen zusätzlichen Haushaltsmittel in der erforderlichen Höhe bereitstellen will, erscheint nicht unbedingt verfassungsgemäß, zumal man dann anscheinend die Mittel zum Fordern und Fördern entsprechend absenken muss. Da das Verfassungsgericht hierzu schon entschieden hat und man offenbar noch einmal fast genauso wie vor dem Urteil handelt, dürfte in meinen Augen jeglichen angemessenen Widerstand berechtigen.

Wolfgang Huber, ehemaliger Bischof von Berlin-Brandenburg, weist darauf hin, dass politische Herrschaft und Rechtsordnung ihre Legitimation wieder einbüßen und die Staatsloyalität ihrer Bürgerinnen und Bürger verlieren können, wenn von staatlichen Organen die Menschen- und Grundrechte, die elementaren Forderungen politischer Gerechtigkeit und die demokratischen Verfahren immer wieder missachtet werden. Huber sieht im grundgesetzlichen Recht zum Widerstand nach Artikel 20 einen unübersehbaren Hinweis auf die Bedeutung der Zivilcourage für die Erhaltung der Demokratie. Die gewaltsame Aktion bilde die Grundform dieses Widerstands. Die Pflicht zur Fürsorge für die Mitmenschen mache im Extremfall das Eingreifen gegen eine politische Obrigkeit nötig, wenn diese den Bürgerinnen und Bürgern beharrlich Schaden zufüge. Untätigkeit trage dazu bei, dass das Rad des staatlichen Rechtsmissbrauchs sich weiterdrehe und immer neue Opfer hervorrufe. Untätigkeit werde dann zur Mitschuld. Das entscheidende Kriterium für die Legitimität des Widerstands liegt im Blick von unten!

 

2. Verkündet war vom Vorstand der deutschen FDP,
Nicht etwa vom Drogensyndikat New York, oho:
Mehr Netto vom Brutto stimmt die Wähler froh!
Westerwelle selbst musste die Weisheit verkünden,
Und er tat es aus wahltaktischen Gründen, oho:
Mehr Netto vom Brutto stimmt die Wähler froh!

Hätte er nur gehört auf meines Großvaters Rat:
Fünf Pfennig bleiben dir nach Heirat von jeder Mark, oho!
Mehr Netto vom Brutto stimmt den Wähler froh?
Diesen Rat hat Guido bestimmt nicht gekannt.
Er rannte strahlend zum Bonner Standesamt, oho:
Mehr Netto vom Brutto stimmt die Wähler froh!

So glaubte Guido, er hätte den Beweis:
Die Steuerklasse war geändert, ganz ohne Scheiß, oho!
Mehr Netto vom Brutto stimmt auch Guido froh,
Aber die undankbaren Wähler der FDP
Hörten auf Großvaters klugen Rat, oho:
Mehr Netto vom Brutto macht nur Junggesellen froh!

Bei immer weniger Brutto durch FDP-Politik
Macht mehr Netto diese Partei unbeliebt, oho:
Sackt sie unter fünf Prozent, stimmt das den Wähler froh!
Und die Moral von dieser Geschicht:
Vertraut Opa – doch FDP-Politkern nicht!

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik)

 

Schluss mit Krieg, Sozialkahlschlag und Pro-Atom-Politik!

Wieland von HodenbergImmer größer wird der Widerstand gegen die Willkürherrschaft von Kabinett und Kapital in unserem Land, und dieser Widerstand beschränkt sich längst nicht mehr auf einen bestimmten Politikbereich. Der Bundesregierung, den Konzernen und Großbanken steht ein Heißer Herbst ins Haus, und die Friedensbewegung macht gegen den Afghanistaneinsatz mobil! Das ist gut und richtig so, denn Protest und Widerstand sind dringender denn je!

Deutschland ist zu einer Kriegs- und Ausbeutermacht geworden, indem es die Bundeswehr in zahlreiche Krisengebiete schickt, um deutsche Wirtschaftsinteressen mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Diese Kriegspolitik verschlingt Milliardensummen, die viel besser für nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz ausgegeben wären. Deshalb muss die Bundeswehr raus aus Afghanistan und all den anderen Einsatzgebieten! Das sind wir uns selbst und auch all jenen schuldig, die im Krieg zuallererst eine Dehumanisierung menschlichen Denkens erkennen.

Charakteristisch für diese Dehumanisierung des Denkens sind auch Hartz IV, Lohndrückerei und die skrupellose Kumpanei mit der Atomindustrie: Verlängerte AKW-Laufzeiten bedeuten hohe Verstrahlungsgefahr für Zehntausende, aufgeweichter Kündigungsschutz sowie Hartz IV haben zu einer gewaltigen Ausdehnung des Niedriglohnsektors geführt. Hartz IV bedeutet staatliche Subventionierung schlecht bezahlter Arbeit und Disziplinierung der Armen. Es bedeutet Diffamierung, Entrechtung und Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben für Millionen erwerbslose Menschen! Thilo Sarrazin, Roland Koch, der Bremer Professor Gunnar Heinsohn und Guido Westerwelle haben vorgemacht, wie man gegen die Betroffenen hetzt! Die Zunahme schlecht bezahlter Arbeit hat außerdem dazu geführt, dass auch die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den letzten Jahren einen beispiellosen Lohnabbau erleiden mussten.

Deutschland ist so innerhalb der EU zu einem Billiglohnparadies geworden. Diesen Wettbewerbsvorteil nutzt die exportorientierte deutsche Wirtschaft, um Extraprofite zulasten anderer Volkswirtschaften einzufahren. Auf diese Weise hat Deutschland unter anderem die griechische Außenhandelsbilanz verhagelt und zur Staatsverschuldung auch in anderen europäischen Ländern beigetragen. Diese Länder schnüren jetzt ebenfalls massive „Sparpakete“ gegen die Bevölkerung. Dafür gesorgt haben mit erheblichem Druck besonders Deutschland, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank.

Die Krise ist global! Überall sind die Ärmsten der Armen betroffen. Vor allem in den „Entwicklungsländern“ sind die Menschen in ihrer Existenz bedroht. Die Zahl der Hungernden ist um über 200 Millionen in die Höhe geschnellt, unter anderem, weil Finanzhasardeure und andere zwielichtige Gestalten begonnen haben, mit Nahrungsmitteln zu spekulieren. Weltweit fliehen Millionen Menschen vor Hunger, Krieg und Krankheit in den Norden, wo ihnen oft schon vor Erreichen der EU-Grenzen Ertrinken im Mittelmeer oder Lagerhaft und Abschiebung zurück ins Elend ihrer Herkunftsländer drohen.

Keine „Krisenlösung“ zulasten der Armen! Nein zu dubiosen „Sparpaketen“, zur „Kopfpauschale“ und weiteren Verschlechterungen im Gesundheitswesen! Abschaffung aller Hartz-Gesetze und im ersten Schritt eine Erhöhung des Regelsatzes auf 500 Euro! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich! Zehn Euro Mindestlohn und Abschaffung der Leiharbeit! Weg mit der Rente mit 67! Die Reichen und Verursacher der Krise sollen zahlen! Ob Vermögensteuer, erhöhte Spitzensteuersätze oder Finanztransaktionssteuer – die Besitzer hoher Kapitalvermögen müssen massiv zur Kasse gebeten werden. Nicht „zu hohe Kosten“ sind das Problem, sondern die fehlenden Staatseinnahmen!

Für eine lebenswerte Gesellschaft sind umfassende Investitionen in Bildung, Gesundheitswesen und Pflege dringend notwendig! Banken und Schlüsselindustrien müssen vergesellschaftet werden! Die öffentliche Daseinsvorsorge gehört in die öffentliche Hand! Zu fordern ist weltweit ein ökologischer Umbau der gesamten Gesellschaft. Nein zur Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke, keine Geschenke an die Atomindustrie! Keine „Krisenlösung“ auf Kosten ärmerer Weltregionen. Schluss mit rassistischer Hetze gegen Migrant(inn)en und andere „Minderheiten“! Gleiche Rechte für alle! Nur ohne Ausbeutung, Repression und Krieg kann es eine lebenswerte Zukunft für die Menschheit geben!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Nun beginnt die Abwälzung
der Krisenlasten

Wolfgang LangeDie Angriffe auf Arbeitslose, Arbeiter und Rentner gehen weiter: Nach der Streichung des Elterngeldes und des Übergangsgeldes von ALG I zu ALG II und dem Wegfall des staatlichen Beitrags zur Rentenversicherung für Langzeitarbeitslose plant die Regierung, am kommenden Mittwoch die Erhöhung des Krankenkassenbeitrags von 7,9 auf 8,2 Prozent zu beschließen (mit dem Arbeitgeberanteil von 7,3 Prozent dann auf insgesamt 15,5 Prozent) – und den Unternehmeranteil dann festzuschreiben und nicht mehr zu erhöhen! Merkel nennt die Abzocke der Kassenmitglieder „gelebte Solidarität“. Immer erfinderischer wird ihre Wortwahl: Den Kniefall vor der Atomstrommafia nannte sie „Revolution“.

Ihre Begründung lautet, durch Senkung der „Lohnnebenkosten“ für die Unternehmer würden Arbeitsplätze gerettet. Wenn sie den Mund aufmacht, lügt sie: Weniger als neun Prozent vom Umsatz werden nur noch für Löhne einschließlich aller „Lohnnebenkosten“ aufgewendet. Der Löwenanteil fließt in die Profite und in hochriskante Spekulation. Das ist der Durchschnitt, die großen Monopole zahlen noch viel weniger! Deswegen fordert die MLPD sechs Prozent Sozialsteuer auf den Umsatz. Damit könnten alle Sozialleistungen getragen werden: Jene, die wir bezahlen, und die sogenannten Lohnnebenkosten.

Noch dreister ist die Westerwelle-Partei: Johannes Vogel fordert die Streichung von 1,5 Milliarden Euro beim ALG I für Ältere: Längeres Arbeitslosengeld helfe den Menschen nicht, sondern vermindere die Chancen auf ein „selbstbestimmtes Leben ohne Unterstützung“. Vielen Dank auch! Widerlich zynisch wird hier dasselbe vertreten wie von FDP-General Lindner: die Streichung des ALG I für Überfünfzigjährige von 24 auf zwölf bis 18 Monate!

Die Regierung wird immer offener zum Profitbeschaffer für die Konzerne. Letzte Woche bekam die Hypo Real Estate weitere 40 Milliarden Euro Bürgschaft. Gestern stand in der Zeitung, die Pleitebank zahlt 25 Millionen „Boni“ an seine leitenden Angestellten! 150 Milliarden Euro kassieren die Stromkonzerne EON, RWE, ENBW und Vattenfall zusätzlich, wenn es zur von der Bundesregierung geplanten Verlängerung der AKW-Laufzeiten kommt, wohlgemerkt ohne jegliche Nachrüstung der alten Schrottreaktoren, deren Risiko eines Super-GAUs ums Zigfache steigt! Die dafür zu entrichtenden 13 Milliarden können sie auch noch von der Steuer absetzen und entziehen sie den Kommunen.

Aber das Volk macht nicht mehr mit! Der Widerstand gegen „S21“ wächst, wieder kamen 55.000 am Freitag zur Demo. Ein Zeltlager wurde im Schlosspark aufgeschlagen, „S21“-Projektsprecher Drexler von der SPD ist zurückgetreten. In Berlin demonstrierten100.000 Menschen gegen die AKW-Pläne und haben wenig Vertrauen in eine zukünftige rot- grüne Regierung. Mit der haben wir unsere Erfahrungen gemacht! Wer hat denn damals die Anti-AKW-Bewegung mit dem „32-Jahre-Ausstiegspaket“ gespalten und zerstört? Das waren doch die Grünen mit ihrem Umweltminister Trittin! Und wer hat die Hartz-Gesetze gemacht? Zunehmend ist aktiver Widerstand gefragt und nicht Vertrauen in die jeweilige Opposition. Wir sind das Volk!

Wolfgang Lange (MLPD)

 

80.000 Demonstranten gegen „S21“-Wahnsinn

Gernot-Peter Schulz Ich begrüße Sie zum Schwabenstreich in Bremen! Ich habe die große Freude, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass heute der zweite Schwabenstreich in Düsseldorf stattfindet – und der erste in Köln. Ich gehe davon aus, dass auch nächste Woche in Frankfurt die erste Demo stattfindet. Das Wichtigste der letzte Woche ist der Rücktritt von Wolfgang Drexler, der in seiner SPD keinen Rückhalt mehr für „S21“ hat. Das erste Opfer! Wenigstens einer, der weiß, wo der Hase läuft. Herr Mappus und Herr Grube sind noch nicht so weit. Die Montagsdemo mit 17.000 Teilnehmern wurde durch gezielte Abrissarbeiten zur Unruhe provoziert. Das führte seitens der „S21“-Gegner zu Protesten bei der Polizei. Diese hat die Abrissarbeiten einstellen lassen.

Die Freitagsdemo wurde mit mehr als 80.000 Teilnehmern im Schlosspark durchgeführt. Die Parkschützer haben eine Zeltstadt gegründet und aufgebaut, die von starken Polizeikräften friedlich zum größten Teil abgebaut wurde. Aus diesem Grund mache ich hier einen Spendenaufruf: Wir sammeln für unsere Freunde in Stuttgart gebrauchte Zelte, Schlafsäcke, warme Decken und Spirituskocher. Herr Mappus scheint zu glauben, dass Demokratie und Republik nicht zusammengehören. Da hat er sich aber ordentlich geschnitten! Demokratie heißt nicht, alle vier Jahre seine Kreuzchen zu machen – und danach haben die Politiker einen Freibrief, um alles machen zu können. Demokratie heißt auch, dass die Bürger für ihre Belange demonstrieren dürfen und dass man sie nicht mit überzogenen Polizeiaufmärschen einschüchtern will und als gewalttätig hinstellt. Die Demokratie wird siegen! Oben bleiben!

Gernot-Peter Schulz (parteilos)
 
Seit Montag, dem 13. September 2010, ereignet sich wöchentlich um 18:59 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz der Schwabenstreich gegen die Milliardenverschwendung zugunsten der Konzerne.
 
Verdi und das „Bremer Antikrisenbündnis“ rufen für Mittwoch, den 29. September 2010, zu Protestkundgebungen am Dom um 15:30 und 16:30 Uhr auf.

 

Länger lohnarbeiten, weniger verdienen?

Wir möchten euch gern zu folgender bundesweit beworbender Demonstration anlässlich der deutschen Einheitsfeierlichkeiten in Bremen am 2. Oktober 2010 um 16:30 Uhr am Hauptbahnhof einladen: „Staat, Nation, Kapital, Scheiße!“ Am 3. Oktober wird in Bremen die nationale Würstchenmeile aufgeschlagen. Superdeutschland begießt 20 Jahre Einheit, mit Angela, Christian und Nena. Es gibt zwar kein Freibier, aber wir kommen trotzdem! Wo Volk und Staat ihren Burgfrieden feiern, müssen wir eins klarstellen: Ihr könnt uns mal mit eurem Standort und eurem Gequatsche von „sozialer Marktwirtschaft“. Wir machen keinen Finger krumm, damit Deutschland „gestärkt aus der Krise hervorgeht“. Denn das heißt im Klartext bloß, dass jeder Winkel der Gesellschaft noch straffer durchrationalisiert wird. Härter konkurrieren, länger lohnarbeiten, weniger verdienen und immer unsicherer leben bis ans Ende aller Tage – das ist die deutsche Utopie nach dem „Ende der Geschichte“ von 1989/90! Viele Grüße.

Zuschrift der „Basisgruppe Antifaschismus
2.000 Beamte im Einsatz: Liefert die bundesdeutsche Staatsmacht zum Gedenktag der „friedlichen Revolution“ den Gewaltexzess nach, der vor 20 Jahren dank der Weisheit der DDR-Obrigkeit ausgeblieben ist? („Radio Bremen“)
 
Für den Tag der Deutschen Einheit am Sonntag, dem 3. Oktober 2010, wird vorgeschlagen, um 13 Uhr unter dem Motto „Wir sind das Volk“, aber ohne politische Parolen auf die Straße zu gehen. Gelegenheit für ein Hartz-IV-Erntedankfest? In Bremen kommt als Treffpunkt eigentlich nur der Dom infrage.
Das  
Volk 
 sind
 wir:
Weg  
mit 
 Hartz
 Vier!
Fünf Euro mehr für die Menschenwürde: „Dieses zutiefst ungerechte, verfassungswidrige und asoziale Geschacher und Getrickse der Koalition, um den Hartz-IV-Regelsatz künstlich niedrig zu halten und die Betroffenen noch schärfer zu unterdrücken, darf nicht Gesetzeskraft erlangen“ („Spiegel-Online“)
 
Intransparenz währt bis Ende Oktober: Nach Vorgaben des Verfassungs­gerichts beträgt der Regelsatz mindestens 631 Euro („Sozialticker“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz