284. Bremer Montagsdemo
am 28. 06. 2010  I◄◄  ►►I

 

Stressabbau mit
„positiven Gedanken“?

Bettina Fenzel Am 14. Mai 2010 konnte ich in der Reha-Klinik in Soltau einem Vortrag über Stressabbau beiwohnen. So ist die neoliberale Erklärung von Stressabbau abzulehnen, da sie einem Menschenbild entspricht, nach dem der Mensch einen Rohling darstellt, der wie eine Rohstoffquelle auszubeuten ist. Er soll angepasst sein an die Ausbeutungsverhältnisse des Kapitals, flexibel und individualistisch in Sinne des Marktes. Das neoliberale Modell fordert, dass mensch nicht mit berechtigter Abwehrhaltung auf zusätzlichen Stress durch Arbeitszeitintensivierung reagiert. Nein, er soll sich „positive Gedanken“ machen! „Die zusätzliche Mehrarbeit ist von mir zu schaffen“: Das sind solche „positiven Gedanken“ im Sinne des Kapitalismus, der durch die Profitgier den Menschen immer noch mehr Arbeit aufhalsen will. Dies ist negativ für die davon betroffenen Beschäftigten, es wirkt sich negativ auf ihre Lebensqualität aus!

Hier ist zu unterscheiden zwischen negativer und positiver Wut. Letztere vermag sich in sinnvolle und konkrete Handlungsperspektiven umzuwandeln, die so aussehen könnten, dass sich Beschäftigte und Erwerblose zusammenschließen und einen Streik organisieren, der für die Humanisierung menschlicher Arbeits- und Lebensbedingungen eintritt. für weniger Arbeit, die in einer Stunde zu leisten ist, für mehr Einstellungen durch Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Es stellt sich die Frage, ob nicht ein Generalstreik das richtige Mittel ist, um diese Ziele zu erreichen. Sie kann eindeutig mit ja beantwortet werden!

Negativer Stress sieht so aus: „Ja, wir müssen jetzt unbedingt mehr arbeiten als zuvor, sonst droht Arbeitsplatzverlust und Armut.“ Das sind für die kapitalistische Seite „positive Gedanken“, sie dienen ihr dazu, die Lohnabhängigen noch mehr auszubeuten. Dies verursacht noch mehr Erwerbslosigkeit und dass Menschen durch Hartz IV in Armut leben müssen. Die Profite werden auf Kosten der Allgemeinheit gesteigert, auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten und aller derjenigen, die mit Hartz IV in unwürdige Zwangsarbeitsverhältnisse gesperrt werden. Negativer Stress bedeutet, dass ein Mensch Angst hat, bei der Montagsdemo eine Rede zu halten, um seine Probleme in die Öffentlichkeit zu tragen, die durch ein ausbeuterische, profitorientierte kapitalistische Gesellschaft verursacht sind. Wir können nur die Menschen ermutigen, hier zu sagen, was Sache ist, unter dem Motto Rosa Luxemburgs „Wie Lassalle erkannte, ist die revolutionärste Tat, das laut zu sagen, was ist“.

Negativen Stress verursachen die Hartz-Gesetze, indem sie Menschen in einen „offenen Strafvollzug“ führen, wie Götz Werner richtig erkannte. Nur kann ich dem, was der DM-Chef sonst politisch vertritt, nicht beistimmen. Überwinden wir die negativen Ängste die uns durch einen neoliberalen, globalen Kapitalismus eingetrichtert werden. Dieser ist kein Naturereignis. Er ist von Menschenhand verursacht, durch eine kleine Elite von Reichen. Nur internationale Solidarität kann ihn in seine Schranken weisen. Dabei darf nie das Ziel aus den Augen verloren gehen, dass er überwunden gehört, dass wir für eine ökologische, sozialistische Welt streiten und kämpfen, in der Frieden erst möglich wird. „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann!“ Lassen wir es nicht so weit kommen. Verhindern wir, dass wir in der Barbarei des Kapitalismus untergehen!

Bettina Fenzel (parteilos)

 

Bagis-Kundin aufgefordert, den
Schleier zu entfernen

Gestern war ich als Begleitung mit bei der Bagis an der Pfalzburger Straße. Dort gab es üppige zwölf Sitzgelegenheiten, wenn ich mich nicht verzählt habe, und in der Schlange vor dem „Schnellschalter“ brauchten wir „nur“ eine gute halbe Stunde zu stehen. Der Sicherheitsmann verteilte Yoghurt-Schokolade an die Kinder. Dann wedelte er des Öfteren in meine Richtung, vielleicht brauchte er Frischluft.

Endlich am Schalter angelangt und „an der Reihe“, konnte ich mich kaum abstützen. Der Schalter ist nämlich nicht für mich kleine Frau (circa 1,70 m) gemacht, sondern einfach zu hoch. Doch ich war ja Begleitung. Die Kundin, die ich begleitet habe, kam kaum mit dem Kinn bis zur Oberkante des Schalters. Ein Ventilator lief. Die Frau hinter dem Schalter oder Tresen sprach sehr leise. Sie fuhr die Kundin recht „rüde“ an, den Schleier von ihrem Gesicht zu entfernen, weil sie sonst nicht zu verstehen sei.

Die Kundin folgte wutschnaubend der Aufforderung. Nach längeren Verhandlungen und Belehrungen erhielt sie Eingangsstempel auf ihre Widersprüche beziehungsweise auf das Original, das dort blieb. Davon wurden ihr Kopien ausgehändigt. Die Aufforderung, den Schleier vor dem Gesicht zu entfernen, hat sie als demütigend empfunden. Mit ihrem Einverständnis schreibe ich diese Mail jetzt an die Montagsdemo. Gibt es in Deutschland oder im Bundesland Bremen bereits ein Schleierverbot? Mit entsetzten Grüßen.

Zuschrift von Regina (parteilos)

 

USA und Israel planen
Angriffskrieg gegen Iran

Wieland von HodenbergVerdeckt durch die Fußball-WM scheint sich gegenwärtig im Mittleren Osten eine hochbrisante Entwicklung abzuzeichnen. Wie die Online-Zeitung „Hin­ter­grund“ am 28. Juni 2010 berichtete, hat die israelische Luftwaffe auf einem saudiarabischen Militärstützpunkt militärische Ausrüstung abgeladen. Dies allein ist noch nicht besonders aufregend, wäre da nicht die US-Armee, die parallel dazu ihre Truppen in Aserbeidschan an der Grenze zum Iran zusammengezogen hat. Außerdem passierte gleichzeitig ein ungewöhnlich starker amerikanischer Flottenkonvoi den Suez-Kanal. Dies hätten israelische und iranische Medien bereits in der vergangenen Woche gemeldet. Ein israelisches Schiff habe sich der Armada angeschlossen.

Die israelische Luftwaffe sei vor mehr als zwei Wochen auf einem Stützpunkt bei Tabuk in Saudi-Arabien gelandet. Der Flughafen von Tabuk wurde nach Aussage eines Flugpassagiers ohne Angabe von Gründen für den gesamten Zivilflugverkehr gesperrt. Der höchste örtliche Machthaber, Prinz Fahd ben Sultan, habe die Zusammenarbeit mit Israel höchstpersönlich koordiniert. Die Basis wird als zentraler Ausgangspunkt für einen israelischen Angriff auf den Iran angesehen. Das israelische Portal „Debka“ will herausgefunden haben, dass der Iran inzwischen an seiner Nordwestgrenze den Kriegszustand ausgerufen hat. Dies hätte eine elektronische Aufklärung durch Israel und die USA ergeben.

Begründet werden die kriegerischen Aufmärsche mit einer erhöhten Aktivität in Sachen „iranisches Atomwaffenprogramm“. Bewiesen ist das allerdings bis heute nicht. Wir erinnern uns: George W. Bush begann 2003 den Krieg gegen den Irak, weil Saddam Hussein angeblich mit großen Mengen an Massenvernichtungswaffen die USA bedroht habe. Wie sich herausstellte, war dies eine faustdicke Lüge, denn es ging bekanntlich ausschließlich ums Öl!

Auch heute ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass es den USA und Israel in Wahrheit um ergiebige Rohstoffvorräte und geostrategische Interessen, nicht um vermeintliche oder tatsächliche iranische Atomprogramme geht. Da ist natürlich der Teheraner Machthaber Ahmadinedschad der ideale Bösewicht, dessen brutale Herrschaft es auf jeden Fall pfleglich zu erhalten gilt! Wenn es gewollt gewesen wäre, hätten sie ihn längst mittels Geheimdienstaktivitäten stürzen können, aber als Buhmann wird er ja weiterhin gebraucht!

Bereits am 5. Februar hatte „Welt online“ auf übelste Weise zum Krieg gehetzt! Danach müsse Barack Obama den Befehl geben, die iranischen Atomwaffen zu zerstören. Die Zeit zum Handeln sei jetzt reif, oder die Welt werde ein weit gefährlicherer Ort. Dies wird er allerdings auf jeden Fall, wenn die USA und Israel ihren geplanten Angriffskrieg beginnen, mit verheerenden Folgen für die ganze Welt!

Was kann die Friedensbewegung jetzt tun? Eine Möglichkeit wäre, Appelle über Konsulate und Botschaften an die Regierungen der USA und Israels mit der Aufforderung zu richten, die Kriegsvorbereitungen sofort zu stoppen. Die Bundesregierung ist aufzufordern, die Regierungen in Washington und Tel Aviv umgehend und mit Nachdruck zum Frieden zu drängen!

Eine Anmerkung zur Quelle: Der Selbrund-Verlag, in dem die Publikation „Hintergrund“ erscheint, gilt manchen Zeitgenossen wegen seiner Standortnähe zum Frankfurter Bankenviertel als vom Kapital unterwandert. Zudem wird aus diesen Kreisen gemutmaßt, dass es gewisse Querverbindungen zu rechtsextremen Zirkeln gebe, weil im Verlag auch ein gewisser Jürgen Elsässer publiziert hat. Dies alles ist mir schlichtweg zu dünn und nicht beweiskräftig genug! Ich sehe daher keinerlei Veranlassung, an der Seriosität und Glaubwürdigkeit von „Hintergrund“ zu zweifeln.

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Der Geduldsfaden reißt

In Schleswig-Holstein gibt es in den letzten Wochen fast täglich Proteste gegen die Kürzungs- und Umverteilungspolitik. Die schwarz-gelbe Regierung in Kiel hat den Versuch gestartet, die Lasten der Krise massiv auf die Bevölkerung abzuwälzen. Was gestern gegen das griechische Volk vorexerziert wurde, soll jetzt hier stattfinden. Damit bringen sie viele Menschen gegen sich auf:

Harald BraunDer Geduldsfaden beginnt zu reißen. Die Propaganda aller Regierungen in Europa, es gebe keine Alternative zum Sparen, erzielt nicht die erhoffte Wirkung. Die Menschen haben nicht vergessen, dass die Milliardenschulden der letzten zwei Jahre zur Rettung der Banken und Konzerne gemacht wurden und dass es dazu keine Zustimmung der Bevölkerung gegeben hat. Hinzu kommt, dass die kleinen Feigenblätter – wie die geplante Steuerabgabe der Energiekonzerne – nicht vertuschen können, dass es sich um eine massive Umverteilung auf Kosten der breiten Mehrheit der Bevölkerung handelt.

Die Regierungen in Berlin und Kiel sind angezählt. Seit der Bundestagswahl haben CDU und FDP 13 Prozent ihrer Stimmen verloren. Die FDP würde inzwischen aus dem Bundestag fliegen. Eine Krisensitzung jagt die nächste. Führende Repräsentanten wie Koch und Köhler verlassen das sinkende Schiff. Es wird Zeit, dass Merkel und Konsorten ganz in die Knie gehen. Diese Regierung muss weg!

Harald Braun
 
Lindnerung gesucht: Pittiplatsch-Partei nur
noch bei vier Prozent („Spiegel-Online“)
 
“Yes we can” heißt nicht „Wir sind das Volk“: Gleichsetzung einer Parole
von oben mit einer von unten ist verlogene Gauckelei („Spiegel-Online“)
 
Wellen der Empörung: Wir Deutschen sollten Menschen ausländischer Herkunft nicht als Arbeitsmaterial betrachten, das man selektieren darf („Bild“)
 
Wegweisendes Urteil: Wer Beschäftigten weniger als den verbindlich festgelegten Mindestlohn zahlt, macht sich strafbar („Spiegel-Online“)

 

Hartz-IV-Bezieher sind datenschutzrechtlich Menschen zweiter Klasse

Elisabeth Graf1. Ein inzwischen volljähriger Schüler nahm 2009 an einem von Kultusministerkonferenz und Goe­the-Institut geförderten Austauschprogramm mit einer High School in Arizona teil. Hierfür wurde er wegen seiner guten schulischen Leistungen und wegen seines sozialen Engagements als einer von 16 Schülern seiner Jahrgangsstufe ausgewählt. Den Eigenanteil an den Kosten von 1.650 Euro für den Besuch der High School und eine einwöchige Studien-Rundreise hatten Bekannte des Vaters vorfinanziert. Die zuständige Arge war nicht bereit gewesen, die Kosten dafür zu übernehmen.

Nun entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg in Stuttgart, dass Schüler aus Hartz-IV-Familien keinen Anspruch auf Kostenübernahme für einen Schüleraustausch haben, an dem nur wenige ausgesuchte Schüler teilnehmen. (Aktenzeichen L 13 AS 678/10) In meinen Augen ist dies ein zutiefst unsoziales Urteil, das überdeutlich aufzeigt, dass es sich als Kind arbeitsloser oder aufstockender Eltern leider nicht so auszahlt, gute schulische Leistungen zu erbringen oder sich sozial zu engagieren, denn die soziale Ausgrenzung soll augenscheinlich unter allen Umständen erhalten bleiben! Bei der Forderung nach Chancengleichheit oder soziokultureller Teilhabe an der Gesellschaft auch für arme Kinder aus der Unterschicht scheint es sich um reines Blabla zu handeln, denn die Realität bezeugt das genaue Gegenteil. Widerspricht dieses Urteil nicht dem letzten Bundesverfassungsgerichtsurteil? Oder eher doch nicht, weil es ja so viele Schüler nicht betrifft?

Mit dieser meiner Meinung nach unsinnigen, unsozialen und neoliberalen Begründung des Gerichts werden die Lebenschancen eines Schülers beschnitten! Sie könnte als Beweis dafür aufgeführt werden, dass ein Entkommen aus der Unterschicht politisch nicht gewollt ist, weil das Urteil entgegengesetzt zur ewig dahingetröteten Parole „Gleiche Chancen und gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle“ steht. Wenn ich oder mein Kind betroffen wäre, würde ich weiterklagen, eben weil es ein Einzelfall ist! Es müsste doch im öffentlichen Interesse stehen, wenn durch das Erlernen eines flüssigeren Umgangs mit einer Fremdsprache die spätere Aussicht auf einen Arbeitsplatz erheblich stiege und somit die immer wieder beklagten Folgekosten eingedämmt würden. Die Vertiefung von möglichen psychischen Schäden durch permanente Ausgrenzung trotz schulischem Erfolg ist bestimmt auch nicht zu unterschätzen!

 

2. Laut einer Meldung der Gazette mit den vier Großbuchstaben forderte Friedrich Merz auf einer Podiumsdiskussion vollkommen ungeniert einen „Arbeitsdienst für Hartz-IV-Bezieher“. Er sagte, wenn sich jemand in New York arbeitslos melde, werde er sofort ärztlich untersucht. Wer nicht krank sei, werde gleich in den Einsatz geschickt. Jedes bis mittags gemeldete Graffiti solle am Abend entfernt sein. Wie verkommen sähen unsere Städte aus! Da gebe es ein großes Einsatzfeld. – Wenn sich hier tatsächlich ein solch enormes Betätigungsfeld anbietet, erwarte ich, dass Großaufträge an anständig bezahlende Maler- und Säuberungsfirmen erteilt werden und nicht irgendwelche Träger, die staatliche Förderung in eigene Spitzenpositionen fließen lassen, die frisch arbeitslos gewordenen Menschen für einen Apfel und ein Ei drangsalieren und ausbeuten! Als ob das nicht schon genug sei, möchte Merz anscheinend eine Debatte darüber entfachen, ob Sozialleistungen nicht nur auf Zeit bezogen werden können. Dies „begründete“ er damit, dass der Bundeshaushalt nicht mehr ausreiche, um Transferleistungen und Kreditzinsen zu zahlen.

Muss Friedrich Merz nun auch ins gleiche Horn blasen wie dieser emeritierte Bremer Professor Gunnar Heinsohn und seine Konsorten, die finanziell arme Menschen am liebsten auf die Straße abgeschoben sähen, ohne Erlaubnis, Nachwuchs erzeugen zu dürfen? Dann will er auch noch, dass Schulen, Kitas und Universitäten privatisiert werden und Eltern und Ehemalige entsprechend einzahlen, wenn sie die Qualität sichern und erhalten wollen. Eltern, die nicht zahlen können, sollen anscheinend unten durch fallen, sodass die Armut manifestiert und an die nächste Generation weitergereicht wird. Hier haben nur sehr wenige Menschen solche Gehälter, die es ihnen erlauben, die schulische Ausbildung ihrer Kinder selbst zu finanzieren! Aus der Sicht des Topmanagers Merz, der bestimmt über ein opulentes Jahresgehalt verfügt, das unsere Vorstellungen bei Weitem übersteigt, lässt es sich wunderbar leicht und mit zweierlei Maß fordern, Menschen zum Arbeitsdienst zu verdonnern! Ich komme nicht umhin, gewisse Ähnlichkeiten und Parallelen zu anderen Forderungen nach einem Arbeitsdienst und dem damaligen Reichsarbeitsdienst zu sehen.

 

3. Letzte Woche stand in Bremen der Amtsvormund des kleinen Kevin vor Gericht. Kevin wurde im Oktober 2006 im Kühlschrank seines Ziehvaters gefunden, der bis dahin noch als sein leiblicher Vater galt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte nach dem Tod des Zweijährigen gegen die gesamte Spitze des Bremer Amtes für Soziale Dienste und versuchte herauszufinden, wer dafür verantwortlich sein könne, dass die Hinweise auf eine Gefährdung des Kindes systematisch übersehen wurden. Obwohl sich fast ein Dutzend Fachleute um das Kind und seinen drogenabhängigen Ziehvater kümmerten, wurden fast alle Verfahren eingestellt. Übrig blieb nun ein Strafverfahren gegen den Amtsvormund wegen fahrlässiger Tötung. Die Richterin sagte, dass ein Vormund doch so etwas wie ein Ersatz-Vater sei, und fragte, wieso der Vormund sein „Mündel“ nicht regelmäßig besuchte und die 600 Seiten dicke Akte des Amtes für Soziale Dienste über das Kind und den Ziehvater las, in der Hinweise auf Gewalttätigkeiten standen. Wie konnte er im April 2006 dem Familiengericht schreiben, dem Kind gehe es gut, es besuche eine Kindertagesgruppe, und es gebe eine „enge Kontrolle“ durch den verantwortlichen Fallmanager?

Offenbar lag hier ein klarer Fall von Vormundversagen vor, das jedoch gewollt war, weil der Amtsvormund, angeblich aus Datenschutzgründen, die Akte des Sozialamtes nicht einsehen durfte, die vom Fallmanager geführt wurde. Wenn ein Amtsvormund für 250 Mündel zuständig ist, sollte es offensichtlich keinen persönlichen Kontakt zwischen Amtsvormund und Mündel geben. Selbst als Jens Böhrnsen im Frühjahr einen Bericht über den kleinen Kevin forderte, schien Entwarnung nach oben gemeldet werden zu sollen. Nach dem Tod des zweijährigen Kevin trat die damalige Sozialsenatorin Karin Röpke zurück. Der zuständige Fallmanager bei der Bagis, der dem drogensüchtigen Ziehvater zwei Monate hindurch – vermutlich genau in dem Zeitraum, als der kleine Kevin zu Tode gequält wurde – keine Bezüge auszahlte, wird bis heute nicht dafür angeklagt! Wenn einem Drogenabhängigen das Geld gestrichen wird, ist kaum anzunehmen, dass er gut mit dem ihm ausgelieferten kleinen Kind umgeht! Dies ist ein ebensolcher Skandal wie die „Betreuung“ von 250 Mündeln durch einen Amtsvormund. Für mich passt dieses Geschehen zu den Forderungen gewisser Politiker und Prominenter, den Hartz-IV-Beziehern weniger bis gar kein Geld für ihre Elternschaft zu zahlen. Bestimmte Kinder scheinen in unserer Gesellschaft unerwünscht, ungeliebt und ungeschützt sein zu dürfen!

 

4. Ich dachte, ich gucke nicht richtig, als ich im Netz las, dass für Arbeit und Familienkassen wegen der Einführung der „elektronischen Akte“, die in den Agenturen für Arbeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen erprobt wird, sofort bundesweit neue Postadressen gelten. Wenn eingehende Briefe von der Deutschen Post AG digitalisiert und in kurzer Zeit an die jeweilige Agentur für Arbeit zur Bearbeitung weitergeleitet werden, müssen sie logischerweise dort geöffnet werden! Das Postgeheimnis ist grundrechtlich zugesichert. Wie soll das nun wieder ausgehebelt werden? Was geschieht mit Briefen von anderen Zustelldiensten als der Deutschen Post AG? Mit Einführung der elektronischen Post ist dem Datenmissbrauch doch Tür und Tor weit geöffnet! Sämtlichen Beschwichtigungsversuchen schenke ich keinerlei Glauben. Was gehen einen Postmitarbeiter die Daten von Arbeitslosen- oder Kindergeldbeziehern an? Hartz-IV-Bezieher sind schon jetzt datenschutzrechtlich Menschen zweiter Klasse! Wenn sich nun auch noch Arbeitslose im ersten Jahr, die ALG I erhalten, sowie Kindergeldbezieher dazugesellen müssen, dann werden Millionen Bürger diskriminiert und in ihrer Privatsphäre verletzt. Wer mit hochsensiblen Daten so fahrlässig umgehen will, wie es die Bundesagentur für Arbeit offenbar plant, verabschiedet sich endgültig von Datenschutz und Grundrechten! Mir fällt auf, dass hier immer nur diejenigen derart respektlos und menschenverachtend behandelt und durchleuchtet werden, die in irgendeiner Form Transferleistungen des Staates beziehen. Die angekündigten Pilotversuche müssen in ihren Bundesländern unverzüglich unterbunden werden!

 

5. Die FDP will über das Sparpaket hinaus das Elterngeld für Nichtberufstätige streichen. Die Bundesregierung weist die Forderung zurück. Auch die Sozialverbände kritisieren den Vorschlag als unsozial. Der Fraktionsgeschäftsführer Otto Fricke will das Elterngeld auf diejenigen konzentrieren, die vorher gearbeitet oder wegen einer früheren Geburt ihre Berufstätigkeit unterbrochen haben. Die familienpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Miriam Gruß, fügte hinzu, der Staat gebe jährlich mehr als 180 Milliarden Euro für familienpolitische Leistungen aus, was europaweit Spitze sei. Sie fragte, ob diese Leistungen zielgenau seien. Im Sparpaket der Bundesregierung ist die Streichung des Elterngelds für Hartz-IV-Bezieher vorgesehen, nicht arbeitende Eheleute können den Sockelbetrag von 300 Euro aber behalten. Krasser kann die FDP gar nicht zeigen, wes Geistes Kind sie ist: Erst neoliberal die gut bezahlten Stellen vernichten und 400-Euro-Jobs züchten, dann die davon Betroffenen dafür bestrafen, dass sie leider nichts abbekommen haben von den Billigjobs! Ihre Kinder will niemand dort sehen, gar finanzieren. Aber die „bessere Hälfte“ eines sogenannten Leistungsträgers, die nicht erwerbstätig ist, soll die 300 Euro beziehen dürfen und natürlich außerdem vom Ehegattensplitting profitieren! Sehr sozial! Sollen hier nun erwerbstätige gegen nicht erwerbstätige Eltern aufgestachelt werden?

 

6. Zur Bilanz der Bundesregierung betreffs Einhaltung von gesetzlichen Mindestlöhnen erklärt die stellvertretende Vorsitzende der Partei „Die Linke“, Katja Kipping, diese sei ernüchternd. Im Jahr 2009 verhängte die „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ des Zolls rund 1.500 Mal Bußgelder gegen Firmen, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestlöhne unterliefen. Wahrscheinlich handelt es sich hierbei nur um die Spitze des Eisberges, weil gegenwärtig bundesweit nur 6.400 Beamte dafür zuständig sind. Es ist kein Kavaliersdelikt, wenn hart arbeitende Menschen um ihren verdienten Lohn geprellt und die Einnahmen der Sozialversicherungssysteme geschmälert werden, zumal die Binnenkonjunktur so behindert wird. Statt die Anzahl der Zahnbürsten in den sogenannten Bedarfsgemeinschaften durch Sozialschnüffler zu kontrollieren, müsste viel dringlicher eine bessere Ausstattung der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ gefordert werden. Die postulierte Forderung von CDU und FDP, Leistung müsse sich lohnen, verkommt sonst restlos zur hohlen Phrase!

 

7. Der niederländische Postkonzern TNT will alle Vollzeit arbeitenden Briefträger entlassen. Alle Zusteller und Sortierer, die 25 oder mehr Stunden in der Woche arbeiten, sollten ihre Stellen verlieren, sagte ein TNT-Sprecher. Diejenigen, die 15 Stunden oder weniger in der Woche arbeiteten, würden ihre Arbeitsplätze behalten, gegebenenfalls aber um Flexibilität ersucht. Ich kann mir lebhaft vorstellen, was alles an Verzichtsleistungen erbracht werden soll: Das nennt sich neusprech „flexibel“! Bereits Anfang des Jahres kündigte TNT an, dass 6.500 bis 11.000 Stellen in der Briefsparte abgebaut werden sollen, um das Sparziel von 395 Millionen Euro jährlich ab 2015 erreichen zu können. Die Belegschaft sei über die Pläne informiert worden. Am 7. Juli 2010 solle der Betriebsrat in die Beratungen einbezogen und anschließend die genaue Zahl festgelegt werden.

 

8. Heute Morgen glaubte ich mich bei den Sechsuhr-Nachrichten verhört zu haben, als ich hörte, die CDU/CSU fordere, dass bei Einwanderern in die Bundesrepublik ein Intelligenztest gemacht werden solle. Anscheinend haben Heinsohn, Sarrazin und Konsorten ihr Ziel erreicht: Statt dass sich die Politiker ernsthaft von solchen sozialrassistischen Äußerungen distanzierten, scheinen sie diese sogar übernehmen zu wollen. Wie sonst ließe sich erklären, dass Einreisewillige einen Intelligenztest bestehen sollen? Offenbar wird davon ausgegangen, dass Menschen aus anderen Kulturkreisen nicht an den Intellekt der deutschen Intelligenzbestien herankommen könnten! Dabei ist seit jeher umstritten, ob Intelligenz wie die Schuhgröße und das Gewicht eines Menschen messbar ist. Das zeigt allein die Menge an unterschiedlichen Tests, die ebenso viele unterschiedliche Fähigkeiten in den Vordergrund stellen: Da gibt es die kristalline Intelligenz, die fluide Intelligenz, die verbale Intelligenz, die praktische Intelligenz, weiterhin die numerische sowie die figurale Kompetenz, das räumliche Denken, die Merkfähigkeit und so weiter. Der Vorschlag unterstellt Zuwanderern pauschal Dummheit und Bildungsmangel. Er ist schändlich.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke

 

Wünschenswerte Änderungen gibt es nur im Verbund von Menschen

1. Mein Vorredner sagte etwas von der Verpflichtung durch die Argen, wonach sich alle Hartz-IV-Empfänger nun zu einer gemeinnützigen Tätigkeit verpflichten sollen. Dies hat mich derart empört, dass ich meinen eigentlichen Redebeitrag zurückgestellt habe. Hier werden immer Westerwelle und einige andere Politiker zitiert, welche so etwas fordern. Ich frage ich: Haben die unsere Gesetze, vor allem die Grundgesetz-Artikel 1, 12 und 20 noch nicht gelesen? Wir sind ein sozialer Staat, die Würde des Menschen ist unantastbar, und wir haben die freie Wahl des Berufes, des Ausbildungs- und Arbeitsplatzes!

Also sollte die Arge eher dabei helfen, eine vernünftige und normal bezahlte Beschäftigung zu finden und dies auch erreichen zu können, statt Hartz-IV-Empfänger dazu zu verpflichten, irgendwelche meist sogar überflüssige Arbeit zu einem Hungerlohn oder einfach so zu machen. Sind wir nun doch kein Sozialstaat mehr? Dumm nur, dass die Kosten hierfür immer von denen getragen werden müssen, welche auch nicht viel mehr haben als diese Betroffenen oder allenfalls bis zu etwa 125.000 Euro jährlich. Letzteres ist sicherlich recht viel Geld, aber was ist das schon im Vergleich zu zig Millionen Euro jährlich für Manager?

Wo bleibt da die Verhältnismäßigkeit, wenn ein Arbeitsloser trotz fortschreitender Rationalisierung zu einer Arbeit gezwungen wird (was laut Grundgesetz-Artikel 12 Absatz 3 sogar verboten ist, außer bei Verurteilung durch einen Richter zu einer Haftstrafe aufgrund einer Straftat), die entweder gar nicht nötig wäre oder die eine Firma gegen normale Bezahlung machen würde und so ebenfalls wieder Arbeitsplätze schaffen könnte. Diese Arbeit wird für die Sozialleistung als Sklavenarbeit durchgesetzt! Ich dachte, die Sklaverei wäre abgeschafft?

Sorgen wir endlich dafür, dass Arbeitslosen die Unterstützung geboten wird, die sie brauchen, egal welche, und nicht nur in geldlicher Form, denn Geld ist auch nicht alles, und kein Mensch will untätig, im Bett liegend oder vor der Glotze hängend, nur auf den Tod warten. Jeder kann und will etwas, ist an etwas interessiert! Man sollte den Erwerbslosen endlich Perspektiven bieten und sie nicht zu verdummenden Tätigkeiten zwingen.

 

Pete Ording2. Vieles im Lande läuft, wie es die Menschen nicht wollen. Dies sollte man durch Wahlen ändern können. Aber welche Partei? CDU, CSU, SPD, FDP, Grüne und gegebenenfalls sogar „Die Linke“ kommen kaum infrage. Welche davon auch immer an der Macht ist: Sie folgen dem, was die Chefs der Lobbyisten wollen. Ich fürchte, es wird nicht anders gehen als im Verbund von Menschen, die Änderung wollen, mit der Möglichkeit mitzubestimmen, durch direkte Demokratie.

Hier geht es darum, dass man künftig nicht mehr nur Parteien und Abgeordnete wählen kann. Zusätzlich sollen auch Themen gewählt werden können, sodass die Parteien und Abgeordneten dazu gehalten sind, sich in Abstimmungen an den Volkswillen zu halten. Politiker sollen die Legislative richtig umsetzen müssen, also das tun, was das Volk selbst demokratisch will. Hören wir auf, uns immer nur zu beschweren, zu schimpfen und zu fordern! Machen wir selbst Vorschläge, wie es sein sollte und suchen dazu Unterstützer, wie es auf meiner Homepage bald der Fall sein wird.

Pete Ording (parteilos oder -gründend)
 
Gar nicht selbstverständlich: Doppel-Äff steht für zweiten Wahlgang
zur Verfügung – und scheitert („Spiegel-Online“)
 
Na bitte, geht doch: Finanzsenatorin Karoline Linnert schützt Kredit-Kröten für Fußball-Glotzpulk auf dem Domshof („Weser-Kurier“)
 
Von wegen Märchenhochzeit: Sie küsst ihn zum Prinzen, doch
er bleibt trotzdem hässlich wie ein Frosch („Wikipedia“)
 
Schnatterinchen erleichtert: „Die Linke“ lässt sich keinen Befürworter von Sozialkahlschlag und Afghanistankrieg als wählbar vorgauckeln („Spiegel-Online“)
 
Doppel-Äff schafft Amtseid im zweiten Anlauf: Wann wird es selbstverständlich
sein, dass alle Kinder, die hier groß werden, die deutsche
Sprache beherrschen? („Spiegel-Online“)

 

Freiheit und Profit

1. Wer denkt schon noch an Harrisburg,
Seveso oder Sandoz?
Die Freiheit ist das hohe Lied
Im Namen des Profit.

Wer denkt schon noch an Tschernobyl,
An Krümmel oder die Asse?
Die Freiheit ist das hohe Lied
Im Namen des Profit.

Wer denkt schon, dass das Meer verseucht
Im Golf von Mexiko?
Die Freiheit ist das hohe Lied
Im Namen des Profit.

Die Freiheit ist ein hohes Gut,
Besonders schützenswert,
Allerdings als Mittel zum Profit
Verliert sie schnell an Wert!

Gott sei Dank!
Gauck wurde nicht zum
Bundespräsidenten gewählt.
Dank an „Die Linke“!

 

2. Vielleicht muss die Bundesagentur für Arbeit gar nicht so viel kürzen, wenn die Wirtschaft besser läuft und die Erwerbslosenzahlen sinken, hofft Vorstand Heinrich Alt. Was für ein Heuchler! Erst hält er eine Überprüfung sittenwidriger Löhne bei deutlich unter drei Euro in der Stunde durch die Argen für nötig, und hier sagt er: „Außerdem entlassen wir die Arbeitgeber damit aus der Verantwortung, für existenzsichernde Löhne zu sorgen.“ Dieser Mensch ist doch nur unglaubwürdig, in meinen Augen ein schlechtes Beispiel für seine Töchter!

Man muss sich doch einmal die Frage stellen, ob diese Töchter vielleicht, wie es früher war, auch in Barackenlager oder Tausendmannskasernen ziehen würden, nur damit sie im Monat „mehr Geld zur Verfügung“ hätten. Darauf könnte nämlich die Pauschalisierung der Unterkunftskosten hinauslaufen. Mein Vorschlag: Eine Vermieterabgabe von zehn Prozent auf alle Mieten! Dann hat man auch das Geld, damit jeder Mensch in Deutschland vernünftig leben kann. Vielleicht auch die Töchter von Herrn Alt?

 

Hans-Dieter Wege3. Hallo Monique Troedel! Bereits im letzten Jahr wandte ich mich an die Linksfraktion im Deutschen Bundestag, um die Lebensmittelsicherheit bei den „Tafeln“ in Deutschland zu hinterfragen. Leider bekam ich außer einer Eingangsbestätigung auch nach einer weiteren Nachfrage keine Antwort. Auch in Bremen müssen viele Menschen die „Tafeln“ nutzen. Diese „Verbraucher“ werden hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit im Regen stehen gelassen.

Es ist in meinen Augen notwendig, dass die „Tafeln“ hinsichtlich Hygiene oder Kühlung genau die gleichen Auflagen wie normale Lebensmittelgeschäfte bekommen und einhalten müssen, eigentlich sogar noch schärfere als diese, da es sich oftmals um Produkte kurz vor dem Verfallsdatum handelt. So ist zum Beispiel bei Backwaren gesundheitsgefährdender Schimmel nicht unbedingt an der Oberflächl zu erkennen, trotzdem kann er vorhanden sein.

Ich finde, an diesem Thema muss „Die Linke“ unbedingt dranbleiben. Ich möchte dich daher bitten, hierzu tätig zu werden, vielleicht zumindest dadurch, dass du bei der Linksfraktion im Deutschen Bundestag dieses Anliegen unterstützt. Aber auch die Bürgerschaft muss Verantwortung für die Armen in Bremen übernehmen! Beste solidarische Grüße.

Hans-Dieter Wege (parteilos, Gegner asozialer Politik)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz