148. Bremer Montagsdemo
am 03. 09. 2007  I◄◄  ►►I

 

Armut lügt nicht

Ursula GatzkeEine neue abscheuliche Plage kommt auf uns zu: die Plage des Wegschauens und Leugnens. Wir müssen uns schon wieder mit miserablen Menschen plagen, die felsenfest behaupten, es gebe keine Armut in Deutschland, und uns das auch noch direkt ins Gesicht sagen!

Diese arroganten Menschen sollten auch hart bestraft werden! Ihre dummen Reden sind Absicht und Lügen! Wenn das einreißt, gibt es bald ein Hauen und Stechen im Land! Wegschauen und Leugnen hatten wir schon zur Genüge! Es reicht! Zeigen wir diese Leute wegen Verleumdung an! Legen wir den selbsternannten Göttern, die die Armut leugnen oder dulden, beizeiten das Handwerk!

Reden wir auch über die Ausbeuter! Zeigen wir ihnen jetzt die rote Karte, bevor es knallt, denn es wird knallen, wenn die Armutsschere ganz ungestraft immer rasanter – ohne Wenn und Aber – auseinanderkracht! Die Sklaverei muss ein Ende haben! Wenn ein Sklave von seiner Arbeit nicht mal leben kann, dann ist zu viel faul im Land!

Immer nur Opfer bringen und leiden, das gibt einen Aufstand irgendwann, das weiß jedes Kind! Deutschland, das Land der Rekorde: Negativrekord der Kinderarmut, Hartz-IV-Armut, Minijobber-Armut, Altersarmut, Pflegearmutszeugnisse, Erwerbstätigenarmut, Niedriglöhne und fast überall sehr hohe Preissteigerungen!

Da hört es sich doch gut an, bei dem Rekordzulauf bei den „Tafeln“: „Niemand muss verhungern!“ Wir brauchen immer mehr Diener, für unsere eigene Armut im Land!

Ursula Gatzke (parteilos)
 
SPD-Netzwerk will nachsorgenden Sozialstaat abschaffen: Es herrscht
Zwang zur lebenslang fleißigen Eigenoptimierung durch
Bildungsinvestitionen des Staates („Spiegel-Online“)

 

Für das Volk Ekelfleisch
und Matschtomaten

Info-MichelManchmal frage ich mich wirklich, ist es Traum oder Wirklichkeit. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Die Menschen bekommen Ekelfleisch zu essen, und das zum wiederholten Male. Man lernt nicht daraus. Einige machen weiter die Betrüger, und niemand unternimmt etwas dagegen. Warum lassen wir uns das eigentlich gefallen? Steuergelder werden verpulvert oder falsch eingesetzt. Der Staat lässt es zu, dass die Menschen nicht mehr ihr Recht bekommen, ohne erst zu klagen. Wer hilft dem Normalbürger noch?

Der Selbstbedienungsladen in der Politik ist immer noch offen. Gleichheit gibt schon lange nicht mehr. Man mischt sich in alles ein und vernachlässigt die eine eigene Bevölkerung; gestattet es, dass die älteren Mitbürger immer mehr vernachlässigt werden; kümmert sich nicht um die wirkliche Armut. Was für eine Welt ist das eigentlich, in der man nach Kindern geradezu schreit, es aber zulässt, dass immer mehr von ihnen verarmen und Lebensmittel, die gerade Kinder brauchen, um 50 Prozent teurer werden?

Leute, habt ihr denn aus der Geschichte nichts gelernt? Dann lasst doch den Geschichtsunterricht einfach weg, nutzt ihn für andere Fächer, macht es wie der Direktor einer Schule, unterrichtet das Fach „Zurechtkommen mit Hartz IV“! Wie lauteten doch die Worte einiger Politiker und auch Behörden? „Sie haben sich wohl mit Hartz IV eingerichtet!“ Von Weitsicht war bei denen sowieso nie die Rede. Jetzt lernt man das Auskommen mit Hartz IV sogar an der Schule, ist das nicht komisch? Schlaft ruhig alle weiter, die ihr guten Glaubens seid! Denkt hoffentlich daran: Der nächste Abschwung kommt bestimmt.

Armut ist keine Schande, aber eine Schande ist es, was ich neulich in der Zeitung las: 40.000 Menschen haben sich eine Tomatenschlacht geliefert, eine Schande in zweifacher Hinsicht. Erstens sind es Lebensmittel, die auf diese Weise vernichtet werden, und zweitens sind sie wahrscheinlich sogar subventioniert, mit unseren Steuergeldern natürlich. Wundert euch nicht, dass bei so einem Verhalten die Preise steigen!

Udo Riedel (parteilos)
 
Fluchen wie Völler: „Knut“ Beck’s Verbot
des Scheiße-Anbietens („Spiegel-Online“)

 

Integriert im Zwangsurlaub vom Betriebsausflug

Elisabeth Graf1. Hartz-IV-Empfänger müssen bei Widersprüchen und Klagen gegen Bescheide der Sozialbehörden neue Regeln beachten. Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts können seit dem 1. Juli 2007 Leistungen nicht mehr pauschal für die gesamte Bedarfsgemeinschaft eingefordert werden, sondern nur individuell für jedes ihrer Mitglieder.

Wollen Hilfebedürftige gegen einen Bescheid vorgehen, müssen sie zunächst klären, welche Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft von der Entscheidung betroffen sind. Kürzt die Arge beispielsweise die Leistungen für Unterkunft und Heizung um 100 Euro, weil sie die Miete für unangemessen hoch hält, sind alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft betroffen und müssen dem Bescheid widersprechen. Würde nur ein Betroffener widersprechen und schließlich vor Gericht klagen, könnten die Richter auch nur über den auf den Kläger entfallenden Mietanteil entscheiden.

Aus den Vorgaben des Bundessozialgerichts folgt allerdings nicht, dass im Streitfall jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft einen separaten Widerspruch einlegen und eine eigene Klage beim Sozialgericht anstrengen muss. Es reicht, wenn in einem Schreiben die Ansprüche aller Betroffenen aufgeführt sind. Dazu müssen alle volljährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Briefkopf stehen und den Widerspruch unterschreiben. Sind auch Minderjährige betroffen, muss aus dem Widerspruch hervorgehen, dass die Absender als gesetzliche Vertreter deren Rechte wahrnehmen.

 

2. Immer mehr Amtsgerichte meinen, für Widerspruch gegen Hartz-IV-Bescheide brauche man keinen Anwalt. Schließlich könne man sich ja auch von Ein-Euro-Jobbern beraten lassen. Muss die Agentur Stromschulden übernehmen? Haben Allergiker Anspruch auf mehr Geld? Bei vielen Fragen sehen sich von Hartz IV Betroffene genötigt, eine Rechtsberatung aufzusuchen. Doch Anträge auf anwaltliche Beratungshilfe, etwa zur Anfechtung eines mutmaßlich falschen Jobcenter-Bescheids, werden immer seltener bewilligt.

Es erweckt den Anschein, als solle der anwaltliche Berufsstand aus der sozialrechtlichen Vertretung hinausgedrängt werden. Wenn der Anwalt nicht „mutwillig“ aufgesucht wird und keine kostenfreie Beratungsalternative zumutbar ist, haben nach dem Beratungshilfegesetz Bürger mit begrenzten wirtschaftlichen Mitteln das Recht auf ein Gespräch mit dem Anwalt. Im Höchstfalle dürfen noch zehn Euro dazugezahlt werden müssen. Letzterer Punkt wird nach Eindruck der Berliner Anwältin für Sozialrecht Carmen Flecks von den Gerichten immer häufiger strapaziert.

Dabei sind dortige Rechtspfleger gerade in Sachen Sozialgesetzbuch II und XII in der Regel nicht ausgebildet. Dass sie dennoch dazu beraten oder mit falschen Begründungen Beratungshilfescheine verweigern, kommt vor. Man sollte bei mündlicher Ablehnung vom Amtsgericht eine schriftliche Begründung verlangen. Wo der Gesetzesdschungel SGB II für Unklarheiten sorgt, werden Leistungsbezieher auf Jobcenter-Rechtsstellen oder kostenlose Beratungen der Bezirksämter verwiesen.

Eine solche ist die neugegründete „Bürgerhilfe“ in Berlin-Steglitz-Zehlendorf. Sie bietet seit August Erwerbslosen mit Jobcenter-Problemen Rat „für alle Belange“. Die fünfzehn Teilnehmer des Projekts „Bürgerhilfe“ sind Ein-Euro-Jobber aus unterschiedlichen Berufsfeldern. Ob solche Einrichtungen grundsätzlich sinnvoll sind, sei dahingestellt, doch den rechtlichen Anspruch auf eine anwaltliche Beratung können und dürfen sie nicht ersetzen! Bei den schwierigeren Rechtsfragen, die Hartz IV aufwirft, dürfen Betroffene nicht nur von Laien behandelt werden, sonst werden wir mundtot gemacht! Da wird guter Rat teuer.

 

3. Das Jobcenter Neukölln schickt junge Arbeitslose zum Training nach Brandenburg. Dort sollen sich Hartz-IV-Empfänger an ein geregeltes Berufsleben gewöhnen. Ein Drill-Camp nach amerikanischen Vorbildern soll das Lager aber nicht sein. Direkt nach dem Aufstehen steht für die jungen Männer erst einmal Joggen auf dem Programm, noch vor dem Frühstück. Später jäten sie Unkraut und räumen einen Schuppen auf. Die jungen Männer kommen aus Neukölln, sind arbeitslos und gelten als schwierige Fälle.

Für schwer vermittelbare Arbeitslose, die angeblich oft in einem Sumpf aus Alkohol, Drogen und Kriminalität stecken und Tugenden wie Pünktlichkeit oder Arbeitswillen vermissen lassen, hat das Jobcenter das „Päd-Camp“ eingerichtet. Die jungen Arbeitslosen werden kontinuierlich betreut. Jeden Morgen erwarten die Betreuer sie im Schulungsgebäude. Dort sollen sie handwerkliche Arbeiten erledigen, Bewerbungen schreiben oder einen Staplerführerschein machen. Dafür erhalten sie 1,50 Euro die Stunde. Abgerechnet wird minütlich, damit das Schwänzen ins Geld geht.

Wenn das nicht fruchtet, geht es für eine Woche raus aus dem heimischen Umfeld nach Uckley, ins Drill-Camp. Das „Päd-Camp“ erhielt kurz nach seinem Start im vergangenen Jahr den von den Arbeitsministerien ausgelobten Landespreis „Jugend in Arbeit“. Von 317 Teilnehmern seien um die 30 der Arbeitslosigkeit entflohen. So viel Drill für nicht einmal zehn Prozent Erfolgsquote? Wie lange selbst diese überhaupt andauert, steht in den Sternen. Obwohl kaum einer gern hierher komme, gefalle es den meisten am Ende ganz gut. Wer glaubt es? Als ob durch solche Schikanen echte Arbeitsplätze entstehen würden!

Auf jeden Fall wird hier Propaganda gemacht, frei nach dem Motto: „Hey ihr, die ihr noch einen Job habt: Verzichtet auf Teile eures Gehalts und nehmt Verlängerungen eurer Arbeitszeit ohne Lohnausgleich hin, sonst geht’s euch ganz schnell genauso!“ Ich finde, dass es auch für Politiker Drill-Camps geben sollte. Dort könnten besonders verlogene Volksvertreter üben, auch abseits des Rampenlichts zu lächeln, und lernen, ihre Versprechungen in die Tat umzusetzen. Das Lager wird für dissoziale Politiker geeignet sein, die zwar behaupten, einer sozialen Partei anzugehören, aber dann eine Politik betreiben, die doch nur den oberen Zehntausend dient. Ebenso betrifft es natürlich all die unchristlichen Politiker, die zwar vorgeben, einer christlichen Partei anzugehören, jedoch permanent das genaue Gegenteil von Nächstenliebe propagieren!

 

4. Die „Essener Arbeit Beschäftigungs-Gesellschaft“ hatte für den 30. August 2007 einen Betriebsausflug geplant. Dieser fand jedoch ohne die etwa 500 Hartz-IV-Betroffenen statt, die in sogenannten Arbeitsgelegenheiten als Ein-Euro-Jobber stecken. Diese Beschäftigten müssen für diesen Tag Zwangsurlaub nehmen oder die unfreiwillige Fehlzeit nacharbeiten. Der Geschäftsführer der EABG bestätigte dies gegenüber dem „Erwerbslosenforum“ und führte logistische Probleme als Grund an.

Die Ein-Euro-Jobber hätten gleiche Arbeitsvertragspflichten wie die Stammbelegschaft, weshalb man ihnen nicht freigeben könne. In der Vergangenheit sei es bei Betriebsfesten zu „Problemen“ gekommen, die angeblich mit der Anforderung von Krankenwagen endeten. Deshalb fahre man nur mit der Stammbelegschaft. Für diese gelte jedoch, dass ein Mitarbeiter, der nicht am Betriebsausflug teilnimmt, für den Tag Urlaub nehmen oder diese Zeit nacharbeiten muss.

Dazu sagte Martin Behrsing, Sprecher des „Erwerbslosenforums“: „Die Ein-Euro-Jobber haben gar nicht die Alternative, am Betriebsausflug teilzunehmen, und müssen deshalb Urlaub nehmen oder die unfreiwillige Freizeit nacharbeiten. Die EABG versteht es glänzend, den Hartz-IV-Betroffenen zu zeigen, dass sie Menschen zweiter Klasse sind und keinerlei Arbeitnehmerrechte haben. So geht man mit Sklaven um: Hauptsache, die Arbeitskraft ausbeuten und jeden Euro mitnehmen! Ohnehin erhalten die Beschäftigungsträger sämtliche Auslagen von den Arbeitsagenturen erstattet und werden obendrein auch noch fürstlich belohnt. Wir fordern die Arge, das Job-Center Essen und die Gewerkschaften auf, diese Praxis sofort zu stoppen!“

Mit Empörung hat die nordrhein-westfälische Bundestagsabgeordnete der Partei „Die Linke“, Inge Höger aus Herford, den Ausschluss der 500 Ein-Euro-Jobber vom Betriebsausflug der EABG kommentiert. „Wenn es Ziel solcher Beschäftigungsmaßnahmen sein soll, Menschen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, muss dies nicht nur mit allen Pflichten, sondern auch mit allen Rechten geschehen. Dazu gehört die Teilnahme an betrieblichen Veranstaltungen. Alles andere ist Diskriminierung der übelsten Art.“

 

5. Der massenhafte Missbrauch mit den Ein-Euro-Jobs durch Verdrängung regulärer Arbeit soll nach Informationen der „Hannoverschen Allgemeinen“ jetzt unterbunden werden. Nach dem Gesetz dürfen Ein-Euro-Jobs nur dann eingerichtet werden, wenn die Arbeit im öffentlichen Interesse liegt, zusätzlich ist und den Wettbewerb nicht stört. Der Bundesrechnungshof hatte im vergangenen Jahr ermittelt, dass „bei fast einem Viertel die Voraussetzungen nicht vorlagen“ und „bei weiteren knapp 50 Prozent“ die Arbeitsagenturen „keine verlässlichen Kenntnisse über die Maßnahmeinhalte“ hatten.

Die Bundesagentur für Arbeit will nun, in enger Abstimmung mit dem Bundesarbeitsministerium, Konsequenzen ziehen und den Arbeitsagenturen vor Ort verbindlich vorschreiben, unter welchen Voraussetzungen ALG-II-Empfänger zu Ein-Euro-Jobs verpflichtet werden können. Bislang hatte die Bundesagentur den Job-Centern lediglich Empfehlungen gegeben. Derzeit finanziert sie 282.000 sogenannte Arbeitsgelegenheiten für Bezieher von Arbeitslosengeld II, darunter 265.000 Euro-Jobs. Das sind Arbeiten, für die von der Arbeitsverwaltung pro Stunde ein Euro oder etwas mehr zusätzlich zum Arbeitslosengeld II gezahlt wird.

In der 28-seitigen neuen „Arbeitshilfe“ heißt es nunmehr, das „öffentliche Interesse“ an Zusatzjobs sei nur gegeben, wenn „das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient“. Arbeiten, die „überwiegend erwerbswirtschaftlichen Interessen oder den Interessen eines begrenzten Personenkreises“ dienten, lägen „nicht im öffentlichen Interesse“. Die Arbeiten dürften „nicht zu einer Bereicherung Einzelner führen“.

Die „Zusätzlichkeit der Arbeiten“ soll dann vorliegen, „wenn sie ohne die Förderung nicht, nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden“. Arbeiten aufgrund rechtlicher Verpflichtungen oder von juristischen Personen „sind nur förderungswürdig“, wenn sie ohne die Förderung „erst nach zwei Jahren durchgeführt“ würden. Bei der Prüfung beider Voraussetzungen müssen die Jobcenter künftig „strenge Maßstäbe“ anlegen.

Blablablubb, das ist doch nichts Neues! Alles wie gehabt: Dann beschließen zum Beispiel Kommunen, Radwege und Straßenränder zuwachsen zu lassen, weil angeblich kein Geld mehr da sei. Kurze Zeit später sind solche Tätigkeiten plötzlich „zusätzlich“ geworden, denn es ist politisch gewollt, dass die Kommune diese Aufgaben nicht mehr übernimmt. So kann man im Prinzip jede kommunale Aufgabe „zusätzlich“ machen und in Ein-Euro-Jobs umwandeln! Wo ist das Neuland?

 

6. Die 33-jährige Germanistin Angela Furtkamp hat einen abenteuerlichen Einsatz als Aushilfslehrerin an Kölner Schulen hinter sich. Sie hat lange als Journalistin gearbeitet, unter anderem für das Kinderfernsehen, aber wegen ihrer kleinen Tochter wünschte sie sich geregelte und überschaubare Arbeitszeiten. So fasste sie den Entschluss, Lehrerin zu werden. An der „Bewerbungshotline“ teilte man ihr mit, dass sie für eine Stelle als Vertretungslehrerin nur ein abgeschlossenes Hochschulstudium brauche. „Verena“ nennt sich die Jobbörse des Schulministeriums Nordrhein-Westfalen. Dort fände sie die zu besetzenden Vertretungsstellen. Man solle sich gleich an die ausschreibende Schule wenden.

Zwei Anrufe – eine katholische Schule in einem sozialschwachen Vorort von Köln war interessiert. Zwei Tage später stellte sie sich vor, hatte sich viele Gedanken gemacht, was sie sagen soll, warum sie den Job haben will, und vor allem, warum sie wohl dazu befähigt sei. Aber im Lehrerzimmer begrüßte man sie gleich mit „Ah, die Neue!“, und die einzige Frage lautete: „Wann können Sie anfangen?“ Die Not war groß in dem kleinen Kollegium, denn sollte die Stelle nicht besetzt werden, drohten Unterrichtsausfall für die Kinder oder unbezahlte Überstunden für die Lehrer. Es wurde verabredet, dass sie in zwei Wochen anfangen solle.

Ihre Aufgabe: Mutterschutzvertretung in einer vierten Klasse, vier Wochen à 20 Stunden. Fächer: Mathe, Deutsch, Sachkunde, Sport, Kunst – plus Betreuung einer Projektwochengruppe. Sie dachte, man würde sie einweisen, begleiten, ihr einen Arbeitsplan mit an die Hand geben. Stattdessen: Klassentür auf, sie rein, Klassentür zu. Allein mit 27 Kindern. Ihr erster Tag. Deutsch: Diktat. Mathe: Wiederholung der Grundrechenarten. Sachunterricht: Weiterführung der Arbeit zum Thema Römer. Sport: Völkerball. Ein Tag, vier Stunden, und sie ist fix und fertig: 27 zum Teil präpubertäre Jungen und Mädchen, darunter: 16 ausländische Kinder; ein leicht autistisches Kind, das bald auf eine integrative Schule gehen wird; ein Kind mit ADHS.

Die vier Wochen vergehen wie im Flug. Sie lernt viel. Zum Beispiel, dass sie keinen blassen Schimmer hatte, auf was sie sich da einlässt. Dass dieser Beruf ein hartes Brot ist. Und dass sich Schulverwaltung und Schulpraxis in zwei verschiedenen Galaxien bewegen. Absurd finden das Ganze viele ihrer Bekannten, denen sie von ihrem neuen Beruf erzählte: „Ohne Ausbildung? Ohne Anleitung? Ohne Kontrolle? Das geht doch nicht! Wenn mein Kind in einer solchen Klasse wäre, würde ich das nicht wollen.“ Die Absurdität steigert sich, als ihr angeboten wird, eine erste Klasse als Klassenlehrerin zu übernehmen, mit voller Stundenzahl. Was für ein Unterfangen, ohne ein einziges Stündchen pädagogischer Ausbildung! Dass sie deutlich weniger als ein verbeamteter Lehrer verdient, ist sicher auch ein Grund für so ein Angebot – denn es gibt in diesem Land durchaus ausgebildete Lehrer ohne Anstellung.

 

7. Die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft fordert eine Aufstockung von Hartz IV durch Sachleistungen. Sie ist skeptisch, ob eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes von derzeit 347 Euro der richtige Weg sei. Frau Kraft überlegt, ob stattdessen besser ein altes Mittel der Sozialhilfe aufleben sollte: die einmaligen Beihilfen. Sie fügte hinzu, dass Zahlungen zur direkten Unterstützung der Kinder – etwa Beihilfen für Schulbücher zum Schulanfang – im Zuge der Hartz-Gesetzgebung leider abgeschafft wurden. Jetzt sei es an der Zeit, diese Zusatz-Leistungen wieder einzuführen.

Um „Missbrauch“ zu verhindern, solle man die Kinderhilfen nur in begründeten Einzelfällen als Geldzahlungen gewähren. Kraft fordert, dass in der Regel auf Antrag der Eltern entsprechende Gutscheine ausgegeben werden sollten. Die SPD-Landesvorsitzende findet, dass bei einer Hartz-Inspektion die Politik die annähernd zwei Millionen Kinder, die von Arbeitslosengeld II leben, jetzt besonders in den Blick nehmen muss. Die Gesellschaft dürfe nicht zulassen, dass Kinder unter der Arbeitslosigkeit ihrer Eltern leiden.

Die Dame verwechselt da etwas: Die Kinder leiden in erster Linie unter der durch Hartz IV verordneten dauerhaften staatlichen Verarmung und Ausgrenzung! Es empört mich, wie den Eltern immer wieder einfach so der Missbrauch mit dem Geld für ihre Kinder unterstellt wird. Ich kann es nicht mehr hören! Hier werden ganze Bevölkerungsschichten absichtlich unter Generalverdacht gestellt, wohingegen das Versagen von Politikern und Bürokratie selbstverständlich immer nur bedauerliche Einzelfälle sind. Viel sinnvoller wäre es, den Regelsatz um mindestens 150 Euro zu erhöhen und dabei auch Kindern und Jugendlichen die vollen 100 Prozent zu geben, weil diese – im Gegensatz zu den Erwachsenen – noch wachsen und deswegen einen erhöhten Bedarf an Kleidung und Nahrung haben.

Ich ertrage es auch nicht mehr, immer nur von sozial schwachen Menschen zu lesen, wenn doch finanziell schwach ausgestattete Menschen damit gemeint sind. Diese dauernde Diskriminierung ist unerträglich. Ich habe ganz sicher nicht viel Geld, doch verfüge ich über eine hohe Sozialkompetenz!

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)

 

Auf der anderen Seite der „Tafel“ steht die Bundeswehr

Bettina Fenzel1. In der Stresemannstraße gibt es die „Bremer Tafel“. Mensch muss sich da anmelden zu Büroöffnungszeiten, den Bescheid der Behörde vorlegen, einen Antrag ausfüllen und unterschreiben, um eine Karte zu bekommen, die dazu berechtigt, einmal in der Woche kostenlos Lebensmittel in Empfang zu nehmen. Mensch muss in einer langen Warteschlange stehen, bis er oder sie drankommt. Auch wenn es regnet und kalt ist, steht mensch im Freien. Manchmal kann das eine Stunde oder länger sein. Unter solch schlechten Bedingungen ist es kein Zuckerschlecken, auf die Lebensmittelausgabe zu warten. Oft sind die Lebensmittel auch ungenießbar, zum Beispiel schimmelig. An Vegetarier wird fast überhaupt nicht gedacht. Von gesunder Ernährung kann nicht die Rede sein. „Biologische“ Lebensmittel gehören ins Reich der Träume, in der Regel werden sie gar nicht verteilt!

Das besonders Traurige an den „Tafeln“ und anderswo ist, dass die Mitarbeiter(innen) ehrenamtlich arbeiten, also unentgeltlich, oder als Ein-Euro-Jobber dazu gezwungen werden. Den Menschen wird ihre Ausbeutung nicht bewusst. Sie leisten unentgeltliche, gering bezahlte, gesellschaftlich notwendige Arbeit. Das Kapital hat Interesse daran, sich die gesellschaftlich notwendige Reproduktionsarbeit, die oft von Frauen und wenigen Männern ausgeführt wird, meist unterbezahlt anzueignen, um die Reproduktionskosten so gering wie möglich zu halten, also der Profite wegen. Auch wenn ich für die Mitarbeiter(innen) als kleines Dankeschön einen „biologischen“ Kuchen backte, kann das nicht über ihre Ausbeutung hinwegtäuschen, selbst wenn ihnen das nicht bewusst ist und sie ihre Arbeit mit Freude verrichten!

Über elf Millionen Menschen sind arm, und die Hartz-Regelsätze reichen nicht aus, um sich gesund zu ernähren! Die 725 Filialen der „Tafel“, die es bundesweit gibt, sind nicht in der Lage, alle Menschen so zu versorgen, dass sie sich gesund ernähren können. Darum brauchen wir einen Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde und eine Arbeitszeitverkürzung auf 28 Stunden in der Woche bei vollem Lohnausgleich! Wir brauchen die Erhöhung der Hartz-Regelsätze mit Inflationsausgleich für die Erhöhung der Preise! Die Milchprodukte sind viel teuer geworden: Im Juli 2007 kosteten 250 Gramm Butter 79 Cent, jetzt sind es 1,19 Euro. Der Liter H-Milch verteuerte sich von 49 auf 55 Cent.

Die Discount-Supermärkte machen Profit bei den Preiserhöhungen, die kleinen Bauern erhalten kaum mehr Geld für ihre Produkte. Alle unteren Einkommen gehören angehoben und ein Inflations- oder Kaufkraftverlustausgleich eingeführt, damit der reale Kaufkraftverlust gestoppt wird! Wir benötigen einen politischen Generalstreik, der dafür sorgt, dass die Unverteilung von unten nach oben gestoppt wird und die Reichen zur Kasse gebeten werden! Für mich ist ein Generalstreik längst überfällig. Stellt sich die Frage: Wann erkennen dies die Gewerkschaftsführungen?

 

2. Die Medien haben den Auftrag, die Menschen falsch zu informieren über die tatsächlichen Ursachen von Kriegen. An den Schulen stellen sich Offiziere der Bundeswehr vor, die die Jungen und Mädchen für die Bundeswehr gewinnen wollen! Es wird behauptet, die Bundeswehr leiste humanitäre Einsätze. Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit! Es geht darum, die jungen Menschen für die Kriege zu gewinnen, die der globale Kapitalismus führt, um sich die Rohstoffquellen und Macht in der Welt zu sichern!

In dem Buch von Markus Euskirchen „Militärrituale – Die Ästhetik der Staatsgewalt. Analyse und Kritik eines Herrschaftsinstruments“ ist treffend zu lesen: „Gerade die Konsensherstellung in der Bundesrepublik zu militärischen Einsätzen und Nicht-Einsätzen, zum Umbau der Bundeswehr in eine Interventions- und damit Angriffsarmee und die Militarisierung der Europäischen Union fordert eine Überprüfung und Weiterentwicklung des Propagandamodells im deutschen und europäischen Kontext als Baustein zur Analyse kultureller Gewalt. Allerdings stellen Analyse und Kritik des Propaganda-Modells nur einen Teil der notwendigen Kritik von kultureller Gewalt dar.

Für Chomsky heißt Ideologiekritik vor allem Kritik der dominanten Rede vom Terrorismus (früher Kommunismus) und der ‚fünf Filter‘, mit deren Hilfe innerhalb der Nachrichtenindustrie zensiert wird. In der heutigen Zeit des ‚modernisierten‘ beziehungsweise ‚reformierten‘ Patriarchats braucht es biologische Ausschlusskriterien dieser Form nicht mehr: Das heutige Militär ist der Anwesenheit von Frauen gewachsen. Die Erkennungsmuster Rosa und Blau – was ist sozial ein Mann, was sozial eine Frau – bleiben trotzdem erhalten und sind nach wie vor zwingend notwendig. Dortige Funktionen können von einer biologischen Frau ausgekleidet werden, wenn sie Mann genug ist, ihren Mann zu stehen.

Die vordergründige geschlechtergerechte Präsenz der Frauen verstärkt auf subtile Weise die Geschlechterkonkurrenz. Auch nach Eintritt von Frauen ins Militär liegt diesem eine sexistische Struktur zugrunde, welche die Grundlage zur Reproduktion patriarchalisch-männlicher Identität ist. Sexualisierte Angriffe gegen neue Soldatinnen sind dazu kein Widerspruch. Wenn weibliche Soldaten in Zukunft belästigt oder vergewaltigt werden, wird dies als ‚Defekt‘ von Einzelnen interpretiert und auch so geahndet werden – wie das Beispiel der US-Armee im Umgang mit den dort schon länger zum Alltag gehörenden ‚Einzelfällen‘ zeigt.

Die Funktion des Militärs wird durch Frauen in der Armee nicht in Frage gestellt. Das Militär ist eine ‚verdinglichte Erscheinungsform von Gewalt‘. Die einzige Bedingung ist, auch die Frauen haben nach den militärischen – und damit ur-patriarchalischen – Organisationsprinzipen zu funktionieren: Befehl und Gehorsam, hierarchische Vergesellschaftung. Akzeptanz von Gewalt und Mord als Mittel von Politik zur Konfliktbearbeitung beziehungsweise Durchsetzung von Machtinteressen. Frauen sind nicht mehr Opfer, deren Gleichstellung es zu erkämpfen gilt. Sie eröffnen sich den Zugang zu Machtpositionen und werden damit zu Nutznießerinnen und Teilhaberinnen patriarchalischer Herrschaft.“

Das bedeutet, dass Frauen nicht befreit sind vom globalen neoliberal-patriarchalischen Kapitalismus, wenn sie in die Bundeswehr eintreten und in andere Machtpositionen hochsteigen. Sie werden somit zu Helferinnen der Männerherrschaft. Frauen sollen für das Kapital Kinder gebären, damit es billige Arbeitskräfte zum Ausbeuten hat. Sie sollen als Soldatinnen in die Kriege ziehen, um die Rohstoffquellen und Macht des globalen Kapitalismus zu sichern. Sie sollen in der Rüstungsindustrie arbeiten. Sie sollen unentgeltlich Kinder erziehen, alte Menschen pflegen, die Hausarbeit verrichten, sprich: gesellschaftlich notwendige Arbeit verrichten, um die Reproduktionskosten für das Kapital so gering wie möglich zu halten.

Frauen können dann auch von Männern vergewaltigt werden. Das gehört zum sexistischen System genauso wie die Prostitution, die Frauen zwingt, aus ökonomischer Not heraus ihre Körper zu verkaufen, was entwürdigend ist. Alice Schwarzer forderte 1979, dass Frauen in die Bundeswehr gehen können sollen. Dass bedeutet aber nicht die Befreiung der Frauen von männlich-gesellschaftlicher Gewalt, sondern noch deren Verfestigung und Zementierung! Darum sagte die autonome Frauen- und Friedensbewegung zu Recht Nein zu Frauen in der Bundeswehr und forderte die Auflösung der Streitkräfte.

Geld, das nicht in die Bundeswehr und in Rüstung investiert wird, kann in Arbeitsplätze des Friedens fließen, in Arbeitsplätze, die dem Leben dienen und nicht zu dessen Vernichtung beitragen wie das globale neoliberale Kapital, das Mensch und Natur ausbeutet. Darum ist es richtig, für die Abschaffung der Bundeswehr einzutreten und dafür, dass der Reichtum auf der ganzen Welt gerecht verteilt wird, da jeder Mensch das Recht hat, ein Leben in Würde zu führen, befreit vom globalen neoliberal-patriarchalischen Kapitalismus!

Bettina Fenzel (parteilos)

 

Mügeln und die Diskussion um
ein NPD-Verbot

Wieland von HodenbergDie rassistischen Übergriffe gegen acht Inder im sächsischen Mügeln und der skandalöse Umgang damit durch Politiker und einen Großteil der Medien zeigen erneut, wie notwendig ein NPD-Verbot ist. Zugleich gehören alle anderen Organisationen dieser Art ebenfalls verboten, wenngleich dies das Faschismusproblem keineswegs löst. Solche Verbote können als deutliches Signal bestenfalls ein Anfang sein. Der verbrecherischen Ideologie muss grundsätzlich der Nährboden entzogen werden. Dass es anderswo in Europa auch Faschismus gibt, worauf viele ignorante Mitmenschen gern verweisen, ist keine Entschuldigung und erst recht keine Rechtfertigung für Nichtstun.

Als das „Dritte Reich“ im Bombenhagel der Alliierten zusammenbrach, hatte die Nazi-Krake unter Bergen von Schutt und Trümmern überlebt. Damit fängt das Problem schon an: Eine nahezu perfekte faschistische Infrastruktur in Verwaltung, Justiz und vor allem in den Köpfen der Menschen hatte sich in den neuen Staat hinübergerettet. Konrad Adenauer, erster CDU-Bundeskanzler, holte sich Top-Nazis wie Globke, einst Kommentator der „Nürnberger Rassengesetze“, in seinen Regierungsapparat, und den Aufbau der Bundeswehr in den 1950er Jahren bewerkstelligten – ganz in der Tradition von Wehrmacht, SA und SS – die alten Nazi-Generäle Speidel und Heusinger.

NS-Schnellaufsteiger Kurt Georg Kiesinger, der später sogar Bundeskanzler wurde, und Blutrichter Filbinger, späteres CDU-Mitglied und baden-würt­tembergischer Ministerpräsident, machten in der Bundesrepublik schon bald ihre Blitzkarrieren. Altnazi Heinrich Lübke, der als Architekt am Bau von Vernichtungslagern mitwirkte, und der Bremer Nazi-Jurist und hochrangige Wehrmachtsangehörige Karl Carstens, nach dem Krieg in diplomatischen Diensten unterwegs und unter anderem als Senatsberater tätig, wurden sogar Bundespräsidenten. Der Name Carstens verschandelt heute die gute alte Erdbeerbrücke, und einige Straßen in der Stadt sind noch immer nach namhaften nationalistischen Militärs benannt. Eine Straße im Kattenturmer Neubaugebiet wurde sogar „Kurt-Georg-Kiesinger-Allee“ getauft. Es wäre höchst Zeit, dafür zu sorgen, lieber Friedensbürgermeister Böhrnsen, dass sich das ändert! Es gibt noch sehr viele von den Nazis ermordete Widerstandskämpfer – vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten beiderlei Geschlechts –, die es mehr als verdient haben, dass Straßen und Plätze nach ihnen benannt werden. In Bremen-Nord wurde dieser Tage mit der Straßenbenennung nach einem hingerichteten polnischen Jungen ein Anfang gemacht, und so etwas könnte zumindest für die Hansestadt positive Signale setzen.

Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl besaß die unglaubliche Schamlosigkeit, in Bitburg zusammen mit dem damaligen US-Präsidenten die gefallenen SS-Mörder zu ehren. Sein Nachfolger Schröder führte unter Mithilfe der Grünen den ersten deutschen Krieg gegen Jugoslawien, und die Regierung Merkel/Schäuble/Müntefering tut wirklich alles, um mit ihrer Politik des Sozial- und Demokratiekahlschlags, der Militarisierung der Gesellschaft und ihres größenwahnsinnigen Kriegskurses den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen, und damit den latent vorhandenen Faschismus weiter anzuheizen. Ich bin auch deswegen so angefasst und schamerfüllt, während ich dies schreibe, weil die meisten Mitglieder meiner Familie damals zumindest Mitläufer und daher auch Mittäter waren. Im Militärdienst und als Verwaltungsjuristen gehörten sie zur Stütze des Systems. Das betrübt mich heute noch.

Vor dem historischen und gegenwärtigen Hintergrund ist es kein Wunder, dass der Faschismus auch und gerade unter jungen Leuten in den Streitkräften immer giftigere Blüten treibt. Bundeswehrkasernen als Folterschulen, KSK-Soldaten als Foltertruppe, Flugzeugpiloten als Bombenzielsucher – das alles führt nicht nur die Betroffenen in Afghanistan ins Unglück, sondern irgendwann auch unsere eigene Gesellschaft. Nazi-Ideologen erhalten ständig Zulauf, und in Schulen preisen Jugendoffiziere bereits eifrig den Dienst in der Bundeswehr. Und noch etwas zum Thema Faschismus: Es wurde schon oft gesagt, und ich möchte es heute bekräftigen: Nazis, die unsere Montagsdemo unterwandern wollen und versuchen, in unserem Fahrwasser zu segeln, haben hier nichts zu suchen! So können wir vielleicht dazu beitragen, diesen Verbrechern das Handwerk zu legen.

Vor etwa zehn Jahren gab es einen Aufruf der Initiative „Menschen gegen rechts“ unter dem Titel „Wir schweigen nicht“. Die damalige Erklärung, die durch ihre eindringlich schöne Sprache auffällt und heute aktueller denn je ist, möchte ich euch nicht vorenthalten. Sie hatte folgenden Wortlaut: „Wir wollen es nicht hinnehmen, dass Flüchtlinge, Asylbewerber und einheimische Bürger(innen) mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Bürger(innen) jüdischen Glaubens, Sinti und Roma, Schwarze, Behinderte, Schwule und Lesben sowie andere Minderheiten und Andersdenkende in unserer Gesellschaft bedroht sind. Wir werden nicht zulassen, dass Minderheiten in unserem Land wieder schutzlos dem Fremdenhass, dem Rassismus und der Intoleranz ausgeliefert sind. Wir wollen in Bremen ein Netzwerk gegen die geistigen Wegbereiter und Mitläufer(innen) des Rassismus schaffen, Solidarität organisieren und Widerstand ermöglichen. Wir wollen ein öffentliches Klima schaffen, in dem Rassismus, Rechtsextremismus und Nationalismus keinen Boden finden. Wir wollen dem Rechtstrend in der Politik, der sozialen Spaltung und der Verkehrung der Ursachen wirtschaftlicher Probleme entgegenwirken, die für ihr Versagen Minderheiten zu Sündenböcken stempelt. Wir wollen Alternativen zur Ausländer und Flüchtlinge diskriminierenden Politik entwickeln. Wir wollen es nicht hinnehmen, dass deutsche Waffen und deutsche Militärpolitik für Menschen eine Bedrohung sind und weiter werden.

Wir fordern alle Bremer(innen) auf, sich der rassistischen und neofaschistischen Gewalt auf unseren Straßen und in den Köpfen unserer Mitmenschen entgegenzustellen. Schweigt nicht, wenn in eurer Umgebung rassistische oder fremdenfeindliche Äußerungen fallen! Seht nicht weg, greift ein, wenn Menschen bedroht oder diskriminiert werden! Lasst euch nicht abstumpfen von den Meldungen über die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik, denn sie ist die Voraussetzung für die deutschen Waffen und Soldaten in aller Welt! Engagiert euch für eine Friedenspolitik ohne Waffen! Wehrt euch gegen die Gewöhnung an die alltägliche Gewalt in unseren Köpfen und Herzen! Wir bitten daher jede(n) Einzelne(n) in unserem Land, auf der Basis humanitärer und demokratischer Traditionen den gesellschaftlichen und politischen Brandstiftern aktiv zu widersprechen. Wir selbst werden mit der Kraft unserer Solidarität und der Kraft unserer Worte dazu beitragen.“

Dies alles behält uneingeschränkte Gültigkeit. Klaus-Rainer Rupp von der Linkspartei versprach am Freitag auf der Antikriegskundgebung des „Friedensforums“, dass sich seine Partei in der Bürgerschaft entschieden für eine antifaschistische und friedensfördernde Politik im Lande Bremen einsetzen wolle. Auf einer Montagsdemo sagte er vor einigen Wochen, dass die Linksfraktion im Parlament für eine soziale Politik kämpfen will. Das wollen wir genau beobachten, und wir werden ihn gegebenenfalls unterstützend daran erinnern!

Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)
 
Hartz IV legalisiert Schwarzarbeit: Niemand will die auf dem Bau arbeitenden
Null-Euro-Zwangs-„Trainierten“ fest einstellen („Mitteldeutscher Rundfunk“)
 
Sozialdeputation: Am Donnerstag um 14 Uhr Demo vor dem Bahnhof (Flugblatt von Klaus Neumann, Verdi-Erwerbslosenausschuss Bremen)

 

Wir wollen keine „Leistungen für Unterkunft“, sondern volle Erstattung der „Kosten der Unterkunft“!

Hans-Dieter Binder1. Laut Doktor Karl Bronke soll der „Gewos“-Be­richt nur einen „Überblick“ über die Wohnungslage in Bremen vermitteln. Er hat sich unser Flug­blatt mailen lassen. Natürlich werde er die gesetzlichen Rahmenbedingungen einhalten, sagt er. Genau dies ist ihm allerdings bisher nicht gelungen: Bremen hat an allen Gerichtsentscheidungen der bundesweiten Rechtsprechung vorbei gehandelt!

Bremen hat jegliche Verantwortung für das bisherige Vorgehen weit von sich gewiesen: „Da die Kommunen Träger der Unterkunftskosten sind, entscheiden sie über die Festlegung der Angemessenheitskriterien.“ Dieser Satz kennzeichnet die Verantwortung Bremens für die Vergangenheit! Für die Zukunft hat er nur eingeschränkte Bedeutung, weil der Widerstand gegen die Zwangsumzüge Bremen zur Beachtung der Urteile des Bundessozialgerichts zwingen wird!

Noch ein Zitat aus dem „Gewos“-Bericht: „Ist der durch die Bedarfsgemeinschaft bewohnte Wohnraum unangemessen, ist eine Kürzung auf die angemessene Miete im Rahmen der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes möglich“. Dies ist einfach, einfach falsch! Der Regelsatz darf nicht gekürzt, ein gewährtes Darlehn nur bis zu zehn Prozent des Regelsatzes angerechnet werden. Bei zwei erwachsenen Partnern in einer Bedarfsgemeinschaft sind verminderte Regelsätze von 312 Euro auszuzahlen. Weitere Kürzungen des Regelsatzes sind nicht vorgesehen!

Die Auswirkung von verminderten Erstattungen von Unterkunftskosten ist nicht gesetzlich geregelt! „Gewos“ schreibt: „Hierbei ist darauf zu achten, dass hierdurch kein Wohnungsverlust herbeigeführt wird“. Ein Witz! Der Bagis ist es sogar per Verwaltungsanweisung untersagt, Hilfebedürftigen in unangemessenen Wohnungen zu helfen, entgegen den Bestimmungen des SGB II.

Dieser „Gewos“-Bericht hat auch eine neue Bezeichnung und Abkürzung erfunden, die „Leistungen für Unterkunft (LfU)“. In den Gesetzen und Ausführungen dazu heißt es „Kosten der Unterkunft (KdU)“. Es geht aber nicht um Leistungen für die Unterkunft, sondern um Übernahme der Kosten der Unterkunft, also nicht um einen Teilbetrag, sondern um 100 Prozent dieser Kosten der Unterkunft!

Soweit zum Blatt 1 dieses „Gewos“-Berichts. Welches Ziel hat der Besteller und Auftraggeber verfolgt? Sind diese Deputierten neu im Geschäft? Kennen sie die Vorgeschichte nicht oder nicht im Detail? Hier kommt ein Herr Schuster oder Bronke, der hat viel Sachverständigenrat dabei, über 70 Seiten, und gelobt werden ausdrücklich die klugen Entscheidungen und die Vorgehensweise der sozialen Dienststelle, doch selbst diese „Fakten“ stimmen so nicht. Lasst euch nicht einlullen!

Die Zahlen sind gewillkürt. Die Rechtslage ist bei der Ermittlung nicht berücksichtigt worden! Daher ist dieser gesamte Bericht nicht für gerichtsfeste Bescheide zu gebrauchen. Diese Kosten und Unannehmlichkeiten sollte Bremen sich ersparen! Wir werden jeden unterstützen, der sich wehrt! Wir gehen mit!

Übrigens ist nicht einmal die Vorgehensweise oder Berechnungsart bei den tollkühnen Annahmen und Schätzungen beschrieben. Auch jegliche Aussage zur Qualifikation der Sachverständigen fehlt! Schon das „Gewos“-„Gutachten“ 2005 war falsch, wie von uns bereits 2005 dargelegt und von dieser senatorischen Dienststelle im Januar 2007 zugestanden! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen, das geht auch als Rentner: Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

2.Nachrichten werden von unabhängigen Journalisten verfasst und vorher recherchiert! Jede Zeitung und jedes Medium prüft diese Nachricht sachverständig und kritisch, bevor sie verbreitet wird!“ So war einmal meine Meinung. Oftmals stimmt nichts davon!

Gerade hat Familienministerin Ursula von der Leyen viele Nachrichten und Beiträge rund um das Elterngeld verfassen lassen. Im eigenen Ministerium wurden Erfolgsgeschichten erdacht und bundesweit den Medien zur Verfügung gestellt. Circa 60 Millionen Euro war der Ministerin dieser Werbefeldzug wert. 60 Millionen aus Steuergeldern! Warum? Liegt es etwa daran, dass beim Elterngeld Ankündigung und gesetzliche Regelung nicht übereinstimmen? Hat die Ministerin Sorge, dass die tatsächlichen Unzulänglichkeiten offenbart werden – und der Rückschritt gegenüber der bisherigen Regelung?

Nicht nur der „Weser-Kurier“ hat zum Jahreswechsel die Meldung mit den stark angestiegenen Geburtenzahlen kritisch hinterfragt und in Zweifel gezogen. Trotzdem ist diese Geschichte weiterverbreitet worden: Ein Fernsehmagazin hat sie mit schönen Bildern erneut gebracht, ohne Kritik, dank der Frau Ministerin und den Steuermillionen!

Zum Monatsende wurden wieder die gesunkenen Arbeitslosenzahlen gelobt. Dabei wurde auch in einem Nebensatz gehauptet: Die Arbeitslosen bewerben sich weniger. Als ich beim Sender anrief, sagte mir bereits die Mitarbeiterin in der Telefonzentrale, diese Meldung werde geändert, der Satz zu den Bewerbungen komme raus. Leider war die Herkunft dieser Anmerkung nicht zu erfahren.

Daher mein Wunsch: Wer eine Meldung im Radio hört, die er für unrichtig oder unvollständig hält, rufe einfach an und frage nach! Dies gilt auch für das Fernsehen. Meistens lauten bereits die nächsten Nachrichten anders, entweder mit berichtigtem Text oder jetzt ohne Erwähnung des Beanstandeten. Das Weglassen kann daran liegen, dass der Verfasser erst mit Verzögerung zu erreichen ist. Dann taucht die Nachricht im weiteren Verlauf des Tages wieder auf, diesmal richtig!

In der Zeitung steht der Name des Mitarbeiters dabei. Auch dieser ist telefonisch erreichbar. Die Anregungen kann er im nächsten Beitrag berücksichtigen oder eventuell als Leserbrief weiterleiten. Bei einem solchen Anruf gehe ich davon aus, dass keine Absicht dahinter steckt. Damit habe ich eine Diskussionsgrundlage ohne Unterstellungen. Die Journalisten bei Funk und Fernsehen und auch bei den Zeitungen sind meistens freiberuflich tätig. Sie erhalten nur Geld, wenn sie einen Beitrag unterbringen. Daher herrscht Abgrenzung zu den anderen, damit bloß dieses Thema nicht vom Kollegen ebenfalls angeboten wird.

Dazu kommt die Überarbeitung des „Chefs“. Nur durch Nachfrage wird klar: „Wir akzeptieren nicht jede Meldung, wir gestalten die Informationen mit!“ Probiert es aus! Wir reden drüber. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen, das geht auch als Rentner: Ich will die Zukunft positiv gestalten!

 

3. Verdi hat eine Kampagne für den Mindestlohn auf den Weg gebracht. Am Mittwoch, dem 5. September 2007, kommt ihr Tour-Truck auf den Bremer Marktplatz. Ich wünsche dieser Veranstaltung gutes Gelingen!

Zum Mindestlohn ist es noch ein langer Weg – Tariflohn geht sofort! ALG-II-Betroffene müssen Arbeit annehmen, die bis zu 30 Prozent unter Tarif bezahlt ist, oder ihnen wird das Geld sofort gestrichen! Falls der Bürgermeister sich traut vorbeizukommen und nochmals betont, dass er sich für den Mindestlohn stark macht, sollten wir ihn darauf festnageln. Ihr werdet sehen: Es bleiben nichts als hohle Versprechungen! Darum Montagsdemo, Kopf zeigen, das geht auch als Rentner: Ich will die Zukunft positiv gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)

 

Altersarmut als Lohn
der Lebensarbeit

Es gibt extreme Preiserhöhungen für Milchprodukte und jetzt auch für Brot. Besonders diejenigen sind betroffen, die sowieso wenig haben. In ganzseitigen Anzeigen von Aldi ist von Ernteausfällen bei Getreide und Obst sowie Nachfragesteigerungen auf dem Milchmarkt die Rede: „Aldi verdient nicht an Preiserhöhungen! Wir übernehmen die Mehrkosten so lange wie möglich und nehmen Preierhöhungen schnellstmöglich wieder zurück!“

Wolfgang LangeDa frage ich mich: Wie schafften es die Albrecht-Brüder bloß, bei solch einer sozialen Einstellung Platz 1 und 2 in der Skala der Multi-Milliardäre einzunehmen? Die zocken uns nicht nur ab – die lügen auch noch wie gedruckt! Aber das kennt man ja von anderen dieser Bande: Die Daimler-Bosse bauen Zehntausende Arbeitsplätze ab und jammern, wie schlecht es ihnen geht. Unterdessen kommt mal wieder heraus, dass der Reingewinn im ersten Halbjahr 2007 um mehr als das Doppelte, auf 5,426 Milliarden Euro, gestiegen ist. Nicht zuletzt mit Ein-Euro-Jobbern und bis zu zehn Prozent Null-Euro-Praktikanten lässt sich’s trefflich als Unternehmer leben!

Am Samstag machten wir von der MLPD einen Infostand in der Neustadt. Dort lernte ich eine ältere Frau kennen. Sie hat 620 Euro im Monat, davon muss sie alles bezahlen. Sie hat das ganze Leben gearbeitet und sagt: „Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich gehe nie Essen, und trotzdem reicht es nicht! Ich bin nicht neidisch, aber ich kriege so eine Wut, wenn ich lese, dass Senatoren, die ohne Nebeneinkünfte schon 10.000 Euro im Monat haben, sogar noch den Umzug bezahlt bekommen! Aber was kann man schon machen?“

Ich habe sie eingeladen, zu uns zur Montagsdemo zu kommen. Wenn alle zur Montagsdemo kommen, denen es so geht oder die unter der unsozialen Politik der Bundesregierung und der Raffgier der Unternehmer zu leiden haben, dann werden wir eine so ungeheure Zahl, dass wir weder übersehen noch überhört werden können! Und wenn noch die Beschäftigten dazukommen, die Kollegen aus den Betrieben und alle, die Schäubles Stasi-Methoden satthaben, dann werden wir Großes erreichen! Auf nach Berlin am 13. Oktober 2007 zur zentralen Demonstration gegen die Regierung!

Wolfgang Lange (MLPD)

 

Nein zu allen Zwangsumzügen!

Kalter Wind blies um uns rum. Zur 148. Montagsdemo am 3. September 2007 um 17:30 Uhr auf dem Bremer Marktplatz kamen nicht ganz so viele Menschen wie bei den Malen zuvor, aber um die 40 waren es doch. Es gab auch kontroverse Meinungen, wie die Menschen vorgehen sollten: ob ganz leise oder doch mit Aufmerksamkeit schaffendem Getöse. Da merkt man dann die tolle Wirkung eines Offenen Mikrofons und den gemeinsamen Beifall!

Das große RedebuchDie Verarmung von immer mehr Menschen und die breit steigenden Lebensmittelpreise für Milch, Käse und Brot, die gerade Familien treffen, waren ein Thema. Angesprochen wurde, wie man mit der Einschränkung anwaltlicher Beratung und Aufspaltung der Bedarfsgemeinschaften den Widerstand der Menschen und Familien brechen und mit „Drill-Camps“ besonders den jugendlichen Arbeitslosen das Genick brechen und sie „einnorden“ will. Weitere Themen waren die Aufwertung der Militäreinsätze, mit denen die „deutschen Interessen“, also diejenigen des Monopolkapitals und seiner Herrschaftsvertreter, „gesichert“ werden sollen.

Am Donnerstag, dem 6. September 2007, gehen wir wieder zur Sozialdeputation. Das teure und vollkommen untaugliche „Gewos“-„Gutachten“, das die Mietobergrenzen-Taktik der Frau Rosenkötter bekräftigen soll, muss vom Tisch! Um 14 Uhr ist Treffen vor dem Hauptbahnhof. Nein zu allen Zwangsumzügen!

Ein Nachtrag ist noch fällig zum Bericht über die 147. Montagsdemo. Die neuen SPD-Senatoren hatten sich einer zwar politisch genehmigten, aber total ungerechtfertigten „Umzugsbeihilfe“ bedient und waren in der Öffentlichkeit kritisiert und zum Verzicht aufgefordert worden. Frau Jürgens-Pieper und Herr Nagel wollten und haben nicht verzichtet, sondern abkassiert! Diese Korrektur und Kennzeichnung ist notwendig, weil zuvor ein viel zu freundliches und einsichtsvolles Bild dieser SPD-Vertreter gezeichnet wurde. Die Fehltritte, die sich die SPD nach der Wahl in Bremen schon geleistet hat, zeigen deutlich, dass die heutigen Kennzeichen dieser Partei Raffen, Heuchelei und plumpe Abgehobenheit heißen!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
 
Senatoren kippen 14 Tage alten Beschluss: Keiner mag noch
Umzugsbeihilfe“ abzocken („Tageszeitung“)

 

Sozialismus des 21. Jahrhunderts

Die „Lateinamerika-Gruppe Bremen“ trifft sich am Donnerstag, dem 6. September 2007, um 20 Uhr im „Kurzschluss“, Lahnstraße 16 in der Neustadt (Straßenbahnlinie 1 oder 8, Buslinie 26 oder 27, Ausstieg an der Haltestelle Fachhochschule oder Pappelstraße). Nach einem 20-minütigen Referat wird das erste Kapitel des Buches von Heinz DieterichDer Sozialismus des 21. Jahrhunderts. Wirtschaft, Gesellschaft und Demokratie nach dem globalen Kapitalismus“ (Homilius Verlag 2006, Preis 9,90 Euro) als Grundlage zum Thema kontrovers diskutiert. Vor den Treffen bitte Seiten 9 bis 79 lesen! Interessierte Leute sind herzlich willkommen.

Die erste Hälfte des Kapitel 1 ist eine interessante Art der Dialektik-Schulung. Hier beweist Dieterich, dass er seine „68er-Idiotien“ hinter sich gelassen hat und beantwortet durch naturwissenschaftliche Axiome und Beispiele die Frage „Kann man beweisen, dass die bürgerliche Gesellschaft in ihrer Endphase ist?“. In der zweiten Hälfte des Kapitel 1 zeigt er die letztendlich letalen Schwächen der bürgerlichen Gesellschaft auf und verknüpft diese immer wieder mit den zuvor erklärten naturwissenschaftlichen Gesetzen. Mit einer feurigen Rede gegen die bürgerliche Gesellschaft lässt Dieterich das erste Kapitel ausklingen. Wir wollen beim ersten Referat noch kurz einführen in sein „Historisches Projekt“, welches er vor allem am Anfang des zweiten Kapitels erklärt.

Zuschrift von Abidin Bozdag (parteilos)

 

SPD und Grüne
brechen Wahlversprechen

Am kommenden Donnerstag wird die Sozialdeputation den Vorschlag der Sozialsenatorin Rosenkötter abnicken, die Mietobergrenzen minimal anzuheben. Nachdem bereits mehr als 9.000 Aufforderungen zur Senkung der Mietkosten bis Frühjahr 2007 unter Androhung einer Reduzierung der Zahlungen verschickt wurden, hat die neue Landesregierung minimale – aber völlig unzureichende – Veränderungen der Mietobergrenzen in Aussicht gestellt. Damit sind SPD und Grüne schon drei Monate nach der Wahl wortbrüchig geworden! – Die Vorschläge des Senats:

 

Mietobergrenze neu:alt:Veränderung:
1 Person310265+45
2 Personen370355+15
3 Personen430420+10
4 Personen490490  0
5 Personen550560–10
6 Personen610630–20
7 Personen670700–30

 

Darüber hinaus sollen in acht Stadtteilen jeweils um zehn bis 20 Prozent höhere Obergrenzen gelten, da hier die Mietpreise höher als im Durchschnitt sind. Diese Obergrenzen für Schwachhausen, Findorff und andere Stadtteile betreffen aber nur knapp über 20 Prozent aller Leistungsbezieher(innen). Helfen vor Mietkürzungen und Zwangsumzügen wird diese Regelung nicht. Bei fast allen bisher angeschriebenen Haushalten – mit Ausnahme derer in Schwachhausen und Borgfeld – ergibt die Veränderung keinen größeren Spielraum für Neuanmietungen oder den Schutz der bisherigen Mietkosten.

Wir fordern daher die Anerkennung der tatsächlichen Miet- und Heizkosten durch die Bagis und rufen auf zur Demonstration anlässlich der nächsten Deputationssitzung am 6. September 2007 um 15 Uhr im Siemens-Hochhaus, Contrescarpe 72. Treffen ist bereits um 14 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz. Wir kommen wieder!

Tatsächlich gibt es in Bremen nicht ausreichend billigen Wohnraum, dessen Miete vom Amt in voller Höhe anerkannt wird. Besonders perfide ist die Herangehensweise der Behörde bei kinderreichen Familien. Während es für Alleinstehende und Zweipersonenhaushalte geringe Erhöhungen geben soll, wird es bei Haushalten ab fünf Personen (in der Regel ab drei Kindern) zu realen Senkungen kommen!

Die Senatsvertreter sprechen von einer Halbierung der Fälle. Dies ist schlicht falsch. Sie beziehen sich auf eine neue Untersuchung der Firma „Gewos“, die den Wohnungsmarkt und die Mieten der Menschen mit Bagis-Leistungen untersucht hat. Dabei zeigte sich schon in der Vergangenheit, dass die „Gewos“-Zahlen falsch waren.

Die vorgelegten Zahlenwerke gehen davon aus, dass jede freiwerdende Wohnung von einem ALG-II-Empfänger bezogen werden kann. Dabei wird übersehen, dass negative Schufa-Auskünfte bei Schulden oder der bloße Wille privater Vermieter, keine Menschen mit ALG-II- oder Sozialhilfebezug einziehen zu lassen, eine schwere Hürde sind, die in vielen Fällen eine Anmietung scheitern lassen.

Die Sozialbehörde muss endlich die Tatsachen zur Kenntnis nehmen. Zur Anhebung der Mietobergrenzen gibt es keine Alternative, es sei denn, die völlige Verarmung von Zehntausenden Menschen wird billigend in Kauf genommen! Noch im Wahlkampf hatten die Grünen um 20 Prozent höhere Mietobergrenzen gefordert. In der Koalitionsvereinbarung von SPD und Grünen sollte die Anpassung an das Niveau anderer Großstädte erfolgen. Davon ist nichts geblieben.

Flugblatt von Herbert Thomsen („Solidarische Hilfe“)
 
„Menschenwürde verletzt“: Hartz IV führt dazu, dass die Lebens- und
Arbeitsleistung vieler nicht geachtet wird („Spiegel-Online“)
 
Acht Prozent: Sachsen-SPD fällt hinter
NPD zurück („Spiegel-Online“)

 

Nächstes Mal bringen wir Hunde­kuchen mit, Frau Rosenkötter!

Nach dem Treffen um 14 Uhr vor dem Hauptbahnhof zieht die Demonstration durch die Sögestraße zum Bürgerschaftsgebäude. Dorthin ist die Sitzung der Sozialdeputation verlegt worden. Circa 80 Leute marschieren mit, vorweg das Transparent der „Solidarischen Hilfe“, hinterher die Polizeibegleitung. Wir sind nicht leise! Mit Flugblättern von Verdi und „Solidarischer Hilfe“, die auch von der Polizei gern gelesen werden, klären wir die Passanten über unser Anliegen auf.

Wir kommen also mit entsprechendem Tamtam über den Marktplatz – schließlich ist am Eingang keine Klingel! –, da sind rechts und links neben den Türen der Bürgerschaft – vom Lärm bereits reichlich genervte – Polizeihunde postiert. Diese Schäferhunde tragen keinen Maulkorb! Wir protestieren dagegen und sind dadurch noch lauter. Die Hunde werden zurückgenommen. Rechts und links vom Bürgerschaftsgebäude steht ein Polizeiwagen mit eingebautem Zwinger. Für die Hunde ist das wirklich kein Vergnügen – und so unnötig!

Herr Henschen unterbreitet das Angebot, es könnten 20 Vertreter an der Sitzung teilnehmen und auch Fragen stellen. Wir lehnen ab. Es gibt Reden von Klaus Neumann (Verdi), Herbert Thomsen („Solidarische Hilfe“), Herrn Grotheer und Frau Rosenkötter (SPD), Herrn Horst Frehe (Grüne) und von Betroffenen. Immer wenn Beifall kommt oder gebuht wird, schlagen die Hunde an!

„Gewos“ ist keine Diskussion wert, die Deputation wird heute erst in die Geheimnisse des Berichts eingeführt. Auf der Treppe ist nicht zu ergründen, warum „Gewos“ die beiden Urteile des Bundessozialgerichts nicht richtig einbeziehen sollte und wie mit diesem Torso gerichtsfeste Bescheide erteilt werden können. Die Bagis ist durch die Geschäftsführer Lange und Schneider vertreten. Die Botschaft von Sozialsenatorin Rosenkötter, die Umzüge müssten sein, wird auch von den Herren Frehe und Grotheer vertreten.

Dabei hat Berlin gerade die Mietobergrenzen teilweise aufgehoben, und Hamburg hat sie erhöht! Sowohl Berlin als auch Hamburg haben natürlich einen Mietspiegel. In Hamburg beträgt die oberste angemessene Nettokaltmiete für eine Person 423 Euro! Im DGB-Haus planen wir daher weitere Aktionen. Mehr am Montag!

Der „Verdi-Erwerbslosensausschuss“ lädt für Dienstag, den 25. September 2007, ab 18 Uhr zur Diskussion über die Mietobergrenzen in den Tivoli-Saal im Gewerkschaftshaus. Eingeladen sind auch Frau Rosenkötter, Herr Schuster und die übrigen Mitglieder der Sozialdeputation.

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
Foto: Ingelore Rosenkötter (SPD) im Interview mit „Radio Bremen“
vor der Sozialdeputationssitzung am 19. April 2007

 
Antisozial: Rosenkötter will Alleinstehende gegenüber
Familien bevorzugen („Tageszeitung“)
 
„Strikten Sparkurs“ gefordert: Bremer CDU gegen neue Mietobergrenzen
für Hartz-IV-Betroffene („Radio Bremen“)
 
Mit Abfall 200 Millionen gescheffelt: Gebühreneinnahmen privatisiert,
Lohnausgaben sozialisiert („Weser-Kurier“)
 
Volkseigentum veruntreut: Das in fünf Generationen geschaffene
Bahnvermögen soll an Private verschenkt werden („Stern“)
 
Drehbuch „Lambsdorff-Papier“: Die mit Hartz IV verwirklichten neoliberalen
Ideen sind schon 25 Jahre alt („Tageszeitung“)
 
Beschäftigungsabbau: Führungsnation treibt
in die Rezession („Spiegel-Online“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz