Wieland von Hodenberg
Im Geiste
der Republik
Zitzer
Friedenspolitisches Tagebuch
 

 

 
Wieland von Hodenberg
Im Geiste
der Republik
Zitzer
Friedenspolitisches Tagebuch
 

Wieland von Hodenberg

 

Wieland von Hodenberg: Im Geiste der Republik Zitzer.
Friedenspolitisches Tagebuch (Bremen 2021 posthum)
Druckdassung: Bremer-Montagsdemo.de/zitzer/zitzer.pdf
Mobilfassung: Bremer-Montagsdemo.de/zitzer/zitzer.htm
Übersetzung: Google Multi-Lingual Auto-Translation

Herausgeber: Bremer Friedensforum
und Initiative Bremer Montagsdemo
Lektorat und Satz: Gerolf. D. Brettschneider
Quellen unter jeweiligem Datum:
Bremer-Montagsdemo.de

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Wieland von Hodenberg

Wieland von Hodenberg
Im Geiste der Republik Zitzer
Friedenspolitisches Tagebuch
Bremen 2021 posthum

 

'Unterstützt das Friedensdorf Zitzer' ('Tageszeitung Bremen')

 

06. 05. 1994 – „Unterstützt das Friedensdorf Zitzer“ („Tageszeitung“)

 

Es liegt an uns
außerparlamentarischen Kräften

05. 09. 2005 – Ich rate dringend ab, die Unionsparteien oder die Unternehmerpartei FDP zu wählen! Dies ist aber keine Empfehlung für die Schröder-SPD, die uns jetzt wieder mit großem Getöse vormachen will, sie sei die „Partei der sozialen Gerechtigkeit“. Sie lügt nicht zum ersten Mal! Doch unter einer schwarz-gelben Koalition würde es noch schlimmer werden, daraus machen Merkel und Westerwelle keinen Hehl!

In Niedersachsen wird dies schon sichtbar: Dr. Jürgen Marcus von der Nationalen Armutskonferenz schreibt in der „Kreiszeitung“ vom 28. August, dass dort die Armutsquote 2004 von 13,7 auf 14,5 Prozent gestiegen ist. Damit gelten allein in Niedersachsen 1,4 Millionen Menschen als arm! Während Verheiratete ohne Kinder nur zu 7,4 Prozent von Armut betroffen seien, sind es bei Haushalten mit fünf oder mehr Personen 33,2 Prozent. Gleichzeitig ist die Reichtumsquote immens gestiegen!

Es würde noch weit mehr Massenarbeitslosigkeit und Drangsalierung, Dreistigkeiten der Unternehmer und Beschneidung von Arbeitnehmerrechten, noch mehr Überwachungsstaat, Kriegsgefahr und Massenarmut geben, und fast niemand wäre vor den großen schwarzen Löchern dieser Kapitalregierung sicher! Das sehen wir ja schon in Bremen. Die Linkspartei im Bundestag wäre sicher kein Allheilmittel, denn auch sie macht Fehler, doch vielleicht wäre sie der Anfang einer positiven Wende. Es liegt entscheidend an uns, den außerparlamentarischen Kräften, wie sich die Dinge entwickeln! Wir sollten die Linkspartei sehr kritisch begleiten, weil ihre Sprecher zunehmend von unseren fundamentalen Forderungen abrücken. So ist zum Beispiel von „Weg mit Hartz IV“ keine Rede mehr, sondern nur noch von „Korrekturen“ an den schlimmsten Sauereien. Ich denke, dass wir auch auf die Linkspartei sehr viel Druck ausüben müssen!

Nach dem Karstadt-Konzern, der letztes Jahr gerade noch einmal die Kurve kriegte, steht nun das renommierte Bekleidungshaus Leffers mit mehreren Filialen vor der Pleite! Nach neuesten Verdi-Informationen hat die Geschäftsleitung am 30. August aufgrund akuter Zahlungsunfähigkeit Antrag auf Insolvenz beim Amtsgericht gestellt. Die Firma sieht sich nicht mehr in der Lage, für ihre über 450 Mitarbeiter die nächsten Gehälter zu zahlen. Damit ist die Zukunft der Arbeitsplätze völlig ungewiss. Bei Leffers sind zahlreiche langjährige, vor allem ältere weibliche Angestellte beschäftigt. Auch diese Firmenleitung lässt ihren unternehmerischen Bockmist das Personal ausbaden! Ein neuer Skandal im alltäglichen Horror der neoliberalen Schreckensherrschaft! Es scheint immer deutlicher, dass dem Unternehmen das Eigenkapital systematisch entzogen wurde: Sowohl die Alteigentümer, die Gebrüder Strangemann, als auch eine italienische Investorengruppe haben dem Betrieb fortlaufend dringend benötigte Gelder entzogen und ihn so in den Ruin getrieben!

Es ist wie immer: Die Manager fahren den Laden gegen die Wand, stopfen sich die Taschen voll und betrügen die Angestellten um Geld und Job! Im vorigen Jahr, als eine Insolvenz durch Forderungsverzichte der Banken noch abgewendet werden konnte, verzichtete das Personal bereits auf ihr tarifliches Weihnachts- und Urlaubsgeld. Wieder einmal soll die Allgemeinheit, also der Steuerzahler, in die Bresche springen: Die Bundesagentur für Arbeit soll sich laut „Buten & Binnen“ vom 31. August bereit erklärt haben, die letzten Gehälter in Form von „Insolvenz-Ausfallgeld“ erst einmal zu übernehmen, was auch Verdi bestätigt, und dann sollen Banken einspringen.

So ist das: Die Raubritter in den Chefetagen bringen ihr Schäfchen ins Trockene, während wir alle, die Gesamtgesellschaft, über das ungerechte Steuersystem die Gehälter zahlen müssen! Wieder ein typisches Beispiel für den ganz gewöhnlichen kapitalistischen Wahnsinn! Üben wir darum hier und heute Solidarität mit den Beschäftigten! Gehen wir zum Kaufhaus Leffers und rufen den Angestellten zu: Lasst euch das nicht gefallen! Wir von der Montagsdemo sind auf eurer Seite!

 

Das rechte Wort zur rechten Zeit

10. 10. 2005 – Gestern schrieb die Sonntagsausgabe der „Kreiszeitung Syke“ in einem eigenen Bericht aus Berlin: „Hausbesuche bei Arbeitslosen: Clement will ALG-II-Missbrauch stoppen“. Und dann heißt es weiter: „Gegen den offenbar verbreiteten Missbrauch beim Arbeitslosengeld II plant Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement ein Maßnahmenpaket“.

Mit der Redewendung „gegen den offenbar verbreiteten Missbrauch“ schließt sich also auch die Kreiszeitung der allgemeinen Stimmungsmache an! Das war nicht immer so, denn bisher lag diese Zeitung noch ein Stück neben dem allgemeinen Hetzjournalismus und erlaubte sich eine gewisse Distanz. So wurden kritische Leser­(innen)­briefe, auch wenn sie länger waren oder scharfe Formulierungen enthielten, eigentlich immer abgedruckt. Das hat sich leider grundlegend geändert! Doch seit im gleichen Hause auch die Blöd-Zeitung gedruckt wird, musste es wohl so kommen.

In dem gestrigen Bericht wird Clement mit den Worten zitiert: „Bis zu zehn Prozent der Bezieher können nach Stichproben zu Unrecht als arbeitslos oder hilfebedürftig gelten. Das würde bedeuten, dass mehr als 280.000 Langzeitarbeitslose zu Unrecht Leistungen beziehen. Mit einem Sieben-Stufen-Plan sollen unter anderem „Tarnkappen-Einkommen“ oder „Phantom-Wohnungen“ aufgespürt werden.

Tarnkappen-Einkommen und Phantom-Wohnungen! Clement, dessen Art zu reden mich schon immer irgendwie an ein Maschinengewehr erinnert hat, bedient sich hier folgerichtig der Sprache der Militärs, um seine neue schamlose Kriegserklärung gegen die Erwerbslosen zu erneuern!

In dem „Sieben-Stufen-Plan“, was bereits wie eine neue Doktrin aus dem Hause Struck klingt, sind verstärkt Hausbesuche und Anrufaktionen, ein Datenabgleich mit den Finanzämtern und „verschärfte Kontrollen der Arbeitsbereitschaft durch Trainingsprogramme mit Anwesenheitspflicht“ vorgesehen. Zur Begründung erklärt Clement, dass Leistungsmissbrauch „kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug an all denen sei, die Hilfe wirklich brauchen“.

Bravo, Herr Clement! Drehen wir den Spieß doch einfach um und nehmen wir Herrn Hartz, Sie selbst und Ihre Kabinettskollegen, dazu Herrn Ackermann, Herrn Schrempp und wie die Großbetrüger alle weiter heißen! Das war ein richtig gutes Timing mit dem „Immer-feste-druff“ gegen die Erwerbslosen, ein rechtes Wort zur rechten Zeit, Herr Clement! Sollte das Ihren Ministersessel auch in der nächsten Regierung sichern?

 

Herzliche Pose
zu Zwangsumzügen

17. 10. 2005 – Am heutigen Montag ist „Internationaler Tag zur Bekämpfung der Armut“, so steht es jedenfalls im Kalender. Armut ist bekanntlich in erster Linie weiblich. Was die Armut in dieser Stadt betrifft, so wird unsere „Sozial“-Senatorin Karin Röpke, die ja selbst aussieht wie eine Frau, mit den geplanten Zwangsumzügen in erster Linie Frauen und Kinder treffen. Das ist eine ziemlich seltsame Solidarität mit den eigenen Geschlechtsgenossinnen!

Vermutlich hat sie heute noch nicht das Kleingedruckte in ihrem Kalender gelesen. Da frage ich mich als jemand, der eigentlich aussieht wie ein Mann, ob Frau Röpke tatsächlich oder nur scheinbar eine Frau ist! Jedenfalls handelt sie genauso gewissenlos wie ihre männlichen Senatskollegen. Sie tut zwar immer so, als handele sie besonders sozial und hätte ein Herz für die Armen, aber diese Pose ist nur für die Presse!

In Wahrheit setzt sie bekanntlich eiskalt um, was Oppermann und Konsorten und die Handelskammer ihr einflüstern, das hat sie in der Vergangenheit schon oft genug bewiesen. Sie ist eine getreue Dienerin des Patriarchats! Dass Frau Röpke nur die Armen und nicht die Armut bekämpft, das sollten wir ihr an diesem Tag noch einmal deutlich sagen!

 

Vom Schönsprech
zur Volksverhetzung

24. 10. 2005 – Schon lange wird der Sozialkahlschlag von Politikern und Medien schöngeredet. Dem Kapital genügt die wirtschaftliche und politische Macht nicht, es will auch die Herrschaft über die Sprache! Dazu wird sie so lange mit neuen Begriffen vergewaltigt und verbogen, bis eine völlig andere Sprache entsteht. Immer neue Wörter werden erfunden, immer mehr alte in ihr Gegenteil verkehrt. Es gilt, durch ständige Wiederholungen per sprachlicher Gehirnwäsche das Bewusstsein der Abhängigen so zu verändern, bis sie jeden Schwachsinn glauben, und diejenigen zu diffamieren, die dagegen Widerstand leisten! Hier einige Beispiele aus dem Arsenal der Wortverdreher, die ich der Zeitschrift „Ossietzky“ entnommen habe.

„Flexibilisierung des Arbeitsrechts“ nennt Angela Merkel die Einschränkungen des Kündigungsschutzes. „Kreative Steuergestaltung“ ist für die Konzerne der Finanzamtsbeschiss und die Begünstigung durch Steuergeschenke. „Umstrukturierung“ bedeutet massenhafte Entlassungen, was ja nicht ganz neu ist. „Optimierungspolitik“ nennt die Deutsche Post AG ihre Rausschmisse. „Problembürger“ sind für Gerhard Schröder die seiner Ansicht nach arbeitsunwilligen Erwerbslosen. „Zwangsbeglückung“ nennt der Mannheimer Jura-Professor Volker Rieble die Gründung von Betriebsräten. „Logistische Belastung“ sind für Dieter Philipp aus dem Präsidium der Handwerkskammer die Feiertage innerhalb der Arbeitswoche. „Verzerrung des Wettbewerbs“ bedeutet für den BDI die Entlohnung nach Tarifrecht. „Verweigerungshaltung“ nennen Unternehmer und Meinungsmacher das Bestehen der Gewerkschaften auf Erfüllung von Tarifverträgen.

„Flexibilisierung des aufrechten Ganges“ nannte übrigens der Kabarettist Dieter Hildebrandt einmal die Kriecherei vor der Obrigkeit! Die kleine Auswahl von 2003 aus dem „Ossietzky“ ist nicht auf dem neuesten Stand, denn die Zunft der Wortverschandler hat in ihrem unerschöpflichen Einfallsreichtum noch etliche sprachliche Bösartigkeiten hinzugefügt. Das Kesseltreiben und die üblen Verleumdungen von Clement, Müntefering und Merkel gegenüber den Erwerbslosen haben jetzt die Solidarische Hilfe auf den Plan gerufen. Laut „TAZ Bremen“ vom 21. Oktober ist unser Vorstandsvorsitzender Stefan Wichmann „maßlos erbost“ über einen Report aus dem Clement-Ressort, in dem angebliche Sozialbetrüger als „Parasiten“ beschimpft werden!

In höhnischem und teils sexistischem Tonfall wird über die Betroffenen und deren Beziehungen hergezogen. Unabhängige Beratungsstellen worden verunglimpft, und die PDS muss sich als „Kumpan der Abzocker“ verleumden lassen. Die Autoren bedienen sich einer Wortwahl, die schon sehr an die Propagandasprache des Dr. Goebbels gegenüber den Juden gemahnt! Ein typisches Beispiel, wie in unserem Lande mit Menschen und mit der eigenen Geschichte umgegangen wird!

Die Zeitung zitiert Stefan Wichmann mit den Worten: „Das erfüllt in meinen Augen den Tatbestand der Volksverhetzung“. Ein Anwalt sei beauftragt zu prüfen, ob die Solidarische Hilfe Anzeige gegen Clement und Konsorten erstatten könne. Karin Röpke und die SPD wurden von Stefan Wichmann zu einer Stellungnahme aufgefordert, und Frau Röpke erklärte, die Missbrauchsvorwürfe seien „in der vorgebrachten Pauschalität überzogen“, Clement lasse „die Seriosität vermissen“ und laufe Gefahr, „Vorurteile gegen Arbeitslose zu schüren“.

Immerhin eine vorsichtige Kritik! Das macht aus einem (weiblichen) Saulus aber noch lange keinen Paulus und schon gar nicht eine Verbündete. Wir werden den Widerstand gegen ihre unsoziale Politik nicht aufgeben! Und den Groß-Abzockern und Groß-Betrügern statten wir demnächst einen Besuch ab: Am 5. November auf nach Berlin!

 

Kommt nach der verbalen
die tätliche Entgleisung?

07. 11. 2005 – In meinem letzten Redebeitrag kündigte ich an, dass die Solidarische Hilfe unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts Strafanzeige gegen Minister Clement aufgrund seines Aufsatzes „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat“ stellen will. Dies geschah am 23. Oktober „wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Grundgesetz (Artikel 5, Absatz 2 ‚Schutz der persönlichen Ehre‘) und des Verdachts der Volksverhetzung (§ 130 StGB) sowie wegen Beleidigung (§ 185 StGB), übler Nachrede (§ 186 StGB), Verleumdung (§ 187 StGB) und aller anderen hier gegebenenfalls in Frage kommenden Gesetzesverstöße“. Dann folgt eine ausführliche zwölfseitige Begründung. Unterzeichnet ist die Strafanzeige von zwei Vorstandsmitgliedern und zwei ALG-II-Betroffenen. Inzwischen haben bundesweit zahlreiche andere Organisationen und Einzelpersonen Strafantrag gestellt.

Als engagierter und solidarischer Bürger protestiere ich mit aller Entschiedenheit gegen die in dem genannten Papier enthaltenen Unterstellungen. Mit Begriffen wie „Betrüger“, „Abzocker“, „Missbraucher“ und „Parasiten“ hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die betreffenden ALG-II-Bezieher(innen) unerträglich diffamiert. Diese Beleidigungen werden nicht dadurch gerechtfertigt oder relativiert, dass sich der Minister auf eine „telefonische Umfrageaktion der Bundesagentur für Arbeit“ beruft. Was die erhobenen Vorwürfe angeht, lassen Stichproben höchstens Vermutungen mit äußerst begrenztem Wahrscheinlichkeitscharakter zu. Insofern wurden auf bloße Spekulationen hin über 280.000 Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik gegenüber der Öffentlichkeit als Kriminelle hingestellt, was letztlich die Gesamtheit der Erwerbslosen trifft.

Laut Datenschutz-Bundesbeauftragtem Peter Schaar war die Umfrageaktion illegal! Die Aussagen der Befragten waren zum Teil mit der Drohung des ALG-II-Anspruchsverlustes erzwungen worden. Außerdem wurde die Aktion von einem nicht dazu befugten privat-kommerziellen Callcenter und nicht von der Agentur selbst durchgeführt: ein Verstoß gegen das Verbot der Weitergabe von Sozialdaten an Privatpersonen und kommerzielle Stellen. All das zeigt den im hohen Maße leichtfertigen und bösartigen Charakter der Beschuldigungen.

Kriminalisierungskampagnen wie die des Bundesministers Wolfgang Clement stacheln zum Hass der Gesamtbevölkerung gegen die Erwerbslosen auf. Sie werden nach der sozialen Ausgrenzung durch gezielte Verarmung auch als moralische Stigmatisierung wirken, deren gesellschaftliche Folgen noch gar nicht abzusehen sind. Wer 280.000 Menschen als „Sozialschmarotzer“ diffamiert, darf sich nicht wundern, wenn es womöglich zu einer tiefgreifenden feindseligen Entfremdung oder sogar zu bedrohlichen tätlichen Entgleisungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsteilen kommt.

Das Ministeriumspapier disqualifiziert sich durch eine reißerische, verleumderische Sprache, durch unzulässige Verallgemeinerungen, sowie durch die nicht belegbaren Behauptungen selbst. Dabei stellt es die Gewährungspraxis von Arbeitslosengeld II völlig auf den Kopf. Unabhängige Beratungsstellen und Parteien, die zum Teil sogar namentlich benannt sind, werden als „Komplizen bei der Abzocke“ verunglimpft. Letztendlich wird damit das Ziel verfolgt, weitere Verschärfungen bei Hartz IV durchzusetzen und gesellschaftsfähig zu machen, sowie neue, noch schlimmere Maßnahmen gegen die Erwerbslosen propagandistisch vorzubereiten. Dagegen setzen sich die Initiativen zur Wehr, und dabei haben sie meine volle Solidarität!

Am vorletzten Wochenende fand in Bielefeld eine zweitägige Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen statt. Dort brachte ich den Antrag ein, die BAG-SHI möge ebenfalls Strafanzeige stellen. Es gab 18 Ja- und elf Nein-Stimmen bei zwölf Enthaltungen. In der abschließenden Pressemitteilung heißt es: „Das Ministeriumspapier disqualifiziert sich durch eine reißerische, diskriminierende Sprache, unzulässige Verallgemeinerungen und nicht belegbare Behauptungen. Diese propagandistische Darstellung weisen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Bundesfachkonferenz der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen auf das Schärfste zurück.“

Die von Clement initiierte Missbrauchskampagne verfolge das Ziel, weitere Verschärfungen bei Hartz IV gesellschaftsfähig zu machen. Die Arbeit der Agenturen und Jobcenter sei immer noch völlig unzureichend, und adäquate Beratung finde trotz des Anspruchs der Betroffenen laut § 4 SGB 1 so gut wie nicht statt. Wegen der vielen falschen Bescheide, der häufig zu geringen Zahlungen und der wochenlangen Verzögerungen bedürfe es gerade deshalb unabhängiger Beratungsstellen, um diese Fehler aufzudecken und die Agenturen anzuhalten, die Gesetze einzuhalten. Das Problem der Arbeitsmarktpolitik seien nicht die Erwerbslosen, sondern das Fehlen von Arbeitsplätzen und deren weiterer Abbau. Das sei das Gegenteil von Clements Erfolgsstory, so die Erklärung.

Die ALSO Oldenburg bringt den Skandal mit folgender Einschätzung auf den Punkt: „Alle Politiker, die trotzdem an ihrer Macht festhalten und dafür ihre Mitmenschen öffentlich zu ‚Kostenfaktoren‘ erniedrigen, sie als ‚Parasiten‘ oder ‚Zellen‘ bezeichnen, solche Politiker unterstützen die Herausbildung einer neuen, weltweiten Diktatur der kapitalistischen Marktwirtschaft, ein totalitäres Regime des Profits, das seine Opfer, die Arbeitslosen, Ausgegrenzten und Armen, zuerst mit Worten in die Tierwelt verdammt, um sie dann mit Taten – ja, was kommt dann als nächstes? Werden Arbeitslose und ihre Familien demnächst als ‚Schädlinge der Leistungsgesellschaft‘ gebrandmarkt? Müssen sie bald das Logo des Arbeitsamts auf ihre Jacken nähen?“. Widerstand ist weiterhin angesagt! Erwerbslose werden offensiv ihre Würde verteidigen, ihre berechtigten Ansprüche stellen und sich gegen falsche Bescheide und Schikanen zur Wehr setzen!

 

Sie stempeln dich zum Verbrecher

14. 11. 2005 – Dass wir von der neuen Regierung nichts Gutes zu erwarten haben würden, war ja klar. Nach dem Gerangel um die Posten führten sie uns ein Schein-Gerangel um die Anteile der Parteien an den kommenden asozialen Untaten vor. Alles nur Theaterdonner! Nach meinem Eindruck standen all die neuen und nicht mehr ganz so neuen Schweinereien, einschließlich der Alibiveranstaltung einer lachhaften dreiprozentigen „Reichensteuer“, längst vorher fest!

Zum Dank für die verstärkte Umverteilung von unten nach oben verschärfen die Unternehmer die Massenarbeitslosigkeit und den Druck auf Gewerkschaften und Arbeitnehmer: Telekom streicht 32.000 Stellen, Allianz lässt bis zu 10.000 Jobs wegfallen trotz eines Gewinns von 794 Millionen Euro, und andere Konzerne bauen im nächsten Jahr ebenfalls Tausende Stellen ab!

Das „Neue Deutschland“ vom 12. November 2005 schreibt in einem Kommentar absolut zutreffend, dass die völlig unkontrollierbar gewordenen Staatsschulden verfassungswidrig sind und fährt dann fort: „Dass es für die meisten Bürger – Gering- wie Normalverdiener, Arbeitslose, Rentner – nichts Gutes ist, stand schon vorher fest. Sie werden weniger Geld zum Leben haben, ihre Zukunft ist ungewisser denn je. Denn was sie mehr an Steuern zahlen müssen, wird umverteilt. Angeblich damit Unternehmen neue Arbeitsplätze schaffen. Doch diese Rechnung ging noch nie auf. Nur Profite und Spitzeneinkommen steigen. Auch das ist verfassungswidrig. Denn das Grundgesetz bestimmt, dass Deutschland ein ‚demokratischer und sozialer Bundesstaat‘ ist.“

Der massenhafte Missbrauch des Grundgesetzes und die pauschale Kriminalisierung von über fünf Millionen Erwerbslosen ist längst Tagesordnung. Die neue Verschärfung der Diffamierungskampagne aus dem Hause Clement, der alle Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu Verbrechern stempeln will, erfahren wir jetzt aus Radionachrichten und aus der Presse: „Rasterfahndung gegen Hartz-IV-Missbrauch“ stand vorgestern in der „Kreiszeitung“, und die „Tageszeitung“ vom 12. November 2005 schreibt: „Hatz wegen ALG II“. Beide Zeitungen zitieren einen Bericht der „Hannoverschen Allgemeinen“, wonach in regelmäßigen Abständen Daten der Bundesagentur für Arbeit mit den Rententrägern und mit Banken flächendeckend abgeglichen werden, um angeblichen Sozialbetrug aufzudecken!

„Rasterfahndung“ in Form von Datenabgleich zwischen Polizei und Geheimdiensten gab es vor vielen Jahren schon gegen Mitglieder und sogenannte Sympathisanten der RAF. Fünf Millionen Arbeitslose gleich fünf Millionen Kriminelle, Schmarotzer, potentielle „Terroristen“? Dann darf sich niemand wundern, wenn hier bald Dinge geschehen wie jetzt in Frankreich!

 

Die Zwangsumzüge sind in Bremen noch längst nicht vom Tisch

21. 11. 2005 – Am 15. November 2005 wollte die Sozialdeputation das Thema Zwangsumzüge verhandeln, doch dieser Tagesordnungspunkt wurde kurzfristig verschoben. Trotzdem fand mit 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern die angekündigte Demo statt, und im Foyer des Siemens-Hochhauses standen uns Frau Röpke, der ach so christliche Demokrat Oppermann und einige andere Deputierte Rede und Antwort. Das immerhin finde ich bemerkenswert, denn so etwas ist nicht selbstverständlich, wenn ich an Hamburg oder andere deutsche Städte denke. Ein Rest von „politischer Kultur“ scheint sich hier trotz acht Jahren Scherf-Koalition noch erhalten zu haben! Das ist freilich weder Ersatz noch Entschuldigung für eine schlechte Politik!

„Weser-Kurier“ und „TAZ“ berichteten unisono mit großem Bild und wenig Text vom Bahnhofsvorplatz, aber nicht aus dem Siemens-Hochhaus. Das spricht Bände! Frau Röpke verteidigte uns gegenüber noch einmal ihre Pläne und berief sich dabei auf das fragwürdige Gewos-Gutachten, das ich lieber ein Schlechtachten nennen möchte, denn erstens war es vom Senat bestellt, und zweitens sind die Zahlen deutlich geschönt. Danach gibt es für die 9.000 Haushalte, die nach dieser Studie zum Umzug gezwungen werden sollen, angeblich jede Menge billigen Wohnraum! Das ist glatt gelogen!

Die Senatorin war geständig, aber bemüht zu beschwichtigen, indem sie nach dem Motto „alles halb so schlimm“ unter anderem über eine zeitlich breite Staffelung der Umzugsaufforderungen „nachdenken“ und gegebenenfalls mit sich reden lassen wollte. Ach wie groß ist Gottes Ohr! Danach sollen zuerst diejenigen angeschrieben werden, die „hohe“ Mietüberschreitungen haben, die anderen je nach Höhe ein halbes oder ganzes Jahr später oder gar nicht. Eine geringfügige Übersteigung von ein paar Euro könne ja aus dem Regelsatz bezahlt werden, meinte sie. „Können Sie sich vorstellen, Frau Röpke, wie das ist, wenn Sie monatlich von 345 Euro leben müssten?“, rief ihr jemand zu und rechnete an einem Beispiel vor, dass dies schon jetzt völlig unmöglich ist. Er fügte hinzu: „Wir wollen überhaupt keine Zwangsumzüge!“.

Die Deputierten mussten sich aus unseren Reihen einige drastische Fälle von unverschuldeter Notlage und Unterbrechung der Energiezufuhr anhören. Wenn es besondere Härten gebe, beispielsweise wenn Strom und Gas abgestellt wurden, wolle ihre Behörde in Zusammenarbeit mit der Bagis „jeden Einzelfall sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Abhilfe schaffen“, versuchten die Senatorin und ihr CDU-Kollege Oppermann zu beschwichtigen, was wir als durchsichtigen Versuch der Ablenkung vom eigentlichen Problem werteten. Darüber waren wir empört! „Dass jetzt immer mehr Menschen hungern und frieren müssen, ist unmittelbare Folge Ihrer Politik, Frau Röpke!“, riefen wir ihr zu und kündigten an, dass wir wiederkommen werden!

 

Voller Kälteeinbruch voraus

28. 11. 2005 – An dem meteorologischen Temperatursturz ist die Regierung Merkel kaum schuld, wohl aber an der sozialen Eiseskälte, die uns jetzt alle packen wird. Wenn das so weitergeht, wird es nicht mehr lange dauern, bis auch bei uns die ersten Menschen verhungern und erfrieren! Dass wir uns alle sehr warm anziehen sollen, sagten uns die Koalitionäre ja schon vor ihrem Regierungsantritt!

Den Hartz-IV-Opfern, Rentnern und Kranken geht es immer schlechter, und sie werden immer mehr. Von den Konzernen droht eine neue Orgie an Rausschmissen: Kraft-Foods entlässt Hunderte Mitarbeiter, bei Daimler und Opel sind es Tausende, von Telekom und Post gar nicht erst zu reden. Ford-Deutschland will einer Zeitungsmeldung zufolge („UZ“ vom 25. November) vor allem in Köln 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufs kalte Pflaster werfen!

Wenn wir schon „Deutschland“ sein sollen – der Slogan stammt bezeichnenderweise aus der Nazizeit – dann rufen wir von der Montagsdemo solidarisch zum Protest! Wo bleiben eigentlich der Protest, die Solidarität, der Aufruf zu Aktionen von Seiten des DGB? Außer ein paar wohltemperierten Sprüchen hatte uns Herr Sommer leider nichts zu bieten! Herr Sommer, tun Sie endlich etwas!

 

Volle Rolle rückwärts
in die Lohnsklaverei

05. 12. 2005 – Das Vorwort hierzu schreibt Merkela mit ihrer Regierungserklärung selbst: Sie will „mehr Freiheit wagen“. „Was meint sie wohl damit?“, fragt süffisant die „Taz“ in ihrer Ausgabe vom 1. Dezember. „Dicke Bretter bohren“ will die Kanzlerin auch, und dann verhöhnt sie die Armen der Republik mit den Worten: „Wir brauchen ein Herz für Leistung und Mehrleistung, nicht Neid, sondern Dankbarkeit!“. Sollen die Opfer ihr jetzt die Füße küssen?

Zum verschärften Kampf gegen die Arbeitslosen durch die Große Koalition weiß die „Kreiszeitung“ vom 27. November Bezeichnendes zu berichten: Da will Frau Merkel auch die privaten Haushalte als „Arbeitgeber“ sehen, welche die ALG-II-Empfängerinnen als Haushalts- und Putzhilfen sowie „Kindermädchen“ einstellen sollen. Für eine „alternde Gesellschaft“ seien Dienstleistungen daheim eine wichtige Sache, ebenso für Haushalte, wo mehrere Kinder zu betreuen seien, meint die Bundeskanzlerin in gespielter Besorgnis. Diese „Dienstleistungen“ sollen sogar steuerlich absetzbar sein, was auch für Putzhilfen, Au-Pair-Mädchen und ambulante Pflegekräfte gelten soll. Natürlich denkt sie dabei nicht an vernünftige Arbeitsbedingungen mit gerechter Bezahlung, sondern allein an das, was wir „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ nennen, nämlich an Ausbeutung in Mini- und Ein-Euro-Jobs! Also volle Rolle rückwärts in die Lohnsklaverei!

Dann ist da noch ein gewisser Herr Bosbach von der CDU mit der Forderung nach „Sicherungshaft“ für verdächtige Ausländer. Als Fraktionsvize der Union übernahm er die Idee vom eloquenten ehemaligen Innenminister Otto Schily. Schon der wollte 3.000 bis 5.000 „gewaltbereite und gewaltgeneigte Islamisten“ ohne rechtsstaatliches Verfahren einfach wegsperren. Bosbach hat zwei juristische Staatsexamen auf dem Buckel und ist auch als Rechtsanwalt tätig. „Also weiß er garantiert, dass solch Inhaftierung auf bloßen Verdacht hin grundgesetz- und menschenrechtswidrig ist“, schreibt „Neues Deutschland“ am 2. November. Der CDU-Mann weiß genau, warum er das gerade jetzt sagt: An teutschen Stammtischen kommt so etwas immer prächtig an!

Die „TAZ“ berichtet am gleichen Tag über eine Pressemitteilung des „Erwerbslosenforums Deutschland“ mit der Überschrift „Werden beim NDR Ein-Euro-Jobber missbraucht und ausgenutzt?“. Die „Bild“-Zeitung titelte im Sommer: „Ein-Euro-Jobber als GEZ-Schnüffler“. In der Pressemitteilung heißt es, die Jobber würden beim NDR dieselbe Tätigkeit ausüben wie reguläre Aushilfskräfte und müssten diese sogar anlernen. Das Forum fragt, warum die Aushilfskräfte eingestellt wurden und nicht die Ein-Euro-Jobber. Einer von ihnen hatte sich an den Petitionsausschuss der Hamburger Bürgerschaft wegen „missbräuchlicher Beschäftigung“ gewandt und bekam Recht. Bei den Tätigkeiten, die von den Ein-Euro-Jobbern ausgeführt werden, so der Ausschuss, handele es sich nicht um im Sozialgesetzbuch definierte „zusätzliche Beschäftigung“, sondern um Missbrauch. Es gehe um die Durchsicht von GEZ-Befreiungsanträgen. „Und die sind seit Einführung von Hartz IV sprunghaft angestiegen, genau wie die Ein-Euro-Jobs“, schreibt die „TAZ“. Meine Empfehlung: Ohne Prüfung alle Anträge genehmigen!

 

Die Wahrheitssuche hört nie auf

12. 12. 2005 – Am Samstag, dem 10. Dezember 2005, war der „Tag der internationalen Menschenrechte“. „Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“ nahmen davon keine Notiz, die „TAZ Bremen“ allerdings veröffentlichte einen ausführlicheren Artikel zur „Allgemeinen UNO-Erklärung der Menschenrechte“ vom 10. Dezember 1948. Die damalige Erklärung enthält unter anderem das Recht auf Leben, Arbeit, Nahrung, Wohnung, auf Glaubens-, Presse- und Meinungsfreiheit sowie den Schutz vor Folter und willkürlicher Haft. Wie es darum bestellt ist, sehen wir schon in dieser Stadt: Ich erinnere an die Zustände im Abschiebeknast und den Brechmittel-Skandal vom Beginn dieses Jahres.

Am Samstag wurde dem britischen Dramatiker Harold Pinter in Stockholm der Literatur-Nobelpreis verliehen. Seine Nobelpreisrede enthält eine schwere Anklage gegen den fortlaufenden Bruch der UN-Charta durch den Mitunterzeichner USA. „TAZ“ und „Neues Deutschland“ dokumentierten die Rede in Auszügen. Aus Anlass des Menschenrechtstages möchte ich heute daraus zitieren, eben weil der Skandal auch hier allgegenwärtig ist.

„Die Suche nach der Wahrheit kann nie aufhören“, sagt Pinter. „Man kann sie nicht vertagen, sie lässt sich nicht aufschieben. Man muss sich ihr stellen, und zwar hier und jetzt“. Die Politiker haben an der Wahrheit kein Interesse, so der Nobelpreisträger, sondern nur an der Macht. „Damit diese Macht erhalten bleibt, ist es unabdingbar, dass die Menschen unwissend bleiben, dass sie in Unkenntnis der Wahrheit leben, sogar der Wahrheit ihres eigenen Lebens. Es umgibt uns deshalb ein weitverzweigtes Lügengespinst, von dem wir uns nähren.

Ich behaupte hier, dass die Verbrechen der USA nur oberflächlich protokolliert, geschweige denn dokumentiert, geschweige denn eingestanden, geschweige denn überhaupt als Verbrechen wahrgenommen worden sind. Ich glaube, dass dies benannt werden muss, und dass die Wahrheit beträchtlichen Einfluss darauf hat, wo die Welt jetzt steht.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges unterstützten die Vereinigten Staaten jede rechtsgerichtete Militärdiktatur auf der Welt, und in vielen Fällen brachten sie sie erst hervor. Ich verweise auf Indonesien, Griechenland, Uruguay, Brasilien, Paraguay, Haiti, die Türkei, die Philippinen, Guatemala, El Salvador und natürlich Chile. Die Schrecken, die Amerika Chile 1973 zufügte, können nie gesühnt und nie verziehen werden. In diesen Ländern hat es Hunderttausende von Toten gegeben. Hat es sie wirklich gegeben? Und sind sie wirklich alle der US-Außenpolitik zuzuschreiben? Die Antwort lautet: Ja, es hat sie gegeben, und sie sind der amerikanischen Außenpolitik zuzuschreiben. Aber davon weiß man natürlich nichts.

Die Verbrechen der Vereinigten Staaten waren systematisch, konstant, infam, unbarmherzig, aber nur sehr wenige Menschen haben wirklich darüber gesprochen. Das muss man Amerika lassen. Es hat weltweit eine kühl operierende Machtmanipulation betrieben und sich dabei als Streiter für das universelle Gute gebärdet. Ein glänzender, sogar geistreicher, äußerst erfolgreicher Hypnoseakt.

Mit Hilfe der Sprache hält man das Denken in Schach. Mit den Worten „das amerikanische Volk“ wird ein wirklich luxuriöses Kissen zur Beruhigung gebildet. Das gilt natürlich weder für die 40 Millionen Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, noch für die zwei Millionen Männer und Frauen, die in dem riesigen Gulag von Gefängnissen eingesperrt sind, der sich über die Vereinigten Staaten erstreckt. Die USA scheren sich einen Dreck um die Vereinten Nationen, das Völkerrecht oder kritischen Dissens, den sie als machtlos und irrelevant betrachten.

Nehmen wir Guantánamo Bay. Hunderte von Menschen sind seit über drei Jahren ohne Anklage in Haft, ohne gesetzliche Vertretung oder ordentlichen Prozess, im Prinzip für immer inhaftiert. Diese absolut rechtswidrige Situation existiert trotz der Genfer Konvention weiter. Die sogenannte internationale Gemeinschaft toleriert sie nicht nur, sondern verschwendet auch so gut wie keinen Gedanken daran. Diese kriminelle Ungeheuerlichkeit begeht ein Land, das sich selbst zum „Anführer der freien Welt“ erklärt.

Die Invasion in den Irak war ein Banditenakt, ein Akt von unverhohlenem Staatsterrorismus, der die absolute Verachtung des Prinzips von internationalem Recht demonstrierte. Wie viele Menschen muss man töten, bis man sich die Bezeichnung verdient hat, ein Massenmörder und Kriegsverbrecher zu sein? Einhunderttausend? Mehr als genug, würde ich meinen. Deshalb ist es nur gerecht, dass Bush und Blair vor den Internationalen Gerichtshof kommen.“

Ich möchte den Nobelpreisträger hier ergänzen, indem ich hinzufüge: Auch Schröder, Struck und Fischer gehören wegen der Bomben auf Jugoslawien, der Kampfeinsätze am Hindukusch und der logistischen Hilfestellung beim Irak-Krieg vor ein Tribunal!

Pinter schließt seine Rede mit den Worten: „Ich glaube, dass den existierenden kolossalen Widrigkeiten zum Trotz die unerschrockene, unbeirrbare, heftige intellektuelle Entschlossenheit, als Bürger die wirkliche Wahrheit unseres Lebens und unserer Gesellschaften zu bestimmen, eine ausschlaggebende Verpflichtung darstellt, die uns allen zufällt. Wenn sich diese Entschlossenheit nicht in unserer politischen Vision verkörpert, bleiben wir bar jeder Hoffnung, das wiederherzustellen, was wir schon fast verloren haben: die Würde des Menschen.“

 

Abzocker und
Schmarotzer weiterhin aktiv!

19. 12. 2005 – Ex-Kanzler Schröder war besonders fix beim Wechsel in die Spitzenverdiener-Liga der sogenannten freien Wirtschaft. Im Aufsichtsrat des russisch-deutschen Gaskonzerns tut er es nicht etwa für einen Euro, nein, es kommen nach Medienangaben pro Jahr lächerliche 200.000 bis eine Million Euro „Aufwandsentschädigung“ aufs Kanzlerruhegeld oben drauf: Das Schröder-Gas wird uns also besonders teuer zu stehen kommen!

Kostenfaktor Helmut Kohl legte wenigstens noch eine Schamfrist ein, bevor er bei Kostenfaktor Leo Kirch als „Berater“ einstieg, obwohl er vom Medien-Trallala keinen blassen Schimmer hat. Wie viel Ahnung Schröder von Gasförderung und Gastransfer hat, scheint dem Konzern egal, und Herrn Putin ebenso. Das ist halt wahre Männerfreundschaft!

Hier noch ein tolles Gaunerstück im Doppelpack aus der Deutschen Bank: Kostenfaktor Ackermann ließ aus Profitgründen einen Immobilienfonds einfach dichtmachen, und nun haben vor allem die Kleinanleger das Nachsehen. Ihr bisschen Kohle ist vermutlich futsch! Auch Kostenfaktor Norbert Walter, seines Zeichens „Chefvolkswirt“ der Deutschen Bank, bewirtet das Volk auf seine Weise: Auszubildende, Berufseinsteiger und „alte“ Arbeitnehmer bekämen zu viel Geld, meint er, und sollten gefälligst „mit Rücksicht auf die Arbeitslosen“ auf Einkommen verzichten. Wunderbar, und wie sieht euer eigener Beitrag aus, ihr Sozialbetrüger?

Es gibt neue Rausschmisse zu vermelden: Daimler-Chrysler will bis 2008 weitere 7.500 Arbeitsplätze vernichten, wie im „Weser-Kurier“ vom 17. Dezember zu lesen ist. Inwieweit Bremen betroffen ist, schreibt die Zeitung nicht. Damit würde der Konzern in den nächsten Jahren wohl insgesamt über 10.000 Seilen streichen. Will er jetzt voll ins Rüstungsgeschäft?

Nun noch was aus Bremen: Mit seinem Porsche hat ein reicher Verkehrs-Rambo einen jungen Radfahrer mit voller Absicht mehrfach angefahren und kam dafür mit einer Bewährungsstrafe davon. Für einen solchen Mordversuch käme jeder „Normalbürger“ mit Sicherheit in den Knast. Justitias Moral von der Geschicht’: Die armen Kleinen hängt man, die reichen Großen lässt man laufen!

 

Wir fordern Sozialstaatlichkeit!

02. 01. 2006 – Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin! Zunächst müssen wir annehmen, dass Ihre Anzeige „Gemeinsam sind wir stärker“, die in fast jeder Tageszeitung erschienen ist, erheblich teurer geworden sein dürfte als die von der Bundesregierung verkündeten circa drei Millionen Euro! Das ist eine Verschwendung unserer Steuergelder, auch wenn das Geld aus einem „Sonderfonds“ gekommen sein sollte, die der Bund der Steuerzahler völlig zu Recht scharf anprangert.

Auch dies ein Beispiel dafür, dass Ihre Regierung angesichts der angeblich leeren Staatskassen „Wasser predigt“ und selbst „Wein trinkt“. Wir könnten noch etliche andere Beispiele anführen! Sie rufen die Bevölkerung in eben dieser Anzeige zu „mehr Leistung“ und „Gürtel-enger-schnallen“ auf. Wie passt dies zusammen? Wir lehnen Ihre Kampagne ab, weil das Einsparen angesichts der rapide zunehmenden Kinderarmut durch die Hartz-Gesetze, denen Ihre „christliche“ Partei zustimmt, natürlich auch für jedes Mitglied Ihrer eigenen Regierung gelten muss!

Das Geld wäre besser den armen Familien nachträglich zu Weihnachten zu geben, damit deren Kinder auch einmal etwas zum Spielen geschenkt bekommen. Wie sollen neue, tariflich abgesicherte Arbeitsverhältnisse entstehen, wenn die „Arbeitgeber“, die sich besser als Arbeitnehmer bezeichnen sollten, ständig Arbeitsplätze wegnehmen, sprich vernichten? Wenn keine neuen zusätzlichen Arbeitsplätze im bezeichneten Sinne entstehen, sollten sie die erhaltenen Steuergeschenke wieder zurückzahlen, damit die „Reformen“ zurückgenommen werden können, die die Lage der Menschen noch weiter verschlechtern!

Der Ausbau des Niedriglohnsektors ist abzulehnen, da er Armut trotz Arbeit schafft! Das Gleiche gilt für die Hartz-Gesetze! Von 2000 bis 2002 sind die Steuern dank der Senkung des Spitzensteuersatzes um 48 Milliarden gesenkt worden. Dadurch sind keine neuen Arbeitsplätze entstanden! Durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sind 2005 6,5 Milliarden eingespart worden. Wenn jetzt Arbeitslosengeld II mehr kostet als gedacht, liegt das an schlampiger Organisation bei der Bundesagentur und massenhaften Entlassungen der Konzerne!

Doch anstelle der Verantwortlichen wurden und werden die Erwerbslosen zu Sündenböcken und „Sozialschmarotzern“ erklärt. Das ist besonders infam! Die Verursacher der Arbeitslosigkeit müssten für die Folgen aufkommen, nach dem Grundsatz, dass privates Eigentum dem Wohle des Volkes zu dienen hat!

Die Bundeswehr gehört abgeschafft und stattdessen die fehlenden 230.000 Lehrer(innen) und Sozialarbeiter(innen) eingestellt, um bei uns den gleichen Personalstand wie in Finnland zu haben! Das ungerechte dreigliedrige Schulsystem gehört abgeschafft und eine Einheitsschule nach dem finnischen und schwedischen Modell eingeführt, um die Diskriminierung von Kindern aus armen Familien zu beenden!

Die Aufrüstungsverfassung der Europäischen Union lehnen wir ab! Der Terrorismus kann nicht mit Kriegen bekämpft werden, weil Krieg Staatsterrorismus ist, der die Probleme im wahrsten Sinne des Wortes explosionsartig verschärfen kann. Blicken Sie in den Irak! Notwendig wäre eine Politik, die weltweit soziale Gerechtigkeit und den Dialog zwischen den Religionen ermöglicht. Nicht Streichen bei den Armen ist angesagt, sondern bei den Reichen!

Was tut Ihre Regierung, um, wie Sie sagten, „mehr Freiheit zu wagen“, und wessen Freiheit zu handeln haben Sie damit gemeint? Zu den demokratischen Grundfreiheiten gehören die sozialen Menschenrechte. Sie sind in der UN-Menschenrechtscharta von 1948 ausdrücklich festgeschrieben, und wenn Sie das meinen sollten, muss Ihre Regierung umsteuern!

Wir fordern, dass alle „Reformen“ der Agenda 2010 zurückgenommen werden! Wir brauchen keine bis an die Zähne bewaffnete Bundeswehr, sondern unentgeltlichen Zahnersatz für die armen Menschen. Desgleichen keine Alibi-„Reichensteuer“, sondern die Wiedereinführung der Vermögenssteuer! Sozial ist nicht, was Arbeit um jeden Preis schafft, sondern was die Armut beseitigt! Wir fordern die Sozialstaatlichkeit des Grundgesetzes ein!

 

Die servierte Welt

09. 01. 2006 – Nicht veröffentlichte oder gekürzte Leserbriefe veranlassen mich heute, zum Thema Pressefreiheit aus einem satirischen Essay von Kurt Tucholsky zu zitieren, den er unter dem Pseudonym Ignatz Wrobel in der „Weltbühne“ veröffentlicht hatte. Der Aufsatz ist am 2. Januar anlässlich seines 70. Todestages in der „TAZ“ erschienen und hat nichts an Aktualität verloren!

„Weit entfernt, etwa die Nachrichten von Ereignissen möglichst so wiederzugeben, wie sie geschehen sind, die Wiedergabe also möglichst der Wahrheit anzunähern, ist das Bestreben aller Fachleute darauf gerichtet, die Wiedergabe organisatorisch und pressetechnisch so zu gestalten, dass man sie für die Wahrheit ansieht und dass dabei doch die vielen Interessen von Auftraggebern, Industrien und Parteien gewahrt bleiben.

Der geschickte Journalist hat eine Waffe, das Totschweigen, und von dieser Waffe macht er oft genug Gebrauch. Der Zusammenhang von Annoncenmarkt und Redaktion ist an dieser Stelle zu nennen. Er ist nur bei Käseblättern, vor allem in der Provinz, klar und offen. In den gefährlicheren Fällen verbirgt er sich hinter ‚Zweckmäßigkeiten‘, hinter ‚Opportunitätserwägungen‘, ja, dieser Zusammenhang braucht dem anständigen Redakteur gar nicht bewusst zu sein. Er ist vorhanden, denn die Zeitung ist ein Geschäft.

Die Industrie, die Partei, die Regierung, die Kirche, sie alle wissen, was sie an der Presse haben. Die Wirklichkeit, wie sie die Zeitung serviert, hat ein Sieb passiert. Was da steht, das ist nicht die Welt, das ist: die ‚Welt‘.“

 

Zu wünschen wäre den deutschen Gewerkschaftern der Mumm ihrer französischen Kollegen

20. 03. 2006 – Die Tinte ist noch gar nicht trocken unter dem neuesten Hartz-IV-Knebelungsgesetz für Jugendliche, da stopft sich die politische Klasse schon wieder schamlos die Taschen voll. Und dies, obwohl die Kassen angeblich leer sind und Erwerbslose immer neue Schandtaten erdulden müssen, Rentner bis zum Ableben Nullrunden schieben dürfen und Beschäftigte bei immer weniger Einkommen immer länger arbeiten sollen! Ihre fetten Diäten wollen die Abgeordneten sage und schreibe fast verdoppeln: von 7.009 auf 12.700 Euro monatlich („Kreiszeitung“ vom 19. März 2006). Der angebliche Wegfall der steuerfreien „Kostenpauschale“ von 3.647 Euro ist Augenwischerei, denn wer kontrolliert das schon?

In Frankreich ist das Maß schon lange voll, und die ganz andere Stimmung dort bringt millionenfachen Protest! Auch wenn die Medien den Widerstand gegen die völlige Entrechtung der Jugend zu diffamieren versuchen, sei den Betroffenen hier zugerufen: Geht auf die Straße und protestiert! Es bleibt uns gar nichts anderes übrig, als den Widerstand gegen die asoziale Politik der Regierenden und ihrer Drahtzieher in den Konzernzentralen erheblich zu verstärken. Die vielen Streiks im öffentlichen Dienst, in einigen Konzernen und jetzt auch bei den Ärzten in den Uni-Kliniken geben Hoffnung, sie sind eine große Ermutigung.

Den Verdi-Kolleginnen und -Kollegen sei von dieser Stelle aus zugerufen: Haltet durch! Lasst euch nicht einschüchtern und vor allem nicht über den Tisch ziehen! Zu wünschen wäre den deutschen Gewerkschaftern, dass sie den gleichen Mumm aufbringen wie ihre französischen Kollegen, die sogar zum Generalstreik blasen wollen! Zu appellieren wäre an den DGB, dass er endlich gegen die Regierungspolitik Front macht! Es wird allerhöchste Zeit: Fordern wir jetzt mit größter Entschiedenheit den Generalstreik auch in Deutschland!

 

Hansestadt demonstriert Zahlungs­unmoral am Beispiel der Sozial- und Schuldnerberatung

17. 07. 2006 – Bei der „Solidarischen Hilfe“ mussten wir letzte Woche eine außerordentliche Mitgliederversammlung abhalten und einen neuen Vorstand wählen, weil sich schon seit Wochen eine krisenhafte Entwicklung unserer Finanzen abzeichnet. Die staatlichen Zuschüsse für die Aufrechterhaltung unserer Sozialberatung sowie für Mieten, Energie- und Bürokosten sind uns in den letzten Jahren nach und nach auf Null zusammengestrichen worden.

Unser Haupt-Standbein ist daher die Schuldnerberatung, weil es für jede erfolgreiche Entschuldung noch Gelder von der Sozialbehörde beziehungsweise der Bagis gibt. So konnten wir auch unsere Sozialberatung mitfinanzieren und überleben. Doch schon im letzten Jahr verzögerten die Behörden die Zahlungen, sodass wir schon damals in große existenzielle Gefahr gerieten.

Seit März 2006 nehmen die Kostenübernahmen der Bagis für die Schuldnerberatung kontinuierlich ab. Aus diesem Grund fanden Gespräche mit den senatorischen Behörden, dem Förderverein Schuldnerberatung und der Landes-Arbeitsgemeinschaft statt, die bisher ohne konkretes Ergebnis blieben. Wir besuchten die Deputationssitzungen im April und Juni, um durch unsere körperliche Anwesenheit Druck auszuüben. Doch auch hier gibt es bisher keinen Erfolg!

Ursache für die Praxis der abnehmenden Bewilligungszahlen scheint nach unseren Feststellungen die Tatsache zu sein, dass im vorigen Jahr 800.000 Euro für Schuldenberatung aus dem 1,4-Millionen-Euro-Sozialetat einfach anderweitig ausgegeben wurden! Da gleichzeitig für circa 700.000 Euro Bewilligungen erteilt wurden, die aber erst 2006 ausgezahlt wurden, war das Geld im Schuldenberatungstopf bereits Anfang des Jahres für die ersten sechs Monate futsch! Die senatorische Behörde vertröstet uns mit der „Zusage“, dass dieses Finanzloch keine Auswirkungen auf die Bewilligungspraxis der Bagis haben werde.

Das alles ist nicht zu glauben! Senatorin Röpke kam uns mit der Ausrede, Ursache für die Schwierigkeiten sei unter anderem eine neue Computer-Software bei der Bagis. Es sei alles halb so schlimm, so die Behörde, weil die Zahlungen im Herbst/Winter 2006 im ersten Halbjahr 2007 nur entsprechend verzögert und nicht eingestellt seien. Die von der Landes-Arbeitsgemeinschaft zusammengetragenen Zahlen gehen allerdings für ganz Bremen von einer deutlichen Reduzierung der Kostenübernahmen aus!

Auf einem Treffen Anfang Juli zwischen Behördenvertretern und Schuldenberatungsstellen sagten Erstere noch zu, dass bis Ende 2006 circa 600 Bewilligungen erfolgen sollten. Das entspräche einem Finanzrahmen von 900.000 Euro, wobei 200.000 Euro vom Schuldenberatungsetat des Amtes für Soziale Dienste an die Bagis fließen sollen. Die Bagis erklärte ihrerseits, dass die enge Verknüpfung von Schuldnerberatung und „zeitnaher Arbeitsaufnahme im ersten Arbeitsmarkt“ nicht aufgegeben werde.

Das seltsame Verschwinden von 800.000 Euro im senatorischen Bermuda-Dreieck, die Verzögerungen und Verschiebungen uns zustehender Zahlungen, die dummen Ausreden von Frau Röpke und die Bewilligungspraxis durch die Bagis „nur bei zu erwartender Arbeitsaufnahme“ – all das nährt den schlimmen Verdacht, dass staatliche Finanzierung der Schuldnerberatung nicht mehr gewollt ist und eines Tages gänzlich eingestellt werden soll. Das Nachsehen haben wieder einmal die Betroffenen!

 

Solidarisch mit
Friedensbewegung in Israel

31. 07. 2006 – Hier ein Flugblatt des „Bremer Friedensforums“: Die von langer Hand vorbereitete Großoffensive der israelischen Armee gegen den Libanon hat unerträgliches Leid über die dort lebenden Menschen gebracht. Tausende sind getötet oder verwundet worden, Hunderttausende sind auf der Flucht. Die Infrastruktur des Landes ist weitgehend zerstört. Nicht nur Stromversorgung, Fabriken, Brücken, Häfen und Straßen wurden bombardiert, sondern auch Wohnviertel und Dörfer. Den vor dem Krieg Fliehenden wurden viele Wege abgeschnitten. Selbst auf ihrer Flucht wurden sie das Ziel israelischer Bomben und Granaten. Israel schreckt sogar vor dem Einsatz geächteter Waffen wie Streubomben, Phosphorbomben und möglicherweise Giftgas nicht zurück.

Es geht der israelischen Regierung nicht um die Befreiung zweier Soldaten, sondern um eine grundlegende Neuordnung des Nahen Ostens. Dass sie die Hisbollah ausschalten wollten, die erhebliche Sympathie nicht nur unter der schiitischen Bevölkerung des Libanon genießt, geben sie mittlerweile offen zu. Deshalb fordern sowohl Israel als auch andere Staaten einen Einsatz ausländischer Truppen mit UN-Mandat. Aber auch eine solche Truppe wird Israel kein Mehr an Sicherheit bringen, sondern die Gewalteskalation im Nahen Osten verstärken.

Auch in den besetzten palästinensischen Gebieten ist die Situation dramatisch. Die Einstellung jeglicher Finanzhilfen durch die EU und USA – letztere verhindern auch durch Druck auf Banken, dass diese Geld aus anderen Quellen nach Palästina leiten – hat die Versorgungslage zusätzlich verschlechtert. In einem Land mit zerstörter Infrastruktur und extrem hoher Arbeitslosigkeit sind die Menschen auf Hilfe von außen angewiesen. Die Blockade der demokratisch gewählten palästinensischen Regierung zeigt, wie wenig es den westlichen Mächten um Demokratie geht, sondern nur darum, anderen ihre Bedingungen diktieren zu können.

Die Bundesregierung und die Regierungen anderer westlicher Staaten beziehen in diesem Konflikt einseitig Position und erschweren so eine friedliche Lösung. Die Zurückweisung der Forderung nach einem Waffenstillstand ist ein gefährliches Spiel. Ohne eine grundsätzliche politische Lösung des Palästina-Konflikts wird es kein Ende der Gewalt geben. Von der Bundesregierung fordern wir: Einsatz für Verhandlungen mit dem Ziel eines sofortigen Waffenstillstands und langfristig eines gerechten Friedens! Stopp aller Rüstungsexporte in den Nahen und Mittleren Osten! Kein Einsatz deutscher Soldaten im Nahen Osten!

Gila Svirsky aus Jerusalem, Trägerin des Bremer Solidaritätspreises, und Hannah Safran, die mit anderen Frauen in Bremens Partnerstadt Haifa trotz des Raketenbeschusses Mahnwachen gegen den Krieg durchführt, informierten das „Bremer Friedensforum“ über die aktuelle Arbeit der Friedensbewegung in Israel. Am letzten Samstag fand eine große gemeinsame Friedensdemonstration in Tel Aviv mit 5.000 Teilnehmern gegen den Krieg im Libanon und im Gazastreifen statt.

Hannah Safran zitierte Briefe von Frauen aus dem Libanon über die schrecklichen Zerstörungen in diesem Land und sagte: „Ist Israel verrückt geworden, oder haben wir noch nicht bemerkt, dass wir in einem wahnsinnigen Land leben? Wir werden nicht schweigen. Der Krieg muss jetzt gestoppt werden. Nur jemand von außen kann Einfluss auf Israel nehmen, damit es die Kriegshandlungen einstellt.“

Das „Bremer Friedensforum“ fühlt sich mit der Friedensbewegung in Israel solidarisch verbunden. Es ruft dazu auf, die wöchentliche Mahnwache am Donnerstag um 17 Uhr auf dem Marktplatz zum öffentlichen Protest gegen den Krieg im Nahen Osten zu nutzen und auch die Bundesregierung zu einem stärkeren Friedensengagement zu bewegen.

Das „Friedensforum“ fordert: Sofortiger, bedingungsloser Waffenstillstand und Rückzug der israelischen Armee aus dem Libanon und allen besetzten Gebieten! Internationale Vermittlung zur Freilassung der israelischen Soldaten! Entlassung von pa­läs­ti­nen­si­schen und libanesischen Häft­lingen aus israelischen Gefängnissen! Sofortige Entlassung der verschleppten Minister der pa­läs­ti­nen­si­schen Autonomiebehörde und der Abgeordneten des pa­läs­ti­nen­si­schen Parlaments! Einberufung einer ständigen Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit im Nahen Osten! Verhandlungen mit dem Ziel eines dauerhaften Friedens unter Einbeziehung der Hamas und der Hisbollah! Ein Pa­läs­ti­nen­ser-Staat in den Grenzen von 1967!

 

„Endlich boomt die Wirtschaft“

21. 08. 2006 – Vieles von dem, was Professor Rudolf Hickel in Sachen Aufschwung schreibt (Gastkommentar im „Weser-Kurier“ vom 20. August 2006), ist kaum nachvollziehbar und daher kritisch zu hinterfragen. In drei Punkten ist ihm allerdings zuzustimmen: Die Produktivkräfte in diesem Land sind viel stärker, als die „Abgrund-Propheten“ wahrhaben wollen. Gegen die Arbeitslosigkeit werden „intelligente Instrumente der Arbeitszeitverkürzung“ benötigt, was zweifellos ebenfalls richtig ist; ein intelligentes Instrument wäre die 35-Sunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird sich negativ auf den Wirtschaftsverlauf auswirken, auch da hat er recht, weil dies die Binnennachfrage weiter erheblich schwächen und damit Arbeitsplätze vernichten wird.

Es kommt uns zu vieles sehr teuer zu stehen, was Hickel leider nicht schreibt und damit zu besagter Kritik Anlass gibt. Völlig unverständlich ist sein fast überschwängliches Lob an die Adresse der Bundesregierung, denn sie hat sehr wohl vor allem bei Erwerbslosen einen radikalen Sparkurs praktiziert! Was ist an dieser Politik eigentlich positiv, wo sie im konsumtiven Bereich überall kürzt, aber kräftig Steuergeschenke an die Konzerne verteilt und jährlich weit über 25 Milliarden Euro für Rüstungsausgaben verpulvert? Die Arbeitslosigkeit wird gerade im Einzelhandel erheblich zunehmen, und zusammen mit den laufenden Massenentlassungen verantwortungsloser „Global Players“ werden auf die Gesamtgesellschaft weitere Kosten in Milliardenhöhe zukommen. Die gesellschaftlichen Folgekosten der zunehmenden Massenverarmung und der unvorstellbaren Bereicherung vieler Großkonzerne zahlen ja nicht Milliardäre wie die Brüder Albrecht oder Herr Ackermann, sondern vor allem Rentner, Kranke und Hartz-IV-Betroffene.

Was der Autor ebenfalls vergaß zu erwähnen, sind die explodierenden Energie- und Gesundheitskosten, die in Kürze auf uns zukommen und die sich ebenfalls extrem negativ auf die Massenkaufkraft auswirken werden. Kurzum: Es handelt sich um einen fragwürdigen, weil weitgehend fiktiven „Wirtschaftsaufschwung“ der Statistiker, der im Alltag kaum wahrnehmbar ist. Er findet fast ausschließlich in den Medien statt und schlägt sich bestenfalls bei den Aktienkursen der Großbanken, der exportorientierten Industrie, der Energiemultis und der internationalen Rüstungskonzerne nieder.

 

Der „Bremer Taliban“, nicht
zuletzt ein „Fall deutsche Medien“

04. 09. 2006 – Für mich ist der sogenannte Fall Kurnaz keineswegs abgeschlossen, solange die Staatsanwaltschaft Bremen gegen ihn wegen des „Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermittelt. Es ist auch nicht ein „Fall Kurnaz“, sondern ein Fall BND, ein Fall Joschka Fischer, Frank-Walter Steinmeier, Henning Scherf und vor allem Thomas Röwekamp. Wie diese Herren sich verhalten haben, als Murat noch in Guantánamo saß, das ist schon ein himmelschreiender Skandal. Es erscheint seltsam, wenn jetzt der Nachfolger Scherfs, Bürgermeister Jens Böhrnsen, ihn in Bremen „herzlich willkommen“ heißt, wo doch die Koalition immer noch dieselbe ist und der Abschiebesenator immer noch Thomas Röwekamp heißt. Ist das jetzt Scheinheiligkeit und Gehorsam gegenüber der Regierung Angela Merkel, oder trennt sich Böhrnsen im Geiste vorsichtig vom tumben, menschenverachtenden Kurs der Bremer Koalition?

Nicht zuletzt ist das Schicksal des Bremer Guantánamo-Häftlings auch ein „Fall deutsche Medien“. Die meisten Zeitungen einschließlich der „TAZ“ sprachen bis vor kurzem noch vom „Bremer Taliban“, wenn von Murat Kurnaz die Rede war. Auch dies ist eine Ungeheuerlichkeit, weil es die Unschuldsvermutung negiert und einer Vorverurteilung gleichkommt. Erst nach Angela Merkels Vorstoß bei Mr. Bush wurde er wie durch ein Wunder zum unschuldigen und bedauernswerten Opfer amerikanischer Verschleppungs- und Folterwillkür. „Untersucht Guantánamo!“, forderten plötzlich selbst erzkonservative Blätter wie die „FAZ“, wobei vorher dieser „Schandfleck“ (Gregor Gysi am 26. August) für fast die gesamte Presse ein Tabu war.

In einer Erklärung des „Bremer Friedensforums“ vom 26. August wird die Freilassung von Murat freudig begrüßt und die Haltung der früheren rot-grünen Bundesregierung und des Scherf-Senats scharf kritisiert. Das „Friedensforum“ forderte für ihn ein dauerhaftes Bleiberecht und die Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Verfolgung. Weiter heißt es in der Erklärung: „Gleichzeitig verurteilen wir die Praktiken der US-Regierung, Menschen willkürlich zu verhaften und ohne Anklageerhebung illegal in geheimen Lagern gefangen zu halten und foltern zu lassen. Wir fordern für sie ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren oder die sofortige Freilassung sowie die Auflösung der menschenrechtswidrigen Lager einschließlich Guantánamo.“

Bürgermeister Böhrnsen trat übrigens letzte Woche gemeinsam mit dem Bremerhavener Oberbürgermeister Schulz der weltweiten Initiative “Mayors for Peace” (Bürgermeister für den Frieden) bei. Dieser eher symbolische Schritt war längst überfällig, hatten wir doch jahrelang mit Appellen und Briefen vergeblich darum gekämpft. In einem Lied der Friedensbewegung heißt es: „Das weiche Wasser höhlt den Stein“. Es gibt uns neue Hoffnung, und daher können wir feststellen: Konsequente Friedensarbeit lohnt sich eben doch!

 

Friedenserhaltende Kriegsschiffe
und unbedachte Gewaltvorwürfe

18. 09. 2006 – Am 11. September jährte sich der Anschlag auf das World-Trade-Center zum fünften Mal. Für Bush, Merkel und die anderen selbsternannten Hüter und Bewahrer der abendländischen Kultur war dies erwartungsgemäß der willkommene Anlass, den „Kampf gegen den internationalen Terrorismus“ aufs Neue zu beschwören. Gemeint waren natürlich wieder mal die bösen Muslime und nicht man selbst, zum Beispiel, was den Blauhelmeinsatz im Libanon angeht. Deshalb muss Deutschland unbedingt „friedenserhaltende“ Kriegsschiffe in diese Gegend schicken. Oder gegen die Taliban, deshalb muss Berlin unbedingt die Friedenstruppen in Afghanistan verstärken. Bekanntlich stehen unser Frieden und unsere Freiheit immer noch am Hindukusch auf dem Spiel! Und dann sind die solchermaßen Beglückten auch noch zutiefst beleidigt, wenn sich mal eine dänische Zeitung über ihren Glauben lustig macht oder der deutsche Pontifex Benedictus eine unbedachte Äußerung fallen lässt. Unbedacht?

Mit dem Terrorismus ist das so eine Sache, denn dieses Phänomen ist absolut nicht neu. Auch schon im Mittelalter schickten diverse Päpste und weltliche Herrscher „Friedenstruppen“ in den Orient. Spanische Herrscher „von Gottes Gnaden“ suchten, mit dem Segen der vatikanischen Stellvertreter ausgestattet, die Ureinwohner Süd- und Mittelamerikas heim. Kein Angehöriger des gehobenen katholischen Klerus käme heute auf die Idee, diese Völkermörder Terroristen zu nennen. Der bayerische Papst wähnt sich ganz in deren Tradition. Eine offizielle Entschuldigung, eine Bekundung, dass es ihm leidtut, eine Anerkennung der Befreiungstheologie oder gar eine Geste der Versöhnung ist von ihm nicht zu erwarten.

Ihr fragt euch jetzt, was dieses Thema mit der Montagsdemo zu tun hat? So einiges, denn die USA, die EU und natürlich auch Deutschland sind längst wieder mit kirchlichem Segen auf dem Kreuzzug – und das kostet! 25 Milliarden Euro stehen im Rüstungshaushalt, hinzu kommen für Truppenstationierung, Ausrüstung und neue Waffensysteme 80 bis 100 Milliarden. Weil dann irgendwann das Echo kommt, werden für Sicherheitstechnologie und Bundeswehreinsätze im Inneren noch einmal gigantische Summen ausgegeben, ganz abgesehen von der Zerstörung der Demokratie und der Sozialsysteme. Dies haben wir alle auszubaden!

 

Unseren Politikern wünsche ich ein paar heftige ungarische Albträume

25. 09. 2006 – Die Vorständler von Siemens wollen sich ihre Gehälter um 30 Prozent erhöhen und künftig jedes Jahr, statt wie bisher alle drei Jahre, eine neue Gehaltserhöhung bekommen. Bekanntlich sind diese Herrschaften die ersten, die laut zetern und schreien, wenn die Gewerkschaften mal nur drei Prozent fordern! Da ist es grotesk und verlogen, wenn sich SPD-Struck, CDU-Müller und andere künstlich aufregen, sich selbst aber auch ungeniert die Taschen vollstopfen! Bei all diesem Lug und Betrug wünsche ich unseren Politikerinnen und Politikern ein paar heftige ungarische Alpträume!

Zur Situation um Murat Kurnaz ist noch etwas anzumerken: Kürzlich besuchte Bürgermeister Jens Böhrnsen ihn und seine Familie persönlich, um sich nach seinem Befinden zu erkundigen und ihn in Bremen willkommen zu heißen. Das finde ich begrüßenswert! Ob er sich für das schäbige Verhalten von Innensenator Röwekamp entschuldigt hat, der ihn seinerzeit nicht nach Bremen zurückkehren lassen wollte, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor. Bekanntlich hatte Röwekamp ihm zunächst die Aufenthaltserlaubnis entzogen, weil er sie „dumnmerweise“ von Guantánamo aus nicht neu beantragen konnte. Unser allseits bekannter Freund Urdrü weiß zu berichten, dass sich der türkische Staat plötzlich für ihn interessiert und ihn zum Wehrdienst heranziehen will: „Konkret würde dies bedeuten, dass Murat am Ende mit der NATO Seit’ an Seit’ mit den Peinigern von gestern weltweit auf Muslimjagd gehen müsste“ („Tageszeitung“ vom 23. September 2006).

 

Auch deutsche Soldaten foltern

09. 10. 2006 – Was das „Bremer Friedensforum“ schon lange befürchtet und vermutet hat, scheint sich jetzt anhand der Aussagen von Murat Kurnaz zu bewahrheiten: Deutsche Soldaten, vornehmlich Angehörige des KSK (Kommando Spezialkräfte) foltern ebenfalls und wären damit aktiv an den ständigen Misshandlungen in US-Gefangenenlagern beteiligt. Damit würden sie gegen das Grundgesetz sowie gegen die Menschenrechts-Charta der Vereinten Nationen verstoßen und machten sich zu Mittätern der offen das Völkerrecht missachtenden US-Streitkräfte.

An diesem Beispiel wird besonders deutlich, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr alles andere, nur keine Friedensmissionen sind! Wir fordern von der Bundesregierung eine sofortige und schonungslose Aufklärung der Vorgänge und erwarten, dass die betreffenden KSK-Angehörigen, vor allem deren Vorgesetzte, im Falle ihrer Schuldfeststellung strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Wir halten darüber hinaus eine Entschuldigung seitens der Bundesregierung gegenüber Murat Kurnaz sowie die Zahlung einer angemessenen Entschädigung für dringend geboten.

 

Wir werden über das wahre Ausmaß der Armut belogen

16. 10. 2006 – Jetzt ist es also offiziell: Es gibt in der Bundesrepublik laut „Fried­rich-Ebert-Stif­tung“ eine „neue Unter­schicht“. Vier Prozent der Westdeutschen und 20 Prozent der Ostdeutschen leben demzufolge unter dem Exis­tenz­mi­ni­mum. Die wirklichen Zahlen dürften weit höher liegen, wenn das Familienumfeld der Be­trof­fe­nen noch hinzugerechnet wird. Seit Jahrzehnten werden wir über das wahre Ausmaß der Ar­mut belogen. Über die Hauptursache Hartz IV hinaus gibt es eine Bildungs- und Ausbildungskatastrophe wie in kaum einem anderen Land der EU. Seit Jahren hören wir die Lehr­stel­len­lüge, aber wir brauchen unbedingt Elite­uni­ver­si­tä­ten!

Dort werden unter anderem die neuen wissenschaftlich geschulten Ausbeuter herangezüchtet. Dafür ist genug Geld da, um im Ergebnis den Reichtum Weniger zu vergrößern und für weite Teile der Bevölkerung die Armut zu verschärfen, ich erinnere nur an einen gewissen Professor Rürup aus Freiburg. Aber Elite­unis sind nichts Neues, längst gibt es sie bei der Bundeswehr, zum Beispiel in Hamburg und München, wo intensiv Militärforschung betrieben, „psychologische Kriegsführung“ gelehrt und ständig neue, immer perfidere Waffensysteme konzipiert werden. Alles zum Wohle unseres Landes und seiner Menschen, deren wirkliche Lebensinteressen bekanntlich im Libanon, im Kongo oder am Hindukusch verteidigt werden!

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Leserbrief von Doktor Ernst Busche aus Bremen an die „Kreiszeitung“ zitieren: „Jede Atombombe ist eine zu viel. Produktion und Tests dieser grauenvollen Waffe müssen beendet werden, da­rüber sind sich wahrscheinlich alle Menschen einig, und darüber muss verhandelt werden. Nordkoreas und Irans ungeliebte Regimes müssen Sicherheitsgarantien erhalten, und die Bereitschaft zu realer Abrüstung nach dem Atomwaffensperrvertrag muss auch bei den ‚Großen‘ erkennbar sein.

Bisher allerdings sahen die Regierungen der Großmächte nur den Atom-‚Splitter‘ der nordkoreanischen und iranischen und nicht den Atom-‚Balken‘ ihrer eigenen Politik. Schließlich haben die USA über 1.100, die UdSSR beziehungsweise Russland über 700 und China über 40 Atomwaffentests gemacht. Als Frankreichs Präsident vor zehn Jahren im Südpazifik testen ließ, beteiligte sich das ‚Bremer Friedensforum‘ an den Protesten.“

 

Auch für Erwerbslose haben
die Menschenrechte zu gelten

23. 10. 2006 – Derzeit ist viel vom Schutz der Kinder vor gewalttätigen Eltern die Rede. Politiker und Wissenschaftler streiten darüber, ob der Staat stärker regulierend und bevormundend eingreifen soll. Ursula von der Leyen (CDU) will sogar den Schutz der Kinder ins Grundgesetz aufgenommen wissen. Alles schön und gut! Es gäbe dann einen weiteren Verfassungsartikel, der, wie der Menschenrechtsartikel oder das Recht auf freie Berufswahl, mit Hilfe einer dreisten „Zumutbarkeitsregelung“ nach Belieben missachtet und außer Kraft gesetzt werden kann.

Kindesmisshandlungen kommen bei begüterten Familien nur zu vier Prozent vor, bei armen und aus der Gesellschaft ausgegrenzten Familien jedoch zu über 20 Prozent! Wie sollen sich Jugendämter um gequälte Kinder kümmern, wenn ihnen die finanzielle Basis entzogen wird? Wie sollen Eltern, die wegen angeblicher Arbeitsunwilligkeit mit Geldentzug bestraft werden, ihre Kinder liebevoll erziehen und ihnen eine gute Schulbildung ermöglichen?

Die Regierungsparteien reden vom Schutz der Kinder und treiben sie gleichzeitig in immer größere Not. Sie sorgen dafür, dass immer mehr Familien durch den Entzug des Arbeitslosengeldes II stigmatisiert und aus der Gesellschaft ausgestoßen werden. Konzernchefs und Manager kassieren für ständig neue Massenentlassungen millionenschwere Gehälter, während die entrechteten Opfer zu bedingungslosem Gehorsam gegenüber den Arbeitsagenturen gezwungen werden.

Die sozialen und bildungspolitischen Rahmenbedingungen für eine menschlichere Gesellschaft stimmen vorne und hinten nicht, solange Verantwortungslosigkeit, Ignoranz und maßlose Geldgier die Politik bestimmen. Hier ist Solidarität mit den in die Verelendung getriebenen Familien angesagt! Auch für Erwerbslose haben bedingungslos die Menschenrechte zu gelten, und dafür gilt es jeden Tag zu kämpfen!

 

Bremer Waffen, Bremer Geld
morden mit in aller Welt

13. 11. 2006 – Mit Pauken, Hörnern und Trompeten aus Händels „Wassermusik“ empfingen Bürgermeister Böhrnsen und die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen die Chefs der Lürssen-Werft im Rathaus. Anlas war die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Erster Klasse im Auftrag Köhlers an Peter und Friedrich Lürßen. Die Zeremonie passt in eine Zeit, da Deutschland wieder zu einer europäischen Groß- und Kriegsmacht aufgestiegen ist. Die beiden Herren leiten schließlich eines der bedeutendsten Rüstungsunternehmen der Republik, was natürlich beim Empfang schamhaft verschwiegen wurde.

Nicht verschwiegen wurde ihr Engagement „fürs Gemeinwohl“, so Böhrnsen, als da sind: die Handelskammer, der Schiffbauverband, besagte Kammerphilharmonie und die erst jüngst vom Kaffeemagnaten Jacobs kalt übernommene „International University of Bremen“. Eine solche Preisverleihung an Repräsentanten der Kriegsgüterindustrie durch einen frischgebackenen „Mayor for Peace“ wäre vor zwanzig Jahren zumindest in Bremen noch völlig undenkbar gewesen.

Vor vier Jahren, während des anglo-amerikanischen Überfalls auf den Irak, eskortierten laut einem Zeitungsbericht Fregatten der Bundesmarine, wahrscheinlich auch von Lürssen, US-Kriegsschiffe beim Raketenbeschuss irakischer Städte. Tausende Unschuldiger fielen diesem Staatsterrorismus zum Opfer. Die Lürßens spielen heute die kunstsinnigen Mäzene, während ihre Schiffe woanders mörderische Schützenhilfe leisten. Wahrhaft eine „schöne“ Tradition!

Die Werft baut Schnellboote, Korvetten, Fregatten sowie Minensuchboote vom Feinsten nicht nur für die deutschen Seestreitkräfte: In den letzten vier Jahrzehnten hat Lürssen über 264 Kriegsschiffe ins Ausland geliefert, darunter auch nach Israel, an die arabischen Golfstaaten Kuwait und Bahrain sowie nach Nigeria, Thailand und Singapur. Die Türkei bezog erst jüngst sechs Minenjagdboote im Wert von 500 Millionen Euro. Siebzig Prozent ihrer schwimmenden Tötungsmaschinen gehen ohnehin in den Export und, wie an der kurzen Aufzählung sichtbar, an Freund und Feind gleichermaßen. Profitgier kennt eben keine Schamgrenzen, auch wenn sie sich hinter scheinbar menschenfreundlichem Mäzenatentum versteckt.

Die Werft besteht seit 130 Jahren und gilt als die „Wiege der deutschen Schnellboote“. Schon für die kaiserliche Marine baute Lürssen Kriegsschiffe, und für Hitlers faschistische Wehrmacht wurden zwischen 1939 und 1945 weit über 200 Schnellboote gebaut. Zurzeit fertigt Lürssen für die Bundesmarine drei Fregatten des Typs F124, wovon jede einzelne einschließlich Bordhubschrauber und elektronisch gesteuerter Torpedos 650 Millionen Euro kostet. Als kürzlich mit viel Prominenz und Tamtam eine nagelneue Korvette auf den Namen „Magdeburg“ getauft wurde, protestierte unter anderem das „Bremer Friedensforum“ mit einer Mahnwache. Was Lürssen zurzeit vom Stapel lässt, ist also wahrlich kein Segen für die Menschheit. An diesem Beispiel zeigt sich exemplarisch: Bremer Waffen, Bremer Geld morden mit in aller Welt!

 

Hartz-Doppelmoral
und die Konsequenzen

27. 11. 2006 – Aus den Großkonzernen der Republik sind wir mittlerweile einiges gewohnt. Manager und Aufsichtsrate lassen Tausende abhängig Beschäftigter hinauswerfen und erhöhen sich für diese „Leistung“ ungeniert die Millionärsgehälter. Das Treiben ist seit Jahrzehnten bekannt. Ein gewisser Dr. Peter Hartz, bis vor kurzem Personaldirektor bei VW und Namensgeber für die Entrechtungsgesetze, fügte diesen Methoden noch die Bestechungsvariante hinzu.

Fast zwei Millionen Euro bekam der Betriebsratsvorsitzende Volkert neben seinem Gehalt als „Sonderbonus“ zugeschanzt, und seine Freundin erhielt noch einmal 400.000 Euro, ohne dass über diese Summen Rechenschaft abgelegt würde. Andere Betriebsratsmitglieder wurden ebenso beglückt. Wie die „Tageszeitung“ am 22. November 2006 schrieb, sah Hartz auch nicht so genau hin, wenn seine Betriebsräte zusätzlich noch eine gut bezahlte Sause in Brasilien machten. Umso knauseriger war er bei den finanziellen Verhältnissen von Erwerbslosen und abhängig Beschäftigten, und nicht zuletzt wegen solch haarsträubender Ungleichbehandlung stehen wir jeden Montag hier!

Hartz wurde jetzt der „Untreue“ in 44 Fällen bezichtigt, und Volkert geriet wegen Bestechlichkeit in die Mühlen der Braunschweiger Staatsanwaltschaft. Der Betriebsratsvorsitzende kam prompt wegen „Verdunklungsgefahr“ in den Knast, während sein Gönner immer noch frei herumläuft. Wohlgemerkt, ich habe keinerlei Verständnis dafür, wenn sich Betriebsräte von Leuten wie Peter Hartz mit Geld schmieren lassen, das den Beschäftigten vorher geraubt wurde. Wo blieb eigentlich die Reaktion der IG Metall? Warum gab es keine klare Stellungnahme des DGB und keine innerbetrieblichen Neuwahlen?

Am 18. September 2004 – damals ging es erstmals um die Forderung nach Offenlegung von Vorstandsgehältern – schrieb ich in einem offenen Brief an den damaligen VW-Vorstand unter anderem: „Sehr geehrter Herr Dr. Hartz, Hände weg von den bestehenden Tarifen und den sozialen Errungenschaften! Keine Entlassungen! Schließlich sind es überwiegend die Arbeitnehmer(innen), die mit ihrer Hände und Köpfe Arbeit das Unternehmen zu dem gemacht haben, was es heute ist!“

Natürlich bekam ich vom Vorstand keine Antwort. Inzwischen wird bekannt, dass VW in seinem Brüsseler Werk „aus Kostengründen“ – und weil der Golf nur noch in Deutschland produziert werden soll – etwa 4.000 Menschen rausschmeißen will. Aufgrund der kapitalismusbedingten Überproduktion wird der Konzern in der Bundesrepublik nach Medienberichten 20.000 Stellen vernichten. Weitere 8.000 Arbeitsplätze werden zwangsläufig bei den Zulieferfirmen wegfallen, und so manchem kleinen Betrieb wird dies das Genick brechen. Dabei gäbe es reichlich Alternativen!

Andere Großkonzerne wie Telekom, Siemens und Allianz sind in Sachen Korruption und Existenzvernichtung nicht weniger zimperlich. Dieses hohe Maß an krimineller Energie wird leider von der Gesellschaft zu oft toleriert. Massenentlassungen und Beihilfe hierzu sind aber Kapitalverbrechen, und so sollten sie auch behandelt werden. Ginge es nach den Geboten der Gerechtigkeit und nach Geist und Buchstaben des Grundgesetzes, dann könnten Herren wie Esser, Ackermann und Hartz sich nicht freikaufen. Sie saßen vermutlich hinter Schloss und Riegel, denn dort gehören sie hin!

 

Hilfebedürftig trotz Arbeit

04. 12. 2006 – „Arbeit schützt nur bedingt vor Armut, sie garantiert nur noch eingeschränkt die soziale Absicherung im Krankheitsfall, sie sichert erst recht nicht mehr – zumindest für die jungen Menschen – ein gutes Leben im Alter. Arbeit ist nicht mehr unbedingt existenz- und zukunftssichernd... Aus Sicht der Arbeitnehmerkammer ist es ein Skandal, wenn Arbeit nur noch als Kostenfaktor gesehen und ausschließlich nach Rentabilitätskriterien kalkuliert wird, und nicht mehr der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin und der für sie notwendige Lebensunterhalt das Maß für den Lohn abgibt.“ So heißt es im Vorwort des neuen Armutsberichts 2006 „Hilfebedürftig trotz Arbeit“. Die Feststellungen sind zwar keineswegs neu, es ist aber gut und richtig, dass die Autor(inn)en Carola Bury, Susanne Gieffers, Volker Pusch und Paul M. Schröder sie bereits am Anfang ihres umfangreichen Werkes treffen. Susanne Gieffers lässt auf den letzten Seiten des Berichts auch einige Betroffene zu Wort kommen.

Mit diesem System der Kompensation von Niedriglohn durch Hartz IV werde schon lange eine Form des Modells „Kombilohn“ praktiziert, schreibt die Kammer weiter: „Klammheimlich wird so der Kombilohn zur allgemein akzeptierten Praxis. Um dieser Falle zu entgehen, braucht es den gesetzlich garantierten und durch Tarifverträge abgesicherten Mindestlohn.“ Ein konkreter Betrag wird allerdings nicht genannt, sondern lediglich festgestellt, dass dieser die in unserer Region üblichen Lebenshaltungskosten abdecken müsse. Im Begleittext auf der Rückseite heißt es: „Die Arbeitnehmerkammer will mit der Berichterstattung das Armutsthema auf die politische Tagesordnung setzen und mit ihrem aktuellen Schwerpunkt ‚Hilfebedürftig trotz Arbeit‘ die Diskussion um zunehmende Präkarisierung von Arbeitsverhältnissen anstoßen.“

Die „Tageszeitung“ schreibt am 25. November 2006 zur neuesten Studie der Arbeitnehmerkammer: „21.049 Kinder (in Bremen) leben mit Hartz IV. 345 Euro: Was dieser Regelsatz konkret bedeutet, für Kinder sind es nur 60 Prozent davon, hat die Kammer in ihrem 100 Seiten starken Armutsbericht detailliert ausgebreitet. Wenn für einen Erwachsenen ein Bleistift gerechnet wird, bedeutet das für ein Kind 60 Prozent eines Bleistiftes... Für die Schulsachen eines Kindes sind im Monat 1.76 Euro anerkannt, für Spielsachen 86 Cent, für Freizeit 22 Euro und 70 Cent. Das heißt: Mitgliedsbeiträge für einen Sportverein gehören nicht zum Bedarf, und mit einem Spitzer und einem Buntstift ist das Monatsbudget eines Kindes für ‚Schule‘ erschöpft... Laut Bundesagentur für Arbeit gab es im September 2006 über 900.000 Fälle von hilfebedürftigen Erwerbstätigen, 12.100 ergänzend Hartz-IV-Berechtigte allein im Lande Bremen. Wobei zwei Drittel derer, die Ansprüche hätten, diese nicht anmeldeten.“

Der Armutsbericht ist eine gut mit Zahlen und Fakten untermauerte Studie. Eine wissenschaftliche Arbeit, die zwar stellenweise ziemlich „trocken“ ist, sich aber auf jeden Fall zu lesen lohnt! Es ist sehr zu hoffen, dass nicht nur „Insider“ und interessierte Laien von diesem Armutsbericht Gebrauch machen. Noch wichtiger wäre es, wenn die Studie eine Handreichung für positive politische Entscheidungen darstellen könnte.

 

Die Grundrechte werden
täglich mit Füßen getreten

18. 12. 2006 – Der 10. Dezember 2006 war der „Internationale Tag der Menschenrechte“. Anlass genug, hierzu einige grundsätzliche Bemerkungen zu machen! Im Jahr 1948 wurde in Genf die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen von zahlreichen Staaten unterzeichnet. Die damalige Bundesrepublik hatte die Charta ebenfalls unterzeichnet und ihr Grundgesetz daran ausgerichtet.

Heutige Bundesregierungen zeigen gern mit sämtlichen Fingern auf andere, wenn es um die Einhaltung der Menschenrechte geht, zum Beispiel auf China oder Russland. Dabei tun sie so, als wäre in unserem Land alles in schönster Ordnung. Es steht aber erwiesenermaßen schlecht um die Grundrechte bei Erwerbslosen, Behinderten, Flüchtlingen und Obdachlosen. Der Blick in die Hartz-Gesetze und eine oft schikanöse Behandlung der Betroffenen durch die Behörden bestätigen dies.

Bekanntlich hat während der Kanzlerschaft Gerhard Schröders die damalige CDU/CSU-Opposition mit den sogenannten Arbeitsmarktreformen jede Menge Zwangsgesetze gegen die betroffenen Menschen durchgewinkt. Auch wenn es schon oft gesagt wurde, sage ich es hier noch einmal: Diese Gesetze sind menschenverachtend! Den Schönrednern in der Bundesregierung sei gesagt: Sie praktizieren hier offensichtlich zweierlei Maß. Hören Sie endlich auf mit dieser Heuchelei!

Alle haben ihren Amtseid auf das Grundgesetz geleistet. Zugleich haben sie getreu der Eidesformel, da sie ja gute Christen sind und dies auch gern nach außen zeigen, den lieben Gott um Hilfe gebeten. Doch dann kam Schwefelgeruch auf, und bei der neuerlichen Verschärfung muss sie wohl der Leibhaftige geritten haben. Im Grundgesetzartikel 1 Absatz 1 heißt es wörtlich: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Das scheint ihnen völlig gleichgültig zu sein, denn die Hartz-Gesetze verstoßen massiv gegen mindestens fünf weitere Punkte. Hier einige Beispiele:

Im Artikel 2 (Handlungsfreiheit, Freiheit der Person) Absatz 1 heißt es: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt.“ Artikel 3 (Gleichheit vor dem Gesetz) Absatz 1 lautet: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Absatz 2: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“

Im Artikel 12 (Berufsfreiheit, Verbot der Zwangsarbeit) Absatz 1 steht geschrieben: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen.“ Absatz 2: „Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.“

Artikel 13 Absatz 1 besagt: „Die Wohnung ist unverletzlich.“ Absatz 2: „Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.“

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Menschenrechtsverstöße werden angeprangert, wenn sie woanders stattfinden, während hier die simpelsten Grundrechte täglich mit Füßen getreten werden. Die Menschenrechte sind jedoch unteilbar, und sie haben universell zu gelten. Dafür gilt es jeden Tag zu kämpfen!

 

Neuer Bonus für Arbeitgeber

15. 01. 2007 – Es ist schon einigermaßen verwunderlich: Die SPD hat wieder ihre „soziale Ader“ entdeckt. Hier in Bremen meinte sie uns auftischen zu können, dass sie zu ihren „Wurzeln“ zurückkehren wolle. Doch schon in der Vergangenheit waren diese Wurzeln bekanntlich schnell verschüttet. Von der Bewilligung der „Kriegs­kredite“ für die gigantische Hochrüstung vor Beginn des Ersten Weltkrieges, was ein ebenso gigantisches Verarmungsprogramm für die Bevölkerung nach sich zog, will ich hier gar nicht reden. Die Parallelen zu heute sind nicht zu übersehen.

Wie schauen diese Wurzeln aus? Herr Beck, der jetzt nur noch bartlos-saubere Arbeitslose sehen will und selbst den Griff zum Rasierapparat scheut wie der Teufel das Weihwasser, verkündet kühn die Schaffung eines „sozialen Arbeitsmarktes“. Für Menschen „oben ohne“ und in korrekter Kleidung, versteht sich. Es soll eine Variante öffentlich geförderter Beschäftigung sein. Auch ältere und „weniger qualifizierte“ Erwerbsfähige ohne Chancen auf dem „regulären Arbeitsmarkt“ erhielten dadurch eine „Perspektive“, sagt die SPD.

Außerdem sollen die „Einkommensteuer-Gutschriften“ und die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen die Annahme von miesen Jobs erträglich machen. Diesen „Bonus für Arbeit“ kritisiert die Linkspartei als Subventionierung niedriger Löhne und neues Geschenk an die Arbeitgeber. Die Linkspartei dürfte gegenüber der SPD ruhig etwas forscher auftreten! Zum Beispiel eine Sozialpolitik fordern und selbst praktizieren, die diesen Namen auch verdient. Dazu gehören Forderungen wie „Weg mit den Hartz-Gesetzen, weg mit der Gesundheitsreform!“

Auch alles andere, was die SPD als neue soziale Wohltaten ankündigte, wie die beitragsfreie Kita-Zeit, ist nicht unbedingt als revolutionär zu bezeichnen. Letzteres wollte ja sogar schon die CDU. Auf die anderen Punkte im SPD-Papier will ich hier nicht näher eingehen. Auch die Union ging in der vergangenen Woche in Klausur und gebar ein äußerst bedeutungsvolles Papier. Heraus kam fast eine Inflation von „Bremer Erklärungen“. Doch was steckt dahinter? Alles nur Schaum und wieder mal eine dicke Geldverschwendung. Außer Spesen nichts gewesen! –

Hier noch eine Einladung des „Bremer Friedensforums“: Im Zusammenhang mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll am 30. und 31. März 2007 ein informelles Treffen der EU-Außenminister im Bremer Parkhotel stattfinden. Bei dieser Gelegenheit dürfte auch die „Wiederbelebung“ der in einigen europäischen Ländern abgelehnten Verfassung eine Rolle spielen. Am Abend ist eine Veranstaltung im Rathaus geplant. Es gibt erste Überlegungen, die europäische Rüstungs- und Militärzusammenarbeit und die Erhöhung der Militärhaushalte der EU-Mitgliedsstaaten aktionsmäßig zu thematisieren. Aus diesem Anlass findet am 1. Februar 2007 um 20 Uhr ein Vorbereitungstreffen in der „Villa Ichon“, Goetheplatz 4, statt.

 

Ein Orkan an
Verantwortungslosigkeit

22. 01. 2007 – Das Wetter ist ja immer ein Thema, zuweilen auch bei uns auf der Montagsdemo. So wie heute, wo wir merken, dass es langsam doch winterlich wird! Bisher hatten wir Glück, und das machte sich unter anderem positiv bei den Heizkosten bemerkbar. Doch bei richtigem Winterwetter werden wir alle die unverschämte Preistreiberei der Energiekonzerne noch deutlicher zu spüren bekommen. Besonders schlimm sind die Familien dran, die von ALG II leben müssen und keinerlei staatliche Zuschüsse zu den Heizkosten bekommen: Sie haben nur die Wahl, sich irgendwo zusätzlich Geld zu „besorgen“ oder zu frieren. Doch auch der Frühling mitten im Winter ist ein Grund zu großer Sorge, weisen solche Wettererscheinungen doch auf einen tiefgreifenden, von Menschen verursachten Klimawandel hin, der jetzt von niemandem mehr verharmlost oder gar geleugnet werden kann. Die Hauptschuld trägt das internationale Großkapital mit einem wahren Orkan an Verantwortungslosigkeit gegenüber Mensch und Natur, wozu auch die deutschen Energiekonzerne mit etlichen Sturmböen beigetragen haben!

Viele Klimaforscher sind sich darin einig, dass die sich häufenden Wetterphänomene nicht nur die Vorboten einer Klimaänderung sind: Das ist bereits der Klimawandel! Wenn nicht schnellstens gravierende Schritte unternommen werden, wie zum Beispiel eine drastische und weltweite Reduktion des Kohlendioxidausstoßes, dann wird der „Klimawandel“ in wenigen Jahrzehnten in eine Katastrophe mit unübersehbaren Folgen münden. Ein vorhersehbarer Anstieg des Meeres­spiegels durch das Abschmelzen des Polareises könnte ganz Norddeutschland bis zu den Mittelgebirgen komplett unter Wasser setzen. Beklemmende Szenarien aus einschlägigen Hollywoodfilmen würden dann real. Klimaänderungen, die in früheren Perioden der Erdgeschichte einige Jahrtausende gedauert haben, vollziehen sich seit Beginn der sogenannten „industriellen Revolution“ auf höchst beunruhigende Weise innerhalb weniger Jahrzehnte! Stoppen lässt sich der rapide fortschreitende Klimawandel jedenfalls nicht mehr, bestenfalls verlangsamen, vielleicht sogar abschwächen.

Das setzt jedoch voraus, dass auch der Raubbau an der Natur wie das Abholzen der Wälder, die Versiegelung der Böden und die Industrialisierung der Landwirtschaft so bald wie möglich beendet werden. Es kann und darf nicht sein, dass Regierungen und Konzerne wieder verstärkt auf Atomkraft statt alternative Energiegewinnung setzen! Ein konsequenter und flächendeckender Ausbau von Schienennetz und öffentlichem Verkehr ist dringender denn je geboten, doch es geschieht genau das Gegenteil. Es kann und darf nicht sein, dass multinationale Großkonzerne aus maßloser Profitgier unentwegt auf die Produktion von riesigen Mengen chemischer Düngemittel, immer mehr Autos, Lkw und noch größeren Flugzeugen setzen. Nachkommende Generationen werden uns eines Tages verfluchen, wenn wir nicht endlich damit aufhören, diesen Planeten in eine lebensfeindliche Wüste zu verwandeln!

 

Die Streikenden absichern
durch Grundeinkommen!

29. 01. 2007 – Es gibt seit einiger Zeit innerhalb der Montagsdemo eine kontroverse Diskussion zum Thema Arbeitspflicht (Stichwort „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen“). Das frei zitierte Paulus-Wort charakterisiert eine preußisch-obrigkeitsstaatliche Untugend, die, im Faschismus extrem pervertiert, noch heute ideologieübergreifend allgegenwärtig ist. Ich gehöre zu denjenigen, die den Arbeitszwang ablehnen, weil er der Ausbeutung in jeglicher Form Tür und Tor öffnet!

Die Idee von einem bedingungslosen Grundein­kommen für alle verfolgt dagegen einen völlig anderen Ansatz und konterkariert damit die bis heute gültige obrigkeitsstaatliche Geisteshaltung. Die Selbstverwirklichung des Menschen ohne den Zwang zur Lohnarbeit würde endlich in greifbare Nähe rücken: Sie wäre eine Befreiung, die erst durch das Existenzgeld möglich würde. Denn wenn der Stress, möglichst viel fremdbestimmt arbeiten zu müssen, abgebaut ist, kann mensch sich wieder positiv für die Arbeit entscheiden. Sie oder er würde Arbeit dann als absolut sinnvoll empfinden, weil sie den Neigungen und Fähigkeiten der Menschen entspricht und ihnen die Möglichkeit bietet, ihre Kreativität voll zu entfalten.

Das Existenzgeld schafft hierfür den Rahmen und die materiellen Voraussetzungen. Die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn, der keinesfalls unter acht Euro netto liegen darf, bleibt davon freilich unberührt. Bei künftigen Arbeitskämpfen drohen nicht mehr Verelendung der Betroffenen und die Pleite der Gewerkschaftskassen, weil die Streikenden durch das bedingungslose Grundeinkommen abgesichert wären und eine Einschüchterung durch Aussperrung oder Entlassung nicht mehr greifen würde.

Das bedingungslose Existenzgeld ist ein Mittel, die Diskriminierung, Disziplinierung und Spaltung unserer Gesellschaft aufzuheben. Es beinhaltet gleichzeitig das Recht auf Erwerbsarbeit, nicht die Pflicht hierzu, und dies bei gesetzlich garantiertem Mindestlohn. Das möchte ich hier ausdrücklich betonen! Es ist ein Instrument der gerechten Verteilung des Reichtums und der Abschaffung der Armut. Es ermöglicht für alle Menschen ein hohes Maß an Solidarität!

So würde es künftig keine Arbeitslosenhilfe, kein ALG II, kein Sozialgeld und keine „Leistung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz“ mehr zu geben brauchen. Auch Transferleistungen wie Kindergeld, Erziehungsgeld, Bafög und Ausbildungsbeihilfen könnten entfallen, weil sie im Existenzgeld für Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche enthalten wären. Die Hartz-Gesetze (ich nenne sie ja viel lieber Hatz- oder Hass-Gesetze!) könnten mitsamt der menschenverachtenden Unwörter im Mülleimer der Geschichte verschwinden!

Es gibt inzwischen viele unterschiedliche Existenzgeldmodelle. Ich möchte hier nur das der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfe- und Erwerbslosen­initiativen“ (BAG-SHI) herausgreifen, weil ich es für eines der fortschrittlichsten halte. Das Konzept nennt sich „Existenzgeld für alle“: Jeder Mensch hätte ein Anrecht darauf und sollte es in Höhe von 800 Euro plus angemessener Warmmiete bekommen. Die Berechnung stammt aus dem Jahre 2002 und würde heute entsprechend aktualisiert.

Das Grundeinkommen würde unabhängig von Nationalität, Geschlecht, Alter und Familienstand gewährt und ohne Unterhaltspflicht, ohne Be­dürf­tig­keits­prü­fung und ohne Arbeitszwang ausgezahlt. Es setzt sich aus vier Bedarfssäulen zusammen: a) täglicher Bedarf inklusive Energie wie Strom und Gas: 310 Euro, b) Gesundheit und Krankenversicherung: 130 Euro, c) soziale Teilhabe, Urlaub und Mobilität: 230 Euro, d) Kleidung und Instandhaltung, Anschaffungen wie Möbel: 130 Euro. Wie gesagt, diese Zahlen entsprechen nicht mehr den heutigen Lebenshaltungskosten und würden entsprechend erhöht werden müssen.

Wie würde es bezahlt? Es wäre bundesfinanziert durch: a) den bisherigen Teil des Steueraufkommens für soziale Transferleistungen, b) die bisherigen Sozialversicherungsbeiträge, c) eine zukünftige zweckgebundene Existenzgeldabgabe von 50 Prozent (“take-half”) auf Nettoeinkommen jeglicher Höhe. Einzelne Steuerarten sind einzuführen beziehungsweise neu festzusetzen, zum Beispiel Vermögensteuer, Spekulationsgewinnsteuer, Kapitalexportsteuer oder Erbschaftsteuer.

Das bedingungslose Existenzgeld würde zwar nicht den Kapitalismus abschaffen, wäre aber eine echte Alternative zur Politik der gnadenlosen Umverteilung von unten nach oben. Am Schluss ihres Existenzgeldkonzeptes stellt die BAG-SHI fest, dass die Beseitigung von Armut und jeder Schritt in diese Richtung hochaktuell ist und damit auch ein Schritt in Richtung einer demokratischen und sozialen Gesellschaft wäre.

 

Bremer Armutszeugnis
für die CDU/SPD-Koalition

19. 02. 2007 – Alle Jahre wieder gibt es den Unicef-Bericht zur Kin­der­freund­lich­keit, und alle Jahre wieder schneidet die Bundesrepublik im Vergleich zu anderen „Industriestaaten“ nicht gut ab. So auch dieses Mal, wo der „Exportweltmeister“ unter 21 Ländern auf Patz 11 gelandet ist. In den vorderen Rängen stehen die Niederlande, gefolgt von Schweden, Dänemark und Finnland. Das deckt sich auch weitgehend mit den diversen Pisa-Studien. Besonders schlecht schnitten unter anderem Großbritannien und die USA ab.

Bewertet wurden die Faktoren materielle Situation, Gesundheit, Bildung, Beziehung zu Eltern und Gleichaltrigen, Lebensweise und Risiken sowie die Selbsteinschätzung von Kindern. Andere Nationen als Deutschland böten verlässlichere Lebensumwelten für Kinder auch außerhalb der Familie, erläuterte Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Sie kümmerten sich zudem gezielt um Kinder aus sozial schwachen und Migrantenfamilien.

Die hierzulande Herrschenden lassen Millionen Familien in Arbeitslosigkeit und prekäre Lebensverhältnisse fallen, streichen Gelder für Kinder- und Jugendhilfe, Sozialarbeit und Familienfürsorge zusammen und wollen eigentlich nur die Geburtenrate von Gutverdienern steigern. Da muss es nicht verwundern, wenn das Gros der Menschen abrutscht. Soziale Armut kann auch zu einer inneren Verarmung führen! „Schwarz-Rosa“ wollte laut Koalitionsvertrag Kinderarmut reduzieren, hierfür den Kinderzuschlag per 2006 erhöhen und an mehr Menschen zahlen. Alles Heuchelei! Nicht einmal dieses Versprechen hat die Regierung eingelöst.

Die fortgesetzten Massenentlassungen der Konzerne und die ständig steigende Zahl von Hartz-IV-Betroffenen spalten die Gesellschaft weiter und verschärfen das Problem zusätzlich. Sie machen dieses Land für immer mehr Kinder zu einem wahren Jammertal. Was wird die Folge sein? Kriminalität, Bandenbildung und Verwahrlosung – wie jetzt schon in den USA und Großbritannien – werden in wenigen Jahren auch hier das Bild der Großstädte bestimmen. Wer in der Welt Kriege anzettelt und führt, der trägt ihn auch nach innen. Schäuble und Konsorten haben da ja schon einiges angedroht. Ich halte dies für eine verabscheuenswürdige und zutiefst verbrecherische Politik, für die Kinder und Enkel bezahlen müssen, und dagegen werde ich immer wieder meine Stimme erheben!

Besonders düster sieht es im innerdeutschen Ländervergleich aus: Unsere schöne Hansestadt rangiert hier an letzter Stelle, vor allem was den Bildungsbereich anbelangt. Kinder seien in Bremen besonders armutsgefährdet, schlecht in den schulischen Leistungen und gesundheitlich auffallend mangelhaft versorgt, schreibt die „Tageszeitung“ am 15. Februar 2007. Ein wichtiger Indikator für den Gesundheitszustand der Mütter und die vorgeburtliche Entwicklung des Kindes ist ein zu geringes Geburtsgewicht. Hamburg steht noch relativ gut da, aber Bremen ist auch hier Schlusslicht.

Die Säuglingssterblichkeit ist alarmierend: Auf 1.000 Geburten kommen hier sechs Todesfälle – Sachsen hat im Vergleich 3,2 gestorbene Kinder. Bei den Todesfällen von Kindern bis 20 Jahre, beispielsweise durch Unfälle oder andere Ursachen, gehört Bremen wiederum zur „Schlussgruppe“, wie die Autoren der Studie schreiben. Das ist ein absolut beklagenswertes Armutszeugnis für die CDU/SPD-Koalition, die hier schon fast seit einem halben Menschenalter regiert und dabei besonders das Bremer Bildungssystem in Grund und Boden geritten hat. Die angedrohten Zwangsumzüge von Hartz-IV-Betroffenen und das Herausreißen der Kinder aus ihren sozialen Bezügen führen letztlich zu noch mehr Elend. Das haben wir hier auf der Montagsdemo schon häufig angeprangert, und ich denke, das werden wir auch weiterhin tun!

 

Ich nenne ihn mal „Atom-Glos“

26. 02. 2007 – Ein lieber bayerischer Freund hat eine geniale Idee: Angela Merkels Wirtschaftsminister von der CSU will die Klimakrise ausgerechnet mit noch mehr Kernenergie lösen! Ob diese Idee nun wirklich genial oder einfach nur schizophren ist, ficht ihn nicht an. Dazu am Schluss eine kurze Bemerkung: Michael Glos hat noch eine weitere Idee. Der gestrige „Ku­rier am Sonntag“ wusste zu berichten, dass Glos laut „Spiegel“ für Hartz-IV-Bezieher die Arbeitspflicht einführen wolle.

Als ob es die nicht längst gäbe, schwadroniert der Mann mit den markant-bayerischen Gesichtszügen munter drauflos, es müsse das Ziel für jeden sein, sein Einkommen mit einem regulären Job „am Markt“ zu verdienen. Er erhoffe sich davon, dass niedrig bezahlte Tätigkeiten wieder „attraktiver“ würden. Bislang gebe der Staat jedem ein „Garantieeinkommen“ (?), für das er nichts zu tun brauche. Wo lebt dieser Mann eigentlich?

Herr Glos, wenn Sie selbst mal in den Käse hineinriechen und -beißen müssten, den Lustreisen-Hartz, Hassprediger Clement und Ex-Autokanzler Schröder produziert haben, dann würden Sie merken, dass der Schrecken schon mit dem Beantragungsformular für die lumpigen 345 Euro losgeht. Und Ihre schöne Hütte in den Bayerischen Alpen oder am Starnberger See müssten Sie auch verbraten – sonst gibt’s kein Geld. Und wenn dann Ihre popelige Münchener Mietwohnung zu teuer ist, dann müssten Sie „die Miete senken“ oder ausziehen.

Weiter geht es mit dem stressigen Zwang, jeden Monat eine Menge nutzloser Bewerbungen schreiben zu müssen. Und mit Sanktionen würden Sie bestraft, wenn Sie den miesen Job nicht annehmen, den Ihnen eventuell die Arge „anbietet“. Also, Arbeit und Mühe hätten Sie schon ohne Arbeit genug! Ich bin mal gespannt, wie Ihnen eine „zusätzliche“ Tätigkeit zum Hungerlohn schmecken würde, den Sie jetzt unter anderem mit den Kombilöhnen anpreisen.

Sie würden eventuell in einem Münchener Park oder auf einem Friedhof Laub fegen müssen, weil so etwas „im öffentlichen Interesse“ ist. Sie wissen doch, dass es den von Ihnen gepriesenen „Arbeitsmarkt“ in Wahrheit gar nicht gibt. Den Promi-Arzt im Münchener Nobelviertel könnten Sie auch nicht mehr aufsuchen, wenn Ihnen vom ganzen Elend schlecht geworden ist. Die AOK, in die Sie wahrscheinlich wechseln müssten, bezahlt den superteuren Arztbesuch natürlich nicht!

Es käme also eine Menge Ungemach auf Sie zu, und ich kann mir auch vorstellen, warum Sie gerade jetzt den Arbeitszwang erneut verkündet haben. Interessant ist nämlich, dass einige Konzernchefs in letzter Zeit verstärkt am sogenannten „Reform“-Tempo der Bundesregierung herummäkeln, was ebenfalls im „Kurier am Sonntag“ vom 25. Februar 2007 nachzulesen ist. Ihre groteske Idee, dem drohenden Klimakoller mit einem weiteren Klimakiller zu begegnen, kommt ja auch nicht von ungefähr! Damit ist völlig klar, woher der Wind auch diesmal weht.

 

Kriegsdienstverweigerer freilassen!

12. 03. 2007 – Zuweilen geschieht auch noch Erfreuliches in unserer Stadt. Dazu gehört die Friedenspreisverleihung der Villa Ichon am 10. März 2007 an den Wehrmachtsdeserteur und Friedenskämpfer Ludwig Bau­mann. Er hat den Preis mehr als verdient! 1942 in Frankreich entkam er nur knapp der Hinrichtung, seine Todesstrafe wurde in eine Zuchthausstrafe umgewandelt. Er kam über das KZ Emsland und über Thorgau in ein Strafbataillon in Weißrussland, wo er schwer verwundet wurde. 30.000 Todesurteile hatten die Wehrmachtsrichter gegen Deserteure gefällt, 20.000 wurden vollstreckt, nur 4.000 Fahnenflüchtige überlebten den Krieg. In der Bundesrepublik mussten sie sich jahrelang als „Feiglinge“, „Vaterlandsverräter“ und „Drecksäcke“ beschimpfen lassen.

Ludwig Baumann kämpfte einen mühseligen und schweren Kampf für ihre Rehabilitation. Sie galten wie er selbst jahrzehntelang weiter als „vorbestraft“, und Ludwig Baumann hielt dieser Stigmatisierung stets entgegen: „Millionen Zivilisten, KZ-Insassen und Soldaten hätten nicht mehr zu sterben brauchen, wenn die Soldaten massenweise aus dem Vernichtungskrieg desertiert wären!“ 2002 wurden die Urteile gegen die Deserteure endlich aufgehoben, nicht aber der Straftatbestand „Kriegsverrat“. Baumann erklärte auf der Festveranstaltung, dass man nichts Besseres tun könne, als „auch in Zukunft den Krieg – und zwar jeden Krieg – zu verraten“!

Das „Bremer Friedensforum“ und die Initiative „Bremische Freiheit für Deserteure“ kämpfen schon seit Jahren mit zahlreichen Briefen und Appellen an den Bremer Senat, nach dem Vorbild von Münster, Osnabrück und Freiburg geflohene Deserteure aus den Kriegen dieser Welt aufzunehmen, um sie zu schützen – bisher vergebens. Vor kurzem wurden auch mehrere Fälle von Desertion aus der amerikanischen Besatzungsarmee im Irak bekannt. Ich möchte hier ein Beispiel nennen:

Am 6. März 2007 wurde der US-Soldat Augustin Aguayo vor ein Militärgericht in Würzburg gestellt, weil er sich im September 2006 einem Kriegseinsatz im Irak durch Fahnenflucht entzogen hatte. Seitdem sitzt er in einem Militärgefängnis in Mannheim. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu sieben Jahre Haft. Aguayo ist seit 2003 in der Armee und war bereits 2004 für ein Jahr im Irak. Damals hatte der US-Sanitäter bei Wachdiensten sein Gewehr aus Gewissensgründen stets ungeladen getragen, was ihm erheblichen Unmut seitens seiner Vorgesetzten eintrug. Der knapp 35-jährige Soldat kämpft seit drei Jahren um seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer in den Vereinigten Staaten. Amerikanische Gerichte hatten dies jedoch immer abgelehnt.

Der Kriegsverweigerer benötigt dringend unsere Solidarität! Er ist ein Beispiel dafür, dass längst nicht alle US-Soldaten aus Überzeugung in diesem Krieg kämpfen. Viele zweifeln schon lange am Sinn der staatsterroristischen Aktivitäten der Regierung Bush gegen die irakische Bevölkerung. Lasst uns die Haltung der betreffenden Soldaten unterstützen! Sie können einen Beitrag zur Verkürzung dieser Barbarei leisten, indem sie Sand ins Kriegsgetriebe werfen. Fordern wir die sofortige und bedingungslose Freilassung des Soldaten Augustin Aguayo!

 

Der Makel, ein Gewissen zu haben

19. 03. 2007 – Es gibt eine erfreuliche Entwicklung um den Kriegs­dienst­ver­wei­ge­rer Agustin Agu­ayo: Er kommt schon Ende April frei! Andererseits muss er weiterhin um seine offizielle Anerkennung als Kriegsverweigerer kämpfen. Das US-Mi­li­tär­ge­richt in Würz­burg verurteilte den US-Sol­da­ten mexikanischer Abstammung zu acht Monaten Haft – die er zum größten Teil bereits in einem Mi­li­tär­knast verbringen musste –, zu „unehrenhafter Entlassung“ aus der Armee und zum Verlust seiner Bezüge.

Damit blieb das Gericht zwar weit unter der Höchststrafe von sieben Jahren, dennoch ist das Urteil trotz seiner scheinbaren Milde ein weiteres Beispiel dafür, dass Menschen anderer Hautfarbe und ethnischer Herkunft in den Streitkräften (und nicht nur dort) immer noch schwer benachteiligt und diskriminiert werden.

„Unehrenhafte Entlassung“ bedeutet für den betroffenen Menschen einen Makel, der tief in sein Privatleben eingreift und sich extrem negativ auf alle Lebensbereiche auswirkt. Die Familie Aguayo will gegen das Urteil mit allen zivilrechtlichen Mitteln vorgehen. Hier braucht sie auch weiterhin unsere Unterstützung und Solidarität. Es geht um Aguayos Rehabilitierung und Anerkennung als Kriegsverweigerer, und es geht um die Unterstützung aller Deserteure!

Auch in der Bundeswehr regt sich Widerstand gegen die geplanten Kriegseinsätze. Oberstleutnant Jürgen Rose lehnte die weitere Mitarbeit am Tornado-Einsatzprogramm aus Gewissensgründen ab und ließ sich von seinen Aufgaben entbinden. Hohe Dienstgrade haben es da leichter – ihnen droht kein Militärtribunal und keine Demütigung in Form von „unehrenhafter Entlassung“. Dennoch finde ich ihre Haltung verdienstvoll und anerkennenswert.

Auch Hauptfeldwebel Christiane Ernst-Zettl und Oberstleutnant Helmut Prieß protestierten in Briefen an die Bundestagsabgeordneten gegen die Tornado-Einsätze. Die Bundeswehrsoldaten gehören alle der Initiative „Darm­städ­ter Sig­nal“ an, die es seit 1983 gibt und die sich damals schon der Stationierung von US-Raketen und den geheimen Angriffsplänen der Nato gegen Osteuropa widersetzte. Für ihre lobenswerte Zivilcourage brauchen die Soldaten jetzt unsere volle Unterstützung und Solidarität!

Doch es gibt nach wie vor auch die höchst unerquicklichen Seiten der Bundeswehr. Der Prozess vor dem Landgericht Münster gegen Ausbilder wegen Miss­handlung Untergebener macht derzeit deutlich, dass die Streitkräfte ihre Kriegstauglichkeit und -fähigkeit auf diese Weise perfektionieren wollen. Dazu gehört eben auch das Foltern.

Staatsanwaltschaft und hohe Militärs versuchen die Affäre herunterzuspielen und sprechen von „Einzelfällen“. Das kennen wir doch! Auch bei den unzähligen menschlichen Tragödien, die sich aus den Bremer Zwangsumzügen von Hartz-IV-Betroffenen ergeben werden, handelt es sich laut Staatsrat Schuster um „bedauerliche Einzelfälle“. Die Forderung des Friedensforums nach einem sofortigen Ende der Auslandseinsätze sowie nach Auflösung der Bundeswehr in einem längerfristigen Stufenplan bleibt also weiterhin aktuell.

Hier noch ein paar Termine: In Zusammenhang mit den Protesten gegen das Außenministertreffen am 30. und 31. März 2007 in Bremen steht die Veranstaltung „Weltmacht EU?“ mit Inge Höger, Claudia Haydt und Tobias Pflüger am Freitag, dem 30. März um 19:30 Uhr im DGB-Haus. Am Samstag, dem 31. März, beginnt um 11 Uhr am Goetheplatz eine Demonstration unter dem Motto: „Zäune einreißen – Gegen die EU der Konzerne und für eine EU der Menschen!“

Der Bremer Ostermarsch 2007 am Samstag, dem 7. April, führt um 11 Uhr vom Treffpunkt Ziegenmarkt zur Kundgebung auf dem Marktplatz. Dort spricht ab 12 Uhr unter anderem Major Florian Pfaff vom „Darmstädter Sig­nal“, der auch Träger der Carl-von-Ossietz­ky-Me­daille ist. Am Sonntag, dem 8. April, fahren Bremer zum Ostermarsch in die „Freie Heide“ nach Fretzdorf in Brandenburg.

 

Selektion statt Integration

02. 04. 2007 – Dass unser Schulsystem eine Katastrophe ist, hat kürzlich sogar der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen festgestellt. In seiner Studie nannte UN-Berichterstatter Professor Vernor Muñoz aus Costa Rica das gegliederte System mit Recht selektiv und diskriminierend. Dies hebt er auch besonders hervor. Unsere preußisch-bürgerlichen Bildungsgurus bestrafen sozial benachteiligte und behinderte Kinder schon seit ewigen Zeiten, und seit Deutschland ein Einwanderungsland ist, auch besonders viele Familien mit Migrationshintergrund.

Besonders schlimm trifft es bekanntlich asylsuchende Flüchtlinge. Ihnen werden in diesem Land bewusst alle Bildungschancen verbaut. Die „Tageszeitung“ vom 22. März 2007 stellt hier gravierende Rechtsverstöße fest und schreibt: „Jungen Menschen wird das Recht zu lernen verweigert, nur weil sie aus einem anderen Land stammen; Menschen mit und ohne besondere Lernnöte werden in Sonderschulen kaserniert; die spät startende, früh selektierende Schulstruktur behindert Zuwanderer so krass, dass ihre erfolgreiche Integration misslingt. Keine Kinkerlitzchen sind das.“

Deutlicher lässt es sich wohl nicht ausdrücken. Muñoz verweist in seinem Bericht ausdrücklich auf die Pisa-Studie, wonach Deutschland unter den Industrienationen den stärksten Zusammenhang zwischen sozialem Hintergrund und schulischen Leistungen aufweist. Reformbemühungen müssten gerechte und gleiche Lernbedingungen garantieren. Er empfiehlt, das ganze System gründlich zu überdenken und fordert eine ausführliche Debatte über den Zusammenhang zwischen gegenwärtigem Bildungssystem und sozialer Auslese.

Was Muñoz fordert, ist nichts weniger als die Einhaltung des Menschenrechts auf gerechte Bildungschancen. Und die hysterischen, zum Teil dummdreisten Reaktionen unserer Bildungsgurus sind bezeichnend. „Einseitig und anmaßend“ findet zum Beispiel der Deutsche Lehrerverband das Papier. Der Philologenverband, dessen Sprachkultur auch nicht gerade zu neuer Hochblüte zu streben scheint, diffamiert den Bericht ohne das geringste Anzeichen von Selbstkritik als „dünnen kalten Kaffee“. Eine ach so „seriöse“ Zeitung aus Frankfurt, hinter der sich angeblich immer ein kluger Kopf verbirgt, versteigt sich sogar zu einer Hasstirade mit offen rassistischem Unterton: In herablassender und unverschämter Manier schreibt sie über Muñoz unter anderem, er sei „ein Professor aus Costa Rica, der kaum des Deutschen mächtig ist, aber uns die Leviten lesen will“.

Anstatt sich mit chauvinistischer Besserwisserei aufzuplustern, könnten sich diese Herrschaften endlich einmal ernsthaft mit dem Bildungssystem in den skandinavischen Ländern auseinandersetzen! Da dies jedoch vorläufig nicht zu befürchten steht, sollte es eigentlich eine Pisa-Studie über ignorante Kultusbürokraten, ewiggestrige Verbandfunktionäre aus der Lehrerschaft und deren willige Propagandisten in der Medienlandschaft geben. Da würde wohl das Fazit lauten: Extrem lernunfähig! Fünf! Sitzengeblieben!

 

Für Spitzenmanager gibt es immer mehr Geld! Das ist nicht vermittelbar und auch für kaum jemanden nachvollziehbar, doch von großen Protesten in den Betrieben und bei den Gewerkschaften ist leider kaum etwas zu bemerken. Es gibt höchstens geballte Fäuste in den Hosentaschen und manchmal ohnmächtige Wut vor dem heimischen Fernseher oder in der Kneipe um die Ecke. Doch es gibt erfreulicherweise auch den Redebeitrag auf der Montagsdemo, der das unglaublich Skandalöse dieses Bestechungs- und Selbstbedienungssystems aufgreift und die schamlose Raffgier von Managern wie Herrn Ackermann öffentlich anprangert.

In welcher Höhe übrigens Herr Karl-Gerhard Eick von der Deutschen Telekom sein Gehalt zum letzten Mal aufgebessert hat, ist wohl nur wenigen Eingeweihten bekannt. Jedenfalls verbreitet jetzt die Nachrichtenagentur AP die Meldung, dass das Management selbigen Konzerns die Einstiegsgehälter für Servicemitarbeiter um bis zu 42 Prozent kürzen will. Gleichzeitig soll die Wochenarbeitszeit von 34 auf mindestens 38 Stunden verlängert werden. Dabei reden die Manager in ihrer menschenverachtenden Sprache beständig von „Kostenfaktoren“, die es in den Griff zu bekommen gelte, um angeblich „wettbewerbsfähig“ zu bleiben.

Bei dieser Totalausbeutung von Menschen, die erst die Werte schufen, die diese Herren reich gemacht haben, ergreift Massenarmut trotz Erwerbstätigkeit immer breitere Kreise der Bevölkerung. Dabei werden Beschäftigte und Erwerbslose schamlos gegeneinander ausgespielt. Auf diese Weise wird die Arbeitskraft des Menschen zur bloßen ökonomischen Manövriermasse, mit der anscheinend nach Belieben umgesprungen werden darf. Hauptsache, die Profite stimmen! Nach statistischen Erhebungen gab es im Jahr 2002 im späteren Lande von Hartz IV 43 Milliardäre und 1,1 Millionen Kinder in Armut; 2006 waren es bereits 100 Milliardäre und 2,5 Millionen arme Kinder. Beim Betrachten der üppig blühenden Ausbeutergehälter stellt sich allmählich auch unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten die Frage: Wo beziehungsweise wer sind nun die wirklichen Kostenfaktoren? –

Noch ein aktueller Termin: Der Bremer Ostermarsch 2007 am Samstag, dem 7. April, führt um 11 Uhr vom Treffpunkt Ziegenmarkt zur Kundgebung auf dem Marktplatz. Dort spricht ab 12 Uhr unter anderem Major Florian Pfaff vom „Darmstädter Signal“, der auch Träger der Carl-von-Ossietzky-Medaille ist. Am Sonntag, dem 8. April, fahren Bremer zum Ostermarsch in die „Freie Heide“ nach Fretzdorf in Brandenburg.

 

Zu den Wurzeln, ihr Grünen!

16. 04. 2007 – Die Tornado-Einsätze zeigen, dass Deutschland immer stärker zu einer führenden Kriegsmacht in Europa im Kampf um die Ressourcen wird. Bremen spielt mit seiner Rüstungsindustrie eine besonders verhängnisvolle Rolle für die Aufrüstung der Bundeswehr und im weltweiten Rüstungsexport. Besonders hier muss der Zusammenhang zwischen Aufrüstung und Sozialkahlschlag immer wieder deutlich gemacht werden.

Bremen ist eine Hochburg der Rüstungsindustrie! Weit über 40.000 Hartz-IV-Betroffene, die Bildungskatastrophe und sprunghaft steigende Obdachlosenzahlen beweisen, dass diese Koalition völlig unwillig ist, auch nur das Geringste daran zu ändern. Sie hat auf der ganzen Linie versagt und gehört mitsamt der unfähigen Senatoren Rosenkötter, Lemke und Röwekamp am 13. Mai abgewählt!

Im Zusammenhang mit der Oettinger-Filbinger-Affäre hat sich sogar die gesamte CDU ins braune Abseits gestellt. Keine Stimme den Sympathisanten der alten und neuen Nazis! Denn alles ist schon mal da gewesen, auch Schäubles geplanter totaler Überwachungsstaat!

Es gibt zu Sozialkahlschlag, Demokratiezerstörung und Hochrüstung von Polizei und Armee kein irgendwie geartetes Recht, schon gar nicht ein grundgesetzliches. Aber es gibt Alternativen, zum Beispiel in der Umsteuerung von Hightech-Rüstungsproduktion auf Umwelt- und Klimaschutztechnologie. Dies politisch umzusetzen, wäre auch zukunftsweisende Umweltschutz- und Arbeitsmarktpolitik. Das müsste eine der dringendsten Forderungen an einen neuen Senat sein!

Wie ich kürzlich schon sagte, entsteht immer mehr Widerstand in den Streitkräften gegen den bundesdeutschen Kriegskurs, was ich erfreulich und besonders unterstützenswert finde. Dies gilt besonders für die Soldaten der Initiative „Darmstädter Signal“, die immer wieder Zivilcourage zeigen und nun auch den Tornadoeinsatz in Afghanistan ablehnen. Ich solidarisiere mich mit den kritischen Soldaten, die sich weigern, bei Kriegseinsätzen der Bundeswehr mitzumachen!

Vor allem solidarisiere ich mich mit den Deserteuren, zum Beispiel im Irakkrieg, und wünsche mir, dass Bremen unter einer anderen Regierung endlich nach dem Vorbild von Münster, Osnabrück und Freiburg sogenannte „Fahnenflüchtige“ aufnimmt, um sie zu schützen – ganz gleich aus welcher Armee!

Major Florian Pfaff vom „Darmstädter Signal“ hielt am Ostersamstag auf dem Marktplatz eine stark beachtete Rede. Er hatte seinerzeit aus Gewissensgründen eine Beteiligung am Irakkrieg verweigert und musste sich daraufhin einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen. Als sich kein „krankhafter Befund“ ergab, befahlen ihm seine Vorgesetzten, Aufträge in Richtung Kriegsbeteiligung nicht länger kritisch zu prüfen. Diesem Befehl widersetzte er sich und bekam jede Menge Ärger, doch das oberste Bundesgericht gab ihm schließlich Recht.

Daraufhin behauptete Berlin, Pfaff habe keine „zulässige Gewissensentscheidung“ getroffen, und somit seien Soldaten wie er gezwungen, weiterhin bei Angriffskriegen mitzumachen. Pfaffs Wunsch an seine Kameraden: „Wenn sich die Soldaten weigern, an Eroberungszügen mitzuwirken, und die breite Bevölkerung ihnen dabei den Rücken stärkt, wird sich die Pflicht zur Mitwirkung an der Welteroberung nicht festschreiben lassen, und es wird eines Tages auch in der Praxis kommen, was wir auf dem Papier durch die letzten Kriege schon haben: die Pflicht zur Friedenswahrung“.

Wir vom „Bremer Friedensforum“ gehen noch einen Schritt weiter und fordern den Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen, auch aus den sogenannten „Friedenseinsätzen“ im früheren Jugoslawien und an den Küsten des Libanon. Wir missbilligen die Äußerungen der grünen Parteispitze, die das Engagement der Ostermarschteilnehmer(innen) als „nicht mehr zeitgemäß“ und als „Armutszeugnis“ diffamieren. Wir rufen den Grünen an dieser Stelle zu: Kehrt endlich zu euren Wurzeln zurück!

Wenn Al Gore ein Deutscher wäre, würde er vielleicht auch die grünen Spitzenpolitiker mahnen, den oliv-grünen Kampfanzug in den Schrank zu befördern, die spritfressende Abgeordneten-Limousine zu verschrotten, sich wie in früheren Zeiten aufs fröhlich bewimpelte Fahrrad zu schwingen und zu den Wurzeln ihrer einst fortschrittlichen Politik zurückzuradeln. Diese heißen nun mal „Einsatz für Frieden und Abrüstung, soziale Gerechtigkeit und die Erhaltung der ökologischen Lebensgrundlagen“.

Jedenfalls spricht sich Al Gore recht deutlich gegen die imperialistischen Kriege der westlichen Großmächte und vor allem gegen die Klimazerstörung aus, wo sein Land eine traurige Spitzenposition einnimmt. Dieser Tage lief Al Gores Film „Eine unbequeme Wahrheit“, basierend auf seinem gleichnamigen Buch, recht erfolgreich in den Kinos unserer Nachbarstadt Osterholz-Scharmbeck an. Mehrere tausend Menschen aus der Umgebung sahen den Film bereits und waren stark beeindruckt.

Ein Worpsweder Rechtsanwalt hatte die Idee, 5.000 Aufkleber im Auftrag von „BioS“, „BUND“ und „NABU“ Osterholz zum Aufkleben ans Auto drucken zu lassen und im Zusammenhang mit der Filmvorstellung unter die Leute zu bringen. Sie wurden ihm förmlich aus den Händen gerissen, sodass er jetzt mehrere tausend Exemplare nachdrucken lässt. Der Aufkleber zeigt einen mit einem grünen Balken durchgestrichenen PKW, und der Text dazu lautet „Mach mit beim Klimaschutz: Ein Tag pro Woche autofrei!“ Eine sehr gute Idee. Sie sei uns Bremer(inne)n – sofern wir uns überhaupt noch ein Auto leisten können – dringend zur Nachahmung empfohlen!

 

Stoppt Schäuble!

23. 04. 2007 – Der Demokratieabbau hat in der Bundesrepublik spätestens seit der Regierungszeit Helmut Kohls Tradition, doch eigentlich war er schon weit vor 1968 längst im Gange. 1968 gab es erstmalig eine Zäsur, als Bundestag und Bundesrat mit großer Mehrheit die „Notstandsgesetze“ beschlossen. Sie waren ein Höhepunkt des damaligen Demokratieabbaus. Ähnliche Einschränkungen der demokratischen Grundrechte gab es zum Beispiel auch in Frankreich und Italien, und in der Bundesrepublik wurde die schrittweise Demontage wichtiger Grundrechte munter fortgesetzt.

Konrad Adenauer, der in den 1950-er Jahren die KPD verbot, und Altnazi Kurt-Georg Kiesinger waren als Bundeskanzler nämlich alles andere als demokratische Musterknaben. Die SPD trug schon damals alles mit! Später verhängte die Regierung Willy Brandt unter anderem über Lehrer(innen) und sogar über Lokomotivführer die berüchtigten „Berufsverbote“, die bis heute offiziell nicht zurückgenommen wurden. Obwohl nie ein Zug der Bundesbahn in die DDR entführt wurde! Der nächste große Schlag war 1994 die faktische Abschaffung des Asylrechts. Dies verschaffte Bremer Innensenatoren wie Thomas Röwekamp sowie Länder-Innenministern wie Günther Beckstein die höchst willkommene Handhabe, mit extremer Unmenschlichkeit gegen verfolgte und verzweifelte Asylsuchende vor allem aus Afrika vorzugehen!

Der sogenannte Deutsche Herbst war eine Wortschöpfung der Herrschenden, nicht der Linken, und bot erneut eine „hervorragende“ Gelegenheit, die Grundrechte weiter drastisch einzuschränken. Der einstige Verteidiger von RAF-Mitgliedern, Otto Schily, wendete schon bald seinen Hals um mindestens 180 Grad und tat sich als Innenminister unter „Rot-Grün“ mit besonders bösartigem Eifer hervor. Unter der Kanzlerschaft Schröders wurden auch die Asylgesetze mit maßgeblicher Mitwirkung Schilys deutlich verschärft. Soweit der kleine historische Rückblick!

Wolfgang Schäuble, der schnell auf diese Schiene hüpfte, dürften die „Terrorismusdiskussion“ und die neuesten Vorgänge um das Attentat gegen Buback höchst gelegen kommen, um zum vorläufig letzten großen Schlag auszuholen. Übrigens ist das Hin und Her um den angeblich Hauptverantwortlichen absolut unerträglich. Lasst Christian Klar endlich frei! Der geplante Aufbau einer bundesweiten Fingerabdruck-Datei und die bundesweite Speicherung aller Fingerabdrücke, die fast völlige Freigabe der Rasterfahndung, das willkürliche Abhören von Telefonaten, die Verwanzung von Wohnungen auch durch das BKA, die Verschärfung des Paragraphen 129a („Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“) sowie der heimliche Zugriff auf private Computer würden wohl keinen einzigen Bombenanschlag verhindern können.

Eine Innenministerkonferenz soll in Kürze beschließen, im Vorfeld des G8-Gipfels Polizei und Bundesgrenzschutz zu einer schlagkräftigen Spezialtruppe zusammenzuschließen. Außerdem ist eine stärkere Zusammenarbeit, wenn nicht gar die Zusammenlegung der Geheimdienste geplant. Unter dem Deckmantel der „Terrorismusbekämpfung“ soll zudem das Demonstrations- und Versammlungsrecht außer Kraft gesetzt werden. Was Schäuble damit erreichen will, ist klar: den totalen Überwachungsstaat. Es ist über kurz oder lang damit zu rechnen, dass auch bei uns ein „Guantánamo“ möglich wird.

All dies ist auf jeden Fall ein schwerer terroristischer Akt gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung! Die geplanten Gesetze richten sich nämlich vor allem gegen außerparlamentarische Bewegungen wie die gegen den G8-Gipfel, gegen die Friedensbewegung, gegen die Montagsdemonstrationen und anderen sozialen Bewegungen sowie gegen sogenannte Randgruppen wie beispielsweise alle Hartz-IV-Betroffenen. Damit würde eine längst praktizierte Ämterschnüffelei bei Erwerbslosen und Schlimmeres gesetzlich legitimiert. Hier kann die Forderung nur lauten: Stoppt die Koalition der Demokratie- und Sozialstaatszerstörer! Stoppt endlich Wolfgang Schäuble!

 

Abgestraft ist abgestraft!

14. 05. 2007 – Die Bremer CDU/SPD-Koalition wurde am 13. Mai klar abgewählt! Die politischen Gewichte haben sich zugunsten von Grünen und Linkspartei so gravierend verschoben, dass eine Neuauflage der alten Koalition nicht mehr möglich sein dürfte und auch nicht mehr angesagt ist. Abgestraft ist abgestraft! Hier ist überdeutlich geworden, dass eine Mehrheit der Bevölkerung einschließlich der „Nichtwähler“ die antidemokratischen und antisozialen Umverteiler im Rathaus nicht mehr sehen will.

Sie hat die Nase voll von Sozialkahlschlag, Bildungskatastrophe, Ausgrenzung und Entrechtung. Sie hat die Nase voll vom Krankenhausskandal, dem Ausverkauf öffentlichen Eigentums und anderen Auswüchsen hemmungsloser Privatisierungswut. Sie will zum Beispiel auch nicht länger die geplante Zerschlagung der Universität zugunsten der Grohner Elite-Uni dulden. Sie will nicht noch mehr Space-Parks und ähnlichen kostspieligen Größenwahn! Kurzum: Sie hat die Nase voll von der Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich, in Privilegierte und Unterprivilegierte, was den Zwei-Städte-Staat in den letzten Jahren besonders kennzeichnet.

Das private Geldvermögen der oberen Schichten ist seit Beginn der 1990-er Jahre allein hier in Bremen von fünf auf heute 20 Milliarden Euro angestiegen. Andererseits haben Ämterwillkür und Ämterversagen wie bei der Bagis (siehe Kevin) so rapide zugenommen, dass besonders für Hartz-IV-Betroffene das Leben unerträglich geworden ist. Die Frauen- und Kinderarmut hat ein vorher nie gekanntes Ausmaß erreicht. Das alles markiert eine wahrhaft verheerende Bilanz der zwölf Jahre regierenden Vernichter-Koalition.

Macht endlich Schluss mit der menschenverachtenden Politik! CDU 25,7 Prozent, SPD 36,8 Prozent, Grüne 16,4 Prozent und Linkspartei sogar 8,4 Prozent – die Zahlen haben die Parteienlandschaft erheblich durcheinandergewirbelt. Sie sollten einen grundsätzlichen Politikwandel für Bremen und Bremerhaven bewirken, was natürlich nicht von selbst geschieht. Eine Koalition, die all die Schandtaten der letzten zwölf Jahre auf einem nicht mehr vorhandenen Gewissen hat, darf nicht weitermachen, als sei nichts geschehen. Sie hat ausgespielt, und daran kommt auch Innensenator Röwekamp nicht vorbei, dessen politische Karriere jetzt ebenfalls zur Disposition stehen müsste.

Zu Recht, wie ich meine, denn schon allein sein Verhalten gegenüber Murat Kurnaz und erst recht seine bösartigen Verleumdungsattacken gegen die Lehrerin Susanne Albrecht erfordern seinen sofortigen Rücktritt. Stattdessen kanzelt er mit spätpubertär-schnoddriger Arroganz und Großschnäuzigkeit Bürgermeister Böhrnsen vor versammelten Kameras herunter, indem er ihn für die eigene Niederlage verantwortlich macht. Solche Entgleisungen gegenüber dem noch existierenden Koalitionspartner sollten den Bremer Unionschristen, die selbst so viele Leichen im Keller haben, dass schon der liebe Gott die Nase rümpft, eigentlich mehr als peinlich sein. Halten Sie sich mal den Spiegel vors Gesicht, Herr Röwekamp, und nehmen Sie die verdiente Niederlage sportlich!

Es ist ein erfreuliches Ergebnis dieser Wahl, dass die Linkspartei zum ersten Mal seit ihrem Bestehen gleich mit einem solch guten Ergebnis in ein westdeutsches Landesparlament einzieht. Herzlichen Glückwunsch dazu! Doch die neuen politischen Kräfteverhältnisse bedeuten nicht automatisch eine bessere, gerechtere Politik. Auch im Falle einer Koalition aus SPD und Grünen mit einer starken Linkspartei als Opposition regelt sich nichts von selbst. Daher wollen und müssen wir weiterkämpfen und Druck ausüben – zum Beispiel in Sachen Mietobergrenzen! Wie wir aus leidvoller Erfahrung wissen, bedeuten „Rot/Grün“ und wie in Berlin „Rot/Rot“ – also die Regierungsbeteiligung der Linkspartei – durchaus nicht explizit das Ende einer neoliberalen Schreckensherrschaft.

 

Zu dieser Schreckensherrschaft passen auch die polizeistaatlichen Repres­salien gegen G8-Widerständler. Mit einer Großaktion in sechs Bundesländern wurden am 9. Mai 2007 auf Anordnung der Generalbundesanwaltschaft 40 „Objekte“ durchsucht, die in einem Zusammenhang mit den geplanten Protesten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm stehen. In Bremen waren das die Stadtkommune „Alla Hopp“ in der Neustadt und die „Messstelle Arbeits- und Umweltschutz“ in Schwachhausen. Am gleichen Tag gab es in Bremen eine Spontandemonstration, an der mehrere hundert Bürger ihren Widerstand gegen diese Polizeiaktion zum Ausdruck brachten. Dabei gab Hartmut Drewes für das „Bremer Friedensforum“ folgende Solidaritätserklärung ab:

„Die augenblickliche politische und gesellschaftliche Landschaft zeichnet sich mehr und mehr dadurch aus, dass eine Minderheit von Reichen reicher und die Mehrheit der Bevölkerung ärmer wird. Einschneidende Kürzungen im sozialen Bereich, im Renten- und Bildungsbereich, im Gesundheitswesen, die Abnahme der realen Löhne und die Vernichtung von Arbeitsplätzen tragen seit Jahren zu dieser Entwicklung ihren Teil bei.

Diejenigen, die über Macht, Einfluss und Reichtum in unserer Gesellschaft verfügen, wissen, dass bei dieser Entwicklung mit zunehmender Verarmung der Mehrheit der Bevölkerung auch mit zunehmendem Widerstand zu rechnen ist. Deswegen werden parallel zu dieser Entwicklung auch die demokratischen Rechte abgebaut. In diesem Sinne verfolgt wie bereits Innenminister Schily auch sein Nachfolger Schäuble eine ständig verstärkte Einschränkung der Bürgerrechte. Kleinste Ansätze von Initiativen gegen diese Entwicklung des Unrechts sollen im Keim erstickt werden. In diesem Zusammenhang sind die Hausdurchsuchungen des BKA in sechs Bundesländern am heutigen Tage zu sehen.

Der Begriff der Demokratie wird neu definiert. Das wurde bei der Entrüstung über einen Satz von Christian Klar deutlich. Demokratie heißt nicht mehr Herrschaft des Volkes, sondern Bekenntnis zur Herrschaft des Kapitals. Wer sich dem entgegenstellt, gegen den wird wie heute wegen Verstoßes gegen Artikel 129a („Bildung einer terroristischen Vereinigung“) ermittelt. Die für eine gerechtere Welt eintreten, sollen als Terroristen gebrandmarkt werden, die man wie Freiwild jagen darf.

Wir vom „Bremer Friedensforum“ solidarisieren uns mit euch Betroffenen! Wir sind wie ihr an der Vorbereitung von Aktionen zum G8-Gipfel in Heiligendamm beteiligt. Wir wie ihr werden uns die demokratischen Rechte nicht nehmen lassen, dürfen uns den Terror der Hausdurchsuchungen nicht bieten lassen, sondern müssen weiter auf dem Weg bleiben, auf dem wir das weltweite Unrecht wie auch das in unserem Lande benennen und uns für eine bessere Welt mit mehr Frieden und mehr Gerechtigkeit einsetzen.“

 

Wir wollen eine
gänzlich andere Politik

21. 05. 2007 – Nun ist es endlich soweit: Anscheinend geht in Kürze die lähmende Epoche zwölfjähriger CDU/SPD-Herrschaft zu Ende. Eine Epoche, die gekennzeichnet war von Großmannssucht und unvorstellbarer Geldverschwendung für Wahnsinnsprojekte wie den Space-Park – bei gleichzeitiger Zerschlagung der soziokulturellen Infrastruktur. Die Armut, besonders die Kinderarmut bei Hartz-IV-Betroffenen nahm erschreckende Ausmaße an, sie liegt über dem Durchschnitt der „alten“ Bundesländer, und es entwickelte sich ein wahres Krebsgeschwür an prekären Ar­beitsverhältnissen.

Ein Großteil davon ist allein bremischer Kahlschlagspolitik geschuldet! Fast alle öffentlichen Einrichtungen beschäftigen inzwischen Ein-Euro-Jobber(innen), wofür sie heftigst kassierten: mehrere Millionen Euro Staatsknete. Die Willkür eines unter „Schwarz-Rosa“ zustande gekommenen, undurchschaubaren Behör­denapparates aus Bundesagentur, Sozialämtern und halbprivaten Verteilern von Zwangsarbeit ist völlig unerträglich geworden. Damit muss jetzt endlich Schluss sein!

Bürgermeister Jens Böhrnsen hat versprochen und verkündet, dass er künftig mehr soziale Gerechtigkeit walten lassen will. Das hat er schon öfter gesagt, und dies zu einem Zeitpunkt, als die beleidigte Leberwurst CDU noch führend mitregierte. Viel gemerkt haben wir davon nicht. Nehmen wir ihn jetzt beim Wort und erinnern wir ihn ständig daran! Erinnern wir die Grünen und besonders Karoline Linnert daran, dass sie sich in Bürgerschaft und Sozialdeputation stets für die Rechte der Armen und Schwachen eingesetzt hat, und fordern wir, dass sie in der Regierungsverantwortung Ernst damit macht!

Fordern wir nicht zuletzt die Linkspartei auf, dass sie ihre sozialpolitischen Konzepte im Parlament offensiv und mit allem Nachdruck vertritt! Die Montagsdemo wird auch in Zukunft hier stehen, sie unterstützen, wo es erforderlich ist, und vor allem auf SPD und Grüne Druck ausüben. Wir wollen keinen Neuaufguss der alten Politik, und einen „abgeschwächten“ neoliberalen Kurs unter Rot-Grün wollen wir ebenfalls nicht. Eine solche Politik würden wir mit aller Entschiedenheit bekämpfen! Wir wollen eine gänzlich andere Politik! Die Karten werden in Bremen neu gemischt, und wir mischen kräftig mit!

 

Zum Umgang mit den sich auf wundersame Weise vermehrenden Steuer­einnahmen des Bundes gibt es eine hübsche Glosse, die ich am 15. Mai 2007 im „Neuen Deutschland“ fand. Hier der Wortlaut:

„Seit letzter Woche treibt Finanzminister Steinbrück die Frage um: Wie versteckt man 87 Milliarden Euro vor Freunden? Seine erste Idee, sie in Löcher zu stopfen, hat nicht so recht gezündet: Die Freunde haben ihm ihre Löcher hingehalten, damit er da auch was reinstopft. Da hatte Steinbrück eine zweite Idee: Es ist nicht Weihnachten, hat er gesagt. Das war richtig, das ist erst in sieben Monaten. Aber damit hat er ein neues Problem provoziert: Nun freuen sich alle auf Weihnachten. Und Steinbrück muss sich bis dahin wieder was überlegen.

Emsig arbeiten seine 2.200 Mitarbeiter an einem rhetorischen Fluchtplan für ihren Chef. Davon hat Schäuble Wind bekommen. Wo Fluchtpläne geschmiedet werden, schloss er gewohnt messerscharf, besteht Fluchtgefahr. Und wo Fluchtgefahr besteht, ist U-Haft angesagt. So hilft wohl nur eines: Steinbrück rückt die Knete doch raus. Aber nicht an seine Freunde, sondern ans Volk. Von dem holt er sie sich ja immer wieder.“

Ich hätte da auch eine Idee, wenn nun der Finanzminister partout nicht weiß, wo er die viele Kohle verstecken soll. Verehrter Herr Steinbrück, geben Sie Ihrem Herzen einen Ruck und schieben Sie zumindest einen Teil davon nach Bremen! Verbunden mit der strengen Auflage, Privatisierungen und sonstige Kahlschläge rückgängig zu machen, um in der Stadt wieder menschenwürdige Verhältnisse zu schaffen. Dann hätte das Geld doch ein hervorragendes „Versteck“!

 

Größte unfreiwillige Polizistendemo

11. 06. 2007 – Außer einer gewaltigen Spesensumme und inhaltsleeren Sprechblasen ist im luxuriösen Hochsicherheitstrakt von Heiligendamm absolut nichts gewesen. Die Armen dieser Welt bleiben arm, und die 27 Milliarden Dollar für die Aids-Bekämpfung sind nur ein warmer Regen in die Kassen der Pharmaindustrie! In Sachen Klimaschutz ist auch nichts passiert. Hier bewegten sich die Teilnehmer(innen) auf der Beschlusslage der UNO von 1992. Es gibt weder eine Aussage zur Begrenzung des Temperaturanstiegs, noch eine Verständigung über eine deutliche Verringerung des Treibhausgases Kohlendioxid. Es gibt erst recht keine Entscheidung zum Stopp der Urwaldabholzung.

Vielleicht sollten bei den künftigen G8-Zu­sam­men­künf­ten vorsorglich Schwimm­wes­ten vorgehalten werden, oder besser wäre noch, sie gleich auf einem Kriegsschiff stattfinden zu lassen. Dies wäre angemessen und bezeichnend, und es hätte außerdem den Vorteil, dass die Scharen von lästigen Demonstranten mitsamt der Po­li­zei-Ar­ma­da weitgehend ferngehalten würden.

Als die „größte unfreiwillige Polizistendemo in der Geschichte der Bundesrepublik“ bezeichneten denn auch Spötter das Riesenaufgebot der geballten Staatsmacht rund um Rostock und Heiligendamm. Bekanntlich demonstrierte gerade sie nicht friedlich, was auch nicht die Absicht ihrer Befehlsgeber Schäub­le und Konsorten war. Im Gegenteil: Sie provozierten die Randale mit eingeschleusten Zivilpolizisten und wahrscheinlich auch „Verfassungsschützern“, um die Demonst­rationen heftigst zu kriminalisieren. Die Bundeswehr leistete „Auf­klä­rung“ über die angeblichen Machenschaften gewaltbereiter „Schwarz­blöck­ler“. Und dies alles, um die Schaffung eines neuen Polizeistaates zu rechtfertigen. Mit Käfigen für Gefangene wie in Heiligendamm – wahrscheinlich eine gewollte Assoziation an Guantánamo.

Peter Strutynski vom „Kasseler Friedensratschlag“ schrieb dieser Tage in einer Erklärung zu den Ereignissen von Heiligendamm: „Innenminister Schäuble gebührt das zweifelhafte Verdienst, Gewalt herbeigeredet zu haben, die dann tatsächlich auch stattfand. Es gibt mindestens zwei Gründe dafür, dass die Gewalt in Rostock nach dem Muster einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung eintrat.

Erstens musste der gigantische Polizeieinsatz – 30.000 Sicherheitskräfte, die einen vielfachen Millionenbetrag verschlangen – gegenüber der steuerzahlenden Öffentlichkeit legitimiert werden. Wäre nichts passiert, hätte man sich den ganzen Aufwand sparen können. Da man sich den Aufwand aber leistete – weil der Sicherheitsstaat für „alle Fälle“ gerüstet sein müsse – musste auch etwas passieren. Zweitens sollte mit allen Mitteln die inhaltliche Auseinandersetzung um die Agenda des G8-Gipfels vermieden werden, weil die Gipfelverantwortlichen dabei keine gute Figur machen würden. Unnötig zu sagen, dass eine an politischer Aufklärung interessierte globalisierungskritische und Friedensbewegung jegliche Gewalt bei Demonstrationen strikt ablehnen muss. Sie ist darauf nicht angewiesen, weil sie die besseren Argumente hat.

Wir wollen aber darüber nicht den Maßstab aus den Augen verlieren, der etwa so lauten könnte: Was sind ein paar Dutzend Steinewerfer gegen die militärische Gewalt, die täglich im Irak oder Afghanistan, in Palästina oder in Somalia, in Kolumbien oder in Sri Lanka, in Tschetschenien oder in Pakistan angewandt wird? Was ist die ohnmächtige und hilflose Gewalt der Pflastersteine gegen die strukturelle Ungerechtigkeit und Gewalt, an der täglich Tausende Menschen in der Dritten Welt krepieren? Diese bittere Wahrheit des täglichen Massenmordes an unschuldigen Kindern, Jugendlichen, Frauen, Kranken, Arbeitslosen und anderen Opfern der neoliberalen Globalisierung sollten die Proteste zum G8-Gipfel zum Ausdruck bringen.

Berlin betreibt mit Nachdruck sowohl die Transformation der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee in eine Interventionsarmee als auch die Militarisierung der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Und wir können sicher sein, dass die Befürworter eines strammen Rechtskurses Rostock zum Anlass nehmen werden, via Grundgesetzänderung den Einsatz der Bundeswehr auch im Innern möglich zu machen. Den eifernden Ordnungspolitikern aller Couleur, die jetzt auf der Woge der Gewaltverurteilung daherkommen, muss der Spiegel vorgehalten werden, der die wahren Gewaltverhältnisse wieder ins richtige Licht rückt. Die Demonstration in Rostock hat das zunächst vorbildlich getan. An diesem Erfolg gilt es anzuknüpfen.“ Soweit Peter Strutynski.

Der Satiriker Ernst Röhl greift die Ereignisse um den G8-Gipfel auf seine Weise auf („Neues Deutschland“ vom 5. Juni 2007): „Eines, Herrschaften, muss man unbedingt wissen: Die Großen Acht sind nicht irgendwer. Sie sind die größten gewaltbereiten Waffenhändler der Welt. Psychiater aber wissen: Der eine hält sich für Napoleon, der andere für den Zarewitsch, der Dritte für den Pudel des US-Präsidenten, und der US-Präsident selbst hält sich für einen Duzfreund des Herrgotts.

Wolfgang Schäuble wiederum hält sich für den Terminator auf Rädern, und das ist auch gut so. Seines Amtes ist es, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden, darum lässt er Ausbruchsversuche aus der geschlossenen Anstalt schon im Keim ersticken und verhindert Amokläufe und Übergriffe der wildgewordenen G8 auf die friedliebende Bevölkerung von Meck-Pomm. No chance for George Dabbeljuh Bush! Ein zwölf Kilometer langer, stacheldrahtbewehrter antiterroristischer Schutzzaun hält die Staatsterroristen in Schach. Eine Schutztruppe von 16.000 Polizisten und mehr als 1.000 Soldaten beschützt 280 Eingeborene zu Lande, zu Wasser und in der Luft – macht 60 Bodyguards pro Nase. Ein bunter Strauß vertrauenbildender Maßnahmen, den der deutsche Steuerzahler sich zur Freude der Dritten Welt mehr als 100 Millionen Euro kosten lässt!

Mein Onkel Paul in Heiligendamm, den der Hexenschuss plagt, war dieses Jahr mit der Frühjahrsbestellung im Verzug. Ich sandte ihm eine E-Mail: ‚Lieber Onkel Paul, grab um Himmelswillen den Garten nicht um! Du weißt, in 30 Zentimeter Tiefe hab ich die Sachen verbuddelt!‘ Schon im nächsten Augenblick wimmelte sein Garten von vermummten Schwergewichtsboxern in der schwarzen Kluft der Sondereinsatzkommandos. Sie waren mit Spaten bewaffnet und brauchten keine fünf Minuten, erstens eine verrostete Luftpumpe zu erbeuten und zweitens den Garten erstklassig zu bestellen. So wurde Heiligendamm zum ersten G8-Gipfel, bei dem für den kleinen Mann mal was Vernünftiges rausgekommen ist.“

Bleibt noch nachzutragen, dass am 6. Juni auch hier in Bremen eine Aktion gegen den G8-Gipfel stattgefunden hat. Anfangs waren es etwa 150 überwiegend junge Menschen, die sich an der Domsheide zu einer Kundgebung versammelt hatten und über einen Lautsprecher die Aktionen am Zaun von Heiligendamm verfolgten. Die Meldungen über die geglückte Blockade der Zufahrtswege löste schließlich große Begeisterung aus. Daraufhin gab es eine spontane Demonstration durch das Steintorviertel zum Ziegenmarkt, wobei der Demozug auf fast 300 Menschen anwuchs und so ganz nebenbei den Verkehr für einige Zeit zum Stillstand brachte. Die uniformierte Staatsmacht beschränkte sich diesmal auf eine diskrete Begleitung im normalen sommerlichen Polizisten-Outfit. Eine kurze Kundgebung auf dem Ziegenmarkt beendete die erfolgreiche Aktion. Diesmal berichtete der „Weser-Kurier“ in seinem Lokalteil zwar knapp, aber erfreulich objektiv, was ja keineswegs selbstverständlich ist.

 

Das reicht nicht, Herr Böhrnsen!

18. 06. 2007 – Um es gleich vorwegzunehmen: In helles Entzücken versetzt hat mich der Koalitionsvertrag nicht, denn der weitaus überwiegende Teil besteht leider nur aus unverbindlichen Absichtserklärungen. In Sachen Umwelt- und Klimaschutz sind die Grünen vor der SPD eingeknickt, weil sie der Vertiefung der Unter- und Außenweser zugestimmt haben. Dabei war der Schutz der Umwelt einmal eines der Hauptziele der Grünen! Die Folgen für das ökologische Gleichgewicht von Flora und Fauna im Fluss und dessen Umgebung werden so gravierend sein, dass der Grundwasserspiegel stark absinken wird und die natürlichen Feuchträume austrocknen. Das hat negative Auswirkungen auf die Natur und damit letztlich auch aufs Klima. In der Präambel steht zu den zu erwartenden Auswirkungen einer Weservertiefung: „Ziel muss es sein, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes auch an der Unter- und Außenweser unabhängig von der Tiefe des Flusses und im Gleichklang mit den Anforderungen der Schifffahrt soweit zu verbessern, dass gemäß der Verpflichtung der FFH-Richtlinen ein günstiger Erhaltungszustand gewährleistet wird.“ Diesen Widerspruch muss mir erst mal jemand verklickern!

Beim Thema Kohlekraftwerk einigten sich SPD und Grüne auf ein „ergebnis­offenes Moderationsverfahren“, wie sie diesen äußerst faulen Kompromiss nennen. Wie heißt es doch so schön im Vertragstext: „Deshalb wird der Senat die Ziele und Strategien der bremischen Koh­len­di­oxid-Min­de­rungs­po­li­tik für den Zeitraum bis 2020 – im Einklang mit den Klimaschutzzielen auf nationaler und europäischer Ebene – in der Vierten Fortschreibung des Landesenergieprogramms konkretisieren. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft, ob durch eine Novellierung des Bremischen Energiegesetzes zusätzliche Beiträge zur Minderung der Koh­len­di­oxid-Emis­si­onen erzielt werden können... Erneuerbare Energien müssen einen wachsenden Anteil der Energieversorgung übernehmen.“ Dazu passt natürlich eine Koh­len­di­oxid-Schleu­der wie das geplante Kohlekraftwerk so treffsicher wie die be­rühmt-be­rüch­tig­te Faust aufs Auge! Auch hier habe ich den Eindruck, dass sich die Grünen im Rathaus von Beckmeyer und Böhrnsen genüsslich über den schweren Edelholztisch ziehen ließen. Zudem vermisse ich eine Aussage dazu, ob nun der vierspurige Ausbau der Schwachhauser Heerstraße gestoppt wird oder nicht – und ob der Lebensqualität zuliebe endlich eine weitergehende Innenstadtsperrung für den Autoverkehr zugunsten größerer Fahrradfreundlichkeit geplant ist.

Dem Thema Wirtschaftspolitik wird breiter Raum gegeben, wobei sehr viel von arbeitsplatzfördernden Innovationen die Rede ist. Aktive Friedenspolitik, die Bremen einmal in den 1980er Jahren auszeichnete, ist völlig hinten runtergefallen. Die Tätigkeit der BLG wird gewürdigt und dabei leider unerwähnt gelassen, dass gerade die Bremer Lagerhausgesellschaft einen schwunghaften Güterumschlag auch mit Schießwerkzeugen aller Art betreibt! Bremer Rüstungsgüter, die seit Kaiser Willems Zeiten in Bremer Betrieben produziert und seit Jahrzehnten in alle Welt exportiert werden, heizen die Kriege in aller Welt an! Die Hansestadt, die hier bundesweit eine traurige Spitzenstellung innehat, muss wieder, wie Ex-Senator Horst-Werner Franke es einmal ausdrückte, „Friedenshauptstadt der Bundesrepublik“ werden! Das „Bremer Friedensforum“ fordert seit langem Rüstungskonversion statt Kriegsgüterproduktion und -Export. Außerdem wurde die ständig erneuerte Forderung nach Aufnahme von Deserteuren in der Stadt völlig außer Acht gelassen, und im Vertrag ist davon auch keine Rede. Die neue Koalition lässt leider, genau wie ihre Vorgängerin, mit keiner Silbe erkennen, ob sie in diesem Sinne Initiativen zu ergreifen gedenkt.

Zum Thema Sozialpolitik gibt es außer wohlklingender Absichtserklärungen auch nicht allzu viel Konkretes. Im Koalitionspapier heißt es dazu: „Ziel unserer Politik ist es, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen... Wir wollen die Umzugsaufforderungen drastisch reduzieren. Die Mietgrenzen in Bremen sollen sich an den Regelungen vergleichbarer Großstädte orientieren. Umzugsaufforderungen sollen nur erfolgen, wenn annehmbarer Ersatzwohnraum tatsächlich vorhanden ist... Wir werden außerdem unsere Einwirkungsmöglichkeiten auf die ‚Gewoba‘ nutzen, damit sie in ausreichendem Maße preiswerten Wohnraum zu Verfügung stellt. Auf Bundesebene setzen wir uns für eine Erhöhung der Regelsätze für Kinder und Jugendliche ein. Außerdem sollen die Berechnungsgrundlagen der Regelsätze überprüft werden... Wir wollen auch Wege prüfen, wie die Wiedereinführung von Einmalleistungen gelingen kann, ohne die Kommunen zu belasten... Es soll geprüft werden, ob die begleitenden sozialen Hilfen wie Schuldner- und Suchtberatung analog zu Regelungen in der Stadtgemeinde Bremerhaven durch Bremen bewilligt und in kommunaler Bremer Verantwortung organisiert werden können. Wir wollen mit der BSAG Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, analog zum Angebot von Job-Tickets ein ermäßigtes Sozialticket einzuführen.“

Die Einführung eines Sozialtickets würden wir selbstverständlich lebhaft begrüßen! Ansonsten prüfen, prüfen und nochmals prüfen – das scheint mir das dominierende Credo in dem Papier zu sein. In Sachen Mietobergrenzen drängt sich zum Beispiel zwingend die Frage auf: Warum wollt ihr eigentlich die Umzugsaufforderungen nur „drastisch reduzieren“? Jede Aufforderung ist eine zuviel, und deshalb meine ich, weg damit! Es reicht auch nicht, die „Gewoba“ nur aufzufordern, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Die „Gewoba“, die ja noch teilweise im Besitz des Landes Bremen ist, muss die Mieten ganz allgemein deutlich senken, was sie aufgrund ihrer Ertragslage auch ohne Weiteres könnte. Keine weiteren Anteilsverkäufe an Kapitalhaie und auch keine das Gesundheitssystem zusätzlich ruinierenden Privatisierungen mehr bei den Bremer Krankenhäusern! Es reicht im Übrigen nicht, die Regelsätze für ALG-II-Betroffene wieder mal nur zu „überprüfen“, sondern sie müssten deutlich erhöht werden, und darüber hinaus wäre eine Initiative zur gänzlichen Abschaffung der Hartz-Gesetze notwendig!

An anderer Stelle ist in dem Papier davon die Rede, dass sich die künftige Koalition verstärkt um die „Schaffung und Sicherung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze“ kümmern wolle. Ein solches Vorhaben würden wir natürlich ebenfalls begrüßen. Leider gibt es nur wenige Anhaltspunkte dafür, dass SPD und Grüne in Sachen Ein-Euro-Jobs und andere prekäre Arbeitsverhältnisse wirklich an die völlige Abschaffung derselben zugunsten eines armutsfesten Mindestlohns und tariflich abgesicherter Arbeitsplätze denken. Diese Forderung bleibt also weiterhin aktuell.

Es konnten hier jetzt längst nicht alle Themenbereiche abgehandelt werden. Aber auch in Sachen Kinder- und Jugendpolitik, Bildungs- und Kulturpolitik, Arbeitsmarkt, Beruf und Weiterbildung, Emanzipation der Geschlechter sowie in der allgemeinen Gesundheitspolitik bleiben unsere berechtigten Forderungen auf der Tagesordnung. Wir werden sie montags immer wieder aufgreifen!

 

Strommanager tarnen Beinahe-GAU als „kleinen Störfall“

21. 05. 2007 – Wenn Informationen von Umweltschützern zu den AKW-Unfällen von Brunsbüttel und Krümmel zutreffen, wovon auszugehen ist, dann sind wir alle am 28. Juni haarscharf an einem atomaren GAU vorbeigeschlittert. Aber die ganze Wahrheit kommt, auch dank einer gleichgeschalteten Presse, nur sehr bruchstückhaft ans Licht. Der Transformatorbrand in Krümmel betraf nämlich auch den eigentlichen Reaktor, weil die Brennstäbe durch die Schnellabschaltung und dem Ausfall einer Wasserpumpe plötzlich nicht mehr genug Kühlwasser bekamen.

Außerdem war das Bedienungspersonal durch eindringendes Rauchgas in eine sehr gefährliche Situation geraten und dadurch nicht mehr in der Lage, den Reaktor vorschriftsmäßig zu bedienen. Folglich war dort der Druck von 65 auf 20 bar abgestürzt, und der Wasserfüllstand sank unter 11,6 Meter und musste dann um mehr als drei Meter angehoben werden, so die „Tageszeitung“ vom 6. Juli 2007. Wenn dies nicht gelungen wäre, hätte in dem AKW an der Elbe die vermutlich einsetzende Kernschmelze eine atomare Katastrophe mit unvorstellbaren Folgen ausgelöst.

Es ist eine Ungeheuerlichkeit, mit welcher Dreistigkeit hier verharmlost, verschwiegen und gelogen wird. Die Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel sind uralt, es gab in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder von der Firma Vattenfall verschwiegene kleinere und größere Unfälle. Die Leukämierate und die entsprechenden Todesfälle sind in der Elbmarsch unter Kindern schon lange besonders hoch, doch die bezahlten Wissenschaftler auf Vattenfalls Gehaltsliste haben den Zusammenhang von Verstrahlung und Erkrankung stets hartnäckig geleugnet. Das Sozialministerium in Kiel, das vorgeblich die Oberaufsicht über die Atomkraftwerke hat und auch nur verlogene Statements von sich gibt, hat sich anscheinend längst zum Büttel dieser Mafia machen lassen.

Das alles zeigt: Eine Katastrophe wie die von Tschernobyl, die damals mehreren hunderttausend Menschen das Leben kostete und an deren Spätfolgen noch heute Tausende sterben, ist auch bei uns jederzeit möglich. Es gibt keine „sicheren“ Kernkraftwerke, wie uns die Atomverbrecher immer weismachen wollen. Das Problem der sicheren Endlagerung atomarer Abfälle ist völlig ungelöst, die Betreiber lagern die abgebrannten Brennstäbe, die sie verharmlosend „schwach-radioaktives Material“ nennen, zum Teil einfach irgendwo auf dem Reaktorgelände. Die Fässer sind oft noch nicht einmal in feuerfesten Gebäuden untergebracht, sondern lediglich in Holzbaracken gestapelt, die selbst einfachsten Sicherheitsstandards nicht entsprechen. Nicht auszudenken, wenn beispielsweise ein Flugzeug auf diese Anlagen stürzt!

Eine Wiederaufarbeitung, die lange Reisewege zum Beispiel nach Frankreich und zurück erfordert und damit auch ein ständiges Gefahrenpotential für die Bevölkerung darstellt, ist eine genauso unsichere Angelegenheit. Die sogenannte „Endlagerung“ im Salzstock von Gorleben ist eine tickende Zeitbombe: Das Material strahlt jahrtausendelang, und niemand weiß, ob und wie sich die Bodenverhältnisse in großer Tiefe im Laufe der Zeit verändern und damit Strahlung bis an die Oberfläche durchlassen können. Es dürfte also klar sein, dass diese Technologie absolut unbeherrschbar ist.

Seriöse Berechnungen zeigen, dass keineswegs die Lichter ausgehen, wenn es keine Atommeiler mehr gibt. Auch das Argument der Betreiber, Kernkraftwerke seien besonders kostengünstig und umweltverträglich, ist längst widerlegt. Das genaue Gegenteil ist der Fall! Wie zynisch und verbrecherisch die Firma Vattenfall handelt, zeigt auch die von „Greenpeace“ erstellte Berechnung, wonach der Konzern von 1996 bis 2005 das Personal in Krümmel um zwölf Prozent reduziert und gleichzeitig die Leistung des Kraftwerks um sieben Prozent gesteigert hat. Aus alldem ergibt sich nur eine Schlussfolgerung: Sämtliche Atomkraftwerke gehören sofort abgeschaltet! Und dies nicht nur bei uns, sondern möglichst überall auf der Welt!

 

Für eine armutsfeste Grund­sicherung ohne Diskriminierung!

16. 07. 2007 – Hier Auszüge aus einem Positionspapier der „Solidarischen Hilfe“. Sie wurde 1987 als Erwerbslosenprojekt mit dem Anspruch gegründet, Sozialberatung und Einfluss auf politische Verhältnisse zu vereinen. Heute verfügt die Solidarische Hilfe über 300 Mitglieder und organisiert in fünf Beratungsstellen im Lande Bremen eine Erwerbslosenberatung mit Schwerpunkt SGB II. Darüber hinaus ist die „Solidarische Hilfe“ anerkannte Stelle der Insolvenzberatung und bietet an vier Orten eine Schuldner(innen)beratung an.

„Verbindung von Selbsthilfe in allen Lebensbereichen mit gemeinsamen Vorstellungen und Alternativen zur gesellschaftlichen Veränderung der Lebenslage“ – so steht es in der Satzung des eingetragenen Vereins, der auf zwei Säulen stehen will. Die eine ist: Wir beraten zu uns kommende Menschen in einer sozialen beziehungsweise finanziellen Not- oder Problemlage über die nächsten Schritte, wieder auf die Beine zu kommen und sich möglichst selbst weiterhelfen zu können. Das ist die „Hilfe-Seite“ der „Solidarischen Hilfe“.

Die andere Säule ist, dass wir diesen und anderen Menschen verdeutlichen, dass es das gesellschaftliche System ist, das ihre Not- und Problemlage erst erzeugt hat und wohl auch nach einer Besserung erneut erzeugen wird. Abhilfe kann nur bringen, zusammenzuhalten und gemeinsam gegen die gesellschaftlichen und politischen Ursachen von Verarmung und Entwürdigung vorzugehen. Und zwar so praktisch und konkret, dass jede und jeder sich beteiligen kann. Das ist die „solidarische Seite“ der „Solidarischen Hilfe“.

Die „Solidarische Hilfe“ setzt sich das Ziel, gesellschaftliche Bedingungen zu verändern. Dazu zählt sowohl die Verbesserung der Lebenssituation hier und heute als auch die Veränderung gesamtgesellschaftlicher Verhältnisse. Zu den dringendsten Aufgaben gehört die Organisation von Widerstand gegen die repressiven Auswirkungen von Hartz IV, verbunden mit der Zielstellung, dieses Gesetz abzuschaffen.

Die „Solidarische Hilfe“ setzt sich für eine Grundsicherung oberhalb der Armutsgrenze ohne diskriminierende Zugangsbedingungen und für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ein. Dieser sollte mindestens zehn Euro brutto pro Stunde betragen. Der Zugang zur Grundsicherung darf nicht an Unterhaltsansprüche von Angehörigen oder den Zwang zur Arbeit gekoppelt sein.

Dies bedeutet auch die Abschaffung aller Formen des Arbeitszwangs, wie er jetzt zum Beispiel in Form der Ein-Euro-Jobs praktiziert wird. Die „Solidarische Hilfe“ nutzt ihre Ressourcen, gemeinsam mit den Menschen durch Öffentlichkeitsarbeit und Organisation von Widerstand deren Lebenssituation zu verbessern. Zur Erreichung dieser Ziele bietet sie den Mitgliedern und Betroffenen Arbeitskreise und Mitgliedertreffen an, in denen der Widerstand organisiert werden kann.

Sozial- und Schuldnerberatung sind unverzichtbare Bestandteile der Tätigkeit „Solidarischen Hilfe“. Die Beratungstätigkeit ist jedoch kein Selbstzweck – eine ausschließlich auf die individuelle Beratung beschränkte Tätigkeit ist nicht Ziel des Vereins. Sozial- und Schuldnerberatung zielen auf die Durchsetzung individueller Rechtsansprüche und sind Teil der auf gesellschaftliche Veränderung zielenden Tätigkeit des Vereins. Zur Durchsetzung ihrer Ziele arbeitet die „Solidarische Hilfe“ mit Verbänden und Organisationen zusammen, die gleiche oder ähnliche Zielstellungen haben.

Die „Solidarische Hilfe“ will nicht Teil der Wohlfahrtsverbändestruktur der Bundesrepublik sein, die auf die bloße Verwaltung und Betreuung der Armut abzielt, um damit ihre eigene Existenz zu rechtfertigen. Zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit setzt die „Solidarische Hilfe“ auf die Einwerbung der notwendigen Mittel aus eigener Kraft. Dazu zählt unter anderem die Werbung von Mitgliedern, Förderern und Spendern, denn staatliche Zuschüsse für Erwerbsloseninitiativen sind direkt oder indirekt mit einer Einflussnahme auf die Inhalte der Träger verbunden.

Ein repressiver Staat fördert keine Organisationen, die seine Zielstellungen bekämpfen. Die „Solidarische Hilfe“ lehnt daher Bewerbungen um Projektförderungen ab, die an politische Bedingungen geknüpft sind. Ziel ist die Erringung einer finanziellen Unabhängigkeit, die eine Interessenvertretung ohne jegliche Bevormundung und Einschränkung zulässt. Eine selbständige „Solidarische Hilfe“ mit einem großen und aktiven Mitgliederstamm, die sich als Teil einer systemverändernden und außerparlamentarischen Bewegung versteht, ist Voraussetzung für einen breiten Widerstand und erfolgreiche Kampagnen gegen Verarmung und Entrechtung!

 

Ein bundesweit einmaliger Kulturskandal könnte sich noch in dieser Woche anbahnen. Der „Kurier am Sonntag“ berichtete am 15. Juli, dass sich das Schicksal des 55 Jahre alten Sendesaals von „Radio Bremen“ in dieser Woche zwischen Erhalt oder Abrissbirne entscheidet. Dabei ist dieser Sendesaal ein absolut unverzichtbarer Bestandteil der Bremer Musikkultur. Es wäre empörend, wenn die „Stradivari unter den Konzertsälen“ (Architekt Wilfried Turk) doch noch nach jahrelangem Kampf der Profitgier von zwei Immobilienhaien zum Opfer fallen sollte, die das Gelände an der Bürgermeister-Spitta-Allee zum bloßen Wohnprojekt für betuchte Mieter degradieren wollen!

Dass selbst „Radio Bremen“ den Sendesaal plattgemacht sehen will, ist auch ein beispielloser medienpolitischer Skandal. Ist so etwas überhaupt mit dem öffentlich-rechtlichen Programmauftrag vereinbar? Intendant Glässgen, der „Radio Bremen“ zu einem Anhängsel des NDR machen will und den Umzug des Senders ins Faulenquartier erzwungen hat, macht jedenfalls in diesem Zusammenhang eine ziemlich miese Figur. Vermutlich würden sich die Bremer Stadtmusikanten – denen in diesen Tagen so viel Aufmerksamkeit zuteil wurde – angesichts des würdelosen Umgangs mit einem unwiederbringlichen Kulturgut entsetzt im Grabe herumdrehen.

Bereits im Jahre 2003 gab es ein Marathon-Solidaritätskonzert in dieser schönen „Schachtel in der Schachtel“, wie der Saal auch liebevoll genannt wird. Die Hansestadt erhebt immer noch den Anspruch, Kulturhauptstadt werden zu wollen und richtet alljährlich ihre sehr erfolgreichen „Bremer Musiktage“ aus. Dazu würde der geplante Konzerthaus-Abriss in diametralem Widerspruch stehen.

Der Sendesaal stellt ein Stück Bremer Musikhistorie dar und genießt auch international einen ausgezeichneten Ruf. Eine Zerstörung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes wäre ein verheerendes Signal. Der Pianist Alfred Brendel nannte den eventuellen Abriss sogar völlig zu Recht „einen barbarischen Akt“. An den neuen Bremer Kultursenator und Bürgermeister, der hier das letzte Wort hat, sei der dringende Appell gerichtet: Herr Böhrnsen, denken Sie an den zu erwartenden Image-Schaden für die Stadt, und tun Sie alles, um den Sendesaal zu retten!

 

Die hässliche Seite
der schönen Statistik

23. 07. 2007 – In der „Tageszeitung“ vom 23. Juli 2007 fand ich eine Meldung, die ich nicht unkommentiert lassen möchte. Danach erwartet Wirtschaftsminister Glos, dass 2008 weniger als 3,5 Millionen Menschen ohne Job sein würden. Für 2009 rechne er „mit einer weiteren Verbesserung“, verriet er der „Blöd am Sonntag“. Der Freiburger „Wirtschaftsweise“ Bert Rürup, der schon unter der Schröder-Regierung besonders unangenehm auffiel, stößt in das gleiche Horn und behauptet ebenfalls, dass im Sommer oder Herbst 2008 die Zahl „merklich unter 3,5 Millionen liegen“ würde.

Beim Wörtchen „würde“ wären wir bei der Würde, denn 3,5 Millionen unter der Knechtschaft der Hartz-Gesetze sind immer noch 3,5 Millionen zuviel! Glos und Rürup würden unter Realitätsverlust leiden, wenn sie selber glauben würden, dass sich Arbeitslose künftig in großer Zahl in Luft auflösen oder trotz weiter verschärfter Massenentlassungen unter menschenwürdigen Bedingungen wieder Arbeit finden werden. Deshalb wird verschwiegen, dass schon heute Millionen Menschen nur deshalb nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik auftauchen, weil die Arbeitsagenturen sie zwecks Schönung derselben gezwungen haben, bei Strafe von Kürzung oder Streichung des Arbeitslosengeldes jeden noch so miesen Job anzunehmen. Mehr als 1,3 Millionen Sanktionen wurden allein im Jahre 2006 verhängt, weil die Erwerbslosen die Annahme solcher Jobs verweigerten.

Die meisten betroffenen Menschen befinden sich in Ein-Euro-Jobs, sogenannten „Trainingsmaßnahmen“ und allen möglichen dubiosen Be­schäf­ti­gungs­ver­hält­nis­sen weit unterhalb des Existenzminimums. Mit Ein-Euro-Jobs oder schikanösen „Eignungsfeststellungen“ werden Erwerbslose einer sinnlosen und menschenverachtenden Prozedur der Erniedrigung und Disziplinierung unterworfen. Wer dies leugnet oder nicht zur Kenntnis nehmen will, der macht sich – gewollt oder ungewollt – zum Komplizen der Ausbeuter und behördlichen Statistikfälscher.

Der Niedriglohnsektor boomt, und darauf stützt sich zum großen Teil der sogenannte Wirtschaftsaufschwung. Die Beschäftigungszuwächse 2006/2007 basieren vor allem auf Niedriglohn und Zeitarbeit. Etwas anderes zu behaupten wäre Selbstbetrug und bewusste Täuschung der Öffentlichkeit. Von der gesellschaftlichen Ausgrenzung durch Billigstlöhne sind Frauen und Kinder besonders stark betroffen. Ihnen werden die Menschenwürde und die Zukunft geraubt, und das ist ein riesengroßer Skandal, Herr Glos!

 

Atom-Glos wärmt kalten Kaffee auf! Im Februar tönte der CSU-Wirtschafts­minister schon einmal, dass dem „Klimawandel“ nur mit dem Ausbau der Kern­energie beizukommen sei. So als ob es die schweren Unfälle von Krümmel und Brunsbüttel nicht gegeben hätte, fordert Michael Glos erneut noch mehr Atomkraftwerke. Schützenhilfe erhält er jetzt von seinem Parteifreund und bayerischen Ministerpräsidenten Beckstein sowie von CDU-Fraktionschef Volker Kauder.

Unterdessen werden immer mehr schwerwiegende Mängel an diesen beiden Atommeilern bekannt. Nach den falschen Dübeln im Kraftwerk Krümmel kommen jetzt Verankerungsmängel an den Rohrleitungshalterungen des Not- und Nachkühlsystems von Brunsbüttel ans Licht. Daraufhin wurde auch dieser Reaktor abgeschaltet. Zuvor hatte die Betreiberfirma Vattenfall dem Druck der Öffentlichkeit nachgeben müssen und ihre „GAU-Leiter“ Thomauske und Rauscher rausgeschmissen. Dieser Schritt war allerdings längst überfällig. Doch mit dem bloßen Auswechseln von Köpfen ist es nicht getan. Der Firma gehört die Betriebserlaubnis für Atomkraftwerke entzogen. Unsere Forderung kann daher nur lauten: Keine neuen Atomanlagen! Sämtliche Kernkraftwerke sofort abschalten!

 

Unsere Zukunft – atomwaffenfrei! Am 6. August 1945 warf die US-Luftwaffe die erste Atombombe auf Hiroshima. Drei Tage später folgte die zweite auf Nagasaki. 200.000 Menschen starben sofort, über 100.000 erlitten grausame Verletzungen. Eine unbekannte Zahl von Menschen starben an den Folgen der radioaktiven Strahlung. Damit begann ein jahrzehntelanges atomares Wettrüsten. Insgesamt gibt es jetzt weltweit mehr als 40.000 Sprengköpfe – genug, um die gesamte Menschheit auszulöschen. Dem setzt die internationale Friedensbewegung die Forderung entgegen: Atomwaffen abschaffen!

Inzwischen haben neun Staaten Atomwaffen: USA, Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea. Die fünf ersten Atommächte verstoßen laufend gegen den Atomwaffensperrvertrag von 1970, in dem sie sich zur vollständigen atomaren Abrüstung verpflichtet haben. Die USA, Russland, Großbritannien und Frankreich rüsten nuklear weiter auf und schließen nicht einmal den Ersteinsatz aus. Wie die Beispiele Indiens, Pakistans und Nordkoreas belegen, streben immer mehr Staaten nach Atomwaffen. Wir müssen bei uns anfangen!

480 Atombomben der USA lagern immer noch in Europa, 150 davon auf deutschem Boden, in Büchel und Ramstein. Von den US-Atombomben in Büchel haben 20 jeweils das 200-fache der Sprengkraft der Hiroshimabombe. Bundeswehrpiloten trainieren deren Einsatz mit Tornado-Jagdbombern, was völkerrechtswidrig ist. Wir fordern von der Bundesregierung: Keine deutschen Piloten für möglichen Atomwaffeneinsatz, keine Mitwirkung bei Atomwaffenplanungen der NATO, Abzug aller Atomwaffen aus Ramstein und Büchel, Eintreten für die Erhaltung des Atomwaffensperrvertrags und die vollständige atomare Abrüstung international!

Am Montag, dem 6. August 2007, trifft sich die Friedensbewegung zur Mahnwache und Kundgebung um 12 Uhr auf dem Marktplatz. Anlass ist das Gedenken an den Atombomben-Abwurf auf Hiroshima und Nagasaki. Es spricht Physiker Bernhard Stoevesandt, und es gibt Musik von der Gruppe Velvet aus Weyhe. Bitte bringt Blumen für das Peace-Zeichen mit! Veranstalter sind das „Bremer Friedensforum“, die „Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrie­ges“ und die Gruppe „Feliz“.

Am 15. September gibt es in Berlin eine Demonstration unter dem Motto „Bundeswehr raus aus Afghanistan!“

 

Die Bezieher von ALG II haben Anspruch auf volle Erstattung ihrer Heizkosten, auch wenn sie ausnahmsweise in einer größeren Wohnung leben als eigentlich vorgesehen. Dies entschied jetzt das Sozialgericht Düsseldorf (Aktenzeichen S23 AS 119/06). Die Arge Krefeld dürfe nicht nur die Heizkosten für eine Regelwohnung anerkennen. Eine Trennung der Heiz- von den Unterkunftskosten sei nicht möglich. Zudem habe der Gesetzgeber bei unangemessenen Heizkosten keine Sanktionen vorgesehen.

Im vorliegenden Fall ging es um einen Alleinstehenden, der mit Zustimmung der Behörde in einer vergleichsweise billigen 55-Quadratmeter-Wohnung lebt. Eigentlich sind für Singles nur 45 Quadratmeter vorgesehen. Die Arge berücksichtigte nur die Heizkosten für eine 45 Quadratmeter große Wohnung, schreibt das „Neue Deutschland“ am 24. Juli 2007. –

In der gleichen Ausgabe steht noch eine weitere Meldung, die ich euch nicht vorenthalten möchte: Im Herbst kommt ein Knüller auf den Buchmarkt, das Hartmut-Mehdorn-Bekenntnis „Diplomat wollte ich nie werden“. Der Bahnchef, der uns auch mit der Bahnaktie beglücken will, hat ein schlaues Marketing-Konzept ausgetüftelt – ähnlich wie bei den teils unerforschlichen Tarifmodellen. Wie man hört, orientiert sich Mehdorn am Erfolg der Potter-Saga.

Da aber niemand die Harry-Mehdorn-Fantasy freiwillig kauft, wird sie Bestandteil des neuen „Harry-Surf-and-Rail-Service“: Wer die „Bahncard 50“ erhalten will, muss 50 Harry-Bücher nehmen, für die „Bahncard 100“ sind 100 Exemplare fällig. Den Sommer über sollen brisante Details lanciert werden, um die Spannung anzuheizen: von welchem Bahnhof bald die Fassade abfällt, oder warum Harry sich selbst toll findet. Einfach so gibt’s Bücher plus Bahncard nicht: Man muss am Erscheinungstag null Uhr mit Schaffnerkelle und -mütze vor Harrys Glaspalast stehen, Frauen müssen außerdem „Harry, lass mich in deinen Liegewagen“-Schreie ausstoßen.

 

Wir halten zu jedem,
der die Wahrheit sagt

30. 07. 2007 – Lieber Hermann Siemering! Wir kennen dich noch aus der Zeit, als du mit deinen Redebeiträgen auf der Montagsdemo Furore machtest. Deine Stimme ist jetzt weit und breit die einzige in den Bremer Medien (vom Internet einmal abgesehen), die noch unzensiert und ungeschminkt die Wahrheit verbreitet. Dies scheint einigen unbelehrbaren Zeitgenossen nicht zu gefallen. Seit einiger Zeit wirst du offensichtlich für deine Beiträge im „Bürgerrundfunk“ übel diffamiert und zumindest verbal bedroht.

Wir glauben, dass du jetzt Rückenstärkung gut gebrauchen kannst. Da wir ebenfalls noch aktiv sind, müssen auch wir uns zuweilen einiges an Unverschämtheiten anhören. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern und sind wie du fest entschlossen, weiterhin gegen die neoliberale Politik in Berlin – und insbesondere gegen die sich abzeichnende rot-grüne Bremer Variante dieser Politik – anzukämpfen.

Einen kleinen Vorgeschmack davon, wie die neue Koalition in Zukunft zu agieren und ihren eigenen Koalitionsvertrag zu negieren gedenkt, lieferte bekanntlich Christian Weber mit seinem gescheiterten Versuch, die skandalumwitterte frühere Sozialsenatorin Röpke in das hohe Amt der Bürgerschaftspräsidentin zu hieven. Das war der erste dicke Skandal der neuen rot-grünen Regierung, und deshalb müssen wir wohl kaum befürchten, dass dies der letzte war, den wir hier öffentlich anprangern müssen.

Wir sind davon überzeugt, dass du dich weder einschüchtern, noch von irgendwem im „Offenen Kanal“ zensieren lässt. Wir wünschen dir, dass du so weitermachen kannst wie bisher und stehen solidarisch auf deiner Seite! Im Übrigen würden wir uns sehr freuen, wenn du auch wieder an einer Montagsdemo teilnehmen könntest, und sei es nur als Zuhörer. Herzliche Grüße, auch im Namen der Bremer Montagsdemonstranten!

 

Olivgrüner Opportunismus

06. 08. 2007 – Vor wenigen Stunden fand hier auf dem Marktplatz die alljährliche Mahnwache aus Anlass der Atom­bombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki statt. Mit reger Beteiligung, denn immerhin nahmen fast 150 Menschen daran teil. Bürgermeister Jens Böhrnsen schickte eine Grußbotschaft, in der er schreibt: „Das ‚Bremer Friedensforum‘ hält die Erinnerung an diese Ereignisse wach. Dafür danke ich dem ‚Friedensforum‘ im Namen der Freien Hansestadt Bremen“. Weiter schreibt er, dass es zur Abschaffung aller Atomwaffen keine Alternative gebe und dass der Hiroshima-Tag mahne, im Streben für eine atomwaffenfreie Welt nicht nachzulassen. Wir nehmen Sie beim Wort, Herr Böhrnsen, und werden Sie daran erinnern, wenn Sie mal hohe Staatsgäste aus Ländern empfangen, die neuerdings wieder kräftig atomar aufrüsten. Fordern Sie mit uns den Abzug der US-Sprengköpfe aus Büchel!

In krassem Widerspruch dazu steht, was die frischgebackene grüne Bür­ger­meis­te­rin Karoline Linnert kürz­lich tat. Sie feierte am 28. Juli zusammen mit der Besatzung des Kriegsschiffs „Bremen“ Fre­gat­ten-Ge­burts­tag. Mit Kriegsschiffen dieser Grö­ßen­ord­nung lässt sich auch atomare Munition verschießen. In einem Interview der „Tageszeitung Bremen“ vom selben Tag sagte sie: „Ich bin Bür­ger­meis­te­rin aller Bremerinnen und Bremer und vertrete den Präsidenten des Senats, Jens Böhrn­sen. Da ist es selbst­ver­ständ­lich, dass ich den Termin wahrnehme. Ich mache meine Arbeit, über meine Ge­fühls­lage sage ich nichts. Ich werde der Besatzung danken und ihr ein Geschirr über­rei­chen.“

Auf die Feststellung der „Tageszeitung“, dass Animositäten zwischen Grünen und Bundeswehr wechselseitig seien, sagte sie: „Animositäten gibt es nicht. Die militärische Ausbildung beinhaltet Staatsbürgerkunde, davon können sich andere Institutionen etwas abgucken. Das sind Demokraten. Die Einsätze werden vom Bundestag legitimiert. Selbst wenn ich einen Einsatz persönlich für falsch hielte, ändert das nichts an der Rechtsgrundlage. So etwas darf nicht zu persönlicher Feindseligkeit führen. Ich weiß natürlich, dass es einige Leute degoutant finden. Ich verstehe das schon, aber ich halte es für falsch.“

Das sagt dieselbe Frau Linnert, die noch vor wenigen Wochen hier auf der Montagsdemo mit warmen Worten eine bessere Sozialpolitik versprach. Eine gute Sozialpolitik geht nicht ohne Friedenspolitik! Ihren olivgrünen Opportunismus gegenüber der Rüstungsindustrie finde ich enttäuschend und bestürzend, Frau Linnert! Sie sagten, die militärische Ausbildung beinhalte Staatsbürgerkunde. Seit wann gehört zur „Staatsbürgerkunde“ das Töten auf Befehl? Für mich sind Soldaten in der Regel keine Demokraten, da halte ich es mit Tucholsky, der in den 1920-ger Jahren einmal sagte „Soldaten sind Mörder!“ Bei so viel Doppelzüngigkeit fällt es mir extrem schwer, an die Friedfertigkeit des neuen rot-grünen Senats zu glauben!

 

Das „Friedensforum“ ruft auf zum Antikriegstag in Bremen! „Der Krieg ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis menschlichen Handelns. Deshalb gilt es, diesem Handeln auf die Spur zu kommen. Wir müssen der Geißel neuer Kriege entschlossen begegnen“, so Bundespräsident Gustav Heinemann in seiner Ansprache am 1. September 1969 zum 30. Jahrestag des Kriegsbeginns 1939 über alle Rundfunk- und Fernsehsender der ARD und des ZDF. Kriege beginnen mit der Vorstellung, dass Konflikte nicht zivil, sondern nur mit Gewalt und militärischen Mitteln lösbar sind.

Sie beginnen mit der Rüstungsproduktion und dem Einsatz kleiner und großer Waffensysteme. Sie werden angeheizt durch Rüstungsexport und immer mehr Ausgaben für den weltweiten Einsatz modernster Waffensysteme – auch bei der Bundeswehr. Hier in Bremen werden militärische Großsysteme im Schiffbau (Fregatten, Korvetten mit modernster Bestückung) und der Luftfahrt (Beteiligung an Kampf- und Transportflugzeugen, Logistik) produziert. Wir können in Bremen wahrlich nicht „stolz“ darauf sein, den Kriegsideologen und Waffenproduzenten wegen weniger Arbeitsplätze bei der Kriegsproduktion und den militärischen Einsätzen behilflich zu sein!

Deshalb wenden wir uns heute mit aller Deutlichkeit gegen die Rüs­tungs­pro­duk­tion, auch hier im Lande Bremen; gegen die Kriegsvorbereitungen und alle Versuche, Konflikte militärisch zu lösen; gegen den Rüstungsexport von Kleinwaffen, Minen, Großgerät bis hin zu U-Booten; gegen die Beteiligung an Bundeswehr- und Waffeneinsätzen weltweit; gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, denn unsere Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt; gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren; gegen die Abschottungs- und Ausbeutungspolitik der EU. – Die Kundgebung beginnt am Freitag, dem 31. August 2007, um 17 Uhr am Bahnhofsvorplatz in Bremen.

 

Das „Bremer Friedensforum“ ruft außerdem auf zur Demonstration „Bundes­wehr raus aus Afghanistan“ in Berlin! Wir fordern: Frieden für Afghanistan! Keine Verlängerung der Bundeswehreinsätze! „Dann gibt es nur eins: Sag nein!“, schrieb Wolfgang Borchert 1947.

Afghanistan ist heute von demokratischen Verhältnissen weit entfernt. Die Bevölkerung, die immer häufiger Zielscheibe der Angriffe ist, lebt in ständiger Angst und unter unwürdigen sozialen Bedingungen. Durch den „Tornado“-Einsatz wurde die – seit Anbeginn betriebene – deutsche Kriegsbeteiligung ausgeweitet und die Verquickung von „Operation Enduring Freedom“ und ISAF fortgeführt. Deutschland beteiligt sich damit an der militärischen Eskalation und nimmt den Tod vieler weiterer Menschen, auch deutscher Soldaten, in Kauf.

Der zivile Wiederaufbau in Afghanistan sowie eine humane Entwicklung können überhaupt erst gelingen, wenn der Krieg beendet ist. Die Kriegsschäden müssen durch die kriegführenden Staaten beseitigt, alle Truppen abgezogen und die somit freiwerdenden Mittel für humanitäre Arbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen genutzt werden. Seit 2002 wurden in Afghanistan 85 Milliarden Dollar für Militärmaßnahmen, dagegen nur 7,5 für den zivilen Wiederaufbau eingesetzt.

Die Beendigung der Bundeswehreinsätze kann ein erster Schritt zum Frieden sein. Das würde die Bush-Administration unter Druck setzen, die US-Truppen ebenfalls zurückzuziehen. Wir fordern die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auf, einer Mandatsverlängerung nicht zuzustimmen!

Die Demonstration am 15. September 2007 in Berlin beginnt um 12 Uhr am Roten Rathaus und endet um 14:30 Uhr am Brandenburger Tor. Die Busse fahren in Bremen um 6 Uhr ab.

 

Touristen sollen kein Elend sehen

13. 08. 2007 – Am heutigen Nachmittag fand neben unserer traditionellen Montagskundgebung noch eine weitere Aktion statt, die auf die Not der von Armut und Ausgrenzung Betroffenen aufmerksam machen sollte. Es ging dabei um die Not derjenigen, die bereits ganz unten sind und kein Dach mehr über dem Kopf haben. Die Initiative „Bremer und Bremerinnen gegen Obdachlosigkeit“ wies auf dem Liebfrauenkirchhof mit der Aktion gegen die alltägliche Diskriminierung der betroffenen Menschen hin. Als Blickfang diente ein auf dem Boden ausgebreiteter zehn Meter langer Besen aus Papier. Er symbolisiert die Absicht des Senats, die Innenstadt von Obdachlosen „leerzufegen“. Hintergrund ist die im letzten Jahr erfolgte Änderung des sogenannten Ortsgesetzes, wonach die Vertreibung der Betroffenen von öffentlichen Plätzen und Bänken erleichtert werden soll. „Sauber“ soll die Innenstadt werden, so wollen es die Verantwortlichen. Die letzte Stufe der Armut, das blanke Elend und die Verwahrlosung von Menschen unter Alkohol sollen zum Beispiel unter den Rathausarkaden oder auf den Domtreppen nicht mehr sichtbar sein nach dem Motto: Bloß nicht den vielen Touristen diesen Anblick zumuten, denn in Bremen gibt es ja keine Armut!

Mit dem symbolischen Besen und den darauf gemalten Aussagen wie „Wohnen ist ein Menschenrecht“ wiesen wir als Teilnehmer(innen) auf die Menschenverachtung hin, mit der die Behörden die Obdachlosen verfolgen. In dem Flugblatt zur Aktion sind die Forderungen an die Politik aufgelistet: „Kein Platzverweis für Obdachlose, sondern menschlicher Umgang mit ihnen. Mehr und bessere Wohnprojekte und aktive soziale Hilfe für von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen. Mehr kostenlose Toiletten und Waschgelegenheiten! Weitere Forderungen sind: Förderung des sozialen Wohnungsbaus, Erhöhung der Mietobergrenzen der Bagis, Senkung der Mieten sowie eine menschenwürdige und bedingungslose Grundsicherung für alle, die sich am Existenzgeldmodell der „Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen“ (BAG-SHI) orientieren sollte. Großkonzerne inklusive Banken und Versicherungen müssen verstaatlicht werden – so eine weitere Forderung – wenn sie Menschen entlassen, obwohl sie Profite erwirtschaften. Und last but not least, ganz aktuell: Stoppt die Privatisierung staatlicher Unternehmen!

Dann möchte ich noch eine positive Nachricht mitteilen, die bestens zum Thema „menschenwürdiges Wohnen“ passt. Sie stammt aus dem Newsletter „Marktplatz Recht: Das juristische Portal“ und betrifft ein Urteil des Sozialgerichts Dresden. Dort heißt es wörtlich: „ALG-II-Empfänger haben Anspruch auf ein Zimmer pro Kopf“. Eine vierköpfige Familie, die von Arbeitslosengeld II lebt, hat Anspruch auf eine Vierraum-Wohnung. Der Leistungsträger muss daher einem Umzug aus einer Dreiraum-Wohnung zustimmen. Dies hat die 10. Kammer des Sozialgerichts Dresden am 2. August 2007 entschieden. Die unverheirateten Antragsteller bewohnen zusammen mit den beiden zwölf Jahre beziehungsweise 17 Monate alten Söhnen der Antragstellerin eine Dreiraum-Wohnung in Bischofswerda, die knapp 60 Quadratmeter groß ist. Sie möchten in eine nahe gelegene, zehn Quadratmeter größere Wohnung umziehen. Die Warmmiete wäre 80 Euro pro Monat teurer. Der Landkreis Bautzen lehnte die Zustimmung zum Umzug ab, weil der kleine Junge noch kein eigenes Zimmer brauche. Das Sozialgericht hat den Landkreis Bautzen mit einer einstweiligen Verfügung verpflichtet, dem Umzug zuzustimmen. Dr. Hans von Egidy, Vorsitzender der 10. Kammer: „Nachdem ein Kleinkind dem Säuglingsalter entwachsen ist, steht ihm in der Regel ein eigenes Zimmer zu. Insbesondere wenn ein erheblicher Altersunterschied zwischen den Geschwistern besteht, muss der Leistungsträger einem Umzug in eine angemessene Wohnung zustimmen. Dann sollte pro Familienmitglied ein Zimmer vorhanden sein“ (Aktenzeichen S10 AS 1957/07 ER, noch nicht rechtskräftig). Na bitteschön – es geht doch!

 

Schon wieder eine rot-grüne Enttäuschung

20. 08. 2007 – Die geringe Anhebung der Mietobergrenzen, die zwar viele Menschen vor den bösen Briefen der Bagis bewahren wird, ist im Grunde auch nur eine Mogelpackung. Sie deckt oft nicht einmal die gestiegenen Nebenkosten! Außerdem müssen dann immer noch – laut „Weser-Kurier“ vom 18. August – 4.600 „Bedarfsgemeinschaften“ zwangsumziehen. Das sind 4.600 zu viel! Die neue Koalition hat ihr Wahlversprechen gebrochen, eine Erfahrung, die bei „rot-grünen“ Regierungen leider nicht neu ist.

SPD-Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter zeigt ihren Familiensinn mit einem Paradebeispiel für besondere Kinderfreundlichkeit: Für knapp 2.000 größere „Bedarfsgemeinschaften“ – und hier klingt dieser Begriff besonders zynisch – werden die Obergrenzen sogar abgesenkt! Eigentlich kein Wunder bei dem Gespann Schuster-Rosenkötter, das ja den Wechsel aus alten Zeiten unbeschadet überstanden hat.

Laut neuestem „Gewos“-Gutachten (ein treffliches Falschwort!) gibt es in Bremen für Hartz-IV-Be­troffene massenhaft preisgünstigen Wohnraum, also alles kein Problem. Sieh mal einer an: Jetzt will uns das Hamburger Institut, berüchtigt für obskure Zahlen, doch tatsächlich fast 100.000 Potemkinsche Wohneinheiten unterjubeln! Das ist reichlich dreist – für wie dämlich halten die uns eigentlich? Viele ahnen es schon und ich auch, dass wir demnächst wohl wieder die Deputationssitzungen im Siemenshochhaus „besuchen“ werden. Im September wäre die nächste Gelegenheit.

 

Kein Soldatenstiefel mehr
auf fremdem Boden!

27. 08. 2007 – In Kürze steht die Verstärkung der Bundeswehr in Afghanistan an. Jetzt hat auch eine heftige Diskussion um das Für und Wider der Wehrpflicht begonnen. Diese sollte abgeschafft werden, und das könnte die erste Stufe zur schrittweisen Auflösung der Bundeswehr sein. Wir brauchen keine Streitkräfte! Ihre Auslandseinsätze bringen weder Sicherheit noch Frieden in die entsprechende Region. Demokratische Verhältnisse bringen sie schon gar nicht, wie das Beispiel Afghanistan zeigt.

Es bleibt gleich, ob die Militärpräsenz im Interesse der Öl- und Rüs­tungs­kon­zer­ne von Wehrpflichtigen oder Berufssoldaten ausgeübt wird. Über die Bevölkerung, von der die Streitkräfte wohl nicht zu Unrecht als Besatzungsmacht empfunden werden, bringen sie nur Elend und Leid. Soldaten sind Mörder, wie Kurt Tucholsky treffend feststellte, denn letztlich werden alle – ob freiwillig oder nicht – unterschiedslos zum Töten ausgebildet. Wenn es dann zu Anschlägen gegen die Bundeswehr kommt, hat niemand das Recht, hier von „feigem Terrorismus“ zu reden. Denn die Hauptverantwortlichen für das Geschehen sitzen nicht in Kabul und nicht am Hindukusch  – sie sitzen mitten in Berlin!

Die Bundesregierung und diejenigen Abgeordneten, die jetzt noch mehr Soldaten nach Afghanistan schicken wollen, tragen die volle Verantwortung für jede weitere Eskalation. Eine große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Bundeswehreinsätze ab, und die Friedensbewegung fordert schon lange einen sofortigen Truppenrückzug. Der sogenannte Zivildienst könnte übrigens viel besser von entsprechend qualifiziertem und gutbezahltem Fachpersonal ausgeübt werden, wenn das für Rüstung und Kriegseinsätze verpulverte Geld in die humanitäre Infrastruktur von Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern fließen würde. Es kann übrigens nur dann wirkliche Sicherheit und Frieden geben, wenn der Reichtum dieser Welt gerecht verteilt ist und kein Soldatenstiefel mehr auf fremdem Boden steht.

Zum Schluss eine Montags-Fundsache aus dem „Neuen Deutschland“ von heute: Die durchschnittliche Lebenserwartung in China beträgt 72,5 Jahre. Nach einer Studie der Pekinger Akademie der Wissenschaften soll sie bis 2050 auf 85 Jahre steigen. Hebel dafür sind wirtschaftliches Wachstum sowie verbesserte Energieversorgung und Umweltstandards. Mobilisiert wird aber auch eine alte chinesische Weisheit: „Jede Minute, die man lacht, verlängert das Leben um eine Stunde.“ Für das Lachtraining hat die chinesische Regierung ein Pilotprojekt gestartet: Spezialisten durchstöbern das Internet nach lustigen Websites. Und sie sind fündig geworden. Wie der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe enthüllt, haben die „gelben Spione“ Spähsoftware in deutsche Regierungscomputer eingeschleust. Sie saugen dort das Lustige ab. Den weitaus größten Lacherfolg in Peking erzielen deutsche Notizen zum Stichwort „Reformprojekte“. Weil manche in China an der Echtheit der Notizen zweifeln, wurde die Bundeskanzlerin jetzt zu Live-Auftritten ins Reich der Mitte eingeladen.

 

Mügeln und die Diskussion um
ein NPD-Verbot

03. 09. 2007 – Die rassistischen Übergriffe gegen acht Inder im sächsischen Mügeln und der skandalöse Umgang damit durch Politiker und einen Großteil der Medien zeigen erneut, wie notwendig ein NPD-Verbot ist. Zugleich gehören alle anderen Organisationen dieser Art ebenfalls verboten, wenngleich dies das Faschismusproblem keineswegs löst. Solche Verbote können als deutliches Signal bestenfalls ein Anfang sein. Der verbrecherischen Ideologie muss grundsätzlich der Nährboden entzogen werden. Dass es anderswo in Europa auch Faschismus gibt, worauf viele ignorante Mitmenschen gern verweisen, ist keine Entschuldigung und erst recht keine Rechtfertigung für Nichtstun.

Als das „Dritte Reich“ im Bombenhagel der Alliierten zusammenbrach, hatte die Nazi-Krake unter Bergen von Schutt und Trümmern überlebt. Damit fängt das Problem schon an: Eine nahezu perfekte faschistische Infrastruktur in Verwaltung, Justiz und vor allem in den Köpfen der Menschen hatte sich in den neuen Staat hinübergerettet. Konrad Adenauer, erster CDU-Bundeskanzler, holte sich Top-Nazis wie Globke, einst Kommentator der „Nürnberger Rassengesetze“, in seinen Regierungsapparat, und den Aufbau der Bundeswehr in den 1950er Jahren bewerkstelligten – ganz in der Tradition von Wehrmacht, SA und SS – die alten Nazi-Generäle Speidel und Heusinger.

NS-Schnellaufsteiger Kurt Georg Kiesinger, der später sogar Bundeskanzler wurde, und Blutrichter Filbinger, späteres CDU-Mitglied und baden-würt­tembergischer Ministerpräsident, machten in der Bundesrepublik schon bald ihre Blitzkarrieren. Altnazi Heinrich Lübke, der als Architekt am Bau von Vernichtungslagern mitwirkte, und der Bremer Nazi-Jurist und hochrangige Wehrmachtsangehörige Karl Carstens, nach dem Krieg in diplomatischen Diensten unterwegs und unter anderem als Senatsberater tätig, wurden sogar Bundespräsidenten. Der Name Carstens verschandelt heute die gute alte Erdbeerbrücke, und einige Straßen in der Stadt sind noch immer nach namhaften nationalistischen Militärs benannt. Eine Straße im Kattenturmer Neubaugebiet wurde sogar „Kurt-Georg-Kiesinger-Allee“ getauft. Es wäre höchst Zeit, dafür zu sorgen, lieber Friedensbürgermeister Böhrnsen, dass sich das ändert! Es gibt noch sehr viele von den Nazis ermordete Widerstandskämpfer – vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten beiderlei Geschlechts –, die es mehr als verdient haben, dass Straßen und Plätze nach ihnen benannt werden. In Bremen-Nord wurde dieser Tage mit der Straßenbenennung nach einem hingerichteten polnischen Jungen ein Anfang gemacht, und so etwas könnte zumindest für die Hansestadt positive Signale setzen.

Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl besaß die unglaubliche Schamlosigkeit, in Bitburg zusammen mit dem damaligen US-Präsidenten die gefallenen SS-Mörder zu ehren. Sein Nachfolger Schröder führte unter Mithilfe der Grünen den ersten deutschen Krieg gegen Jugoslawien, und die Regierung Merkel/Schäuble/Müntefering tut wirklich alles, um mit ihrer Politik des Sozial- und Demokratiekahlschlags, der Militarisierung der Gesellschaft und ihres größenwahnsinnigen Kriegskurses den einmal eingeschlagenen Weg fortzusetzen, und damit den latent vorhandenen Faschismus weiter anzuheizen. Ich bin auch deswegen so angefasst und schamerfüllt, während ich dies schreibe, weil die meisten Mitglieder meiner Familie damals zumindest Mitläufer und daher auch Mittäter waren. Im Militärdienst und als Verwaltungsjuristen gehörten sie zur Stütze des Systems. Das betrübt mich heute noch.

Vor dem historischen und gegenwärtigen Hintergrund ist es kein Wunder, dass der Faschismus auch und gerade unter jungen Leuten in den Streitkräften immer giftigere Blüten treibt. Bundeswehrkasernen als Folterschulen, KSK-Soldaten als Foltertruppe, Flugzeugpiloten als Bombenzielsucher – das alles führt nicht nur die Betroffenen in Afghanistan ins Unglück, sondern irgendwann auch unsere eigene Gesellschaft. Nazi-Ideologen erhalten ständig Zulauf, und in Schulen preisen Jugendoffiziere bereits eifrig den Dienst in der Bundeswehr. Und noch etwas zum Thema Faschismus: Es wurde schon oft gesagt, und ich möchte es heute bekräftigen: Nazis, die unsere Montagsdemo unterwandern wollen und versuchen, in unserem Fahrwasser zu segeln, haben hier nichts zu suchen! So können wir vielleicht dazu beitragen, diesen Verbrechern das Handwerk zu legen.

Vor etwa zehn Jahren gab es einen Aufruf der Initiative „Menschen gegen rechts“ unter dem Titel „Wir schweigen nicht“. Die damalige Erklärung, die durch ihre eindringlich schöne Sprache auffällt und heute aktueller denn je ist, möchte ich euch nicht vorenthalten. Sie hatte folgenden Wortlaut: „Wir wollen es nicht hinnehmen, dass Flüchtlinge, Asylbewerber und einheimische Bürger(innen) mit ausländischer Staatsangehörigkeit, Bürger(innen) jüdischen Glaubens, Sinti und Roma, Schwarze, Behinderte, Schwule und Lesben sowie andere Minderheiten und Andersdenkende in unserer Gesellschaft bedroht sind. Wir werden nicht zulassen, dass Minderheiten in unserem Land wieder schutzlos dem Fremdenhass, dem Rassismus und der Intoleranz ausgeliefert sind. Wir wollen in Bremen ein Netzwerk gegen die geistigen Wegbereiter und Mitläufer(innen) des Rassismus schaffen, Solidarität organisieren und Widerstand ermöglichen. Wir wollen ein öffentliches Klima schaffen, in dem Rassismus, Rechtsextremismus und Nationalismus keinen Boden finden. Wir wollen dem Rechtstrend in der Politik, der sozialen Spaltung und der Verkehrung der Ursachen wirtschaftlicher Probleme entgegenwirken, die für ihr Versagen Minderheiten zu Sündenböcken stempelt. Wir wollen Alternativen zur Ausländer und Flüchtlinge diskriminierenden Politik entwickeln. Wir wollen es nicht hinnehmen, dass deutsche Waffen und deutsche Militärpolitik für Menschen eine Bedrohung sind und weiter werden.

Wir fordern alle Bremer(innen) auf, sich der rassistischen und neofaschistischen Gewalt auf unseren Straßen und in den Köpfen unserer Mitmenschen entgegenzustellen. Schweigt nicht, wenn in eurer Umgebung rassistische oder fremdenfeindliche Äußerungen fallen! Seht nicht weg, greift ein, wenn Menschen bedroht oder diskriminiert werden! Lasst euch nicht abstumpfen von den Meldungen über die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik, denn sie ist die Voraussetzung für die deutschen Waffen und Soldaten in aller Welt! Engagiert euch für eine Friedenspolitik ohne Waffen! Wehrt euch gegen die Gewöhnung an die alltägliche Gewalt in unseren Köpfen und Herzen! Wir bitten daher jede(n) Einzelne(n) in unserem Land, auf der Basis humanitärer und demokratischer Traditionen den gesellschaftlichen und politischen Brandstiftern aktiv zu widersprechen. Wir selbst werden mit der Kraft unserer Solidarität und der Kraft unserer Worte dazu beitragen.“

Dies alles behält uneingeschränkte Gültigkeit. Klaus-Rainer Rupp von der Linkspartei versprach am Freitag auf der Antikriegskundgebung des „Friedensforums“, dass sich seine Partei in der Bürgerschaft entschieden für eine antifaschistische und friedensfördernde Politik im Lande Bremen einsetzen wolle. Auf einer Montagsdemo sagte er vor einigen Wochen, dass die Linksfraktion im Parlament für eine soziale Politik kämpfen will. Das wollen wir genau beobachten, und wir werden ihn gegebenenfalls unterstützend daran erinnern!

 

Deutschlands Weg
in den Militärstaat

10. 09. 2007 – Aus gegebenem Anlass möchte ich noch einmal auf den Antikriegstag zurückkommen. Schäubles Gesetzesvorstöße streben ja dieser Tage immer stärker in Richtung eines totalitären Überwachungsstaates. Die Hamburger Rechtsanwältin Gabriele Heinecke, Mitglied des „Republikanischen Anwaltsvereins“, hielt auf dem Bahnhofsvorplatz eine bemerkenswerte Rede, die ich als so wichtig erachte, dass ich kurz darauf eingehen möchte. Es geht mir in der Hauptsache um den Teil, der den Einsatz der Bundeswehr im Innern thematisiert. Die Rechtsanwältin befasst sich hier intensiv mit dem „Weißbuch 2006 zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“. Daraus hat die Bundesregierung ein „Strategiepapier“ entwickelt, das alles über den Haufen wirft, was die Alliierten, was das Potsdamer Abkommen, was der Parlamentarische Rat bei der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 als Lehre aus dem Faschismus festgeschrieben haben. Trotz Verfassungsgerichtsurteils vom 15. Februar 2006 reklamiert die Merkel-Regierung weitestgehende Einsatzbefugnisse für Inlandseinsätze, und Schäuble setzt sogar noch eins drauf und fordert die Zulassung eines „Quasi-Verteidigungsfalles“ nach den Regeln des Kriegsvölkerrechts. Ein wesentlicher Punkt des forcierten Staatsumbaus ist die Integration der Zivilbevölkerung in das militärische System durch Errichtung von „Heimatschutzeinheiten“.

Die Regelung der Beziehungen zwischen den Dienststellen der Bundeswehr auf der einen und der Zivilbevölkerung auf der anderen Seite haben Geltung „sowohl innerhalb Deutschlands als auch bei Einsätzen der Bundeswehr im Aus­land“. Was mit der Veröffentlichung des Weißbuchs noch Theorie schien, ist inzwischen Wirklichkeit. Lawinenartig werden Maßnahmen zur militärischen Durchdringung des Staates, zum Einsatz der Bundeswehr im Innern, zur Zentralisierung des Staatsapparates, zur Überwachung und Ausforschung und zur Zerschlagung des Grundgesetzes durchgesetzt. Dabei schreiten Polizei- und Schnüffelminister Schäuble und Kriegsminister Jung Hand in Hand munter vorneweg! Am 11. Januar 2007 wurde in Magdeburg das erste Landeskommando, bestehend aus Reservisten, in Dienst gestellt. Jung hatte 2006 seine Erkenntnis öffentlich gemacht, der „Schlüssel zum Erfolg“ von Militäreinsätzen liege in einer sehr viel engeren Zusammenarbeit mit zivilen Akteuren, also „Seite an Seite mit Polizei, Feuerwehr und technischem Hilfswerk“, unter anderem in Sachen „geplante oder bereits verübte Sprengstoffanschläge“.

Je 12 Reservisten besetzen ein Landratsamt, insgesamt in der Bundesrepublik 5.500 Reservisten. Jeder Trupp wird von einem Oberstleutnant der Reserve geführt und ist direkt der Bundeswehr unterstellt. 5.000 Reservisten werden für die 16 zivil-militärischen Stützpunkte in den 16 Bundesländern gesucht. Geht alles nach Plan, soll der Aufbau 2010 abgeschlossen sein. Mit den 5.500 Reservisten in den Kreis- und Landratsämtern sind dann 10.500 Reservisten zur „permanenten Belagerung“ vorgesehen. In Hamburg und Nordrhein-Westfalen wurden ebenfalls schon Landeskommandos eingerichtet. Diese üben bereits fleißig, unter anderem den Umgang mit Demonstrationen sowie den Kriegsgräbereinsatz und im Sauerland sogar einen Waldbrandeinsatz. Das größte zivil-militärische Manöver und Heerlager in der Geschichte der Bundesrepublik war der G8-Gipfel in Heiligendamm: Mindestens 16.000 Polizisten und 2.100 Soldaten mit Hubschraubern, Aufklärungspanzern und „Tornados“ waren im Einsatz. Die Marine war mit sechs Verkehrsbooten, drei Marinejagdbooten und einer Fregatte auf der Ostsee präsent. Vertreter der Bundeswehr saßen mit den Verbindungskommandos in sämtlichen zivilen Einsatzzentralen zusammen. Das Ganze war eine regelrechte Kriegsübung!

Ergänzt wird die Verwischung der Aufgaben von Militär und Polizei durch den Umbau der „Bundespolizei“, einer Institution, die es vorher nicht gab. 2005 wurde der Bundesgrenzschutz kurzerhand zur „Bundespolizei“ umbenannt. Im Grundgesetz gibt es diese von den Alliierten 1949 verbotene Institution nicht! Die „BuPo“ wird zentralisiert, sie erhält weitere Einheiten für operative Polizeieinsätze, und ihre Befugnisse werden erheblich ausgeweitet. Minister Schäuble hat bereits für den Herbst analog zu den berüchtigten „verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundeswehr die Vorlage von „sicherheitspolitischen Richtlinien“ angedroht, wohl eine Art „Weißbuch der Polizei“. Wohin diese Entwicklung führt, ist ein deutscher Militärstaat mit einer diktatorischen Verfassung. Dieser Militärstaat wäre dann bereit und gerüstet zu gewaltsamem Vorgehen gegen alle und alles, was sich seinen Interessen im In- und Ausland entgegenstellt. Es ist der Weg in den immerwährenden Krieg. Lasst uns jeden Tag dagegen kämpfen!

 

Neoliberalismus trifft Prekariat

17. 09. 2007 – Bundespräsident Köhler hat also am 10. September 2007 auf dem Bremer Marktplatz unsere Anliegen „zur Kenntnis genommen“. Wie schön. Die demokratische Fassade wurde gewahrt, als er meinte, wir hätten „das Recht zu demonstrieren“. Als ob das nicht eine Selbstverständlichkeit wäre! Er fügte hinzu, auch hier werde gekämpft, es sei nicht alles rosig, und man müsse weiterarbeiten. Für mich ist Horst Köhler trotz seiner gespielten Menschenfreundlichkeit alles andere als ein sozial gesonnener Mensch!

Als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium regelte er unter der Regierung Kohl 1991 für den damaligen Golfkrieg die Zahlung von 12 Milliarden DM an die USA. Ab dem Jahr 2000 war er fünf Jahre lang geschäftsführender Direktor des Internationalen Währungsfonds. Dies dürfte keineswegs überall bekannt sein. Wie also dieses „Weiterarbeiten“ unter neoliberalen Bedingungen aussehen wird, beschreibt sehr treffend der Heidelberger Theologieprofessor Ulrich Duchrow in einem Redebeitrag zum Antikriegstag in Heilbronn. Der Befreiungstheologe zählt zu den renommiertesten Kritikern des globalen Kapitalismus und ist Mitbegründer von „Kairos Europa“, einem Netzwerk im ökumenischen Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, das sich unter anderem weltweit für gerechtere Wirtschaftsbeziehungen einsetzt.

Zitat Ulrich Duchrow: „Politisch wird der Staat wieder vom Sozial- zum Wettbewerbs- und Sicherheitsstaat zurückentwickelt. Hauptakteure sind die transnationalen Konzerne, Banken und Fonds, also die sogenannten Finanzmärkte, gestützt durch die westlich dominierten internationalen, undemokratischen Institutionen wie IWF, Weltbank und WTO... Der Vertrag über eine Verfassung für Europa sollte die Entwicklung der EU und ihrer Mitgliedsstaaten zum militärischen Neoliberalismus verfassungsmäßig festschreiben... Dabei geht es wirtschaftlich und sozial gesehen um die Abschaffung der Sozialstaatlichkeit, also verfassungsrechtlich um die Aushebelung unseres Grundgesetzes. Damit sollen die Errungenschaften der Kämpfe der Arbeiterbewegung endgültig rückgängig gemacht werden.“

So ist es. Dafür steht die Bundesregierung und damit auch das Staatsoberhaupt Horst Köhler. Dafür steht letztlich aber auch die Regierung des Landes Bremen, da dieses Bundesland schon unter Schröder zur Spielwiese für verschärften Sozial-, Bildungs- und Kulturkahlschlag und damit als neoliberales Experimentierfeld auserkoren wurde. Ein Grund mehr, ständig Druck auf die Verantwortlichen auszuüben und sehr wachsam und misstrauisch gegenüber allen rot-grünen Versprechungen zu bleiben. Dafür stehen wir hier!

 

Lebensmittelkonzerne zocken
die Hungerlöhner ab

01. 10. 2007 – Sehr geehrter Herr Seehofer! Es finden zurzeit durch nichts zu rechtfertigende Preiserhöhungen in den Bereichen des täglichen Bedarfs und auf dem Energiesektor statt. Diese Preiserhöhungen haben ein ungeheuerliches Ausmaß angenommen! Dem stehen nur minimale oder gar keine Lohn- und Rentenerhöhungen gegenüber. Es gibt einen Niedriglohnsektor – wir nennen ihn treffender Hungerlohnsektor –, der sich immer weiter ausbreitet und durch die Preiserhöhungen jetzt dramatisch verschärft. Wir sind nicht gewillt, dies länger ohne Protest hinzunehmen!

An Sie als zuständigen Bundesminister richten wir den dringenden Appell: Setzen Sie sich dafür ein, dass die Preiserhöhungen zurückgenommen werden. Ein Liter H-Milch (1,55 Prozent Fett) kostete erst 49, dann 55, jetzt 66 Cent; ein Liter H-Vollmilch 55, später 62, nunmehr 73 Cent. 250 Gramm Butter kosteten 79 Cent, jetzt 1,19 Euro; 250 Gramm fettarmer Käseaufschnitt 99 Cent, jetzt 1,39 Euro. Der Preis für ein Kilogramm Pfirsiche stieg von 1,29 über 1,39 auf 1,69 Euro. Das sind unverschämte Preiserhöhungen, die sich die Lebensmittelkonzerne und der Zwischenhandel erlauben.

Das ist unsozial! Das Grundgesetz besagt in Artikel 20, dass die Bundesrepublik ein demokratischer und sozialer Bundesstaat ist. Der Staat greift in das wirtschaftliche Geschehen ein, um soziale Härten des Marktes zu lindern. Der Staat greift durch Gesetze ein, um Arbeitnehmer, Mütter, Kranke, Rentner, Erwerbslose und Kinder zu schützen. Die sogenannte soziale Marktwirtschaft soll also die Grundsätze des Marktes mit denen des sozialen Ausgleichs verbinden, doch dies geschieht offensichtlich schon lange nicht mehr!

Vor allem Menschen, die zu niedrige Einkommen und Regelsätze erhalten, sind besonders hart betroffen. Mütter, die Kinder zu versorgen haben, müssen unter den massiven Preiserhöhungen extrem leiden. Die Bundesregierung will bekanntlich die Kinderarmut bekämpfen. Dazu gehört, dass es gesunde Lebensmittel zu erschwinglichen Preisen gibt. Die Hartz-IV-Regelsätze sind viel zu niedrig, um sich gesund ernähren zu können, und die Preissteigerungen verschlechtern die Situation zusätzlich. Hinzu kommt, dass die Energiekonzerne die Gas-, Strom- und Heizkosten explodieren lassen.

Herr Seehofer, starten Sie im Bundeskabinett eine Initiative, damit die Regelsätze erhöht werden, und wirken Sie auf die Konzerne ein, damit diese die Preiserhöhungen zurücknehmen!

 

Fordern Sie die Grundrechte ein,
Herr Bundespräsident!

08. 10. 2007 – Heute möchte ich kurz auf die Montagsrede von Bundespräsident Köhler eingehen, die er am 1. Oktober 2007 in Berlin gehalten hat. Anlässlich seines Bremen-Besuches vor einigen Wochen hatte er ja zu unseren Forderungen beredt geschwiegen. In Berlin hat er außer ein paar wohlklingenden Worthülsen auch nur Unverbindliches gesagt. Schauen wir uns diese etwas genauer an!

Er sagte, die Ungleichheit der Einkommensverteilung habe zugenommen. Daraus folgerte er, „der Aufstieg der einen“ dürfe nicht „der Abstieg der anderen“ sein. Auch das ist eine Sprechblase. Was die von ihm festgestellte Zunahme der Ungleichheit bei der Einkommensverteilung angeht, ist zu sagen, dass vor ihm schon diverse Regierungsmitglieder ebenfalls davon redeten und nichts zu unseren Gunsten passiert ist. Im Gegenteil: Bekanntlich werden die Reichen immer reicher – das sagen sogar Regierungsstatistiker –, und die Armen werden völlig ungebremst in noch größeres Elend getrieben. Das sagen die Statistiker natürlich nicht!

Wenn er dann noch meint, die Arbeitnehmer sollten stärker als bisher an den Erträgen und am Kapital der Unternehmen beteiligt werden, kann ich nur wiederholen, was nicht nur Arbeitsmarktexperten längst festgestellt haben: Kapitalbeteiligung schützt überhaupt nicht vor Rausschmissen! Also auch dies ein Rohrkrepierer. Man verschone uns künftig mit solch neoliberalem Geschwätz! Dann sagte er, ganz auf positive Außenwirkung bedacht: „Wer unverschuldet in Not gerät, soll sich auch künftig auf das soziale Netz verlassen können und eine wirksame Starthilfe erhalten“ und so weiter.

Verehrter Herr Bundespräsident, wo ist es denn geblieben, das „soziale Netz“? Haben Sie es nicht davonfliegen sehen? In Wahrheit reden Sie den Hartz-Gesetzen das Wort, und wie sehr die täglich in die Hose gehen, müssten Sie doch auch längst wissen! Zur Bildungspolitik sagten Sie ebenfalls gewichtige Worte: „Es müssen alle wirklich gleiche Zugangschancen zu guter Bildung, wirtschaftlichem Erfolg und sozialem Aufstieg haben. Bildung ist die wichtigste Voraussetzung für gesellschaftliche Gerechtigkeit.“ Das sind schöne Worte, aber auch hier schimmert die neoliberale Ideologie durch.

Wenn Sie es wirklich ernst meinen mit der Bildungs- und Chancengerechtigkeit, dann sorgen Sie für die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und verhindern Sie Elite-Schulen und Elite-Unis! Setzen Sie sich für ein Bildungssystem ein, wie es zum Beispiel Finnland längst erfolgreich praktiziert! Sie mischen sich doch immer gern in die Tagespolitik ein, und Sie wollen der Präsident aller Bürger sein.

Gustav Heinemann (SPD), der von 1969 bis 1974 Bundespräsident war und 1976 verstarb, galt zu seiner Zeit zu Recht als „Bürgerpräsident“. Er kritisierte heftig die CDU, die er vor seinem Austritt aus derselben mitbegründete und der auch Sie angehören. Diese habe ihre Politik nachgerade auf drei Punkte zusammengeschmolzen: Erstens Geld verdienen; zweitens Soldaten, die das Geld schützen; drittens Kirchen, die Soldaten und Geldsack segnen.

Aus heutiger Sicht würde der einstige Kirchenmann wahrscheinlich sarkastisch hinzufügen: „Der Neoliberalismus, dem Segnung zu wenig ist, wird dann auf Heiligsprechung des Geldsacks bestehen!“ – Ihnen, Herr Köhler, mache ich den Vorschlag: Handeln auch Sie wie ein Bürgerpräsident! Stellen Sie sich auf unsere Seite und fordern Sie wirkliche Bildungsgerechtigkeit, die Abschaffung der Hartz-Gesetze und die Wiederherstellung aller demokratischen Grundrechte!

 

Zur Verleihung des Friedensnobelpreises an Al Gore und UN-Klimarat

15. 10. 2007 – Mit den solchermaßen Geehrten wie auch mit den Begründungen des Preiskomitees habe ich zuweilen erhebliche Probleme. Abgesehen davon, dass wir dieser Tage mit allen möglichen Friedenspreisen geradezu überschwemmt werden. Diese inflationäre Entwicklung hat wohl etwas damit zu tun, dass millionenschwere Sponsoren sich hier gern profilieren – siehe Frankfurter Buchmesse und der vermutlich dahinterstehende Bertelsmann-Konzern. Eine erfreuliche Ausnahme bildet der alternative „Aachener Friedenspreis“, der nur an Menschen oder Organisationen verliehen wird, die sich auch wirklich um Frieden und gewaltfreie Konfliktlösung verdient machen.

Nun zurück zum Nobelpreisträger. Mister Al Gore ist gewiss ein ehrenwerter Mensch. Mit seinem Buch und dem gleichnamigen Film „Eine unbequeme Wahrheit“ ist es ihm gelungen, eine breite Öffentlichkeit in Europa und den USA für das Thema Klimaschutz zu sensibilisieren. Das ist ein großes Verdienst – aber reicht das schon für den Friedensnobelpreis? Den Irak-Krieg nur verbal zu verurteilen, genügt wohl nicht ganz. Hat nicht der smarte Oberschichtenmensch Al Gore seinerzeit als Vizepräsident Bill Clintons dessen Kriegskurs und seine „lausige Umweltpolitik“ („Frankfurter Rundschau“ vom 13. Oktober 2007) mitgetragen?

Und ist das schwedische Nobelpreiskomitee wirklich ein neutrales, über alle globalkapitalistischen Dunstwolken erhabenes Organ? Wohl kaum, denn sein Begründer Alfred Nobel, der erst in der Spätphase seines Lebens den Krieg ächtete, erfand zuvor das Dynamit und war einer der größten Waffenproduzenten seiner Zeit. Die heutige Nähe des Komitees zu den weltweit herrschenden Kreisen ist nicht ganz unbekannt. Allerdings ist die jetzige Preisvergabe an Al Gore ein Wink mit dem Zaunpfahl auch an Präsident Bush.

Die Begründung der Preis-Juroren lautete: Umfassende Klimaänderungen können die Lebensbedingungen für einen großen Teil der Menschheit bedrohen. Dies werde den Kampf um die Ressourcen verschärfen und vergrößere die Gefahr für gewaltsame Konflikte und Kriege. So leisteten Gore und der ebenfalls ausgezeichnete UN-Klimarat einen Beitrag zum Frieden. Die „Frankfurter Rundschau“ behauptete sogar, der Klimawandel sei ein „potenzieller Kriegtreiber“. Diese Feststellung greift viel zu kurz und ist außerdem völlig falsch, denn die Klimakatastrophe ist nicht Ursache, sondern Auswirkung.

Die wirklichen Verursacher und Kriegstreiber – Ölmultis, Autokonzerne, Flugzeug- und Rüstungsindustrie – lassen die Preisverleiher natürlich völlig außen vor. Daher zum Schluss eine Aussage aus Al Gores Buch: „Unbequeme Wahrheiten verschwinden nicht einfach, indem man die Augen vor ihnen verschließt. Im Gegenteil: Je länger wir sie ignorieren, umso schlimmere Konsequenzen drohen uns.“ So ist es, und dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.

 

Verfassungsfeinde machen mobil –
wehren wir uns!

22. 10. 2007 – Finanzsenatorin Karoline Linnert hat uns auf der letzten Montagsdemo freimütig Rede und Antwort gestanden. Dafür sei ihr gedankt. Sie versprach, sich im Bundesrat jetzt für eine „deutliche Erhöhung“ der ALG-II-Regelsätze vor allem für Kinder einzusetzen – und nicht erst 2009. In diesem Zusammenhang sprach sie von einer „Bremer Initiative“ zusammen mit Baden-Württemberg. Auf das Ergebnis dürfen wir gespannt sein. Wir sind ja jeden Montag hier, wir werden die Zweite Bürgermeisterin nicht aus den Augen lassen und sie ständig daran erinnern!

Auf die anderen Punkte will ich hier nicht weiter eingehen, weil vieles von dem, was sie sagte, auch wieder nur im Unverbindlichen blieb. Mir kommt es auf etwas anderes an: Karoline Linnerts dreimaliges Auftreten, sogar als Finanzsenatorin, zeugt von einem Stück politischer Kultur, die es wohl außerhalb Bremens nirgendwo sonst gibt. Es zeigt, dass wir ernst genommen werden! Diese Kultur zu erhalten, ist unbedingt den Einsatz auf der Montagsdemo wert, denn damit könnte es bald vorbei sein, wenn Schäuble und Konsorten mit ihren Wahnideen durchkommen.

Die Koalition der Zerstörer ist dabei, die demokratische Verfasstheit der Bundesrepublik zu zerschlagen. Wir sind bereits auf dem schlimmsten Weg dorthin, und es geht schneller, als wir denken. Der große „Feldversuch“ fand im Sommer beim G8-Gipfel in Heiligendamm statt, wo Polizei, Verfassungsschutz und Militär aufs Engste zusammengearbeitet haben. Aus der Erfahrung der Weimarer Republik und der faschistischen Geschichte wurde jedoch im sogenannten Polizeibrief von 1949 die strikte Trennung von Polizei und Geheimdiensten festgelegt. Die Unterordnung von Landes- und Ortspolizeien unter eine Bundespolizei und die Ausstattung des Verfassungsschutzes mit Polizeibefugnissen wurden damals kategorisch verboten.

Heute, im Jahr 2007, gibt es wieder eine Bundespolizei, die aus dem ehemaligen Bundesgrenzschutz hervorgegangen und mit gravierenden Sonderbefugnissen ausgestattet ist. So dürfen zum Beispiel „verdachtsunabhängige Kontrollen“ und Verhaftungen vorgenommen werden, was dann „Unterbringungsgewahrsam“ genannt wird und bis zu vier Tage andauern darf. Heute sind Geheimdienste, Militär und Polizei zusammengelegt wie einst zu faschistischen Zeiten. Dafür ist das sogenannte Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum in Berlin aufgebaut worden.

Es ist geplant, eine einheitliche Steuernummer für alle einzuführen, und das Meldewesen wird zentralisiert. Von hier aus werden auch die Ausschnüffelung aller Lebensbereiche und eine totale staatliche Kontrolle organisiert. Eine Datei zur Erfassung aller zwölf Millionen Schüler soll laut Kultusministerkonferenz eingeführt werden. Im Zuge der Hartz-Gesetze ist eine „Jobcard“ installiert worden, in der 35 Millionen Beschäftigte und alle Erwerbslosen registriert werden. Mit der „Gesundheitscard“ werden über 70 Millionen Versicherte zentral erfasst. Die Regierung plant ein Melderegister für 80 Millionen Menschen und verletzt damit das informelle Trennungsgebot laut Bundesverfassungsgericht zum Volkszählungsurteil.

Damit ist der Horror noch längst nicht zu Ende, denn was Berlin mit den Streitkräften plant und zum Teil schon verwirklicht hat, ist ein düsteres Kapitel für sich, auf das ich beim nächsten Mal näher eingehen will. „Wir sind weit über Orwell hinaus“, meint sogar der ehemalige FDP-Innenminister Gerhard Baum und fährt fort: „Die Staatsorgane haben sich angewöhnt, bei der Bekämpfung des Terrorismus über fundamentale Prinzipien der Verfassung hinwegzusehen. Noch schlimmer: Ein Teil der Staatsorgane hat die Absicht bekundet, Entscheidungen des Verfassungsgerichts nicht zu respektieren. Wünschen würde ich mir – ich sage es schon seit Jahren – eine bundesweite Bewegung ‚Rettet die Grundrechte‘.“

Lieber Herr Baum, dann werden Sie doch endlich aktiv! Wir in Bremen leisten unseren Beitrag dazu, weil wir nicht annehmen, dass der Polizeistaat um uns einen Bogen machen wird. Wir werden aktiv bleiben, denn auch unsere besondere demokratische Kultur, unser spezielles und oft sehr kritisches Verhältnis zu Senat und Bürgerschaft sowie unsere Montagsdemo als ständige Initiative gerieten in Gefahr! So findet auch am Samstag, dem 3. November 2007, um 12 Uhr eine Demonstration auf dem Hillmannplatz unter dem Motto „Auf die Straße gegen den Notstand der Republik“ statt. Ungefähr zeitgleich gibt es Demos in Erfurt und Regensburg – und noch in zahlreichen anderen Städten, hoffe ich. Wir vom „Bremer Friedensforum“ und der DFG-Gruppe Bremen werden auf jeden Fall dabei sein!

 

Verfassungsfeinde
machen mobil
(Teil II)

29. 10. 2007 – Was die Medien am 27. Oktober als „sensationelle Neuigkeit“ verkündeten, nämlich die „Reform“ der deutschen Geheimdienste, war längst beschlossene Sache. Sie ist Teil des Plans der Bundesregierung, Deutschland endgültig zu entdemokratisieren und zu einem kriegsfähigen Polizei- und Militärstaat zu machen. Am letzten Montag habe ich dargelegt, wie sehr Verfassungsschutz und die in Berlin zentralisierte Polizei bereits im sogenannten „Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum“ zusammenarbeiten, wobei sie natürlich besonders linke Gruppierungen ins Visier genommen haben. Innenminister Schäuble will ohnehin die Unschuldsvermutung abschaffen. Das heißt, wir alle werden unter Generalverdacht gestellt!

Den Streitkräften ist dabei eine Sonderrolle zugedacht. Das „Weißbuch 2006 – zur Sicherheitspolitik Deutschlands und zur Zukunft der Bundeswehr“ schreibt in Fortsetzung der „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ von 1992 und 2003 das Programm für den Umbau und die Militarisierung des Staates fest. Gabriele Heinecke, Hamburger Mitglied des „Republikanischen Anwaltsvereins“, sagte dazu kürzlich in einem Redebeitrag: „Es ist ein Instrument zur Verwischung von Militärischem und Zivilem, zur Verwischung von innerer und äußerer Sicherheit, zur Verwischung der Definition von Krieg und Frieden, ein Instrument zur Zerstörung des Bewusstseins über die Lehren aus dem deutschen Faschismus.“

Schäuble forderte nach Veröffentlichung des „Weißbuches“ die Zulassung eines offen verfassungswidrigen „Quasi-Verteidigungsfalles“ und den unbedingten Einsatz der Bundeswehr im Innern. Dazu gehört unter anderem die Ungeheuerlichkeit, Zivilflugzeuge bei „Terrorgefahr“ abschießen zu dürfen, was das Bundesverfassungsgericht am 15. Februar 2006 (AZ 1 BvR 357/05) ausdrücklich verboten hatte.

Ein wesentlicher Punkt des Staatsumbaus ist die Integration der Zivilbevölkerung in das militärische System durch die Errichtung von „Heimatschutzeinheiten“. Zurzeit werden 429 Verbindungskommandos in Landkreisen und kreisfreien Städten, 34 weitere auf Ebene der Bezirksregierung, 16 Landes- und vier Wehrbereichskommandos mit Reservisten der Bundeswehr eingerichtet. Jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt stehen – über die gesamte Bundesrepublik verteilt – 10.000 ausgebildete Soldaten zur Seite.

Dazu werden die Truppenteile „nicht in einer militärischen Liegenschaft untergebracht, sondern in einem Büro der zugeordneten Behörden, um bereits im Grundbetrieb in das kommunale Netzwerk Katastrophenhilfe eingebunden zu sein“, wie es in einem Basisinfo zur Neuordnung der zivil-militärischen Zusammenarbeit heißt. Diese sieht im Rahmen des „Heimatschutzes“ weiterhin vor, Feuerwehren, „Johanniter“, „Malteser“, „Rotes Kreuz“, DLRG und vieles mehr unter Streitkräftekommando zu stellen. Durch solch eine Zusammenarbeit werden zusätzlich sämtliche zivilen Mitarbeiter(innen) dieser Organisationen faktisch in den Dienst der Bundeswehr gestellt. Nicht mehr Lebensrettung ist dann angesagt, sondern Zuarbeit für den Dienst an der Waffe!

Übrigens werden in diesem Zusammenhang zivile Krankenhäuser schon lange militärisch verplant. Grundlage hierfür ist ein Kooperationsabkommen zwischen der „Deutschen Krankenhausgesellschaft“ und der Bundeswehr. Vor einigen Jahren stellte ich im Rotkreuz-Krankenhaus in Bremen, das hiervon auch betroffen ist, aufgrund von Pressemeldungen Recherchen an und fand heraus, dass der damalige Betriebsrat über den Vertrag zwischen einem Lazarettkrankenhaus bei Delmenhorst und der Klinik systematisch von der Leitung des Hauses im Unklaren gelassen wurde, obwohl sie mehrfach um Aufklärung gebeten wurde. Wahrscheinlich sollte eine Beunruhigung unter dem Personal vermieden werden.

Schon bis 2010 sollen sämtliche zivil-militärischen Stützpunkte aufgebaut sein. Es sind insgesamt 470 vorzugsweise aus Reservisten bestehende Kreis- und Bezirksverbindungskommandos vorgesehen. In Militärkreisen meint man, es sollten zusätzlich etwa 5.000 Reservisten für die Zusammenarbeit rekrutiert werden, da diese über eine „besondere Mittlerfunktion“ zwischen Zivilgesellschaft und Bundeswehr verfügten.

Zum Staatsumbau gehört die Entrechtung großer Teile der Bevölkerung. Die Hartz-Gesetze haben nicht nur zur Verarmung geführt, besonders bei Kindern, sondern die Betroffenen auch elementarer Grundrechte beraubt. Hier seien zwei Beispiele genannt: Die Freiheit der Berufswahl nach Artikel 12 Grundgesetz, die durch Verpflichtung der ALG-II-Empfänger, jegliche Arbeit anzunehmen, außer Kraft gesetzt ist, sowie die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 Grundgesetz, die durch „Hausbesuche“ zur Überprüfung von Angaben – zum Beispiel ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt – ebenfalls außer Kraft gesetzt ist.

Auch hat der Zoll – eigentlich ein Organ zur Kontrolle des Warenverkehrs an den Grenzen – die Aufgabe übertragen bekommen, zu kontrollieren, „ob Sozialleistungen nach SGB III zu Unrecht bezogen werden“. Es gibt also jede Menge Grund, am Samstag, dem 3. November 2007, gegen die Demokratiezerstörung auf die Straße zu gehen! Kommt alle um 12 Uhr zur Demonstration am Hillmannplatz! Außerdem findet am Dienstag, dem 6. November, um 17 Uhr auf dem Marktplatz eine Kundgebung unter anderem gegen die Online-Schnüffelei statt.

Das Abschussverbot von Zivilflugzeugen seitens des Bundesverfassungsgerichts gilt natürlich auch für Maschinen des Billigfliegers Ryanair. Für uns Bewohner in Flughafennähe ist es allerdings höchst ärgerlich, immer wieder Jubelnachrichten über neue „Fun“-Flüge der hochgradig asozialen irischen Fluggesellschaft lesen zu müssen („Weser-Kurier“ vom 31. Oktober 2007, Seite 15). Diese Airline mit ihren miesen Ausbeutermethoden verursacht zusätzlich zu den anderen Fluggesellschaften unerträglich dauerhaften Lärm durch immer kürzere Flugintervalle, verpestet die Umwelt und schädigt das Klima noch weiter.

Durch die extrem hohe Start- und Landeverdichtung zu bestimmten Tageszeiten tragen ihre Flieger entscheidend dazu bei, Fenster, Dächer und Vegetation binnen kürzester Zeit mit einer dicken, giftigen Dreckschicht zu überziehen. Viele Menschen müssen darunter leiden, nur weil wenige meinen, „mal eben“ für ein paar Euro zum Beispiel nach Alicante fliegen zu müssen. Solche „Billigflüge“ kommen uns alle teuer zu stehen, denn die Folgekosten für Umweltvergiftung und Gesundheitsschäden zahlt nicht Ryanair, sondern wir!

 

Armutszeugnis Kulturbanausentum

05. 11. 2007 – Zum geplanten Abriss des „Radio-Bremen“-Sende­saals habe ich hier vor einiger Zeit schon einmal Stellung genommen. Das ist für mich auch deswegen ein Thema, weil dies ein Schlaglicht auf die verheerende bremische Kulturpolitik wirft, die alles dem sattsam bekannten kapitalistischen Verwertungsprinzip zur Erreichung möglichst hoher Profite unterordnet. Auch unter dem rot-grünen Senat ist hier keine grundsätzliche Wende zum Besseren auszumachen, wie Bürgermeister Böhrnsens Aufhebung des Denkmalschutzes für den Saal und damit sein Okay zum Abriss beweist. Vor drei Jahren hatte der damalige Kultursenator den Sendesaal noch unter Denkmalschutz gestellt. Es ist eine Schande, wie in Bremen mit unwiederbringlichen Kulturgütern umgegangen wird!

Dafür gibt es keine Entschuldigung, weder was das dubiose Verhalten der Immobilienkaufleute, die das Gelände jetzt besitzen, noch was das Handeln der vor drei Jahren oder heute verantwortlichen Politiker angeht. „Radio Bremen“ und insbesondere seinem Intendanten Heinz Glässgen ist der Vorwurf zu machen, dass ihm der schleichende Anschluss des Senders an den NDR wichtiger ist als dessen kulturelle Identität und damit das Schicksal des Sendesaals – rapider Niveauverlust inbegriffen. Auf das würdelose Gezerre zwischen Intendanz, Immobilienhaien und Senat will ich hier nicht weiter eingehen, weil es für die Hansestadt und ihr Image als Kultur- und Musikstadt zutiefst beschämend ist! Es darf sich jetzt niemand wundern, wenn Musiker und Ensembles von Weltruf, die den Sendesaal wegen seiner hervorragenden Akustik anderen Konzertsälen stets vorgezogen haben, in Zukunft die Hansestadt meiden werden.

Außerhalb Bremens versteht niemand, dass der Senat für hässliche Beton­burgen Riesensummen ausgibt, aber nicht in der Lage ist, für ein einmaliges Kulturdenkmal die vergleichsweise läppische Restsumme von zwei Millionen Euro aufzubringen. Die Finanzierung für das Konzept eines Musikerdorfes – genannt „Music Village“ – rund um den Sendesaal war mit 30 Millionen Euro längst garantiert, denn dafür hatte ein Investor namens Ingo Damaschke aus Hamburg gesorgt, der so etwas in unserer Nachbarstadt mit großem Erfolg bereits praktiziert. Das war auch im Rathaus bekannt, denn dort hatte die Initiative „Freunde des Sendesaals“ das Konzept mitsamt dem Finanzierungsvorschlag vor einigen Monaten vorgestellt. Bürgermeister Böhrnsen hätte es in der Hand gehabt, Sendesaal und Ruf zu retten. Übrig bleibt ein kulturpolitischer Scherbenhaufen, und das ist ein ungeheurer Skandal! Besonders traurig ist, dass sich viele Kulturschaffende aus anderen Bereichen kaum solidarisch verhalten haben und so gut wie nichts taten, um die Dinge noch zum Besseren zu wenden. Auch sie müssen endlich begreifen, dass nur politischer Widerstand Erfolg verspricht! Der Sendesaal muss bleiben!

 

Seehofer schützt
die Verbraucher nicht!

12. 11. 2007 – Vor einigen Wochen schrieben wir in Sachen Preis­treiberei an das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz einen offenen Brief. Wir brachten darin unseren Unmut zum Ausdruck und machten deutlich, dass wir nicht länger bereit sind, die willkürlichen Preiserhöhungen ohne Protest hinzunehmen. Dann verwiesen wir auf die im Grundgesetz festgeschriebene Sozialpflichtigkeit des Staates und der Unternehmer und legten dar, dass vor allem Geringverdiener und Alleinerziehende unter der Preistreiberei zu leiden haben. Wir richteten an Seehofer den dringenden Appell, sich im Bundesrat für eine deutliche Erhöhung der Regelsätze einzusetzen und auf die Konzerne einzuwirken, damit diese die Preiserhöhungen zurücknehmen.

Der vierseitige Antwortbrief aus dem Ministerium – immerhin hat sich da jemand dankenswerterweise sehr viel Mühe gemacht – enthielt jedoch außer zahlreichen Erklärungsversuchen und Verhaltenstipps nichts wirklich Substanzielles. Da heißt es, das Ministerium habe „die Umstände der Preiserhöhung überprüft“ und festgestellt, dass es keine Preisabsprachen gegeben habe. Wer um alles in der Welt soll das glauben? Außerdem will man uns weismachen, dass Angebot und Nachfrage die wesentlichen Bestimmungsgrößen für den Preis von Nahrungsmitteln seien. Das ist doch lange vorbei, und es wird nicht gesagt, dass die klassischen Marktmechanismen, die Kapitalismus noch einigermaßen berechenbar machten, von wenigen Großkonzernen längst außer Kraft gesetzt wurden!

Nicht die Profitgier der Konzerne, sondern Dürren und Überschwemmungen in der Dritten Welt seien Schuld an den Preisanstiegen, hieß es aus dem Ministerium. Als weiterer Grund wird angeführt, dass in der Bundesrepublik die Preise für Grundnahrungsmittel wegen des starken Konkurrenzdrucks in den letzten Jahren stark rückläufig gewesen seien. Die Erzeugerpreise für fast alle Agrarprodukte hätten 2006 sogar niedriger gelegen als 1980. Besonders drastisch sei der Rückgang des Brotweizenpreises mit minus 53 Prozent gewesen. Aha, es gab also nur Nachholbedarf!

Schuld an den Preisanstiegen sei auch ein verändertes Verbraucherverhalten in den asiatischen Ländern, im Nahen Osten, in Nordafrika und in Russland, die plötzlich mehr Milch und Milcherzeugnisse konsumieren würden und dadurch hier die Preise in die Höhe trieben. Das ist praktisch eine Wiederholung dessen, was Seehofer schon in den Medien verbreiten ließ nach dem Motto: Schuld haben immer die anderen! Mit keinem Wort wird erwähnt, dass die Bauern für ihre Milch kaum einen Cent mehr bekommen. Völlig außer Acht lässt der Brief auch, dass es inzwischen in vielen Ländern Südamerikas, Afrikas und Asiens riesige Anbaugebiete für Mais- und Getreide gibt, die einzig und allein der Herstellung sogenannter Biokraftstoffe dienen und damit weiteren zig Millionen Menschen die Lebensgrundlage entziehen. Hier machen die internationalen Energiekonzerne unter dem Deckmantel des Klimaschutzes weitere gigantische Milliardenprofite!

Und damit wären wir bei den Energiepreisen. Unser Appell an Seehofer lautete, er möge auf die Konzerne Einfluss nehmen, damit diese die Preiserhöhungen zurücknehmen. Sein Ministerium erklärte, dass die Bundesregierung „Maßnahmen zur Kontrolle und Genehmigung der Netznutzungsentgelte mit der Energierechtsnovelle und die Erleichterung des Anbieterwechsels für die Verbraucher nach der Stromnetzzugangsverordnung“ ergriffen habe. Abgesehen davon, dass dieses Beamtenkauderwelsch kaum jemand versteht und Zusammenhänge nicht durchschaubar macht, reicht uns das schon deshalb nicht, weil der Brief auch hier nichts Konkretes enthält. Er empfahl, unsere Beschwerden an den „Bund der Energieverbraucher“ und an die Verbraucherzentralen zu richten – als ob diese Organisationen die Konzerne in die Schranken weisen könnten. Das, Herr Seehofer, ist uns entschieden zu wenig!

 

Von Streichungen im Bau- und
Betonbereich hört mensch nichts!

19. 11. 2007 – Mit welchem Recht eigentlich sollen Abgeordnete aus unseren Steuergeldern um zehn Prozent höhere Diäten beziehen, wenn sie ihren ganzen Fleiß darauf verwenden, unzähligen anderen Menschen Nulldiäten zu verordnen? Oder sogar Minusdiäten wie bei den Hartz-IV-Empfängern, deren Regelsätze noch nie für ein menschenwürdiges Leben ausgereicht haben, und die nun auch noch die Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie auffangen müssen? Sollen Abgeordnete mehr Geld dafür bekommen, damit sie das Renteneinstiegsalter erhöhen und Jugendlichen die Bildungschancen rauben, andererseits aber riesige Summen für Rüstung und Krieg bewilligen? Sollen Bremer Abgeordnete beispielsweise der SPD und der Grünen mehr Geld dafür bekommen, damit sie die Versprechungen im Koalitionsvertrag schnellstens wieder „vergessen“? Soll es zusätzlich honoriert werden dürfen, dass sie überhaupt unsere Steuergroschen immer dreister an die Reichen umverteilen?

Wir wollen sie nicht dafür belohnen, damit sie im Interesse der Groß­un­ter­neh­mer, der Banken und Konzerne Sozialstandards vernichten, demokratische Grundrechte zerstören und die Verfassung bis zur Unkenntlichkeit verstümmeln. Auch wollen wir sie nicht dafür bezahlen, damit sie immer unmenschlichere Gesetze gegen Flüchtlinge und Asylbewerber beschließen und so deren Menschenrechte und Menschenwürde weiter mit Füßen treten. Kein zusätzliches Geld für ihren Zynismus, ihre politische Unmoral und ihre Heuchelei!

 

Gibt es doch noch Chancen für den alten Sende­saal? Jedenfalls scheint es so, denn die Proteste gegen den bevorstehenden Abriss halten unvermindert an. Über 7.000 Unterschriften und eine nicht abreißende Flut von Leserbriefen zeugen vom Engagement für den Saal. Selbst FDP-Fraktionschef Woltemath wünscht vorsichtig ein „Nachdenken über die Nutzungsmöglichkeiten“ und will das Thema in die nächste Bürgerschaftsfragestunde einbringen. Noch einmal „nachgedacht“ wird anscheinend auch wieder im Senat: Bausenator Loske habe den Abriss noch nicht genehmigt, berichtete am 13. November 2007 der „Weser-Kurier“. Bekommt Herr Böhrnsen jetzt kalte Füße?

Bisher fürchtete der Senat hohe Schadenersatzansprüche seitens „Radio Bremen“, falls der Sendesaal stehen bleibt und die Käufer den Sender regresspflichtig machen. Schließlich wurde mit dem Geld unter anderem der Umzug in das neue Sendezentrum im Faulenquartier finanziert. Der „Weser-Kurier“ schreibt weiter, dass jetzt „diverse rechtliche Möglichkeiten“ geprüft würden, um den Abriss doch noch zu verhindern. Der wurde bekanntlich vor zwei Monaten mit der Aufhebung des Denkmalschutzes für den Saal beschlossen und mit der Behauptung begründet, dass „kein wirtschaftlich tragfähiges Konzept“ für den Erhalt eingereicht worden sei. Das ist eine glatte Lüge, denn erstens gibt es längst ein exakt durchgerechnetes Modell, und zweitens wurde dies auch fristgerecht bis zum Stichtag Ende September vom Verein „Freunde des Sendesaals“ vorgelegt!

Das Konzept sieht vor, ein Musikdorf namens “Campus Music-Village” mit gemischter Wohnform für Studierende und Senior(inn)en ab 50 mit Übungsräumen, Wohnanlagen, Restaurants und einem Ärztehaus rund um den Sendesaal zu errichten. Kürzlich ergriff sogar der ehemalige FDP-Innenminister Gerhart Baum in einem offenen Brief an alle ARD-Intendanten Partei für Saal und Musikdorf. Anlass für den Brief ist die Einweihung des neuen Sendezentrums am 26. November 2007. Er hob hervor, dass der historische Sendesaal zur Musikgeschichte „Radio Bremens“ und der ARD gehöre und ein unersetzbares Baudenkmal sei. Der Sender werde im neuen Funkhaus im Faulenquartier über kein vergleichbar hochwertiges Tonstudio verfügen. In der Tat! Nach einem Bericht der „Tageszeitung“ vom 17./18. November 2007 schildern Experten die Akustik in dem neuen Raum als „beschissen“, und dieser miserable Höreindruck lässt sich nach Kennermeinung weder mit architektonischen Nachbesserungen noch mit tontechnischen Tricks korrigieren.

Zurück zu Gerhart Baum. Bei ihm heißt es weiter, dass der Saal aus dem Jahre 1952 ebenso denkmalwürdig sei wie der große Sendesaal des „Westdeutschen Rundfunks“, der schon längst unter Denkmalschutz stehe. Er habe sich wiederholt für den Kulturauftrag des Öffentlichen Rundfunks eingesetzt. Dann schreibt er wörtlich: „Ich appelliere an Sie“ (die ARD-Intendanten), „den Erhalt des Bremer Sendesaals sicherzustellen, damit er weiterhin genutzt werden kann, wofür er gedacht ist: für Konzerte und hochwertige öffentlich-rechtliche Musikproduktionen“.

Diesen Einsatz nehmen wir mit Freude zur Kenntnis. Das Musikdorf ist ja auch eine tolle Idee. Doch hat sie gesellschaftliche Schattenseiten, denn viele Menschen sind von vornherein ausgegrenzt, weil ihnen entweder das Geld für eine gute Musikausbildung fehlt oder sie sich die hohen Mietkosten nicht leisten können. Viele Konzertbesucher werden die relativ teuren Eintrittskarten nicht bezahlen können. Das sollten wir nicht hinnehmen! Der Koalitionsvertrag wird gebrochen, denn im Kultur-, Sozial- und jetzt wieder ganz massiv im Jugendbereich wird überall gestrichen. Von Streichungen im Bau- und Betonbereich hört mensch hingegen nichts! Politische Lösungen müssen her, denn Kunst und Kultur hat für alle da zu sein!

 

Schicksal des Sendesaals
weiterhin ungewiss

26. 11. 2007 – Es ist nicht zu fassen: Zuerst gab es hoffnungsvolle Zeichen, weil es hieß, der Senat werde über die Sendesaalfrage erneut „nachdenken“, und Bausenator Loske zögere mit der Anweisung zum Abriss. Das war am 13. November 2007. Nun heißt es plötzlich wieder, die Bemühungen um den Erhalt des Sendesaals seien gescheitert („Tageszeitung Bremen“ vom 19. November 2007). Dies gehe aus der Senatsantwort auf eine Anfrage der FDP hervor. Anlass genug für Empörung und Zorn, aber auch für weitere bohrende Fragen an den Senat und für Proteste in der Öffentlichkeit!

Da gibt es ein fundiertes und tragfähiges Konzept für den Erhalt, und der Senat behauptet erneut, es sei aus finanziellen Gründen nicht zu verwirklichen. Es wird weiterhin so getan, als existiere das „Musikdorf“-Konzept nicht, weil es in Wahrheit nicht in die Interessenlage eines gewissen Herrn Glässgen – seines Zeichens „Radio-Bremen“-Intendant – hineinpasst. Der will den Erhalt nicht, weil er die Käufer der alten Hörfunk-Immobilien nicht verprellen und damit eine mögliche Klage des Senders gegen den Senat vermeiden will. Sagt er jedenfalls.

Die Zwangslage des Senats gebe es nicht, meint dagegen der Notar der „Freunde des Sendesaales“, Henning Schmidt, denn der Vertrag mit den Grundstückskäufern enthalte eine einschlägige Öffnungsklausel („Tageszeitung Bremen“ vom 23. November 2007). Wie dem auch sei, auf jeden Fall gibt es eine üble Kumpanei zwischen Intendanz und Senat, und es wird weiterhin gelogen, was das Zeug hält. Als der Denkmalschutz noch bestand, hat die Führung von „Radio Bremen“ selbst dagegen Widerspruch eingelegt – sozusagen im Verbund mit den Immobilienhaien gegen die eigene Geschichte. So lautet sinngemäß die Aussage des Vereins.

Und nun kommt ein erstaunlicher Schwenk: Herr Böhrnsen sagt plötzlich, dass er das Projekt „Campus von Music Village“ als ein „zukunftsträchtiges und attraktives Vorhaben für die Stadt“ begreift, dessen Chancen – einschließlich Erhalt des Sendesaals – offengehalten werden solle. Ist das jetzt doch ein positives Signal oder wieder nur ein Täuschungsmanöver?

Vor kurzem wurde noch behauptet, man kenne das Konzept überhaupt nicht. Dann hieß es, es sei viel zu spät eingereicht worden. Dabei hatte der Verein sein Projekt bereits im Oktober 2006 veröffentlicht. Nun wird gesagt, es gebe eine zu große Finanzierungslücke, und das Konzept sehe eine „dauerhafte Subventionierung“ durch den Staat vor, was so auch nicht stimmt. Jetzt will der Senat plötzlich, dass die „Freunde des Sendesaals“ ein neues Konzept vorlegen („Weser-Kurier“ vom 21. November 2007). Soll der „Schwarze Peter“ den „Freunden des Sendesaals“ zugeschoben werden? Nach dem Motto „Ihr habt an allem selber Schuld, weil ihr nicht rechtzeitig gehandelt habt“, tut dies der „Weser-Kurier“ schon jetzt!

Wir sind das Verwirrspiel leid, denn das heuchlerische Herumeiern lässt nur einen Schluss zu: Ein „Music-Village“-Projekt, das der Rettung des Sendesaals und damit dem Erhalt eines bedeutenden Kulturdenkmals dienen soll, ist in Wahrheit aus vordergründig-opportunistischen Gründen nicht gewollt. Profit geht eben vor Kultur! Und Bürgermeister Böhrnsen wagt es nicht, uns das öffentlich zu sagen.

Hier noch ein kleines Bonmot aus dem Festakt, der heute im neuen Funkhaus im Stephaniviertel stattfand und zu dem sämtliche ARD-Intendanten eingeladen waren. Eine „Geheimkonferenz“ anscheinend, denn die Öffentlichkeit war weitgehend ausgesperrt. Kein Pressevertreter war zugelassen, so die „Tageszeitung Bremen“ vom 24. November 2007. In dem ihr vorliegenden Festprogramm war unter anderem eine Arie aus Mozarts Zauberflöte mit dem Titel „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ vorgesehen. Herr Glässgen fand dies überhaupt nicht witzig – vielleicht weil er darin eine Anspielung auf seinen radikalen „Sanierungskurs“ sah – und ließ prompt den Programmpunkt durch eine andere Mozart-Arie mit unverfänglichem Text ersetzen.

Der Verein „Freunde des Sendesaals“ hat mittlerweile zu einer Spendenaktion für das geplante „Musikdorf“ und damit zur Rettung des Sendesaals aufgerufen. In der Pressemitteilung dazu heißt es: „In der vorläufigen Kalkulation (eine endgültige konnte bisher wegen nicht vorhandener Informationen zum Grundstückszuschnitt nicht gemacht werden) ergibt sich ein Fehlbedarf von circa 1,7 bis 2 Millionen Euro, der nach neuesten Informationen eher kleiner als größer werden dürfte.“

Die Spendenbeträge können größer sein, aber auch kleine Beträge sind willkommen. Die Hauptsache ist, dass möglichst viele Menschen spenden! Das würde den Verantwortlichen die Breite des Interesses am „Musikdorf“ und der Spendenwilligkeit der Bevölkerung demonstrieren. Jeder Betrag ist willkommen und wird – sollte das Projekt scheitern – auch wieder zurückgezahlt (Spendenkonto: Verein „Freunde des Sendesaals“, Sparkasse Bremen, Kontonummer 1185 6606).

 

Die „Mecker-Mentalität“

03. 12. 2007 – In der Öffentlichkeit wird dieser Tage eine Umfrage diskutiert, wonach in der Bundesrepublik die „Mecker-Mentalität“ auf dem Rückzug sei. Danach sehen angeblich 55 Prozent der Befragten ihre Zukunft „positiv und optimistisch“. Abgesehen davon, dass der Begriff „Mecker-Mentalität“ ein besonders zynisches Falschwort ist, wird hier auch noch mit dem Begriff „Rückzug“ die allgemeine Militarisierung der Sprache bedient. Mit Umfragen ist es ja so eine Sache. Es kommt immer darauf an, wer wen warum befragt. Wenn nur sogenannte Besserverdiener und junge Familien mit entsprechendem Bildungshintergrund befragt werden, wie in diesem Fall geschehen, dann sind die Antworten nicht überraschend.

Für die anderen Bevölkerungsgruppen besteht absolut kein Anlass, die Zukunft „optimistisch“ einzuschätzen: Die Preise bewegen sich ins Uferlose. Die meisten Einkommen stagnieren auf niedrigem Niveau, oder sie bewegen sich aufgrund der unverschämten Lohndrückerei steil nach unten. Massenhafte Verarmung ist nicht nur die mathematisch berechenbare Folge, sondern sie ist auch leicht greifbar und erfahrbar. Um dies festzustellen, genügt schon eine entsprechende Frage an die Verkäuferin im nächsten Supermarkt. Da lässt sich unschwer feststellen, dass besonders alleinerziehende Frauen von der rapide wachsenden Armut betroffen sind. Jetzt gibt es nur eines: Tariflich abgesicherte, ordentliche Mindestlöhne für alle Branchen müssen her – und zwar schnellstens!

Solange die gnadenlose Umverteilung von unten nach oben andauert, wird es allerdings soziale Gerechtigkeit kaum geben. Im Gegenteil: Immer mehr Menschen werden trotz positiver Konjunkturprognosen kapitalhöriger Wirtschaftsinstitute und angeblich sinkender Arbeitslosenzahlen von Entlassungen und Hartz IV betroffen sein, besonders hier in Bremen. Mit all den bitterbösen Folgen! Wenn dann eigenes Nachdenken, Empörung und Wut über Preiswucher, Diätenerhöhung und Steuergeschenke an die Reichen mit Begriffen wie „Meckermentalität“ oder „Neiddiskussion“ verunglimpft wird, dann finde ich das hochmütig, infam und menschenverachtend!

 

Gegen Kinderarmut und Ausgrenzung – für einen eigenständigen, armutssicheren Kinderregelsatz!

10. 12. 2007 – Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen e.V.“ (BAG-SHI) als die bundesweite Interessenvertretung von und für Menschen im Sozialleistungsbezug hat gerechnet, Statistiken gewälzt und Expertisen ausgewertet. Sie ist dabei in Sachen Bedarf bei Kindern und Jugendlichen auf völlig andere Zahlen und Fakten gekommen als die Rechenkünstler im Bundesministerium. Ergebnis des sechsseitigen Positionspapiers: Die kriminell niedrigen Regelsätze sind dringend „reformbedürftig“ und müssen drastisch angehoben werden!

Vom derzeitigen Regelsatz erhalten zurzeit Kinder 60 Prozent und Jugendliche 80 Prozent. Die Zahlen belegen, dass ein Regelsatz in Höhe von 208 beziehungsweise 278 Euro keineswegs bedarfsdeckend ist. Um Auskunft über das Ausgabeverhalten von Familien für Kinder zu erhalten, gibt es auf der Basis der alle fünf Jahre erhobenen „Einkommens- und Verbrauchsstichprobe“ gesonderte Auswertungen, die alle notwendigen Ausgaben erfassen.

Die BAG-SHI fordert auf dieser Basis eigenständige, gestaffelte Regelsätze für Kinder und Jugendliche, die gesellschaftliche Teilhabe, Gesundheit und Bildungschancen in vollem Umfang ermöglicht, außerdem die Wiedereinführung von drei Altersklassen für Kinder und Jugendliche, um altersspezifische Ausgaben zu berücksichtigen.

Daraus ergibt sich die Forderung nach einem Regelsatz für Kinder unter sechs Jahren von 370 Euro, von 438 Euro für Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren und 486 Euro für Jugendliche im Alter von zwölf bis 18 Jahren. Zu der Forderung gehören zudem die regelmäßige Inflationsanpassung der Regelsätze sowie die Wiedereinführung für im Regelsatz nicht vorgesehenen, aber notwendigen Mehrbedarf.

In dem umfangreichen Papier heißt es abschließend: „Die BAG-SHI will mit diesen konkreten Forderungen gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen und politischen Kräften eine Diskussion führen, die sich auch inhaltlich mit Armut auseinandersetzt und mehr ist als die Debatte um Plasmafernseher und angebliches individuelles Versagen armer Eltern.

Die BAG-SHI gibt damit nicht ihre langfristige Forderung nach Exis­tenz­geld für alle hier lebenden Menschen auf und weist gleichzeitig darauf hin, dass auch die derzeitige Regelleistung von 347 Euro für Erwachsene beziehungsweise 312 Euro für ‚Bedarfsgemeinschaften‘ mit mehreren erwerbsfähigen Hilfebedürftigen dringend einer Anhebung bedarf.“

 

Keine Rüstungshochburg Bremen!

07. 01. 2008 – Seit einiger Zeit organisiert die „DFG/VK-Gruppe“ zusammen mit dem „Friedensforum“ Protestaktionen gegen die höchst aktiven Waffenschmieden in der „Rüstungshochburg Bremen“. In diesem Rahmen findet am 18. Januar 2008 um 13 Uhr eine Mahnwache vor dem „Kapitel 8“ an der Domsheide in Sachen Lürssen-Werft statt. Dazu hier eine Kurzbiographie des Betriebes.

Die Friedrich-Lürssen-Werft an der Lesummündung besteht seit 130 Jahren und gilt als die „Wiege der deutschen Schnellboote“. Schon für die Kaiserliche Marine baute Lürssen Schnellboote, und für Hitlers faschistische Wehrmacht wurden zwischen 1939 und 1945 weit über 200 solcher schwimmenden Mordwerkzeuge mit Spitzengeschwindigkeiten bis zu 45 Knoten (das sind circa 83 km/h) auf Kiel gelegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verboten die Alliierten zunächst den Bau von Kriegsschiffen. Nach einer mehrjährigen „Schamfrist“ produzierte die Werft erneut Schnellboote, diesmal für die Bundesmarine. Heute rüstet sie mit zahlreichen Korvetten und Fregatten die deutschen Seestreitkräfte auf.

Besonders „dick drin“ ist sie im Exportgeschäft mit Schnellbooten, Patrouillenbooten, Korvetten und der Baubeteiligung an U-Booten. In den letzten Jahrzehnten hat Lürssen über 300 verschiedene Kriegsschiffstypen ins Ausland geliefert, darunter auch an die Türkei, nach Israel, an die arabischen Golfstaaten Kuwait und Bahrein, sowie nach Nigeria, Thailand und Singapur. 70 Prozent ihrer Schiffe gehen in den Export.

Am 20. Juni 2007 hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages einen Großauftrag für vier Fregatten des Typs F 125 abgesegnet – Kostenpunkt 2,27 Milliarden Euro! Aktuell baut Lürssen für die Bundeswehr fünf Korvetten der Klasse K 130. Dies sind schwimmende Plattformen für Einsätze von Kampfhubschraubern und Abschussrampen für Präzisionswaffen, die ausschließlich für Landziele vorgesehen sind.

Alle derzeitigen und künftigen Projekte wurden kürzlich in einer „Gemeinsamen Erklärung“ des Berliner Rüstungsministeriums mit dem „Bundesverband der deutschen Industrie“ festgeklopft. Federführend: Marine-Chef Friedrich Lürßen! Was da an Kriegsschiffen „vom Feinsten“ vom Stapel gelassen wird, ist also wahrlich nicht dazu angetan, unserer Welt mehr Sicherheit und Frieden zu bringen.

Bereits für Freitag, den 11. Januar 2008, rufen das „Bremer Friedensforum“ und der „DFG/VK-Gruppe Bremen“ auf zur Aktion „Keine Bundeswehr in aller Welt, auch nicht im Rathaus!“ um 10:15 Uhr vor dessen Eingang. Anlass ist der Neujahrsemp­fang der Streitkräfte. Bundeswehr buten un binnen? Nein danke!

 

Bremen fordert die Förderer
und fördert die Forderer

14. 01. 2008 – Um den Sendesaal ist es in letzter Zeit still geworden. Das vorläufig letzte Konzert ist verklungen, doch Bausenator Loske hat noch nicht den Daumen gesenkt. Inzwischen gibt es einen neuen Hoffnungsschimmer, denn jetzt ist auch Klaus Hübotter – der Retter zahlreicher bremischer Kulturgüter – im Spiel. Er sei von verschiedener, auch politischer Seite darum gebeten worden, sich „ernsthaft Gedanken“ zu machen, und er sei „dankbar“ dafür, so der „Weser-Kurier“ vom 29. Dezember 2007.

Auch von „Radio Bremen“ sind inzwischen etwas andere Töne zu vernehmen. Danach hat der Sender den Immobilienkäufern überraschend ein Rücktrittsrecht vom Vertrag bis Ende 2008 eingeräumt. Es ist also alles wieder offen!

Im Sendesaal spielten weltberühmte Jazz- und Popmusikgrößen, traten die Liedermacher Ulrich Roski, Franz-Josef Degenhardt, Hans-Dieter Hüsch und Udo Lindenberg auf, gastierte die „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“. Platten- oder CD-Aufnahmen machten unter anderem Nicolaus Harnoncourt mit dem „Concentus Musicus“ Wien, die „Musica antiqua“ Köln oder der „Monteverdi-Chor“ Hamburg. Die Reihe ließe sich unendlich fortsetzen, und sie muss auch unbedingt fortgesetzt werden!

Vielleicht täuscht die äußerliche Stille, die gegenwärtig herrscht, und es wird hinter den Kulissen intensiv um den Erhalt des Saales gerungen. Ich habe in letzter Zeit verschiedentlich das Gelände besucht und keinerlei Abrissvorbereitungen feststellen können. Lasst uns dem Sendesaal von ganzem Herzen diese positive Zukunft wünschen!

Vom Kulturförderer Klaus Hübotter jetzt zu einem Kapitaleigner ganz anderer Art: BDA-Präsident Dieter Hundt will bekanntlich beim „Eiswette“-Festschmaus eine Rede schwingen. Worüber der Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern am Schulterband diesmal wieder reden wird, dürfte nicht schwer zu erraten sein, gehören zu seinen unverschämten Forderungen doch die Zahlung von fünf Euro pro Arztbesuch für jeden Bürger, die „Anpassung der Hinterbliebenenrente an den tatsächlichen Bedarf“ sowie gar die Abschaffung des Streikrechts! Das lassen wir uns nicht bieten! Wir wollen ihm am Samstag, dem 19. Januar 2008, einen heißen Empfang bereiten: um 13:30 Uhr am Hotel Maritim. –

Seit Anfang Januar gibt es im Internet einen bemerkenswerten Friedens­aufruf. Er stammt zwar vom SPD-nahen „Willy-Brandt-Kreis“, gibt aber in den meisten Passagen die Positionen der Friedensbewegung recht gut wieder. In diesem Sinne kann er durchaus als Mahnung und zugleich als Appell an die in Berlin mitregierenden Genossen verstanden werden, sich endlich für ein deutlich sichtbares Versöhnungs- und Friedenszeichen vor allem in Richtung Osteuropa einzusetzen. Die Bundesregierung plant bekanntlich ein heftig umstrittenes „Zentrum gegen Vertreibung“ und bedient damit die reaktionärsten Kräfte in der Union und den „Vertriebenverbänden“ – sehr zur Freude der alten und neuen Nazis. Eine ungeheuerliche Provokation!

Die Initiatoren des Aufrufs schreiben unter anderem: „Wir brauchen kein Zentrum gegen Vertreibung. Wir brauchen ein Zentrum gegen Krieg – das den Jüngeren veranschaulicht, weshalb Krieg geächtet und künftig zu meiden ist. Jede Art Kriegsleiden könnte hier einen Raum bekommen, nicht nur die, die heute noch entschädigungsrelevant sind. Am Eingang wäre eine Warnung von Bertolt Brecht von 1952 denkbar: ‚Das Gedächtnis der Menschheit für erduldete Leiden ist erstaunlich kurz. Ihre Vorstellungskraft für kommende Leiden ist fast noch geringer.‘“ Wer möchte, kann sich diesem Aufruf noch anschließen.

 

Längst wäre ein Generalstreik nötig

21. 01. 2008 – Unsere Demokratie ist ganz schön auf den Hund(t) gekommen! Immerhin hat der Ehrengast und Hauptredner beim Bremer „Eiswette-Essen“ einen nicht unwesentlichen Anteil daran: Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt ist es schließlich, der im Wechsel mit einem gewissen Herrn Thumann aus dem Lager der Konzerne Schröders Agenda 2010 beständig scharf rechts überholt. Völlig auf der Strecke bleiben als „Kollateralschäden“ ihres erbarmungslosen Neoliberalismus Bürger(innen)rechte, Menschenwürde und Sozialstaatsgebot.

Schützenhilfe leisten jüngsten Meldungen zufolge die Geheimdienste, die ihre Kompetenzen erheblich ausgeweitet sehen wollen. Sie fordern neuerdings neben anderen verschärften Kontrollmaßnahmen sogar eine Ausweispflicht für Benutzer von Internetcafés. Dann ist da noch der Hesse Roland „Rambo“ Koch, der schon seit Tagen mit verbalem Draufhauen, übelster Stimmungsmache und rechtsradikalen Hasstiraden das gesellschaftliche Klima vergiftet. Und neue Atomkraftwerke will er auch noch!

Im Fall Nokia ist erfreulich, dass sich neben vielen Organisationen und anderen Betrieben die IG Metall mit den Beschäftigten solidarisch engagiert. Aber wo bleibt die Stimme des Großen Vorsitzenden im DGB, warum schweigt Herr Sommer so beharrlich? An der gegenwärtigen Jahreszeit kann es wohl kaum liegen. Also warum wird seitens der DGB-Spitze nicht endlich zu bundesweiten, flächendeckenden Solidaritätsstreiks aufgerufen? Gegen die neoliberale Brutalität und Verachtung, gegen das massenhafte Wegwerfen der „Ware Mensch“ wäre längst ein Generalstreik nötig, und der ist politisch einzufordern!

In Bremen gibt eine groteske Einmaligkeit, die ebenfalls kaum mit guter demokratischer Gesittung in Übereinstimmung zu bringen ist: Wo sonst ist es möglich und seit Jahren üblich, dass die Bundeswehr vorübergehend ein Rathaus „okkupieren“ darf, um dort mit dem stillschweigenden Segen weltlicher und kirchlicher Stellen ihren Neujahrsempfang abzuhalten? Als wir vom „Bremer Friedensforum“ vor dem Eingang mit zwanzig Demonstrant(inn)en unter Inanspruchnahme eines noch existierenden Grundrechts dagegen protestierten, wollte uns die Polizei sofort klarmachen, dass wir dort nicht erwünscht sind. Nach teilweise heftigem Wortwechsel fand sie sich schließlich doch dazu bereit, uns gewähren zu lassen, zumal wir eine offizielle schriftliche Erlaubnis des Stadtamtes für unsere Aktion vorweisen konnten.

Noch ist Karnevalszeit. Und wer vom ganzjährigen Schreckens-Karneval in Parlamenten und Regierungen die Nase richtig voll hat und sich den Frust von der Seele lachen will, der besuche am 1. Februar 2008 die „Prunk- und Stunksitzung“ des Kabarettisten Urdrü. Sie findet um 20 Uhr in der Festhalle des BSV-Vereinsheims „Sportklause“ in Bremen-Walle, Vegesacker Straße, statt.

 

Hochmut kommt vor dem Fall

28. 01. 2008 – Zu dünn war das Eis aus Arroganz, Ignoranz und Aus­län­der­feind­lich­keit, auf dem der Hassprediger Koch einen haushohen Wahlsieg zu bauen gedachte. „Koch bricht ein“, konstatiert denn auch der „Tagesspiegel“ aus Berlin, und sogar das nicht gerade CDU-feindliche „Handelsblatt“ bemerkt: „Hessen strafen Roland Koch ab“. So dumm und verhetzt sind die Wähler(innen) nun auch nicht, dass sie trotz massiver Schützenhilfe der „Blöd“-Zeitung millionen­fach auf die überhebliche und rassistische Stimmungsmache des Herrn Koch hereingefallen wären. Einen schweren Denkzettel verdienen aber auch die Kanzlerin, die Bundes-CDU und ihr dummschwätziger Fraktionssprecher Pofalla, weil sie den hemmungslosen Demagogen ohne Skrupel wochenlang unterstützt haben.

Dass die Niederlage des Herrn Koch allerdings einen „Sieg für die demokratische Kultur“ darstellt, wie die „Tageszeitung“ meint, ist zu bezweifeln. Koch ist auch nur eine austauschbare Figur! 36 der 56 Prozent, die überhaupt zur Wahl gegangen sind, stimmten nach wie vor für den neoliberalen Kurs dieser Partei. „Demokratische Kultur“ ist eher denjenigen zu bescheinigen, die sich in Hessen und Niedersachsen auch nicht für die anderen sogenannten „Volksparteien“, sondern für „Die Linke“ entschieden haben. Dass diese Partei es in die beiden Landesparlamente geschafft hat, ist erfreulich! Wir gratulieren! Von dieser Stelle sei ihr zugerufen: Unterstützt auch weiterhin die Streiks, die außerparlamentarischen Kräfte, die Friedensbewegung, und unterstützt überall die Montagsdemos!

 

Der Theaterdonner vor dem
ausgeweiteten Kampfeinsatz

04. 02. 2008 – „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.“ So heißt es in Artikel 26 Absatz 1 des vielgeschundenen Grundgesetzes. Doch weder Gerhard Schröder noch sein sogenannter Verteidigungsminister zu Zeiten des Jugoslawienkrieges, Rudolf „Badehose“ Scharping, oder die Herren Fischer, Struck, Jung oder Frau Merkel scherten sich darum. Sie alle haben aus der Vergangenheit offensichtlich nichts gelernt, und eine Anklage vor einem deutschen Strafgericht müssen sie ebenfalls nicht befürchten.

Jetzt sollen (und wollen) letztgenannte „Friedensengel“ nach dem Einsatz in Jugoslawien auch in Afghanistan auf Geheiß von USA und Nato verschärft Krieg führen. Diese dem Völkerrecht widersprechenden „Friedensmissionen“ sind auch von keinem UN-Mandat gedeckt und weder von der afghanischen noch von der deutschen Bevölkerung gewünscht. Über 60 Prozent lehnen die Bundeswehreinsätze ab. Die Kampfeinsätze sind also extrem rechtswidrig!

Derzeit bereitet Berlin die Entsendung einer „Schnellen Eingreiftruppe“ in den Norden Afghanistans vor – angeblich auf Bitten der Nato. Vorhersehbar war das alles schon, und keineswegs wird die Bundesregierung nur von harschen Briefen aus Washington dazu getrieben. Wie sagte es der frühere Kriegsminister Struck: „Die Sicherheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt.“ Basta! Das Geschimpfe über die US-Forderung durch Jung, Steinmeier und andere sowie der ganze „Streit“ mit der auch ihrem finanziellen Ende entgegenstrebenden Bush-Administration sind ein gespieltes Ablenkungsmanöver. Trotz des lautstarken Theaterdonners ist sich die Bundesregierung insgeheim schon lange mit den Pentagon-Militärs darin einig, die US-Kriegsführung durch verstärkte „Eigenleistung“ zu entlasten.

Hiergegen ist breiter Widerstand angesagt! Beispielsweise mit Leser(in­nen)briefen an die Presse und Schreiben an die Bremer Bundestagsabgeordneten. Eine hervorragende Gelegenheit zum Protest bietet sich auch auf der Ostermarschkundgebung am 22. März 2008 um 12 Uhr auf dem Bremer Marktplatz!

 

Die Folgen geistiger Brandstiftung

11. 02. 2008 – Der Großbrand in Ludwigshafen mit neun toten Frauen und Kindern und 60 Verletzten verursacht große Bestürzung. So etwas könnte auch hier in Bremen passieren! Er löst aber auch Empörung zum Beispiel über die Art der Unterbringung von Migrantenfamilien aus. Dies wirft bohrende Fragen auf. Wurden hier bewusst Familien gettoisiert, um sie vom Rest der Gesellschaft abzusondern? Wurden sie per Mietwucher drangsaliert? Wollte jemand das Haus „warm abbrechen“, um eine hohe Versicherungssumme zu kassieren?

Wer oder was auch immer die Ursache für die Brandkatastrophe war: Fest steht, dass es zumindest auch Indizien für einen neofaschistischen Terroranschlag gibt. Die entsprechenden Beobachtungen von geretteten türkischen Kindern und das mehrfach mit SS-Runen aufgesprühte Wort „Hass“ an der Hausfassade weisen in diese Richtung. Außerdem gab es 2006 schon einmal einen Brandanschlag auf das Haus („Neues Deutschland“ vom 8. und 9./10. Februar 2008) Dann artikulieren immer auch deutsche Spitzenpolitiker(innen) heuchlerisch ihr „Entsetzen“ – entsetzlich!

Niemand sollte jetzt den türkischen Medien einen Vorwurf machen, wenn sie sehr emotional über die Katastrophe berichten, und es sollte auch niemanden verwundern, wenn gerade sie Anschlags-Vermutungen in den Vordergrund stellen. Wobei dann Erdogans Verhalten und seine Kritik in Sachen Medienberichterstattung ein bezeichnendes Licht auf sein seltsames Verständnis von Demokratie und Menschenwürde wirft. Würde er sich auch so empört haben, wenn es sich bei den Opfern um kurdische Bewohner(innen) gehandelt hätte?

Nach weiteren Medienberichten soll es vor dem Einzug der türkischen Familien in dem Gebäude sogar einen Nazi-Treffpunkt gegeben haben. Fest steht in jedem Fall, dass Roland Koch und andere mit ihren ausländerfeindlichen Hetzreden rassistische Stimmungen massiv geschürt und faschistische Terrorbereitschaft angestachelt haben. Geistige Brandstifter waren und sind hier auf jeden Fall am Werk! Nachzutragen bliebe noch, dass gestern eine große Trauerfeier mit mehreren tausend Menschen vor dem Haus in Ludwigshafen stattgefunden hat, an der – traurigerweise – nur wenige Deutsche teilgenommen haben. Da hätte ich mir deutlich mehr aufrichtige Anteilnahme und Solidarität gewünscht!

 

Steuerflucht und Uranbomben

18. 02. 2008 – Neuerdings ist aus den Prachtvillen der privilegierten Wohngegenden ein seltsames Geräusch zu vernehmen: Das Angstschlottern der Milliardäre vor der Steuerfahndung! Der Staat würde jetzt „hart durchgreifen“, tönt es landauf, landab aus SPD-Zentralen und aus den Medien. So wie bei den Hartz-IV-Be­troffenen? Oder wird nun endlich mittels „bundes­weiter Zasterfahndung“ den wahren Sozialschmarotzern „die Hölle heiß gemacht“? Das wäre übrigens ein durchaus adäquater Verbannungsort als Strafe für diese Herrschaften! Gut vorgewarnt können sie aber leider in aller Ruhe abwarten, bis sich der Sturm gelegt hat, wohl wissend, dass den Fahndern dank ihrer Steuerflucht erstens Geld und Personal und zweitens auf Dauer der Mut fehlen wird. Ist das Ganze nur eine wohlinszenierte Show, um von ganz anderen Dingen abzulenken? Von neuen Verschärfungen bei Hartz IV beispielsweise, wofür die „Blöd“-Zeitung gerade mit übelster Stimmungsmache den Boden bereitet hat, oder ganz allgemein für einen viel weitergehenden Schlag gegen die demokratischen Grundrechte?

Mit dem Stichwort Hartz IV wären wir bei den Untaten der Schröder-Re­gierung. Diese hatte zwar 2002 aus wahltaktischen Gründen ihre Teilnahme am Irak-Krieg lautstark „verweigert“, in Wahrheit jedoch heimlich 60 bis 70 Bundes­wehrsoldaten an der Seite von US-Einheiten an Kriegshandlungen mit Uranwaf­feneinsatz teilnehmen lassen. Um den Unmut der US-Regierung zu beschwichtigen und gleichzeitig hier die Öffentlichkeit zu täuschen, wurden die Soldaten vorübergehend bei der Bundeswehr ausgemustert mit der angeblichen Zusage, sie nach dem Einsatz wieder „einzumustern“. Wie der Journalist Christoph Hörstel in der Züricher Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ berichtet, wurde ein ganzer Infanterie-Zug auf diese Weise als Kanonenfutter der USA im Irak verstrahlt. Nach Aussagen eines erkrankten Unteroffiziers starb die Hälfte der Soldaten nach dem Einsatz an Krebs. Hörstel schreibt weiter, dass es neben dem Vorwurf des politischen Falschspiels einen womöglich noch schwerer wiegenden Gesichtspunkt gebe. Es sei nämlich kaum anzunehmen, dass die Führungsspitzen der beiden Armeen nicht gewusst hätten, welcher Art der Einsatz der „Leihsoldaten“ sein sollte. Mit Sicherheit war er geeignet, so Hörstel, US-Truppenteile von derart verlustreichen militärischen Operationen zu entlasten. Dem Risiko der tödlichen Verstrahlung sei sich damals auch die Bundesregierung bewusst gewesen.

In Afghanistan sind nach Schätzungen von Professor Albert Stahel, Dozent für Strategische Studien an der Uni Zürich, die Hälfte aller eingesetzten US-Bomben Uranbomben – was das Pentagon bestreitet. Die Bundeswehr leistet hier im wahrsten Sinne des Wortes Schützenhilfe durch den Einsatz ihrer Tornado-Aufklärer. Die betroffenen Menschen leiden extrem unter den bekannten Folgewirkungen. Schwer geschädigte Kinder sterben in den Krankenhäusern nur wenige Tage nach der Geburt unter furchtbaren Schmerzen. Wer dies in Afghanistan an die Öffentlichkeit bringt, muss nach Aussagen von Doktor Miraki, Leiter des „Women-Hospital“ in Kabul um sein Leben fürchten. Repressalien verschiedenster Art seien an der Tagesordnung. Daher trauten sich Eltern nicht, ihren und ihrer Kinder Namen zu nennen, Ärzte wollen sich nicht an Untersuchungen beteiligen, und Klinikleitungen wollen die Untersuchungen nicht anordnen. Hörstel stellte fest, dass dies auch ein von Deutschen geführtes und finanziertes Kabuler Krankenhaus bestätigt.

Der Einsatz von Uranwaffen ist ein eklatanter Bruch von Menschen- und Völkerrecht! Die Bundesrepublik macht sich durch ihre Beteiligung mitschuldig an diesem beispiellosen Verbrechen. Daher die dringende Forderung an den Bundestag, einer Verlängerung des Isaf- und Tornadoeinsatzes nicht zuzustimmen, weil dies weitere Uranwaffenverwendung zwangsläufig unterstützt. Die Friedensbewegung wird auch diese Art der Kriegsführung zum Thema machen und auf eine internationale Ächtung von Uranwaffen und Splitterbomben dringen. Darüber hinaus bleibt der vollständige Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan auf der Tagesordnung!

 

„Macht Lafo Deutschland
unregierbar?“

25. 02. 2008 – „Macht Lafo Deutschland unregierbar?“, so fragt heute die „Blöd“-Zeitung in süffisant-bösar­tigem Tonfall. Wen fragt sie das eigentlich, oder richtet sie die Frage an sich selbst? Wenn ja, könnte selbst sie irgendwann darauf kommen, dass nicht „Lafo“ (gemeint ist Oskar Lafontaine), sondern die zerfallenden Kriegs- und Hartz-Parteien dieses Land unregierbar machen: unregierbar, was die Schaffung von Frieden und sozialer Gerechtigkeit angeht! Wenn sich die Vertreter eben dieser Parteien nach der Hamburger Wahl wieder beruhigt und sich die Gesichtszüge des während der sogenannten Elefantenrunde ständig grinsenden Herrn Pofalla in ihren Normalzustand zurückverwandelt haben, werden wir ja sehen, was passiert: Alle Welt wird feststellen, dass alles beim Alten beziehungsweise bei den Alten bleibt. Wie auch immer der Schacher um die Hamburger Pöstchen ausgehen mag, fünf Punkte scheinen unter jedweder Koalition sicher: „Ole“ bleibt, das Sozialticket wird nicht eingeführt, die Studiengebühren werden nicht rückgängig gemacht, die Elbvertiefung wird durchgezogen und das monströse Kohlekraftwerk am Stadtrand wahrscheinlich gebaut!

Wir sind in Bremen nicht besser dran: Auch hier unter Rot-Grün wird weiter öffentliche Daseinsvorsorge durch Privatisierung zerstört und sozialen Projekten durch Kürzungen und Streichungen das Überleben unmöglich gemacht. Die Reichen werden noch mehr Reichtum anhäufen und noch mehr Steuern hinterziehen, und Rentner, Hartz-IV-Opfer, Kranke, Behinderte, Asylsuchende und so weiter werden wie immer das Nachsehen haben! Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie längst verboten“. Das trifft auf jeden Fall zu! Ein Grund mehr, hier für positive Veränderungen zu kämpfen und weiterhin Montagsdemos zu machen! Zum Beispiel muss das von der Koalition versprochene Sozialticket schnellstens her! Alles könnte finanziert werden durch eine Umkehr der Umverteilung, durch einen Stopp von Steuerflucht und Rüstungswahnsinn. Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan, und die Hartz-Gesetze müssen weg!

 

Stoppt Nazi-Vandalismus!
NPD verbieten!

03. 03. 2008 – Seit Beginn dieses Jahres häufen sich Nazi-An­schläge auf Bremer Einrichtungen. Der „Infoladen“ der „Rosa-Luxemburg-Initiative“ wurde schon zwei Mal Ziel von faschistischen Übergriffen. Mitte Februar wurden vier weitere Anschläge bekannt. Zuerst traf es die Jugendbildungsstätte des „Lidice“-Hauses auf dem Stadtwerder. Es folgten Schmierereien und Steinwürfe auf eine Wohngemeinschaft in Bremen-Nord sowie auf die Räume der ehemaligen Jugendbildungsstätte in Bremen-Lesum.

Der Bremer „Infoladen“ in der Sankt-Pauli-Straße, in dem seit Anfang 2002 das „Archiv der sozialen Bewegungen“ untergebracht ist, wurde schon zum wiederholten Mal zum Angriffsziel der faschistischen Steinewerfer, wobei drei große Fensterscheiben zu Bruch gingen. Dabei hinterließen die Nazis ihre Duftmarken in Form von aufgeschmierten Hakenkreuzen, SS-Runen und dem Schriftzug „C18“. Dies ist eine Chiffre, die für Hitlers Initialen und als Symbol für die Nazi-Organisation “Blood and Honour” steht. Alle Anschläge zeigen mithin eindeutig dieselbe Handschrift.

Dies zeigt erneut, wie dringend ein Verbot der NPD und aller anderen faschistischen Organisationen ist! Die Bremer Montagsdemo verurteilt die Anschläge auf das Schärfste und erklärt sich mit den betroffenen Objekten und Initiativen solidarisch. Wir fordern eine schnelle und konsequente polizeiliche Verfolgung und eine baldige Bestrafung der Täter!

In Sachen Nazi-Anschläge gibt es noch zu berichten, dass im Februar Übergriffe auch in Osterholz-Scharmbeck stattgefunden haben. In der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2008 wurde zeitgleich mit dem Anschlag auf den Bremer „Infoladen“ in der Sankt-Pauli-Straße das dortige Kulturzentrum angegriffen. Die Täter, die dem Vernehmen nach aus Verden kamen, schlugen zehn Scheiben ein und sprühten an die Vorderfront des Hauses die Worte: „Linke Zentren angreifen“.

In derselben Nacht wurde in der Nachbarstadt auch das Denkmal für die ehemalige jüdische Synagoge mit Hakenkreuzen geschändet! Dies war die zweite faschistische Untat nach einem Brandanschlag am 7. November 2006 gegen das Denkmal. Damals wurde bei dem Anschlag die Plane, die das Denkmal verhüllte, in Brand gesteckt. Dem Bremer „Infoladen“ zufolge stellen die Anschläge keine Einzelfälle dar. Neben Übergriffen bei Fußballspielen und auf linke Veranstaltungen trifft es auch Menschen, die nicht in ihr faschistisches Bild passen (Quelle: „Indymedia“).

Im Januar wurde ein Obdachloser, der im Eingangsbereich des Ladens schlief, zweimal kurz hintereinander von „Unbekannten“ angegriffen und durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt („Weser-Kurier“ vom 16. Januar 2008). Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes, und die Vermutung liegt sehr nahe, dass der oder die Täter nur aus dem genannten Nazi-Umfeld kommen können!

Die Initiative „Bremerinnen und Bremer gegen Obdachlosigkeit“, von deren zahlreichen phantasievollen Aktionen in der Innenstadt schon berichtet wurde, hat sich kurz nach der Tat mit den empörten Anwohner(inne)n in der Sankt-Pauli-Straße in Verbindung gesetzt, um zu beraten, was weiterhin unternommen werden kann.

Die Gleichzeitigkeit der Anschläge gegen linke Einrichtungen an verschiedenen Orten zeigt mit großer Deutlichkeit, dass die Faschisten immer öfter koordiniert vorgehen und ihre Kräfte überregional bündeln. Dieses Phänomen ist schon seit längerer Zeit zu beobachten, und offenbar gelingt ihnen das von Mal zu Mal besser. Ich denke, es wird höchste Zeit, dass auch wir unsere Kräfte überregional besser koordinieren, um der faschistischen Gefahr mit gemeinsamen Protest­aktionen noch wirkungsvoller entgegentreten zu können!

 

Wie neulich eine Linke
niedergemacht wurde

10. 03. 2008 – Sündenböcke finden sich immer, und der Zweck heiligt stets die Mittel, wenn es darum geht, vom eigenen Desaster abzulenken. So war es auch am Sonntagabend bei der Sendung von Anne Will, wo die Talk-Gäste von SPD, CDU und CSU mal wieder kräftig auf die antikommunistische Pauke droschen. Gerade so, als wären nicht besagte Parteien mit ihrem Kriegs- und Sozialkahlschlagskurs an Wählerschwund und eigenem Verfall schuld, sondern „Die Linke“ und die DKP. „Panorama“ hatte am 14. Februar 2008 entscheidende Passagen aus einem Interview mit Christel Wegner grob verfälscht wiedergegeben und ihr die Worte „Stasi“ und „Mauer“ einfach untergeschoben. Dies haben die bei Anne Will anwesenden Parteienvertreter natürlich genüsslich ausgeschlachtet. Übrigens hat die „Panorama“-Sendeleitung die verlogene Manipulation bis heute nicht korrigiert.

In einer persönlichen Erklärung („Unsere Zeit“ vom 22. Februar 2008) stellte Christel Wegner klar, sie habe in dem Interview lediglich gesagt, dass jeder Staat einen Geheimdienst besitze und dies auch für einen sozialistischen Staat gelte. Es sei doch klar, dass es ihr nicht darum gehe, die Stasi wiederzubeleben, die Mauer neu zu bauen oder den Niedersachsen ihr Eigenheim zu enteignen. Im Übrigen habe die DKP schon immer die Auflösung der Geheimdienste gefordert, so Christel Wegner. Dann sprach sie sich dafür aus, die Großkonzerne in Gemeineigentum zu überführen, und da ist ihr in vollem Umfang zuzustimmen! Dessen ungeachtet machten die niedersächsische Landtags-„Linke“ und die Berliner Parteispitze mit dem Rausschmiss von Christel Wegner überhaupt keine gute Figur. So etwas nützt nur den Herrschenden!

Am Ostblock-„Realsozialismus“ und der Haltung der DKP hierzu ist durchaus Kritik angebracht, und die ist auch absolut berechtigt. Doch es geht den Initiatoren der Diffamierungskampagne in erster Linie um die Abschottung alternativer und antikapitalistischer Ideen und um die Spaltung der gesamten Linken. Deshalb wollen sie keine politische Auseinandersetzung und demokratischen Meinungsstreit, sondern Ausgrenzung und Tabuisierung. Es geht um die Durchsetzung von Denkverboten im Sinne einer verordneten antikommunistischen Staatsdoktrin. Die Verhinderung einer solchen Doktrin ist noch möglich, wenn wir alle gemeinsam für einen grundlegenden Politikwechsel kämpfen!

 

Schönes neues Europa!

17. 03. 2008 – Dieser Tage drängt Kanzlerin Merkel verstärkt auf die Ratifizierung der „Lissabon-Verträge“, die vormals „EU-Verfassung“ hießen und wegen der großen Ablehnung in Europa nach einer Schamfrist mit neuem Namen wieder auferstanden sind. Ein „schönes neues Europa“ sollte es werden, doch die EU tut nichts, aber auch gar nichts dafür, wie seinerzeit Helmut Kohl nichts für seine „blühenden Landschaften“ im Osten Deutschlands tat. Im Gegenteil, sie rüstet gewaltig auf und führt Krieg nach außen wie nach innen: Krieg gegen die Dritte Welt und die aus ihr flüchtenden Menschen und gegen die eigene, vorher eingelullte Bevölkerung. Ein großer Bluff also, hinter dem sich in Wahrheit der größte Wertekahlschlag seit den 1930er Jahren verbirgt. Auf einer Website las ich den prophetischen Satz: „Wer in der Demokratie einschläft, wird in der Diktatur aufwachen!

Der Europäische Gewerkschaftsbund stellte kürzlich fest, dass in der EU 17 Millionen arbeitende Menschen bereits jetzt in Armut leben, und 31 Millionen arbeiten für Hungerlöhne („Neues Deutschland“ vom 13. März 2008). Der deutsche Niedriglohnsektor umfasst 22 Prozent aller Beschäftigten. Das ist ein Rekord auf dem Kontinent und liegt damit ähnlich hoch wie auf den Britischen Inseln und in den USA: Dort beträgt der Hungerlohnsektor 25 Prozent. Im Mai sollen auf der diesjährigen Frühjahrstagung des Europäischen Rates noch mehr Schweinereien ausgeheckt werden, um die EU bis 2010 zum „wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“, wie es großkotzig in der „Lissabon-Strategie“ vom März 2000 heißt. Und Deutschland ist immer mit der Nase vorneweg! Mit Agenda 2010, Hartz IV, den Mini- und Ein-Euro-Jobs, der Rente mit 67, der sogenannten Gesundheitsreform und der Abschaffung der Gewinnversteuerung aus dem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen war und ist Berlin in Sachen neoliberaler Konzern-Hofierung Spitzenklasse!

Schier unglaublich ist, dass Verdi – und zwar die „Fachgruppe Bundeswehr“ – die diesjährige Kommandeurstagung der Streitkräfte ausgerichtet hat! Ich weiß nicht, ob das vom Europäischen Gewerkschaftsbund so gedeckt ist. Wenn ja, wäre das eine weitere Ungeheuerlichkeit! Zurückhaltung in Sachen Kriegseinsätze war bei den 450 ranghohen Militärs erwartungsgemäß nicht angesagt. Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer betätigte sich zudem als „Stimme seines Herrn“ aus dem Pentagon und forderte „noch mehr Engagement“ in Afghanistan, womit er wohl vor allen Dingen den Einsatz im Süden meinte. Angela Merkel zierte sich zwar noch und wiederholte ihre altbekannte Ablehnungsrhetorik, doch kündigte sie schon nach der bereits erfolgten Rüstungshaushalts-Aufstockung um eine Milliarde Euro eine weitere Erhöhung an. Ganz im Sinne der „Lissabonner Verträge“ übrigens, die genau das und eine Bereitschaft der EU zu noch mehr Krieg vorsehen. Welch ein schönes neues Europa! –

Zur Resolution der 172. Montagsdemo vom 3. März 2008 gegen den Nazi-Vandalismus im Februar dieses Jahres wäre nachzutragen, dass der „Staatsschutz“ die Täter inzwischen dingfest gemacht haben will. Bei den neun Festgenommenen handelt es sich um zwei junge Frauen sowie um Jugendliche und Männer im Alter zwischen 15 und 23 Jahren (siehe „Weser-Kurier“ vom 13. und „Tageszeitung Nord“ vom 14. März 2008). Dies ist sicherlich auch ein Erfolg der zahlreichen Proteste! Andererseits besteht noch kein Grund zum Jubeln: Zu oft sind Nazi-Täter nur zu geringen Strafen oder überhaupt nicht verurteilt worden. Meistens kamen sie sehr bald wieder frei und konnten weiter ihr Unwesen treiben. Solange Polizei und Justiz solche Täter mit „Samthandschuhen“ anfassen und ihre Verbrechen wie Kavaliersdelikte behandeln, werden auch wir uns mit ihnen beschäftigen müssen. Unsere Forderung bleibt auf der Tagesordnung: Verbot aller faschistischen Organisationen jetzt!

 

Die Konzerne beuten die
Rentenbeitragszahler aus

31. 03. 2008 – „Bild“ hetzt mal wieder! Erst waren es Hartz-IV-Betroffene, und nun sind die Rentner dran. „Die Alten beuten die Jungen aus“, hieß es am 11. März 2008, und am 26. März schrieb Deutschlands größtes Lügenblatt: „Höhere Rente senkt den Netto-Lohn!“ Hier werden mit dubiosen Zahlen der Arbeitgeberverbände wilde Behauptungen aufgestellt, die nicht zu beweisen sind. Es wird Stimmung gemacht und ein Klima von Hass und Misstrauen geschaffen. Dieselben Quellen verschweigen, dass nicht die Rentner(innen) – die sich im Übrigen ihre Alterssicherung sauer genug verdient haben –, sondern die Konzerne in ihrer maßlosen Profitgier die Lohneinbußen der Arbeitnehmer(innen) herbeigeführt haben. Diverse Bundesregierungen haben durch ihre unsozialen Gesetze, wie Schröder mit Hartz IV und Agenda 2010, diese Situation erst möglich gemacht.

Dabei gehen die Rentenkürzungen unvermindert weiter. Die Durchschnittsrente liegt heute schon um zehn Prozent niedriger als in den 1990er Jahren. Die Summe, die den Rentnern durch drei Nullrunden, steigende Pflegeversicherungsbeiträge, Zuzahlungen für Medikamente und Praxisgebühren sowie durch die allgemeine Preissteigerung und Energiekostenexplosion genommen wurde, ist weit mehr als die lächerlichen 1,1 Prozent Erhöhung des Herrn Scholz. Fünf Prozent Erhöhung wären wohl das Mindeste! Erklärtes Regierungsziel bleibt es allerdings, bis 2030 das Rentenniveau so weit abzusenken, bis niemand mehr von seiner gesetzlichen Rente leben kann. Ziel ist auch hier die Privatisierung des gesamten Sicherungssystems. Schon heute rauschen die Renten ungebremst in Richtung Sozialhilfe. Die Altersarmut verschärft sich, und manch ein Rentner hat bereits kein Dach mehr über dem Kopf.

Noch einmal: Vor allem Kohl und Schröder haben die Rentenkassen geplündert, um woanders Haushaltslöcher zu stopfen und den „Aufbau Ost“, der ein Fass ohne Boden ist, zu finanzieren. Nicht die Alten beuten die Jungen aus, sondern Konzerne und Regierung drücken die Löhne, indem sie Arbeitnehmerrechte zerschlagen und unzählige Menschen in die Armut treiben. Lassen wir uns nicht länger auseinanderdividieren und gegeneinander aufhetzen, denn das nützt nur den Herrschenden. Hier hilft nur gemeinsamer und anhaltender Widerstand!

 

So läuft das im Staat der Konzerne

07. 04. 2008 – Was wir schon immer geahnt haben, bestätigt und kritisiert jetzt der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestages: „Berater“ aus den Konzernen regieren kräftig mit! Sie bestimmen, was in den Gesetzen zu stehen hat und was nicht. Zum Mitschreiben an Gesetzen und Richtlinien entsenden sie eigens ihre Lobbyisten, die sich als ihre Beauftragten in den Ministerien einnisten und dafür auch noch üppig bezahlt werden. Die „Tageszeitung“ schrieb am 4. April 2008, dass ein Bundesministerium die Stellungnahme zur Einführung eines neuen EU-Kontrollsystems von einem „Mitarbeiter“ erstellen ließ, der angeblich auf der Gehaltsliste eines Großunternehmens der zu kontrollierenden Branche stand.

Etwa 100 „Berater“ aus der Industrie und deren Interessenverbänden sollen demnach von 2004 bis 2006 in den höchsten Bundesbehörden tätig gewesen sein. Andere Quellen wie „NDR-Info“ sprechen sogar von über 300 zeitweilig dort beschäftigten Personen. Für Einflussnahmen auf Gesetzesvorlagen und Regierungsentscheidungen werden also weder Kosten noch Mühen gescheut und viel Geld locker gemacht! Doch seit wann zahlt der Kapitalist dies aus eigener Tasche? Nein, dafür greift er lieber tief in die Taschen seiner abhängig Beschäftigen und der Bevölkerung, die dies alles mit Lohn- und Gehaltseinbußen, verlängerten Arbeitszeiten und unverschämter Preistreiberei zu bezahlen haben. Und natürlich mit massenhaften Entlassungen!

Dass Beraterfirmen wie McKinsey oder Roland Berger zum Beispiel an den Hartz-Gesetzen mitgeschneidert haben und dies alles von uns Steuerzahlern bezahlt wurde, haben wir den Herrn Schröder, Clement und Müntefering zu verdanken. Welche erlauchten Namen in der 15-köpfigen, gut sortierten und hoch dotieren Hartz-Kommission auftauchten, ist schon recht spannend: Jobst Fiedler von der Beraterfirma Roland Berger war ebenso dabei wie Peter Kraljic von McKinsey. Die bundesdeutschen Großkonzerne waren durch Norbert Bensel von Daimler-Chrysler und der Deutschen Bahn AG, Eggert Voscherau von BASF sowie Heinz Fischer von der Deutschen Bank vertreten.

Als hochrangiger „Berater“ aus dem Dunstkreis der Unternehmer war auch Hans-Eberhard Schleyer vom „Zentralverband des deutschen Handwerks“ dabei. Ferner fanden sich auf der Teilnehmerliste die Namen von Werner Jann von der Universität Potsdam, Günter Schmid vom „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“, Harald Schartau vom Sozialministerium Nordrhein-Westfalen und Wilhelm Schicker vom Landesarbeitsamt Hessen. Besonders beschämend: Peter Gasse von der IG Metall und Isolde Kunkel-Weber von Verdi waren ebenfalls mit von der bösen Partie! Letztere übrigens als einzige weibliche Mittäterin in diesem kriminellen Männer-Komplott.

Die Gewerkschaften, Kirchen sowie die Wohlfahrts- und Sozialverbände, die jetzt so prächtig von den staatsfinanzierten Ein-Euro-Jobs profitieren, bleiben aufgefordert, mit uns gemeinsam gegen die fortgesetzte Entrechtung und Grundwertevernichtung zu kämpfen! Es kann gar nicht oft genug wiederholt werden, und dafür stehen wir bekanntlich jeden Montag hier: Die verbrecherischen Hartz-Gesetze müssen weg!

 

Das Berater-Unwesen –
Wem gehört die Bundeswehr?

14. 04. 2008 – In meinem letzten Beitrag habe ich dargestellt, welchen Einfluss Roland Berger und Konsorten auf Regierungsbeschlüsse und Gesetzesvorlagen nehmen und damit weitgehend die bundesdeutsche Exekutive unter ihre Kontrolle bringen. Die mittlerweile global agierende Berater-Mafia hat nicht nur die Hartz-Gesetze, die „Gesundheitsreform“ und andere üble Sachen mitgeschrieben und sich in den übrigen Ministerien ebenfalls ausgetobt; sie hat vor allem aktiv an der Umstrukturierung der Bundeswehr mitgewirkt. „Privatisierung“ heißt auch hier, „Ballast“ abzuwerfen, um noch effektiver und flexibler zu werden.

Der Politikwissenschaftler und Journalist Thomas Leif beschreibt in seinem Buch „Beraten und verkauft“ die mehr als dubiosen Praktiken der Firma Roland Berger im Umgang mit dem Rüstungsministerium und der Bundeswehr. Da heißt es unter anderem: „Seit 1998 hat das Verteidigungsministerium fast 850 Aufträge für Beratungsleistungen, Studien und Gutachten mit einem Vertragsvolumen von mehr als 500 Millionen Euro vergeben. Das ist mit Abstand das größte Volumen an externen Beratungsleistungen im Bundeshaushalt. Besonders innovativ war die Unternehmensberatung Roland Berger bei der Preisgestaltung. Immer wieder wurden die Vertragssummen hochgeschraubt, zum Beispiel von 4,4 auf 7,5 Millionen Euro. Bergers Team verlangte bis zu 3.500 Euro pro Tag und pro Berater. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei den meisten per Ausschreibung vergebenen Aufträgen anderer Behörden. Die Bundeswehrreform war für Berger eine Goldgrube.“

Leif schreibt weiter, dass zwecks Privatisierung der Streitkräfte im Mai 2000 die „Bundeswehr-Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb“ eigens mit dem Ziel gegründet wurde, „die Bundeswehr bei der Privatisierung der Fahrzeugflotte, der Bekleidungswirtschaft und dem Verkauf von Liegenschaften zu beraten und auch operativ tätig zu werden.“ Im Klartext: Beraterfirmen und Konzerne unterwandern und bestimmen unter dem Vorwand von „Einsparungen“ mehr und mehr die Bundeswehr und den gesamten staatlichen Machtapparat.

Hat sich hier seit 1999 unter Rudolf Scharping bereits eine Art „paralleler Kommandostruktur“ entwickelt? Die „Berliner Erklärung“ aus dem Jahr 2000 zwischen dem Kriegsministerium und Teilen der deutschen Wirtschaft deutet darauf hin, weil in dem Papier unter anderem von regen Wechselbeziehungen in Sachen Ausbildung die Rede ist. Trotz widersprüchlicher Aussagen aus dem Jung-Ministerium scheint die Bundeswehr längst auf dem Weg in Richtung Privatarmee zu sein!

Im Irak und in Afghanistan wütet bereits jetzt eine konzerneigene, hoch motivierte und mit modernsten Waffen ausgerüstete Söldnertruppe aus den USA. Im Zeichen der Globalisierung ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch international agierende Großkonzerne aus der Bundesrepublik mit eigenen Killertruppen in Erscheinung treten. Türöffner für die Entstehung eines privaten Militärs waren und sind die Beratergesellschaften bei der Bundeswehr. Für uns vom „Bremer Friedensforum“ gibt es daher nur eines: Die Militarisierung der Gesellschaft stoppen, private Armeen verhindern und die Bundeswehr abschaffen!

 

Machtbesessenheit treibt oft
höchst unschöne Blüten

21. 04. 2008 – Machtbesessen war der SPD-Politiker Uwe Beck­meyer schon immer. Das zeigt die steile politische Karriere des einstigen Lehrers und späteren Bremerhavener Abgeordneten, die ihn bis zum Fraktions- und Landesvorsitzenden seiner Partei führte. Unter dem SPD-Bürgermeister Klaus Wedemeier bekam er in den frühen 1990er Jahren zweimal als Senator für Wirtschaft, Häfen, Schifffahrt und Außenhandel eine riesige Machtfülle mit erstklassigen Verbindungen zur Handelskammer. Wedemeiers Nachfolger Henning Scherf machte ihn auch noch zum Arbeitssenator. Er dürfte mithin an sämtlichen Kürzungsorgien und Sozialabbauprogrammen jener Jahre maßgeblich mitgewirkt haben. Außerdem trieb er den konsequenten Ausbau Bremens zur Rüstungshochburg voran, indem er die „Bremer Lagerhausgesellschaft“ und die Hafenanlagen zum Hauptumschlagplatz für Kriegsgüter aller Art machte. Wir vom „Bremer Friedensforum“ protestierten damals mit zahlreichen Aktionen vor seinem Amtssitz, ersuchten ihn um Stellungnahmen und forderten von ihm den sofortigen Stopp der Rüstungsexporte über die Bremischen Häfen – leider vergeblich!

Jetzt gibt es eine große Kungelei und üble Kumpanei der Pöstcheninhaber Wedemeier und Beckmeyer an allen demokratischen Kontrollinstanzen vorbei zugunsten der Deutschen Bahn AG. Kein Wunder, wo doch der Große SPD-Vorsitzende Kurt Beck die Zustimmung zu weiterer Teilprivatisierung befahl und ihm die Partei heute willig und gehorsamst gefolgt ist! Wedemeier steht bei der Bahn als „Berater“ auf der Gehaltsliste, und Beckmeyer schaufelt als Lobbyist und verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag dem Mehdorn-Konzern den dicken Bremer S-Bahn-Auftrag zu! Und dies, obwohl der Mitbewerber „Osnabrücker Nordwestbahn“ zunächst den Zuschlag bekam, weil der das Betreiben des Nahverkehrsprojekts viel günstiger angeboten hatte. Das war selbst dem ansonsten neoliberalen „Weser-Kurier“ zu viel.

In einem kritischen Leitartikel vom 16. April 2008 heißt es: „Die Art und Weise, wie offensiv und kaltschnäuzig Uwe Beckmeyer hier vorgegangen ist, zeigt vor allem eins: Das Gefühl für politisch ehrenwertes Verhalten ist bei ihm nicht unbedingt ausgeprägt. Dass er Argumente dann noch wortwörtlich einem Schreiben der Bahn entnimmt, darf man wohl als politisch leichtfertig und verwegen bezeichnen. Ehrenhaft ist das nicht.“ So ist es! Während Armut und Elend im Lande Bremen immer größere Ausmaße annehmen, stopfen sich Beckmeyer und Konsorten völlig ungeniert und skrupellos die Taschen voll! Die vielen Hartz-IV-Betroffenen werden sich bedanken, denn sie können die vermutlich überhöhten S-Bahn-Fahrpreise niemals aus dem Regelsatz bezahlen – und die anderen unterhalb des Existenzminimums lebenden Bevölkerungsgruppen ebenfalls nicht. Eine weitere Ausgrenzung also, und deshalb ist unsere Forderung umso dringender: Das weiträumig geltende Sozialticket muss endlich her! Es gibt viele gute Gründe, hier auf der Montagsdemo die menschenverachtenden Machenschaften hochrangiger Bremer Politiker öffentlich anzuprangern. So geht das nicht, Herr Beckmeyer!

 

Der Lissabon-Vertrag muss weg!

28. 04. 2008 – Letzte Woche wurde der sogenannte EU-Verfas­sungsvertrag von Lissabon durch den Bundestag gepeitscht, wobei nur „Die Linke“ geschlossen dagegen stimmte. Auf einer von der Presse bezeichnenderweise nicht beachteten Veranstaltung im „Kon­sul-Hackfeld-Haus“ erklärte die Europaabgeordnete Sahra Wagenknecht, dass „Die Linke“ den Vertrag rundweg ablehnt und dass sie sich bei künftigen parlamentarischen Abstimmungen den starken Rückhalt der außerparlamentarischen Bewegungen wünscht. Ich denke, dass hier die bundesweite Montagsdemo voll auf ihrer Seite steht!

Das „Aktionsbündnis Sozialproteste“ hat ja bekanntlich mit einer breit angelegten E-Mail- und Unterschriftenaktion in diesem Sinne gehandelt. Einige EU-Abgeordnete haben auf den Protestbrief des Bündnisses geantwortet. Der Bremer Rüstungs­lobbyist Volker Kröning (SPD) redete das Vertragsungetüm in dem gleichen monströsen Bürokraten­kauderwelsch schön, in dem das verlogene Machwerk auch verfasst ist. Hinter dem Ganzen steckt der zynische Vorwurf: „Was wollt ihr eigentlich? Alles wird gut! Europa ist frei, wunderschön sozial, demokratisch, menschlich und friedlich!“ Vom Kriegführen ist da ebenso wenig die Rede wie vom hemmungslosen Wettrüsten der Mitglieder, obwohl dies seit mehreren Jahren längst geschieht und im EU-Vertrag auch festgeschrieben ist. Die Krönung des Kröning-Briefes ist dann der oberdreiste Schlusssatz: „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ebenfalls einen Beitrag zu einem besseren und vorbehaltlosen Verständnis des Vertrages von Lissabon leisten würden.“

Marieluise Beck von den Grünen formulierte in ihrem inhaltlich ähnlichen Ant­wortbrief wenigstens einige vorsichtige Kritikpunkte. Schließlich soll es ja noch ein paar grüne Basis-Mitglieder geben, die zuweilen – wie beim hiesigen Ostermarsch – auch auf Friedensdemos zu sehen sind! Dann verbreitet auch Beck handfeste Lügen! Und sie widerspricht sich. Da wird ähnlich wie bei Kröning behauptet, es gebe keine Militarisierung der EU, und wenige Sätze weiter heißt es, die Fortschritte in der Rüstungszusammenarbeit seien „eher marginal“. Das ist ein schlechter Witz, Frau Beck! Ich erinnere Sie an multi-europäische Rüstungskonzerne wie EADS, Atlas-Elektronik und Airbus. Sie bauen seit vielen Jahren den Militär-Airbus A400M, den „Eurofighter“, basteln an der Neuentwicklung anderer fieser Waffensysteme und sogar an Spionagesatelliten im Weltraum. Viele dieser Betriebe sind in Bremen ansässig! Der Passus über die „Gleichberechtigung von zivilen und militärischen Mitteln“, die im Konfliktfall anzuwenden seien, und der angeblich sogar an die Charta der Vereinten Nationen gebunden sein soll, ist ebenso wie alles andere haarsträubend und verlogen!

Der europäische Kriegseinsatz hat längst begonnen. Es begann bereits mit Jugoslawien, und sogenannte Krisenreaktionskräfte, Battle Groups und Schnelle Eingreiftruppen operieren längst an den nationalen Parlamenten vorbei in vielen Teilen der Welt. Deutschland spielt hier wie in Sachen Sozialkahlschlag die Schlüsselrolle, und auch das EU-Parlament ist nur ein scheindemokratisches Feigenblatt für den allmächtigen Europäischen Ministerrat. Diese vollendeten Tatsachen sollen jetzt alle Verfassungsrang erhalten. Es bleibt dabei: Der Lissabon-Vertrag muss weg!

 

Es hilft uns kein Verband

05. 05. 2008 – An diesem Wochenende war ich auf der „Frühjahrstagung“ der in Frankfurt ansässigen „Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen“, die dieses Jahr in Bad Hersfeld stattfand. Zu einem zusammenfassenden Bericht bin ich noch nicht gekommen. Jetzt nur so viel zum Thema „Verfolgungsbetreuung der Argen“: Eine Betroffene aus Kassel berichtete uns, dass sie von der dortigen Arbeitsagentur über einen langen Zeitraum schikaniert wurde, bis sie seelisch völlig zusammengebrochen war!

Vor einigen Wochen gab es in Braunschweig die erste große Rentnerdemo. Vorher hatte eine Versammlung stattgefunden, auf der die Teilnehmer beschlossen, dass sie regelmäßig Rentnerdemos in Form von Montagsdemos mit sehr vielen Menschen veranstalten wollen. Das finden wir ganz toll, und wir haben überlegt, wie wir so etwas auch hier in Bremen hinkriegen könnten. Ich habe zu diesem Zweck mit dem „Sozialverband VdKin Oldenburg gesprochen und festgestellt, dass dies ein ausgesprochen schwerfälliger Apparat ist. Ich wurde von einem zum anderen verwiesen und landete schließlich bei einem jungen Pressereferenten. Der erklärte mir, das gehe nicht so schnell: Es müsse ein Beschluss herbeigeführt werden, es müssten Gremien zusammentreten, und der Vorstand müsse so etwas beschließen. Erst dann könne eventuell etwas daraus werden.

Im Übrigen wurde ich darauf verwiesen, dass der „Sozialverband“ vor einigen Jahren schon einmal hier in Bremen eine Demonstration organisiert hatte, auf der „nur etwa 250 bis 300 Menschen“ gewesen seien. Ich kann mich daran erinnern, denn ich war selbst dabei: Es waren ein paar mehr! Die Stimmung war gut und auch kämpferisch an diesem Tag. Dennoch hat der „Sozialverband“ abgewiegelt und die Demonstration kleingeredet. Ich habe das Gefühl, dass dort erheblich gebremst wird! Im Übrigen behauptete der Pressesprecher allen Ernstes, von Alters­armut seien „nur zwei Prozent aller Rentner betroffen“! Wo lebt der eigentlich?

Inzwischen habe ich im Internet Informationen über Walter Bromberger, den Initiator der Braunschweiger Demonstrationen, herausgefunden und mich mit ihm in Verbindung gesetzt. Am Dienstag telefonierte ich mit ihm, einem sehr energischen und zielbewussten Menschen. Von ihm erfuhr ich, dass die Erstkontakte anscheinend über kirchliche Stellen gelaufen sind und die Versammlungen ebenfalls „mit kirchlichem Segen“ stattgefunden haben. Er habe sich, wie er mir erklärte, ganz bewusst die Leipziger Montagsdemos in der DDR zum Vorbild genommen, die bekanntlich in der Nikolaikirche ihren Anfang nahmen. Diese Tradition möchte er mit den Braunschweiger Rentner-Montagsdemos wieder aufleben lassen. Im Übrigen machte er mich auf eine Talksendung am Dienstagabend im ZDF aufmerksam, zu der er eingeladen war und auf der er seine Argumente überzeugend vertreten konnte. Ich werde mit ihm in Kontakt bleiben.

 

Der Sendesaal muss weiterleben!

19. 05. 2008 – Am 17. Mai 2008 meldeten „Weser-Kurier“ und „Tageszeitung Bremen“, dass eine weitere Fristverlän­gerung für den Sendesaal bis zum 30. Mai eingeräumt wurde. Bis Ende des Monats will Dr. Klaus Hübotter Einzelheiten seines Konzepts für den Weiterbetrieb vorstellen. Hier noch einmal eine Zusammenfassung der Fakten, die wohl letztlich zu diesem Aufschub beigetragen haben.

In einem Zehn-Punkte-Papier stellte Hübotter richtig, was der „Weser-Kurier“ in seinem Artikel „Sendesaal wird zum Abriss freigegeben“ vom 10. Mai fälschlicherweise geschrieben hatte: Es stimme nicht, dass die Eigentümer für die Abrissgenehmigung eine Frist gesetzt hätten. Eigentümer seien nicht die beiden Käufergesellschaften aus Norderfriedrichskoog, sondern sei nach wie vor „Radio Bremen“. Grundstückskäufer sind noch lange nicht Eigentümer, schon gar nicht, solange sie nicht den Kaufpreis gezahlt haben. Der Kaufvertrag sei zwei Jahre alt, aber bis heute nicht durchgeführt.

Allerdings habe der Senat auf Druck der „Investoren“ Ende letzten Jahres das Denkmalschutzverfahren für den Sendesaal ausgesetzt. Der einzige Grund hierfür, so Hübotter, sei nicht etwa die mangelnde Denkmalwürdigkeit gewesen, sondern die Befürchtung „Radio Bremens“, den Restkaufpreis nicht zu erhalten. Dieser Grund entfiele sofort, wenn ein dritter Kaufinteressent den Erwerb des Funkhausgeländes nicht mehr vom Abriss abhängig machen würde. Dann könnten Heise und Klima ohne Weiteres vom Vertrag zurücktreten. „Radio Bremen“ erhielte dennoch sein Geld, die Gebäude würden gerettet, Bremen bliebe unblamiert, die wertvolle Gebäudesubstanz würde angemessen neu genutzt, und Millionenwerte blieben erhalten. Es lohne sich mehr denn je, an dieser Lösung zu arbeiten.

Der Verein „Freunde des Sendesaals“ forderte in einer Stellungnahme die gegenwärtigen Käufer Heise und Klima offen zum sofortigen und ersatzlosen Rücktritt vom ohnehin noch nicht vollzogenen Kaufvertrag auf. Der Verein schreibt: „Ihr laut ‚Weser-Kurier‘ vom 10. Mai 2008 bekräftigtes Abrissbegehren bedeutet die Vernichtung von öffentlich durch Gebühren finanziertem Eigentum.“ Dies trifft absolut zu! Es ist sehr zu hoffen, dass es bald zu einer positiven Lösung kommt. Der Sendesaal muss weiterleben!

 

Armut lässt sich nicht wegsingen

26. 05. 2008 – Das große Chorfest mit Köhler-Besuch war ein voller Erfolg – zumindest für die Veranstalter und die Medien. Wohlgemerkt: Ich will das „Schönwetter-Event“ hier keineswegs miesreden, und die Begeisterung der Gäste erst recht nicht. Aber die sozialen Probleme in der Stadt lassen sich nun mal nicht einfach „wegsingen“! 100.000 Menschen müssen laut Statistischem Landesamt von den Hartz-IV-Regelsätzen leben, und 22.000 Kinder sind von entsprechender Armut betroffen. Immer noch droht vielen Familien der Zwangsumzug, und Tausende sind prekär beschäftigt oder leben von Ein-Euro-Jobs. Sofern mensch dies überhaupt „leben“ nennen kann!

Im rot-grünen Koalitionsvertrag vom vorigen Jahr heißt es: „Ziel unserer Politik ist es, soziale Ausgrenzung zu verhindern und abzubauen. Der soziale Zusammenhalt in unseren Städten ist Grundlage und Bedingung für eine hohe Lebensqualität. Besondere Hilfe des Staates benötigen alle diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind. Dazu zählen unter anderem Kinder, alte Menschen, kranke Menschen, arbeitslose Menschen und behinderte Menschen. Die zunehmende Armut in vielen unserer Stadtteile bedroht das soziale Gefüge. Hier werden wir alle Möglichkeiten nutzen, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.“

Schöne Worte, doch was ist seither geschehen? Nichts! Besonders schlecht ergeht es den meisten Asylsuchenden, denen nach der zumeist erfolglosen Antragstellung die todsichere Abschiebung droht. Heute berichtet die „Tageszeitung Bremen“ vom haarsträubenden Fall der türkischen Kurdin Yesmin T., die trotz schwerer Erkrankung infolge der Misshandlungen durch ihren Mann und dem tödlichen Unfall eines ihrer Kinder abgeschoben werden soll! Und dies, obwohl selbst Innensenator Lemke hier interveniert hatte. Also, wenn sich schon der Innensenator oder wie im Fall der Bagis die Sozialsenatorin nicht mehr gegen die eigene Behörde durchsetzen kann – wo leben wir denn dann?

Es gibt noch zahlreiche andere Skandale in der Stadt, zum Beispiel das Krankenhausdesaster, Röwekamps Brechmittel- und Brückenschlafskandal oder der unsägliche „Fall Kevin“. Auch dies lässt sich nicht einfach „wegsingen“! Doch schon die alten Römer glaubten: „Gebt dem Volk Brot und Spiele, und es wird sich ruhig verhalten.“ Das klappt aber nicht immer, und auf Dauer klappt es schon gar nicht. Daher sind wir heute wieder auf dem Marktplatz und rufen den Verantwortlichen zu: Liebe Leute, mit uns nicht!

 

Ein Dank den „irischen Freunden“

16. 06. 2008 – In einer Volksabstimmung haben 54 Prozent der irischen Bevölkerung den neuen EU-Vertrag abgelehnt. Dafür auch von dieser Stelle herzlicher Beifall! Das „Neue Deutschland“ vom 14./15. Juni 2008 erfreut sich an dem „besonderen Nationalcharakter“ der Iren: „Sie wollen nicht für fremde Herren in deren Kriege ziehen. Sie verlangen, dass die Kirche in ihrem Dorf bleibt und keine Kriege auf fremden Kontinenten führt. Sie machen frauenfeindliche Witze gegen Angela Merkel. Mann, sind die rückständig! Mann, sind die sympathisch!“

Obwohl der Vertrag jetzt eigentlich mausetot sein müsste, wollen das Großkapital und seine politischen Vasallen nicht aufgeben und erheben erwartungsgemäß ihr großes Geschrei. Die Grünen Trittin und Steenblock (wer kennt den eigentlich?) fallen mit massiver Demokratieschelte über die Iren her und wollen das Land mit einer Art „Isolationshaft“ bestraft sehen. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok, den auch keiner kennt, will gar das Referendum völlig ignorieren. Ähnlich äußerten sich auch Luxemburgs Ministerpräsident Juncker, der deutsche Außenminister Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel im trauten „Tête-à-Tête“ mit Frankreichs Super-Playboy Sarkozy.

In launigem Ton gibt jetzt das „Neue Deutschland“ den guten Rat, „dass die Gallier, die Germanen, die Wikinger, die Römer, die Hellenen und all die anderen, denen das Herz noch nicht in die Hose gerutscht ist, dem keltischen Beispiel folgen“. Im Klartext: Volksabstimmungen auch in allen anderen EU-Staaten! Solange der undemokratische, antisoziale und kriegerische „Verfassungs“-Vertrag der Großkonzerne nicht vom Tisch ist, müssen wir weiter für ein demokratisches und friedliches Europa ohne Armut kämpfen! Da kann unsere Forderung nur lauten: Lasst die Völker endlich selbst entscheiden!

 

Verdi verharmlost Ausrichtung
einer Kommandeurstagung

23. 06. 2008 – Die Internetseite von Verdi am Beginn des Jahres machte einen Skandal offenbar: Die Dienstleistungsgewerkschaft hatte eine Kom­man­deurs­ta­gung der Bun­des­wehr ausgerichtet! Dies veranlasste Bettina Fenzel und mich zu einem of­fe­nen Brief an Frank Bsirs­ke, der erst jetzt beantwortet wurde, mit einem Schrei­ben, das alles herunterspielt und verharmlost.

Wir erinnerten in unserem Brief an eine völlig andere Gewerkschaftshaltung in den 1980er Jahren und schrieben: „Es gab Zeiten, da hat der DGB, dem ja auch Ihre Gewerkschaft angehört, maßgeblich den alljährlichen Antikriegstag am 1. September mitgestaltet. Und es gab Zeiten, da hat die Partei ‚Die Grünen‘, der Sie als Mitglied angehören, in der Friedensbewegung eine bedeutende Rolle gespielt. Zu Zeiten von Petra Kelly gehörten wesentliche Teile der Grünen sogar zu den treibenden und fortschrittlichen Kräften innerhalb der bundesdeutschen Friedensbewegung. Auch die IG Metall betrieb mit ihren Vorschlägen und Vorstößen in Richtung Rüstungskonversion damals aktive Friedenspolitik, zumindest hier in Bremen. Warum unterstützt Verdi heute den Kriegskurs der Bundesregierung und eine imperialistische Bundeswehr, die Kriege um Rohstoffe führt und damit eine unökologische und global-kapitalistische Wirtschaftsweise aufrecht erhält? Wir appellieren an Sie, dafür zu sorgen, dass zukünftig die ‚Fachgruppe Bundeswehr‘ bei Verdi keine Kommandeurstagungen mehr ausrichtet! Außerdem wünschen wir uns, dass Verdi sich klar von den militärischen Zielen der Bundeswehrführung distanziert.“

Wir schlugen Frank Bsirske vor, dass er sich für die Einberufung einer großen Friedenskonferenz aller Einzelgewerkschaften unter dem gemeinsamen Dach des DGB stark macht. Verdi antwortete, dass die Tagung keine Konferenz der Streitkräfte, sondern eine gewerkschaftspolitische Fachtagung mit Offizieren der Bundeswehr gewesen sei, auf der keine militärischen Beschlüsse gefasst worden seien. Da dem Brief keine Abschlusserklärung beilag, ist natürlich nichts nachprüfbar! Es sei im weitesten Sinne nur um gesellschaftliche und gewerkschaftliche Fragen gegangen, auch was die Interessen der Soldat(inn)en und Zivilangestellten angeht. Dann wurden wir belehrt, dass die Kommandeurstagung „kein offizielles Gremium der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, sondern eine Veranstaltungsreihe der Bundesfachgruppe Bundeswehr“ sei. Das hatten wir auch gar nicht behauptet! Ansonsten gab es nur allgemeine Absichtserklärungen, aber nichts Konkretes. Für mich bleibt es dabei: Dass Kommandeurstagungen bei Verdi stattfinden dürfen, ist ein Skandal!

 

Das Volk wurde sowieso nie gefragt

30. 06. 2008 – Das haben sie sich selbst zuzuschreiben, die „Volksparteien“, die beständig gegen das Volk regieren, jetzt bekommen sie es schwarz auf weiß: Nach einer Studie der „Friedrich-Ebert-Stiftung“ glaubt jeder dritte Mensch nicht mehr an demokratische Problemlösungen. In Ostdeutschland ist es mit 57 Prozent sogar die Bevölkerungsmehrheit. Es ist leider zu befürchten, dass die SPD-Führung auch jetzt keinen Grund zur Umkehr sieht!

Bei den Erklärungsversuchen für den rasant um sich greifenden „De­mo­kra­tie-Frust“ können sich die Forscher allerdings neoliberale Interpretationen nicht verkneifen. Von einem „Gefühl der zunehmenden sozialen Ungerechtigkeit“ ist die Rede und davon, dass fast sechzig Prozent dies so empfinden. Die Forscher erklären weiter, unter den „Demokratiefernen“ – das klingt wie das sattsam berüchtigte Unwort „Bildungsferne“ – seien Arbeitslose und Hartz-IV-Emp­fän­ger sogar „überrepräsentiert“. Das ist doch kein Wunder: Die gigantischen Betrügereien reichen ja weit bis in die Schröder-Ära zurück, und das Volk wurde sowieso nie gefragt!

Die Euro-Einführung, die großzügig der Merkel-Regierung überlassene Mehrwertsteuererhöhung, der aufgezwungene EU-Verfassungsvertrag, das ganze Verarmungs- und Versklavungsprogramm mit Hartz IV, die sogenannte Gesundheitsreform, Schäubles „Ermächtigungsgesetze“ und die Einsätze der Bundeswehr im Ausland wie im Innern: Von all dem hat die Mehrheit der Bevölkerung die Nase mehr als voll! Das ist zwar alles nicht ganz neu, aber es wird alles noch viel schlimmer kommen. Gerade deshalb stehen wir hier und versuchen, den Verstummten und Resignierten eine Stimme zu geben. Die Montagsdemo ist dafür genau der richtige Ort!

 

Schon wieder schwanger – Bremen
schiebt neunfache Mutter ab

07. 07. 2008 – Es gibt einen neuerlichen Abschiebeskandal im Lande Bremen, der alles Bisherige in den Schatten stellt und über den bis jetzt nur die „Tageszeitung Bremen“ am 9. Juli 2008 berichtete. Da musste ich voller Entsetzen und Empörung lesen, dass die Bremerhavener Ausländerbehörde mit voller Rückendeckung des Bremer Innensenators beabsichtigt, in Kürze eine schwer erkrankte und hochschwangere Frau mit ihren neun Kindern in die Türkei abzuschieben!

Und dies, obwohl sie schon lange in der Bundesrepublik lebt und nach eigenen Angaben das Land, in das sie abgeschoben werden soll, seit 20 Jahren nicht mehr gesehen hat. Außerdem spricht sie nur arabisch und ist der türkischen Sprache nicht mächtig. Von ihrem Mann, der ebenfalls abgeschoben werden soll, will sie sich nach Angaben ihres Anwalts scheiden lassen. Das Gesundheitsamt habe ihr einen schlechten psychischen Zustand attestiert, schreibt die „Tageszeitung“ weiter, und eine Gefahr für Leib und Leben sei „nicht mehr auszuschließen.“ Danach ist die Frau also hochgradig suizidgefährdet, und allein dies wäre schon ein gravierendes Abschiebehindernis!

Mit unglaublicher Menschenverachtung teilt das Ausländeramt nun mit, dass es sie dennoch abschieben will – trotz aller ärztlichen Bedenken seitens des Gesundheitsamtes. Damit sie sich nicht selbst gefährde – so die Ausländerbehörde – solle sie „für den Flug beruhigende Medikamente bekommen und gegebenenfalls an Händen und Füßen gefesselt werden.“ Das verschlägt einem nun vollends die Sprache, obwohl mensch aus der brutalen hessischen Abschiebepraxis ja schon einiges gewohnt ist. Mit dem abgrundtief zynischen Satz „eine Schwangere kann ja auch in den Urlaub fliegen“, setzt der Sprecher des Innensenators noch in übelster Weise eins drauf! Der ganze Vorgang ist – ich muss es noch einmal sagen – an Menschenverachtung und Böswilligkeit kaum zu überbieten, und er ist darüber hinaus auch zutiefst frauenfeindlich!

Der Anwalt der Frau, Hans-Eberhard Schultz, hat nun beim Bremer Verwaltungsgericht einen Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung gestellt. Er hofft, dass die Kammer seinem Eilantrag zustimmt und die Abschiebung so lange aussetzt, bis das Kind auf der Welt ist, und die Ausländerbehörde mit dem Vollzug so lange wartet, bis das Verwaltungsgericht entschieden hat. Das löst jedoch die generellen Probleme nicht, die es seit der faktischen Abschaffung des Asylrechts im Jahre 1994 gibt, die dann später durch die Abschottungspolitik der Bundesrepublik und der EU ständig zugenommen haben und sich im Falle des Inkrafttretens des Lissabonner Verfassungsvertrags weiter verschärfen werden.

Da liegt übrigens unser neuer Bremer Innensenator (wie heißt der eigentlich?) ganz auf der Linie der kürzlich stattgefundenen Innenministerkonferenz, die sich genau daran orientiert! Daher noch einmal: Dieser Vertrag muss weg, und die Chancen hierfür stehen seit der Verweigerungshaltung Irlands und Polens auch gar nicht mal so schlecht! Zunächst aber steht in dem aktuellen Fall die Forderung nach einem sofortigen Abschiebestopp und einem dauerhaften Aufenthaltsrecht für die Frau mit ihren Kindern ganz dringend auf der Tagesordnung! Handeln Sie jetzt, und handeln Sie in diesem Sinne, Herr Innensenator!

 

Die Bremer Anti-Asyl-Politik ist
verbrecherisch, Herr Mäurer!

14. 07. 2008 – Am 9. Juli 2008 wurde durch die „Tageszeitung Bre­men“ bekannt, dass die Ausländerbehörde in Bremerhaven mit voller Rückendeckung von Innensenator Ulrich Mäurer eine hochschwangere Frau mit neun Kindern in die Türkei abschieben will. In ein Land, dass sie kaum gesehen hat und dessen Sprache sie nicht spricht! Dieser ungeheuerliche Vorgang veranlasste mich am Mittwoch letzter Woche spontan zu einem Beitrag für die Montagsdemo, der jetzt auf unserer Homepage nachzulesen ist. Ich fasse noch einmal kurz zusammen: Hayat C. – so heißt sie – sollte abgeschoben werden, obwohl ihr die Ärzte des Gesundheitsamtes und ihr behandelnder Gynäkologe einen extrem schlechten Gesundheitszustand und eine Risikoschwangerschaft attestiert hatten. Aufgrund ihres Zustandes sei von einer Abschiebung dringend abzuraten, so die Ärzte, da eine Gefahr für Leib und Leben „nicht auszuschließen“ sei. Im Klartext: Es bestand akute Suizidgefahr!

Die Behörde wollte sie dennoch, mit Beruhigungsmitteln vollgestopft und an Händen und Füßen gefesselt, abschieben. So viel verbrecherisches Denken und Handeln verschlägt einem nun vollends die Sprache! Ihr Anwalt Hans-Eber­hard Schultz hatte beim Verwaltungsgericht Bremen sofort einen Eilantrag auf Aussetzung der Abschiebung eingereicht, der zwei Tage später überraschend schnell positiv beschieden wurde. Das Gericht stoppte die geplante Abschiebung („Tageszeitung Bremen“ vom 12./13. Juli 2008) und begründete dies unter anderem mit der Lebensgefahr für die Schwangere und ihr ungeborenes Kind. Außerdem seien in der Türkei „keine hinreichenden Vorkehrungen für die Unterbringung der Kinder getroffen worden“. Verwandtschaftliche Hilfe sei ebenfalls nicht in Sicht. Die Kammer erteilte die Auflage, in den ersten zwei Monaten nach der Geburt „von der Abschiebung abzusehen“. Über eine „Duldungsverlängerung“ müsse das Amt anschließend entscheiden.

Das kann es doch nicht sein: Da gibt es zwar eine Atempause, aber nach zwei Monaten ist der zutiefst menschenverachtende Skandal wieder da! Aktuell zu fordern ist ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht für Hayat und ihre dann zehn Kinder, damit sie hier eine Zukunft hat und ohne Angst vor Abschiebung gesichert leben kann. Darüber hinaus ist ein generelles Abschiebeverbot zu fordern! Es kann nicht sein, dass in solchen Fällen immer erst Gerichte bemüht werden müssen, um die schlimmsten Auswüchse einer verbrecherischen Anti-Asyl-Politik abzubremsen. Ulrich Mäurer und Konsorten sowie die Vertreter solch inhumaner Ämter müssen richtig ausgebremst werden, und im Wiederholungsfall sollen diese Herrschaften gefälligst ihren Hut nehmen! Letztlich lassen sich die Probleme jedoch nur politisch lösen – durch die volle Wiederherstellung des uneingeschränkten Asylrechts! Die menschenverachtenden „Ausländergesetze“ müssen weg!

 

Sand ins Kriegsgetriebe werfen!

21. 07. 2008 – Der 1. September 2008 steht zwar schon als Anti­kriegstag des „Friedensforums“ im Terminkalender der Montagsdemo, aber hier sei es noch einmal wiederholt: Das „Bremer Friedensforum“ ruft zu einer Kundgebung an diesem Tag um 17 Uhr auf dem Marktplatz auf, und wir von der Montagsdemo wollen uns daran beteiligen. Unter anderem soll ein Deserteursdenkmal enthüllt und anschließend per Demo-Zug zur nahe gelegenen Altmannshöhe transportiert werden, wo es vor dem Eingang der Gefallenen-Gedenkstätte seinen endgültigen Platz finden soll.

Wir wollen aus gutem Grund an der Kundgebung teilnehmen, weil sich hier die Gelegenheit bietet, die Aufrüstungs- und Kriegspolitik der EU und insbesondere den antisozialen und militaristischen Charakter des Lissabon-Vertrages erneut zu thematisieren und anzuprangern. Kanzlerin Angela Merkel und vor allem Frankreichs Regierungschef Nicolas Sarkozy lassen nichts unversucht, das eigentlich längst gescheiterte Vertrags-Machwerk doch noch zu „retten“ – letzterer mit besonderer Dreistigkeit und Druckausübung gegenüber der irischen Regierung. Doch wir stehen weiterhin fest auf der Seite der irischen Bevölkerung! Der Vertrag muss gestoppt werden, weil er neben seinem kriegerischen Charakter besonders auch den Sozialkahlschlag forciert, die Löhne senken will und die Atomkraft über alles stellt – also per se undemokratisch ist. Als Erwerbslosen- und Sozialprotestnetzwerk sind wir davor und wollen als Teil dieses Netzwerks am Antikriegstag gemeinsam mit dem „Friedensforum“ den EU-Feldherren schwungvoll die Rote Karte zeigen!

 

Die BAG-SHI ist pleite!

28. 07. 2008 – Was sich schon seit längerer Zeit abgezeichnet hatte, ist nun eingetreten: Die BAG-SHI ist pleite! Der Verein hatte stets – gemessen an den immensen Aufgaben als Frankfurter Dachorganisation der bundesdeutschen Erwerbsloseninitiativen – trotz einiger Fördertöpfe relativ geringe Finanzmittel zur Verfügung. Es gab natürlich auch kein Eigenkapital, und daher konnten für Krisenzeiten kaum Rücklagen gebildet werden.

Für neue Projekte wurden zum Beispiel stets Mittel beim Bundesministerium beantragt und meistens auch bewilligt. Der größte Batzen kam also ausgerechnet aus dem Haushalt der Bundesregierung und bewirkte bei der BAG-SHI ein schleichendes politisches Anpassungsverhalten. Hieß es beispielsweise während der Schröder-Ära noch, dass die Hartz-Gesetze wieder abgeschafft werden müssen, stand später unter anderem nur noch die „Milderung der schlimmsten Auswüchse“ auf der Tagesordnung.

Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfe- und Erwerbsloseninitiativen e.V.“ wurde 1991 von Betroffenen, unabhängigen Initiativen, Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen gegründet. Arbeitsschwerpunkte waren Rechtsdurchsetzung, Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit und politisch motivierte Selbstorganisierung. Die Mitglieder und Aktiven bildeten lokale Selbsthilfeinitiativen, leisteten Aufklärungsarbeit, engagierten sich mit Rat und Tat für Sozialleistungsbeziehende und gaben entsprechende Leitfäden heraus. So heißt es in der Selbstdarstellung des Vereins.

Wie sich jetzt herausstellt, ging die BAG-SHI jahrelang sehr leichtsinnig und leichtfertig mit den Finanzen um. Es waren Belege nicht mehr auffindbar, oder es wurden nicht unerhebliche Beträge innerhalb des Vereins dorthin verschoben, wo Löcher zu stopfen waren. Dann wurden auch Mittel für Projekte beantragt, die Vereinsangaben zufolge aus Zeitgründen oder Personalmangel nie stattfanden. Schließlich stand die BAG-SHI beim Bund mit einem Fehlbetrag von 43.000 Euro inklusive Zinsen in der Kreide.

Alles in allem hat der gemeinnützige Verein – das muss hier unbedingt gesagt werden – in den 17 Jahren seines Bestehens sehr gute politische Arbeit geleistet, und eine Betrugsabsicht darf den Vorstandsmitgliedern, die allesamt über große sozialpolitische und menschliche Kompetenz verfügen, auf gar keinen Fall vorgeworfen werden. Für die vielen in der BAG-SHI organisierten Initiativen ist die Insolvenz allerdings eine Katastrophe! Die „Junge Welt“ schrieb am 24. Juli 2008: „Die Schwachen und Ausgegrenzten dieser Gesellschaft verlieren so ein wichtiges Instrument im Kampf um ihre Rechte. Und das nicht etwa durch staatliche Repression, sondern durch individuelles und kollektives Versagen einiger Akteure.“

Wenn auch nicht direkte Repression im Spiel war, so dürfte die BAG-SHI-Insolvenz der CDU in Nordrhein-Westfalen jetzt mehr als gelegen kommen, um sämtlichen unabhängigen Initiativen zur Beratung von Arbeitslosen in diesem Bundesland ab Oktober den Geldhahn zuzudrehen. Diese zutiefst unchristliche, schäbige und politisch wahnsinnige Handlungsweise wird völlig unabsehbare Folgen für die Betroffenen und die gesamte Gesellschaft haben! Andererseits werden für neue „Awacs“-Einsätze und Truppenverstärkungen in Afghanistan Milliardensummen ausgegeben! Hiergegen ist breitester Widerstand angesagt, und den wird es ohne jeden Zweifel geben!

 

Uranwaffen ächten!

04. 08. 2008 – Urangeschosse bestehen zum großen Teil aus abgereichertem Uran 238 und sind die fiesen „kleinen Verwandten“ der Atombombe. Sie sind billig herzustellen, und ihr Einsatz liegt knapp unterhalb der Nuklearkriegsschwelle. Wo sie eingesetzt werden, verstrahlen sie weit größere Landstriche als damals die Bomben von Hiroshima und Nagasaki. Beabsichtigt ist eine mechanische, panzerbrechende Wirkung durch Druck- und Hitzewellen. Beim Aufprall wird die Bewegungsenergie in Hitze umgewandelt, und das Uran verbrennt.

Das Verbrennungsprodukt Uranoxid besteht aus unsichtbaren Teilchen, die sich in der Umwelt als hochgiftiger Staub verteilen. Die Angriffsziele – zum Beispiel Panzer – werden mitsamt ihrem Innenraum verbrannt. Dem Göttinger Chemie-Professor Rolf Bertram zufolge ist abgereichertes Uran – ein Abfallprodukt aus Atomreaktoren – viel gefährlicher als bisher angenommen. Beim Aufprall auf das Ziel verwandelt sich das Metall zu 75 Prozent in Feinstaub. Dabei steigt laut Bertram die Radioaktivität um den Faktor eine bis zehn Million(en) an.

Die chronische Uranvergiftung, der Soldaten wie Bevölkerung ausgesetzt sind, führt zu Aids-ähnlichen Immundefekten oder zu schwersten Krebserkrankungen, insbesondere zu Leukämie wie in der Nähe von Atomanlagen. Beim Hautkontakt mit abgereichertem Uran kommt es zu schlecht heilenden Wunden mit schmerzlosen Geschwüren, denn die schmerzempfindlichen und schmerzleitenden Sinnes- und Nervenzellen im Knochenmark werden durch die Strahlung zerstört. Schließlich verursacht das abgereicherte Uran ähnlich den Hiroshima-Folgen schwerste genetische Schäden, die unter anderem zu einer extremen Häufung von Fehl- oder Totgeburten und Geburten lebensunfähiger Kinder führen.

In Bosnien und im Kosovo hat die Nato in den 1990er Jahren insgesamt weit mehr als 40.000 Uran-Projektile verschossen. Eine Studie von Dr. med. Guzina vom Klinischen Zentrum Sarajewo berichtet von einem rapiden Anstieg aller Krebsarten um zum Teil mehr als 100 Prozent. Am meisten betroffen waren durch das Eindringen der radioaktiven Stoffe in die Nahrungskette die Verdauungsorgane. All dies sind die schrecklichen Folgen von mehr als 10.000 Urangeschossen, die von der Nato mit deutscher „Tornado“-Unterstützung auf die serbische Bevölkerung rund um Sarajewo abgefeuert wurden.

Der Münchener Journalist Christoph Hörstel berichtete am 8. Oktober 2007 in der renommierten Züricher Wochenzeitung „Zeit-Fragen“ von einem beispiellosen Geheimhaltungsskandal: Danach wurde bei einem Irak-Einsatz im März 2003 nach Aussagen eines krebskranken Unteroffiziers ein ganzer Infanteriezug der Bundeswehr verstrahlt. Die Hälfte der Soldaten starb nach kurzer Zeit, und inzwischen dürften alle dem Krebstod zum Opfer gefallen sein! Der Trupp hatte mit Wissen und Duldung der damaligen Bundesregierung an der Seite von US-Einheiten an Uranwaffeneinsätzen teilgenommen. Zur Täuschung der Öffentlichkeit wurden die Soldaten für den Irak-Einsatz vorübergehend bei der Bundeswehr ausgemustert und an die US-Streitkräfte „ausgeliehen“.

Schon im ersten Golfkrieg 1991 setzten die USA – und 2006 die israelischen Militärs im Libanonkrieg – massenhaft Urangeschosse ein. In Afghanistan, so Hörstel, seien nach Schätzungen der Uni Zürich die Hälfte aller US-Bomben Uranbomben – was das Pentagon bestreitet. Den Kabuler Krankenhäusern wurde unter Androhung schwerster Strafen verboten, über Opferzahlen und Verletzungsschwere namentlich bei Frauen und Kindern zu berichten. Für sie ist die „Intensivstation“ schon ganz real!

Die Bundeswehr leistet den USA „Schützenhilfe“ durch „Tornado“-Aufklärung. In diesem Jahr werden wahrscheinlich auch deutsche „Awacs“-Flugzeuge in ganz Afghanistan eingesetzt, wenn wir das nicht verhindern! Zu fordern ist ein strenges Verbot der Herstellung und Lagerung sowie des Exports von Uranmunition. Es wird höchste Zeit für eine internationale Ächtung dieser Waffen! Zu fordern ist weiterhin der sofortige Rückzug der Bundeswehr!

 

Hände weg vom Kaukasus!

18. 08. 2008 – Seit fast zwei Wochen herrscht am Schwarzen Meer Krieg. Und wer glaubt, dieser Krieg ginge uns nichts an, der irrt! In der Region befinden sich riesige Rohstofflager in Form von Öl und Gas, und es geht um Besitz und Ausbeutung derselben. Da sind die Begehrlichkeiten groß! Nicht zuletzt deshalb haben die USA die ehemalige Sowjet-Provinz Georgien mithilfe ihres korrupten Statthalters Saakaschwili zu einer waffenstarrenden Militärbastion gegen Russland ausgebaut und die Bevölkerungsgruppen nach jugoslawischem Muster gegeneinander aufgehetzt.

Es ist zu vermuten, dass US-Außenministerin Condoleezza Rice bei ihrem Besuch Anfang Juli in Tiflis den georgischen Diktator zu seinem archaischen Kriegszug gegen die Nachbarvölker regelrecht ermuntert oder sogar angestiftet hat. Als Drohpotenzial gegen Russland wurde das Land von 2004 bis 2007 massiv aufgerüstet und seine Streitkräfte mit 127 sogenannten Militärberatern und 3.000 Söldnern unterstützt. Und weil in der gesamten Region fette Pfründen winken, soll Georgien als geostrategischer Brückenkopf des Westens so schnell wie möglich in die Nato. Die russischen Gegenaktionen waren aus Moskauer Sicht daher notwendig, gleichwohl sind sie aber ebenso zu verurteilen!

Warum sich nun Kanzlerin Merkel und ihr französischer Amtskollege Sarkozy so intensiv für einen Waffenstillstand einsetzen, ist nicht schwer zu erraten: Die EU will Einfluss nehmen und ein Wörtchen mitreden, wenn es um die Verteilung der riesigen Rohstoffvorräte geht! Im „Lissabon-Vertrag“ steht auch klar und deutlich, wie eine solche „Einflussnahme“ aussehen könnte, auch wenn dies nicht klar gesagt wird: Es ist zu befürchten, dass in absehbarer Zeit EU-Trup­pen mit Bundeswehrbeteiligung dorthin geschickt werden, „um den Frieden zu sichern“, was Angela Merkel laut „Spiegel-Online“ vom 17. August 2008 sogar offiziell ankündigte.

Wir wollen aber weder militärische „Beobachter“ noch irgendwelche „Friedenstruppen“ und erst recht keine Bundeswehrsoldaten dort sehen! Es ist schon schlimm genug, dass laut „Report-Mainz“ deutsche Sturmgewehre der Firma Heckler & Koch in diesem Krieg eingesetzt werden. Die Menschen sollen frei von militärischem und/oder politischem Druck selbst bestimmen können, wie und von wem sie regiert werden wollen! Unsere Forderungen können daher nur lauten: Sofortiger Abzug aller fremden Truppen aus der Region! Keine EU-Soldaten in den Kaukasus! Stopp aller Waffenlieferungen! Keinerlei Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Kaukasus! Bedingungsloses Asyl für Flüchtlinge und Deserteure! Deutschland kann nur Frieden schaffen ohne Waffen!

 

Ein richtiger Aufreger

25. 08. 2008 – Jetzt platzt mir aber wirklich der Kragen! Seit Wochen gibt es in Politik und Medien nur ein Thema: Russland! Wieder einmal wird eine unglaublich grobmaschige, plumpe und dreiste anti-russische Stimmungsmache losgetreten. Kein Tag vergeht, an dem nicht mindestens zehn Mal im Radio, in der Presse, im Fernsehen Russland und seine Führung als das absolute „Reich des Bösen“ dargestellt werden! Es ist schlimmer als zu Reagans Zeiten – und es erinnert schon fast an den hemmungslos wüsten Propagandafeldzug der Nazis vor und während des faschistischen Überfalls auf die Sowjetunion. Am Ende stand bekanntlich der „totale Krieg“ mit der fast völligen Vernichtung des europäischen Kontinents!

Kein einziger Fernsehkrimi kommt ohne die sattsam berüchtigten Russen­mafia- und KGB-Klischees aus. Kein Politmagazin, in dem nicht mindestens ein diffamierender Bericht zu sehen ist. Keine Zeitung, in der nicht wenigstens ein überheblicher und verächtlicher Artikel zur gegenwärtigen russischen Politik steht. Und wo bleibt auch nur die leiseste Kritik an den USA und deren verbrecherischen Geheimdienstaktivitäten, am Afghanistan-Feldzug, am Irakkrieg und der Rolle der EU? Dieser Verdummungskrieg ist unerträglich! Es vergeht auch kein Tag, an dem nicht irgendwelche schwachköpfigen, dumpfbackigen Polit-Amateure in maßloser Arroganz und Selbstüberschätzung meinen, der russischen Regierung „Belehrungen“ erteilen und Drohungen gegen sie aussprechen zu müssen. Aber das militärische Einkreisen und das Aufstellen von atomaren Raketenbatterien direkt vor der russischen Nase – das geht in Ordnung! Diese Hasardeure wissen entweder nicht, was sie tun, oder schlimmer noch: Sie wissen es anscheinend ganz genau. Damit spielen sie ganz bewusst mit dem Feuer – dem Feuer eines alles vernichtenden Atomkrieges!

 

„Soldaten sind Mörder“

01. 09. 2008 – „Soldaten sind Mörder“: Diese Aussage Kurt Tucholskys trifft auch auf die Bundeswehr zu. Im Auslandseinsatz ist sie zu einer Armee von Mördern geworden! Bei Kundus in Afghanistan mussten dieser Tage eine Frau und zwei ihrer Kinder im Kugelhagel deutscher Soldaten sterben. Hat die Familie aus ihrem Auto heraus die Truppe in irgendeiner Weise bedroht? Ganz sicherlich nicht! Da gab es panische Angst, Todesangst, vielleicht auf beiden Seiten. Ab Herbst sollen deutsche „Awacs“-Aufklärer die US-Streitkräfte beim Morden aus der Luft unterstützen. Berlin will die Truppen weiter verstärken, doch die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan und aus allen Auslandseinsätzen! Dafür wird am 20. September 2008 in Berlin und Stuttgart demonstriert. Und jeder Soldat, der desertiert, ist ein Mörder weniger!

Im vorigen Jahr beschloss eine kleine Gruppe von Friedensaktivisten hier an dieser Stelle, Bürgermeister Jens Böhrnsen einen Brief zu schreiben. Darin baten wir ihn, die Aufstellung eines symbolischen Denkmals für Deserteure an der Gefallenen-Gedenkstätte Altmannshöhe zu unterstützen. Der Bürgermeister lehnte mit der Begründung ab, dass es bereits mehrere Deserteursdenkmale in der Stadt gebe. Als sich Böhrnsen im April dieses Jahres positiv in Sachen „Bunker Valentin“ in Farge äußerte, nahmen wir dies zum Anlass, ihm folgenden Brief zu schreiben:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, das ‚Bremer Friedensforum‘ begrüßt es sehr, dass Sie den U-Boot-Bunker ‚Valentin‘ als nationale Gedenkstätte erhalten wollen. Dabei können Sie mit unserer vollen Unterstützung rechnen. Wir betrachten diesen Bunker genau wie Sie als ein ständiges Mahnmal an den furchtbarsten aller Kriege in Europa.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir daran erinnern, dass wir nach wie vor an die Aufstellung eines Deserteursdenkmals auf der Altmannshöhe denken – sozusagen als spezifisch bremisches Mahnmal, das dann ebenfalls erhalten werden müsste.

Sie haben uns zwar in Ihrem seinerzeitigen Antwortbrief daran erinnert, dass es bereits mehrere Deserteursdenkmale in Bremen gibt und dabei speziell auf das damals heftig diskutierte Denkmal im Vegesacker Bürgerhaus verwiesen. Dennoch möchten wir darauf hinweisen, dass die bisher errichteten Denkmale doch mehr oder weniger ‚an der Peripherie‘ und nicht an zentraler Stelle der Stadt zu finden sind. Dies gilt wegen seiner versteckten Lage auch für das Seume-Denkmal am Ufer der ‚Kleinen Weser‘.

In diesem Zusammenhang wollen wir nicht unerwähnt lassen, dass die Initiative ‚Bremische Freiheit für Deserteure‘, der auch Mitstreiter des ‚Friedensforums‘ angehören, mehrmals an Ihren Vorgänger Henning Scherf mit der Bitte herangetreten ist, die Stadt möge sich für die Aufnahme und Betreuung heutiger Deserteure einsetzen. Leider haben wir dazu damals nichts von ihm gehört. Schließlich waren und sind es die Deserteure, die Sand ins Getriebe aller Kriege werfen und damit zu deren Verkürzung beitragen können. Sie bedürfen unseres Erachtens des besonderen Schutzes und der Würdigung durch die heute Regierenden.

All dies mit der Aufstellung eines Deserteursdenkmals auf der Altmannshöhe und der Schaffung eines entsprechenden Gedenktages zu untermauern und zu bekräftigen, und damit ein deutliches Anti-Kriegs-Zeichen zu setzen, bleibt nach wie vor eines unserer wichtigsten Anliegen. Daher möchten wir Sie bitten, über unsere Ideen noch einmal nachzudenken, unsere Vorschläge wohlwollend zu prüfen und uns zu unterstützen.“

Auch auf diesen Brief erhielten wir keine befürwortende Antwort. Wenn wir heute unser Friedensmahnmal trotzdem aufstellen, dann appellieren wir damit zugleich an Senat und Bürgermeister: Wirken Sie dem allgemeinen Kriegskurs besonders hier in Bremen – Stichwort Rüstungsbetriebe – entgegen! Schützen Sie Verweigerer und Deserteure!

 

Die Dachorganisation der Erwerbsloseninis wird wieder aufleben!

15. 09. 2008 – Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslo­sen- und Sozialhilfeinitiativen“ rappelt sich wieder hoch! Am 12. und 13. September 2008 fand hier in Bremen – im „Linkstreff“ am Buntentorsteinweg – ein Bundestreffen der Koordinierungsgruppe statt, auf dem nach dem Insolvenzantrag erste Weichen für eine Neugründung gestellt wurden. Zu diesem Zweck wird vom 7. bis 9. November 2008 eine Fachkonferenz aller Erwerbsloseninitiativen in der Jugendherberge Meppen in Ostfriesland stattfinden. Bis dahin sollen der Entwurf einer neuen Satzung sowie Eckpunkte für eine neue Vereinsstruktur erarbeitet werden. Die bisherigen Betätigungsfelder werden zusätzlich auf die Bereiche „Prekär Beschäftigte“ und „Bezieherinnen und Bezieher des Kindergeldzuschlages“ ausgedehnt.

Es wurden bereits Hunderte von Unterschriften gesammelt, und es gab zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus den Initiativen, aus Kreisen der Gewerkschaften und der Wohlfahrtsverbände. Um der Sache weiteren Schwung zu verleihen und dabei mit Nachdruck auf die absolute Unverzichtbarkeit einer bundesweiten Dachorganisation verstärkt hinzuweisen, läuft die Unterschriftenkampagne noch bis Ende September weiter. Bis dahin bleibt die Geschäftsstelle in Frankfurt auf jeden Fall geöffnet. Wie es mit dem Insolvenzverfahren weitergeht und wie die späteren Rückzahlungsmodalitäten aussehen sollen, hängt zum großen Teil vom guten Willen der zuständigen Richterin ab. Nach Einschätzung des Vorstandes stehen die Chancen für einen Neuanfang recht gut, und soeben ist auf der Website des Vereins auch eine entsprechende Erklärung erschienen. Es gibt nach dem Bremer Treffen die einmütige Auffassung, dass die BAG-SHI auf jeden Fall – unter welchem künftigen Namen auch immer – wieder aufleben wird!

 

„Wie steht es derzeit um die SPD?“ lautet dagegen die „Frage der Woche“ in der „Kreiszeitung Syke“ vom 13. September 2008. Die SPD ist, so wie sie jetzt ist, ein „Auslaufmodell“. Es soll uns doch niemand weismachen wollen, dass diese Partei des Sozialkahlschlags, der maßlosen Begünstigung der Großkonzerne, der Aufrüstung und des Kriegskurses durch einen Personalwechsel an der Spitze wieder an allgemeiner Beliebtheit zunehmen würde. Mit Aufrüstung und einem hemmungslosen Kriegskurs ist sie zu Zeiten des Ersten Weltkrieges schon einmal auf den Bauch gefallen! Haben die älteren „Genossen“ das schon vergessen?

Die Herren Müntefering und Steinmeier stehen ja nicht gerade für einen Kurs der sozialen Gerechtigkeit und einer friedlichen Innen- und Außenpolitik, was beide unter der Kanzlerschaft Schröders zum Schrecken unzähliger Menschen hinreichend bewiesen haben. Es bleibt also bei „schlechtem Wein aus alten Schläuchen“! Die Mitglieder sowie die Wählerinnen und Wähler sind ihnen nicht ohne Grund in Scharen davongelaufen und werden dies auch weiterhin tun. Die SPD ist wie ein Vogel, der sich selbst entleibt: Der linke Flügel fehlt schon ganz. Eine Partei, die sich nur noch mit dem rechten Flügel fortzubewegen gedenkt, muss zwangläufig abstürzen!

 

Truppen raus aus Afghanistan!

22. 09. 2008 – Wir waren etwa dreißig noch nicht ganz wache Menschen, die sich am frühen Samstagmorgen um 6 Uhr in den engen Bus quälten. Als wir gegen 11:30 Uhr in Berlin ankamen, hatten sich zur Auftaktkundgebung am Brandenburger Tor bereits etwa 2.000 Menschen versammelt. Leider funktionierte die Lautsprecheranlage nicht richtig. Die Veranstalter entschuldigten sich prompt für diese Misslichkeit mit glaubwürdigem Geldmangel, was uns zu spontanen Spenden in die herumgereichten Sammelbüchsen inspirierte.

Sabine Schiffer, eine in Erlangen lehrende Musikpädagogin, griff in einem der ersten Redebeiträge die gleichgeschalteten Medien scharf an. Diese stützten sich bei ihrer Kriegsberichterstattung fast ausschließlich auf gefälschtes Bildmaterial und gezielte Falschinformationen des Bertelsmann-Stiftungskonzerns, um in der Bevölkerung, die den Krieg zu über 60 Prozent ablehnt, doch noch eine Akzeptanz dafür zu erzwingen. Viel Applaus erntete die Tochter des argentinischen Revolutionärs „Che“ Guevara, Aleida Guevara March, die als Kinderärztin auf Kuba tätig ist. Sie beklagte „das sinnlose Verheizen unserer Kinder, Brüder und Schwestern“ und fragte zutiefst besorgt: „Wie lange werden wir es noch zulassen, dass unsere Familien in Kriege überall auf der Welt geschickt werden?“

Als wir nach der Auftaktkundgebung nach einer Stunde den Gendarmenmarkt erreichten, waren wir erheblich mehr geworden und füllten den Platz mit circa 8.000 Menschen. Der Politikwissenschaftler und gebürtige Afghane Martin Baraki, der kürzlich auch Gast des „Friedensforums“ war, skizzierte in seinem Redebeitrag die lange Geschichte der Kriege gegen sein Land. Schon in der Zeit des Kaiserreichs 1914/15 habe die Geburtsstunde der „Verteidigung Deutschlands am Hindukusch“ geschlagen. Später unter Hitler habe die faschistische Wehrmacht diesen „Verteidigungskrieg“ mit der „Operation Barbarossa“ fortgeführt, und der aktuelle Krieg der USA unterstreiche erneut die Großmachtambitionen auch der gegenwärtigen Bundesregierung. Auf zehn Jahre weiteren Krieg hätten sich die USA und ihre Verbündeten schon eingerichtet, hieß es.

Peter Strutynski, Sprecher des „Bundesausschusses Friedensratschlag“ konstatierte, dass laut Minister Jung Deutschland keinen Krieg führe, sondern seine Soldaten „auf dem halben Erdball für Frieden und Stabilität“ stünden. Diese „Version vom Nicht-Krieg“ solle die Bundeswehr legitimieren, „weltweit mitzuschießen“. Den Tod von Tausenden Zivilisten scheine die Bundesregierung dabei „billigend in Kauf zu nehmen“. Was Strutynski mit professoraler Zurückhaltung formuliert, sage ich gern deutlicher: Den Regierenden ist es völlig gleichgültig, wie viele Menschen durch deutsche Waffen und Soldaten sterben müssen – Hauptsache, die Rohstoffbilanz stimmt! Deutschland ist wieder Kriegsmacht, und so benimmt es sich auch!

Übrigens wurde nicht nur in Berlin und Stuttgart demonstriert. Wie „Die Linke Bremen“ im Internet schreibt, fanden Antikriegsdemonstrationen auch in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien und beim „Europäischen Sozialforum“ in Malmö statt. Hierzu noch eine Terminwiederholung: Zu einer Ökumenischen Andacht für den Frieden in Afghanistan laden Mitglieder Bremer Kirchengemeinden, das „Bremer Friedensforum“ und die DFG-VK für Samstag, den 27. September 2008, um 12:30 Uhr auf dem Bremer Marktplatz ein. Zum Frieden ist es leider noch ein langer Weg. Doch wir sind fest entschlossen, auf diesem Weg zu bleiben!

 

In Bayern gähnt ein
schwarzes Loch

29. 09. 2008 – Das Wort „Watschn“ ist ein schöner urbayerischer und bildkräftiger Begriff. Aber „abgewatscht“ wurde die bierzeltfeste CSU bei der Landtagswahl nicht allein deswegen, weil sie mit Huber, Beckstein und Konsorten zwar maßkrugschwingende, aber ansonsten recht farblose „Führungs­persönlichkeiten“ hat. Bestraft wurde die Partei in erster Linie deswegen, weil diese trinkfesten Bayernzelt-Maulhelden solch eine verheerende Politik betreiben! Der „Freistaat“ ist keine Republik der Seligen mehr, vielleicht noch der wenigen „Starkbier-Seligen“ in einigen abgelegenen Hochtälern, doch ansonsten ist die Ludwig-II- und Franz-Josef-Strauß-Herr­lich­keit längst vorbei. Schon Stoiber hatte es bekanntlich nicht mehr „gerissen“, und jetzt gähnt in Bayern nur noch ein schwarzes Loch!

Abgewatscht wurde aber nicht nur die CSU, sondern auch die „Vogel-Partei“ – oder vielleicht sollte ich besser sagen, der „Partei-Vogel“ SPD: Seines linken Flügels längst beraubt, musste er ebenfalls erheblich Federn lassen! Denn beide Parteien stehen auch im „Freistaat“ für gnadenlosen Sozialkahlschlag, Bildungsabbau, Umweltzerstörung und vor allem Hochrüstung in ihrer herzigen Landeshauptstadt. Auch wenn uns die Medien andere Gründe für die Wahlschlappe weismachen wollen: Neoliberale Großmäuligkeit anstelle einer menschengerechten Politik belohnen die Wähler(innen) eben längst nicht mehr!

Zum Thema „Rüstungshochburgen“ hier noch ein Terminhinweis: Am Don­nerstag, dem 9. Oktober 2008, gibt es um 20 Uhr im „Kapitel 8“ an der Domsheide eine Veranstaltung mit Lühr Henken unter der Fragestellung „Rüstungs­produktion in Bremen – das Beste für die Stadt?“ Die Veranstaltung wird von der „Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“ gemeinsam mit dem Friedensbeauftragten der Evangelischen Kirche, Martin Warnecke, und dem „Bremer Friedensforum“ durchgeführt. Lühr Henken lebt in Hamburg und koordiniert dort das „Hamburger Forum für Völkerverständigung und weltweite Abrüstung“. Außerdem gehört er dem Beirat der „Informationsstelle Militarisierung“ in Tübingen an und ist Sprecherratsmitglied des „Bundesausschusses Friedensratschlag“.

Im ansonsten rabenschwarzen September gab es in unserer Hansestadt wenigstens eine erfreuliche Nachricht: Der Sendesaal von „Radio Bremen“ wird uns höchstwahrscheinlich erhalten bleiben! Wie mehrere Zeitungen berichteten, erklärte sich Intendant Heinz Glässgen damit einverstanden, dass die Bauunternehmer Klaus Hübotter und Bernhard Kathmann den inzwischen wieder unter Denkmalschutz gestellten Saal und die dazugehörenden Funkhaus-Immobilien übernehmen. Hübotters Vorstellungen haben anscheinend den Sender überzeugt. Der Beirat Schwachhausen stimmte der Kaufabsicht bereits vorher zu. Die von den Bremer Bauunternehmern gegründete Firma „Sendesaal-Karree“ will den Weiterbetrieb ab dem kommenden Jahr auf Dauer sichern.

Voraussetzung ist allerdings, dass die bisherigen „Investoren“ Heise und Klima von ihrer Kaufabsicht bis Ende des Jahres zurücktreten. Hierzu schreibt „Radio Bremen“ in einer Erklärung: „Sollte mit der ‚Sendesaal-Karree‘ ein Kaufvertrag zustande kommen, würde ‚Radio Bremen‘ seinen Widerspruch gegen die denkmalpflegerische Unterschutzstellung des Sendesaals zurückziehen.“ Die „Freunde des Sendesaales“ begrüßen die jüngste Entwicklung, kritisieren jedoch einige widersprüchliche Aussagen in der Erklärung des Senders. Eine „Klima“tisierung des Saals à la HvD scheint allerdings endgültig vom Tisch! Helga Kruse von den „Freunden des Sendesaales“ bedankte sich in ihrem Redebeitrag bei Herrn Dr. Hübotter für sein Rettungs-Engagement, und die Bremer Montagsdemo schließt sich diesem Dank in vollem Umfang an!

 

Terrorismus als Buhmann für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren

06. 10. 2008 – Die Nato wird nächstes Jahr 60. Alt sieht sie aus, diese Nato! Da hilft auch keine „Verjüngungskur“, die sie sich mit einer neuen Doktrin verpassen will. Doch diese Doktrin hat es in sich: Sie bedeutet noch mehr Rüstung, bedeutet Krieg, Krieg und nochmals Krieg, und dies auf der ganzen Welt! Selbstverständlich hält sich die Nato dabei auch atomare Optionen offen. Im Rahmen der werdenden EU-Militärmacht, die mit der Nato eng zusammenarbeiten soll, ist Deutschland immer mittendrin. Das heißt, heruntergebrochen auf staatliches Handeln gegenüber der Bevölkerung: Ausbau des Überwachungsstaates, Verschärfung der Armut schaffenden Gesetze und damit letztlich noch mehr Schikanen bei Hartz IV!

Das extrem militärische Denken und Verhalten ist ein Rückfall in die Steinzeit. Zuzeiten des sogenannten Kalten Krieges beschränkte sich das Nato-Bündnis noch weitgehend auf die „Verteidigung“ seiner Außengrenzen, obwohl es auch da schon die Bereitschaft zum Einsatz von Atomwaffen gab. Hier sei nur an die Kubakrise und ähnliche Ereignisse erinnert. Das änderte sich schlagartig, als der Ostblock zusammengebrochen war, der Warschauer Pakt sich auflöste und uns eine gewisse Rhetorik weismachen wollte, dass jetzt der große Weltfriede ausbreche. Nix da! Es wurde und wird kräftig in sogenannten Bürgerkriegen mitgemischt. Die Gier der Mitgliedsstaaten nach Öl, anderen Rohstoffen und Einflussgebieten ist ins Unermessliche angewachsen. Daher die Kriege mit deutscher Beteiligung in und gegen Jugoslawien, dann die Kriege gegen Afghanistan und Irak, und demnächst vielleicht gegen den Iran. Die Vorbereitungen hierfür sind längst angelaufen!

Dann gibt es überall die „verdeckten“ Kriege zwecks Destabilisierung der betreffenden Region, auch mit deutscher Geheimdienst-Beteiligung, entsprechendem Personal und vor allem mit deutschen Waffen und Bremer Rüstungselektronik. Auch Kriegsschiffe der Vegesacker Lürssen-Werft sind schon lange dabei! Wobei sich die Nato den „Terrorismus“, den sie zu bekämpfen vorgibt, selbst heranzüchtet. Und diesen „Terrorismus“ braucht man in Berlin wiederum als Buhmann für den Einsatz der Streitkräfte im Innern. Schäubles Propagandamaschine läuft längst auf vollen Touren. Die Koalition will in Kürze entsprechend beschließen und sogar das Grundgesetz ändern. Toll, funktioniert alles prima!

Wer nun manche Texte über das „Selbstverständnis“ der Nato liest, könnte meinen, das Bündnis sei längst reif für den Friedensnobelpreis. Wie hervorragend die Indoktrinierung läuft, zeigt beispielsweise ein Schülerinnen-Referat aus der Berufsschule Nürnberg – es liest sich fast wie eine Laudatio: „Aus der ursprünglichen Aufgabe der kollektiven Verteidigung ist das Prinzip der politischen Integration und der Wahrung des Weltfriedens geworden. Auf der Grundlage der gemeinsamen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit strebt das Bündnis seit seiner Gründung eine gerechte und dauerhafte Friedensordnung in Europa an. Es trägt daher auch zu Frieden und Stabilität in der Welt bei.“

Am 21. und 22. Februar 2009 wird in Bremen eine Konferenz „60 Jahre Nato“ stattfinden, zu der ich beizeiten zurückkommen und Näheres sagen werde! Das „Friedensforum“ überlegt gerade, wie und in welcher Form es sich dazu verhalten wird.

 

Wiedereinführung der
Vermögensteuer jetzt!

20. 10. 2008 – „Der Zusammenbruch des kapitalistischen Finanzsystems hätte die Welt tiefgreifend verändert.“ Solche Sätze sind nicht nur von linken Wirtschaftsfachleuten zu hören, sondern so tönt es auch aus der neoliberalen Propagandamaschinerie. Um noch Schlimmeres zu verhindern, seien die „Rettungspakete“ unumgänglich, heißt es weiter. Ich will hier nicht in den Chor derjenigen einstimmen, die das richtig und „alternativlos“ finden. Denn eine Vollbremsung nur zur Bankenrettung ohne nennenswerte Auflagen und vor allem ohne ein Konjunkturprogramm, das diesen Namen auch verdient – das kann es wohl nicht sein!

Ich klage vielmehr die Regierungen von Schröder und Merkel an, das Desaster nicht verhindert zu haben, was sie hätten tun können, wenn sie nur gewollt hätten! Einige wenige Gesetzesbremsen als Folge des Bankencrashs von 1929 gab es schließlich. Aber schon Schröder und Konsorten hatten diesen hochkriminellen Herrschaften durch Aufhebung der wenigen Bestimmungen den Weg freigeschaufelt. Ich klage auch den Bremer Senat an, in Sachen Armutsbekämpfung den Koalitionsvertrag gebrochen zu haben! Sollen jetzt unter dem Druck der Ereignisse Hartz-IV-Betroffene, Kinder, Rentner, prekär Beschäftigte und letztlich wir alle noch mehr bluten müssen?

Die Suppe auslöffeln werden jedenfalls nicht die Banker. Für uns umso mehr ein Grund, hier jeden Montag für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf höhere Löhne und demokratische Mitbestimmung in den Betrieben, für höhere Renten, für die Abschaffung von Agenda 2010, Hartz IV und der ungesunden „Gesundheitsreform“ sowie gegen weitere Aufrüstung, Krieg und Demokratiezerstörung zu kämpfen! Bestraft gehören die Wirtschaftsverbrecher und nicht die Erwerbslosen! Große Vermögen gehören für das Gesundheitswesen, für Bildung, für Umwelt- und Klimaschutz herangezogen und nicht nach Liechtenstein!

Die Wiedereinführung der Vermögensteuer, der Erbschaftsteuer und eine saftige Steuer für Spekulationsprofite müssen sofort her! Sie wären ein erster Schritt zu mehr Verteilungsgerechtigkeit. Wir brauchen ein wirkungsvolles Konjunkturprogramm, das die Massenarbeitslosigkeit senkt und damit die Kaufkraft stärkt. In Bremen muss endlich das längst überfällige Sozialticket eingeführt werden, die Mietobergrenzen für Hartz-IV-Betroffene müssen endgültig weg! Deshalb muss es immer wieder heißen: Auf zur Montagsdemo!

Zum Thema noch eine Glosse aus dem „Neuen Deutschland“: „Jetzt beginnt das große Schlottern und Zähneklappern in den Chefetagen der Banken: Die fetten Jahre sind vorbei. Fordern und fördern – dieses bewährte Prinzip wird auf den Finanzsektor übertragen. Wobei die Manager wegen der staatlichen Hilfsleistungen den Gürtel ein paar Löcher enger schnallen müssen. Der Regelsatz von 500.000 Euro im Jahr ist eine wahre Zumutung, zumal es – schlimmer als bei Hartz IV – Wohn- und Heizkosten nicht mal extra gibt. Schade, dass Wolfgang Clement das nicht mehr als Minister erleben darf; er hätte schon ein paar Ideen, wie man leistungsunwilligen Leistungsbeziehern auf die Sprünge hilft. Von seiner Hartz-IV-Bibel ‚Vorrang für die Anständigen – gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat‘ soll eine Manager-Neuauflage in Arbeit sein. Kein Wunder, dass sich schon eine Banker-Selbsthilfegruppe ‚Finanzmarktstabilisierung ist Armut per Gesetz‘ gebildet hat. Demnächst soll es erste Montagsdemos geben.“

 

Billionenhilfe – umsonst

27. 10. 2008 – Der Zusammenbruch der internationalen Geldsysteme, von den Meinungsmachern auch gern „Finanzkrise“ genannt, beschleunigt sich inzwischen wie ein Porsche mit durchschnittenen Bremsleitungen. In einem haben die Meinungsmacher recht, weil sie nicht länger um die Wahrheit herumreden können: Die Katastrophe greift auf die warenproduzierende Wirtschaft über – siehe Autoindustrie. Die „Rettungspakete“ der Bundesregierung scheinen nicht zu greifen, denn an ihnen bereichern sich bisher nur die Bankrotteure.

Noch schlechter sieht es in den USA aus, wo Bush Stützungspakete von über einer Billion Dollar aus Steuergeldern geschnürt hat, und das bei einem laufenden Kriegsetat von mehreren hundert Milliarden Dollar. Sie dienten auch nur zur Bereicherung kriegsgeiler Wirtschaftsgangster. Zum Vergleich: Der Etat des deutschen Rüstungsministers Jung beträgt circa 25 Milliarden Euro jährlich. Ich wiederhole es hier noch mal: Die Bundeswehr muss raus aus allen Auslandseinsätzen – der Rüstungshaushalt gehört aufgelöst!

Die USA sind eigentlich längst pleite. Der Dow Jones landete kürzlich mit 8.579 Punkten auf einem Fünfjahrestief. Rund um den Erdball kam es erwartungsgemäß zu weiteren Kursstürzen – Globalisierung mal ganz anders, so wie sich das die Protagonisten wohl nicht gedacht hatten! Der Pleitegeier ist international auf dem Vormarsch, denn er steht offensichtlich unter Artenschutz. Das US-Beispiel zeigt, warum die Billionenhilfe letztlich umsonst war: Die Banken benutzen die Staatsknete, um ihre eigenen Bilanzlöcher zu stopfen, anstatt damit der sogenannten Realwirtschaft zu helfen.

In Deutschland zeichnet sich eine ganz ähnliche Vorgehensweise ab, und Verlierer der bisher schwersten Kapitalismuskrise seit dem Zweiten Weltkrieg wird der Großteil der Bevölkerung sein! Wem sage ich das? Schon kündigen Betriebe wie VW und Daimler neue Massenentlassungen an, weil kein Mensch mehr ihre Autos kaufen kann oder will. Wer zuerst fliegt, sind die Leiharbeiter! Das geben sogar die Konzerne schon unumwunden zu. Am Niedergang der Fahrzeugindustrie wird besonders deutlich, wie sehr sich mehrere Krisenfaktoren gegenseitig hochschaukeln: Überproduktion, Energiekrise, Verarmungspolitik und nicht zuletzt die beginnenden Niederlagen des Imperialismus in Afghanistan und Irak.

Was ist zu tun? Die gewerkschaftlichen Forderungen nach Lohnerhöhungen sind heftigst zu unterstützen! Ein flächendeckender Mindestlohn von wenigstens 10 Euro pro Stunde muss her! Die Renten und die Regelsätze bei Hartz IV gehören kräftig angehoben! Die Festsetzung des Rentenalters auf 67 Jahre muss wieder weg! Ein bedingungsloses, repressionsfreies Grundeinkommen für alle müsste endlich eingeführt werden – und das schon sehr bald, was unter anderem aus Reichensteuern und Spekulationsprofiten zu finanzieren wäre. Gerade jetzt am Beginn der Rezession ist die Zeit hierfür reif!

 

Gegen Einkommensarmut
und soziale Ausgrenzung!

10. 11. 2008 – Die Aktiven der BAG-SHI lassen sich nicht unterkriegen! Im September beschloss eine Koordinierungsgruppe des Vereins hier in Bremen die Gründung eines neuen bundesweiten Dachverbandes. An diesem Wochenende kamen etwa 50 Delegierte und Einzelkämpfer(innen) in der Jugendherberge Meppen zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zusammen und gründeten die „BAG Prekäre Lebenslagen e.V. – gegen Einkommensarmut und soziale Ausgrenzung“ (Plesa). Die alte, in Insolvenz gehende „Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen“ existiert hinfort nicht mehr.

Im Mittelpunkt der Diskussionen standen eine Aufarbeitung der Vergangenheit und eine völlige Neustrukturierung, um gravierende Versäumnisse und Nachlässigkeiten im Umgang mit den Finanzen, die zum Zusammenbruch der alten BAG-SHI geführt hatten, von vornherein auszuschließen. Das Bundestreffen fand in einer solidarischen und freundschaftlichen Atmosphäre statt, und es wurde vermieden, „schmutzige Wäsche zu waschen“, das heißt Beteiligte anzuklagen, zu sanktionieren oder sonst wie zu diffamieren. Schließlich wurde offensichtlich, dass niemand aus dem Kreis der Verantwortlichen zum Zweck der persönlichen Bereicherung betrügerisch gehandelt hat.

Der neue Verein wird seine Arbeit so schnell wie möglich aufnehmen. Ganz oben auf der „Prioritätenliste“ wird der Kampf um eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze stehen. Ein jetzt gewählter vorläufiger Vorstand wird die Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines regulären Vorstandes auf der konstituierenden Mitgliederversammlung im Sommer kommenden Jahres führen. Weitere Arbeitsschwerpunkte werden sein: Hilfe bei der Selbstorganisation von Initiativen, Hilfe bei der Vernetzung von Initiativen untereinander, Unterstützung bei der Selbstorganisation, zentrale und regionale Informations- und Bildungsveranstaltungen, solidarische Bündnispolitik, Information der Öffentlichkeit über die Lebensbedingungen der Betroffenen und Unterstützung der Initiativen vor Ort.

Der Verein erstellt und veröffentlicht wie bisher Informationen und Fachliteratur zum Sozialrecht, zur Gewährungspraxis von Behörden sowie zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen und Stellungnahmen zu aktuellen sozialpolitischen Themen. Er gibt außerdem einen periodisch erscheinenden Rundbrief heraus. Fast alle Beteiligten auf der Versammlung waren sich einig, und deshalb kam es auch zu der schnellen Neugründung: Ein bundesweiter Dachverband aller Erwerbsloseninitiativen, besonders auch unter Einschluss aller prekär Beschäftigten, ist heute notwendiger denn je!

 

Die Vertreibung von Obdachlosen

17. 11. 2008 – Die „Tageszeitung“ berichtete kürzlich, dass es laut Senatsantwort auf eine CDU-Anfrage zwischen November 2007 und Oktober 2008 1.629 Platzverweise gegeben habe. Halten wir fest: Nicht nur gegen Randalierer im Discomilieu, worauf sich die Anfrage bezog, sondern besonders auch gegen Obdachlose wird auf diese Weise vorgegangen! Menschen ohne Dach über dem Kopf haben ein Recht auf menschenwürdige Behandlung, sie dürfen nicht mit Polizeigewalt von den öffentlichen Straßen und Plätzen vertrieben werden. Auch für sie hat Artikel 1 des Grundgesetzes zu gelten!

Seit ihrem Bestehen setzt sich unsere Initiative „Bremer Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit“ (Bild: bei der „Gräfin-Emma-Aktion“ am 19. Oktober 2007) für einen menschlichen Umgang mit den Obdachlosen ein, die zumeist ohne eigenes Verschulden in diese Situation geraten sind. Hartz IV, Wohnungsverlust und die damit verbundene Zerstörung sozialer Strukturen führen oft zur Zerrüttung der Familien. Dies ist eine der Hauptursachen für Obdachlosigkeit.

Die Initiative verurteilt die Praktiken der Vertreibung im Verantwortungsbereich des Senats. Wir fordern Innensenator Ulrich Mäurer auf, einen sofortigen Stopp der Platzverweise zu verfügen sowie die Streichung des entsprechenden Polizeiparagrafen zu veranlassen. Das Problem von Randale und Gewalt in der „Disco-Meile“ lässt sich auch anders angehen! Doch wenn überall im Jugend- und Bildungsbereich gekürzt und gestrichen wird, wenn es keine Begegnungsstätten mehr gibt und die Schulen im Chaos versinken, dann darf sich niemand über die Folgen wundern!

Absturz und letztendliche Obdachlosigkeit sind dann vorprogrammiert, und ich behaupte, dies wird im Sinne einer gezielten unsozialen Auslese auch billigend in Kauf genommen. Vollmundig ist im rot-grünen Koalitionsvertrag von einer zu schaffenden „sozialen Stadt Bremen“ die Rede. Welch eine Heuchelei! Solch eine Politik, die in Platzverweisen gegen obdachlose Menschen und deren vorherige justizbehördliche Vertreibung aus der Wohnung gipfelt, ist das genaue Gegenteil, sie ist ein Gipfel der Menschenverachtung!

Wir erwarten vom Senat unter anderem, dass er für obdachlose Menschen mehr und bessere Wohnprojekte schafft, dass in der Innenstadt kostenlose Toiletten und Waschgelegenheiten installiert werden und dass es soziale Hilfen für von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen gibt. Damit sie in ihren Wohnungen bleiben können, fordern wir: Weg mit den Mietobergrenzen und weg mit Hartz IV!

 

Der Sendesaal ist noch nicht ganz aus der Gefahrenzone! Er steht zwar seit Ende Mai wieder unter Denkmalschutz, aber die butenbremischen sogenannten Investoren Klima und Heise haben wieder einmal Widerspruch eingelegt. Es bleibt also spannend! Offenbar will das nordfriesische Duo Zeit schinden und ihr Rücktrittsrecht hinauszögern, bis das städtische Bebauungsplanverfahren abgeschlossen ist. Bis zum Jahresende haben Klima und Heise noch Zeit, vom Vertrag mit „Radio Bremen“ zurückzutreten.

Angeblich wollen auch sie den Sendesaal erhalten. Aber was passiert, wenn sie ihn haben? Es ist gut möglich, dass sie ihn am Rande ihrer Einkaufsmeile „verhungern“ lassen werden, um ihn später doch noch abzureißen! Der Beirat Schwachhausen hatte sich kürzlich geschlossen für den Verkauf des Funkhaus-Geländes an Klaus HübottersSendesaal-Karree“ ausgesprochen, die den Saal auf jeden Fall erhalten und weiterbetreiben will.

Die Bewohner(innen) Schwachhausens wollen kein neues Shoppingcenter mit Wohnbebauung in ihrem Stadtteil – sie wollen den Sendesaal! Eine profane Einkaufsmeile statt eines Zentrums lebendiger Konzertkultur ist nun wirklich das Letzte, was die selbsternannte „Musikstadt Bremen“ gebrauchen kann. Auch „Radio Bremen“ ist dafür, weil der Sender ohne sein bisheriges Großstudio nicht auskommt. Im neuen Gebäude funktioniert nämlich nichts, deshalb werden alle Hörspiele und anderes nach wie vor im alten Hause produziert. Daher auch von dieser Stelle noch einmal der Appell an die Herren Heise und Klima: Treten Sie vom Kaufvertrag zurück!

 

Sind nur spektakuläre Aktionen berichtenswert?

24. 11. 2008 – Bei all dem Getöse um die vielen „Rettungspakete“ hat sich klammheimlich noch etwas ganz Anderes durch den Bundestag geschlichen: Die neueste Hartz-IV-Verschärfung! Olaf Scholz (SPD), seines Zeichens Bundesminister für Arbeitszwang und Asoziales, schob in Windeseile sein „Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente“ durch das „Hohe Haus“. Den Herrschaften kann auch dies offenbar gar nicht schnell genug gehen, denn das Gesetz soll bereits am 1. Januar 2009 in Kraft treten.

Eigentlich müsste dieses „Hohe Haus“ mit all seinen Jasagern vor Scham im Berliner Erdboden versinken! Banken und Konzernen werden Hunderte von Milliarden Euro Steuergelder hinterhergeworfen, damit sich die Top-Manager weiter die Taschen vollstopfen und – ganz nebenbei – per Massenentlassung noch einmal Zigtausende Menschen in Hartz IV treiben können. Für das „Prekariat“ hält man derweil schon mal die neuen Folterwerkzeuge bereit! Und was erwartet die Opfer nach dem dann ebenfalls verschärften ALG-I-Bezug?

Die Zumutbarkeitskriterien für die Annahme mieser Jobs werden immer perfider. Mini-Jobber(innen), zum Beispiel auf 400-Euro-Basis, können in Ein-Euro-Jobs gezwungen werden. In den „Eingliederungsvereinbarungen“ mit den Argen sind bereits die neuen Verschärfungen enthalten. Widersprüche dagegen haben keine aufschiebende Wirkung mehr. ALG II und Wohngeld werden bei sogenannten Verstößen gestrichen, und die Prozesskostenhilfe wird gekürzt. Bei ALG-I-Berechtigten sind verschärfte Sperrfristen geplant. Bei Fortbildungsmaßnahmen und Ähnlichem wird gekürzt, was das Zeug hält. Die Kosten für Bewerbungen werden zu einem Minimum pauschaliert und in einem „Vermittlungsbudget“ zusammengepresst.

Alles andere als zusammengepresst wird der Berliner Kriegshaushalt: 33,5 Milliarden Euro werden für die Rüstung rausgeschmissen! Doch immer mehr Menschen gehen gegen diese Politik bundesweit auf die Straße. Die Montagsdemos machen weiter, obwohl sie von den Medien totgeschwiegen werden, und trotz des Winterwetters findet heute unsere 208. Montagsdemo statt. Wir sind das Volk, und hoffentlich wird es für die Hartz-IV-Parteien bei den nächsten Wahlen einen deftigen Denkzettel geben!

 

Am 18. November 2008 berichtete die „Tageszeitung Bremen“, dass Unbekannte in der Nacht auf den Volkstrauertag das große Kriegerdenkmal auf der Altmannshöhe, das die Gefallenen zweier Weltkriege und die Zerstörer der Bremer Räterepublik „ehrt“, innenseitig vollständig pinkfarben angestrichen hatten. Laut einem Schreiben an die Zeitung wollten sie mit ihrer nächtlichen Malaktion darauf aufmerksam machen, dass heute wieder Soldat(inn)en für deutsche Interessen sterben müssten. Deshalb hätten sie „dem Heldengedenken einen anderen Anstrich geben“ wollen. Weiter schreiben sie, dass bei all diesem Heldengedenken und seinem soldatischen Männerbild die Kriegsgründe nicht mehr reflektiert werden.

Dass die „Taz“ nur spektakuläre Aktionen berichtenswert findet und unsere Aktionen meistens geflissentlich „übersieht“, veranlasste mich zu folgendem Leserbrief, der am 23. November leicht gekürzt veröffentlicht wurde:

Es gab auch im „Bremer Friedensforum“ Ideen und Aktionen gegen die monströse „Heldenverehrung“ auf der Altmannshöhe, und es wird sie weiterhin geben. Am diesjährigen Antikriegstag wurde vor dem Kriegerdenkmal mit der Aufstellung des Gegendenkmals „Dem unbekannten Deserteur“, geschaffen vom Aktionskünstler Joachim Fischer, der ermordeten Kriegsverweigerer gedacht. Zuvor hatte der Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann auf dem Marktplatz vor etwa 350 Menschen seine Leidensstationen im Zweiten Weltkrieg und danach geschildert und dazu aufgerufen, Deserteure zu unterstützen und Kriege zu ächten.

In einem auf der Altmannshöhe verlesenen Brief an Bürgermeister Jens Böhrnsen, in dem wir ihn um Unterstützung baten, machten wir darauf aufmerksam, dass mit der dauerhaften Aufstellung eines Deserteurdenkmals und der Schaffung eines entsprechenden Gedenktages ein deutliches Antikriegszeichen gesetzt werden könne. Dies sei eines der wichtigsten Anliegen des „Bremer Friedensforums“, denn es seien die Deserteure, die Sand ins Getriebe aller Kriege werfen und damit zu deren Verkürzung beitragen könnten. In einem Antwortbrief schrieb Böhrnsen, dass er sich leider außerstande sehe, unser Vorhaben zu unterstützen.

 

Rüstungsboom und Wirtschafts­krise gehen Hand in Hand

01. 12. 2008 – Eine internationale Finanz- und Wirtschaftsmafia verbrennt unser aller Geld, und die Regierungen helfen ihr nach Kräften dabei. Weniger bekannt – weil weitgehend totgeschwiegen – ist die Tatsache, dass für Rüstung und Krieg ebensolche gigantischen Geldmengen „verbrannt“ werden. Offensichtlich haben die Herrschenden aus der Geschichte nichts gelernt: Knapp 80 Jahre nach der ersten Weltwirt­schaftskrise und der damaligen Hochrüstung zum Zweiten Weltkrieg vollziehen sich in der heutigen offenen Krise genau wie damals beschleunigt Entdemokratisierung, Bildungsabbau und Sozialkahlschlag. Es gibt europaweit und weltweit eine neue Rüstungs- und Gewaltspirale, die zu immer neuen sogenannten Anti-Terror-Kriegen um die Rohstoffe für die kapitalistischen Großmächte führt.

Die Summe der Bankenrettungsprogramme entspricht auch denen der Rüstungsausgaben. 2007 wurden laut dem schwedischen Forschungsinstitut Sipri weltweit 1.340 Milliarden US-Dollar für Rüstung ausgegeben. Allein in Nordamerika und Europa werden aktuell rund 1.500 Milliarden US-Dollar zur „Rettung der Banken“ investiert, und das ist ein einmaliger Riesenbetrag. Aber 800 Milliarden US-Dollar fließen in die Rüstung – und dies Jahr für Jahr!

In der Krise wird die Verlogenheit der Herrschenden besonders offenbar, die uns jahrzehntelang weismachen wollten: „Für dies und das, für all den ‚Sozialklimbim‘ fehlt leider das Geld“. All dieses Geld ist plötzlich in Hülle und Fülle und scheinbar unbegrenzt für diejenigen vorhanden, die vor ihrem selbst verschuldeten Absturz gerettet werden sollen – und natürlich für die Rüstung. Es wird ganz einfach „verbrannt“! Mitten in den Debatten über die Eindämmung der neuen Finanz- und Weltwirtschaftskrise ließ die Bundesregierung die Ausweitung des deutschen Kriegseinsatzes am Hindukusch beschließen, obwohl mehr als zwei Drittel der Bevölkerung gegen diesen Einsatz sind!

Bis 2010 will Berlin einen in diesem Ausmaß nie da gewesenen Umbau der Bundeswehr abgeschlossen haben. Sie wird in drei völlig neue Kategorien gegliedert. Der Zweck ist eine verstärkte Kriegsfähigkeit. Die Bundeswehr wird unterteilt in sogenannte Eingreif-, Stabilisierungs- und Unterstützungskräfte, die jeweils aus Verbänden aller drei Teilstreitkräfte gebildet werden: 35.000 Mann „Eingreifkräfte“ mit spezieller High-Tech-Ausrüstung für die „Schnellen Eingreiftruppen“ von EU und Nato, 70.000 Mann „Stabilisierungskräfte“ für KFOR, Isaf, Unifil und so weiter. 210.000 Soldatinnen und Soldaten sowie ziviles Personal sind als „Unterstützungskräfte“ vorgesehen.

Die EU will sich bis 2010 eine „Schnelle Eingreiftruppe“ zulegen, die unter anderem rund 400 Kampfflugzeuge und 100 Kriegsschiffe umfassen und spätestens nach 60 Tagen vor Ort sein soll. Von den insgesamt 80.000 EU-Soldaten stellt Deutschland das größte Kontingent: 18.000 Frauen und Männer – das ist die höchste Anzahl aller EU-Staaten! Die undemokratische, antisoziale und militaristische EU-Verfassung schreibt für die Gemeinschaft zwingend ständig neue Aufrüstung vor, und Deutschland hat immer die Nase vorneweg! Auch die Nato hat sich eine „Schnelle Eingreiftruppe“ angeschafft, die 25.000 Mann umfasst und an der die Bundeswehr mit bis zu 6.200 Mann beteiligt ist. Im kommenden Jahr soll der Rüstungshaushalt um 5,6 Prozent angehoben werden. Das ist der höchste prozentuale Anstieg nach dem Ende des „Kalten Krieges“. Nach Nato-Kriterien wird Deutschland dann 33,5 Milliarden Euro für das Militär ausgeben.

Bremen ist als Rüstungshochburg mit den Firmen Atlas Elektronic, Rheinme­tall Defense Elektronics, EADS, Airbus, OHB und Lürssen maßgeblich daran beteiligt. Ich will hier nur kurz auf die Friedrich-Lürssen-Werft eingehen. Sie hat eine unheilvolle Tradition: Schon zu Kaiserzeiten und später für die faschistische Wehrmacht baute sie Kriegsschiffe. Jetzt rüstet sie die Bundeswehr mit Korvetten und Fregatten auf. 70 Prozent ihres Kriegsschiffbaus gehen in den Export. Nachdem sie die Bundeswehr bereits nach ihrer Gründung 1957 mit Schnellbooten ausgerüstet hatte, baut sie jetzt die großen Kriegsschiffe – Korvetten und Fregatten – für die Auslandseinsätze. Fünf Korvetten vom Typ K130, noch unter der Schrö­der-Regierung in Auftrag gegeben, sind fertig und werden zusammen mit sieben Fregatten und vier U-Booten (nicht von Lürssen) den „Eingreifkräften“ von EU und Nato zugeordnet. Im aktuellen Bundeswehrplan taucht bereits eine Korvette K131 für die Zeit nach 2016 auf, für die zurzeit eine Milliarde Euro angesetzt ist.

Die Korvetten sind schon verheerend in der Wirkung, die Fregatten sind es noch mehr, weil all diese Schiffe in Bauart und Bewaffnung auf dem letzten waffentechnischen Stand sind. Die deutsche Marine verfügt derzeit über 15 Fregatten. Das Besondere an den neuesten drei Fregatten des Typs F124, die Lürssen baut, ist ihr Preis: Mit 733 Millionen Euro pro Stück ist sie um 100 Millionen teurer als das Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“. Die Werft ist maßgeblich am Bau der drei Fregatten beteiligt. Neu im Fertigungsprogramm sind vier Fregatten des Typs F125, die von 2014 bis 2017 beschafft und in Dienst gestellt werden sollen. Die F125 wird von der Arbeitsgemeinschaft Thyssen-Krupp Marine Systems und Lürssen gebaut, wobei TKMS die Federführung hat. Kostenpunkt: insgesamt 2,7 Milliarden Euro – das heißt 675 Millionen Euro pro Stück.

Es droht der Einsatz von noch mehr Kriegsschiffen. Angesichts der aktuellen „Piratenlage“ am Horn von Afrika ruft bereits ein Bremer Reeder nach verstärktem Einsatz der Seestreitkräfte. Seltsam, dass gerade jetzt, mitten in der Diskussion um die Auslandseinsätze, die „Piraten-Aktivität“ so stark zunimmt. Eine Steil­vorlage für Lürssen! Was können wir tun? Wir müssen wieder mehr für Rüstungskonversion kämpfen, denn Lürssen zum Beispiel könnte durchaus auch andere Schiffe bauen. Wir könnten den „Friedensbürgermeister“ Böhrnsen drängen, nicht bei jeder Gelegenheit Bundeswehr und Kriegsschiffkapitäne zu hofieren!

Rüstungsboom und Wirtschaftskrise gehen Hand in Hand. Die Bundeswehr muss raus aus allen Auslandseinsätzen und darf auch nicht im Innern eingesetzt werden! Banken, Versicherungen, Energie- Auto- und Rüstungskonzerne gehören in Gemeineigentum überführt und unter demokratische Kontrolle gebracht! Verbrecherische Finanzjongleure und andere verantwortungslose Wirtschaftsbosse gehören nicht nur „kontrolliert“, sondern sie müssen für die Schäden, die sie anrichten, auch haftbar gemacht und bestraft werden können! Steueroasen sind trockenzulegen! Das sind jetzt nur einige Punkte. Den Kapitalismus können wir damit nicht überwinden, obwohl der eigentlich längst abgeschafft gehört! Zu einem Frieden in sozialer Gerechtigkeit ist es noch ein langer und mühevoller Weg – doch wir werden ihn gemeinsam weitergehen!

 

Das klassische Piratenszenario stelle ich mir so vor, wie es sich alle vorstellen: Ein vollbärtiger „Häuptling“ mit Holzbein und schwarzer Augenklappe entert säbelschwingend und mit Gebrüll ein anderes Schiff, und alle anderen springen ebenso lautstark hinterher. Die modernen Oberhäuptlinge jedoch tragen Maßanzüge und blütenweiße Westen, haben feine Manieren und sitzen in Regierungsstellen, Geheimdienstzentralen, Militärstäben und als Lobbyisten in der Rüstungsindustrie. Das somalische „Fußvolk“ ist angeheuert und wird mit entsprechenden Beuteversprechen zu seinem Tun angestiftet. Vor nicht allzu langer Zeit waren die mehr oder weniger freiwilligen Seeräuber noch selbständige Fischer, bis ihnen ausgerechnet die europäischen Fisch-Freibeuter mit ihren Trawlern die Existenzgrundlage raubten und sie in bitterste Armut stürzten.

Ist die Vorstellung vom modernen Piratenchef in Schlips und Kragen völlig abwegig? Wäre das eine neue Verschwörungstheorie? Fest steht: Die ach so seeschlachterfahrene Bundeswehr behauptet, es seien 500 statt der bisher 15 Kriegs­schiffe zur Bekämpfung der Piraterie notwendig. Die Bundesregierung will so bald wie möglich 1.400 Soldaten und die Fregatte „Karlsruhe“, gebaut von der Kieler Howaldtswerke Deutsche Werft GmbH, in die somalischen Hoheitsgewässer entsenden. Die Entscheidung hierüber soll in den nächsten Tagen fallen. Bereits Anfang nächsten Jahres will Berlin mit der Entsendung beginnen. Es sollen auch auf Handelsschiffen Soldaten stationiert werden, was in Reederkreisen bereits heftigsten Beifall findet. Ein entsprechend „robustes Mandat“ für die Militäreinsätze, die auch die Verfolgung im somalischen Binnenland vorsieht, soll noch in diesem Monat im Bundestag beschlossen werden. Ich finde diese Militarisierung der zivilen Seefahrt unerträglich!

Der von imperialistischen Mächten beherrschte UN-Sicherheitsrat beschloss bereits in mehreren Resolutionen eine Verschärfung der Piratenbekämpfung. Die letzte Resolution vom Oktober fordert alle Staaten der Region auf, mit Kriegsschiffen die EU-Militärmission zu unterstützen. Der Bundestag wird genötigt, der Instrumentalisierung für fremde Interessen zuzustimmen, auch unter Umgehung deutscher Gesetze. Resolutionen dieser Art und entsprechende Beschlüsse der Bundesregierung bedeuten letztlich eine kühne Entmachtung unseres Parlaments! All dies verstärkt meinen Verdacht, dass hinter alldem eine länderübergreifende Geheimdienstmafia stecken könnte, die für die gigantische Aufrüstung zur See die nötige Stimmung machen soll. Rosige Aussichten für die Bremer Lürssen-Werft!

Für die toten Bundeswehrsoldaten wird natürlich eine prot­zi­ge Ge­denk­stät­te gebraucht! Ausgerechnet im be­rühmt-be­rüch­tig­ten Ber­li­ner Bend­ler­block, wo einst die Faschisten ihre Spionagezentrale für die Ober­kom­man­dos der Wehr­macht und der Kriegs­ma­ri­ne unterhielten, legte Rüstungsminister Franz Josef Jung „feierlich“ den Grundstein hierfür. Zynischer geht es nicht! Eine neue „Heldengedenkstätte“ ausgerechnet an dieser Stelle ist eine ungeheuere Provokation für alle Antifaschist(inn)en und Friedensbewegten! Schon das kürzlich stattgefundene Bundeswehrgelöbnis im Hof des Bendlerblocks war eine Herausforderung an die Friedensbewegung.

Deutlicher lässt sich die ungebrochene Kontinuität in den Köpfen der Regierungspolitiker nicht zeigen. Hier offenbart sich beispielhaft, wie sehr die Kriegsmacht Deutschland bemüht ist, sich endgültig ihrer Vergangenheit zu entledigen. Selbst Bundespräsident Köhler rief zur „Solidarität mit den Bundeswehrsoldaten“ auf und leistet damit einer neuen und verstärkten Militarisierung der Gesellschaft Vorschub. Wir wollen im Bendlerblock kein neues monströses Kriegerdenkmal! Gegen das „Vergessensollen“ wollen wir ein deutlich sichtbares Mahnmal gegen Faschismus und Krieg!

 

Der Sendesaal ist
endgültig gerettet!

08. 12. 2008 – Bei all den bösen Ereignissen der letzten Tage wie der drohenden Stromabschaltung bei 9.000 Bre­mer Hartz IV-Betroffenen und dem skandalösen Frei­spruch des Brechmittel-Arztes ist eine Nachricht umso höher zu bewerten: Der Sendesaal ist endgültig gerettet!

Durch den vorzeitigen Rücktritt der Abbruch-Investoren Heise und Klima ist der Weg für den Weiterbetrieb jetzt frei. Hübotters „Sendesaal-Karree“ wird den Kaufpreis von 3,43 Millionen Euro an „Radio Bremen“ zahlen. „Kreative Vernunft hat sich gegen die Dumpfheit der Abrissbirne durchgesetzt“, schreibt der „Verein der Freunde des Sendesaales“ in einer Pressemitteilung. Weiter heißt es: „Die Käufer Klaus Hübotter und Bernhard Kathmann werden gemeinsam mit dem Verein die Nutzung des Saales unverzüglich angehen“. Nun gehe es darum, rasch Verträge mit Konzertveranstaltern und Interessenten für Aufnahmen abzuschließen. Auch „Radio Bremen“, das den Sendesaal nach längerer Pause bereits wieder nutzt, wird mit im Boot sein. Es soll in Kürze eine gemeinnützige „Sendesaal-GmbH“ gegründet werden.

Klaus Hübotter geht davon aus, dass trotz der jährlichen Betriebskosten von 200.000 Euro die künftigen Nutzer zunächst keine Miete zahlen müssen. Die „Freunde des Sendesaales“ bedankten sich in ihrer Mitteilung für die große Unterstützung aus der Bevölkerung. Sie dankten unter anderem besonders auch Bürgermeister Böhrnsen, Denkmalpfleger Skalecki und Bausenator Loske dafür, dass sie den Abriss des Saals verhindert haben. Vielleicht hat ja die Bremer Montagsdemo, deren Beiträge auch regelmäßig auf der Sendesaal-Homepage zu lesen waren, ein ganz klein wenig dazu beigetragen!

 

Eine mehr als verdiente Standpauke musste Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann bei eisiger Kälte über sich ergehen lassen. In einem Rollenspiel der Initiative „Bremer Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit und die Diskriminierung der Betroffenen“, das am 10. Dezember 2008 vor der Bremer Innenstadtfiliale der Deutschen Bank stattfand, geißelte ein vorweihnachtlicher „Friedensengel“ scharf die maßlose Profitgier des Bankchefs.

Auch ein äußerst freigiebiger „Vater Staat“, der hinterhältig lächelnd nur die Banken und Konzerne mit Milliardenbeträgen beglückt und Arme und Obdachlose leer ausgehen lässt, bekam sein gehöriges Stück Fett ab. „Herr Ackermann“ solle, so der „Friedensengel“, von seiner Arroganz und Selbstherrlichkeit ablassen, seine Untaten bereuen, Buße tun und sich auf den „Weg zur Umkehr“ begeben.

Die Aktion hatten viele Umstehende mit Zustimmung und Beifall bedacht. Nach einer kurzen Demo durch die Innenstadt wurde auf der Abschlusskundgebung vor dem Rathaus folgender Appell an Bürgermeister Böhrnsen verlesen, der unter Anderem die konkreten sozialpolitischen Forderungen der Initiative sowie die Forderung nach Rücknahme des Platzverweisungsgesetzes gegen Obdachlose enthält.

 

Es muss endgültig Schluss sein mit neoliberaler Umverteilungspolitik!

15. 12. 2008 – Mein Umgang mit der Krise ist, darüber zu schreiben, zu reden und Zusammenhänge aufzuzeigen – in der Hoffnung, möglichst viel Öffentlichkeit zu erreichen. Wir haben es hier schließlich mit weit mehr als nur mit einer „Konjunkturkrise“ zu tun. Es ist anzunehmen, dass sich der konjunkturelle Einbruch und die Krise der internationalen Finanzmärkte zur schwersten kapitalistischen Weltwirtschaftskrise seit 1929 auswachsen werden.

Hintergrund ist der gewaltige Überschuss an durch pure Ausbeutung angehäuftem Kapital, der zur Entwicklung riesiger Spekulationsblasen führte. Karl Marx hatte es vorausgeahnt, als er folgende top-aktuellen Sätze schrieb: „Mit entsprechendem Profit wird das Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent und es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf die Gefahr des Galgens.“

Nicht mit der Todesstrafe, jedoch mit einer Millionärssteuer von mindestens fünf Prozent, einer Steuer auf Börsenumsätze und alle anderen Finanztransaktionen, einer höheren Besteuerung von Unternehmensgewinnen und einem Spitzensteuersatz von mindestens 50 Prozent sollten die Profiteure und reichen Kapitalbesitzer bezahlen müssen! Widerstand ist angesagt!

Nach den polizeistaatlichen Repressalien gegen die Antirepressionsdemo fordern wir jetzt erst recht: Es muss endgültig Schluss sein mit den Übergriffen der Staatsorgane und mit der neoliberalen Umverteilungspolitik! Wir fordern die volle Wiederherstellung aller demokratischen Grundrechte! Wir fordern die Rücknahme der Rentenkürzungen, der Teilprivatisierung des Rentensystems und der Rente mit 67! Weiterhin fordern wir den Ausbau des gesetzlichen Rentensystems und eine deutliche Erhöhung der gesetzlichen Mindestsicherung!

Wir fordern die Stärkung des öffentlichen Sektors und die Wiederherstellung des Sozialstaats! Weg mit Hartz IV und eine sofortige Erhöhung der Regelsätze auf mindestens 500 Euro! Regelmäßige Anpassung an die Lebenshaltungskosten und Wiederherstellung des Zumutbarkeitsschutzes! Wir fordern den sofortigen Wegfall der menschenverachtenden Sanktionen – dies insbesondere an Frau Ingelore Rosenkötter als zuständiger Senatorin und an die Adresse der Bagis hier in Bremen! Auch die Gewerkschaften dürfen sich nicht länger verstecken. An die Bremer DGB-Vorsitzende Helga Ziegert ist der Appell zu richten: Fordern Sie von DGB-Chef Sommer, dass dieser sich für die Aufhebung des Generalstreik-Verbots einsetzt!

 

Der Bankrott des neoliberalen Raubzugskapitalismus

22. 12. 2008 – Auch wenn viele Menschen jetzt lieber an Spekulatius statt an Spekulanten denken, möchte ich trotzdem noch einmal das Thema Wirtschaftskrise aufgreifen. Vieles ist dazu schon gesagt worden, aber ich denke, dass einiges hier gar nicht oft genug gesagt werden kann. Offensichtlich haben sämtliche Akteure aus der Geschichte nichts gelernt und wollen es auch nicht! Dabei ist mit der Doppelkrise der ideologische und politische Bankrott des neoliberalen Raubzugskapitalismus längst offenbar geworden. Aber in Berlin gilt trotzig die Devise „Weiter so!“ Banken und Konzerne werden weiterhin mit riesigen Steuergeldern „beschirmt“, die Kriegskassen ebenfalls, nur die Bevölkerungsmehrheit soll den Gürtel noch enger schnallen. Darüber kann auch das dickste Weihnachtsgeschäft nicht hinwegtäuschen!

Zu befürchten ist wie 1929 ein Rückfall in autoritäre „Krisenbewältigung“. Mit Sätzen wie „2009 wird ein Jahr der schlechten Nachrichten“ wird psychologisch vorbereitet, was uns allen zugedacht ist: Weitere Verschärfungen der Hartz-Gesetze, noch mehr prekäre Jobs zu Dumping- und Billigstlöhnen, weitere Verschlechterungen im Gesundheitswesen und so weiter und so fort. Eine gerechte Antikrisen-Politik erfordert einen völlig anderen Ansatz, der mit einer radikalen Umkehr der bisherigen Umverteilungsprozesse einhergehen muss!

Die Profiteure der sogenannten Finanzmarktgeschäfte müssen für das Unheil, das sie mit Duldung und Förderung der Regierenden angerichtet haben, voll zur Kasse gebeten werden! Erforderlich wären die sofortige Einführung einer Millionärssteuer von mindestens fünf Prozent sowie einer Steuer auf Börsenumsätze und alle anderen Finanztransaktionen. Dubiose „Fonds“ und diverse Großgaunereien sind strikt zu verbieten! Der Spitzensteuersatz sollte auf mindestens 50 Prozent angehoben werden. Damit würde der Geldzustrom auf die Finanzmärkte spürbar gedrosselt und durch eine öffentliche Verwendung der Gelder die binnenwirtschaftliche Nachfrage gestärkt.

Eine demokratische Kontrolle der Großbanken und eine umfassende Regulierung der Finanzmärkte wären ebenso unumgänglich wie die totale Vergesellschaftung der Geldinstitute. Alle Devisengeschäfte müssen versteuert und ein Transfer zu Steueroasen unterbunden werden. Vor allem muss ein anständiges „Rettungspaket“ für alle Bezieher geringer Einkommen und prekär Beschäftigten her, was ebenfalls dem öffentlichen Sektor, der Binnenwirtschaft und dem Mittelstand zugute kommen würde. Auch dies hätten die milliardenschweren Spekulanten zu bezahlen!

 

Stoppt den Krieg
im Gazastreifen jetzt!

05. 01. 2009 – Die barbarischen Bombenangriffe der israelischen Luftwaffe und nun auch der Krieg der Bodentruppen gegen die Bevölkerung des Gazastreifens sind schärfstens zu verurteilen! Dieser verbrecherische Überfall ist eine absolut unverhält­nismäßige Reaktion auf den Raketenbeschuss der Hamas. Der ist zweifellos ebenfalls zu missbilligen; doch die Hamas hatte vor Kriegsbeginn den Stopp ihrer Raketenangriffe angeboten, wenn Israel die Totalabriegelung des Gazastreifens aufheben würde. Die Olmert-Regierung wollte überhaupt nicht darauf eingehen, geschweige denn verhandeln. Sie wollte Krieg! Deshalb provozierte sie unter anderem mit gezielten Hinrichtungen von Hamas-Führern aus der Luft und mit der Zerstörung eines Tunnels während der Feuerpause.

Die jetzt begonnene „Landoffensive“ wird noch wesentlich mehr Unheil als der Luftkrieg anrichten, Tausenden Palästinensern und Israelis das Leben kosten und weiteres unermessliches Leid für die Bevölkerung beiderseits der Grenzzäune verursachen. Dieser Krieg wird darüber hinaus mit Sicherheit den israelischen Aggressoren in aller Welt schwerste politische und moralische Missbilligungen eintragen, wie die zahlreichen Massenproteste von London bis Singapur schon heute deutlich zeigen.

Inzwischen wächst weltweit und auch in Israel selbst der Widerstand gegen die staatsterroristischen Kriegshandlungen weiter, wobei besonders die Proteste innerhalb der israelischen Bevölkerung zu unterstützen sind, die von den Medien oft kleingeredet oder ganz unterschlagen werden. Uns wird ständig suggeriert, dass eine große Mehrheit der Menschen den Krieg unterstützen und mittragen würde. Wie verlogen solche Behauptungen sind, zeigt sich schon angesichts des großen islamischen Bevölkerungsanteils in Israel!

Die israelischen Proteste passen denn auch so gar nicht in die offizielle Politik der Bundesregierung, die einer bedingungslos einseitigen Unterstützung des barbarischen Bombenkrieges und jedweder Terrorisierung der palästinensischen Bevölkerung das Wort redet. Kanzlerin Merkel behauptet, der Krieg diene nur der eigenen Verteidigung Israels. Das ist erstens eine schamlose Verdrehung der Tatsachen, denn auch dieser Krieg wurde zwecks Erringung und militärischen Absicherung der israelischen Vorherrschaft von langer Hand vorbereitet! Die offen einseitige Parteinahme für die Interessen der israelischen Regierung und Militärführung ist zweitens auch im Hinblick auf die deutsche Rüstungsunterstützung unverhohlene Beihilfe zum Massenmord!

Die israelische Friedensorganisation „Gusch Schalom“ schrieb dieser Tage in der Zeitung „Haaretz“: „Waffenstillstand jetzt! Dieser Krieg ist unmenschlich, überflüssig und schädlich. Die Tötung Hunderter Palästinenser und die Zerstörung der lebenswichtigen Infrastruktur des Gazastreifens sind abscheuliche Verbrechen. Diejenigen, die sich davon Nutzen bei Wahlen erhoffen, täuschen sich gewaltig! Im Namen Tausender Israelis, die in den Straßen Tel Avivs schon in den ersten Stunden nach Kriegsbeginn demonstriert haben, fordern wir, den Angriff auf Gaza sofort zu beenden, einen Waffenstillstand vorzuschlagen und einzuhalten, der das Ende aller Gewaltaktionen beider Seiten, die wirkliche Öffnung der Grenzen und die Beendigung der Blockade gegen die Bevölkerung des Gazastreifens umfasst, sowie in den Dialog mit Hamas einzutreten. Hamas ist ein integraler Bestandteil der palästinensischen Gesellschaft und des palästinensischen politischen Systems. Ohne ihre Beteiligung sind alle Verhandlungen und Übereinkünfte sinnlos.“

Dies wird auch von der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ so gesehen und entsprechend unterstützt. Die offenkundigen und inzwischen von Vertretern der israelischen Regierung vor aller Welt verkündeten Ziele – so die „Men­schenrechts-Liga“ – seien härteste Kollektivstrafen gegen Mitglieder und Anhänger von Hamas. Ziel sei der Sturz der von der Hamas gestellten Regierung. Das internationale Recht verbiete beides, sowohl Kollektivstrafen als auch die Einflussnahmen auf die politische Selbstbestimmung eines anderen Landes.

Wir tragen diese Einschätzungen in vollem Umfang mit und erklären uns mit der israelischen Friedensbewegung solidarisch! Wir schließen uns deren Forderungen ohne Wenn und Aber an! Auch wir fordern das sofortige Ende aller Kriegshandlungen und Embargomaßnahmen, den Stopp der illegalen Besiedlung, einen sofortigen Truppenrückzug und die Beendigung der Einkesselung der palästinensischen Bevölkerung! Insbesondere fordern wir von der Regierung Merkel/Steinmeier, dass sie sich sofort für entschiedene Maßnahmen gegen die Massaker der israelischen Streitkräfte ausspricht und sich nicht unter dem Deckmantel der deutschen faschistischen Vergangenheit versteckt. Wir fordern von der Bundesregierung weiterhin, dass sie alle deutschen Rüstungslieferungen umgehend stoppt und sich für sofortige und bedingungslose Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Israel und der Hamas einsetzt!

 

Die dreiste Kriegspropaganda
der Bremer Presse

12. 01. 2009 – Als ich am Wochenende die Sonntagsausgabe des „Weser-Kurier“ aufschlug, traute ich zunächst meinen Augen nicht: Da wurde doch tatsächlich ganz unverhohlen Propaganda für eine deutsche Beteiligung von Zivilisten an Irakkriegs-Übungen der US-Streitkräfte gemacht! Unter der fetten Überschrift „Aufrührer im Dienst der US-Army“ schildert ein deutscher Teilnehmer enthusiastisch seine Erlebnisse in einem Militärcamp, wo er in pseudorealistischer Bagdad-Kulisse zusammen mit 400 Statisten einen „irakischen Aufständischen“ zu mimen hatte – und lobte in den höchsten Tönen den perfekten Begleit-Service der Amerikaner: viel Geld, feinstes Essen und eine kostenlose An- und Abreise. Für die Dauer der Übung hatten alle Teilnehmer allerdings striktes Redeverbot. Am Schluss des Artikels fügte der „Kurier am Sonntag“ in Fettdruck sogar die Termine der nächsten „Castings“ an!

Mit 90 Euro pro Tag und insgesamt 1.900 Euro für die Drei-Wochen-Übung werden zivile Aspiranten hier in Bremen für diesen dreisten Unfug geködert! Ich finde es ungeheuerlich, mit welcher Unverfrorenheit in dieser Zeitung für Kriegsübungen der USA Werbung gemacht und damit der allgemeinen Militarisierung der Gesellschaft Vorschub geleistet wird! Es ist schon schlimm genug, dass Offiziere der Bundeswehr völlig ungeniert in Schulen auftreten und in den Arbeitsagenturen, die Not der Erwerbslosen schamlos ausnutzend, künftige Soldaten für ihre Auslandseinsätze werben! Hier in Bremen müsste zumindest an den Schulen das rot-grüne Bildungsressort solche Machenschaften strikt unterbinden! Es ist anzunehmen, dass demnächst auch die Bundeswehr solch haarsträubende Übungen mit Zivilmenschen veranstalten wird. Schäuble, Jung und Konsorten haben die Voraussetzungen hierfür bestimmt längst geschaffen!

 

Eingekesselt in der Trümmerwüste

19. 01. 2009 – Endlich! Seit Samstagnacht schweigen die Waffen im Gazastreifen. Das ist erst mal eine positive Nachricht, denn jetzt können auch Hilfslieferungen von Lebensmitteln und Medikamenten ins Land. Doch wie lange hält die Waffenruhe? Alle Probleme, die zu diesem Krieg geführt haben, sind nach wie vor ungelöst! Es bleibt im wahrsten Sinne des Wortes ein riesiger Berg an Leid, Schmerz und Verzweiflung. Die Infrastruktur ist zerbombt, und unzählige Menschen sind ohne Dach über dem Kopf. Tausende liegen in den wenigen noch intakten Krankenhäusern, und es gibt kaum Wasser und Strom. Die gesamte Bevölkerung bleibt unfrei und eingekesselt. Dies ist die bittere Bilanz von 22 Tagen Krieg.

Hier noch einmal eine kurze Rückschau: Nach mehrwöchigem furchtbaren Gemetzel verschärften die Konfliktparteien zuletzt ihre Kriegshandlungen trotz der kürzlich beschlossenen UN-Resolution. Wobei allerdings das militärische Ungleichgewicht dieses Krieges immer deutlicher zutage trat! Auf palästinensischer Seite starben über 1.100 Menschen, auf israelischer Seite waren es weniger als 20. Die Uno forderte – wir erinnern uns – in ihrer mit Ach und Krach zustande gekommenen Resolution eine sofortige und dauerhafte Waffenruhe, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe, ein Ende der israelischen Blockade sowie eine grundsätzliche Lösung auf der Grundlage einer Zweistaatenlösung. Sie verurteilt jede Form von Gewalt gegen die Zivilbevölkerung und jede Art von Terrorismus.

Auch die Hamas besteht nicht aus Friedensengeln. Einige Funktionäre propagieren seit langem offen den „Heiligen Krieg“ gegen Israel. Beispielsweise heißt es in Artikel 13 der Hamas-Charta: „Für die Palästinafrage gibt es keine andere Lösung als den Dschihad.“

In Israel selbst mehrten sich in letzter Zeit die Stimmen gegen den Krieg, und immer mehr Menschen schlossen sich der israelischen Friedensbewegung an. Auch in den Streitkräften wuchsen Unbehagen und Widerstand. Die Organisationen „Courage to Refuse“ („Mut zum Verweigern“) und „Jüdinnen und Juden aus der ganzen Welt“ forderten die israelischen Soldatinnen und Soldaten zur massiven Kriegsverweigerung auf. In dem Appell der letztgenannten Organisation an die Truppe heißt es: „Die ein Gewissen haben, müssen die israelische Kriegsmaschinerie stoppen. Das könnt nur ihr tun – und ihr müsst es tun!“ Es gab zahlreiche Verweigerer, doch die Militärbürokratie schlug zurück: Etliche von ihnen mussten ins Gefängnis!

Das „Bremer Friedensforum“ verurteilte die Angriffe gegen die Zi­vil­be­völ­ke­rung von Anfang an und erklärt sich bedingungslos mit den Verweigerern und der israelischen Friedensbewegung solidarisch. Im Übrigen gilt unser Mitgefühl den leidenden Menschen im Gazastreifen und den palästinensischen wie den israelischen Kriegsopfern gleichermaßen! Die israelische Regierung muss mit der Hamas direkt verhandeln, denn einen anderen Weg zum Frieden kann und wird es nicht geben. Wir fordern, dass die Bundesregierung die Uno-Re­so­lu­tion 1860 in vollem Umfang unterstützt! Auch Deutschland hat Israel aufgerüstet: Für das Militär stellen seit Jahrzehnten Bremer Rüs­tungs­fir­men wie Lür­ssen und At­las-Elek­tro­nik Prä­zi­si­ons­waf­fen und Kriegs­schiffe her, und deshalb wiederholen wir die Forderung nach einem sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte!

Am Samstag, dem 17. Januar 2009, gab es von 12 bis 13 Uhr eine große Mahnwache des „Friedensforums“ auf den Domtreppen, an der sich etwa 40 Menschen beteiligten, unter anderem auch Mitstreiter(innen) der Montagsdemo. Leider hatte die Presse „vergessen“, uns zu besuchen – trotz vorheriger Mitteilung! Dafür berichteten „Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“ recht ausführlich über die von den Palästinensern organisierte Lichterketten-Demo am Abend desselben Tages.

Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier waren kürzlich zusammen mit hochrangigen EU-Vertretern zu „Verhandlungen“ in Ägypten und Israel. Sehr geehrte Frau Merkel, es wäre richtiger und wichtiger gewesen, statt sich in luxuriösen Regierungsvillen bewirten und von der Weltpresse ablichten zu lassen, in die Trümmerwüste von Gaza zu reisen! Es wäre viel wichtiger gewesen, in die Krankenhäuser zu gehen, mit Kriegsopfern und Ärzten zu reden und sich auch mit Hamas-Leuten zu treffen! Setzen Sie sich endlich ernsthaft für einen gerechten Frieden ein!

 

„Holterdipolter, wir wollen Folter!“

26. 01. 2009 – Zum alljährlichen Neujahrsempfang der Bundeswehr hatten diesmal der Befehlshaber des Wehrbereichs I „Küste“, Konteradmiral Jens-Volker Kronisch, und der Wehrbereichspräsident Peter Alexander Sauer eingeladen. Uneingeladen versammelten wir uns vor dem Rathaus mit etwa 40 Menschen zu einer großen Mahnwache. Dazu hatten das „Bremer Friedensforum“ und die DFG/VK-Gruppe Bremen aufgerufen. Unser Protest richtete sich logischerweise gegen die zunehmende Anzahl und Intensität der Bundeswehr-Auslandseinsätze.“

Der Kälte wacker trotzend, skandierte eine kleine Theatergruppe viele ironische Sprechchöre. „Holterdipolter, wir wollen Folter“ oder „Jede Bombe und jedes Gewehr macht die Welt viel sicherehr“ – so schallte es den ankommenden Gästen immer wieder entgegen.

Unser Protest galt auch Bürgermeister Jens Böhrnsen, der – wie schon seine Vorgänger – jedes Jahr ranghohen Bundeswehroffizieren zusammen mit Vertretern des öffentlichen Lebens das Rathaus für diese Zweckentfremdung zu Füßen legt. In seiner devoten Begrüßungsrede verharmloste Böhrnsen die Bundeswehr als wiederaufbauende Friedensengel und Beschützer der Handelswege, die sich jetzt „in der Mitte Bremens“ und „im Zentrum der Gesellschaft“ befänden. Schöner lässt sich die von ihm mitbetriebene allgemeine Militarisierung wirklich nicht ausdrücken!

Wir vom „Friedensforum“ sind absolut enttäuscht davon, dass Böhrnsen als langjähriges Mitglied der europäischen Bürgermeister-Initiative „Mayors for Peace“ („Bürgermeister für den Frieden“) diesem Anspruch so gar nicht gerecht wird. Er ist bis jetzt wohl eher ein „Kriegsförderungs-Bürgermeister“, weil er weiterhin eifrig die Bundeswehr hofiert und militaristische Traditionen wie das Taufen von Korvetten und Fregatten vollzieht – oder von seiner Stellvertreterin Karoline Linnert vollziehen lässt!

Wir erneuern hiermit unsere dringende Forderung an Herrn Böhrnsen, seine Position zu den Bundeswehrempfängen und zur Bremer Rüstungsproduktion endlich aufzugeben und sich für eine wirkliche Friedenspolitik zum Wohle der Bremer Bevölkerung einzusetzen. Ich denke, dass ich dies auch im Sinne der Montagsdemo sagen kann!

 

Die USA bleiben mit Kriegs­treiberei auf Einverleibungskurs

16. 02. 2009 – „Völlig neue Töne“ hätten vom 6. bis 8. Februar 2009 im „Bayerischen Hof“ geherrscht, jubelten die Medien übereinstimmend. Denn die 45. „Sicherheitskonferenz“ der versammelten Militärstrategen, Rüstungslobbyisten und Regierungsvertreter(innen) aus den EU- und Nato-Staaten habe „in einem positiven und konstruktiven Geiste“ stattgefunden. Demnach muss die Stimmung zu Zeiten von George „Dabbelju“, der bekanntlich wenig Rücksicht auf die Interessen seiner Verbündeten nahm, wohl öfter reichlich mies gewesen sein! Erinnert sei hier nur an Rumsfelds verächtliche Sprüche über eine angebliche Kriegsunwilligkeit des „Alten Europa“ in Sachen Irak. Frischen Wind – so ist zu hören und zu lesen – habe Obamas Vizepräsident Joe Biden jetzt in die Konferenz gebracht. Gab es wirklich frischen Wind – oder doch nur den alten, sattsam berüchtigten Kriegstreibermief?

Konziliant im Ton, aber hart in der Sache bleiben die USA auch unter der Präsidentschaft Obamas. Konflikte sollten zwar „diplomatisch gelöst“ und die Partner dabei einbezogen werden, Folter sei zu „bestrafen“, doch letztlich hätten die Waffen „unsere Freiheit geschützt“, und das werde sich nicht ändern. So weit der neue Vizepräsident. Dies bestätigt den Eindruck, den wir schon vor der Amtseinführung Obamas vom „neuen Kurs“ in der Friedensfrage hatten. Dazu passt, dass auch in Sachen Nato-Osterweiterung sehr zum Verdruss Russlands alles beim bisherigen Einverleibungskurs bleibt. Dazu passt auch, dass Obama den Krieg in Afghanistan mit noch mehr deutscher Beteiligung so lange fortsetzen will, bis die Nato diesen wichtigsten strategischen Schlüssel zu den Rohstoffreserven des Mittleren Ostens und Asiens fest in der Hand hält!

In Sachen Abrüstung, die naturgemäß nur eine Randerscheinung mit Alibifunktion war, hatten denn auch Kanzlerin Merkel und ihr Kriegsminister Jung nur unverbindliches Wortgeklingel übrig. Von „Rüstungskontrolle“ war da höchst unkonkret die Rede und von „signifikanter Absenkung der nuklearen Gefechtskopfbestände“ – aber bitteschön bloß nicht bei der Nato! Wenn es der Regierung wirklich ernst wäre, warum fordert sie dann nicht endlich den Abzug der 150 amerikanischen Uralt-Bomben aus Büchel? Stattdessen betätigt sich Jung erneut als Einpeitscher und schreckt auch vor dem Kriegsverbrechervokabular der Faschisten nicht zurück: „Durchhaltefähige“ Streitkräfte will er, flexibel und verlegbar sollen sie sein! Darüber hinaus bekundeten Merkel und Jung ihre alte Unterwürfigkeit: Dank an die Verbündeten, gemeint sind vor allem die USA. Dank an die Nato für 60 Jahre „Frieden“! Bekräftigt wurde im Sinne dieses seltsamen Friedens- und Sicherheitsverständnisses, dass der Zusammenschluss und die Perfektionierung der Streitkräfte sowie die innergesellschaftliche Militarisierung im Sinne der Lissabonner Verträge in den EU- und Nato-Staaten unvermindert vorangetrieben werden. Die Bremer Rüstungsbetriebe dürften sich die Hände reiben!

Also alles wie gehabt: Weltweite Kriegseinsätze mit deutscher Beteiligung, auf der anderen Seite Sozialkahlschlag und Flüchtlingsabwehr zwecks Erhaltung einer äußerst fragwürdigen „inneren Sicherheit“. Das heißt, dass Staat und Kapital in der jetzigen Phase der weltweiten Wirtschaftskatastrophe umso mehr glauben, auf Menschenrechte, Menschenwürde und sogenannte Sozialpartnerschaft verzichten zu müssen. Stattdessen wird ganz und gar auf repressive und autoritäre Methoden zur Kontrolle sozialer Konflikte gesetzt. Mit laufender Verschärfung der Hartz-Gesetze und der „Gesundheitsreform“ sowie einer ständig zunehmenden Bespitzelung und Zerschlagung der demokratischen Grundrechte bahnt die Bundesregierung unverdrossen weiter den Weg in den autoritären Polizei- und Militärstaat – ganz im Sinne der schizophrenen Sicherheitslogik der Münchener Konferenzteilnehmer!

Gegen diesen Kriegsrat demonstrierten am vorigen Wochenende in der bayerischen Landeshauptstadt gut 6.000 Menschen. In dem Aufruf des „Aktionsbünd­nisses gegen die Nato-Sicherheitskonferenz“ heißt es: „Kein Frieden mit der Kriegspolitik! Sie reden von Sicherheit, doch ihre Politik bedeutet Krieg, Folter und Militarisierung. Dem stellen wir uns mit vielfältigem und kreativem Widerstand entgegen! Diese Proteste sind gleichzeitig der Auftakt für die internationale Mobilisierung gegen die Nato-Propagandashow Anfang April in Straßburg. Wir widersetzen uns einem kapitalistischen Machtsystem, das für Profit über Leichen geht. Zeigen wir den selbsternannten Weltherrschern und Kriegsstrategen: Ihr seid hier in München und überall unerwünscht! Eurer Politik von neoliberaler Wirtschaftsmacht und Ausbeutung, von Aufrüstung und Sozialabbau setzen wir unseren Protest und Widerstand entgegen!“

Teil dieses Protestes bildet hier in Bremen die 6. Strategiekonferenz der „Kooperation für den Frieden“ gemeinsam mit dem „Bremer Friedensforum“. Der Kongress steht unter dem Motto „60 Jahre Nato – Frieden ist etwas anderes“. Er findet am Freitag, dem 20. Februar 2009, ab 19:30 Uhr und am Samstag, dem 21., von 9:30 bis 17:30 Uhr im „Konsul-Hackfeld-Haus“ statt. Das Militärbündnis soll einer kritischen Analyse unterzogen und eine friedliche Alternative aufgezeigt werden. Fordern wir gemeinsam mit der Friedensbewegung: Keine weiteren Geburtstagsständchen, stattdessen einen Sarg! Die Nato hat sich überlebt und gehört abgeschafft!

Weitere Termine: Am Freitag, dem 20. Februar 2009 gibt es um 12 Uhr eine Mahnwache gegen Bremer Rüstungsbetriebe vor dem „Kapitel 8“. – Am Sonntag, dem 22. Februar, laufen Filme zum Problem „Menschenrechte: kein Thema in Palästina“ ab 11 Uhr im Kino „Atlantis“, Böttcherstraße. – Am Mittwoch, dem 25. Februar, gibt es um 19:30 Uhr im „Überseemuseum“ eine Veranstaltung mit Moshe Zuckermann, Israel, unter dem Titel „Nach dem Gaza-Krieg: Wohin steuert der Nahe Osten?“

 

Erfreuliches gibt es vom Sendesaal zu berichten. In einer Mitteilung des Landesamtes für Denkmalschutz heißt es: „Der Sendesaal steht seit dem 2. Februar 2009 rechtskräftig unter Denkmalschutz. Damit ist die vorläufige Unterschutzstellung vom 28. Mai 2008 jetzt in eine endgültige umgewandelt worden.“ Der Sendesaal sei ein Kulturdenkmal aus heimat- und technikgeschichtlichen Gründen, betont Denkmalspfleger Georg Skalecki.

„Radio Bremen“ hatte schon 2008 eifrig den Saal genutzt, weil die Aufnahmestudios im neuen Funkhaus für Konzerte katastrophal ungeeignet sind. Inzwischen werden vor dem historischen Sendesaal die Spuren des jahrelangen Stillstandes nach und nach getilgt. Die Gartenanlagen vor dem Gebäude sollen wieder in einen gepflegten Zustand versetzt werden, wobei ich sehr hoffe, dass dies nicht mit Ein-Euro-Jobbern geschieht! Demnächst werden auch Maler in dem Gebäude aktiv.

Nach dem Hübotter-Konzept soll sich die Finanzierung durch die Vermietung des Sendesaals und der Studios selbst tragen. Sorgen macht allerdings auch hier die Wirtschaftskrise. Wie Peter Schulze von den „Freunden des Sendesaales“ meint, sei es „derzeit nicht möglich, Kosten und Einnahmen seriös zu kalkulieren.“ Damit könnte er wohl recht haben.

Die ersten Konzerte sind allerdings schon geplant. Am 21. und 22. März soll jeweils ein Barockkonzert stattfinden, und am 31. März ist ein Jazzabend mit dem „Tim-McMillan-Trio“ vorgesehen. Ich freue mich schon darauf!

Am Freitag, dem 13. März 2009, findet ab 19:30 Uhr die „Lange Hörsturznacht“ mit namhaften Künstlerinnen und Künstlern, die einst in grauer Vorzeit das Hörfunkprogramm der später eingestampften Kulturwelle „Radio Bremen II“ bereichert hatten. Der Abend steht unter dem Motto „Ohrenschmaus“ und findet wie jedes Jahr in den „Weserterassen“ statt.

 

Die Nato bleibt ein Kriegsbündnis,
und deshalb muss sie weg!

23. 02. 2009 – Die Nato bleibt ein Kriegsbündnis, und deshalb muss sie weg! Das war das einhellige Fazit der zweitägigen Konferenz unter dem Motto „60 Jahre Nato – Frieden ist etwas anderes“. Die hochkarätig besetzte Tagung verlief mit knapp 200 Teilnehmer(inne)n in einer sehr freundschaftlichen und harmonischen Atmosphäre. Unterschiedliche Ansichten und eine heftige Diskussion gab es allerdings zu Paul Walkers zu positiver Darstellung des US-Kurses unter Obama.

Walker war als Vertreter der amerikanischen Friedensbewegung angereist und stellte in seinem Vortrag die Auflösung von Guantánamo, den geplanten Truppenrückzug aus dem Irak und einen diplomatischeren Ton im Umgang mit Verbündeten und „Schurkenstaaten“ in den Vordergrund. So wolle Obama mit Nordkorea und Iran friedfertiger und mit den Verbündeten kooperativer umgehen als sein Vorgänger, das Verhältnis zu Russland verbessern und eine Politik der „atomaren Abrüstung“ einleiten. Was immer das heißen mag! Das klang alles sehr schönfärberisch, und selbst die Verstärkung der Streitkräfte in Afghanistan um mindestens 17.000 Soldaten stellte er in diesen Kontext, da die Truppen ja „später wieder zurückgezogen“ würden.

Da gab es massiven Widerspruch! Andreas Buro vom „Komitee für Grundrechte und Demokratie“ hielt dem entgegen, dass sich auch Obama auf die herkömmlichen Machtstrukturen stütze. Mit seiner knappen Mehrheit im Senat sei er bei allen wichtigen Entscheidungen auf Stimmen der Republikaner angewiesen. Seit 1945 habe die USA immer ihre militärischen Positionen ausgebaut, um ihre Vormachtstellung weltweit zu festigen. Ein Element seien die US-Militärkommandos, die es für alle Teile der Welt gebe. Ich möchte hinzufügen, dass auch er letztlich – wie alle seine Vorgänger – nach der Pfeife des Rüstungs- und Ölkapitals zu tanzen hat!

Der russische Vertreter Raschid Alimov antwortete zunächst mit einer Kritik an der Osterweiterung der Nato. Diese werde von der russischen Bevölkerung sehr kritisch gesehen. Moskau betrachte sie, ebenso wie den Ausbau der Militärbasen in Rumänien und Bulgarien, als eindeutigen Verstoß gegen entsprechende Vereinbarungen und Verträge. Moskau sehe sich gezwungen, auf die Nato-Erweiterung mit eigenen Militärbündnissen innerhalb der GUS zu reagieren, oder auch zum Beispiel Syrien mit einzuschließen. Die Mehrheit der russischen Bevölkerung fühle sich weiterhin durch die Nato bedroht. Moskau unterstütze allerdings die Nato in ihrem Krieg gegen Afghanistan, weil es da gemeinsame strategische Interessen in Sachen Rohstoffausbeutung gebe.

Frankreich wolle wieder voll in die Nato, betonte Lysiane Rolet von „Attac Frankreich“. Hier gebe es den Konsens von Sarkozy mit Angela Merkel. Beide wollten noch wesentlich mehr: totale Integration der modernisierten EU-Truppen in die Nato – und, was noch weitaus schlimmer ist, auch alle zivilen Strukturen wollen Merkel und Sarkozy in die Militärkonzepte eingebunden haben!

Uli Cremer („Grüne Friedensinitiative“) stellte fest, dass die Nato sich global für „zuständig“ erklärt, Kriege zu führen. Sie sei ein Nord-Pakt gegen den Süden, sie expandiere und verbünde sich mit insgesamt 29 weiteren Staaten. Der Anteil der Nato an globalen Militärausgaben steige und liege derzeit bei 70 Prozent. Durch den Aufbau des nordatlantischen Kooperationsrats und des WEU-Konsultationsforums wurde, so Cremer, eine Konkurrenz zur nichtmilitärischen OSZE installiert und zur militärischen Integration genutzt.

Es gab acht Arbeitsgruppen, die zu verschiedenen Themenschwerpunkten Gegenkonzepte und Handlungsmöglichkeiten erarbeitet haben. Ich will hier nur auf die AG „Nato konkret: regionale Militarisierung“ näher eingehen. Lühr Henken vom „Bundesausschuss Friedensratschlag“ stellte noch einmal die Bedeutung der Bremer Rüstungsindustrie für die Nato dar.

Für uns Bremer Friedensaktivist(inn)en gilt weiterhin: regelmäßige Mahnwachen gegen die Bremer Rüstungs­betriebe sowie Proteste gegen Bundeswehrempfänge und Kriegsschiffstaufen. Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen soll intensiviert werden. Bürgermeister Böhrnsen ist noch stärker mit Appellen zur Aufnahme von Deserteuren in die Pflicht zu nehmen. Die Linksfraktion wird gebeten, noch vor dem Nato-Gipfel am 4. April eine Große Anfrage zum Thema Bremer Rüstungsbetriebe in die Bürgerschaft, den Bremer Landtag, einzubringen, damit auf diese Weise endlich eine öffentliche Diskussion über dieses Thema angestoßen wird. Wir müssen verstärkt auf ein Ende der Rüstungsexporte über bremische Häfen drängen. Rüstungskonversion muss wieder ein Thema werden, und hier ist besonders die IG Metall angesprochen.

Zum Schluss rief Rainer Braun von der „Kooperation für den Frieden“ zur großen Demo gegen das Nato-Geburtstagsspektakel am 4. April 2009 in Straß­burg auf, wo auch wegen der drohenden Demonstrationsverbote und der zu erwartenden Behinderungen und Schikanen das Demonstrationsrecht grundsätzlich auf dem Spiel stehe. Auch dagegen gelte es zu protestieren. Das „Bremer Friedensforum“ ruft mit dazu auf und wird sich selbstverständlich daran beteiligen!

 

Die Rüstungsindustrie profitiert
von der Wirtschaftskrise

02. 03. 2009 – Die Rüstungsindustrie profitiert von der Wirtschafts­krise! Wer das immer noch nicht glaubt, dem möchte ich folgendes Beispiel nennen: Die Bundesregierung plant, von den 50 Milliarden für das Konjunkturprogramm II Beschaffungsprogramme in Höhe von 500 Millionen Euro für die Bundeswehr abzuzwacken. Davon sollen unter anderem 37 gepanzerte und bewaffnete Tanklastzüge, 34 gepanzerte Dingo-2 Fahrzeuge mit Gefechtsturm und für 22 Millionen Euro schwere Kampfdrohnen gekauft werden. Da bläst auch die Bremer Rüstungsindustrie schon mal kräftig die Freudenfanfare! Mit den Summen, die dort ein Arbeitsplatz kostet, lassen sich locker vier bis fünf Arbeitsplätze im Gesundheits- oder Bildungsbereich schaffen.

Und dann ist da noch die Firma Diehl, ansässig in Nürnberg. Sie liefert ihr tolles G3-Gewehr nicht nur an die Bundeswehr, sondern exportiert es auch in alle denkbaren Krisen- und Kriegsgebiete dieser Welt. Daneben produziert und exportiert sie laufend ihre berüchtigten „Smart 155“, das sind übelste Streumunitionsgranaten! Diese zerfetzen gerade unter der Armutsbevölkerung besonders viele Frauen und Kinder. Diehl bekam von der Bundesregierung eine Sondererlaubnis, obwohl die Produktion international verboten ist. Das im Dezember 2008 von rund hundert Staaten vereinbarte Abkommen zur Ächtung von Streubomben und -munition wurde vor allem von einer weltweiten Koalition von Nichtregierungsorganisationen durchgesetzt. Berlin setzt sich einfach darüber hinweg! Ein Journalist, der es wagte, diesen Tatbestand beim Namen zu nennen, wird von dem Rüstungskonzern demnächst wohl mit der juristischen Keule bombardiert, so die „Tageszeitung“.

Der „Weser-Kurier“ schreibt am Montag dieser Woche, dass jedes dritte Kind in Bremen von Armut betroffen ist und Hilfe benötigt. Das ist zwar nichts umwerfend Neues, aber jetzt wird es mit einem entsprechenden Senatsbericht regierungsamtlich! Von staatlicher Seite hat es bisher in Bremen keinen Armutsbericht gegeben. Wie zu sehen ist, hat Berlin mit Hartz IV auch hier eine Art Streubombe losgelassen! Die Studie soll im Sommer erscheinen und stellt fest, dass es „dramatische Unterschiede“ zwischen Arm und Reich zum Beispiel im Vergleich von Gröpelingen zu Schwachhausen gibt. Insgesamt 16 Ortsteile werden danach als „gefährdet“ bis „prekär“ eingestuft. In manchen Stadtbezirken steigt die Armutsquote auf über 60 Prozent – mit den entsprechend verheerenden Folgen für die Kinder. Die Löhne und Gehälter sind von 2000 bis 2006 um ein Prozent gesunken. Dafür stiegen die Kapital-„Erträge“ der Reichen um satte 23 Prozent!

In ihrem Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien einen Abbau der Armut, vor allem der Kinderarmut versprochen, und nichts ist passiert. Liebe Koalitionäre, wir von der Montagsdemo haben versprochen, euch beim Wort zu packen, euch auf die Finger zu sehen und energisch auf dieselben zu klopfen. Wir tun dies ständig, und wir werden dies auch weiterhin tun! Dafür stehen wir jeden Montag hier!

 

Kulturstaat halb untergraben?

09. 03. 2009 – Der Karneval war kaum vorbei, da stürzte in Köln das gesamte Stadtarchiv in den Orkus. Da fasst mensch sich fassungslos an den Kopf! Und dies, weil sich ein paar „Kölsche Oberjecken“ mit einer durch Sozialkahlschlag erkauften U-Bahn-Trasse schon zu Lebzeiten ein Denkmal setzen wollen. Zwei Men­schenleben und Millionenwerte an unersetzlichen Kulturgütern fielen diesem Größenwahn zum Opfer, nur damit später die Pendler ein paar Sekunden Zeit einsparen. Ist es das wirklich wert? Wie jetzt langsam durchsickert, sind die Verantwortlichen mit ihrem U-Bahn-Projekt im wahrsten Sinne des Wortes bodenlos leichtsinnig umgegangen und haben dabei wohl sämtliche geologischen Unwägbarkeiten und Sicherheitsmaßnahmen außer Acht gelassen. Die Stadt Köln steht hier voll in der Verantwortung! Sie war übrigens schon zur Römerzeit besiedelt und ist eine der ältesten Städte überhaupt. Entsprechend umfangreich war auch das historische Archiv. Eines scheint allerdings sicher: Solch ein Desaster wäre den alten Römern nicht passiert!

Nicht in der Römerzeit, aber schon 1952 wurde der Bremer Sendesaal erbaut. Das Fundament und die Bausubstanz sind noch heute genauso gut wie damals! Der Saal war ein Geschenk der damaligen Besatzungsmacht USA an „Radio Bremen“ und die Stadt. Doch ganz uneigennützig dürfte dieses Geschenk wohl nicht gewesen sein. Jahrelang vom Abriss bedroht, stellte jetzt die Stadt den Sendesaal nach langem Hin und Her wieder unter Denkmalschutz. Viele Bremerinnen und Bremer und vor allem Klaus Hübotter retteten den Saal vor der Abrissbirne zweier profitgieriger Immobilienhaie, während die Leitung von „Radio Bremen“ einem Exitus jahrelang zustimmte. Der „Weser-Kurier“ schreibt an diesem Montag: „Da hatte man in einigen Chefetagen schon lustvoll von der Abrissbirne geträumt, aber die Bürgerinitiative ‚Freunde des Sendesaales‘ brüllte Protest, kämpfte und steht heute als Löwe des Tages da.“

Gestern nun fand ein eindringliches Wiedereröffnungskonzert mit Bremer und internationalen Künstler­(inne)n statt. Auch eine Art „Ode an den Sendesaal“ war dabei. Am Schluss spielten Mitglieder der „Kammerphilharmonie Bremen“ und der „Bremer Philharmoniker“ ein Werk von Peter Tschaikowsky. Eingeladen waren etwa 150 Menschen. Als Rahmenprogramm gab es kleine Häppchen, eine gelöste Stimmung und verschiedene Getränke. Peter Schulze, Vorsitzender der „Sendesaal-Freunde“, und Klaus Hübotter lobten mir gegenüber ausdrücklich den Anteil der Bremer Montagsdemo am Rettungserfolg! Totgesagte leben länger, und es zeigt sich einmal mehr, dass hartnäckiger Widerstand und andauernde Proteste doch etwas bewirken. Das gibt Hoffnung, dass auch wir als Montagsdemo auf unserem ureigensten Sektor etwas erreichen können!

 

Der Bedrohungspopanz nützt dem militärisch-ökonomischen Komplex

16. 03. 2009 – Bundeswehr und Nato greifen immer stärker auch ins Gesundheitswesen ein. Dies geht aus dem jüngs­ten Bericht von „German Foreign Policy“ hervor, und davon dürfte auch das Bremer „Rote-Kreuz“-Krankenhaus betroffen sein, das bereits im Jahr 2000 ins Visier der Streitkräfte geriet. Was jetzt vorgesehen und schon verwirklicht ist, kann nur als ein regelrechter Angriff auf die Zivilgesellschaft insgesamt gesehen werden! Seinerzeit wurde zwischen der Delmenhorster Lazarettgruppe und der Neustädter Klinik ein sogenannter Partnerschaftsvertrag geschlossen („Bremer Anzeiger“ vom 2. Dezember 2000). Das „Rote-Kreuz“-Krankenhaus war als spezielle Schmerzbehandlungsklinik schon damals als „kriegswichtig“ eingestuft worden und dementsprechend in die zivil-militärischen Planungen eingebunden.

Jetzt wird das Sch(r)äuble noch weiter angezogen! Offenbar rechnet das „Bun­desamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit Gegenschlägen im Inland – hervorgerufen durch die jahrelangen Auslandseinsätze der Bundeswehr. Im Zuge der strategischen Neuausrichtung der Nato wurden und werden Bundeswehr und Krankenhäuser mit diversen anderen Hilfsorganisationen, Polizei, Feuerwehr, Heimatschutzverbänden, Geheimdiensten und so weiter aufs Engste vernetzt, um der sogenannten asymmetrischen Bedrohung als Reaktion auf die Auslandseinsätze besser begegnen zu können. Die Bundeswehr versucht schon seit Langem – siehe Schulen und Argen – militärisches Denken tief in der Gesellschaft zu verwurzeln.

Analog zur allgegenwärtigen Privatisierung von Krankenhäusern, Krankentransporten, Sanitäts- und Bewachungsdiensten entsteht jetzt ein mi­li­tä­risch-öko­no­mi­scher Komplex, aus dem Konzerne und Firmen ihren unmittelbaren Profit ziehen! Berlin weitet also die Kriegsvorbereitungen nicht nur auf „Gegenschläge“, sondern auch auf Massenproteste immer weiter aus. Man habe im Inland mit Kriegs- und Bürgerkriegssituationen „am Rande des Vorstellbaren“ zu rechnen, heißt es beim zuständigen BBK. Dort wird unter Anderem an Anschläge mit Spreng- und Brandvorrichtungen gedacht, die zur Freisetzung atomarer, biologischer oder chemischer Kampfstoffe führen könnten. Solche Angriffe würden nicht nur das Gesundheitswesen insgesamt schwer belasten, so die Behörde, sondern auch Kran­ken­häu­ser selbst zum Ziel haben. Hier wird also ein gewaltiger Bedrohungspopanz aufgebaut, um die in jüngster Zeit verschärften Kriegsvorbereitungen besser rechtfertigen zu können!

Das Führungspersonal deutscher Krankenhäuser wird aufgefordert, enger mit den Repressionsbehörden und der Bundeswehr zusammenzuarbeiten. Die Klinikleitungen sind gehalten, sowohl eine „Gefahrenanalyse“ als auch eine „Verwundbarkeitsanalyse“ der eigenen Einrichtung vorzunehmen. Das Bundesland Hessen reitet da übrigens vorneweg! Im Universitätsklinikum Frankfurt am Main wird im Falle einer Bedrohung die Evakuierung von Bettenstationen angeordnet. Besonders zynisch: Vom dienstältesten Abteilungsarzt wird verlangt, dass er zunächst nur Kranke und Verletzte „mit höchster Überlebenschance“ rettet!

Bundesweit soll eine entsprechende „Projektgruppe“ eng mit Polizeidienststellen, Landeskriminalämtern und der Bundeswehr zusammenarbeiten. Gleichzeitig werden die Institutionen über ein „sa­tel­li­ten­ge­stütz­tes Warn­sys­tem des Bundesamtes miteinander verzahnt. So kann bei Bedarf sogar steuernd und lenkend in die Berichterstattung der Massenmedien eingegriffen werden. Der großdeutsche Rundfunk unseligen Angedenkens lässt grüßen – und wenn die Faschisten schon so weit gewesen wären, hätten sie das auch gemacht. Nur damals war ein gewisser Wernher von Braun noch nicht so weit! – Am 4. April 2009 feiert die Nato ihr 60-jähriges Bestehen. Machen wir den Kriegstreibern einen dicken Strich durch die Rechnung!

 

Die Bekämpfung der Menschen in den Bundeswehr-Einsatzgebieten

23. 03. 2009 – In meinem Redebeitrag vom 16. März 2009 ging es um die Militarisierung des Krankenhauswesens auch in Bremen. Heute beschäftige ich mich mit der sogenannten Aufstandsbekämpfung in den Einsatzgebieten der Bundeswehr. Wie „German Foreign Policy – Informationen zur deutschen Außenpolitik“ berichtet, werden die Streitkräfte für ihr Vorgehen speziell gegen Protest- und Widerstandsbewegungen zunehmend mit Waffen ausgerüstet, die angeblich nicht tödlich wirken. Sie sollen den Gegner „nur“ vorübergehend lähmen und damit kampfunfähig machen.

Das Berliner Rüstungsministerium plant die Forschung an (und den Einsatz von) Schall- und Mikrowellenkanonen beziehungsweise Elektroschockpistolen, auch „Taser“ genannt. Letztere verschießen 13 Millimeter lange, mit Widerhaken versehene Pfeile, die bis zu zweieinhalb Zentimeter dicke Lederkleidung durchschlagen können und in die Haut eindringen. An den Pfeilen sind Kabel befestigt, die Stromschläge bis zu 50.000 Volt in den Körper jagen und die gesamte Muskulatur für mehrere Sekunden lahmlegen. Mit diesen angeblich nicht tödlichen Waffen sind allerdings laut „Amnesty International“ allein in den USA von 2001 bis 2004 74 Menschen umgebracht worden!

Der Rüstungsriese Diehl untersucht gegenwärtig gemeinsam mit dem „Zentrum für Elektropathologie und Umweltmedizin“ (ZEPU) im nordrhein-westfäli­schen Witten die Möglichkeit einer angeblichen Alternative, nämlich die „Wirksamkeit und Einsatztauglichkeit“ sogenannter Liquid-Taser. Diese verschießen keine Drähte, sondern stromleitende Flüssigkeiten und verursachen damit zumindest keine äußerlich sichtbaren Verletzungen. Während Diehl für die technischen Forschungen verantwortlich zeichnet, gibt sich das ZEPU für die Untersuchung der Gesundheitsgefahren und des „Mortalitätsrisikos“ auf Seiten der Opfer her.

Für diese speziellen Waffengattungen, die vor allem gegen die Zi­vil­be­völ­ke­rung eingesetzt werden sollen, stehen Millionensummen zur Verfügung. Allein die Gesamtkosten der „Taser“-Wei­ter­ent­wick­lung betragen laut Ministerium rund 315.000 Euro. Um eine Beschädigung oder Zerstörung der Infrastruktur in den Kampfgebieten zu vermeiden, gewinnt angeblich der Einsatz von „nicht tödlichen“ Waffen für die Bundeswehr immer mehr an Bedeutung. Neben der Bundeswehr sind die Bundespolizei und die „Sondereinsatzkommandos“ der Landespolizeidienstellen ebenfalls mit „Tasern“ ausgerüstet.

Die Waffen sind Gegenstand einer Konferenz internationaler „Experten für Aufstandbekämpfung“, die noch in diesem Frühjahr stattfinden wird. Veranstalter ist das staatliche „Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie“ in Kooperation mit der „Wehrtechnischen Dienststelle für Schutz- und Sondertechnik“ der Bundeswehr. Die Dienststelle zählt die Erforschung und Erprobung sogenannter nicht tödlicher Waffen zu ihren „Kernkompetenzen“. Um welche Waffen es sich im Einzelnen handelt und welche Bestände es gibt, unterliegt strikter Geheimhaltung! Auch die Polizei hält hier alles unter dem Tisch. Es soll auf dem Symposium vom 11. bis 13. Mai 2009 neben den Einsatzmöglichkeiten in „Aufstandsgebieten“ auch erörtert werden, inwieweit diese Waffen „zum Schutz von Handelsschiffen gegen Piraten und Terroristen“ Verwendung finden können.

Bei der Tagung wird zudem die deutsche Rüstungsindustrie prominent vertreten sein! Vertreter von Diehl zum Beispiel werden über eine neuartige Waffe berichten, die durch elektromagnetische Felder den neuromuskulären Bewegungsapparat des Opfers hemmt. Es geht auf der Konferenz darum, die Verwendung solcher Waffen völkerrechtlich zu legalisieren und um deren Akzeptanz in der Öffentlichkeit zu werben. Es ist davon auszugehen, dass die Einsatzpläne für die angeblich nicht tödlichen Waffen längst in die künftige Gesamtstrategie von EU und Nato eingebettet sind. Es ist auch anzunehmen, dass für deren Einsatz im Innern längst vorgesorgt ist!

In diesen Zusammenhang passt ganz gut der Bericht von Elisabeth zur Überlegung in Jobcentern, Pfefferspray gegen „renitente“ Hartz-IV-Opfer einzusetzen. So gesehen ist Elisabeths sorgenvolle Frage, was denn wohl als Nächstes kommt, mehr als berechtigt!

 

Straßburg, ein Feuermärchen

06. 04. 2009 – Während des Nato-Gipfels am 4. und 5. April 2009 in Straßburg probten Frankreich und die Bundesrepublik schon mal Bürgerkrieg und Ausnahmezustand. Die Szenerie erinnerte an den G8-Gipfel vor fast zwei Jahren in Heiligendamm, wo auch alles abgeriegelt war und sich die teilnehmenden Staatschefs sozusagen selbst eingesperrt hatten. So war es auch diesmal, nur dass alles noch viel schlimmer kam. Die Medien sprachen fast nur noch von „gewalttätigen Chaoten“, die die Sicherheitskräfte sogar ganz fürchterlich mit Handküsschen und Staubwedeln attackiert hätten! Und dann steckten sie auch noch mehrere Gebäude, unter anderem ein Hotel, in Brand. Wer nun wirklich die Brandstifter waren, wird hoffentlich so schnell wie möglich eine eingehende und unabhängige Untersuchung klären.

Dass aber 30.000 Menschen friedlich gegen die Nato und gegen die gewaltige und gewalttätige Polizei- und Militärpräsenz demonstriert hatten, war selbigen Medien wohl irgendwie gar nicht richtig aufgefallen. Der „Weser-Kurier“ war immerhin in seiner Sonntagsausgabe so vorsichtig, nicht von „gewalttätigen Demonst­ranten“, sondern lediglich von „Gewalttätern“ zu schreiben. Das lässt Raum für Interpretationen! Von dieser Zeitung ist mensch ansonsten ja anderes gewohnt.

Schon im Vorfeld gab es massive Behinderungen. So kamen mehr als 20 Busse gar nicht erst in den Zielorten an, und es wurden Menschen aus den Fahrzeugen heraus verhaftet. Angeblich wurden sogar Schusswaffen in den Bussen sichergestellt. Schon während der Demonstrationen waren Einzelheiten in Sachen Polizeibrutalität bekannt geworden. Demozüge sind stundenlang eingekesselt und die Rheinbrücken zwischen Frankreich und Deutschland gesperrt worden. Einigen Demonstranten wurde Tränengas direkt in die Augen gesprüht. Es kamen Hartgummigeschosse zum Einsatz, wobei eine Frau schwer am Bein getroffen wurde. Es ließen sich noch unzählige weitere Beispiele anführen. Die ganze Zeit über dröhnten unablässig Militär- und Polizeihubschrauber über den Kundgebungsplätzen!

Das „Netzwerk Friedenskooperative“ hat die Polizeiwillkür scharf verurteilt. Die Gastgeber des Nato-Gipfels präsentierten sich als Polizeistaaten, die das Demonstrationsrecht systematisch aushebelten. Die Gewaltprognosen deutscher und französischer Behörden, die massiven Einschränkungen sowie das gewalttätige Vorgehen besonders der französischen Einheiten hätten die Militanz begünstigt, so die „Friedenskooperative“. Die große Mehrheit der friedlichen Demonst­ranten sei daran gehindert worden, vielfältigen bunten Protest auf die Straße zu bringen. Blendschockgranaten, Tränengas, Wasserwerfer und Gummigeschosse seien auch gegen friedfertige Demonstranten eingesetzt worden.

Das „Bremer Friedensforum“ schließt sich dem scharfen Protest an und stellt fest, dass Polizei und Staatsmacht beider Seiten auf die Anklagebank gehören! Die Verstöße gegen die Verfassungen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Frankreich seien der schwerwiegende, aber auch zigfach zu belegende Anklagepunkt. Wir betonen, dass es nur dem friedlichen und verantwortungsvollen Verhalten der Demonstrierenden zu verdanken ist, dass die bewussten Provokationen der Polizei nicht aufgegangen sind. Wir haben demonstriert, dass wir das Ziel, für das wir kämpfen, auch vorleben! Wir bleiben dabei: Der Protest gegen die Nato ist legitim, gerechtfertigt und notwendig! Er muss ausgeweitet und fortgesetzt werden, national und international. Der nächste Schritt dazu sind die Ostermärsche. Kommt und beteiligt euch!

 

Der diesjährige Ostermarsch
war eine „runde Sache“

20. 04. 2009 – Heuer spielte auch das Wetter mit. Immerhin waren wieder etwa 300 Menschen zur Hauptkundgebung auf den Marktplatz gekommen. Das waren zwar nicht „die Massen“, wie wir sie uns übrigens auch für die Montagsdemo wünschen würden. Aber immerhin zeigen die Teilnehmer(innen)zahlen, dass das Thema Frieden keineswegs „out“ ist. Schon die Auftaktkundgebung auf dem Ziegenmarkt war gut besucht, und unterwegs schlossen sich noch zahlreiche weitere Menschen an. Das Presseecho war dementsprechend „gemäßigt positiv“! Die österliche Friedenstaube zu rupfen, blieb der „Kreiszeitung“ vorbehalten: In ihrer Sonntagsausgabe vom 12. April 2009 sprach sie schon in der Überschrift geringschätzig von einer „Kundgebung mit gut 100 Aufrechten“.

Im nachfolgenden Text schien es ihr dann besonders wichtig zu betonen, dass es ein „allgemeines Desinteresse“ vor allem am Beitrag der Hauptrednerin gegeben habe. Die Menschen hätten lieber einem Gaukler zugesehen. Viele Passant(inn)en hätten mit ihren Handys Verabredungen getroffen und die nächsten Schuheinkäufe besprochen, statt den Ostermarsch-Beiträgen zu lauschen. Genau an dieser journalistischen Ignoranz bestätigt sich, was die Medienwissenschaftlerin Doktor Sabine Schiffer aus Erlangen im Verlauf ihrer Rede mit zahlreichen Beispielen untermauerte: Die Tatsache nämlich, dass die Gehirnwäsche täglich an Intensität zunimmt und die Medien dabei als Propagandavehikel die wichtigste Rolle spielen. Natürlich kamen solche Passagen in dem Bericht nicht vor, weil der ach so bedauernswerte Mensch von der „Kreiszeitung“ extrem abgelenkt war und nicht richtig zugehört hatte. Die vor-österlichen Handy-Gespräche fand er wohl spannender!

Zuvor hatte Ekkehard Lentz vom „Friedensforum“ auf dem Ziegenmarkt die Teilnehmer(innen) begrüßt und einige Interviews gemacht. Bei der Gelegenheit schilderte Barbara Heller kurz ihre erschreckenden Erlebnisse auf der Demo in Straßburg. Auf dem Marktplatz hielt Hartmut Drewes die Eröffnungsansprache, stellte zu Beginn die Rednerin vor und verurteilte die Straßburger Polizeiaktionen ebenso wie die Brandstiftungen. Diese wurden übrigens von dem Polizeiaufgebot nicht verhindert, obwohl es nicht weit davon entfernt massiv präsent war. Hartmut Drewes ging noch einmal auf die kriegerischen Verbrechen der Nato in Afghanistan und Irak ein, die um der Ressourcen willen begangen werden, und stellte fest: „Da werden nicht nur Gebäude zerstört, da werden Menschen vernichtet und verkrüppelt, Tag für Tag, zum Beispiel mit Hilfe von Drohnen, die von Bremer Rüstungsbetrieben hergestellt werden.“ Er schloss mit den Forderungen des Friedensforums: Rückzug der deutschen Truppen aus Afghanistan, Entfernung aller Atomwaffen aus Deutschland, Umstellung der Rüstungsproduktion auf Zivilproduktion, kein Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide, Auflösung der Nato und gerechter Frieden im Nahen Osten. Der könne nur mit einem Ende der israelischen Besatzung erreicht werden.

Sabine Schiffer forderte speziell einen verantwortlichen Friedensjournalismus ein. Unter dem Redetitel „Für Krieg gibt es keine Rechtfertigung“ prangerte sie am Beispiel des Fernsehsenders „Phoenix“ die Heuchelei, Arroganz und oft willkürlichen Zensurmaßnahmen der Medien an. Kriegspropaganda auf allen Kanälen gebe es massenhaft, wobei Gründe und Ursachen hierfür nach Kräften verdreht und schöngeredet würden. Derlei massive Propaganda sei offensichtlich nötig, denn die Mehrheit der Deutschen wolle keinen Krieg und glaube auch nicht, dass unsere Sicherheit zum Beispiel „am Hindukusch“ verteidigt werden müsse. Unsere Medien trügen die selbstanmaßende Rolle der Nato willfährig mit. Am Beispiel des Krieges gegen Jugoslawien erläuterte und entlarvte sie die Lügenkampagnen von Politik und Medien gründlich.

Auch US-Präsident Obama bekam sein gehöriges Stück Fett ab: „Sein Doublespeak, seine mehrdeutigen Formulierungen – wie auch die aktuelle Schaumschlägerei um eine Atomwaffenabrüstung bei gleichzeitigem Plädoyer für mehr Abwehrtechnologie – sollten unser aller Alarmglocken klingen lassen!“ rief sie unter Beifall der Umstehenden aus. Wir sollten unter anderem nicht erfahren, dass der Atomkrieg bereits in vollem Gange sei, indem große Teile der Nato-Kriegsgebiete mit bunker- und panzerbrechender uranhaltiger Munition – einer deutschen Erfindung – verseucht werden, die eine Halbwertzeit von viereinhalb Milliarden Jahren hat. Und wir sollten auch nicht erfahren, dass Deutschland wegen der in Büchel lagernden Nuklearwaffen Atommacht sei. Sabine Schiffer schloss ihre Rede mit den Worten „In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin Klarheit, die Dinge beim Namen zu nennen, und die Gewissheit, sie im friedlichen Sinne zu verändern!“ – Beide Redebeiträge werden übrigens in Kürze in einer kleinen Broschüre erscheinen, die beim „Bremer Friedensforum“ erhältlich sein wird.

 

Von noch einer Demo ist hier zu berichten: Am 15. April versammelten sich spontan etwa 300 empörte Menschen an der verkehrsreichen Kreuzung Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße und blockierten diese für etwa 20 Minuten („Stadtteilkurier“ vom 20. April 2009). Aufgerufen hatten die „Bürgerinitiativen für eine menschengerechte A 281“. Anschließend bewegte sich der Zug in Richtung Sankt-Markus-Gemeinde am Arsterdamm, wo eine kurze Abschlusskundgebung stattfand. Grund war die plötzliche Absegnung eines geplanten „Monsterknotens“ als Anbindung an die Autobahn bei Brinkum durch den Senat. Dieser Drei-Etagen-Betonkoloss würde die gewachsenen Strukturen des Stadtteils komplett zerstören.

Mit dem Beschluss hat der „grüne“ Bau- und Umweltsenator Reinhard Loske, der alles vergaß, woher er mal kam und wofür er stand, uns Betroffenen ein besonders schwarzes Osterei ins Nest gelegt! Der Sprecher der Initiativen, Norbert Breeger, erklärte, dass sich Loske „dafür entschieden habe, in Kattenturm und Huckelriede dauerhafte Verwüstungen anzurichten:“ Das Nachhaltigkeitsprinzip werde so interpretiert, dass es darum gehe, möglichst nachhaltige Schäden anzurichten. Wohngebiete und Menschen würden systematisch kaputtgemacht. Da auch ich in dem betroffenen Stadtbereich wohne, beteiligte ich mich spontan an der Demonstration!

Hintergrund: Mit dem Bauabschnitt 2.2 soll dieses Monstrum vor Huckelriede mitsamt einer Querspange als zusätzlicher Autobahnabfahrt in die Wohngebiete hinein entstehen. Ihre Hauptaufgabe soll darin bestehen, in wenigen Jahren als Anknüpfungspunkt für den Bauabschnitt 5 zur Autobahn A 1 nach Brinkum zu dienen. Damit werden schon jetzt die Weichen für eine Trasse quer durch das Wohn-, Kleingarten- und Erholungsgebiet „Wolfskuhle“ gestellt und nicht für den im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Tunnel unter dem Flughafen hindurch. Die Bürgerschaft hatte für diese im Vergleich zum Monsterknoten weniger umweltfeindliche Alternative votiert, denn Kattenturm und Huckelriede blieben dann verschont.

Die „Bürgerinitiativen für eine menschengerechte A 281“ plädieren für eine Gesamtplanung der A 281 vom Neuenlander Ring bis zum Hornbach-Gelände und unter dem Flughafen hindurch zur A 1 bis Brinkum. Dies würde auch den Bund als zuständigem Finanzier erheblich weniger kosten. Die Bürgerinitiativen wollen vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig als zuständigem Gericht klagen. Weitere Klagen soll es von den von Enteignung bedrohten Landwirten an der Neuenlander Straße und den Lärmbetroffenen aus Huckelriede geben. Am 28. April 2009 um 20 Uhr wird eine Bürger(innen)versammlung in der Sankt-Markus-Gemeinde stattfinden, wo das weitere Vorgehen beschlossen werden soll. Mittlerweile macht die Handelskammer, die Bürgermeister Böhrnsen vor ihren Karren gespannt hat, gewaltig Druck für den „Monsterknoten“ („Weser-Kurier“ vom 22. und 23. April). Solidarisieren wir uns mit den Betroffenen!

 

Von diesem Abend muss
ein Signal ausgehen!

27. 04. 2009 – „Nein zum Monsterknoten, nein zur Querspange. So nicht! Aber ja zur Tunnellösung“ stand auf dem Transparent, das an der Stirnseite des großen Sankt-Markus-Gemeindesaals prangte. Diese Kirche im vorderen Kattenturm steht übrigens wegen ihrer eigenen Betroffenheitssituation voll auf unserer Seite. An den Fenstern klebten zahlreiche Din-A-3-Blätter mit der Aufschrift „Wir sind das Volk!“

Entsprechend kämpferisch war im Saal die Stimmung der etwa 300 Anwohner(innen), die am 28. April 2009 dem Aufruf der „Bürgerinitiative für eine menschengerechte A281“ gefolgt waren. Wobei sich mir die Frage stellt, was an einer Autobahn überhaupt „menschengerecht“ sein kann! Einige Tage zuvor hatte es bereits eine Demo mit ebenfalls gut 300 Beteiligten auf der Kreuzung Neuenlander Straße/Kattenturmer Heerstraße gegeben.

Eingeladen waren unter anderem Martin Güldner (Grüne), Karsten Sieling (SPD) und Georg Arndt („Die Linke“), die der Initiative Rede und Antwort stehen mussten. Die „Tageszeitung Bremen“ schreibt am 30 April 2009 anerkennend: „Wie Volkstribune luden die Sprecher der Bürgerinitiativen die Fraktionssprecher regelrecht vor. In einer faszinierenden Weise führen sie den Politikern auch vor, wie deren Verwaltung in Bremen funktioniert.“

Die Sprecher Norbert Breeger und Jens Körber schilderten zuvor noch einmal eindringlich das wahnwitzige Planungschaos im Zusammenhang mit der A281, das im Bauabschnitt 2.2 das völlig unsinnige Betonmonstrum und die „Querspange“ nach Brinkum direkt vor unserer Haustür vorsieht. Diese Planung habe System, schreibt die „Tageszeitung“ weiter. Offensichtlich sei das verkehrspolitische Durcheinander bewusst provoziert worden, weil sich nur so der „Monsterknoten“ rechtfertigen lasse. Die eingeladenen Politiker betonten, dass ihre Fraktionen in der Bürgerschaft die bestehenden Planungen ebenfalls nicht gutheißen könnten, aber es wurde leider auch viel herumgeeiert.

Die Alternativen, die es durchaus gibt, wurden ebenfalls ausführlich diskutiert. Die Klagen gegen das Monsterprojekt sollen bis Mitte Mai auf den Weg gebracht werden, und im Mai wird es zur nächsten Senatssitzung auch einen „Besuch im Rathaus“ geben. „Von diesem Abend muss ein Signal ausgehen“, betonten Breeger und Körber, die gleichzeitig eine Spendensammlung organisiert haben. Die Chancen für eine gerichtliche und politische Ablehnung stehen nicht schlecht, weil der Widerstand zunehmend vernetzt wurde und in letzter Zeit enorm viel Fahrt aufgenommen hat. Hoffen wir, dass das so bleibt!

 

Die Vernebelung der Gehirne

04. 05. 2009 – Die Begeisterung mancher Kommentatoren über die Mai­kund­ge­bungs­rede von Michael Sommer kann ich nicht nachvollziehen. Starke Worte machen noch keine neue Politik! Wenn er zum Beispiel die Bankmanager „gierige Männer“ nennt und ausruft „Wir lassen uns nicht die Hirne vernebeln“, dann klingt das für mich wenig überzeugend. Gehört er doch selber nicht gerade zu den Ärmsten!

Politik und Gewerkschaften hätten „einen ganz guten Job gemacht“, um die Menschen vor der Krise zu „schützen“. Welche Menschen, die Milliardäre? Bisher sahen wir nur die „Schutzschirme“ für die Großbanken und Konzerne! Fragen Sie doch mal die Hartz-IV-Betroffenen, all die prekär Beschäftigten, die Leih­arbeiter­(innen), ob die das mit dem „guten Job“ genauso sehen, Herr Sommer! Sie fordern zwar unter anderem, dass die Verursacher mit ihrem Privatvermögen haften sollen, Sie fordern eine Börsenumsatzsteuer, eine deutliche Erhöhung der Erbschaftsteuer und die volle Versteuerung von Kapitalerträgen. Sie fordern auch eine Aufstockung der Hartz-IV-Regelsätze. Das klingt erst mal alles gut – aber nur vordergründig! Sie legen sich weder auf einen Zeitpunkt, noch auf konkrete Prozentzahlen oder Summen fest. Beim Mindestlohn ist es genauso, auch hier bleiben Sie vage und unverbindlich!

Eine „Vernebelung der Gehirne" sehe ich in Ihrer Rede, um die Mitglieder bei der Stange zu halten, und vor allem sehe ich darin eine indirekte Wahlkampfhilfe für die SPD! Es reicht auch nicht, für die Bildung nur mehr Geld auszugeben. Dazu gehört viel mehr! Wir brauchen ein umfassend neues, menschengerechtes Bildungssystem – wie in Finnland beispielsweise –, das stressfrei funktioniert, niemanden ausgrenzt und niemanden privilegiert! Berufsfremde Aushilfslehrer auf Ein-Euro-Basis sind ein völlig falsches Signal! Und vor allem in den Schulen keine Werbung für die Bundeswehr! Zum Thema Rüstung und Kriegseinsätze haben wir von Ihnen leider auch nichts gehört.

Pseudo-kämpferisch sind Sie gegen die neoliberale Politik losgesprungen, Herr Sommer, aber es ist anzunehmen, dass Sie schon bald als „Bettvorleger“ in den berühmten Berliner Kungelrunden landen werden!

 

Dort wird auch manch fettes Rüstungsgeschäft eingefädelt. Meist mit von der Partie ist der Bremer Werftenchef Friedrich Lürssen, Vorsitzender des Ausschusses „Verteidigungswirtschaft“ im „Bundesverband der Deutschen Industrie“. So wurden zum Beispiel 2008 alle derzeitigen und zukünftigen Kriegsschiffsaufträge in einer „Gemeinsamen Erklärung“ des Rüstungsministeriums mit dem BDI unter Federführung Lürssens abgesprochen! Noch zu Schröders Zeiten sind fünf Korvetten vom Typ K130 für die Bundesmarine geordert worden. Sie wurden von Lürssen gemeinsam mit den Firmen Thyssen-Nordseewerke und Blohm & Voss gebaut und lösen die langsam veraltenden Schnellboote ab. Die „Braunschweig“ und die „Magdeburg“ sind bereits im Besitz der Bundeswehr.

Alle fünf Korvetten verfügen über die allermodernste Bewaffnung. Es handelt sich dabei unter anderem um den deutsch-schwedischen Marschflugkörper RBS15-MK3 mit einer Reichweite von 200 Kilometern, der nach Herstellerangaben sogar auf 400 Kilometer ausgedehnt werden kann. Damit werden beispielsweise sämtliche Hauptstädte der Küstenländer Afrikas und sogar die Städte Damaskus und Pjöngjang beschießbar. Der Sprengkopf enthält 200 Kilogramm TNT, und die Zielgenauigkeit liegt im Meterbereich. Marineinspekteur Wolfgang Nolting schätzt, dass auf diese Weise 75 Prozent der Menschheit in den Zielbereich deutscher Korvetten gerät!

Die fünf Korvetten werden laut Streitkräfte-Konzeption zusammen mit anderen Kriegsschiffen den „Schnellen Eingreiftruppen“ von EU und Nato zugeordnet. Es wird sogar schon das Nachfolgeprojekt geplant: Die Korvette K131, die sich als noch teurer, noch effektiver und in ihrer Wirkung als noch verheerender erweisen könnte. Sie ist laut aktuellem Bundeswehrplan für die Zeit nach 1916 vorgesehen. Veranschlagt sind die neuen Korvetten mit zurzeit etwa einer Milliarde Euro – vorläufig, denn es erscheint absehbar, dass sich die Kosten durch die zahlreichen Folgewirkungen der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise und weiterer bisher nicht absehbarer Faktoren deutlich erhöhen können.

Noch dickere Geschäfte werden mit dem Fregattenbau gemacht. Konzeptionell sind Fregatten und Korvetten auf das Engste miteinander verbunden. Kriegsschiffskapitän Klaus Mannhardt entwarf schon Mitte der 1990er Jahre das Konzept, wonach die Korvette dem gesamten Einsatzverband ein Handlungsspektrum eröffnet, das den „Verbund des Überwasserkrieges von der hohen See bis in die Küste hinein verwirklichen kann.“ Die Lürssen-Werft war schon wesentlich am Bau der drei Fregatten F124 beteiligt. Die Teuerungsrate mitgerechnet, kostet jedes dieser Mordmonster etwa 733 Millionen Euro. Krisenhafte Entwicklungen wie in der übrigen Weltwirtschaft sind daher bei Lürssen kaum zu erwarten, denn auf die F124 folgt bereits die F125.

Diese Fregatten werden von einer „Arbeitsgemeinschaft F125“ gebaut, die aus Lürsssen und dem Werftenkonsortium TKMS besteht, einem Dach, unter dem die Werft HDW in Kiel und die beiden Thyssen-Krupp-Werften in Emden und Hamburg zusammengeschlossen sind. Sie bilden den europäischen Werftenverbund Thyssen-Krupp Marine Systems mit Zentrale in Hamburg. Die Kosten für die vier neuen Fregatten summieren sich derzeit auf insgesamt 2,7 Milliarden Euro, das heißt 675 Millionen Euro pro Schiff. Wie wir sehen, machen die norddeutschen Kriegsschiffswerften auch in diesen Krisenzeiten ungeheuerliche Profite!

 

Für eine deutsche Friedenspolitik“ lautet der Aufruf des „Bremer Friedensforums“ zu einer Demonstration während des Deutschen Evangelischen Kirchen­tages in Bremen. Die Demonstration findet am Samstag, dem 23. Mai 2009, statt. Sie wird um 11 Uhr am Ziegenmarkt (Vor dem Steintor) beginnen. Für die Schlusskundgebung um 12 Uhr am Hillmannplatz hat als Hauptredner der Psychologe und Theologe Eugen Drewermann zugesagt. Das „Bremer Friedensforum“ ist auf dem Kirchentag unter anderem auch im „Diakonischen Dorf“ auf dem Liebfrauenkirchhof vertreten. Um 14:30 Uhr spricht Lühr Henken dort zum Thema „Rüstung in Bremen: Statt Waffen Brot für die Welt!“

Innensenator Ulrich Mäurer will die Obdachlosen für die Dauer des Kirchentages aus der Bremer Innenstadt vertreiben. Die „Bild“-Zeitung leistet als Hetzvehikel schon seit Tagen Beihilfe hierzu und bringt Ulrich Mäurer im Originalton: „Die betrunkenen Obdachlosen müssen weg!“ Die „Bremer Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit“ protestieren schärfstens gegen diese diskriminierende, unmenschliche und zutiefst unchristliche Willkür, die auch Jesus von Nazareth mit Sicherheit öffentlich angeprangert und verurteilt hätte!

Der Deutsche Evangelische Kirchentag in Bremen steht bekanntlich unter dem Motto „Mensch, wo bist du?“ Die Antwort von Geringverdiener(inne)n, Hartz-IV-Betroffenen und Obdachlosen könnte lauten: „Ihr werdet uns nicht finden, denn uns Arme habt ihr mit zu hohen Eintrittspreisen für eure Veranstaltungen ausgegrenzt und diskriminiert. Die Obdachlosen unter uns wurden aus der Stadt geworfen!“

Die Kirchentagsleitung sollte sich, wenn sie glaubwürdig bleiben will, eindeutig auf die Seite der Armen und ihrer Grundrechte beraubten Menschen hier in der Stadt stellen! Sie sollte sich dafür einsetzen, dass die Eintrittspreise deutlich gesenkt werden! Sie sollte sich besonders dafür einsetzen, dass keine Obdachlosen aus der Innenstadt vertrieben werden! Von Innensenator Ulrich Mäurer fordern wir die sofortige Rücknahme des Vertreibungsbeschlusses gegen die Obdachlosen!

 

Wehrkunde für Kindersoldaten

11. 05. 2009 – Die Bundeswehr ist unersättlich nach immer neuem Kanonenfutter. Deshalb umwirbt sie jetzt auch schon Kinder! 20.000 junge Frauen und Männer braucht sie dem aktuellen „Weißbuch 2006“ zufolge jährlich. Mit dem Slogan „Spaß und Action garantiert!“ wirbt die Truppe in diesem Jahr für ein umfangreiches Jugendsportprogramm. Über 1.000 Kinder und Jugendliche können an einem großen kostenlosen Sportturnier teilnehmen. Der erste Wettkampf fand vom 8. bis 10. Mai 2009 in der Bundeswehr-Sportschule bei Münster statt, und weitere Turniere werden an der Heeres-Offiziersschule Dresden und im Marinestützpunkt Wilhelmshaven folgen.

Dass die Bundeswehr ganz junge Menschen anwirbt, hat System. Auch am neunten bundesweiten „Girls’ Day“ warben die deutschen Militärs gezielt Minderjährige! Die Armee beschränkt das Alter zwar offiziell auf 14 bis 16 Jahre, aber durch einen Bericht der Militärzeitschrift „Aktuell – Zeitung für die Bundeswehr“ kam heraus, dass auch elfjährige Mädchen „umworben“ werden. Dabei hatten wir doch bisher immer gedacht, Kindersoldaten seien ein Phänomen der Dritten Welt!

Das Anwerben von Kindern beim „Girls’ Day“ war kein Einzelfall. Beim Heer „testeten“ 40 Mädchen das Üben der Fallschirmspringer bei der Luftlandebrigade in Merzig. Es ist jedoch zu befürchten, dass unter den rund 7.800 Mädchen, die an diesem Tag bundesweit an Armeeveranstaltungen teilnahmen, noch weitaus mehr Kinder waren. Das Anwerben für den Dienst an der Waffe beschränkt sich nämlich nicht nur auf Anlässe wie den „Girls’ Day“!

Die Streitkräfte machen auch die Schüler­(innen)-Publizistik für ihre Zwecke nutzbar. Das betrifft vor allem die überall in der Bundesrepublik verbreitete Schüler­(innen)zeitung „Spießer“ mit rund einer Million Auflage. Die Leser sind zwischen 14 und 22 Jahre alt. Erstmals erschien 2007 in der damals mit einer Auflage von 300.000 Exemplaren verbreiteten Zeitung eine ganzseitige Anzeige der Bundeswehr. Zwischen der sattsam bekannten „Bravo“ und der Armee scheint sogar eine weitgehende Kooperation stattzufinden, denn unter anderem wurden im vorigen Jahr 20 Teilnehmer­(innen) für die „Bundeswehr-Adventure-Games“ – also einem Abenteuerurlaub – gesucht.

2009 sollen 6.526 Schulen angeschrieben und zu Bun­des­wehr-Wer­be­ver­an­stal­tun­gen eingeladen werden. Die Bundesrepublik höhlt auf diese Weise das Zusatzprotokoll der UN-Kin­der­rechts­kon­ven­tion aus, wonach Kinder unter 16 Jahren nicht vom Militär geworben werden dürfen. Das volle Ausmaß der Anwerbung von Kindern und Jugendlichen ist allerdings schwer zu überblicken, weil die Bundeswehr so manche Veranstaltung als harmlose „Sportübung“ tarnt. All dies sind Gründe genug für einen andauernden Protest!

 

Für eine deutsche Friedenspolitik

18. 05. 2009 – „Für eine deutsche Friedenspolitik“: So lautet der Aufruf des „Bremer Friedensforums“ und der DFG-VK Bremen für die Demonstration auf dem Kirchentag in Bremen. Beginn ist am Samstag, dem 23. Mai 2009, um 11 Uhr auf dem Ziegenmarkt, und die Schlusskundgebung findet mit Doktor Eugen Drewermann um 12 Uhr auf dem Hillmannplatz statt.

In dem Aufruf heißt es unter anderem: „Die Demonstration setzt sich für eine deutsche Außenpolitik ein, die der Abrüstung, zivilen Konfliktlösungen und der Völkerverständigung dient. Zu unseren Forderungen gehört auch, dass die Verträge mit den USA annulliert werden, die die Kriegsführung durch Überflugrechte, Militärbasen und Lagerung von Atomwaffen auf deutschem Boden und andere Unterstützungsmaßnahmen fördern.“

Wir werden auch speziell gegen die Bremer Rüstungsbetriebe demonstrieren und mit Nachdruck eine Umstellung auf Zivilproduktion fordern. Unsere neue Dokumentation „Rüstungsstandort Bremen – ‚Erlebnisland‘ als Lieferant der Zutaten für Kriege“ wollen wir auf dem Kirchentag eifrigst unter die Leute bringen.

Das „Friedensforum“ und die DFG-VK-Grup­pe Bremen betreiben von Donnerstag bis Samstag einen doppelten Infostand auf dem „Markt der Mög­lich­kei­ten“. Der Stand befindet sich im Schuppen 1 in der Über­see­stadt an der Konsul-Smidt-Straße.

Das „Friedensforum“ ist unter anderem noch im „Diakonischen Dorf“ auf dem Liebfrauenkirchhof vertreten. Am Samstag, dem 23. Mai 2009, spricht dort um 15 Uhr Lühr Henken zum Thema „Rüstung in Bremen: Statt Waffen Brot für die Welt!“

Es gibt übrigens etwas Erfreuliches aus der Kyritz-Ruppiner Heide zu berichten: Der „Kurier am Sonntag“ schrieb, dass ein „Bombodrom“ dort immer fraglicher werde. Der Petitionsausschuss des Bundestages will am 27. Mai 2009 eine Beschlussempfehlung verabschieden, die sich laut einer Meldung der „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ gegen die Pläne der Bundeswehr wendet. Sollte sich der Bundestag dem Votum wie üblich ohne Debatte anschließen, wäre dies ein großer Erfolg der örtlichen Anwohner(innen) und der bundesweiten Friedensbewegung!

 

Seltsam: In Sachen Vertreibung von Obdachlosen bei billigender Haltung der Kirchentagsleitung ist jetzt plötzlich alles ganz anders! Vor Kurzem gab es noch einen Bericht in der „Tageszeitung Bremen“ über die grob volksverhetzenden Äußerungen von Innensenator Ulrich Mäurer in der „Blöd“-Zeitung sowie über eine zustimmende Reaktion aus höchsten Kreisen des Kirchentages. Die Grünen protestierten prompt mit einer Pressemitteilung, was mal positiv zu bewerten ist! Von der Initiative „Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit“ gab es ebenfalls eine Protesterklärung, die zugleich die Forderung nach einer deutlichen Preissenkung für die Veranstaltungen enthielt.

Auch unsere Mitstreiterin Bettina Fenzel hatte in einem Offenen Brief an den Kirchentag protestiert und außerdem eine drastische Senkung der überhöhten Eintrittspreise gefordert. Nun kommt ein seltsames „Dementi“: Laut einem persönlichen Antwortschreiben der Kirchentagsleitung an Bettina habe Mäurer brieflich gegenüber der Generalsekretärin Ellen Ueberschär beteuert, dass Medienberichte über die Vertreibung der Obdachlosen „jeder Grundlage entbehrten“. Katja Tamchina vom Kirchentag wörtlich: „Für diese Klarstellung sind wir sehr dankbar.“

Weiter heißt es in dem Brief: „Ich versichere Ihnen, dass eine Vertreibung von Obdachlosen anlässlich des Kirchentages nicht in unserem Sinne ist. Wir nehmen diese Stadt wahr und verschließen nicht die Augen vor ihrer sozialen Wirklichkeit. Wir möchten allen Menschen, die am Kirchentag interessiert sind, eine Teilnahme ermöglichen. Wenn jemand unsere Veranstaltungen besuchen möchte und sich nicht in der Lage sieht, den Beitrag für eine ermäßigte Dauerkarte zu leisten, so möchte er oder sie uns dies bitte wissen lassen. Wir suchen und finden dann eine Möglichkeit der Teilnahme. Ansprechpartner ist unser Teilnehmerservice: Teilnahme(at)Kirchentag.de oder Telefon 0421-434 83 100.“ Dem Brief an Bettina beigefügt ist eine entsprechende Pressemitteilung. Na bitteschön – geht doch!

Als „Kirchentag für Reiche“ charakterisierte im Tenor die „Tageszeitung Nord“ am 18. Mai 2009 die Aussagen des Gründers der „Arbeitslosenselbsthilfe Wedel“, Pastor Hans-Günter Werner. Seine Initiative könne als einzige noch am Kirchentag teilnehmen, so Werner in dem Interview. Eine bewusste Ausgrenzung sei das nicht, aber eine faktische. Er bedauerte zugleich, dass fast alle Arbeitsloseninitiativen aus angeblichem Geldmangel plattgemacht wurden und deshalb auf den Kirchentagen nicht mehr präsent sein könnten. Aus Bremen kann die „Solidarische Hilfe“ wegen Arbeitsüberlastung und Personalmangel nicht teilnehmen. Immerhin ist die Agab mit einem Infostand vertreten.

 

Auch fast zwanzig Jahre nach Ende des Kalten Krieges gehört Bremen zu den bedeutenden Rüstungszentren in Deutschland. Fünf hiesige Organisationen („Frie­dens­fo­rum“, „Ab­rüs­tungs­ini­tia­ti­ve Bremer Kir­chen­ge­mein­den“, „Stif­tung für Rüs­tungs­kon­ver­sion und Frie­dens­for­schung“ , „Deut­sche Frie­dens­ge­sell­schaft – Vereinigte Kriegs­dienst­geg­ner(in­nen)“ und „Ro­sa–Lu­xem­burg–Stif­tung“) haben jetzt ihre neue Broschüre „Rüs­tungs­stand­ort Bre­men – ‚Er­leb­nis­land‘ als Lieferant der Zutaten für Kriege“ herausgegeben. „Wir betreiben hier Heimatkunde über Inhalte, die tabuisiert werden, über die niemand gern spricht“, erläuterte der Sprecher des „Friedensforums“, Ekkehard Lentz, bei der Vorstellung der neuen Informationsschrift in der Hansestadt.

Lühr Henken vom „Bundesausschuss Friedensratschlag“ wies bei der Pressekonferenz in der „Villa Ichon“ auf die aktuelle Um­rüs­tung der Bundeswehr hin, um die weltweite Interventionsfähigkeit entscheidend zu verbessern: „Neue Waffen und Ausrüstungen dafür verschlingen hohe Mil­li­ar­den­be­trä­ge. Der Rüs­tungs­haus­halt steigt in diesem Jahr auf 34 Milliarden Euro nach Nato-Kri­te­rien, ein Anstieg um sechsdreiviertel Prozent. Das heißt: Rüstungsbetriebe kennen keine Krise. Deutschland ist Europameister beim Export von Groß­waf­fen. Es exportierte 2008 mehr als Frankreich und Groß­bri­tan­nien zusammen. Bremen trägt mit seinen Rüstungsbetrieben beträchtlich dazu bei und exportiert über die Häfen. Hier befinden sich fünf Rüstungsbetriebe von bundesdeutschem, ja sogar weltpolitischem Rang: OHB und Atlas Elektronik zählen zur Weltliga.“ Henken kommt zu dem Fazit: „Bremen ist eine Rüstungshochburg. Die Stadt profitiert von den Krisen und Kriegen der Welt, und der Waffenexport fördert zudem die Konflikte.“

Prof. Dr. Jörg Wollenberg weist in seinem Beitrag „Der Kaiser ging, der ‚Führer‘ ging – die Waffenschmieden blieben“ auf die Kontinuität der Rüstungsproduktion in Bremen hin. Lühr Henken stellt drei Betriebe der Bremer Rüstungsindustrie (Atlas Elektronik, Rheinmetall Defence und OHB) in Zusammenhang mit den aktuellen Bundeswehrplanungen. Der Konzern Atlas Elektronik in deutscher Hand schaffe die Voraussetzung für einen von Deutschland geführten europäischen Kriegsschiff-Werftenverbund. Die Firma Rheinmetall Defence kann seiner Meinung nach als „Rüstungskrake“ bezeichnet werden. Das Unternehmen OHB ist im Satellitenbau für militärische Zwecke engagiert.

Das „Bremer Bündnis gegen die europäische Grenzschutzagentur Fron­tex“ thematisiert die von Bremer Raumfahrtfirmen entwickelte Überwachungstechnik, die direkt für die Erfordernisse der Grenzsicherung entworfen und im Krieg gegen Flüchtlinge eingesetzt werden. In meinen Beiträgen setze ich mich mit den Fregatten- und Kor­vet­ten-Ge­schäf­ten der Lürs­sen-Werft und dem Kooperationsvertrag zwischen der Bundeswehr und dem Bremer Rot­kreuz-Kran­ken­haus auseinander.

Joachim Fischer „würdigt“ mit dem Umschlag von Rüstungsgütern einen Tätigkeitsbereich der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, der in offiziellen Verlautbarungen des Unternehmens nicht auftaucht. Über den neuen europäischen Militärtransporter A400M von Airbus, von einer großen Hoffnung der Militärs zum Dauerkrisenfall für Staat und EADS geworden, schreibt Andrea Kolling und wünscht sich eine „Ausstiegsdebatte“ für das Wahnsinnsprojekt.

Hartmut Drewes beschreibt die ideologische Unterstützung für Militär und Rüstung durch die „Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik“. Der langjährige Bremer Konversionsbeauftragte, Prof. Dr. Wolfram Elsner, reflektiert bei der Frage nach den heutigen Chancen und Möglichkeiten von Rüstungskonversion die wenigen positiven jüngeren historischen Erfahrungen, die dazu gemacht wurden. Die internationale Konferenz „Conversion 2001“ in Bremen zum Thema „Abrüstung, Rüstungsproduktion und Konversion in den Regionen“ forderte verstärkte Initiativen für eine präventive Strategie der Konfliktvermeidung und des gewaltfreien Konfliktmanagements sowie eine intelligente Koppelung von Abrüstung mit Konversionsprogrammen. Erfolgreiche Konversion ist möglich, das zeigen die Erfahrungen der 90er Jahre. Das Bremer Rüstungskonversionsprogramm wurde jedoch 2001 eingestellt, und der Senat vollzog stattdessen eine scharfe Kehrtwende: Künftig soll ausgerechnet die Rüstungsindustrie Wachstumsimpulse für Bremen liefern.

 

Von den Aufrüstungsprojekten soll die Öffentlichkeit nichts erfahren

15. 06. 2009 – Friedrich Lürßen fordert ein neues Konjunkturpro­gramm für den Krieg! Als Vorsitzender des „Ausschusses Verteidigungswirtschaft“ im BDI will der Bremer Werftenchef „neue Märkte“ für die deutsche und europäische Rüstungsindustrie erobern, und selbstverständlich hat er dabei auch sein eigenes Unternehmen fest im Blick. Mit Hilfe der Nato will er sogar in den Rüstungsmarkt der USA eindringen!

Laut Sipri gaben die USA allein 2008 mehr als 600 Milliarden Dollar für ihre Streitkräfte aus, was gut 40 Prozent der weltweiten Militärausgaben ausmacht. Diese belaufen sich auf unvorstellbare 1.464 Milliarden US-Dollar! Allein davon könnte die gesamte Weltbevölkerung wahrscheinlich über einen langen Zeitraum ausreichend mit Nahrung, Wasser und ökologischer Energie versorgt werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist laut Sipri drittgrößter Waffenexporteur und verschwendete bereits von 2002 bis 2006 für Rüstung umgerechnet 9,2 Milliarden Dollar. Aber das reicht Herrn Lürßen offensichtlich bei Weitem noch nicht!

Die Forderungen von Friedrich Lürßen sind Kriegstreiberei pur: Berlin müsse seine Rüstungswirtschaft kräftig fördern, um ihr eine günstige Ausgangsposition in der globalen Konkurrenz zu verschaffen. Schließlich müssten die Staatsmittel für die wehrtechnische Forschung deutlich aufgestockt werden, um eine weltweite „technologische Führerschaft“ zu behaupten. Wolle die Bundesrepublik in der Produktion von Kriegsgerät mittel- und langfristig handlungsfähig sein, dann müsse sie ihr Gewicht in der Branche „umfassend stärken“.

Die Merkel-Regierung steht hier längst „Gewehr bei Fuß“! Das Rüs­tungs­mi­nis­te­rium verlangt unter anderem 2,9 Milliarden Euro allein für den „Eurofighter“, 38 Millionen Euro für ein „Seefuchs“-Minenabwehrsystem und über eine halbe Milliarde für den Bau der neuen Drohne „Euro-Hawk“, einem Gemeinschaftsprojekt von EADS und der US-Firma Northrop Grumman.

Außerdem verlangt Lürßen verstärkt die Unterwerfung von Teilen der Zivilwirtschaft unter das Primat des Militärs. Zivil-militärische Zusammenarbeit ist zwar nicht umwerfend neu, aber erschreckend ist das hohe Tempo, das hier neuerdings vorgelegt werden soll. Beteiligt ist schon jetzt die Deutsche Post, deren Tochter DHL Transportleistungen für die Streitkräfte durchführt. Unter Führung der Commerzbank haben deutsche Konzerne den „Celler Trialog“ – eine Serie jährlicher Konferenzen – ins Leben gerufen, die der engen Kooperation von Bundeswehr und Wirtschaft dienen soll. Der dritte „Celler Trialog“ ist schon für Anfang Juli angekündigt!

Noch in dieser Woche wird der Haushaltsausschuss des Bundestages eine Vielzahl neuer Aufrüstungsprojekte für die Bundeswehr beschließen. Davon soll wie immer die breite Öffentlichkeit nichts erfahren. Es werden also wieder einmal Riesensummen in die schwarzen Löcher der imperialistischen Kriegsvorbereitungen geschmissen! Wehren wir uns dagegen – zum Beispiel mit Mahnaktionen vor Lürssens Kriegsschiffsladen, mit Friedensappellen an den Senat und mit Protestbriefen an die Bremer Abgeordneten des Bundestages!

Schon am kommenden Freitag, dem 19. Juni 2009, ist eine gute Gelegenheit zum öffentlichen Protest. Dann findet wieder von 12 bis 13 Uhr vor dem „Kapitel 8“an der Domsheide die monatliche Mahnwache Bremer Friedensgruppen gegen die hiesigen Rüstungsbetriebe statt. Mit Blick auf Wirtschaftsdesaster und Sozialkahlschlag ist Aufrüstung und Krieg auch immer wieder Thema auf der Montagsdemo!

 

„Hohe Privatvermögen besteuern“,
was heißt das genau?

22. 06. 2009 – „Die Linke“ hat verkündet, dass sie im Sinne einer sozial gerechten Gesellschaft alles besser machen will. Sie will bis 2013 einen gesetzlichen Mindestlohn von zehn Euro einführen und parallel dazu den Hartz-IV-Regelsatz auf 500 Euro anheben. Lafontaine forderte ganz in unserem Sinne, dass Hartz IV weg muss. In diesem Punkt gibt es wohl Uneinigkeit in der Partei, und dies scheint auch für die Forderung nach Auflösung der Nato zu gelten. Einig waren sich dann alle wieder beim sofortigen Truppenabzug aus Afghanistan.

Beschlossen wurde auch die Besteuerung von hohen Privatvermögen mit mindestens fünf Prozent, und eine Börsenumsatzsteuer soll 70 Milliarden Staatseinnahmen zusätzlich bringen. Was heißt das nun eigentlich genau? Für mich wirkt das alles sehr unkonkret. Mit einem Investitionsprogramm von 100 Milliarden Euro sollen zwei Millionen neue Stellen im öffentlichen Bereich finanziert werden. Außerdem sollen weitere 100 Milliarden in einen Fonds für „zukunftsfähige sozial-ökologische Entwicklung industrieller Arbeitsplätze“ fließen. Auch hier hätte ich mir mehr Genauigkeit an Hand von nachvollziehbaren Beispielen gewünscht.

Lafontaine sagte zur Notwendigkeit einer totalen Kontrolle der Finanzmärkte: „Nicht die Bundesregierung kontrolliert die Banken, sondern die Banken kontrollieren die Bundesregierung. Wenn Merkel, Steinbrück und zu Guttenberg mit Ackermann (Deutsche Bank), Blessing (Commerzbank) und Diekmann (Allianz-Versicherung) zusammensitzen, dann entscheiden nicht die demokratisch gewählten Mitglieder der Bundesregierung, sondern die demokratisch nicht legitimierten Vorstände des Finanzsektors. Die Gesetzentwürfe zur Finanzmarktstabilisierung sind nicht von Regierungsbeamten oder Bundestagsabgeordneten ausgearbeitet worden, sondern von Lobbyisten der Finanzwirtschaft, die in den Bundesministerien beschäftigt sind oder von Anwaltskanzleien, die im Sold der Banken stehen. Wir fordern die Beendigung der Beschäftigung von Lobbyisten in den Bundesministerien!“

Das klingt sehr erfreulich, und es ist zu hoffen, dass die guten Ansätze in dem Programm erhalten bleiben und nicht in den nächsten Wahlkampf-Monaten wieder zerredet werden.

 

Sportler und Touristen zu militärischen Testzwecken benutzen?

06. 07. 2009 – Während der diesjährigen Kieler Woche gab es eine besonders heimtückische Variante zivil-militärischer Zusammenarbeit, woran erneut ein Bremer Rüstungsunternehmen zumindest indirekt beteiligt ist. Nein, nicht schon wieder die Lürssen-Werft, sondern diesmal die Firma Atlas Elektronik. Sie stellt für ein neuartiges mobiles Radarsystem, genannt Lexxwar (Longterm Experimental Setup For Asymmetrics Warfare), eine spezielle Software für die Lagebilddarstellung her. Es ist übrigens ein ähnliches System wie für die neue Fregatte F125, und damit wären wir dann doch wieder bei Lürssen. Das jetzt während der Kieler Woche getestete Radarsystem ist Teil des Istra-Entwicklungsprogramms der Nato (Technology for Intelligence, Surveillance, Reconaissance and Target Acquisition of Terrorists,), für das Deutschland innerhalb des westlichen Kriegsbündnisses die Führung übernommen hat.

Die Kieler Woche sei für einen Radar-Belas­tungstest geeignet, weil „unzählige Wasser- und Luftfahrzeuge unterwegs“ seien, teilt die Kriegsmarine über die Benutzung von Sportlern und Touristen zu militärischen Testzwecken mit. Das mobile Radarsystem soll feindliche Kämpfer in Schlauch- und Speedbooten orten können und wird unter anderem zur Aufstandsbekämpfung benötigt. Die Testphase lief während der gesamten Kieler Woche täglich mehrere Stunden lang im sogenannten Normalbetrieb. Erfasst wurden Hunderte Luft- und Wasserfahrzeuge, darunter auch Sportsegler, die der Marine unfreiwillig als Versuchskaninchen dienten. Zu diesem Zweck wurden inmitten der zivilen Kieler-Woche-Schiffe zwei Speedboote und zwei Segelyachten der Marine platziert – als fiktive „Terroristen“-Fahrzeuge sozusagen, die auf diese Weise mithilfe des Militärradars „aufgespürt“ wurden. Niemand weiß, wie viele ahnungslose Wassersportler(innen) mit der Radarstrahlung eventuell gesundheitlich geschädigt wurden! Den Marinemilitärs scheint dies eh egal zu sein.

Die deutsche Kriegsmarine nutzt das Großevent nicht nur als Lexxwar-Testszenario mit Gratisstatisten, sondern auch zu PR-Zwecken. Zahlreiche Kriegsschiffe wie die Fregatte „Karlsruhe“ konnten besichtigt werden. Seit 2001 ist sie regelmäßig vor dem „Horn von Afrika“ oder vor der Küste des Libanon im Einsatz. Die Stadt Karlsruhe ist „Patenstadt“ des Kriegsschiffs, auf dem ein Karlsruher „Freundeskreis“ unter anderem Kinderfreizeiten organisiert!

Eine Neuerung der diesjährigen Marine-PR war die Erprobung eines „Sonderfeldpostamts“ auf dem Kieler Marinestützpunkt. Diese zuvor in Rostock-Warnemünde erprobte Maßnahme dient dazu, „die Beziehung zwischen den Militärs in den Operationsgebieten und der Zivilbevölkerung zu intensivieren.“ Mehrere Tausend Kieler-Woche-Besucher hatten nach Militärangaben die Gelegenheit genutzt, um einen „spontanen Brief- oder Kartengruß an die Soldaten“ auf den Weg zu bringen. Die Kontaktpflege in die Kriegsgebiete, die im vergangenen Jahr mit 890.000 Briefsendungen und beinahe 220.000 Päckchen und Paketen das Niveau einer 60.000-Einwohner-Stadt erreicht hat, wird von der Bundeswehr als absolut notwendig erachtet. Feldpost, so heißt es, sei „Munition für die Moral der Truppe“. Es ist nicht frauenfeindlich gemeint, wenn mir dazu – auch im Hinblick auf den Auftritt der „Bremer Musical Company“ im letzten Jahr vor der Bundeswehr in Afghanistan – der Satz einfällt: „Reichs-Kontaktpflegerin Lilli Marleen lässt herzlich grüßen!“

Hätten wir keine Soldaten im weltweiten Kriegseinsatz, dann brauchten wir den ganzen teuren Quatsch nicht! Wir brauchten weder „Sonderfeldpostämter“ noch spezielle „Truppenbetreuung“ mit Tanzgruppen und Gesang wie einst in faschistischen Weltkriegszeiten. Schon gar nicht brauchten wir solche Militarismussymbole wie „Ehrenkreuze“ oder „Tapferkeitsmedaillen“, wie sie jetzt von Angela Merkel und Franz-Josef Jung an Bundeswehrsoldaten verliehen wurden. Tapferkeit ist nicht Courage, schrieb die „Tageszeitung“ am 7. Juli recht zutreffend und fährt fort: „Tapfer hätten nach einem humanen Verständnis des Wortes nur diejenigen Soldaten gehandelt, die sich der Tötungsmaschine durch Desertion entzogen. Die aber galt bis weit nach 1945 in der Öffentlichkeit als Feigheit und Verrat. Militärische Tapferkeit ist ein vergifteter Begriff. Tapferkeit im zivilen Bereich hingegen ist eine republikanische Tugend. Wir bezeichnen diese Tugend als Zivilcourage. Zivil mutig handelt auch, wer trotz überwältigenden Konformitätsdrucks auf seinen Ansichten und Prinzipien beharrt.“

Dies genau ist der Punkt! Die Verleihung von „Tapferkeitsmedaillen“ durch Merkel und Jung ist nur mit dem neuen deutschen Imperialismus zu erklären. Gleichwohl ist sie angesichts der faschistischen Vergangenheit ein ungeheuerlicher Skandal!

 

Die Heide ist frei!

13. 07. 2009 – Die Nachricht vom endgültigen Aus für das „Bombo­drom“ erfüllt uns mit großer Freude und Erleichterung. Wir gratulieren ganz herzlich den Bürgerinitiativen vor Ort zu ihrem großartigen Erfolg! Auch wir vom „Bremer Friedensforum“, von der DFG/VK und anderen Friedensgruppen haben uns 17 Jahre lang an den gemeinsamen Ostermärschen in der Wittstocker Heide beteiligt. Der jetzige Erfolg der Initiativen ist ein Erfolg der gesamten Friedensbewegung!

Bundesminister Franz-Josef Jung sieht nach dem Gerichtsurteil recht alt aus, muss er doch darauf verzichten, die Kyritz-Ruppiner Heide als größten Luft-Boden Schießplatz der Bundesrepublik zu missbrauchen. Die Initiativen waren immer wieder erfolgreich vor Gericht gezogen, bis das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Ende März die Verbotsurteile der Vorinstanzen bestätigt und der Bundeswehr eine militärische Weiternutzung des ehemaligen sowjetischen Bombenanwurfplatzes für immer untersagt hatte.

Es ist allerdings unannehmbar, dass Generalinspekteur Schneiderhan nun für eine verstärkte Nutzung der anderen Schießplätze in Nordhorn und im bayerischen Siegenburg eintritt. Auch die Ankündigung Jungs, Ersatz für das nicht genehmigte „Bombodrom“ im Ausland zu suchen, ist völlig unakzeptabel. Es ist immerhin interessant, dass der niedersächsische CDU-Ministerpräsident Wulff nun auch die Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn fordert und stattdessen Übungen am Simulator vorschlägt. Halbwegs glaubwürdig ist das erst, wenn er nach dem allgemeinen Wahlkampfgetöse immer noch zu seinem Wort steht!

Warten wir’s ab. Der Kampf um die friedliche Umnutzung der Trup­pen­übungs­plät­ze ist noch lange nicht zu Ende. Wir wollen keine Bombodrome – weder hier noch anderswo! Deshalb wird der Kampf so lange weitergehen, bis die Bundeswehr sämtliche Übungsplätze verlässt und ihre Kriegsspiele endgültig beendet!

 

Bankhaus Neelmeyer zieht Bremer Umweltschützer über den Tisch

20. 07. 2009 – Gerold Janssen, den ich seit Jahrzehnten kenne, ist ein unermüdlicher Kämpfer für den Naturschutz. Er ist als couragierter Umweltaktivist und „Retter des Hollerlandes“ schon heute in die Stadtgeschichte eingegangen. Auch an zahlreichen Friedens- und Antifa-Aktionen hat er sich immer wieder beteiligt. Er schreckte sogar nicht davor zurück, vor einigen Jahren mit steifem Bein die Empore des Bürgerschafts-Plenarsaals zu erklimmen und dort zwei lange Bambusstangen aus der Hose zu ziehen. Mit einigen Getreuen entrollte er flugs ein großes Transparent, bevor er von Ordnern daran gehindert werden konnte. Dafür verurteilte ihn ein Gericht zu einer Geldbuße, die er aber dank unserer Spenden nicht aus eigener Tasche bezahlen musste. Dies ist nur ein Beispiel für den persönlichen Mut, den er bei seinen phantasievollen und oft witzigen Aktionen immer wieder an den Tag legt.

1978 plante der Senat im damals 400 Hektar großen Hollerland ein riesiges Wohngebiet namens „Hollerstadt“. Gerold Janssen gründete die „Bürgerinitiative zur Abwehr der Hollerstadt“, und 1981 setzte die Initiative durch, dass 270 Hektar als Naturschutzgebiet ausgewiesen wurden. 1989 gab es einen „Kompromiss“, wonach ein Teil an der Lilienthaler Heerstraße für gut betuchte Interessenten „ökologisch verträglich bewohnbaut“ werden durfte, der größte Teil jedoch nicht. Die Initiative und alle Freundinnen und Freunde des Hollerlandes hätten es selbstverständlich lieber gesehen, wenn dieses einmalige Biotop insgesamt in seiner Ursprünglichkeit erhalten geblieben wäre. 1996 wollte die CDU den „Technologiepark“ – welch perverse Wortschöpfung! – ins Hollerland erweitern. Erneut begann der Kampf, bis 2004 der naturbelassene Bereich zum FFH-Pflanzen- und Tierschutzgebiet erklärt wurde und damit für die senatorische Zerstörungswut tabu ist.

Nach längerer Pause muss Gerold Janssen jetzt schon wieder kämpfen; – diesmal in eigener Sache. Wie die „Tageszeitung Bremen“ am Wochenende berichtete, demonstrierte er zusammen mit anderen Geschädigten in der Innenstadt gegen die betrügerischen Machenschaften bestimmter Banken. So hatte ihm das Bankhaus Neelmeyer offenbar mit falschen Sicherheitszusagen dubiose „Zertifikate“ angedreht und ihn damit über den Tisch gezogen. Von 72.000 Euro, die er dort anlegte, verlor er die Hälfte, aber ein „Großverdiener“ war er nie. Sein Vermögen stammt aus seiner Tätigkeit als Prüfer von Schifffahrtsgesellschaften und als Deichhauptmann. Die Bank bestreitet natürlich die Betrugsvorwürfe. Jetzt hat Gerold Jansen die Bank auf Rückgabe verklagt und will auch auf der Straße weiterkämpfen. Ich finde, er braucht jetzt unsere Solidarität!

 

Das Schweigen über den Krieg der Deutschen in Afghanistan

27. 07. 2009 – Seit dem 19. Juli 2009 führt die Bundeswehr einen offenen Krieg mit Panzern und anderen schweren Waffen gegen die Taliban im nördlichen Afghanistan. Angeblich sollte der im Militärjargon „Operation Adler“ genannte Feldzug nur eine Woche dauern, wurde jedoch am Wochenende für verlängert erklärt und am 28. Juli vom ZDF ohne offizielle Bestätigung als beendet vermeldet. Da das Verwirrspiel nun absolut nicht zu durchschauen ist, hier ein kurzes Zitat aus dem „Neuen Deutschland“ vom 28. Juli 2009: „Seit dem 19. Juli kämpfen 300 Bundeswehrsoldaten der Schnellen Eingreiftruppe mit schweren Waffen an der Seite von 900 afghanischen Sicherheitskräften gegen den Feind. Wer immer das auch ist, er stellt sich offenbar nicht zur offenen Feldschlacht, sondern weicht aus, gruppiert seine Kräfte um. Um sicher schon in Kürze erneut und überraschend anzugreifen. Wer anderes erwartet hatte, versteht nicht, was mit dem Begriff der asymmetrischen Kriegführung, die man den ‚Terroristen‘ zuschreibt, gemeint ist.“

Um diesen Krieg totzuschweigen, wurde anscheinend eine totale Nachrichtensperre verhängt und uns als prächtige Ablenkung unter anderem spanisches Sommertheater um Ulla Schmidts geklautes Auto und ihre privaten „Dienstfahrten“ präsentiert. Der von Anfang an höchst unpopuläre Bundeswehreinsatz sollte wohl nicht mit den neuesten Bildern vom Kampfgeschehen mit womöglich toten Soldaten für noch mehr Verärgerung in der Bevölkerung sorgen. Im Wahlkampf macht sich so etwas überhaupt nicht gut, denn schließlich will der Kriegsminister auch nach der Bundestagswahl noch im Amt bleiben. Da ist es nicht verwunderlich, dass Franz-Josef Jung und sein Generalinspekteur Schneiderhan noch immer nicht von „Krieg“ reden wollen.

Das massive Vorgehen der Bundeswehr kann nur schärfstens verurteilt werden! Das ist zugleich auch ein brutaler Angriffskrieg gegen die unschuldige Zivilbevölkerung. Die „Operation Adler“ wird die Leiden besonders der Frauen und Kinder völlig sinnlos und unnötig vergrößern, noch mehr Hass erzeugen und die Gewaltspirale weiter anheizen. Dass die Bundeswehr diesen Krieg nicht allein, sondern zusammen mit afghanischen Regierungstruppen führt, macht die Sache um keinen Deut besser!

Die blitzkriegsähnliche Aktion im Rahmen der „Operation andauernde Frei­heit“ und der „Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe“ der Nato ist durch kein Uno-Mandat gedeckt und verstößt damit eklatant gegen das Völkerrecht – gegen die Menschenrechte sowieso! Bei den Bundestagsparteien mit Ausnahme der „Linken“ hat sich der Unmut über den verschärften Bundeswehreinsatz bisher leider sehr in Grenzen gehalten. Auch „Friedensbürgermeister“ Jens Böhrnsen und die Bremer Abgeordneten von Bundestag und Bundesrat protestierten nicht. Für das „Bremer Friedensforum“ ist das große Schweigen um die neue Stufe des Krieges ein Grund mehr, mit Nachdruck den sofortigen Truppenabzug aus Afghanistan zu fordern!

Das „Bremer Friedensforum“ erinnert am Donnerstag, dem 6. August 2009, an die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki vor 64 Jahren. Die Veranstaltung findet von 12 bis 13 Uhr auf dem Marktplatz statt. Das „Friedensforum“ bittet Teilnehmer und Passanten, Blumen mitzubringen, um das Friedenszeichen zu gestalten. Bei der Aktion spricht Frieder Wagner, Macher des Films „Deadly Dust – Todesstaub. Über die Uranmunition und die Folgen“.

Um 20 Uhr wird in der „Villa Ichon“, Goetheplatz 4, Wagners Film „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ gezeigt. Die von den USA eingesetzte Uran-Munition ruft verheerende Folgen hervor. In mehreren Kriegen wurde sie schon verwendet: im Irak 1991 und 2003, auf dem Balkan 1995 und 1999 und in Afghanistan. Die zurückbleibenden radioaktiven Staubpartikel erzeugen Krebs, haben missgebildete Babys zur Folge und rufen schwere Störungen der Nieren- und Leberfunktion hervor. Frieder Wagner steht anschließend für eine Diskussion zur Verfügung.

 

Perfekter kann eine Nachrichtensperre nicht sein

03. 08. 2009 – Normalerweise ist Krieg immer mit erheblicher Ge­räusch­ent­wick­lung verbunden, auch wenn Minister Jung die Panzeroffensive in Afghanistan nicht „Krieg“ nennen will. Nur selten hat es einen Feldzug gegeben, der so lautlos vonstatten ging oder noch geht wie die „Operation Adler“. Es ist noch nicht einmal klar, ob dieser Krieg überhaupt noch stattfindet. Die Medien berichten nicht, die Politiker reden nicht – mit Ausnahme von Minister Jung, der einmal wieder die Bevölkerung von den Taliban befreien und die Demokratie ins Land bringen will. Seltsam ist auch, dass es in diesem Krieg scheinbar keine Toten, keine Verletzten und keine Flüchtlinge gibt.

Das Ganze ist wie ein Phantom, wie eine Fata Morgana im afghanischen Wüstensand. Perfekter kann eine Nachrichtensperre nicht sein! Es soll wohl nicht ins Bewusstsein dringen, dass die Panzeroffensive der Bundeswehr nach dem Luftkrieg 1999 gegen Jugoslawien ein erneuter historischer Einschnitt ist. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg haben deutsche Soldaten in einem anderen Land einen schweren Bodenkrieg geführt! Der Afghanistaneinsatz ist ohnehin von der Bevölkerung mehrheitlich nicht gewollt, und deshalb soll auch nicht wahrgenommen werden, was die Bundeswehr derzeit in Afghanistan so treibt. Das könnte ja die Kriegsparteien im Berliner Parlament erheblich Stimmen kosten!

Apropos Kosten: Der deutsche Militäreinsatz verschlingt jedes Jahr 530 Millionen Euro! Im Verhältnis dazu steht nur ein Viertel dem Wiederaufbau zur Verfügung. Insgesamt hat der Bundeswehreinsatz in Afghanistan seit seinem Bestehen weit über zwei Milliarden Euro gekostet! Um die Bankprofite und die Rüstungsausgaben in die Höhe zu treiben, hat Berlin im Sozialbereich stets brutalstmöglich gekürzt. Doch für das Leben wäre dieses Geld weitaus besser ausgegeben als für den Tod, beispielsweise für ein besseres Leben aller Hartz-IV-Betroffenen! Fordern wir deshalb immer wieder: Die Bundeswehr muss raus aus Afghanistan!

 

Kinderschänder!

10. 08. 2009 – Dass Deutschland nach den bitteren Erfahrungen zweier Weltkriege schon wieder eine stinknormale Kriegsmacht geworden ist, wissen wir spätestens seit den verstärkten Bundeswehreinsätzen in Afghanistan. Über Ausmaß und Auswirkung der Kampfhandlungen zum Beispiel mit Uranmunition wird entweder total geschwiegen oder gelogen, was das Zeug hält! Die Bundeswehr übte schon in den 1970er Jahren mit dieser auch von Rheinmetall hergestellten Munition. Auch in der ehemaligen US-Garnison Garlstedt vor den Toren Bremens verschossen die amerikanischen Streitkräfte 1985 übungshalber Uranmunition. Heute führen sie damit Krieg.

Doch ist in keiner Zeitung zu lesen, und auch aus den TV-Medien ist es nicht zu erfahren, welch bestialischen Auswirkungen der Einsatz der „Depleted-Uranium“-Granaten auf die Menschen hat. Uranmunition wird aus den Abfallprodukten der Atomkraftwerke hergestellt. Sie ist zur hellen Freude hochrangiger Militärs eine sehr effiziente Waffe, die sich blitzschnell durch dicken Stahl und Beton hindurchbohrt. Im Inneren von Panzern, Bunkern und auch mehrstöckigen Gebäuden vernichtet sie in Sekundenbruchteilen durch die dann stattfindende 1.000 Grad heiße Explosion alles Leben. Durch den freiwerdenden hochgiftigen und radioaktiven Feinstaub hinterlässt die Munition große Strahlenschäden in der Umgebung.

Weite Gebiete im früheren Jugoslawien, im Irak, in Afghanistan und im Gazastreifen, wo die israelische Armee Anfang des Jahres ebenfalls DU-Muni­tion einsetzte, sind völlig verstrahlt und eigentlich nicht mehr bewohnbar. Die Halbwertzeit der besonders giftigen Variante beträgt 5,4 Milliarden Jahre! Im Irak liegen auf den Schlachtfeldern beider Golfkriege nach wie vor die verstrahlten Panzerwracks herum und dienen den unwissenden Kindern als Abenteuerspielzeug – mit all den verheerenden Folgen!

Der Filmemacher Frieder Wagner hielt am Hiroshima-Gedenktag auf dem Bremer Marktplatz eine aufrüttelnde Rede zu diesem Thema. Er bereiste die Kriegsgebiete im Irak, Serbien, Bosnien-Herzegowina und im Kosovo und zeigte am Abend seinen für den WDR produzierten Film „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ in der „Villa Ichon“. Die Ursachen für extreme Missbildungen bei Mensch und Tier seien nicht mehr Tschernobyl, Hiroshima oder Nagasaki, sondern die Anwendung von Uranmunition und Uranbomben durch die alliierten Streitkräfte in den vergangenen fünf Kriegen und in dem Krieg Tel Avivs im Gazastreifen.

Uranmunition und Uranbomben seien die wohl furchtbarsten Waffen. Sie führten die Menschheit unweigerlich in den Abgrund, denn eine der Folgen der Anwendung von Uranwaffen sei, dass es bei Mensch und Tier zu Chromosomenbrüchen käme und so der genetische Code verändert werde. Diese wissenschaftliche Tatsache habe schon vor Jahrzehnten der amerikanische Arzt und Nobelpreisträger Dr. Karl Muller herausgefunden. Im ersten Irakkrieg 1991 hätten die alliierten Streitkräfte mindestens 320 Tonnen dieser Uranmunition verschossen. Aus einer vertraulichen Mitteilung des britischen „Verteidigungsministeriums“ gehe hervor, dass schon die Anwendung von 40 Tonnen zu 500.000 Nachfolgetoten durch hoch aggressive Krebstumore und Leukämien führe. Der große Atomkrieg muss also nicht erst beschworen werden – er ist längst da!

Das Thema „Uranmunition und die Folgen“ sei, so Frieder Wagner, schon lange zu einem Tabuthema geworden. Nicht die Klimakatastrophe sei die unbequeme Wahrheit, sondern die furchtbaren Folgen der Uranmunition. Am Schluss seiner Rede kommt die eindringliche Warnung: „Ich prognostiziere an dieser Stelle, dass von unseren Tausenden eingesetzter Soldaten im Kosovo und in Afghanistan, und das gilt für alle dort stationierten Soldaten, etwa dreißig Prozent durch Uranmunition kontaminiert nach Hause kommen werden. Diese jungen Soldaten werden alle mit ihren Ehefrauen und zukünftigen Ehefrauen Kinder zeugen und ohne es zu wissen ihre Kontamination an ihre Kinder und Kindeskinder weitergeben, mit allen furchtbaren Folgen von Missbildungen, Immunschwächen, Leukämien und Krebstumoren.“

„Die Linke“ hatte im Bundestag am 7. April 2008 die Frage nach Lagerung und Einsatz von Uranmunition gestellt, doch die Bundesregierung stellte sich blind und taub. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler, antwortete, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verwendung dieser Munition und den zerstörerischen Schäden auf die menschliche Gesundheit „nicht gegeben sei“. Da bleibt einem doch glatt die Luft weg! Dass Berlin auch Kenntnis seitens der Bundeswehr von der Verstrahlung deutscher Soldaten erhielt, wurde dort ebenfalls verneint. Führt etwa das DU-Thema in Regierungskreisen schon zu fortschreitender Demenz? Da bleibt nur noch ein Fazit: Urangeschosse und Uranbomben sind Atomwaffen! Sie sind durch die Uno weltweit zu ächten! Produktion, Lagerung und Export sind zu verbieten! Wenn wir sie nicht abschaffen, dann schaffen sie uns ab!

 

Auch die Kanzlerin gehört vor ein Kriegsverbrechertribunal!

17. 08. 2009 – Zu meinem letzten Montagsbeitrag zum Thema Uranmunition gibt es noch einiges nachzutragen: Die Gefahren dieser Teufelswaffe waren seit dem 1991er Golfkrieg und dem Krieg gegen Jugoslawien 1999 auch den damaligen und heutigen deutschen Politikern hinreichend bekannt. Das ist eindeutig nachgewiesen! Wer 2003 für einen erneuten Golfkrieg gestimmt hatte, musste wissen, dass mit dem massenhaften Einsatz dieser Waffen zwingend zu rechnen war und damit ein gigantisches Kriegsverbrechen begangen werden würde. Damals stimmten unter anderem auch die ach so „christlichen“ Demokraten Angela Merkel und Franz-Josef Jung dafür.

Sie können sich jetzt nicht herausreden, indem sie behaupten, von alldem nichts gewusst zu haben. Sie alle werden sich eines Tages für die Folgen ihres sträflichen Verhaltens verantworten müssen! Die neuere unabhängige Forschung hat nämlich unwiderlegbar bewiesen, dass vor allem Soldaten, Kinder und Jugendliche einer schweren Gefährdung ihres Lebens ausgesetzt sind, von der lebenslangen Traumatisierung gar nicht zu reden. Dies gilt besonders für die Menschen im Irak, in Afghanistan und im Kosovo, um nur einige Kriegsregionen zu nennen. Alle diejenigen, die das zu verantworten haben – sei es nun als Schreibtischtäter oder als Mitwisser – gehören samt und sonders vor ein Kriegsverbrechertribunal!

Frieder Wagner, Filmemacher und Grimme-Preisträger, sagte am 6. August 2009 während seiner Rede auf dem Bremer Marktplatz sinngemäß: So vernichten sie unseren Lebensraum und den unserer Kinder und Kindeskinder, und diese werden uns, die das zugelassen haben, eines Tages dafür zu Recht verfluchen! Wir, das Volk, müssen deshalb den Politikern klarmachen, warum wir ihnen in ihrer Politik nicht folgen und sie nicht wählen werden. Sie sind nicht unsere Staatsmänner, Regierungsmitglieder und Abgeordneten, denn sie sind zu Marionetten der wahren Machthaber und Massenmörder verkommen!

So ist es. Und diese Leute sind es schließlich auch, die immer größere Teile der Bevölkerung in Armut und Hartz-IV-Verzweiflung getrieben haben und weiter treiben werden. Auch die Hartz-IV-Opfer sind traumatisiert! Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass die „neue“ Bundesregierung nach den Wahlen ihren Kriegskurs nach innen wie nach außen noch verschärfen wird – wenn wir sie nicht durch anhaltenden Widerstand und Protest daran hindern! Ich jedenfalls werde am 27. September 2009 CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne nicht wählen und empfehle: Keine Stimme für die Kriegsparteien!

 

Mit verdrehten Wörtern
vorbei an Krise und Wahlkampf

24. 08. 2009 – Heute will ich mal wieder über einige Falschwörter philosophieren, die in unserem neoliberalen Zeitgeist ach so großartig gedeihen. Es beginnt aktuell mit dem Wort „Atommeiler“, das eine verharmlosende Bezeichnung für die brandgefährlichen und nicht beherrschbaren Atomkraftwerke ist. Dazu passt, allerdings in ganz anderer Hinsicht, der Begriff „Altfallregelung“. Der ist bekanntlich die zynische Umschreibung für den menschenverachtenden Behördenumgang mit an den Rand gedrängten Minderheiten.

Zu lesen war neulich das Wort „Aktienkultur“. Dies ist eine vornehme Umschreibung für den schwunghaften Börsenhandel mit oft sehr faulen „Wertpapieren“. Und auch für solch betrügerische Machenschaften erfanden sie ein Wort, das stets eine nicht vorhandene Seriosität vortäuschen soll: „Finanzprodukte“! Dabei hat dieses Kunstwort aus dem Banker-Jargon bekanntlich mit klassischer Warenproduktion nicht das Geringste zu tun. Hier würde das Falschwort „Kompetenzteam“ ganz wunderbar ins Bild passen; beschreibt es doch messerscharf jedwede Ansammlung von ignoranten, wichtigtuerischen und unfähigen Versagern!

Und jetzt das Wortmonster „Generationengerechtigkeit“, womit die Tatsache verschleiert wird, dass sich der Staat seiner Verantwortung für ein gerechtes Rentensystem für alle Zeiten entziehen will. Da fällt dann auch schon mal der bösartige Begriff vom „sozialverträglichen Frühableben“, welcher den innigen Wunsch regierungsamtlicher „Rentenexperten“ nach einem möglichst baldigen Dahinscheiden der Betroffenen schon vor dem Rentenalter beinhaltet. So etwas spart schließlich der Rentenkasse eine Menge Geld! Als „Dienstleistungsgesellschaft“ schließlich beschreiben die neoliberalen Wortverdreher den Tatbestand der skrupellosen Ausbeutung der Bevölkerungsmehrheit durch eine kleine Minderheit.

Mit Beginn des Hartz-IV-Zeitalters anno 2005 entdeckten die Arbeitsamtsreformer plötzlich wahre Zauberkräfte, und schwups! waren sämtliche Erwerbslosen weg. Quasi über Nacht verwandelten sich alle auf königlich-wundersame Weise in „Kunden“ von „Dienstleistern“. Durch Falschwörter sollen bekanntlich Falschbilder entstehen! In Wirklichkeit sind mit der Zusammenlegung von Arbeits- und Sozialämtern keine „Arbeitsagenturen“, sondern Zwangsarbeits-Agenturen entstanden. Die „Kunden“ sind zu Zwangsbetreuten degradiert und völlig rechtlos gestellt. Tag für Tag darf schikaniert, sanktioniert und ihre Menschenwürde in den Boden getreten werden! Das Thema wird in der Öffentlichkeit streng tabuisiert, und anstelle einer Beendigung dieser skandalösen Zustände basteln Politiker und Medien eifrig weiter am Feindbild vom „faulen Arbeitslosen“ und „reisefreudigen Sozialschmarotzer“.

Um von den allseits vorhandenen Problemen abzulenken, wird mit dem irreführenden Begriff „Schweinegrippe“ eine regelrechte Seuchenhysterie entfacht! Dieser Name steht offenbar für erfolgreiche Versuche einiger Pharmakonzerne, ihre Absatzchancen für neue Impfstoffe kräftigst zu steigern. Aber auch einige Politiker, Fachinstitute und Medien profitieren von dieser Erfindung und spielen das teure Spiel mit der Angst mit. Die Diskussion um die Bezahlung der Grippeimpfung und der veröffentlichte Ruf einiger Krankenkassen nach mehr Steuermitteln passen bestens in dieses Bild. Nichts scheint lohnender als das Geschäft mit der Angst!

 

Bremer Aufklärungsdrohne bei Kundus-Verbrechen eingesetzt

07. 09. 2009 – Das Kriegsverbrechen lief ab wie ein Racheakt im Nazi-Krieg. Sie haben also nichts aus der Geschichte gelernt, und offensichtlich wollen sie es auch nicht. Nach den Gräueln des Zweiten Weltkrieges hieß es noch: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Zum diesjährigen 1. September, dem 70. Jahrestag des Weltkriegsbeginns, waren denn auch salbungsvolle „Gedenksendungen“ und „Gedenkfeiern“ offiziell und in den Medien Trumpf. Welch eine Heuchelei: Vier Tage später veranlasst die Bundeswehr bei Kundus wegen zweier geklauter Tanklastwagen ein schweres Kriegsverbrechen, bei dem über 125 Menschen, darunter viele Kinder, ums Leben kamen!

Schon die Nazis verherrlichten laufend ihre Kriegsuntaten im „Groß­deut­schen Rundf­unk“ und in der damaligen Hetzpresse. Heute prahlt die Bundeswehr ganz unverhohlen im Internet, man habe nach Aufklärung „bei einem erfolgreichen Einsatz über 50 Aufständische getötet“. Wie sich doch die Bilder ähneln! Das Massaker in Kundus ist allen regierungsamtlichen Verdrehungs- und Verharmlosungsversuchen zum Trotz eine bedeutende Zäsur dieses Krieges und wird wahrscheinlich Folgen haben, die heute noch gar nicht abzuschätzen sind!

Die dem Vernehmen nach von der Bundeswehr ein­ge­setz­te Auf­klä­rungs­droh­ne stammt übrigens aus Bremer Rüstungsproduktion. Die Firma Rhein­me­tall Defence Elec­tro­nics in Bre­men-He­me­lin­gen stellt für die Bundeswehr eine Drohne her, die als „Klein­flug­gerät Ziel­or­tung“ bezeichnet wird. Das wäre doch genau das richtige Ding! Die Drohne dient „der Entdeckung, Identifizierung und genauen Lokalisierung von feststehenden und beweglichen Objekten“, wie es im militärischen Fachjargon heißt. Davon hat die Bundeswehr seit 2008 sechs Systeme in Besitz, Kostenpunkt: 339 Millionen Euro (siehe Dokumentation „Rüs­tungs­stand­ort Bremen – Erlebnisland als Lieferant der Zutaten für Kriege“)!

Die Bundeswehr übt sich weiterhin in Geheimniskrämerei und schreibt von einem „Aufklärungsstrang, über den wir nicht öffentlich reden“. Doch es ist davon auszugehen, dass genau diese Drohne ebenfalls bei dem Kriegsverbrechen eingesetzt wurde. Die „Frankfurter Allgemeine“ schreibt am 5. September 2009: „Die Aufständischen hatten die beiden Tanklastwagen an einem vorgetäuschten Kontrollpunkt nahe des deutschen Feldlagers gekapert. Ein unbemanntes Flugzeug der Bundeswehr vom Typ KZO verfolgte nach Informationen dieser Zeitung die Entführer mit Infrarotkameras. Später übernahm eine andere Drohne die Zielbeobachtung.“

Die Regierung lügt, wenn sie behauptet, die Bundeswehr bekämpfe ausschließlich Aufständische, und Zivilisten würden im „Afghanistan-Einsatz“ so weit wie möglich geschont. Sie lügt, wenn sie behauptet, man müsse das Land von den Taliban befreien, damit auch wir hier in Frieden leben können! Sie lügt, wenn sie behauptet, unsere Sicherheit sei am Hindukusch in Gefahr. Schon beim Krieg gegen Jugoslawien log die damalige Regierung Schröder/Fischer/Scharping, dass sich der Balkan bog. Nur mit den Lügen von „humanitären Friedenseinsätzen gegen ein böses Regime in Belgrad“ ließ sich schließlich eine Kriegsakzeptanz in der Bevölkerung erzeugen und aufrechterhalten. Seitdem gehört Krieg wieder zum Alltag. Damals bombten auch deutsche Truppen gegen Serbien und im Kosovo, und Tausende fielen diesem Staatsterrorismus zum Opfer! Es war ein genauso völkerrechtswidriger Angriffskrieg wie der jetzige in Afghanistan.

Bei uns scheint alles friedlich und unbeeinträchtigt, als könnten wir Krieg führen ohne Auswirkungen für die Menschen hier. Afghanistan ist ja so weit weg! Ich glaube, dass dies ein gewaltiger Irrtum ist. Der Krieg geht uns in vielerlei Hinsicht alle an. Ohne diesen Krieg und die Bundeswehreinsätze an anderen Stellen müssten wir jetzt nicht einen in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Sozial- und Demokratieabbau beklagen. „Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!“ Das gilt heute mehr denn je.

„Der Luftangriff ist die bisher größte Eskalation des deutschen Kriegseinsatzes, fördert den Hass auf westliche Truppen und gefährdet massiv auch die in Afghanistan tätigen Hilfsorganisationen“, erklärt das „Netzwerk Friedenskooperative“. Ursache seien auch die Scharfmacherei und die patriotischen Töne des deutschen Verteidigungsministers, der gleichzeitig den Gebrauch des Wortes „Krieg“ verbiete. Manfred Stenner vom „Netzwerk“ kommentierte: „Meinethalben soll er sich aussuchen: Wenn es ein Krieg ist, war das ein Kriegsverbrechen, ist es kein Krieg, war es Massenmord.“

Mörder gehören bekanntlich vor Gericht! Die Täter sind baldmöglichst zu bestrafen, und ich wiederhole: Die Bundeswehr muss schnellstens raus aus Afghanistan! Auch Minister Jung gehört vor ein Kriegsverbrechertribunal!

 

Unersetzliche Kulturgüter um der Renditeerwartung willen zerstört

14. 09. 2009 – Im denkmalgeschützen Sendesaal wurde am 13. September offiziell die neue Veranstaltungs-Saison eröffnet. Dies geschah im Rahmen einer Feierstunde zum diesjährigen „Tag des offenen Denkmals“, zu der die „Freunde des Sendesaales“ eingeladen hatten. Damit begann jetzt auch offiziell eine neue Ära für das ehemalige Großstudio von „Radio Bremen“. Am technischen Umfeld wurden einige Renovierungen vorgenommen, und in den anderen ehemaligen Rundfunkgebäuden wird in Kürze eine Reha-Klinik entstehen. Im Anschluss an die Feierstunde gab es noch eine ausgiebige Führung durch die ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden technischen Einrichtungen des Saales, des Regieraums und der alten Hörspielstudios, die von „Radio-Bremen“-Mitarbeiter(inne)n organisiert und durchgeführt wurde.

Vor etwa 150 Gästen begrüße Peter Schulze, Vorsitzender des Vereins und jahrelanger Musikchef von „Radio Bremen“ die beiden Gastredner, Bür­ger­meis­ter Jens Böhr­nsen und Landeskonservator Prof. Georg Skalecki, sowie den Sen­de­saal-Ret­ter Dr. Klaus Hü­bot­ter und den neuen „Radio-Bremen“-Inten­danten Jan Metzger. Böhrn­sen betonte in seiner Rede die über­re­gio­na­le Bedeutung des Bremer Sendesaals als Kulturdenkmal, Konzertsaal und anspruchsvolles Aufnahmestudio. Vor nicht allzu langer Zeit war das noch ganz anders, denn da sah der Bürgermeister diese Bedeutung offenbar nicht. Damals handelten er und der damalige Intendant Heinz Glässgen ganz im Interesse zweier Immobilienhaie, die den Saal unbedingt abreißen wollten, um dort Wohnblocks und einen Supermarkt zu errichten. Erst als Hübotter ins Spiel kam, sahen sich wohl beide zu einer Haltungsänderung veranlasst.

Peter Schulze skizzierte in seiner Begrüßungsrede noch einmal kurz die Stationen des jahrelangen Widerstandes gegen die Abrisspläne. Er und der Landesdenkmalpfleger Dr. Skalecki würdigten besonders auch die Verdienste von Klaus Hübotter, der den Saal und die umliegenden Funkhausgebäude zwecks Erhaltung und Weiterbetrieb aufgekauft hatte. Seitdem steht jetzt alles unter dauerhaftem Denkmalsschutz. Skalecki verurteilte zudem in seinem längeren Grußwort scharf die verheerende Kulturpolitik vor allem in den „neuen Bundesländern“, die hier um einer kurzsichtigen Renditeerwartung willen das Grundgesetz bricht und nur nach der neoliberalen Verwertungslogik handelt. So würden unzählige unersetzliche Kulturgüter für immer zerstört. Er betonte, Bremen sei deshalb eine positive Ausnahme, weil es hier einen geschichtsbewussten Bürgersinn gebe: Bremische Investoren gingen traditionell verantwortungsvoller und mit Sinn für Stadtgeschichte mit den Kulturgütern um. Damit ließ er durchblicken, dass mit hiesiger Denkmalpflege ein Kahlschlag wie anderswo nicht zu machen ist. Hierfür bekam er lang anhaltenden Beifall.

Interessant war übrigens, wer zu dieser Feierstunde nicht gekommen war: Heinz Glässgen, der jetzt nicht mehr Intendant ist, und der frühere Bürgermeister, Kultursenator und Klaviermusikliebhaber Henning Scherf, der sich auch nicht gerade um den Erhalt des Sendesaals die Beine ausgerissen hatte. Jetzt kann Scherf als Pensionär auch in Zukunft – wenn er nicht gerade reuevoll über seine verfehlte Agenda-Politik nachdenken muss – in aller Ruhe die berühmte Klangqualität des historischen Sendesaals genießen! Dort findet übrigens vom 19. bis 25. Oktober ab 10 Uhr der „Bremer Klavierwettbewerb 2009“ mit Teilnehmer(inne)n aus 19 Ländern statt. Der Eintritt ist frei.

 

Die SPD hat ihr Profil als Partei der Arbeiterklasse längst aufgegeben

12. 10. 2009 – Die SPD hat offensichtlich nichts aus ihren verheerenden Fehlern und Wahlniederlagen gelernt: Die derzeitige Führungsriege will das auch gar nicht, sondern kultiviert sogar eine unbändige Lust am eigenen Untergang! Sie tut inzwischen, als gäbe es überhaupt keine Parteimitglieder und Wähler(innen) mehr. Wenn sie so weitermacht – und nichts deutet auf einen Gesinnungswandel hin – dann ist es bald so weit.

Die SPD hatte ihr Profil als Partei der Arbeiterklasse seit 1914 längst aufgegeben, denn ihre Geschichte ist die Geschichte eines einzigen, lang andauernden Verrats! Anfang des vorigen Jahrhunderts beschloss die Partei die Kriegskredite, später vollzog Noske die blutige Niederschlagung der Streik- und Revolutionsbewegungen in der Weimarer Republik sowie die totale Unterordnung unter die Interessen des Rüstungs- und Bankenkapitals. Mit den „Ermächtigungsgesetzen“ machten sich Noskes Nachfolger zu Wegbereitern für den Machtantritt der Faschisten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam mit dem Godesberger Programm eine zweite Abkehr von „hehren Grundsätzen“. In diesem Jahrtausend gehen diverse Kriegsbeteiligungen und Aufrüstungsprogramme, Agenda 2010 und Hartz-Ge­setze, der Abbau der Grundrechte und vieles andere mit auf ihr Konto, von den unseligen Banken-Rettungspaketen und Umverteilungsorgien der jüngeren Vergangenheit gar nicht erst zu reden.

Wenn sie wie in Thüringen den Wählerwillen weiterhin so tollkühn missachtet, wird sie sicherlich ihr Profil nicht zurückgewinnen. Zu unterscheiden ist sie von den anderen neoliberalen Parteien ohnehin nicht mehr. Da nützt ihr auch eine Entscheidung wie in Brandenburg nicht viel, denn das bringt ihr die Glaubwürdigkeit nicht zurück! Mit Krieg und kapitalistischer Kahlschlagslogik gewinnt man eben kein Vertrauen, sondern schaufelt sich sein eigenes Grab.

 

Wann war denn Politik in Bund und Ländern jemals glaubwürdig?

19. 10. 2009 – In der „Kreiszeitung Syke“ gibt es an jedem Wochenende die „Frage der Woche“, womit die werte Leserschaft dazu angeregt werden soll, per Brief zu reagieren und notfalls auch mal kräftig Dampf abzulassen. Auch ich nehme hin und wieder gern diese Gelegenheit wahr. Diesmal lautete die keineswegs originelle Frage „Verliert die Politik an Glaubwürdigkeit?“ Sie inspirierte mich zu folgender Antwort.

Wann war denn Politik in Bund und Ländern jemals glaubwürdig? Die rot-grüne Regierungskoalition in Bremen beispielsweise hatte vor Regierungsantritt bei vielen Menschen Hoffnungen geweckt und damit einen Vertrauensvorschuss erhalten, den sie nicht im Geringsten verdient hatte. Die SPD nicht, weil sie zusammen mit der CDU einen rigorosen Sparkurs gefahren war, der Teile der Bevölkerung extrem benachteiligte und viele Menschen in die Armut trieb. Die Grünen nicht, weil sie in der Opposition keinen nennenswerten Widerstand dagegen geleistet hatten und auch umweltpolitisch nicht mit großen Ideen glänzten.

Beide Parteien versprachen vor ihrem Regierungsantritt wieder mal viel „soziale Gerechtigkeit“ – was immer das heißen mag. Für mehr Bildungsgerechtigkeit und gegen Kinderarmut, Gettoisierung und Ausgrenzung wollten sie sich einsetzen. So legten sie es bekanntlich auch im Koalitionsvertrag fest. Freilich geschah danach das genaue Gegenteil, denn ihre rigorose Kahlschlagspolitik gefiel außer den neoliberalen Sprücheklopfern an den Stammtischen nur noch der Handelskammer! Die Grünen versprachen ein ökologisches Bremen, und jetzt machen sie an Weser und Werdersee fürs Blickfeld der Reichen zahlreiche Bäume platt. Damit verspielen sie auch noch den letzten Rest an Glaubwürdigkeit!

Nicht anders sieht die Glaubwürdigkeitsbilanz in Berlin aus. Trotz Rekordverschuldung und Wirtschaftskrise versprechen die Politiker Steuersenkungen und Besserstellung für Eltern und Kinder. Dass dies nur per Umverteilung geht und nur die Reichen erfreuen soll, sagen sie natürlich nicht. Als ob es sie nicht längst gäbe, verspricht die CDU hoch und heilig: „Soziale Kälte wird es mit uns nicht geben!“ Dabei existieren längst Schubladenpläne, die darauf angelegt sind, die Bevölkerung noch weiter auszusaugen und vor allem die Banken mit unserem Geld noch voller zu pumpen!

Schon Kurt Tucholsky formulierte das Unwesen des Kapitalismus mit feiner Ironie: „Wirtschaft beruht auf dem Kreditsystem, das heißt auf der irrtümlichen Annahme, der andere werde gepumptes Geld zurückzahlen. Tut er das nicht, so erfolgt eine sogenannte ‚Stützungsaktion‘, bei der alle, bis auf den Staat, gut verdienen. Solche Pleiten erkennt man daran, daß die Bevölkerung aufgefordert wird, Vertrauen zu haben. Weiter hat sie ja dann auch nichts mehr.“ (Aus: „Kurzer Abriß der Nationalökonomie“, 1931) Doch auch Vertrauen haben wir schon lange nicht mehr. Da hilft nur anhaltender Widerstand! Dafür stehen wir auf der Montagsdemo!

 

Den Hetzern die
Daumenschrauben anziehen!

26. 10. 2009 – Bremens Sarrazin heißt Oliver Möllenstädt. Dieser feine Herr aus der FDP handelt in der „besten“ Tradition von Wolfgang Clement und Konsorten, die gleich zu Beginn von Hartz IV die Betroffenen mit unsäglichen und bösartigen Diffamierungskampagnen überzogen. Ziel war schon damals, sie als „faul“ und „unflexibel“ hinzustellen, um sie noch weit besser als bisher kontrollieren und sanktionieren zu können.

Bei Hartz-IV-Kunden müssten endlich „die Daumenschrauben an­ge­zo­gen“ werden, tönt der FDP-Mann menschenverachtend. Und weiter: Viel zu selten würden im Stadtstaat Sanktionen eingesetzt. Es müsse endlich Schluss sein mit dem „Kuschelkurs“. Mit solchen flotten Sprüchen handelt sich der Ehrgeizling Möllenstädt sicherlich das Wohlwollen der neoliberalen Betonköpfe in den Parteien und erst recht die Zustimmung der Handelskammer ein. Der einzige nennenswerte Protest kam außer von der Montagsdemo dankenswerterweise von der Bremer „Linken“!

Möllenstädt ist nicht irgendwer. Er ist als Bürgerschaftsabgeordneter zugleich auch Landesvorsitzender seiner Partei. Man sollte daher annehmen, dass er weiß, was er sagt und warum er es sagt. Schwarz-Gelb in Berlin will schließlich den größten und schlimmsten Sozialabbau in der Geschichte durchziehen, und dafür wird in Bremen schon mal die Stimmung getestet!

Wo bleiben eigentlich Unmut und Protest des Bremer DGB, wo doch Helga Ziegert in Sonntagsreden so gern und oft soziale Gerechtigkeit beschwört und dabei manchmal sogar die Probleme der Erwerbslosen streift? Liebe Frau Ziegert, wir appellieren an Sie: Denken Sie bitte öfter an das Schicksal der Hartz-IV-Betroffenen! Setzen Sie sich intensiv auch für deren Belange ein! Fassen Sie sich ein Herz und blasen Sie dem Herrn Möllenstädt mal ordentlich den Marsch! Unsere Unterstützung haben Sie!

 

Der Skandal der heimlichen Atomtransporte durch Bremen

02. 11. 2009 – Die „Bremer Lagerhausgesellschaft“ ist bekanntlich nicht nur mit der Verschiffung von Rüstungsgütern befasst, was schon schlimm genug ist. Sie ist auch an Atomtransporten aller Art durch Bremen beteiligt, was jedoch in aller Heimlichkeit geschieht. Das ist ein ungeheuerlicher Skandal! In den letzten fünf Jahren seien über 2.700 Tonnen spaltbares Material umgeschlagen worden, berichtete die „Tageszeitung“ am 24. Oktober 2009.

Ein Großteil der strahlenden Fracht ging demzufolge über die Häfen des Landes Bremen. Kleinere Teile wurden ausschließlich über Straßen oder Schienen befördert. Außerdem seien mehrere Tausend Tonnen weiteren radioaktiven Materials sowie nicht spaltbaren radioaktiven Atommülls durch Bremen verschoben worden. Demnach habe es von 2004 bis 2008 insgesamt 309 Transporte gegeben, also etwa 1,2 pro Woche. Diese seien laut „Tageszeitung“ aus allen Teilen der Welt gekommen.

Meist wurde sogenanntes Uranhexafluorid durch Bremen befördert, schreibt die „Tageszeitung“ weiter. Dies stamme häufig aus den Anreicherungsanlagen des Urenco-Konzerns in Gronau und aus Almelo in den Niederlanden. Das angereicherte Uran werde zu Brennstäben weiterverarbeitet und könnte dann in Atomkraftwerken eingesetzt werden. Bei jedem dieser Fertigungsschritte entsteht neuer Atommüll! Außerdem liefen auch Sendungen der US-Armee über Bremen, die atomares Material zum Beispiel von Kuwait nach Schweinfurt oder von South Carolina nach Trondheim enthielten. Der Senat nennt das Zeug in der Antwort auf eine Anfrage der „Linken“ verharmlosend „radioaktive Stoffe“.

Fachleute finden das alles andere als harmlos und glauben, dass es sich um Bestandteile von Uranmunition oder um Material für Atomreaktoren zum Beispiel in U-Booten oder auf Flugzeugträgern handelt. Die Bremer Häfen spielen dabei als Drehscheibe für derlei Transporte offenbar eine tragende Rolle! Für Bernhard Stoevesandt vom „Bremer Anti-Atom-Forum“ ist das besonders oft transportierte Uranhexafluorid besonders gefährlich. Wenn es an die Luft gerate, entstehe Flusssäure, die schnell gasförmig werde und dann extrem gesundheitsschädlich sei. Wenn mich nicht alles täuscht, werde ich dieses Thema hier noch öfter aufgreifen müssen, denn wie ich anfangs sagte, sind diese heimlichen Atomtransporte ein riesiger Skandal!

 

Mit der Mauer fielen auch
sämtliche Schamgrenzen

09. 11. 2009 – Endlich hat es auch das sogenannte Verteidigungsministerium gemerkt: Die Bundeswehr ist in Afghanistan im Krieg! Was Franz-Josef Jung partout nicht zugeben wollte, räumt jetzt wenigstens sein Nachfolger ein. In diesem Punkt ist er mal ehrlich. Der 9. November ist in vielerlei Hinsicht ein historischer Tag, denn vom Zeitpunkt des „Mauerfalls“ an fielen auch sämtliche Schamgrenzen, die unser Land noch vom unverhohlen kriegerischen Großmachtstreben trennten.

Im Krieg geschehen bekanntlich furchtbare Verbrechen, die oftmals nie geahndet werden. Ich bleibe dabei, wie auch immer die Juristen dies drehen und wenden mögen: Die Bombardierung der Tanklastzüge bei Kundus war ein Kriegsverbrechen! Aber zu Guttenberg stellt sich voll dahinter. „Angemessen“ findet der schneidige Bundeswehrzögling das Vorgehen, bei dem selbst nach Nato-Angaben über 142 Menschen umgebracht wurden. Sogar das Kriegsbündnis ist der Meinung, dass Oberst Klein eigenmächtig gehandelt hatte. Es sieht allerdings ganz so aus, als ob sein Verbrechen niemals geahndet werden wird. Bedauerlicher Kollateralschaden eben!

Eine Militärgerichtsbarkeit gibt es (noch) nicht, und Zivilgerichte werden sich dort mit allen erdenklichen Spitzfindigkeiten herausmogeln. Dennoch und jetzt erst recht gilt unsere Forderung: Kriegsverbrecher gehören bestraft! Es wird allerhöchste Zeit, dass die Bundeswehr aus Afghanistan verschwindet! Deshalb hat das „Friedensforum“ den Aufruf Bremer Bürgerinnen und Bürger „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ beschlossen, der hier auch unterzeichnet werden kann.

Er hat folgenden Wortlaut: „Seit acht Jahren, länger als der Zweite Weltkrieg gedauert hat, führen westliche Staaten Krieg in Afghanistan, darunter auch Deutschland. Der Krieg hat in keiner Weise zum Frieden geführt, im Gegenteil: Die Kampfhandlungen haben in den letzten Jahren zugenommen und sich auf Pakistan ausgedehnt. Die Folgen des Krieges sind Zehntausende Tote und Verletzte, mehr und mehr auch unter der Zivilbevölkerung. Millionen Menschen leiden an Hunger und Unterernährung. Unter dem Militäreinsatz greifen Drogenproduktion, Korruption, Rechtlosigkeit und Willkür immer mehr um sich. Die Mehrheit der deutschen Bevölkerung will den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Das Parlament hat diesen Mehrheitswillen immer wieder missachtet. Berliner Regierungskreise ziehen jetzt sogar in Betracht, die nächstfällige Verlängerung des Mandats im Dezember 2009 mit einem Beschluss zur Aufstockung der deutschen Truppen von 4.500 auf 7.000 Soldaten zu verbinden. Machen Sie zusammen mit uns Druck auf die Regierung. Fordern Sie mit uns: Bundeswehr schnellstmöglich raus aus Afghanistan!“

 

Das größte Kriegsverbrechen der deutschen Streitkräfte seit 1945

30. 11. 2009 – Das Verbrechen von Kunduz wird uns wohl noch lange beschäftigen. Inzwischen gehen immer mehr Experten davon aus, dass die Bombardierung der Tanklastzüge im völkerrechtlichen Sinne tatsächlich ein Kriegsverbrechen war. Professor Michael Wolfssohn von der Bundeswehr-Uni München bereitet die Öffentlichkeit schon mal auch auf zukünftige Kriegsverbrechen vor. Er meint, dass zivile Opfer in einem „Partisanenkrieg“ wie dem in Afghanistan „nicht zu vermeiden“ seien und „in Kauf genommen“ werden müssten. Das ist ein zusätzlicher Skandal im Skandal!

Die Rücktritte von Jung, Schneiderhan und Wichert müssen als Bauernopfer gesehen werden. Sie sollen eine Kanzlerin „entlasten“, die das größte Kriegsverbrechen der deutschen Streitkräfte seit dem Zweiten Weltkrieg mit zu verantworten hat! Der neue Bundeswehrminister zu Guttenberg nutzt derweil die „Ent­hüllungen“ der „Blöd“-Zeitung, um mit neuem Personal eine erhebliche Verstärkung des Krieges durchzusetzen.

Wie die „Linke Zeitung“ am 28. November 2009 schrieb, hält es zu Guttenberg für notwendig, mit den Ausreden und Beschönigungen der Vergangenheit Schluss zu machen und die Kriegsziele ohne Umschweife beim Namen zu nennen. Seine Vorstellungen fasste er in die Worte: „Was heute eine Ausnahmesituation ist, muss zur Selbstverständlichkeit werden.“ Zu Guttenberg präsentiert und repräsentiert damit eine Neuauflage des schlimmsten preußischen Militarismus, und dies ist ganz und gar im Sinne der Nato und der Regierung Obama. Dieser Militarismus ist ganz besonders auch im Interesse des deutschen Rüstungskapitals!

Sollen wir uns bei den imperialistischen Kriegen der Bundeswehr jetzt auch an häufige Kriegsverbrechen gewöhnen? Werden Kriegsverbrechen zum „Normalfall“ wie einst die Verbrechen der faschistischen Wehrmacht? Einen Vorgeschmack bekamen wir schon am 30. Mai 1999, als die Nato mit deutscher Beteiligung die jugoslawischen Stadt Varvarin bombardierte. Viele Hundert Menschen kamen damals ums Leben, und auch dieses Verbrechen ist bis heute nicht gesühnt!

Der Bremer Rechtsanwalt Karim Bopal hatte im Namen der Opfer die Schrö­der-Regierung verklagt – ohne Erfolg! Diesmal vertritt er zusammen mit drei Kollegen 78 afghanische Familien und will auf „Schadenersatz“ klagen. Nach umfangreichen eigenen Recherchen vor Ort konnte er in Berlin Beweise dafür vorlegen, dass sich die tatsächliche Anzahl der Opfer sogar auf 178 Menschen beläuft, darunter 20 Verletzte und 20 Verschollene.

Besonders zynisch ist, dass zwar der Vertuschungsskandal mächtig aufgebläht wird, die Bundesregierung aber kein einziges Wort des Bedauerns oder der Trauer für die Opfer übrig hat. Keine Entschuldigung, keine menschliche Geste kam von Frau Merkel – nichts! Jeder gefallene Bundeswehrsoldat wird besonders intensiv betrauert, aber unzählige ermordete afghanische Frauen und Kinder werden einfach ignoriert und als Menschen zweiter Klasse abgetan. Das alles hatten wir doch schon mal!

In der aktuellen Skandal-Berichterstattung bleibt die offene Benennung des Massakers als Kriegsverbrechen genauso außen vor wie die dafür hauptsächlich Verantwortlichen! Wie die „Neue Rheinische Zeitung“ am 27. November 2009 zu Recht betont, sind dies die Kanzlerin Angela Merkel, ihre Kabinettsmitglieder und die komplette Bellizistenfraktion im Bundestag. Autor Volker Bräutigam: „Eine Bande von Mordbuben agiert im Reichstag“! Da wir diese leider nicht so schnell abwählen können, bleibt es zunächst bei unserer dringendsten Forderung: Die Bundeswehr muss schnellstens raus aus Afghanistan!

 

Ware Arbeitskraft beseitigt, ohne für Lagerungskosten aufzukommen

07. 12. 2009 – Nach Entlassungen vollzieht sich immer die gleiche Tragödie, die mit fortschreitender Entrechtung oftmals in völliger Erniedrigung, Entmündigung oder sogar mit dem Tod der Betroffenen endet. Millionen Menschen werden einfach weggeworfen. Das ist Kapitalismus! Das ist unsere Marktwirtschaft! Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum Deutschland“ schilderte dieser Tage ihren Leidensweg am Beispiel der Quelle-Belegschaft.

Nach dem Erhalt ihrer Kündigung fügen sich die Angestellten als disziplinierte Lohnabhängige ihrem Schicksal und geben bis zum letzten Tag ihr Bestes, auch dann, wenn die Firma sie auf die Halde der Erwerbslosen aussortiert. Sie melden sich arbeitslos und vertrauen darauf, dass die Konjunktur wieder anspringt. Dafür sind sie bereit, Opfer zu bringen, und würden auch Jobs mit weit niedrigeren Löhnen annehmen. Obwohl sie es anders wissen, hinterfragen sie nicht lautstark, warum sie dies eigentlich tun sollen. Die Hoffnung stirbt im Kapitalismus zum Schluss. So weit ist es noch lange nicht!

Sie werden erleben, dass es trotz ihrer Opferbereitschaft weder Jobs gibt, noch dass Politik und Wirtschaft sich um sie kümmern. Es folgt die systematische Zerstörung des letzten Funkens ihrer Würde. Die Arbeitsagentur wird ihnen immer neue Anstrengungen abverlangen und niemals zulassen, dass auch nur der Gedanke aufkommt, ihre Erwerbslosigkeit könne etwas mit unserem System zu tun haben. Erwerbslosigkeit wird ausschließlich auf individuelles Versagen reduziert! Entsprechend behandelt man sie. Also müssen sie sich anstrengen und sich als gute Sklaven sogenannten Arbeitgebern andienen, die sie statt einer Einstellung noch gnadenloser ausbeuten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Missmanagement und Firmenpleiten werden zur individuellen Schuld deklariert und Schuldige bestraft. Die Betroffenen haben den Glauben an Parteien und Gewerkschaften längst verloren. Sie setzen auf nichts mehr und erleben weitere Bestrafungsaktionen wie Bewerbungstrainings und sonstige unsinnige Kurse. Gefasst und gar nicht vorbereitet landen sie spätestens in einem Jahr bei Hartz IV oder müssen erst ihr bescheidenes, den Kapitalismus abgetrotztes Vermögen verbrauchen. Gebraucht fühlen sie sich nicht mehr. Gesellschaftlich werden sie als unqualifiziertes, abgehängtes Preka­riat stigmatisiert.

Spätestens hier beginnt ein Spießrutenlaufen, das einer wahren Hölle gleicht! Ähnlich einem Bestrafungslager wird jedes Stück Individualität gebrochen und dem Betroffenen auch der letzte Funken Würde genommen. Dies beginnt mit dem völligen Ausziehen vor einem bisher unbekannten Sachbearbeiter und führt über demütigende Befragungen bis hin zum quälenden Abwarten, wann denn endlich der erste Hungerregelsatz kommt. Als ob das nicht genug wäre, kommt es immer häufiger vor, dass alles noch mal passiert, weil längst eingereichte Unterlagen angeblich nicht aufzufinden sind. Selbstverständlich liegt die Schuld nur beim Hartz-IV-Empfänger, wie ihn der Mainstream verächtlich bezeichnet.

Niemals wird deutlich gemacht, was im nächsten Schritt folgt. Verstöße zum Beispiel gegen völlig nutzlose „Eingliederungsvereinbarungen“ werden gnadenlos mit Geldkürzungen bestraft, und sei es bis zum völligen Leistungsentzug. Es ist wie bei Kafka: Man wird angeklagt, ohne dass einem jemals die Anklage mitgeteilt wird. Wer aufmuckt, muss mit der ganzen Härte des Systems rechnen. Das Kapital hat das Ziel erreicht. Die Schuld an den hohen Staatsausgaben ist im abgehängten und angeblich bildungsfernen Prekariat zu suchen und keineswegs darin, dass das Kapital sich billigst der so entwerteten Ware Arbeitskraft entledigt hat, ohne für dessen Lagerungskosten aufzukommen. Gleichzeitig zeigt man den disziplinierten Lohnabhängigen, wo sie enden können, wenn sie sich nicht dem Diktat des Kapitals unterwerfen.

In der Menschenrechtskonvention von 1950 heißt es im Artikel 3: Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Artikel 4 Absatz 1 lautet: Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Im Absatz 2 ist zu lesen: Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten. Artikel 7 Absatz 1 besagt: Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nicht strafbar war. Artikel 8 Absatz 1: Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.

Hartz IV verstößt ganz massiv gegen alle diese Grundsätze. Diese Methoden der psychischen Folter in den Argen gehören vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof! Doch es ist völlig unklar, ob sich das Gericht überhaupt damit befassen wird. Deshalb gilt hier und heute: Der Verlust der Persönlichkeit ist vermeidbar! Schließt euch zusammen und wehrt euch! Bildet Initiativen! Legt zum Beispiel gegen die Anrechnung von Vermögen Widerspruch und notfalls Klage ein! Es sind immer Menschen für euch da – zum Beispiel auf der Montagsdemo oder in der „Solidarischen Hilfe“! Geht nie allein aufs Amt, sondern lasst euch stets begleiten, wenn ihr zur Arge oder hier in Bremen zur Bagis müsst!

 

Faschistische Sprachverrohung in der Bundeswehrführung

21. 12. 2009 – Jetzt lassen wohl manche führenden Militärexperten der Republik ihre zivilgesellschaftlichen Masken endgültig fallen. Solange der Krieg in Afghanistan noch nicht „Krieg“ genannt werden durfte, vermieden sie peinlichst auch das entsprechend menschenverachtende Vokabular. Das Verbrechen von Kunduz am 4. September 2009 war eine Zäsur in diesem Krieg der Bundeswehr, denn es hat die bisherige Sprachregelung im Kriegführen schlagartig und grundlegend verändert. Offenbar haben nach der klassifizierenden Lesart der Militärs die Bewohner(innen) in den Einsatzgebieten, insbesondere die Taliban in Afghanistan und Pakistan, nur noch den Status von „zu vernichtendem Ungeziefer“!

Völlig ungeniert spricht auch schon der ehemalige „Verteidigungs“-Staats­sekretär Lothar Rühl vom „zweijährigen Endkampf“ in Afghanistan, dem die Politik nicht „im Feld aus dem sicheren Heim in den Arm“ fallen dürfe. Aus dem Sprachgebrauch des „Dritten Reiches“ sind solche Termini nur allzu bekannt! Der Begriff „Bekämpfung“ wird mehr und mehr durch das menschenverachtende Wort „Vernichtung“ ersetzt, denn die Bundeswehr-Militärs erklären jetzt ihre früheren Bedenken gegen dieses Wort für überflüssig. Oberst Ulrich Kirsch, Chef des Bundeswehrverbandes, erläutert aus seiner Sicht das Wort „Vernichtung“ folgendermaßen: „Das ist ein Terminus technicus, ein militärischer Fachbegriff, mehr nicht.“

Der deutsche General Karl-Heinz Lather, der im belgischen Nato-Haupt­quartier Dienst tut, nahm denn auch den Massenmörder Oberst Klein ausdrücklich in Schutz. Es ist wirklich nicht zu fassen: Lather erklärt da völlig ungerührt, das Massaker von Kunduz sei lediglich „eine Anekdote“! Luftschläge wie die bei Kunduz habe es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, und in der Nato würden sie für „grundsätzlich gerechtfertigt“ gehalten. Das sagte vor kurzem übrigens auch der schneidige Freiherr zu Guttenberg, bevor er aus taktischen Gründen seinen Rückzug antrat. Noch besser wäre es freilich, wenn der Minister für einen wirklichen Frieden eintreten würde. Noblesse oblige, Herr zu Guttenberg – Adel verpflichtet!

Allerdings gibt es in Bundeswehrkreisen auch andere Stimmen: „Heim­tü­ckisch, grausam und gemeingefährlich“ nennt zum Beispiel Oberstleutnant Jürgen Rose vom „Darmstädter Signal“ das neuerliche militärische Denken und Handeln. Dem Bundeswehr-Obersten Klein sei es bei der Bombardierung der Tanklastzüge vor allem darum gegangen, „möglichst viele zum Abschuss freigegebene menschliche Ziele zu vernichten“ („Neues Deutschland“ vom 19./20. Dezember 2009).

Der Rückfall der Militärs (und mancher Politiker) in die menschenverachtende Sprache des deutschen Faschismus mahnt noch dringender zum Rückzug! Dieser droht allerdings, trotz des desaströsen Kriegsverlaufs, in immer weitere Ferne zu rücken – auch weil der frisch gebackene „Friedens“-Nobelpreisträger Obama und die Regierung in Berlin immer mehr Truppen einsetzen wollen, um in Afghanistan doch noch eine Art „Endsieg“ zu erreichen.

Das „Bremer Friedensforum“ sammelte unter seinem jüngsten Friedensappell „Bundeswehr raus aus Afghanistan!“ bereits mehrere hundert Unterschriften. In dem Appell heißt es unter anderem: „Seit acht Jahren, länger als der Zweite Weltkrieg gedauert hat, führen westliche Staaten Krieg in Afghanistan, darunter auch Deutschland. Millionen Menschen leiden an Hunger und Unterernährung. Unter dem Militäreinsatz greifen Drogenproduktion, Korruption, Rechtlosigkeit und Willkür immer weiter um sich. Machen Sie zusammen mit uns Druck auf die Regierung! Fordern Sie mit uns: Bundeswehr schnellstmöglich raus aus Afghanistan!“ Neben anderen Organisationen und vielen Einzelpersonen hat sich auch die Bremer Montagsdemo mit diesem Aufruf solidarisiert.

 

Militärprogramme im Schlepptau
ziviler Umweltforschung ausgebaut

04. 01. 2010 – Kriegsverbrechen der Bundeswehr, Sprachverrohung in den Militärstäben, Entzivilisierung der Gesellschaft und Einsatzplanung im Inneren erfordern endlich eine öffentliche Diskussion! Doch Politik und Main­stream-Medien tun bekanntlich alles, um eine breite, demokratische Debatte zu verhindern. Stattdessen werden wir tagtäglich mit Lügen, Manipulationen und Verdrehungen vollgestopft. Hier in der Rüstungshochburg Bremen ist eine öffentliche Debatte über die hemmungslose Aufrüstung durch Bremer Betriebe wie OHB, Atlas Elektronik und Lürssen besonders überfällig! Militärforschung, die an der hiesigen Universität gemeinsam mit OHB betrieben wird, ist ein ganz besonderes Tabuthema. Damit sich dies bald ändert, hat das „Bremer Friedensforum“ gemeinsam mit der „Initiative ziviles Bremen„ die „Bremer Erklärung für zivile Forschung“ ins Leben gerufen.

Darin heißt es unter anderem: „Wir, Angehörige von Uni­ver­si­tä­ten, Forschende und Studierende, in wissenschaftlichen Instituten und Um­welt­ver­bän­den Be­schäf­tig­te, Bür­ge­rin­nen und Bür­ger, sind in Sorge da­rü­ber, dass Umweltforschung zunehmend zum Feigenblatt für Belange von Militär und Grenz­über­wa­chung wird. Wir befürchten, dass im Schlepptau ziviler Umweltforschung auch militärische Programme ausgebaut werden. Wir erklären daher, dass wir uns an keinen Projekten und Programmen beteiligen wollen, in denen eine Kooperation zwischen zivilen und militärischen Nutzern vorgesehen ist, wie zum Beispiel zum Zwecke der Überwachung der EU-Außengrenzen. Wir erklären ferner, dass wir uns vom ‚Si­cher­heits‘-Pro­gramm im Rahmen der EU-‚Ini­tia­tive‘ ‚Glo­ba­le Umwelt- und Si­cher­heits­über­wa­chung‘ sowie des IMP distanzieren. Wir erklären, dass wir uns dafür einsetzen werden, zivile Forschungsprogramme von Programmen für Ziele von Militär und Grenzschutz zu entkoppeln.“

Diese Erklärung wird mit den Namen der Unterzeichnenden an die Mitglieder des Senats und der Fraktionen weitergeleitet. Außerdem geht sie an die Rektoren von Universität und Hochschule Bremen, die Fraktionen des Europäischen Parlaments und an die Medien. Wie ich bereits sagte, ist es besonders wichtig, dass Militärforschung beispielsweise zum Zweck der Flüchtlingsabwehr und die Bremer Rüstungsproduktion in der Öffentlichkeit breit diskutiert werden. Zum Schluss noch dies: Ein nicht stattgefundener terroristischer Anschlag auf ein Flugzeug dient den USA und Großbritannien offenbar als Vorwand für ein mögliches militärisches Vorgehen gegen den Jemen! Wir fordern: Kein Krieg gegen den Jemen! Keine Bundeswehr in den Jemen! Und bald auch keine Rüstungsproduktion in Bremen!

 

Truppenabzug macht Gelder frei für den Wiederaufbau Afghanistans

18. 01. 2010 – Wintersport der besonderen Art betrieben am 16. Januar etwa 40 Friedensaktivist(inn)en unter anderem des „Bremer Friedensforums“ und der „Deutschen Friedensgesellschaft“ vor dem Kongresszentrum auf der Bremer Bürgerweide (siehe Foto von Joachim „Bommel“ Fischer). Anlass war das alljährliche traditionelle Festessen der „Stiftung Eiswette“ mit dem Auftritt Karl-Theodor zu Guttenbergs als Gast- und Hauptredner. Die Demonstrierenden empfingen die etwa 700 ausschließlich männlichen Teilnehmer mit einer Mahnwache. Auf Pappschildern und Transparenten forderten sie den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. In einem Offenen Brief, den sie an die Gäste verteilten, riefen sie den „Verteidigungs“-Minister auf, schnellstmöglich einen Plan zur Reduzierung der deutschen Truppen mit dem Ziel ihres vollständigen Abzuges vorzulegen. Der Brief hat folgenden Wortlaut:

 

„Sehr geehrter Herr von und zu Guttenberg, am Samstag, dem 16. Januar 2010, werden Sie beim Essen der ‚Bremer Eiswette‘ zu Gast sein. Wir gehen davon aus, dass die Mehrheit der Teilnehmer dieses Essens für die Fortführung des Einsatzes der Bundeswehrtruppen am Hindukusch ist. Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ‚Bremer Friedensforums‘ und der ‚Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner(innen)“, vertreten dagegen mit der Forderung nach einem schnellstmöglichen Abzug der Bundeswehrtruppen aus Afghanistan die Mehrheit der deutschen Bevölkerung wie auch jener der Freien Hansestadt Bremen.

Seit über acht Jahren ist Deutschland am von den USA begonnenen Krieg in Afghanistan beteiligt. Er hat bisher über 300.000 Menschen das Leben gekostet. Dabei nimmt die Zahl der Zivilisten, die dabei umkommen, von Jahr zu Jahr zu. Nach Aussage der UN-Mission in Afghanistan kamen im vergangenen Jahr 2.412 afghanische Zivilisten um, das sind 14 Prozent mehr Menschen als im Jahr zuvor. Die Zahl der Verletzten wird um ein Mehrfaches höher liegen, unter ihnen Menschen, die für ihr Leben lang verkrüppelt und verstümmelt sind. Sie, Herr Minister, erwägen als Zusage für die Londoner Afghanistan-Konferenz eine Truppenerhöhung der Bundeswehr. Das würde zu einer Eskalation der kriegerischen Auseinandersetzungen in diesem Lande wie in Pakistan beitragen. Stattdessen wäre es angebracht, einen Plan zur Reduzierung deutscher Truppen mit dem Ziel ihres vollständigen Abzuges vorzulegen. Das würde den Weg zum Frieden ebnen, und dadurch würden Gelder frei werden, die zum Wiederaufbau dieses geschundenen Landes verwendet werden könnten. Darüber hinaus würden Sie damit auch der Sorge um das Leben der deutschen Soldaten entgegenkommen.

Wir appellieren an Sie: Geben Sie dem Druck der US-Regierung zum Zwecke der Truppenerhöhung nicht nach! Legen Sie einen Plan zur schnellstmöglichen Rückführung der deutschen Truppen vor! Werden Sie als Verteidigungsminister ein Friedensminister! Mit freundlichen Grüßen.“

 

Geistige Brandstifter am Werk!

01. 02. 2010 – Zwangsarbeit gibt es schon, seit die Hartz-Gesetze in Kraft sind. Bekanntlich steht diese Repression bereits seit der Regierung Schröder in den Gesetzestexten. Roland Koch, der hemmungslose Demagoge, und seine lautstark tönenden Gesinnungskomplizen fordern also im Grunde nichts Neues – dies tat auch schon zu Zeiten von Rot-Grün ein gewisser Wolfgang Clement. Hartz-IV-Empfänger seien entweder faul oder sie arbeiteten schwarz und machten sich auf Kosten der anderen einen schönen Lenz. Die Vorurteile gegen all diejenigen, die keinen Job haben und mit ein paar hundert Euro im Monat über die Runden kommen müssen, werden gezielt geschürt. Auch was das Bremer Greenhorn Oliver Möllenstedt seit Wochen von sich gibt, ist nicht neu, sondern nur besonders unverschämt!

Wenn die „Blöd“-Zeitung hier sekundiert und ständig vom „Sozialbetrug durch faule Arbeitslose“ schwadroniert, dann ist die perfide Stimmungsmache nur das Vorspiel für noch weit schlimmere Sozialkahlschläge in diesem Jahr. Im Übrigen soll die Hetzkampagne wohl vom absolut desolaten Erscheinungsbild der Regierungskoalition ablenken. Vor allem Roland Koch ist in mehrfacher Hinsicht ein höchst gefährlicher Brandstifter – und dies nicht zum ersten Mal, denn er ist seit Langem für brutalstmögliche Vorschläge und Hetztiraden gegen bestimmte Gruppen bekannt. Tatsächlich vertreten Koch und die Seinen einzig und allein die Interessen des Kapitals an immer niedrigeren Löhnen und Plünderung der Sozialkassen. Deren Vertreter haben bekanntlich mit ihrer beispiellosen Profitgier einen maßgeblichen Anteil an der Massenerwerbslosigkeit!

Statt die Verantwortlichen der Arbeitslosigkeit an den Pranger zu stellen, unterstellen sie die Schuld den Erwerbslosen und bedienen sich dabei der düstersten Stammtisch-Vorurteile. Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum Deutschland“ stellt fest, dass wir keine Arbeitspflicht brauchen, sondern endlich einen Mindestlohn von 10 Euro und eine sofortige Anhebung der Hartz-IV-Regelsätze auf 500 Euro. Davon unabhängig bleibt weiterhin auf der Tagesordnung: Nicht der Name Hartz IV muss verschwinden, Frau von der Leyen, sondern das gesamte Gesetzeswerk muss weg! Alternative Vorschläge finden Sie jederzeit auf der Homepage der Bremer Montagsdemo!

 

Bremer Senat sollte sich von Heinsohns Aussagen distanzieren

22. 03. 2010 – Im Jahr 1984 erhielt Gunnar Heinsohn eine Professur an der Universität Bremen. Was sich dieser Professor mit seinem jüngsten Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen“ und auszugsweise in der „Blöd“-Zeitung leistete, ist ein absolut (un)geistiger Rückfall in die Zeit der faschistischen Barbarei!

Heinsohn schreibt, dass die Kinder von Hartz-IV-Opfern minderwertig, dümmer und fauler seien als die Kinder von anderen deutschen Müttern. Diese Kinder entstammten einer „Unterschicht“, die sich durch Sozialhilfe immer mehr vergrößere und hemmungslos vermehre und den „Leistungsträgern“ auf der Tasche liege. Während sich die „Unterschicht“ auf diese Weise vermehre, bekämen die „deutschen Frauen der Leistungsträger“ zu wenige Kinder. Der Staat müsse also das weitere Kinderkriegen verhindern, „indem man deren Angehörigen die Lebensgrundlage entzieht“. Deutschland brauche diese minderwertigen Kinder nicht, sondern es brauche die sozial wertvollen Kinder der Karrierefrauen.“

Ich traute zunächst meinen Augen nicht, und mir stockte fast der Atem, als ich das las. Wird hier einer neuen Art von Euthanasie das Wort geredet? So etwas hätte vor mehr als einem halben Jahrhundert genauso gut im Nazi-Hetzblatt „Stürmer“ stehen können! Doch es stand in der ach so seriösen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, hinter der sich angeblich immer ein kluger Kopf verbirgt. Für mich wäre das ein klarer Fall für den Presserat, sofern dieser überhaupt noch als demokratisches Kontrollorgan der Printmedien funktioniert. Große Hoffnung, dass er gegen die FAZ eine Rüge aussprechen wird, habe ich daher nicht!

Der Publizist Rudolf Stumberger stellt mit Blick auf Heinsohn zutreffend fest, dass es hemmungslos sei, was Vertreter einer neuen Rassen- und Klassenhygiene sich da trauten, öffentlich von sich zu geben. Hartz-IV-Empfänger und ihre Familien spielten inzwischen die Rolle einer Bevölkerungsgruppe, auf die man mittlerweile ungestraft einschlagen und ihr die Lebensgrundlage absprechen könne. „Sozialhilfe auf fünf Jahre zu begrenzen“ um sie so zu dezimieren, das sei der „grandiose“ Vorschlag dieses Soziologie-Professors.

In einem Internet-Blog konnte ich kürzlich Folgendes lesen: „Der Damm ist längst gebrochen, der in Erinnerung an Auschwitz und andere Verbrechen, die man gern schon als ‚Geschichte‘ betrachtet, die übelsten Ausfälle der Hetzer zurückhielt. Herrengehabe ist auf den Plan getreten und hat mit dem rechten Handrücken die Hindernisse vom Tisch gefegt, die dem freien Spiel der Verachtung im Wege lagen. Wer in dieser Welt von genetischen Dispositionen faselt, will Menschen aussondern und ihnen die Schuld für das Versagen einer Gesellschaftsorganisation als persönlichen unkorrigierbaren Makel anheften“.

So ist es, und der Bremer Professor Gunnar Heinsohn setzt der allgemeinen Hetze jetzt die Krone auf! Wo bleibt eigentlich eine entsprechende Reaktion der Bildungsgewerkschaft GEW auf diese Ungeheuerlichkeit? Eine Strafanzeige gemäß Paragraf 130 StGB und Beleidigung gemäß § 185 StGB, getragen von möglichst vielen Menschen und Organisationen, wäre das Mindeste und ist auch bereits erfolgt. Falls er noch Vorlesungen hält, sollte ihm der Lehrauftrag so schnell wie möglich entzogen werden, damit der Ruf der Universität nicht beschädigt wird. Vom rot-grünen Bremer Senat sei zudem eine deutlich distanzierende Stellungnahme gefordert, um noch mehr Schaden von der Stadt abzuwenden!

 

Die afghanische Bevölkerung wehrt sich zu Recht gegen die verhassten Besatzungstruppen

12. 04. 2010 – Die toten und verwundeten Soldaten vom Karfreitag machen es mehr als offensichtlich, dass die Bundeswehr in Afghanistan völlig fehl am Platz ist! Sie ist eine Besatzungsarmee, die eifrig mit den örtlichen Kriegsherren paktiert und das korrupte Karsai-Regime in Kabul an der Macht hält. Die Bevölkerung, die am meisten unter dem Krieg leidet, interessiert sie dabei nicht. Seit Jahren spricht sich bei uns eine deutliche Mehrheit der Menschen gegen den Krieg in Afghanistan und die deutsche Beteiligung daran aus. Trotzdem will eine breite Mehrheit „unserer Volksvertreter“ die Fortsetzung dieses sinnlosen Krieges! Dafür sind sie bereit, noch mehr Kriegsmaterial für die Bundeswehr zur Verfügung zu stellen und sogar noch mehr Opfer in Kauf zu nehmen.

Der Feind steht nicht in Afghanistan in Gestalt der Taliban beziehungsweise der sich wehrenden Bevölkerung. Die wehrt sich nämlich zu Recht gegen die verhassten Besatzungstruppen. Der Feind steht vielmehr im eigenen Land! Dort stand er übrigens schon immer, wenn Deutschland Krieg geführt hat. Es sind diejenigen Parteien und Abgeordneten, die das deutsche Militär nach Afghanistan geschickt haben, damit es – wie Peter Struck es sagte – „die deutschen Interessen am Hindukusch verteidigt“.

Gemeint sind heute wie damals die Interessen des deutschen Rüstungs-, Energie- und Bankenkapitals. Es sind diese Herrschaften, die den Tod der Bundeswehrsoldaten und vor allem das furchtbare Sterben unzähliger afghanischer Kinder, Frauen und Männer zu verantworten haben! Massaker wie das von Kundus wird es daher immer wieder geben. Für diese Ermordeten gibt es in unserem Land keine öffentlichen Trauerfeiern!

Monty Schädel, Bundessprecher der „Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsgegner(innen)“ brachte es dieser Tage auf den Punkt: Die Trauerfeier mit Kanzlerin Merkel und Kriegminister Freiherr zu Guttenberg war schlichtweg abscheulich und menschenverachtend. Während deutsche Parlamentarier der „Linken“ unter dem Beifall anderer Fraktionen des Parlaments verwiesen werden, wenn sie der afghanischen Opfer des Bundeswehrhandelns gedenken, während es Bundestag und Bundesregierung bis heute nicht fertiggebracht haben, sich bei den Opfern und Hinterbliebenen des Kundus-Massakers und anderer „Zwischenfälle“ zu entschuldigen, ganz zu schweigen von einer öffentlichen Trauerfeier, wird der Tod von drei deutschen Soldaten in einem Krieg mit Zehntausenden Toten als besonderes öffentliches Ereignis begangen.

Schädel wörtlich: „Natürlich kann auch ich das Leid von Angehörigen über den Tod ihrer Familienmitglieder nachvollziehen, doch die Inszenierung der Trauerfeier als Heldenverehrung unter der Aussage, sie seinen für Deutschland, die Freiheit oder die Demokratie ‚gefallen‘, ist reine Kriegspropaganda. Der Krieg ist ein Verbrechen, und auch durch den Tod wird er nicht gerecht! Das öffentliche Zelebrieren der Trauer über ‚gefallene‘ Soldaten ist Kriegspropaganda!“ Deshalb muss die Forderung immer wieder lauten: Bundeswehr raus aus Afghanistan – und auch aus allen anderen Auslandseinsätzen!

 

„Das Deserteursdenkmal muss
weg, sonst kriegt Bremen
keine Rüstungsaufträge mehr!“

17. 05. 2010 – Deserteursdenkmale stehen zumeist als Einzelex­emplare, oftmals erst nach heftigen Auseinandersetzungen mit den jeweiligen Ortsgewaltigen, in verschiedenen Städten dieser Republik. So zum Beispiel in München, wo die DFG-VK im Jahre 1987 das Denkmal „Den Deserteuren aller Kriege“ aufstellte. In Potsdam ziert seit 1989 das „Denkmal für den unbekannten Deserteur“ den „Platz der Einheit“. Am 1. September 1994 wurde in Braunschweig ebenfalls ein Deserteursdenkmal enthüllt, und seit 1998 gibt es ein Denkmal in Bernau bei Berlin, das an die pazifistische Haltung vieler Deserteure erinnert.

Bremen hat sein Denkmal „Dem unbekannten Deserteur“ seit 1986. In jenem Jahre wurde es von der Gruppe „Reservisten verweigern sich“ im Foyer des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses aufgestellt. Kurz danach kam es in der Bürgerschaft zu heftigen Kontroversen mit der CDU, die das Denkmal wieder entfernt sehen wollte. Mit den Stimmen von SPD und Grünen wurde der Antrag jedoch abgelehnt. Es gab sogar eine handfeste Erpressung von höchster Stelle! So wusste der Wehrmachtsdeserteur Ludwig Baumann zu berichten, dass der damalige Kriegsminister Manfred Wörner (CDU) vom seinerzeit amtierenden Bremer Bürgermeister Wedemeier die Entfernung mit den Worten verlangte: „Das Deserteursding muss weg, sonst bekommt Bremen keine Rüstungsaufträge mehr!“ Doch die Rüstungsbetriebe bestehen munter weiter, und das Vegesacker Denkmal eben auch!

Nun bekam es von einem zweiten Denkmal Besuch: Seit dem 17. Mai 2010 steht im Foyer auch das vom Aktionskünstler Joachim „Bommel“ Fischer geschaffene mobile Deserteursmahnmal, das bereits am Antikriegstag 2008 während zweier Kundgebungen mit Baumann auf dem Marktplatz und anschließend auf der Altmannshöhe gestanden hatte. Im Rahmen der Aufstellung gab es eine kleine Feierstunde mit anschließender Diskussion. Beide Denkmale stehen jetzt im Bürgerhaus für einige Zeit einträchtig nebeneinander!

Hierzu ein Termin: Am 31. Mai 2010 laden die DFG-VK Bremen und das Projekt „Internationale Friedensschule Bremen“ zu einem Gespräch zum Thema „Historische und aktuelle Motive zum Thema Desertion“ ein. Die Veranstaltung findet um 19:30 Uhr im Foyer des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses Vegesack, Kirchheide 49, statt.

 

Bejubelt wird die boomende
Bremer Rüstungsindustrie

31. 05. 2010 – Am 27. Mai erschien in den beiden großen Bremer Tageszeitungen „Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“ ein ausführliches Interview mit dem Bremer Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD). Darin bejubelte er voller Überschwang – sehr zum Entzücken der Handelskammer – den „Fleiß“ des Unternehmertums in der Hansestadt. Völlig unkritisch schloss er dabei die kräftig boomende Rüstungsindustrie in seinen Jubel ein! Dies forderte unseren Protest heraus und veranlasste uns zu einer entsprechenden Pressemitteilung.

Darin verurteilen wir den Zynismus des Senators. Wir heben hervor, dass die von ihm gelobte Spitzentechnologie in hohem Maße der elektronisch gestützten Kriegsführung der Bundeswehr und der Flüchtlingsabwehr aus dem Weltraum dient. Diesen Tatbestand hatte er heruntergespielt und als „abstrus“ bezeichnet. „Bremer Rüstungsbetriebe und Rüstungsexporte über bremische Häfen tragen zur Verbreitung von Kriegswaffen bei, töten Menschen und zerstören Orte in anderen Ländern“, betonen wir stattdessen und werfen ihm vor, dass in seiner gesamten Lubhudelei friedenspolitische Überlegungen überhaupt keine Rolle spielen.

Wir erinnern ihn daran, dass vor 20 Jahren der damalige Senat noch für die Umwandlung von Rüstungs- in Zivilproduktion eintrat. Dieses Konversionsprogramm führte zwischen 1992 und 2001 über 60 betriebliche Projekte durch. Unsere Pressemitteilung fährt mit der Feststellung fort, dass die gleichen Betriebe, die heute Rüstungselektronik herstellen, genauso gut notwendige High-Tech-Produkte zur Erhaltung der Umwelt und zur Energieeinsparung herstellen könnten. Dies würde die wirtschaftlichen Erfolge des Landes Bremen keineswegs schmälern, ein Verlust von Arbeitsplätzen wäre damit nicht verbunden. Das Gegenteil wäre der Fall, bestehende Arbeitsplätze könnten sogar dauerhaft gesichert werden. Daher unser Appell an Senator Günthner: Bremen muss jetzt mit der Neuauflage eines Konversionsprogramms punkten und zugleich ein deutliches Friedenszeichen setzen!

 

Bundesregierung stempelt Hartz-IV-Kinder zu unerwünschtem Leben

14. 06. 2010 – Die Bundesregierung lügt uns seit Tagen die Hucke voll! Das „Sparpaket“ ist weder „gerecht“ noch „ausgewogen“, wie uns Merkel, Westerwelle und Schäuble gebetsmühlenartig weismachen wollen. Millionäre zahlen nichts, während die Ärmsten am meisten bluten sollen. Es ist die brutalste Umverteilungsorgie in der Geschichte der Bundesrepublik, die zudem durch ein unglaubliches Maß an Hochmut und Arroganz geprägt ist. Die schwarz-gelbe Regierung, die zuvor mit mehreren 100 Milliarden Euro „Rettungsschirme“ über Banken, Bankrotteuren und Konzernen aufgespannt hat, schlägt besonders hart bei denjenigen Menschen zu, die ohnehin kaum genug zum Leben haben, nämlich bei Hartz-IV-Betroffenen, Geringverdienern, prekär Beschäftigten und Rentnern. Als nächstes sollen 60 Millionen gesetzlich Versicherte Sonderabgaben oder Kopfpauschalen zahlen. Dies bringt für die gesetzlich Versicherten weitere massive Belastungen mit sich.

Währendessen werden der Energiewirtschaft 100 Milliarden an Extraprofiten für ihre menschenverachtenden Atomkraftwerke zugeschustert. Fast vierzig Prozent der Einsparungen laufen zu Lasten und auf Kosten der Armen. Damit entspricht die Bundesregierung auf ganzer Linie den Interessen des Kapitals. Zum Beispiel wird der Wegfall des ALG-II-Zuschlags vom Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt mit folgender klassenkämpferischen Plattitüde begründet: „Zuschläge bis ins vierte Jahr der Arbeitslosigkeit verleiten dazu, in Arbeitslosigkeit zu verharren.“ Dies ist auch so eine Gebetsmühle, die schon vor Altersschwäche quietscht und ächzt! Darauf die seit Schröders Regentschaft geltende Replik: Erwerbslose sollen durch Deklassierung und Aushungern noch stärker gezwungen werden, jeden noch so miesen Job anzunehmen. Deshalb auch Hundt und Konsorten schleunigst ab in Hartz IV!

Der dickste Brocken an Einsparungen erfolgt bei den sogenannten Arbeitmarktinstrumenten, also Schulungen, Fortbildungen und dergleichen. Da handelt es sich um Streichungen von zwei Milliarden, die bis 2014 noch auf fünf Milliarden Euro gesteigert werden sollen. Eine besondere Gemeinheit stellt der Fortfall des Heizkostenzuschlags beim Wohngeld dar, auf den insbesondere Bezieher(innen) kleiner Renten und Menschen mit geringem Erwerbseinkommen angewiesen sind. Eine grobe Zumutung ist zudem die Abschaffung des Übergangsgeldes von ALG I zu ALG II. Erwerbslose fallen so übergangslos in den Hartz-IV-Bezug und damit unter das Existenzminimum. Das ist für ältere Berufstätige besonders ärgerlich, weil sie oftmals lange Zeit in die Sozialkassen eingezahlt haben.

Die beabsichtigte Streichung des Elterngeldes beim Bezug von Arbeitslosengeld II zeigt ganz klar, dass „Unterschichtennachwuchs“ in der Bundesrepublik nicht mehr erwünscht ist! Dazu Herbert Thomsen vom „Bremer Erwerbslosenverband“: „Dies schließt nahtlos an die sozialdarwinistischen Tiraden von Sarrazin und Gunnar Heinsohn an, die unlängst massiv die Streichung von Leistungen gefordert hatten, die Anreize für die Geburt von Kindern in Hartz-IV-Haushalten darstellten. Dieser Logik ist die Bundesregierung mit der Streichung des Elterngeldes für Hartz-IV-Bezieher(innen) nun gefolgt. Sollte diese Kürzung Wirklichkeit werden, dann ist offenkundig: Für Kinder von Menschen in Arbeit wird eine Leistung erbracht – für Kinder von Erwerbslosen nicht. Damit stempelt diese Bundesregierung Hartz-IV-Kinder zu unerwünschtem Leben!“

Dieses „Sparpaket“ ist eine offene Kriegserklärung gegen die Leidtragenden unserer Gesellschaft, und damit markiert es gleichzeitig den Einstieg in eine andere Republik. Wenn wir uns nicht mit aller Macht dagegen stemmen, wird eine noch nie da gewesene Spaltung entstehen, die alle sozialen Zusammenhänge für immer zerstören kann! Mit den großen Protestaktionen in Berlin und Stuttgart ist der Anfang gemacht. Stoppen wir diese Entwicklung jetzt!

 

Gauck tischt uns
die alten Lügen auf

21. 06. 2010 – Horst Köhler sagte über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr die Wahrheit: Er gab zu, dass Berlin den Krieg im Interesse der Wirtschaft führt. Vielleicht drängte ihn deshalb eben diese „Wirtschaft“ zum Rücktritt. Sein eventueller Nachfolger Joachim „Fantômas“ Gauck stellte jetzt prompt die alte „Wahrheit“ wieder her! In einem Interview des „Tagesspiegel“ erklärte er dieser Tage, die Bundeswehr führe den Kampf im Namen der Vereinten Nationen gegen den „internationalen Terrorismus“. Er fügte hinzu, dass sie den Kampf auch deshalb führe, damit die Menschen dort „in Sicherheit und Würde“ leben könnten. Wirtschaftliche Erfolge bringe dies nicht. Also tischt auch er uns die alten Lügengeschichten auf. Von präsidialer Überparteilichkeit nicht die leiseste Spur!

Für die Montagsdemo hat Gauck – im Gegensatz zu Köhlers Bremer Äuße­rungen – nur eiskalte Verachtung übrig: Wie das Bundestagsmitglied der „Linken“, Andrej Hunko, auf seiner Internetseite berichtet, verunglimpft Gauck uns Montagsdemontrant(inn)en als „töricht und geschichtsvergessen!“ Er unterstütze Schröders Agenda-Politik von Anfang an und wünscht sich auch heute wieder „solche Versuche mit Mut“. Das war unmissverständlich, und diesen Wunsch hat ihm die jetzige Bundesregierung mehr als erfüllt! Um am Wahltag in der Bundesversammlung seinen Rivalen Wulff zu übertrumpfen, hat er gleich klar gesagt, wes Ungeistes Kind er ist. Ganz gleich, wer Bundespräsident wird – auf jeden Fall wissen wir, woran wir sind!

 

USA und Israel planen
Angriffskrieg gegen Iran

28. 06. 2010 – Verdeckt durch die Fußball-WM scheint sich gegenwärtig im Mittleren Osten eine hochbrisante Entwicklung abzuzeichnen. Wie die Online-Zeitung „Hin­ter­grund“ am 28. Juni 2010 berichtete, hat die israelische Luftwaffe auf einem saudiarabischen Militärstützpunkt militärische Ausrüstung abgeladen. Dies allein ist noch nicht besonders aufregend, wäre da nicht die US-Armee, die parallel dazu ihre Truppen in Aserbeidschan an der Grenze zum Iran zusammengezogen hat. Außerdem passierte gleichzeitig ein ungewöhnlich starker amerikanischer Flottenkonvoi den Suez-Kanal. Dies hätten israelische und iranische Medien bereits in der vergangenen Woche gemeldet. Ein israelisches Schiff habe sich der Armada angeschlossen.

Die israelische Luftwaffe sei vor mehr als zwei Wochen auf einem Stützpunkt bei Tabuk in Saudi-Arabien gelandet. Der Flughafen von Tabuk wurde nach Aussage eines Flugpassagiers ohne Angabe von Gründen für den gesamten Zivilflugverkehr gesperrt. Der höchste örtliche Machthaber, Prinz Fahd ben Sultan, habe die Zusammenarbeit mit Israel höchstpersönlich koordiniert. Die Basis wird als zentraler Ausgangspunkt für einen israelischen Angriff auf den Iran angesehen. Das israelische Portal „Debka“ will herausgefunden haben, dass der Iran inzwischen an seiner Nordwestgrenze den Kriegszustand ausgerufen hat. Dies hätte eine elektronische Aufklärung durch Israel und die USA ergeben.

Begründet werden die kriegerischen Aufmärsche mit einer erhöhten Aktivität in Sachen „iranisches Atomwaffenprogramm“. Bewiesen ist das allerdings bis heute nicht. Wir erinnern uns: George W. Bush begann 2003 den Krieg gegen den Irak, weil Saddam Hussein angeblich mit großen Mengen an Massenvernichtungswaffen die USA bedroht habe. Wie sich herausstellte, war dies eine faustdicke Lüge, denn es ging bekanntlich ausschließlich ums Öl!

Auch heute ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass es den USA und Israel in Wahrheit um ergiebige Rohstoffvorräte und geostrategische Interessen, nicht um vermeintliche oder tatsächliche iranische Atomprogramme geht. Da ist natürlich der Teheraner Machthaber Ahmadinedschad der ideale Bösewicht, dessen brutale Herrschaft es auf jeden Fall pfleglich zu erhalten gilt! Wenn es gewollt gewesen wäre, hätten sie ihn längst mittels Geheimdienstaktivitäten stürzen können, aber als Buhmann wird er ja weiterhin gebraucht!

Bereits am 5. Februar hatte „Welt online“ auf übelste Weise zum Krieg gehetzt! Danach müsse Barack Obama den Befehl geben, die iranischen Atomwaffen zu zerstören. Die Zeit zum Handeln sei jetzt reif, oder die Welt werde ein weit gefährlicherer Ort. Dies wird er allerdings auf jeden Fall, wenn die USA und Israel ihren geplanten Angriffskrieg beginnen, mit verheerenden Folgen für die ganze Welt!

Was kann die Friedensbewegung jetzt tun? Eine Möglichkeit wäre, Appelle über Konsulate und Botschaften an die Regierungen der USA und Israels mit der Aufforderung zu richten, die Kriegsvorbereitungen sofort zu stoppen. Die Bundesregierung ist aufzufordern, die Regierungen in Washington und Tel Aviv umgehend und mit Nachdruck zum Frieden zu drängen!

Eine Anmerkung zur Quelle: Der Selbrund-Verlag, in dem die Publikation „Hintergrund“ erscheint, gilt manchen Zeitgenossen wegen seiner Standortnähe zum Frankfurter Bankenviertel als vom Kapital unterwandert. Zudem wird aus diesen Kreisen gemutmaßt, dass es gewisse Querverbindungen zu rechtsextremen Zirkeln gebe, weil im Verlag auch ein gewisser Jürgen Elsässer publiziert hat. Dies alles ist mir schlichtweg zu dünn und nicht beweiskräftig genug! Ich sehe daher keinerlei Veranlassung, an der Seriosität und Glaubwürdigkeit von „Hintergrund“ zu zweifeln.

 

Die Wahl zum 10. Bundespräsi­denten ist ungültig

05. 07. 2010 – Die Bundespräsidentenwahl vom 30. Juni lief fast wie eine Wahlfarce in Afghanistan. Da aus Nordrhein-Westfalen 133 Wahlmänner und -frauen in der Bundesversammlung nicht stimmberechtigt waren, aber trotzdem mitgewählt haben, ist Christian Wulff sozusagen illegal im Amt.

Am 9. Juni 2010 wurde die konstituierende erste Plenarsitzung von Nordrhein-Westfalen von zwei Personen ohne Landtagsmandat geleitet, weshalb das Präsidium nicht geschäfts- und beschlussfähig war. Ausschließlich Mitglieder des Landtages können nämlich Mitglieder des Präsidiums werden. Dies war nicht der Fall, weil die ehemalige Präsidentin bei der Landtagswahl am 8. Juni nicht wiedergewählt worden war. Ähnliches gilt für den ehemaligen Vize, und damit sind quasi beide Ämter erloschen. Die 133 Abgeordneten wurden demzufolge von einer Landtagssitzung in die Bundesversammlung geschickt, die de facto beschlussunfähig war.

Die Bundesversammlung war dadurch nicht vorschriftsmäßig besetzt. Damit war die Wahl zum 10. Bundespräsidenten nicht gemäß Artikel 54 Absatz 1 Grundgesetz zustande gekommen und damit ungültig! Besonders pikant an der Sache ist, dass Bundestagspräsident Norbert Lammert seit dem 11. Juni über diese Vorgänge Bescheid gewusst hatte.

Wer das alles nicht glauben mag und Einwände gegen die Ungültigkeit vorbringt, dem sei es hier mal „zeitgemäß“ erklärt: Was würdet ihr davon halten, wenn jemand Präsident des Deutschen Fußballbundes würde, der nicht einmal Mitglied des DFB ist? Wahrscheinlich würden sich manche darüber tierisch aufregen und polternd eine Neuwahl des Vorsitzenden fordern!

Sollte dieser Zustand nicht durch eine Neuwahl des Bundespräsidenten geändert werden, verfügt die Bundesrepublik nicht über ein verfassungsmäßiges Staatsoberhaupt, und alle von Christian Wulff unterzeichneten Gesetze sind nicht gemäß Artikel 82 Absatz 1 GG zustande gekommen sowie nicht gemäß Artikel 82 Absatz 1 GG von einem verfassungsmäßigen Bundespräsidenten unterzeichnet. Damit wären all diese Gesetze null und nichtig! Das bedeutet einen Staatsstreich, den niemand bemerkt, denn Deutschland muss Weltmeister werden!

 

Bundestagspräsident Lammert wegen Wahlfälschung angezeigt

19. 07. 2010 – Endlich erfreuliche Neuigkeiten aus der brütend heißen Berliner Anstalt: Nachdem der seit dem 30. Juni erwiesenermaßen nicht legal amtierende Bundespräsident Wulff schon mal kräftig Spesen gemacht hat, entfleucht er jetzt in seinen sauer verdienten Sommerurlaub („Weser-Kurier“ vom 15. Juli 2010), nicht ohne vorher den Stab seinem Stellvertreter Jens Böhrnsen übergeben zu haben, der jedenfalls besser Bundespräsident „kann“ als er – und außerdem nach den Regularien rechtmäßig amtiert.

Unterdessen liegt bei der Staatsanwaltschaft Berlin eine Strafanzeige gegen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) vor, der die Wahlversammlung geleitet hatte. Darin wirft ihm der langjährige ehemalige Parlamentarier Michael Oswald Hoch aus Niedersachsen Wahlfälschung, Wählertäuschung und Rechtsbeugung vor. Lammert hatte nämlich schon einige Zeit vor dem Zusammentreten der Bundesversammlung Kenntnis von den dubiosen Vorgängen um die 133 Wahlfrauen und -männer aus Nordrhein-West­falen. Trotzdem ließ er sie zur Abstimmung bei der Bundespräsidentenwahl zu, obwohl sie über kein legales Mandat verfügten.

Die Wahlfälschung habe Lammert begangen „durch das Herbeiführen eines unrichtigen Ergebnisses sowie durch Täuschung der Mitglieder der Bundesversammlung, sodass diese gegen ihren Willen ungültig gewählt haben, und aufgrund der Leitung und Entscheidung einer Rechtssache, nämlich darüber entschieden zu haben, dass die Wahl des 10. deutschen Bundespräsidenten ordnungsgemäß durchgeführt wurde, wider besseres Wissen.“ So der Text aus der Anzeige. Es ist hammerhart, dass fast nirgendwo in den etablierten Medien ein Sterbenswörtchen zu diesem Fall zu lesen war!

Im § 2 Absatz 2 des Bundespräsidenten-Wahlgesetzes heißt es: „Die Landtage haben die Wahl unverzüglich vorzunehmen. Besteht am Tage der Bekanntmachung nach Absatz 1 Satz 3 kein Landtag oder hat ein Landtag vor Ablauf seiner Wahlperiode die Wahl nicht mehr vorgenommen, so wählt der neue Landtag die Mitglieder. Kann der neue Landtag die Wahl nicht mehr rechtzeitig vornehmen, so tritt an seine Stelle der Ausschuss, der verfassungsgemäß die Rechte des Landtages gegenüber der Regierung bis zum Zusammentritt des neuen Landtages wahrnimmt, oder ein vom Landtag für die Wahl der Mitglieder der Bundesversammlung gebildeter Ausschuss. Kommt eine rechtzeitige Wahl nicht zustande, so bleiben die auf das Land entfallenden Sitze unbesetzt.“ Legal, illegal, sch...egal! Den ganz normalen Berliner Anstaltswahnsinn ändert keine Wahl!

 

„Kriegsmarketing“ ist immer mehr das Geschäft der Militärs

09. 08. 2010 – Der 65. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und, drei Tage später, auf Nagasaki war auch für uns Bremer(innen) wieder ein Anlass, mit einer Mahnwache der Opfer zu gedenken, verbunden mit der Forderung, alle Atomwaffen in Deutschland und in aller Welt abzuschaffen. Diese Forderung gilt selbstverständlich auch für Atomkraftwerke und andere Atomanlagen. Wie aktuell und im wahren Wortsinn „brennend“ die Forderungen sind, zeigen gerade jetzt die außer Kontrolle geratenen Feuersbrünste in Russland, die auch Atomanlagen bedrohen und deren Folgen systematisch heruntergespielt und verharmlost werden.

Etwa 200 Menschen hatten sich am 6. August 2010 zu unserer traditionellen Mahnwache auf dem Marktplatz eingefunden, wo mit Blumen ein großes Peace-Zeichen ausgelegt worden war. Lars Pohlmeier von der Ärzte-Organisation IPPNW berichtete aktuell von der großen NGO-Vorbereitungskonferenz in New York. Dort waren mehr als 1.500 Menschen aus der internationalen Friedensbewegung zusammengekommen, um auf die Überprüfungskonferenz des Nichtweiterverbreitungsvertrages für Atomwaffen Einfluss zu nehmen. Diese Konferenz war allerdings „eine große Enttäuschung“, wie Lars Pohlmeier feststellte: Außer Spesen nichts gewesen!

Er schloss seine Rede mit den Worten: „Nicht nur im Kriegsfall, auch bei einem Unfall könnte Europa innerhalb weniger Stunden ausgelöscht und das Klima nachhaltig verändert werden. Das ist unerträglich und moralisch verwerflich für unsere eigenen demokratischen Gesellschaften, die im politischen Schulterschluss die meisten dieser schrecklichen Waffen besitzen. In den 60er Jahren wurde der erste Teststopp-Vertrag innerhalb von zehn Tagen ausgehandelt. Aber von allein werden die Atomwaffen nicht verschwinden. Bei den UN-Verhandlungen haben neben sehr erfahrenen Wissenschaftlern, Ex-Diplomaten, Ärzten und Aktivisten aus aller Welt auch diesmal wieder viele junge Leute die offiziellen Verhandlungen begleitet. Wir alle werden uns weiter einmischen müssen, damit gelingt, was jetzt gelingen muss, da die Alternative unvorstellbar grauenvoll wäre. Jetzt muss die Wende zu einer Welt ohne Atomwaffen kommen!“

Gerhard Kromschröder, Journalist und Fotograf, ging in seinem Redebeitrag besonders auf die medialen Verdummungsstrategien ein. Kriege würden „Friedensmissionen“, zivile Tote zu „Kollateralschäden“, und zerfetzte Menschen schließlich würden zu „gefallenen Helden“ hochstilisiert. „Kriegsmarketing“ sei immer mehr das Geschäft der Militärs, um das tatsächliche Geschehen in der Schlacht der Worte und der Bilder systematisch in Lügen umzuwandeln. Heute seien wir Zeugen eines Medienkrieges, der mehr denn je eine Schlacht der Bilder sei. Tagtäglich begegneten wir dabei Dokumenten der Entlastung, die wie Präventivschläge gegen die Wirkungsmacht realistischer Kriegsbilder auf uns einprasselten, indem sie den blutigen Horror ausblendeten und den Krieg bis zur Unkenntlichkeit heroisierten und ästhetisierten. In Wahrheit sei Krieg ein antizivilisatorischer Akt, der den Menschen entmenschlicht und erniedrigt. Krieg rüttele an den Festen der von uns gebauten Welt und reiße sie ein.

Kromschröders Schlussappell: „Zweifeln Sie an, was Ihnen da gezeigt und gesagt wird. Hinterfragen Sie und lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen! ‚Little Boy‘ und ‚Fat Man‘ waren keine niedlichen Comicfiguren, sondern Ausgeburten blinder Barbarei. Durchkreuzen Sie die Strategie der Militärs, indem Sie gegen das mediale Sperrfeuer, das täglich auf uns niedergeht in diesem Krieg der Bilder und der Lügen, Ihre schärfste Waffe einsetzen: Ihren Verstand!“ – Beide eindrucksvollen Reden wurden mit sehr viel Beifall bedacht. Es gab noch rezitierte Gedichte zu Hiroshima und als Umrahmung ein Musikprogramm mit Friedensliedern. Rundherum war dies eine gelungene Veranstaltung, die uns alle in Nachdenklichkeit entließ.

 

Schluss mit Krieg, Sozialkahlschlag und Pro-Atom-Politik!

20. 09. 2010 – Immer größer wird der Widerstand gegen die Willkürherrschaft von Kabinett und Kapital in unserem Land, und dieser Widerstand beschränkt sich längst nicht mehr auf einen bestimmten Politikbereich. Der Bundesregierung, den Konzernen und Großbanken steht ein Heißer Herbst ins Haus, und die Friedensbewegung macht gegen den Afghanistaneinsatz mobil! Das ist gut und richtig so, denn Protest und Widerstand sind dringender denn je!

Deutschland ist zu einer Kriegs- und Ausbeutermacht geworden, indem es die Bundeswehr in zahlreiche Krisengebiete schickt, um deutsche Wirtschaftsinteressen mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Diese Kriegspolitik verschlingt Milliardensummen, die viel besser für nachhaltigen Umwelt- und Klimaschutz ausgegeben wären. Deshalb muss die Bundeswehr raus aus Afghanistan und all den anderen Einsatzgebieten! Das sind wir uns selbst und auch all jenen schuldig, die im Krieg zuallererst eine Dehumanisierung menschlichen Denkens erkennen.

Charakteristisch für diese Dehumanisierung des Denkens sind auch Hartz IV, Lohndrückerei und die skrupellose Kumpanei mit der Atomindustrie: Verlängerte AKW-Laufzeiten bedeuten hohe Verstrahlungsgefahr für Zehntausende, aufgeweichter Kündigungsschutz sowie Hartz IV haben zu einer gewaltigen Ausdehnung des Niedriglohnsektors geführt. Hartz IV bedeutet staatliche Subventionierung schlecht bezahlter Arbeit und Disziplinierung der Armen. Es bedeutet Diffamierung, Entrechtung und Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Leben für Millionen erwerbslose Menschen! Thilo Sarrazin, Roland Koch, der Bremer Professor Gunnar Heinsohn und Guido Westerwelle haben vorgemacht, wie man gegen die Betroffenen hetzt! Die Zunahme schlecht bezahlter Arbeit hat außerdem dazu geführt, dass auch die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den letzten Jahren einen beispiellosen Lohnabbau erleiden mussten.

Deutschland ist so innerhalb der EU zu einem Billiglohnparadies geworden. Diesen Wettbewerbsvorteil nutzt die exportorientierte deutsche Wirtschaft, um Extraprofite zulasten anderer Volkswirtschaften einzufahren. Auf diese Weise hat Deutschland unter anderem die griechische Außenhandelsbilanz verhagelt und zur Staatsverschuldung auch in anderen europäischen Ländern beigetragen. Diese Länder schnüren jetzt ebenfalls massive „Sparpakete“ gegen die Bevölkerung. Dafür gesorgt haben mit erheblichem Druck besonders Deutschland, der Internationale Währungsfonds und die Europäische Zentralbank.

Die Krise ist global! Überall sind die Ärmsten der Armen betroffen. Vor allem in den „Entwicklungsländern“ sind die Menschen in ihrer Existenz bedroht. Die Zahl der Hungernden ist um über 200 Millionen in die Höhe geschnellt, unter anderem, weil Finanzhasardeure und andere zwielichtige Gestalten begonnen haben, mit Nahrungsmitteln zu spekulieren. Weltweit fliehen Millionen Menschen vor Hunger, Krieg und Krankheit in den Norden, wo ihnen oft schon vor Erreichen der EU-Grenzen Ertrinken im Mittelmeer oder Lagerhaft und Abschiebung zurück ins Elend ihrer Herkunftsländer drohen.

Keine „Krisenlösung“ zulasten der Armen! Nein zu dubiosen „Sparpaketen“, zur „Kopfpauschale“ und weiteren Verschlechterungen im Gesundheitswesen! Abschaffung aller Hartz-Gesetze und im ersten Schritt eine Erhöhung des Regelsatzes auf 500 Euro! Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich! Zehn Euro Mindestlohn und Abschaffung der Leiharbeit! Weg mit der Rente mit 67! Die Reichen und Verursacher der Krise sollen zahlen! Ob Vermögensteuer, erhöhte Spitzensteuersätze oder Finanztransaktionssteuer – die Besitzer hoher Kapitalvermögen müssen massiv zur Kasse gebeten werden. Nicht „zu hohe Kosten“ sind das Problem, sondern die fehlenden Staatseinnahmen!

Für eine lebenswerte Gesellschaft sind umfassende Investitionen in Bildung, Gesundheitswesen und Pflege dringend notwendig! Banken und Schlüs­sel­in­dus­trien müssen vergesellschaftet werden! Die öf­fent­li­che Daseinsvorsorge gehört in die öf­fent­l­iche Hand! Zu fordern ist weltweit ein öko­lo­gi­scher Umbau der gesamten Gesellschaft. Nein zur Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke, keine Geschenke an die Atomindustrie! Keine „Kri­sen­lö­sung“ auf Kosten ärmerer Weltregionen. Schluss mit rassistischer Hetze gegen Mi­gran­t(in­n)en und andere „Minderheiten“! Gleiche Rechte für alle! Nur ohne Ausbeutung, Repression und Krieg kann es eine lebenswerte Zukunft für die Menschheit geben!

 

Freiwillige schießen ohne Skrupel auf unbewaffnete Demonstranten

18. 10. 2010 – Wie allgemein bekannt ist, will zu Guttenberg die Streitkräfte auf 190.000 größtenteils freiwillige Soldaten reduzieren, um mit ihnen noch effektiver Krieg im Ausland führen zu können. Die Wehrpflicht soll im nächsten Jahr fallen, weil die Bundeswehr für die „Landesverteidigung“ offensichtlich nicht mehr gebraucht wird. Für die geplanten Einsätze im Innern werden ebenfalls nur Freiwillige benötigt, weil diese erheblich weniger Skrupel haben, auf unbewaffnete Demonstranten oder Streikende zu schießen!

Wie der Bremer „Weser-Kurier“ am 12. Oktober 2010 schrieb, könnte dies für Bremen den endgültigen Verlust des Landeskommandos im Vorort Huckelriede bedeuten, das gegenwärtig ohnehin nur noch aus einem Rest von 45 uniformierten und zivilen Bediensteten besteht. Das Kommando war bisher in der Stadt für die zivil-militärische Zusammenarbeit zuständig und soll im Rahmen von zu Guttenbergs Umstrukturierungsplänen so bald wie möglich nach Hannover verlegt werden.

Nun bettelt Bürgermeister Böhrnsen händeringend bei zu Guttenberg um den Verbleib dieser kleinen Truppe in Bremen nach dem Motto: „Ach, wie arm wären wir doch ohne die Bundeswehr! Sie ist ja so beliebt und so schön integriert in dieser Stadt.“ Diesen Eindruck können wir nur bedingt teilen und meinen, dass für Bremen die Bundeswehrpräsenz keinerlei Vorteile oder Sicherheiten bringt. Darum, lieber Herr Böhrnsen, verzichten Sie freiwillig auf die verbliebene Mini-Streitmacht und stimmen Sie zu Guttenbergs Umzugsplänen zu! Besser noch, Sie setzen sich gleich für Abrüstung ein und fordern mit uns das sofortige Ende der Auslandseinsätze. Fordern Sie „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ und statt Aufrüstung Rüstungskonversion!

 

Einspruch gegen die Zustimmung
zur Laufzeitverlängerung!

01. 11. 2010 – Total menschenverachtend hat nun auch der Bundestag mehrheitlich die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre beschlossen. Ergebnis: Die sieben ältesten Reaktoren dürfen acht Jahre länger laufen, während die zehn jüngeren Kraftwerke 14 Jahre lang Strom liefern sollen. Dabei wird Gorleben entgegen aller Warnungen unabhängiger Fachleute zügig weiter ausgebaut und rücksichtslos mit immer neuen Castoren vollgestopft! Völlig ignoriert wird dabei die Tatsache, dass es in Wahrheit keinerlei Lösung für das Endlagerproblem von Atommüll gibt!

Damit haben sich die profitgierigen Energiekonzerne Vattenfall, RWE, EON und ENBW mal wieder auf ganzer Linie durchgesetzt und damit die Weiterentwicklung erneuerbarer Energien für Jahrzehnte blockiert. Dabei wird von Merkel und Rüttgers ständig aufs Neue die Lüge kolportiert, dass ohne Atomstrom die große Dunkelheit über uns hereinbrechen würde, obwohl in Wahrheit ein großer Teil des nuklear erzeugten Stroms sogar eifrig exportiert wird!

Höhnisch setzen sich Großkapitalbesitzer und Kabinett erneut – wie schon beim Afghanistaneinsatz der Bundeswehr – über den Mehrheitswillen der Bevölkerung hinweg! Bereits zum 1. Januar 2011 soll das Gesetz in Kraft treten. Das neue Atomgesetz ist ein glatter Verfassungsbruch, denn die schwarz-gelbe Bundesregierung versucht mit allen Mitteln und fiesen Tricks zu verhindern, dass darüber auch im Bundesrat abgestimmt wird. Ausgenutzt wird dabei die auch unter Parlamentarier(inne)n weit verbreitete Unkenntnis darüber, dass es die zwei Varianten „Einspruchsgesetz“ und „Zustimmungsgesetz“ gibt. Dabei wissen sie oft nicht, dass Einspruchsgesetze keiner Zustimmung des Bundesrates bedürfen, Zustimmungsgesetze dagegen auch im Bundesrat eine Mehrheit finden müssen. Das Gaunerstück dabei ist, das Gesetz einfach vom Zustimmungsgesetz zum Einspruchsgesetz zu erklären, um damit den Bundesrat auszutricksen.

Wenn die Bundesregierung damit durchkäme, wäre dies ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass ihre Politik dem Geist und Buchstaben der Verfassung kaum gerecht wird, auf welche ihre Vertreter bei Regierungsantritt den heiligen Amtseid „zum Wohle des deutschen Volkes“ und „so wahr mir Gott helfe“ geschworen haben. Da aber bekanntlich den Richtern des Verfassungsgerichts die Verfassung auch nicht immer ganz „heilig“ ist, sondern sie zuweilen in ziemlich unheiligem Interesse der Großkonzerne und ihrer politischen Erfüllungsgehilfen entscheiden, hätten diese Herrschaften wahrscheinlich auch diesmal „freie Bahn“! Damit wäre für uns alle eine „strahlende Zukunft“ garantiert, wenn wir dies nicht durch massive Proteste verhindern! Ausgiebig Gelegenheit hierzu ist hierzu in den nächsten Tagen im Wendland! Nehmt alle an den Demos gegen die Castoren und die Laufzeitverlängerung am 6. und 7. November bei Gorleben teil!

 

Bürgermeister will Atomtransporte über bremische Häfen verhindern

08. 11. 2010 – Der Bremer Bürgermeister hat sich nach eigenem Bekunden den Widerstand gegen Atomtransporte und Laufzeitverlängerung für alle Kernkraftwerke auf die Fahnen geschrieben. Kann und will er sie verhindern? Wie sieht es in den eigenen Reihen aus? In einem Interview der Tageszeitungen „Weser-Kurier“ und „Bremer Nachrichten“ vom 5. November 2010 äußerte sich Böhrnsen zu seinen beabsichtigten Vorstößen in Sachen Laufzeitverlängerung und Atomtransporte über die bremischen Häfen. Er werde diese verhindern und kündigte schon mal rechtliche Schritte an. Das Bundesland Bremen sei mit Sicherheit dabei, wenn gegen die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken geklagt wird, so Böhrnsen in dem Interview.

Im Umkreis von 100 Kilometern bedrohten sechs Atomkraftwerke die Hansestadt, und aktuell seien zwei Transporte durch Bremen und Bremerhaven angekündigt, erklärte er. Weitere Transporte sollen im kommenden Jahr folgen. „Wir werden es uns nicht bieten lassen, wenn die Verlängerung der Laufzeiten durchgepeitscht wird. Dann klagt Bremen gemeinsam mit den anderen Bundesländern gegen diese verfehlte Energiepolitik vor dem Bundesverfassungsgericht“, führte er weiter aus. Die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Bremen würden sich für eine gemeinsame Klage auf einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten verständigen.

Das „Bremer Friedensforum“ begrüßt diese Ankündigungen Böhrnsens und erwartet, dass er seinen Worten auch entsprechende Taten folgen lässt. Um diese Ziele durchzusetzen, kann er mit der Unterstützung des „Friedensforums“ und der Bremer Montagsdemo rechnen! Die Solidaritätsdemonstration vom 6. November 2010 in Bremen gegen die Atompolitik der Bundesregierung, an der mehr als 350 Menschen teilgenommen hatten, hat auch gezeigt, dass wir weitermachen werden, und dass es in diesem Punkt sogar Übereinstimmung mit dem Rathaus gibt. Wir ermuntern den Bürgermeister ausdrücklich, sich gegen viele Widerstände durchzusetzen und wünschen ihm dabei vollen Erfolg!

 

Kriegsminister Guttenberg „si­chert“ Ressourcen und Handelswege

15. 11. 2010 – Karl-Theodor zu Guttenberg ließ auf der Berliner „Sicherheitskonferenz“ die Katze aus dem Sack: Der Kriegsminister bestätigte den Zusammenhang zwischen Sicherung der Ressourcen und Handelswege und Kriegshandlungen der Bundeswehr. Zugleich beschloss das Bundeskabinett die Weiterführung der Seekriegsoperationen am Horn von Afrika. Auch hier geht es um Sicherung der Handelswege und um strategische Optionen. Die aktuellen Äußerungen des Kriegsministers sind keineswegs neu, denn sie stehen längst in den nie für die Öffentlichkeit bestimmten „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundeswehr.

Wir erinnern uns: Der frühere Bundespräsident Horst Köhler hatte es gewagt, im Frühjahr die kriegerischen Ziele der Streitkräfte offen auszusprechen, was prompt zu seinem vermutlich erzwungenem Rücktritt führte. Jetzt präzisiert zu Guttenberg die damaligen Äußerungen Köhlers und verteidigt sie ausdrücklich. Dabei durfte das Scheinargument von der „Sicherung der Arbeitsplätze“ natürlich nicht fehlen. Damit verschleiert zu Guttenberg den Tatbestand, dass es ihm nicht so sehr um die Arbeitsplätze, sondern einzig und allein um Ressourcensicherung und die Profite der Großkonzerne und der Rüstungsindustrie geht. Deutschland ist nach wie vor der der drittgrößte Waffenexporteur, was nach dem Willen der der Rüstungskonzerne und der Bundesregierung auch so bleiben soll. Der Exportboom, der zu dem konjunkturellen Aufschwung geführt hat, basiert zu einem großen Teil auf dem Rüstungsexport!

In einer Presseerklärung geißelt das „Bremer Friedensforum“ die Äußerungen zu Guttenbergs als „eine zynische Dynamik, die über Leichen geht“ und beklagt, dass der Staat, die Industrie und die Arbeitsplatzsicherheit zunehmend von der Rüstungsproduktion und Wirtschaftsinteressen abhängig seien. In letzter Zeit nähmen auch das in Bremen produzierende Unternehmen EADS und Gewerkschaftsfunktionäre gegen die Kürzungsabsichten im Militärbereich öffentlich Stellung. Es wird dabei auf den möglichen Verlust Zehntausender Arbeitsplätze hingewiesen. Diese Abhängigkeit würde noch umfassender durch die Auslandseinsätze der Bundeswehr, wodurch nicht nur die Rüstungs- sondern auch die Kriegslobby verstärkt würde.

Das „Bremer Friedensforum“ fordert die Gewerkschaften auf, sich wieder für die Rüstungskonversion einzusetzen! Der Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan würde Gelder freisetzen, die der Produktion umweltschonender Produkte zugute kommen könnte. Deshalb fordern auch wir von der Montagsdemo: Schluss mit Rüstungsproduktion! Schluss mit Krieg! Bundeswehr raus aus den Auslandseinsätzen!

 

Rüstungsindustrie schmiert
Bremer Universität

22. 11. 2010 – Die Universität Bremen steht schon lange im Verdacht, Gelder in erheblichem Umfang von der Bremer Rüstungsindustrie einzuheimsen. Besonders tut sich da die Firma OHB hervor, die zivile wie militärisch zu nutzende Satelliten produziert. Möglicherweise wird auch schon mal der eine oder andere Professor geschmiert.

In einer Pressemitteilung kritisiert das „Bremer Friedensforum“ nun die Einflussnahme von OHB auf die Universität. Es sei zu befürchten, so Sprecher Hartmut Drewes, dass die Unabhängigkeit von Wissenschaft und Lehre immer mehr verloren gehe. Erst jetzt habe das Unternehmer-Ehepaar Christa und Manfred Fuchs der Uni vertraglich zugesichert, dass es für zehn Jahre eine entsprechende Professur finanzieren werde. Es sei nicht das erste Mal, dass Unternehmen Lehrstühle an der Universität einrichteten.

Das „Bremer Friedensforum“, so Drewes weiter, halte die jüngste Stiftung für besonders problematisch, da das Unternehmen durch die Rüstungsproduktion seinen Aufstieg genommen habe und dem Geschäft im Militärbereich eine zunehmend große Bedeutung zumesse. Dies gelte nicht nur für das in Afghanistan eingesetzte SAR-Lupe-Aufklärungssystem, sondern auch für das Galileo-Navigationsprogramm. Das „Bremer Friedensforum“ wirft der Bremer Universität damit vor, sich leichtfertig durch Annahme von Geschenken der Militarisierung auszuliefern.

Die Bremer Montagsdemo schließt sich der Kritik und dem Protest an und schlägt der Bremer Universität vor, dass sie statt Raumfahrt- und Militärtechnik-Lehrstühlen so bald wie möglich einen Lehrstuhl für Rüstungskonversion und Friedenspolitik einrichten möge.

 

Autobahn-„Monsterknoten“ als rechtswidrig verworfen

29. 11. 2010 – Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat gesprochen und damit den Bürgerinitiativen in Bremen-Obervieland gegen den unmenschlichen „Monsterknoten“ allen Grund zu heller Freude gegeben! Die Klagen von Anwohner(inne)n in den Stadtteilen Kattenturm und Huckelriede gegen den Neubau der A281 zwischen Neuenlander Ring und Kattenturmer Heerstraße hatten einen weitgehenden Erfolg. Das Gericht verwarf entscheidende Teile der Planungen als rechtswidrig, vor allem die sogenannte Querspange zum Autobahnzubringer Brinkum, die unsere Stadtteilstruktur rücksichtslos und menschenverachtend mitten durchgeschnitten hätte. Die Abwägung zur Querspange, so das BVG, sei abwegig gewesen. Sinnvolle Alternativen, die von den Bürgerinitiativen aufgezeigt wurden, seien von den Planern gar nicht erst in Betracht gezogen worden. Hier müsse korrigiert werden!

Nach dem Urteilsspruch waren etwa 250 Anwohner(innen) im Gemeindesaal der Sankt-Marcus-Gemeinde in Kattenturm zusammen gekommen, um die Folgen des Urteils zu beraten und ihren Erfolg gebührend zu feiern. Norbert Breeger, Sprecher der Bürgerinitiativen, resümierte das Ergebnis unter großem Beifall aller Anwesenden wie folgt: „Ohne die Unterstützung der vielen Anwohner(innen) wären wir nie so weit gekommen und hätten den Prozess vor dem Leipziger Gericht nie gewonnen!“

Scharfe Kritik wurde indes an der Bremer Handelskammer laut. In Sachen Trassenführung mache sie lediglich große Sprüche, um ihre Macht zu legitimieren, doch in Wahrheit vertrete sie die Interessen der Wirtschaft damit auch nicht. Die Bürgerinitiativen sehen in dem Richterspruch ein Urteil für mehr Demokratie und fordern von der Handelskammer und dem Bremer Senat in Zukunft eine konstruktive Politik. Von der Verkehrsbehörde wird eine völlig andere Planungskultur mit wesentlich mehr Bürgerbeteiligung angemahnt. Vor allem die Stadtteilbeiräte müssten stärker in die Planungen einbezogen werden. Herauskommen müsse endlich eine „menschengerechte“ Autobahn, sofern es so etwas überhaupt geben kann!

 

Milliarden für „Weihnachtsruten“

06. 12. 2011 – Geschenke sind bekanntlich nicht immer Anlass zu ungetrübter Freude. Erst recht nicht dann, wenn sie – aus Steuergeldern finanziert – der Rüstungsindustrie in den unersättlichen Rachen geworfen werden. Die in Rede stehenden Milliardensummen stammen sämtlich aus der staatlichen Spendierhose von „Verteidigungsminister“ Karl-Theodor zu Guttenberg und sind zur weihnachtlichen Beglückung des Rüstungskonzerns EADS gedacht. Zum Vergleich: Der Bremer Staatshaushalt muss mit 4,1 Milliarden Euro auskommen.

In einer Pressemitteilung vom 6. Dezember 2010 kritisiert das „Bremer Friedensforum“ diesen lockeren Geldfluss für den Rüstungsbetrieb. Das sei ein großzügiges Weihnachtsgeschäft für den Krieg! Minister zu Guttenberg wolle nach Informationen des „Spiegel“ EADS für den Militärtransporter A400M ein bedingt rückzahlbares Darlehen über 500 Millionen Euro gewähren. Außerdem müsse EADS 390 Millionen Euro, eine für den Konzern fällige Entschädigung wegen Lieferverzögerung, nicht zahlen. Zusammen mache das fast eine Milliarde Euro aus, welche die Steuerzahler dem Rüstungsunternehmen zu Weihnachten schenkten.

Dies sei noch nicht alles, denn zu Guttenberg habe entschieden, dass laut entgegengesetzter früherer Erwägungen nun auch die Entwicklung der europäischen Drohne „Talarion“ bei EADS laufen könne. Das sei ein Milliardenprojekt, und nach allen Erfahrungen werde es nicht bei drei Milliarden Euro bleiben. Das „Bremer Friedensforum“ stellt dazu fest, so Sprecher Hartmut Drewes, dass für Rüstung und Krieg das Geld aus dem Staatshaushalt immer lockerer fließe, entgegen der christlichen Weihnachtsbotschaft „Friede auf Erden“. Aber dies störe einen „christlichen“ Minister wohl wenig.

 

Es gab kaum Anlass, die
Jahreswende groß zu feiern

03. 01. 2011 – Am Silvesterabend wurden bundesweit über 100 Millionen Euro verballert. Aber eigentlich gab es für zu viele Menschern kaum Anlass, die Jahreswende groß zu feiern! Mit Ausnahme der Ackermänner dieser Republik und deren Vasallen in den Regierungsparteien gab es fürs Volk und erst recht für die in die Armut getriebenen Menschen nur Katastrophen. Auch die SPD, der wir letztlich die neoliberale Kahlschlagspolitik zu verdanken haben, hat sich in Sachen Rückbesinnung auf „sozialdemokratische Grundwerte“ weiß Gott nicht mit Ruhm bekleckert.

Noch mehr Grundrechte wurden abgebaut, die AKW-Laufzeiten unerträglich verlängert, der Überwachungsstaat ausgebaut, der Krieg am Hindukusch ausgeweitet und weiter verschärft. Nachvollziehbare Abzugsperspektive: Fehlanzeige! Die Armen wurden immer ärmer, Elend und Drangsal immer größer, die Hetze zunehmend unverschämter, und schon manch ein Mensch sah als einzigen Fluchtweg aus dieser Vorhölle nur den Weg in den Tod!

In der Charta der Menschenrechte von 1948 steht geschrieben, dass alle Menschen frei und gleich an Würde und Rechten geboren sind, dass Sklaverei, Folter und erniedrigende Strafen verboten sind, und dass Anspruch auf Schutz des Privatlebens sowie Recht auf Freizügigkeit bestehen. Die Bundesregierung tritt all dies mit Füßen! Für sie ist die Charta das Papier nicht wert, auf dem sie steht. Nichts deutet darauf hin, dass in diesem Jahr etwas besser werden könnte – ganz im Gegenteil.

Es geht nicht nur um die miese, heuchlerische Fünf-Euro-Re­gel­satz­er­hö­hung und die Farce des Kin­der-„Bil­dungs­pa­kets“. Es geht auch um die damit einher schleichenden neuen Schikanen und Demütigungen gegen die Hartz-IV-Be­trof­fe­nen, was von den Main­stream-Me­dien geflissentlich falsch dargestellt oder totgeschwiegen wird. Letztlich geht es um die restlose und endgültige Zerstörung unserer demokratischen und sozialen Wertesysteme, wobei ein Großteil der etablierten Medien untertänigst Schützenhilfe leistet! Auf den Montagsdemos haben wir im letzten Jahr auf all das kommende Unheil bereits hingewiesen.

Apropos Montagsdemo: Wir werden auch weiterhin dem zynischen Treiben der Herrschenden nicht tatenlos zusehen und hoffen, dass sich immer mehr Menschen den kommenden Protestaktionen anschließen. Wir werden unseren Widerstand noch weiter verstärken und um neue wirkungsvolle Varianten bereichern. Ein Beispiel ist die geplante Massenklage gegen die unsäglichen Hartz IV-Regelsätze. Wir werden uns nicht unterkriegen lassen! Für uns, für die Friedens- und Anti-Atom- sowie für die Stuttgarter Anti-„S21“-Bewegung gilt jetzt erst recht: „Oben bleiben! Proteste verstärken! Widerstand verbreitern!“

 

Die Bundeswehr soll wirkungsvoll deutsche Kapitalinteressen sichern

17. 01. 2011 – Der Bremer Schriftsteller und Friedenspoet Otmar Leist feierte am vergangenen Sonntag seinen 90. Geburtstag mit einer öffentlichen Lesung eigener Gedichte in der Stadtbibliothek. Sie sind heute mindestens genauso aktuell wie zu der Zeit, in der er sie schrieb. Die folgenden Verse stammen aus einem Band, der 1977 vom Bundesvorstand der „Deutschen Friedensgesellschaft“ (DFG-VK) herausgegeben wurde: „Helm ab zum Denken – Gedichte eines Waffenverweigerers“.

 

Ihr nehmt die gefalteten Hände
Der Autoproduzenten auseinander
Und holt aus dem Safe der Heuchler
Die Pläne für Panzer ans Tageslicht.

Das ABC des Waffenrasselns
Endet immer nur im Z
Der Zwangsjacke.

Langsam steigt die Flut der Massen,
Nagt am alten Bollwerk der Bürger,
Am menschenfeindlichen Bund
Von Profit und Armee.

Aus dem April der Besserwisser
Reift der 1. Mai der Bessermacher:
Buchdeckel springen auf, entlassen
Bahnbrecher in unsere Straßen.

 

34 Jahre nach Erscheinen dieser Zeilen schafft die Bundesregierung die Wehrpflicht ab. Dies ist keine Friedensgeste, sondern das genaue Gegenteil: Perfekt ausgebildete, zu gnadenlosen Kampfmaschinen gedrillte Berufssoldaten sollen deutsche Kapitalinteressen noch wirkungsvoller als bisher in den Einsatzgebieten sichern. Dazu schreckt die Bundeswehr nicht davor zurück, Freiwillige in Schulen und in den Jobcentern anzuwerben, um auch sie als Kanonenfutter für „unsere Freiheit am Hindukusch“ zu verheizen.

Hartz-IV-Betroffene, die ein solches „Jobangebot“ ablehnen, müssen mit Sanktionen rechnen! Noch immer betrachtet mancher Fallmanager des Jobcenters die Bundeswehr als normalen Arbeitgeber. Das ist sie aber nicht! Eine Weigerung zur Bewerbung bei diesem Arbeitgeber ist somit auch nach den geplanten Änderungen im SGB II nicht sanktionsfähig. Die Bundeswehr ist für keinen Erwerbslosen ein zumutbarer „Arbeitgeber“! Nur Freiwillige sollten „zum Bund“ – bis der ganze Laden endgültig zurückgetreten ist! Die Bremer Montagsdemo unterstützt die Betroffenen und geht mit!

Kürzlich verlängerte die Bundesregierung das Mandat für den „Friedenseinsatz“ in Afghanistan um ein weiteres Jahr und wird dabei von ihrer neoliberalen Mehrheit im Bundestag unterstützt. Das Abzugsgerede dieser Staatsterroristen ist blanke Heuchelei, denn es ist anzunehmen, dass nach Ablauf des Mandats das gleiche böse Spiel von Neuem beginnt. Die Militärs erfreut es mächtig – und erst recht die prächtig boomende Rüstungsindustrie. Doch auch die „Bahnbrecher“, von denen Otmar Leist sprach, sind längst aktiv!

 

Die zynische Begleitmusik
zum Totentanz in Afghanistan

24. 01. 2011 – Auch in diesem Jahr gibt es hier in Bremen wieder die „Musikschau der Nationen“. Sie findet vom 27. bis 30. Januar wie immer in der Stadthalle statt. Wir vom „Bremer Friedensforum“ begleiten schon seit Jahren diese Show mit Argwohn und Mahnwachen, weil sie immer auch ein Militärspektakel war und ist. Seit 1965 gibt es diese Musikschau schon, aber dieses Mal haben wir es mit einem Novum zu tun: Minister zu Guttenberg hat die Schirmherrschaft übernommen! Dies gibt uns Anlass zu verstärkter Kritik, denn wir halten die Schirmherrschaft in einer Pressemitteilung für – gelinde gesagt – äußerst fragwürdig.

Für uns bleibt das Blasmusikfestival nicht nur eng mit Militär und Rüstung verbunden, sondern wird zugleich eine zynische Begleitung zum Totentanz in Afghanistan! Karl-Theodor zu Guttenberg hat erst jüngst den Einsatz der Streitkräfte zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen gepredigt. Die Bundeswehr darf jedoch nicht zur Verfolgung, Durchsetzung und Sicherung ökonomischer oder politischer Interessen herangezogen werden, weil dies eindeutig gegen das Grundgesetz verstößt. Guttenberg setzt sich – genau wie seine Vorgänger – nun einfach darüber hinweg!

Was uns besonders sauer aufstößt, ist die Tatsache, dass Ex-Bundespräsi­dent Köhler vor Monaten für seine Äußerungen zu Wirtschaftskriegen massiv kritisiert wurde, während Guttenbergs Pläne, die Bundeswehr mit ähnlicher Zielsetzung umzubauen, als etwas völlig Selbstverständliches hingenommen werden. Die gefährliche Tragweite dieser Politik ist der Öffentlichkeit offensichtlich noch nicht klar. Wir plädieren für den Anstoß einer breiten gesellschaftlichen Diskussion über die künftige Rolle der Bundeswehr. Dabei stellt sich auch die grundsätzliche Frage: Brauchen wir überhaupt noch eine Armee? Wir vom „Friedensforum“ sagen entschieden Nein und setzen uns grundsätzlich für eine Abschaffung ein!

 

Kirchlicher Segen für Interventionspolitik mit militärischen Mitteln?

31. 01. 2011 – Drei wichtige Kirchenvertreter wollen demnächst nach Afghanistan reisen und den deutschen Truppen ihren Beistand erklären. Es sind der EKD-Ratsvorsitzende Schneider, Militärbischof Dutzmann und der aus Bremen kommende Friedensbeauftragte Renke Brahms. Dass Geistliche beider christlichen Kirchen Waffen und Truppen segnen, ist – Gott weiß es ganz genau – nichts Neues, denn die offiziellen Kirchen hatten immer schon ein gespaltenes Verhältnis zu Militär und Krieg. Sie predigten Frieden und Versöhnung, doch sie ordneten sich stets den jeweiligen Obrigkeiten unter und führten zuweilen auch selber Krieg! Erst spät in der Geschichte konnten sich die Kirchen dazu durchringen, aus ihren Reihen auch einen Friedensbeauftragten zu ernennen. Bei der EKD hat seit 2008 der Bremer Pastor Renke Brahms diese Position inne.

Diese sogenannte Pastoralreise veranlasste das „Bremer Friedensforum“ nun zu einem Offenen Brief an den Friedensbeauftragten. Darin heißt es, dass auf dem Besuchsprogramm offenbar nicht die afghanischen Opfer von Kunduz stünden, womit die Reise zu einer Heuchelei werde. Im Grunde sei sie nichts anderes als Ausdruck der kirchlichen Unterstützung der deutschen Interventionspolitik mit vorzugsweise militärischen Mitteln. Der Krieg, der gegen die Afghanen seit nunmehr über neun Jahren geführt werde, habe nicht nur viele Tote und Verletzte gebracht, nicht nur Flüchtlingsströme mit entsprechendem Elend hervorgerufen, sondern die gesamte Lage Afghanistans verschlechtert.

Weiter heißt es in dem Brief: „Letztendlich unterstützen Sie mit Ihrer Reise den Krieg in Afghanistan, der wegen geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen geführt wird. Damit verbunden ist der politische Hochmut, den Menschen in Afghanistan Hilfe zu bringen. Ihr Kollege, der Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider, behauptet, dass die deutsche Gesellschaft den Soldaten ein hohes Risiko zumutet. Wer ist hier mit ‚Gesellschaft‘ gemeint? Die Mehrheit des deutschen Volkes ist schon lange für einen Rückzug der deutschen Truppen aus Afghanistan. Dass sie dort immer noch sind, missachtet diese Mehrheit. In einer Zeit, in der immer mehr Politiker, auch im Bundestag, sich gegen den Krieg aussprechen, sollten Sie nicht an dieser Reise festhalten. Treten Sie bitte als Friedensbeauftragter nicht für diese unmenschliche Politik der jetzigen Regierung ein, sondern fordern Sie als Christ, dass Deutschland die Kriegsführung aufgibt und sich mit ausschließlich friedlichen Mittel dem afghanischen Volk zuwendet! Sagen Sie bitte diese Reise ab!“

 

Forschungsmittel ablehnen, die Rüstungszwecken dienen können!

07. 02. 2011 – Gegen Rüstungsforschung und Stiftungsprofessuren an der Bremer Universität haben sich 63 zum großen Teil pensionierte Hochschullehrer(innen) und Wissenschaftler(innen) in einer öffentlichen Erklärung ausgesprochen. Sie wurde am 1. Februar auf einer Pressekonferenz des „Bremer Friedensforums“ vorgestellt und löste einen erheblichen Medienwirbel aus. In der Erklärung sorgen sich die Unterzeichner im 40. Gründungsjahr der Uni um die Freiheit von Forschung und Lehre und mahnen völlig zu Recht die einst selbst gegebene Zivilklausel an. Diese wurde 1986 vom Akademischen Senat beschlossen und ist 1992 erneuert worden. Darin werden die Mitglieder der Universität aufgefordert, „Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können“.

Was die Uni jetzt noch von der Zivilklausel hält, zeigte sich im November letzten Jahres. Damals informierte sie über die Einrichtung einer Stiftungsprofessur für Weltraumtechnologie, die in den nächsten zehn Jahren zu gleichen Teilen durch das Rüstungsunternehmen OHB und das „Zentrum für Luft- und Raumfahrt“ (DLR) finanziert wird. Im scharfen Gegensatz zur Zivilklausel bedeuten Lehrstühle dieser Art eine schleichende Militarisierung vieler Fachbereiche und damit letztlich der gesamten Universität! Mitunterzeichner Professor Rudolph Bauer stellte auf der Pressekonferenz zutreffend fest, dass die von der Wirtschaft finanzierten Lehrstühle ein Einfallstor seien, um sich die Universitäten dienstbar zu machen.

In der Erklärung heißt es wörtlich: „Im Fall der Stiftungsprofessur für Welt­raumfahrt-Technologie erscheint uns die Abhängigkeit von der Wirtschaft besonders problematisch, weil der Stifter, das Bremer Unternehmen OHB, mit der Rüstungsproduktion seinen wirtschaftlichen Aufstieg genommen hat und dem Geschäft im militärischen Bereich eine zunehmend große Bedeutung beimisst. Eine derartige Stiftungsprofessur setzt die Freiheit von Forschung und Lehre aufs Spiel und widerspricht dem Geist der Gründung der Universität sowie dem Auftrag einer Friedensforschung, die nicht der Gefahr der Rücksichtnahme auf privatwirtschaftliche Spender ausgesetzt sein darf.“

Statt Mittelkürzungen und Stiftungsprofessuren fordern wir von der Montagsdemo wieder eine staatliche Vollfinanzierung der Universitäten! Außerdem erneuern wir unsere Forderung: Richtet endlich einen Lehrstuhl für Rüstungskonversion und Friedensforschung ein!

 

Das (Nicht-)Verhalten der Linken zu den Aufständen in Nordafrika

28. 02. 2011 – Die Revolten in Ägypten und den Maghreb-Staaten seien ein Wendepunkt für die gesamte Welt, nicht nur für die Menschen dort. So steht es in einem pointiert formulierten Papier von Menschenrechtsaktivisten aus Göttingen, worin die Haltung der bundesdeutschen Linken zur Revolution in Nordafrika deutlich kritisiert wird. Zu Recht, wie ich meine, denn an Solidarität mit den Befreiungsbewegungen scheint es hierzulande tatsächlich erheblich zu mangeln, von wenigen Ausnahmen wie der Bremer Montagsdemo einmal abgesehen! Es ist wohl längst noch nicht überall klar, dass nur starke internationale Solidarität mit örtlichen Revolutionen gegen die Unterdrücker und Ausbeuter die Dinge zum Besseren wenden kann. Hierzu braucht es allerdings Revolutionen weltweit! Die Verbreitung und Befolgung dieses Göttinger Aufrufs halte ich für absolut notwendig.

 

Militärische Maßnahmen können die Probleme in Libyen nur verstärken

07. 03. 2011 – In einer kürzlich veröffentlichten Presseerklärung warnt das „Bremer Friedensforum“ davor, in Libyen mit Militäreinsätzen Öl ins Feuer zu gießen. Wie es in der Mitteilung weiter heißt, werden die Vorbereitungen für einen militärischen Eingriff seitens der Nato von der deutschen Friedensbewegung mit großer Besorgnis beobachtet. Große Militäreinheiten der USA und anderer Nato-Staaten, auch der Bundeswehr, würden auf Kreta konzentriert. Nato-Aufklärungsflugzeuge überwachten bereits rund um die Uhr den libyschen Luftraum.

Besonders werde jetzt von der Nato eine Flugverbotszone erwogen. Eine solche sei nur durch Zerstörung bestimmter Einrichtungen zu erreichen und würde eine hohe Zahl von Opfern, besonders von Zivilisten, mit sich führen. Das hätten ähnliche Aktionen in der Vergangenheit in Bosnien-Herzegowina und im Irak gezeigt. Schon der Einsatz der deutschen Luftwaffe mit zwei „Transall“-Maschinen in der libyschen Wüste Ende Februar zur Evakuierung von Ausländer(inne)n sei nicht nur überflüssig gewesen, sondern völkerrechtswidrig.

Die bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Libyen, zu deren Heftigkeit Rüstungsexporte aus Nato-Staaten, auch aus Deutschland, beigetragen hätten, könnten nicht durch militärische Maßnahmen gelöst werden. Solche könnten die Probleme im Lande nur verstärken und einen Krieg herbeiführen, dessen Folgen unabsehbar seien. Gerade Afghanistan mache deutlich, dass die fast zehn Jahre andauernden Militäreinsätze nichts gelöst, aber Krieg und Elend gebracht hätten. Im Falle Libyen seien dringend diplomatische Bemühungen angesagt, um den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen.

 

Nicht nur doppelzüngig,
sondern zutiefst verlogen

21. 03. 2011 – Viele Menschen verstehen die Welt nicht mehr! Da findet in Japan augenscheinlich ein atomarer Super-GAU statt, der sogar Tschernobyl noch in den Schatten stellen könnte – und dann fällt solchen mit Atomkraftwerken und -waffen hoch gespickten Staaten wie Frankreich, England, USA und indirekt auch Merkel-Deutsch­land nichts Besseres ein, als einen neu­en Krieg vom Zaun zu brechen!

Monty Schädel, der Vorsitzende der „Deutschen Friedensgesellschaft“, bringt diese Schi­zo­phr­enie mit folgenden Worten treffend auf den Punkt: „Scheinbar ohne Grenzen können Mittel und Personen in Bewegung gesetzt werden, um in Libyen einen Krieg für die Sicherung von Öl zu führen. Gleichzeitig sterben in Japan Menschen, weil die internationale Gemeinschaft nicht in der Lage ist, entsprechend zu helfen. In Bahrain schießt das Militär ohne UN-Widerspruch mit Waffen, hergestellt in den Ländern des UN-Sicherheitsrates, auf friedliche Demonstranten. Die humanitäre Heuchelei ist kaum zu überbieten.“ Wie wahr!

Hier drängt sich stark der Verdacht auf, dass eine internationale Allianz des Schreckens, bestehend aus gewissenlosen Atomenergiekonzernen und ebenso skrupellosen Rüstungsproduzenten, die jeweiligen Regierungen in den Krieg gegen Libyen steuert, um ihre gigantischen Profite zu sichern, die Kontrolle über die Region zu behalten, und vor allem von den Katastrophen in Japan abzulenken. Diese Abscheulichkeit liegt, so abstrus es auch klingen mag, ganz in der Logik des Kapitals! Wie sehr sich doch die Bilder gleichen: Vor acht Jahren gab es in Europa schon einmal eine kriegslüsterne „Koalition der Willigen“, als der selbsternannte Welt-Sheriff George „Dabbelju“ Bush den Irak mit Krieg überzog.

Angebliche Massenvernichtungswaffen in Diktatorenhand sind als altbekannte Lügenmuster für so etwas immer sehr hilfreich! Auch damals erklärte eine Bundesregierung, rot-grün angemalt, sie würde sich nicht am Krieg beteiligen, und legte unser Land in Wahrheit Rumsfield, Cheney und Konsorten als Flugzeugträger und militärische Schaltzentrale vor die Füße – genauso wie die heutige Regierung deren Nachfolgern! Die Bundesregierung will darüber hinaus als „Kompensation“ ihren Kriegseinsatz in Afghanistan mit Soldaten für „Awacs“-Maschinen ausweiten, was in krassem Widerspruch zu ihrer Abzugsrhetorik steht. Das Verhalten Berlins ist nicht nur doppelzüngig, sondern auch zutiefst verlogen!

Das „Netzwerk Friedenskooperative“ stellt fest, dass die neue UN-Resolution ein fataler Präzedenzfall ist: Der als „humanitäre Mission“ begründete Krieg wird im Bündnis mit diktatorischen Regimes aus der Arabischen Liga geführt, die daheim brutal die eigene Bevölkerung drangsalieren – Brüder im Geiste Gaddafis. Auch die jetzigen Kriegsherren auf westlicher Seite haben Gaddafi bis vor Kurzem noch bewaffnet und hofiert! Zu Recht wird nicht nur vor Ort gemutmaßt, dass ihre Motive wenig mit humanitärer Hilfe, aber sehr viel mit Öl und Flüchtlingsabwehr von den europäischen Außengrenzen („Frontex“) zu tun haben.

Weitere Eskalation und mehr Opfer liegen in der Logik des Krieges. Eine Sympathie für das Regime Gaddafis kann es nicht geben! In Libyen ging es den Aufständischen – wie zuvor in Tunesien und Ägypten – um das Verjagen eines Despoten, mehr Gerechtigkeit und Freiheit, Überwindung der Armut, die Respektierung ihrer Menschenrechte und eine Entwicklungsperspektive für sich und ihre Region. Mit allem Nachdruck wird jetzt vom „Bundesausschuss Friedensratschlag“ gefordert, dass die Angriffe westlicher Staaten unverzüglich einzustellen sind.

Internationale Vermittler, die am ehesten aus der Afrikanischen Union kommen könnten, sollten die Konfliktparteien zu einer unverzüglichen Waffenruhe bewegen, wobei diese auch von der Afrikanischen Union überwacht werden müsste. Frieden, Demokratie, Gerechtigkeit und Menschenwürde lassen sich bekanntlich nicht herbeibomben! Das haben Jugoslawien, Irak und Afghanistan zur Genüge bewiesen. Statt durch Krieg wäre der libyschen Bevölkerung besser durch rasches ziviles Eingreifen, Evakuierung und Aufnahme der vielen Flüchtlinge sowie internationale Isolation des Gaddafi-Regimes geholfen.

Die Friedensbewegung fordert von der Bundesregierung, sich eindeutig vom Krieg zu distanzieren und den USA die Nutzung der Militärbasen und Militäreinrichtungen in Deutschland zu untersagen. Der Bundestag wird aufgefordert, den „Awacs“-Einsatz in Afghanistan mit deutschen Soldaten abzulehnen. Nur so könnten die politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik zeigen, ob sie das verheerende Bomben für den ungehinderten Zugriff auf das Öl weiterhin unterstützen oder für die Bevölkerung einen gerechten Frieden wollen!

 

Die „Arbeitsgruppe Nahost“ im „Bremer Friedensforum“ hatte gemeinsam mit anderen Organisationen am 11. März 2011 eine Protestaktion gegen die israelische Besatzungs- und Siedlungspolitik im palästinensischen Westjordanland durchgeführt. Trotz der Ambivalenzen, die auch wir empfinden, besonders hervorgerufen durch die Geschichte des deutschen Faschismus mit der Judenverfolgung, hatten wir uns entschlossen, die internationale Bewegung „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen für Palästina“ zu unterstützen, die auch zahlreiche Jüdinnen und Juden, auch aus Israel, befürworten.

In dem Flugblatt zur stattgefunden Aktion heißt es unter anderem: „Ein Groß­teil der aus Israel nach Europa exportierten landwirtschaftlichen Produkte stammt aus illegalen israelischen Siedlungen, die auf geraubtem pa­läs­ti­nen­si­schen Land stehen. Pa­läs­ti­nen­se­rin­nen und Pa­läs­ti­nen­ser haben dadurch ihren Lebensunterhalt und oft auch ihre Häu­ser verloren. Wir protestieren – wie auch Jü­din­nen und Juden weltweit – gegen die über 60-jäh­ri­ge Besetzung Pa­läs­ti­nas, indem wir keine Früch­te aus illegalen Siedlungen kaufen.“

In eine ungute Tradition reiht sich nun ein, wer das „Bremer Friedensforum“ aufgrund dieses Aufrufs, Waren aus Israel zu boykottieren, in die antisemitische Ecke stellen will. Es gehört schon seit einiger Zeit zu den äußerst unangenehmen und spalterischen Reaktionen in manchen linken Kreisen, sofort die Antisemitismuskeule zu schwingen, wenn irgendwo Kritik an der Politik der israelischen Regierung geäußert wird. Hiermit sind auch all die anderen gemeint, die sich an dieser unberechtigten Kampagne beteiligen. Auch die „Bild“-Zeitung hat mit ihrer hinreichend berüchtigten Begierde nach vermeintlichen Skandalen die jetzt hoch emotionale Stimmung miterzeugt und zusätzlich angeheizt, was dem „Friedensforum“ wohl noch zusätzlich schaden sollte.

Unsere Mitstreiter(innen) im „Bremer Friedensforum“ können auf eine lange kontinuierliche Arbeit nicht nur im Bereich der Friedenspolitik zurückblicken. Aufgrund ihres Lebensalters und ihrer Lebenserfahrung haben sie – im Gegensatz zu den meisten ihrer Kritiker – die Nachkriegsentwicklungen in Deutschland wie auch in Israel „live“ miterlebt. Sie setzten sich zudem über einen langen Zeitraum mit den Anteilen ihrer eigenen Eltern und Verwandten an der faschistischen Diktatur auseinander. Diesen Menschen Antisemitismus vorzuwerfen, ist einfach lächerlich und infam! Im Vorfeld gemeinsamer Aktionen gegen den Naziaufmarsch am 1. Mai in Bremen ist so etwas ausgesprochen kontraproduktiv.

Der Boykottaufruf war allerdings auch im „Friedensforum“ nicht unumstritten. Schon hier wurde im Vorfeld kontrovers diskutiert. Die Kritik entzündete sich vor allem daran, dass durch die Aktion Missverständnisse und Assoziationen an die eigene deutsche Vergangenheit entstehen könnten, was dann auch prompt eingetreten ist. Alles in allem war es dennoch richtig und notwendig, dass überhaupt eine Boykottaufruf-Aktion durchgeführt wurde. Sie hat, bei allen Kontroversen in der Öffentlichkeit, einen wichtigen Anstoß gegeben, immer wieder auf die Not der Palästinenser hinzuweisen. Wie es mit den beschriebenen Aktionen weitergehen soll, wird demnächst noch einmal diskutiert und dann entschieden. Eingedenk der geschilderten Tatsachen wird sich das „Bremer Friedensforum“ allerdings stets weiter bemühen, die Diskussion über Friedenslösungen im Nahen Osten zu versachlichen und wachzuhalten.

 

Die Nato schießt in Libyen
wieder mit Urangranaten

18. 04. 2011 – Noch immer sind Millionen Menschen von der Katastrophe in Tschernobyl gesundheitlich betroffen. Dies geht aus der neuesten Studie der „Internationalen Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges“ und der „Gesellschaft für Strahlenschutz“ hervor. An den Folgen ihrer hohen Verstrahlung litten und leiden die Schadensbegrenzer vor Ort am meisten. Von den 830.000 Liquidatoren sind über 112.000 gestorben, über 90 Prozent sind erkrankt. Forscher gehen davon aus, dass durch Tschernobyl in ganz Europa bis 2056 knapp 240.000 zusätzliche Krebsfälle auftreten werden. Auch nach Abbau der hohen Strahlenwerte bleibt die Radioaktivität weiter hoch gefährlich! In der Studie heißt es: „Je niedriger die Strahlung, desto länger die Latenzperiode bis zum Ausbruch der Krebserkrankung. Die genomische Instabilität des Erbguts potenziert sich mit jeder Generation. Sie wird mit dem Erbgut weitergegeben.“

Es fand sich auch ein Anstieg von anderen Erkrankungen. Gefunden wurden Magen-Darm-Defek­te, Herz-Kreislauf-Krankheiten und psychiatrische Krankheitsbilder als Folge der sogenannten Niedrigstrahlung. Bis 2050 werden in ganz Europa noch unendlich viel mehr Krankheitsfälle diagnostiziert werden, die ursächlich mit der Katastrophe im Zusammenhang stehen. Das Schicksal Tausender Kinder, die tot geboren wurden oder mit Fehlbildungen und Erbkrankheiten zur Welt kamen und noch kommen werden, ist dabei besonders tragisch! Die Verzögerungen zwischen Ursache und körperlicher Auswirkung werden uns noch sehr lange beschäftigen, weil Tschernobyl noch längst nicht vorüber ist, und Fukushima uns erst noch bevorsteht!

Wissenschaftler haben abgeschätzt, welch unvorstellbar fürchterliche Folgen ein Super-GAU in der Bundesrepublik haben würde. Hierbei wurde die sieben- bis zehnfach höhere Bevölkerungsdichte Deutschlands berücksichtigt. Es wurden 500 beziehungsweise 1.000 Leukämietote je 10.000 Personen angenommen. Nach dieser Studie könnte es im Extremfall bis zu zwölf Millionen Krebstote geben! Ich zitiere aus einer Rede eines ehemaligen Mitstreiters der „Internationalen Ärzte“, die er am 6. August 2008 an dieser Stelle hielt. Er sagte: „Seit Beginn des Atomzeitalters kann menschliches Irren tödlich sein für eine unvorstellbar große Zahl von Pflanzen, Tieren und Menschen. Das ist neu, das ist ungeheuerlich, das macht krank. Die Welt befindet sich derzeit quasi auf Intensivstation. Es gilt als Sofortmaßnahme: Abschalten, abrüsten. Nie wieder Tschernobyl, nie wieder Hiroshima!“

Für die Atomwaffenproduktion dient bekanntlich Plutonium aus AKWs. Deshalb werden wir die Verantwortlichen für die Strahlengefahren niemals aus ihrer Verantwortung entlassen! In Esenshamm haben am Ostermontag 5.000 Demonstrant(inn)en den Schrottreaktor an der Weser umzingelt. Bundesweit protestierten etwa 145.000 Menschen gegen die Gewissenlosigkeit der Betreiber. Wir werden so lange weiter demonstrieren, bis alle Atomkraftwerke endgültig abgeschaltet sind!

 

Wenn wir hier jeden Montag die Abschaltung und Stilllegung der Atomkraftwerke fordern, dann müssen wir auch über die Abschaffung aller Atomwaffen reden. Sie bilden die größte Gefahr für die Menschheit, auch wenn sie nicht militärisch eingesetzt werden, denn sie töten schon im Frieden! Denken wir beispielsweise an den großen Schiffsfriedhof in Murmansk, wo zahlreiche alte Atom-U-Boote vor sich hinrosten und gewaltig strahlen. Oder an die schweren Unglücke in den militärischen Sperrgebieten in Zentralrussland. Es ist zu befürchten, dass auch in anderen Teilen der Welt schon ähnliche Unglücke passiert sind, die uns nur von den Medien unterschlagen wurden.

Insgesamt befinden sich auf der Erde circa 21.900 Atomwaffen, wobei die Uranmunition noch nicht einmal mitgezählt ist. Auf der Welt gibt es neun Länder, die schon seit langer Zeit Atomwaffen besitzen, wobei die USA mit 10.656 Sprengsätzen und Russland mit ca. 10.000 Sprengsätzen eine absolute Spitzenposition einnehmen. Es folgen China, Großbritannien, Frankreich und Israel mit insgesamt 1.135 Sprengsätzen. Indien, Pakistan und Nordkorea verfügen zusammen über etwa einhundert Nuklearwaffen. Dies alles würde reichen, um nicht nur unsere Erde, sondern sämtliche Planeten im Sonnensystem zu verstrahlen!

In der Bundesrepublik lagern unter dem Fliegerhorst Büchel noch etwa 20 US-Uralt-Bomben. Die USA haben sich bis jetzt nicht bereit erklärt, diese Sprengkörper zurückzunehmen und zu vernichten, obwohl der Kalte Krieg längst zu Ende ist und Präsident Obama vor Jahren vollmundig eine „atomwaffenfreie Welt“ gefordert hatte. Die Bundesregierung und die Mehrheit des Bundestages bestehen ebenfalls auf dem Verbleib der Bomben. Das Pentagon soll sogar planen, die in Europa gelagerten US-Waffen eventuell im Mittleren Osten einzusetzen! Fordern wir deshalb immer wieder den Abtransport und die Zerstörung dieser Atombomben!

Am 24. April 2008 sprach sich UN-Generalsekretär Ban Ki-moon für das Entwickeln einer Atomwaffenkonvention aus. Im Vertragsentwurf heißt es in Abschnitt I: „Jeder Vertragsstaat verpflichtet sich, unter keinen Umständen jemals Kernwaffen einzusetzen, Vorbereitungen dafür zu treffen oder damit zu drohen; sie zu entwickeln, zu testen, herzustellen, zu lagern oder weiterzugeben. Die Atomwaffenstaaten müssen ihre Arsenale in mehreren Phasen vollständig vernichten, dazu gehört auch das Zerstören der oder Untauglichmachen für nukleare Sprengköpfe der Trägersysteme. Ebenso verboten ist die Herstellung waffentauglicher spaltbarer Materialien.“

Ein besonders düsteres Kapitel bilden die Urangranaten. Sie sind die fiesen kleinen Verwandten der Atombombe. Von der Nato erstmalig in Jugoslawien eingesetzt, wurde und wird Uranmunition in allen Kriegen von Afghanistan bis Libyen verschossen. Sie besteht zum größten Teil aus abgereichertem Uran 238, einem Abfallprodukt aus Brennstäben der Atomkraftwerke. Diese Geschosse werden gegen Panzer oder Bunker eingesetzt, wobei ein weites Gebiet verstrahlt wird. Beim Aufprall wird die Bewegungsenergie in Hitze umgewandelt, das Uran verbrennt die Innenräume. Das Metall verwandelt sich zu 75 Prozent in einen hochgiftigen Feinstaub, wobei laut dem Göttinger Chemieprofessor Ralf Bertram die Radioaktivität um den Faktor zehn Millionen ansteigt!

Die chronische Uranvergiftung, der Soldaten wie Bevölkerung gleichermaßen ausgesetzt sind, führt zu Immundefekten und schwersten Krebserkrankungen, insbesondere zu Leukämie wie in der Nähe von Atomanlagen. Schließlich verursacht das abgereicherte Uran ähnlich den Hiroshima-Folgen schwerste genetische Schäden, die unter anderem zu einer extremen Häufung von Tot- oder Fehlgeburten, sowie zur Geburt lebensunfähiger Kinder führen, so der Köln Journalist und Filmemacher Frieder Wagner. All dies sind mehr als genug Gründe, Uranmunition in eine Atomwaffenkonvention der Uno aufzunehmen und international zu ächten! Wir vom „Bremer Friedensforum“ fordern die Abschaffung aller Atomwaffen und aller Uranmunition sowie den sofortigen Ausstieg aus der zivilen Nutzung von Atomenergie! Wir wollen eine Welt frei von Atomwaffen und Atomenergie!

 

Der FDP ist das Rüstungs­geschäft wichtiger als der Frieden

23. 05. 2011 – Vor einiger Zeit sprach ich hier schon einmal über den engen Zusammenhang zwischen AKWs und Atom­waffen. Dieser Zusammenhang kann gar nicht oft genug betont werden! Schon die ersten Atomkraftwerke hatten überall in der Welt militärische Bedeutung. In meinem Redebeitrag führte ich einige Staaten an, die über Atomkraftwerke und atomare Waffensysteme verfügen, wie Großbritannien, Frankreich, Russland, China oder Israel und nicht zuletzt die Bundesrepublik. Deutschland verfügt zwar nicht über eigene Atomwaffen, auch nicht über den Einsatz der US-Sprengköpfe in Büchel, aber es lagern schließlich noch 20 Sprengköpfe dort.

Sie stellen eine andauernde zusätzliche Gefahr dar. Ein Unfall mit einem atomaren Gefechtskopf führte kürzlich zu umfangreicher Bodenverseuchung und strengster Abschirmung des betroffenen Gebietes. Da kann ich nur sagen: Schnellstes raus mit dem Zeug und zurück in die USA! Seehofer heuchelte vor ein paar Tagen den „baldigen Atomausstieg“, den er rasend schnell bis 2022 bewerkstelligt haben will – wobei er den Forschungsreaktor München II, der hoch angereichertes, waffenfähiges Uran für den Export herstellt, wohlweislich nicht erwähnte. Es war ja noch Wahlkampf!

Den Anfang mit der atomaren Aufrüstung machten schon die USA, die sich dabei Forschungsergebnisse der Nazis zunutze machten. Robert Oppenheimer und Konsorten produzierten alsbald in Versuchsreaktoren mit waffenfähigem Plutonium die erste Atombombe und zündeten sie 1945. Unvergessen ist bis heute der Abwurf über Hiroshima! Nach kurzer Zeit gab es die ersten funktionierenden Atomkraftwerke in Form atomar angetriebener U-Boote. Es zogen schon bald die Sowjetunion, Großbritannien und Frankreich nach. Auch Pakistan, Indien und Nordkorea besitzen sie. Heute verfügen auf der Welt insgesamt neun Länder über fast 22.000 Atomwaffen – Tendenz weiter steigend!

Die Abfallprodukte der sogenannten friedlichen Atomenergie, die abgebrannten Brennelemente, wurden und werden militärisch genutzt, indem man aus ihnen panzerbrechende Uranmunition herstellt und in den Kriegen von Afghanistan über Irak bis Libyen verschießt. Ein furchtbarer „Testfall“ war für die Nato Jugoslawien. Die Folgen sind langfristig ähnlich verheerend wie in Hiroshima beziehungsweise bei den Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima. Wir sehen es täglich im Krieg wie im Frieden: Wenn an der Atomtechnologie festgehalten wird, hat die Menschheit keine Zukunft mehr! Deshalb müssen wir immer wieder fordern: Alle Atomkraftwerke weltweit abschalten und stilllegen! Alle alten Atomwaffen raus aus der Bundesrepublik und der Europäischen Union! Sämtliche Atomwaffen weltweit abschaffen! Uranmunition weltweit ächten und vernichten! Wir wollen eine Welt frei von der tödlichen Atomenergie!

Auch Philipp Rösler liegt die Gesundheit immer noch sehr am Herzen, vor allem jedoch die der Bremer Rüstungsindustrie. Dies machte er als neuer Vorsitzender der FDP bei seinem Wahlkampfauftritt in der vergangenen Woche auch gleich klar: Er besuchte die OHB System AG und die Lürssen-Werft. Es ist allseits bekannt, dass die militärische Seite bei OHB eine große Rolle spielt, nicht nur im Programm „SAR Lupe“, das bereits von der Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt wird, sondern auch im „Galileo“-Projekt. Die Lürssen-Werft baut schon seit Generationen Kriegsschiffe. Dazu kommt, dass Friedrich Lürßen, geschäftsführender Gesellschafter der Werft, zugleich Präsident des „Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie“ ist. Damit ist er der entscheidende Kontaktmann der Rüstungsindustrie zur Bundesregierung.

Vor Rösler ist bereits Elke Hoff, sicherheitspolitische Sprecherin der FDP, im Bremer Wahlkampf aufgetreten. Sie ist Mitglied des „Verteidigungsausschusses“ und gehört als Präsidiumsmitglied der „Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik“ zur Rüstungslobby. Anlässlich der Bremer Bürgerschaftswahl am 22. Mai rief das „Bremer Friedensforum“ dazu auf, Parteien wie der FDP, die so enge Beziehungen zur Rüstungsindustrie pflegen, keine Stimme zu geben. Denen ist das Rüstungsgeschäft wichtiger als der Frieden! Um auf die Aktivitäten der Rüstungsbetriebe und die Auslandseinsätze der Bundeswehr aufmerksam zu machen, findet jeden Monat eine Mahnwache vor dem „Kapitel 8“ an der Domsheide statt.

 

Für eine Schule ohne Militär!

30. 05. 2011 – An das Robert-Blum-Gymnasium in Berlin-Schöne­berg! Liebe Lehrer(innen) und Schüler(innen), wir vom „Bremer Friedensforum“ beglückwünschen Sie zu Ihrem mutigen Schritt! Wie wir erfahren, haben Sie fast einstimmig beschlossen, die Bundeswehr nicht in Ihren Klassenzimmern agitieren zu lassen. Diese Aussperrung findet unsere volle Zustimmung, und dafür danken wir Ihnen!

Andererseits sehen wir mit großer Besorgnis, dass massiv öffentlicher Druck auf Ihre Schule ausgeübt wird, um Sie doch noch umzustimmen. Diese Einschüchterungsversuche dienen offenbar auch dem Ziel, andere Berliner Schulen von vornherein abzuschrecken. Das „Bremer Friedensforum“ wünscht Ihnen sehr, dass Ihr Gymnasium diesem Druck dauerhaft standhalten kann! Die Initiative Bremer Montagsdemo teilt diesen Wunsch und trägt unsere Solidaritätsbekundung mit.

Hier in Bremen ist die Bundeswehr mit Duldung des rot-grünen Senats ebenfalls aktiv. Einige unserer Schulen werden bereits militärisch indoktriniert, ohne dass dem seitens der Lehrerschaft nennenswerter Widerstand entgegengesetzt würde. Somit hat die Bundeswehr leichtes Spiel, das gesamte Bildungswesen zu militarisieren, und das reicht sogar bis in den universitären Bereich.

Wir versuchen, dem entgegenzuwirken und wollen unseren ganzen Einfluss geltend machen, die Streitkräfte von unseren Bildungseinrichtungen fernzuhalten. Auch wir wollen als positives politisches Signal eine „Schule ohne Militär“! Ihr Gymnasium ist unser bestes Beispiel! Daher unsere Ermutigung an Sie: Lassen Sie sich nicht unterkriegen! Wir stehen solidarisch auf Ihrer Seite! Mit herzlichen Grüßen.

 

Es wird getan, als gäbe es in Israel weder Apartheid noch Militärgewalt

20. 06. 2011 – Der heilige Geist der Pfingstzeit kann es wohl kaum gewesen sein, der die Bundestagsfraktion der Partei „Die Linke“ zu ihrem unsäglichen Maulkorberlass bewegt hat. Bei diesem Denk- und Handlungsverbot geht es nur noch um Disziplinierung und Unterordnung der Partei unter eine fragwürdige „Staatsräson“. Deswegen das Einschwören des „Parteivolks“ auf die offizielle Israel-Politik der Regierung Merkel. Dass der Beschluss bei sehr vielen Mitgliedern Empörung auslösen würde, war absehbar und ist mehr als berechtigt. Um den ganzen Unmut verstehen zu können, sei hier der haarsträubende Inhalt der Resolution vom 7. Juni 2011 noch einmal im Wortlaut wiedergegeben:

„Die Abgeordneten der Fraktion ‚Die Linke‘ werden auch in Zukunft gegen jede Form von Antisemitismus in der Gesellschaft vorgehen. Rechtsextremismus und Antisemitismus haben in unserer Partei heute und niemals einen Platz. Die Fraktion ‚Die Linke‘ tritt daher entschieden gegen antisemitisches Gedankengut und rechtsextremistische Handlungen auf. Die Mitglieder der Bundestagsfraktion erklären bei all unserer Meinungsvielfalt und unter Hervorhebung des Beschlusses des Parteivorstandes gegen Antisemitismus vom 21. Mai 2011: Wir werden uns weder an Initiativen zum Nahostkonflikt, die eine Ein-Staat-Lösung für Palästina und Israel fordern, noch an Boykottaufrufen gegen israelische Produkte noch an der diesjährigen Fahrt einer ‚Gaza-Flottille‘ beteiligen. Wir erwarten von unseren persönlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, sich für diese Positionen einzusetzen.“

Keinerlei Erwähnung findet in der Erklärung die Tatsache, dass die israelische Regierung und viele sogenannte Siedler, die mit ihrer Duldung und militärischen Unterstützung palästinensisches Gebiet völkerrechtswidrig okkupieren – vorsichtig formuliert – extrem rechts ausgerichtet sind und sich ihren weltweit schlechten Ruf selbst zuzuschreiben haben. Mit Antisemitismus hat diese Feststellung nicht das Geringste zu tun. Mit solchen völlig unberechtigten Antisemitismusvorwürfen werden auch erhebliche Teile der internationalen Friedensbewegung, einschließlich der israelischen, aufs Schwerste diffamiert.

Der Beschluss ist somit ein Musterbeispiel an Einseitigkeit und bewusster Ignoranz. Er zielt in der Tat auf die Freiheit des Andersdenkens sowie auf ein verantwortungsbewusstes Handeln von Mitgliedern der Partei „Die Linke“ in der der Nahostfrage. Kein Wort des Bedauerns findet sich im Übrigen auch gegenüber den Leiden der palästinensischen Bevölkerung unter dem israelischen Besatzungsregime. Dessen Handlungen werden negiert, und es wird so getan, als gäbe es keinen israelischen Rassismus, keine Apartheid und keine israelische Militärgewalt.

Was den viel erwähnten „Boykott israelischer Waren“ betrifft, so verschweigt der Beschluss bewusst, dass der Europäische Gerichtshof zollfreie Warenverkäufe von Siedlern aus den besetzten Gebieten in EU-Ländern für rechtswidrig erklärt hat und auch israelische Organisationen zum Boykott dieser Produkte aufrufen. Das wird in der Öffentlichkeit oft völlig ungerechtfertigt und denunziatorisch mit der Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden!“ in Zusammenhang gebracht – obwohl hinreichend bekannt sein dürfte und nicht extra betont werden muss, dass dumpfe faschistische Propagandasprüche noch nie in der Geschichte zu einer epochalen Weiterentwicklung des menschlichen Geistes beigetragen haben! Deshalb ist zu hinterfragen, was dieser unhistorische Vergleich eigentlich soll.

Partei und Fraktion der „Linken“ müssen bei einer objektiven Positionsbildung zum Nahen Osten berücksichtigen, dass es schon lange zur bundesdeutschen Praxis gehört, die Erinnerung und Aufarbeitung des deutschen Faschismus durch das Bekenntnis zum Staat Israel und eine entsprechende internationale Politik zu ersetzen. Wer regierungsfähig im Sinne der Herrschenden werden will, muss sich „zu Israel bekennen“. So weit, so ungut! Als Fazit sei hier folgende zutreffende Stellungsnahme von „Pax Christi“ zitiert: „Durch Anpassung an die Merkel’sche Staatsräson kann die Partei vielleicht Konflikten aus dem Wege gehen. Sie verliert aber an Glaubwürdigkeit, weil sie ihre eigenen Werte mit dem erbärmlichen Maulkorberlass untergräbt.“ So ist es, und dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.

 

Grüne Sozialpolitik bleibt im
Unverbindlichen und Ungefähren

11. 07. 2011 – Der „Tageszeitung“ sagt Anja Stahmann: „Ich kann nicht alle Wünsche erfüllen“. Solch eine eine Allerweltsaussage ist unbefriedigend für alle diejenigen, denen das Armutsproblem in der Stadt eine Herzensangelegenheit ist! Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Interviewer Eiken Bruhn die neue Sozialsenatorin auch gezielt danach gefragt hätte, wie sie sich den Umgang mit den nunmehr 14,2 Prozent Hartz-IV-Betroffenen („Statista“, Juni 2011) und den anderweitig prekär Beschäftigten vorstellt. Wünschenswert wäre auch gewesen, von der Senatorin zu erfahren, ob sie etwas gegen die zunehmenden Schikanen und den für die Betroffenen existenzbedrohenden Sanktionsterror der früheren Bagis zu unternehmen gedenkt. Hierzu ist von ihr nichts zu hören, und damit bleiben für mich ihre Ausführungen zum Thema Armut im Unverbindlichen und Ungefähren.

 

Deutsches Kapitalinteresse nach Absicherung „seiner“ Ressourcen

18. 07. 2011 – Bremer Waffen, Bremer Geld morden mit in aller Welt! Kurz nachdem die geplante Panzerlieferung an Sau­di-Arabien bekannt geworden war, die mit Recht viel Empörung ausgelöst hat, kündigte Kanzlerin Angela Merkel bei ihrem Besuch in Angola ein weiteres skandalöses Rüstungsgeschäft an: Die Bremer Kriegsschiffswerft Lürssen wird sechs bis acht Schnellboote zu einem Stückpreis zwischen zehn und 25 Millionen Euro an das korrupte Regime des Diktators José Eduardo dos Santos liefern. Angeblich sollen die Patrouillenboote dem Schutz vor „Piratenüberfällen“ an der angolanischen Küste und der Sicherung einiger Offshore-Windkraftanlagen dienen. In Wahrheit geht es um Öl, Diamanten und Mineralien – und um die Machtabstützung des Regierungsclans. Diese Militärunterstützung dient natürlich auch dem deutschen Kapitalinteresse nach Absicherung „seiner“ Ressourcen.

Die jüngsten, auch medialen Initiativen Berlins für Rüstungsexporte untermauern die aktive deutsche Kriegs- und Bürgerkriegsbeteiligung. Mit ihren Ausfuhrgenehmigungen – veranlasst durch einen dubiosen „Bundessicherheitsrat“ am Parlament vorbei – betreibt die Bundesregierung eine offensive Waffenexportpolitik. Es ist bekannt und von Sipri bestätigt, dass Deutschland einer der größten Rüstungsexporteure der Welt ist. Es ist gelogen, wenn behauptet wird, Rüstungsexporte würde besonders scharf kontrolliert. Kein Zweifel, die Lürssen’schen Schellboote sind wieder mal ein „schlagender Beweis“ dafür, dass die Bundesrepublik seit ihrer „Wiedervereinigung“ mit der DDR zu einer bedrohlichen und gefährlichen Kriegsmacht mutiert ist!

Die Lieferung der Schnellboote ist Teil der seit Jahren geübten Praxis der Bundesregierung, Militärstrukturen in ganz Afrika aufzubauen, um kriegerische Operationen zur Durchsetzung einer prowestlichen Ordnung auf dem Kontinent von einheimischen Soldaten ausführen zu lassen. Dies soll Kosten sparen und das Leben deutscher Soldaten schonen – frei nach dem verwerflichen Motto „Hannemann, geh du voran!“ Nicht unerwähnt bleiben soll hier noch, dass alle Kriegsschiffsprojekte nach einer gemeinsamen Erklärung Berlins mit dem „Bundesverband der Deutschen Industrie“ (BDI) zustande kommen. Federführend ist dabei Friedrich Lürßen, der Vorsitzender des BDI-Ausschusses „Verteidigungswirtschaft“ ist. Wer Kriegsschiffe, Kampfpanzer und alles andere aus dem militärischen Tötungsarsenal liefert, sollte wissen, dass all dieses Kriegsgerät bei Verletzungen von Völker- und Menschrecht zum Einsatz kommt. Der bundesdeutsche Regierungsclan muss aufhören, auf Wunsch der Waffenlobbyisten wie Friedrich Lürßen Rüstungsgeschäfte zu betreiben!

 

Waffenlobby will Zivilklausel der Uni Bremen aufweichen

15. 08. 2011 – Der Kampf um die Zivilklausel der Universität Bremen ist in eine neue Runde gegangen und nimmt an Intensität zu. Mit ihrer Zivilklausel aus dem Jahre 1986 hatte sich die Universität feierlich verpflichtet, keinerlei Rüstungsforschung zu betreiben. Im Text heißt es, dass „jede Beteiligung von Wissenschaft und Forschung mit militärischer Nutzung beziehungsweise Zielsetzung“ vom Akademischen Senat, dem höchsten universitären Entscheidungsgremium, abgelehnt wird. Die Klausel fordert außerdem „die Mitglieder der Universität auf, Forschungsthemen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken dienen können“ (AS-Beschluss Nummer 5113).

Den Anlass für das Ringen um den Erhalt eines zivilen Charakters der Uni liefert die geplante Stiftungsprofessur, die das Bremer Raumfahrt- und Rüstungsunternehmen OHB System AG im vorigen Jahr der Universität vertraglich angeboten hatte. Damit gerät die Zivilklausel ernsthaft in Gefahr, ausgehebelt zu werden, denn OHB macht die Finanzierung dieses Lehrstuhls vom „Vergessen“ dieser Klausel abhängig. Obwohl dies nicht offen zugegeben wird, geht es hier um reine zivil-militärische Zusammenarbeit. Die Firma stellt neben angeblich zivilen Satelliten auch Beobachtungssatelliten für die Bundeswehr her. Außerdem ist sie unter anderem mit Raumfahrttechnologie an der Flüchtlingsabwehr „Frontex“ beteiligt, und es gibt noch weitere unschöne Verbindungen von namhaften Wirtschaftsunternehmen und Rüstungsbetrieben mit der Universität.

Der AStA der Uni Bremen erklärt dazu: „Die Kritik an diesen Entwicklungen rührt von dem Grundgedanken her, dass Wissenschaft, Forschung und universitäre Lehre dem Frieden dienen und an zivilen Lösungen der großen globalen Herausforderungen arbeiten sollen. Deshalb muss das Konzept der friedlichen Universität, ein elementarer Teil der Gründungsideologie der Bremer Uni, weiter aktiv verteidigt werden.“ Kürzlich haben sich 63 Professorinnen und Professoren öffentlich gegen diese Forschungskooperation und für den Erhalt der Zivilklausel eingesetzt. Schon bald gab es eine beleidigte Reaktion aus dem Vorstand von OHB mit der erpresserischen Aufforderung: Entweder ihr „schluckt die Kröte“, oder es gibt keine Stiftungsprofessur.

Die Friedensgruppen in Bremen fordern die Einrichtung eines Lehrstuhls für Friedensforschung und Rüstungskonversion an der Bremer Universität. Inzwischen hat der Bremer FDP-Bundestagsabgeordnete Staffeldt zugunsten des Rüstungsunternehmens in die laufende Kontroverse eingegriffen und für eine weitere Zuspitzung gesorgt. Zuvor hatte die Linksfraktion im Bundestag eine Anfrage mit 26 Fragen zu Forschungskooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft an die Bundesregierung gerichtet. Dies hatte den FDP-Rüstungslobbyisten zur seiner eindeutigen Parteinahme für OHB auf den Plan gerufen. Für uns Grund genug, mit einer entsprechenden Presseerklärung an die Öffentlichkeit zu gehen!

Hier der Wortlaut: „Der Einsatz des Bremer Bundestagsabgeordneten Torsten Staffeldt (FDP) für die OHB-Stiftungsprofessur entspricht der konstanten Nähe der FDP zur Rüstungsindustrie. Es ist noch nicht vergessen, dass sich die FDP im Bremer Wahlkampf für den Rüstungsstandort Bremen stark machte und in dieser Zeit der damals gerade zum Wirtschaftsminister ernannte Philipp Rösler zwei Rüstungsfirmen in Bremen besuchte, unter anderem. OHB. Es ist eine Heuchelei, dass OHB auf die mitfinanzierte Stiftungsprofessur keinen Einfluss habe. Schon am Berufungsverfahren kann eine Person von OHB teilnehmen, wenn auch ohne Stimmrecht. Gegenwart und Rederecht können Einfluss nehmen.

Außerdem weiß das ‚Bremer Friedensforum‘, dass laut Vertrag die Bremer Universität und OHB bei Veranstaltungen zu wissenschaftlicher und beruflicher Weiterbildung kooperieren. Das allein und dazu die Kooperation mit einer Rüstungsfirma überhaupt widerspricht der Zivilklausel der Bremer Universität, wenn sie im Vertrag auch gar nicht genannt wird. Das ‚Bremer Friedensforum‘ warnt vor einer Aufweichung der Zivilklausel, wie sie von Politik und Teilen der Universität angestrebt wird. Das Geschäft mit der Rüstung und die Militarisierung erhalten für viele Bereiche immer mehr Gewicht.“

 

Libyen zeigt die brutalste Kriegsausweitung, wenn es um Verfügungsgewalt über Rohstoffe geht

22. 08. 2011 – Wie jedes Jahr findet auch diesmal wieder der Antikriegstag der Bremer Friedensgruppen statt. Dieses Jahr ist er notwendiger denn je! Das Kriegsbündnis Nato erhöht seine aggressiven Aktivitäten in dem Maße, wie der internationale Raubtierkapitalismus globale Finanz- und Wirtschaftskrisen verschärft. Libyen ist ein Beispiel brutalster Kriegsausweitung, wenn es um die Verfügungsgewalt über die Rohstoffe geht. Kriegswaffen werden offensiv in alle Welt exportiert, wobei dies besonders auch für Bremen gilt! Deutschland liegt bekanntlich in Sachen Rüstungsgeschäfte weltweit in der Spitzengruppe. Dies geht einher mit massiver Militarisierung im Innern, wovon mittlerweile fast alle gesellschaftlichen Bereiche betroffen sind. Es sind dies Universitäten, Schulen, Jobcenter, Krankenhäuser, technische Hilfsdienste, Feuerwehr und vieles andere mehr.

Auch bürgerkriegsähnliche Einsätze der Bundeswehr zur Einschüchterung von Protestbewegungen hat es bereits gegeben. Seit vielen Jahren ist der 1. September ein Friedensaktionstag. An diesem Tag wird an den Beginn des Zweiten Weltkrieges erinnert, den die faschistische deutsche Wehrmacht mit dem Überfall auf Polen am 1. September 1939 eröffnet hatte. Dem Aufruf zum diesjährigen Antikriegstag sind folgende recht passenden Zeilen von Kurt Tucholsky vorangestellt: „Man hat ja noch niemals versucht, den Krieg ernsthaft zu bekämpfen. Man hat ja noch niemals alle Schulen und Kirchen, alle Kinos und alle Zeitungen für die Propaganda des Krieges gesperrt. Man weiß also gar nicht, wie eine Generation aussähe, die in der Luft eines gesunden und kampfesfreudigen, aber Krieg ablehnenden Pazifismus aufgewachsen ist. Das weiß man nicht!“

Hier der eigentliche Aufruftext: „Immer mehr wird in Deutschland wieder von der ‚Normalität des Krieges‘ her gedacht. Deutsche Soldaten kämpfen in Afghanistan, seit zehn Jahren. Deutsche Soldaten sind am Luftkrieg gegen Libyen beteiligt, bei dem erst kürzlich 85 Bewohner des Dorfes Majer zu Tode kamen, darunter 33 Kinder und 32 Frauen. Deutschland steht im Rüstungsexport in der Welt an dritter Stelle. Waffen werden in Krisengebiete, zum Beispiel die Türkei, und an Diktaturen wie Saudi-Arabien geliefert. Rüstungsfirmen nehmen Einfluss auf Hochschulen. Die Bundeswehr drängt in Schulen und Universitäten. Die Staaten werden immer mehr abhängig von den Interessen der Banken und Konzerne. Für ihre Interessen, die Rohstoffe, führen sie Kriege. Der Frieden muss Normalität werden! Bundeswehr raus aus Afghanistan, Keine Atomwaffen in Deutschland, kein Rüstungsexport!“

Die Aktivitäten beginnen am Donnerstag, dem 1. September 2011, um 17 Uhr auf dem Bremer Marktplatz mit einer Friedensandacht. Sie wird vom „Arbeitskreis Kirche und Gesellschaft“ gestaltet. Um 17:30 Uhr schließt sich eine Kundgebung an, auf der Andrea Kolling von der „Bremischen Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“ sprechen wird. Einen weiteren Redebeitrag steuert Günter Knebel von der „Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerer“ bei. Danach wird es noch eine kurze Demonstration zur Deutschen Bank geben, wo der IG Metaller Joachim Kohrt sprechen wird, der auch Betriebsrat bei Daimler-Benz ist.

Am Freitag, dem 2. September 2011, gibt es um 20 Uhr in der Bremer Kulturkirche Sankt Stephani ein Gedenkkonzert zum Antikriegstag unter dem Motto „I have a dream“ von Martin Luther King. Gestaltet wird das Konzert von Annette Kristina Banse und Hans Christian Schmidt-Banse in Begleitung der international renommierten „Blues Company“. Diese Veranstaltung rundet die Aktivitäten um den diesjährigen Antikriegstag würdig ab. Hier noch weitere wichtige Termine: Am Dienstag, dem 6. September 2011, spricht Andreas Zumach um 20 Uhr in der Kirche Sankt Stephani zum Thema „Zehn Jahre 9/11, zehn Jahre Krieg in Afghanistan. Wohin gehen deutsche Soldaten als nächstes?“ – Am Samstag, dem 10. September 2011, beginnt um 12 Uhr auf dem Marktplatz der Aktionstag „Bremen aktiv für die Menschenrechte“

 

Vom Sozialstaat zum
Wohltätigkeitsnetzwerk

05. 09. 2011 – Im Stadtteil Obervieland, wo ich wohne, gibt es kaum noch öffentliche Daseinsfürsorge beziehungsweise staatliche Grundversorgung. Auch hier wurde alles privatisiert! Zum großen Teil haben die Kirchen diese Rolle übernommen. Obervieland ist mit circa 36.000 Einwohnern der größte Stadtteil Bremens. Er besteht aus den vier Ortsteilen Kattenturm, Kattenesch, Arsten und Habenhausen, deren Sozialstrukturen völlig unterschiedlich sind. Die Erwerbslosenquote beträgt laut „Wikipedia“ im Durchschnitt zwölf Prozent, wobei sie in Kattenturm mit seinen hohen Zuwanderungsraten noch deutlich höher liegen dürfte.

Nachdem sich die Stadt Bremen auch hier weitgehend aus ihrer sozialen Verantwortung gestohlen hat, bildete sich vor einiger Zeit ein „Netzwerk Grundversorgung“. Hier arbeiten unter anderem die vier Kirchengemeinden, die Grundschule Stichnathstraße, die „Frauenbetriebe Quirl“, der Beirat sowie die Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Brebau mit vielen Ehrenamtlichen zusammen und bemühen sich, die schlimmsten Auswüchse der Armut abzufedern. So wird es zum Beispiel ein schulisches Frühstück geben. Die Kirchen unterstützen hier die Grundschule Stichnathstraße in Kattenturm. Anfangs bekommen von den Lehrkräften angesprochene Kinder dreimal wöchentlich ein Frühstücksangebot. Dies betrifft 22 von 300 Kindern, die hungrig zur Schule kommen. Dafür soll die Gemeinde spenden, die auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter(innen) stellt. Später soll das Angebot auf jeden Werktag ausgeweitet werden, und „Quirl“ will dafür sorgen, dass es ab Oktober auch nachmittags ein Essen gibt.

Außerdem soll es ab Oktober eine „Kleiderkammer“ geben, die allerdings nicht ganz kostenlos sein wird. Eine „Tafel“ ist für Obervieland ebenfalls angedacht. Warum berichte ich dies alles? Weil ich diese „Privatisierung“ katastrophal finde! Wohlgemerkt, ich kritisiere hier nicht, dass von Armut betroffene Kinder Essen und Kleidung bekommen, sondern finde das aus humanitären Gründen richtig. Ich kritisiere allerdings, dass die Betroffenen vor ihren Mitschüler(inne)n stigmatisiert sein werden: Wenn schon, dann Essen für alle! Ich kritisiere auch, dass die Kirchen, die in ihren eigenen Organisationen selbst massiv Sozialabbau betreiben, hier dominant zu wohltätigen Samaritern mutieren. Das finde ich heuchlerisch und unerträglich! Der Staat muss wieder zur Sozialstaatlichkeit zurück! Das bedeutet unter anderem, die Umverteilung zu stoppen, die Reichen höher zu besteuern und die demütigenden und ausgrenzenden Hartz-Gesetze abzuschaffen!

 

Deutschland, einig Armenhaus

10. 10. 2011 – Kürzlich veröffentlichte Sebastian Lucke, Landessprecher der „Linksjugend Baden-Württemberg“, bei „Scharf links“ einen Kommentar zum „Tag der Deutschen Einheit“, worin er zutreffend feststellt, dass die Lebensverhältnisse für viele Menschen besonders im Osten alles andere als rosig sind. Er führt dabei auch die Ungleichheit im Rentenniveau und die bundesweite Präkarisierung der Beschäftigungsverhältnisse an.

Dass der „Anschluss“ der DDR 1990 an den „Klassenfeind“ dies erst möglich machte und in der Folgezeit zu gravierend nachteiligen Folgen für den Frieden führte, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerstörte und die Willkürherrschaft westdeutscher Konzerne erst ermöglichte, erwähnte er leider nicht! Er sprach auch nicht an, dass der Zwei-plus-Vier-Vertrag, der eine neue Friedensordnung in Europa und eine gesamtdeutsche Verfassung vorsah, damit krass missachtet wurde. Wie sieht denn dieses Deutschland heute aus? Statt der versprochenen „blühenden Landschaften“ im Osten gibt es nur die typisch kapitalistische Einöde wie im Westen, und es entstand republikweit ein riesiges Zwangsarmenhaus!

Zur Reflexion über den „Tag der Deutschen Einheit“ gehören zweifellos auch Fragen nach Deutschlands vertragswidrigem Großmachtgehabe in der EU, der Nato und der „Dritten Welt“. Daher sei hier noch angefügt, dass seitdem eine beispiellose Militarisierung aller Lebensbereiche um sich greift und ein in der Geschichte der Bundesrepublik nie dagewesener Sozial- und Demokratiekahlschlag stattfindet. So konnte sich dieses Deutschland – diesmal im europäischen Kontext – in zwei Jahrzehnten zu einer dominanten und hochnäsigen Kriegsmacht entwickeln, die nach außen wie nach innen mit äußerster Aggressivität ihre globalkapitalistischen Interessen durchsetzt. Und es droht noch mehr Krieg, denn Rüstungskonzerne wie Lürssen produzieren, was das Zeug hält, für die Bundeswehr(macht) und den Export.

Um entsprechende Regierungsbeschlüsse notfalls mit Brachialgewalt durchzupauken, könnte die „eiserne Merkel“ ihren Fäkalpöbler Pofalla von der Leine lassen, dann klappt das schon. Ideologisch unterstützt wurde dies alles noch von den „öffentlich-rechtlichen“ Mainstream-Medien, die sich mit schier unerträglicher Deutschtümelei und Militärbeschönigung fast überschlagen hatten! Eine solche Stimmungsmache ist bekanntlich Wasser auf die Mühlen der Faschisten, die in diesem Staat längst heimlich mitregieren. Eigentlich müssten sich andere Länder von diesem neuen (Groß-)Deutschland voller Grausen abwenden, wenn sich nicht längst auch deren Rüstungs- und Großbanklobbyisten mit dem Berliner Schurkenstaat verbündet hätten.

Das Kapital kennt eben keine Schamgrenzen, daher ist für mich der „Tag der deutschen Einheit“ kein Grund zum Feiern. Mir wäre lieber, es gäbe die DDR noch, und zwar als wahrhaft sozialistisch-demokratisches Staatswesen. Dann wäre uns allen das oben Geschilderte erspart geblieben! Der französische Schriftsteller und Nobelpreisträger François Mauriac hat einmal gesagt: „Ich liebe Deutschland so sehr, dass ich zufrieden bin, weil es zwei davon gibt“. Das war eine tolle Liebeserklärung!

 

Bataillonsabzug mit Pferdefuß

07. 11. 2011 – Bremer Friedensgruppen werden nicht unbedingt Trauermärsche blasen, wenn das Feldjägerbataillon in Bremen aufgelöst wird und die Bundeswehr aus Schwanewede abzieht. Es ist grundsätzlich erfreulich, wenn Standorte geschlossen werden! Doch da gibt es einen dicken Pferdefuß, und der hat viel mit der sogenannten Bundeswehrreform zu tun: Minister de Maizière will nur deshalb Heimatstandorte auflösen oder reduzieren, weil die Streitkräfte für noch mehr Auslandeseinsätze fit gemacht werden sollen!

Es geht bei der Bundeswehr vielmehr um die Erhöhung ihrer Fähigkeit, sich künftig noch aktiver an Kriegen um Einflusssphären und Wirtschaftsinteressen wie aktuell in Afghanistan beteiligen zu können. Dafür wird sie mit modernsten und sündhaft teuren Waffensystemen auch aus Bremen aufgerüstet und daran ausgebildet. Dies ist einer der Gründe, weshalb nicht mehr benötigte Heimatstandorte aufgegeben werden.

Mit Recht wird in diesem Zusammenhang der rot-grüne Senat kritisiert. Dieser lässt bekanntlich keine Gelegenheit ungenutzt, um Waffenschmieden wie die Lürssen-Werft oder die OHB AG für die Ausrüstung der Bundeswehr in den höchsten Tönen zu loben. Damit wird der allgemeinen Militarisierung weiter Vorschub geleistet  sehr zum Wohle der Rüstungshochburg Bremen!

 

Rüstungsstandort an der Weser

19. 12. 2011 – „Erfolgsgeschichten aus Bremen? Rüstungsstandort an der Weser. Produktion, Forschung und Perspekti­ven“ lautet der Titel eines informativen und aufschlussreichen Buches, das von einem breiten Herausgeberkreis veröffentlicht wurde. Beleuchtet wird darin unter anderem, welch unheilvolle Rolle der Bremer Raumfahrt- und Rüstungskonzern OHB AG mit seinem Satellitenprogramm bei der europäischen Flüchtlingsabwehr „Frontex“ spielt. Daher sei dieses nicht nur für „Insider“ interessante Werk hier vorgestellt und sehr zum Lesen empfohlen.

Ursprünglich sollte es „nur“ eine Broschüre werden, aber nun hat sich der Sammelband zum Thema Rüstungsstandort Bremen zu einem 176-Seiten-Reader gemausert. Das Buch kommt gerade rechtzeitig, um für die zur Zeit heftig geführte bundesweite Diskussion um die Zivilklausel und die überaus problematische Einflussnahme von Bremer Rüstungsunternehmen (unter anderem OHB und Rheinmetall) auf Lehre und Forschung an der Bremer Universität und der Hochschule Bremen Informationen und Argumente zu liefern.

Bremen sei eine Rüstungshochburg und im bundesweiten Vergleich im Rüstungsbereich überproportional vertreten: Diese Ansicht vertreten die Autoren der neuen Veröffentlichung. Von bundesweit 80.000 Arbeitsplätzen in der Rüstungsproduktion fielen derzeit mindestens 4.000 auf Bremen; von insgesamt 16 Milliarden Euro Rüstungsproduktionswert im Jahr 2010 kämen mindestens 1,15 Milliarden aus Bremen. Das sind gute sieben Prozent der gesamten deutschen Rüstungsproduktion, obwohl in der Stadt Bremen nur 0,7 Prozent der Bevölkerung leben. Und während die Rüstungsproduktion bundesweit 0,64 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht, seien es hier 4,8 Prozent.

Die Rüstungsdichte sei hier sieben Mal höher als im Bundesschnitt, schreibt Lühr Henken vom „Bundesausschuss Friedensratschlag“ in seinem Beitrag und nimmt die Rüstungsbetriebe Atlas Elektronik, Rheinmetall Defence Electronics, EADS Airbus, die Friedrich-Lürssen-Werft und die OHB AG unter die Lupe. Henken ist einer von 16 Autoren, die in dem Buch Beiträge zu den Themen Rüstungsproduktion, Rüstungsforschung und Zivilklausel verfasst haben und sich mit der Rolle Bremens im internationalen Kriegswaffen-Geschäft beschäftigen.

Der verantwortliche Herausgeber Ekkehard Lentz erklärt, in Bremen würden Dinge produziert, die nicht dem Frieden dienen. Kristina Vogt, Fraktionsvorsitzende der „Linken“ in der Bremischen Bürgerschaft, kündigte eine weitere Vernetzung ihrer Partei mit den Friedensorganisationen an. Durch die Finanzierung der Forschung durch Rüstungsunternehmen mache sich der Senat politisch erpressbar. Vogt kündigte weitere parlamentarische Anfragen an, um aufzuklären, in welchem Umfang bremische Steuergelder in Rüstungsprojekte fließen.

Kritisch betrachten die Autoren die staatliche Förderung entsprechender Betriebe: Das Wirtschaftsressort fördert beispielsweise das „Cluster Maritime Sicherheit Marissa“, in dem der Kampfpanzerfeuerleitanlagen- und Drohnenhersteller Rheinmetall und die Hochschule zur „Ressourcensicherung“ forschen. So koordiniert und finanziert die „Wirtschaftsförderung Bremen“ aus Steuergeldern den Kompetenz- und Forschungsverbund „Competitive Aerial Robot Technologies“, an dem unter anderem Rheinmetall Defence beteiligt ist. Ziel der Forschung ist die Optimierung unbemannter Drohnen, die in den Kriegen der Neuzeit eine zunehmende Bedeutung erhalten.

Herausgeber sind das „Bremer Friedensforum“, die „Bremische Stiftung für Rüs­tungs­kon­ver­sion und Friedensforschung“, die Fraktion „Die Linke“ in der Bremischen Bür­ger­schaft, die „Deutsche Friedensgesellschaft“, die „Ab­rüs­tungs­ini­tia­tive Bremer Kirchengemeinden“ und der AStA der Universität Bremen. Unter anderem haben Rudolph Bauer, Sören Böhrnsen, Volker Eick, Rolf Gössner, Lühr Henken, Andrea Kolling, Ekkehard Lentz, Sofia Leonidakis und Torsten Schlusche Beiträge geschrieben. Dazu hat das „Bremer Friedensforum“ ein Interview mit Dr. Klaus Boehnke, Professor an der Jacobs University Bremen, geführt.

 

Keine Reservistentruppe in Bremen!

11. 06. 2012 – Am Freitag, dem 15. Juni 2012, wird um 15 Uhr auf Initiative des Bundeswehrministers Thomas de Maizière die erste Kompanie der bundesweiten „Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte“ der Öffentlichkeit präsentiert. Die Einheit wird vom Landeskommando Bremen in Dienst gestellt. Beim Aufstellungsappell in der Scharnhorst-Kaserne werden Vizeadmiral Manfred Nielson sowie der Präsident des Reservistenverbandes, Roderich Kiesewetter, anwesend sein. Nach Angaben des Verbandes wird hierzu ein Kooperationsvertrag zwischen der Logistikschule der Bundeswehr, dem Landeskommando und der Landesgruppe Bremen geschlossen.

Noch zur Zeit des Kalten Krieges gab es am Niedersachsendamm erheblich mehr Militär. So lagen in dem Scharnhorst/Cambrai-Kasernenbereich das Verteidigungsbezirkskommando 20, eine Mörserkompanie, das Feldjägerbataillon 720, das Feldjägerdienstkommando (das sich noch heute dort befindet), die militärische Flugsicherung sowie bereits damals ein Kontingent sogenannter Heimatschutztruppen. Dem dort stationierten Standortkommandanten unterstanden sämtliche Militäranlagen in der Stadt. Dies änderte sich, als nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation die Bundeswehr umstrukturiert und für Auslandseinsätze „fit“ gemacht wurde. Für die Verkleinerung der Streitkräfte sind in Bremen fast alle Militäranlagen aufgelöst worden. Auch die bundesweiten Standortschließungen dauern bis heute an.

Dabei wird zivil-militärische Zusammenarbeit groß geschrieben. Weil sich die Bundeswehr im Krieg befindet, in Zukunft wahrscheinlich noch mehr als bisher, ist geplant, im Zuge dieser sogenannten Bundeswehrreform die Reservistenkompanien als Lückenbüßer für die Bewachung militärischer Anlagen, für den Katastrophenfall und bei Großeinsätzen vorzusehen. Es geht dabei vordergründig um militärische Hilfe zur Erfüllung ziviler Hilfeleistung, etwa bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen. Was dabei natürlich nicht gesagt wird, ist zum Beispiel der Truppeneinsatz im Innern gegen Streiks oder Demonstrationen.

Bremen braucht keine Soldaten für zivile Hilfsdienste oder Unterstützung der Polizei! Bremen braucht überhaupt kein Militär! Gegen zunehmende Militarisierung der Zivilgesellschaft! Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr! Herr de Maizière darf uns jederzeit gern besuchen, aber in dieser offiziellen Mission ist er uns höchst unwillkommen!

 

Die Restauration preußischer Obrigkeitsstrukturen

03. 09. 2012 – Das Bundesverfassungsgericht erlaubt künftig Kriegs­waf­fen­ein­sät­ze im Innern. Gewisse „Frei­fahrt­schei­ne“ für die Bundeswehr gibt es schon seit einiger Zeit. Auch diese stellen einen weiteren Meilenstein zu Deutschlands Marsch in den Militärstaat dar. Die Friedensbewegung hält mit zahlreichen Aktionen des zivilen Widerstandes dagegen.

Zum Hintergrund: Bundeswehroberst Klein erhielt nicht nur Absolution für sein Kriegsverbrechen, sondern auch noch einen Freifahrtschein in eine bestens dotierte Karriere als General. Ein weiterer Freifahrtschein für das deutsche Militär ist der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes, der das Grundgesetz in einigen Punkten außer Kraft setzt und der Bundeswehr weitreichende Inlandsbefugnisse einräumt.

Dazu gehören Einsätze „mit militärischen Kampfmitteln“ zur Abwehr „katastrophischer Gefahren“, was immer das heißen mag. Damit können die Streitkräfte durchaus auch große Streiks oder andere Widerstandsbewegungen und Demonstrationen ins Visier nehmen. Schon die Massenproteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 lieferten ein anschauliches Beispiel für die erschreckend effektive Zusammenarbeit von Polizei und Militär.

Einzig der Verfassungsrichter Reinhard Gaier zeigte Rückgrat und Zivilcourage, indem er sich weigerte, die Entscheidung des höchsten deutschen Gerichts mitzutragen. In seiner Begründung warf er seinen Richterkollegen vor, gegen das Rechtsprinzip, Streitkräfte niemals als innenpolitisches Machtinstrument zu missbrauchen, verstoßen zu haben. So hat das Gericht, schreibt Gaier völlig zu Recht, mit seiner Entscheidung „fundamentale Grundsätze aufgegeben“.

Dies alles geschieht binnen weniger Tage und wirft ein grelles Schlaglicht auf die Verfasstheit dieser Republik. Deutlicher als je zuvor fallen die Restauration preußischer Obrigkeitsstrukturen und das Festhalten an den Kontinuitäten zum Hitlerfaschismus auf: Die Bundeswehr(macht), die aufs Engste mit Polizei und Geheimdiensten kooperiert, ist längst zu einer jederzeit und überall einsetzbaren Kriegsführungsarmee geworden. Auch ihre künftigen Inlandseinsätze dürften damit ganz im Sinne der Berliner Koalitionsmehrheit und der Waffenindustrie beschlossen worden sein.

Wie sagte einst Heinrich Heine: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht“. Die Friedensbewegung wird sich allerdings keineswegs entmutigen lassen. Schon am Antikriegstag am 1. September zeigte sie überall im Lande Flagge in Form ihrer Friedensfahnen. Die Aktionen wandten sich gegen die Auslandseinsätze der Bundeswehr, speziell in Afghanistan, und gegen deutsche Rüstungsexporte. In Bremen fand auf dem Marktplatz zum Auftakt eine viel beachtete Kundgebung statt.

Das „Bremer Friedensforum“, die „DFG-VK-Gruppe Bremen“, der DGB und „Die Linke“ hatten sich mit weiteren Gruppen zusammengefunden, um per Fahrradtour einige Rüstungsbetriebe aufzusuchen. Sie demonstrierten vor Ort gegen das hemmungslose Produzieren von Kriegsmaterial und für ein konsequentes Rüstungsexportverbot. Weitere zentrale Forderung war der Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen. Selbstverständlich wurde in Bremen wie anderswo auch der unheilvolle Verfassungsgerichtsbeschluss zum Thema gemacht.

 

Keine Gefechtsübung im „Urbanen Ballungsraum Schnöggersburg“!

10. 09. 2012 – Nachzutragen zu meinem Beitrag vom 3. Sep­tem­ber wäre noch, dass die Bun­des­wehr den lange geplanten Inlandskrieg in Kürze unter „realistischen Bedingungen“ in der Altmark üben wird. Dann kann es dort sehr laut werden! Im „Gefechtsübungszentrum“ entsteht eine „Urbaner Ballungsraum Schnöggersburg“ genannte Geisterstadt à la Hollywood, in der die Streitkräfte den Häuser- und Straßenkampf durchexerzieren werden. Für dieses sechs Quadratkilometer große Wahnsinnsprojekt mit U-Bahnhof, Autobahnauffahrten und modernsten Regierungsgebäuden, an dem die Rüstungsfirma Rheinmetall beteiligt ist, sind bereits jetzt eine Milliarde Euro rausgeschmissen worden.

Dafür hätte der Regelsatz für sämtliche Hartz-IV-Betroffenen locker auf 500 Euro erhöht werden können! Die Bundesregierung gibt inzwischen offen zu, dass die Bundeswehr(macht) hier explizit den „Heimatschutz“ und den „Inneren Notstand“ proben soll. Dafür will sie weitere 100 Millionen Euro aus dem Hut zaubern, trotz des von ihr so heftig beschrienen „Haushaltsnotstands“! Für die Übungen ist auch die Zusammenarbeit mit Polizeikräften ins Auge gefasst. Wenn erst die diversen Militärflugzeuge, sogar die A400M-Airbusse, auf der eigens gebauten Behelfslandebahn starten und landen können, dann wird es in der bisher so beschaulichen Altmark besonders laut!

Doch es regt sich Widerstand: Friedensgruppen wollen in der Nähe ein Camp errichten und vom 12. bis 17. September 2012 eine Dauermahnwache abhalten. Unter dem Motto „War starts here“ findet am 15. September ein besonderer Aktionstag statt. Hierzu schreibt das „Bremer Friedensforum“ in seiner Presseerklärung vom 11. September, die auch an die Friedensgruppen vor Ort gegangen ist, im Wortlaut: „Das ‚Bremer Friedensforum‘ solidarisiert sich mit dem Internationalen Diskussions- und Aktionscamp ‚War starts here‘, das mit seiner Aktion vom 12. bis 16. September 2012 gegen den Bau des Gefechtsübungszentrums in der Colbitz-Letzlinger Heide demonstriert. Das ‚Friedensforum‘ verurteilt die kürzlich ergangenen Verbotsmaßnahmen der Behörden.“

 

Auch zum „Tag des Offenen Denkmals“ gibt es vom ‚Friedensforum‘ eine Stellungnahme: „Ein Ärgernis in den Bremer Wallanlagen! Es ist überdimensional, es ist monströs, und es wirkt deplatziert auf dem sanften Hügel hinter der Bremer Kunsthalle: das Kriegerdenkmal auf der Altmannshöhe. 1935 wurde der gemauerte Ring zur Erinnerung an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges eingeweiht, ein großes Spektakel damals im Beisein des Bremer NS-Bürgermeisters Heider, des braunen Landesbischofs Weidemann und des skandalumwitterten Weltkriegsgenerals von Fritsch.

Auf 10.000 Steinen sind die Namen der Gefallenen eingraviert. Bis heute ist es eines der größten jemals in Deutschland errichteten Kriegsdenkmäler. Das ‚Bremer Friedensforum‘ kämpft seit Jahren für die Aufstellung eines De­ser­teur­denk­mals als Gegengewicht, bisher allerdings vergebens. Anlässlich des Tages des Offenen Denkmals am 9. September 2012 sollten die Verantwortlichen in der Bremer Kulturbehörde einmal darüber nachdenken, ob es nicht endlich an der Zeit wäre, das steinerne Rund zu einem Antikriegsdenkmal umzuwidmen.“ Hieran ist der Bremer Bürgermeister zu gegebener Zeit zu erinnern!

 

Genosse Heinrich Vogeler – Künstler, Realist, Kommunist

17. 09. 2012 – Ein Besuch der Worpsweder Museen ist mehr als lohnenswert. Davon konnte ich mich kürzlich selbst überzeugen, denn zurzeit läuft dort noch eine überaus beeindruckende Heinrich-Vogeler-Präsentation. Die Ausstellung wird in vier Galerien gleichzeitig gezeigt. Hier besteht die Möglichkeit, die verschiedensten Exponate in ihrem jeweiligen historischen Kontext – im „Barkenhoff“, in der Großen Kunstschau, dem „Haus im Schluh“ und in der Worpsweder Kunsthalle – auf sich wirken zu lassen. Sie zeigen den Maler, Buchgestalter, Designer, Architekten und Autor als einen durch und durch politischen Menschen, der stets aus einer tiefen kommunistischen und humanistischen Überzeugung heraus handelte und künstlerisch wirkte.

Nach seiner ersten romantischen Schaffensperiode als Ju­gend­stil-ge­präg­ter, noch eher unpolitischer Maler von lyrischen, teils melancholischen Bildkompositionen im „Barkenhoff“ wurde Vogeler während des Ersten Weltkrieges, an dem er aktiv teilnahm, zum leidenschaftlichen Kriegsgegner, was aus den eher kleinformatigen Bildern wie „Das Elend des Krieges“ und „Die Kriegsfurie“ aus dem Jahr 1919 eindrucksvoll hervorgeht. Seine Zeit in der Sowjetunion wird besonders ausführlich – in Gestalt seiner großen Komplexbilder, seiner Schriften und Aufrufe sowie zahlreicher, per Kopfhörer anzuhörenden Original-Tondokumente – von den Worpsweder Ausstellungsmachern vorgestellt. In einem kurzen Filmbeitrag, der im „Barkenhoff“ in einem gesonderten Raum gezeigt wird und seinen Lebensweg noch einmal visuell nachzeichnet, kommt auch sein Sohn Jan Vogeler ausführlich zu Wort.

Die Initiator(inn)en haben zu dem gesamten Ausstellungskomplex ein Faltblatt mit dem Titel „Heinrich Vogeler – Künstler, Träumer, Visionär“ herausgebracht. Unter dem Motto „Genosse Heinrich Vogeler – Künstler, Realist, Kommunist“ bewirbt hingegen die „Marxistische Abendschule Bremen“ ihre politisch betonte Führung durch die Museen am Sonntag, dem 23. September 2012, um 13:30 Uhr mit dem pensionierten Oberstudienrat Klaus Hildebrandt. Treffpunkt ist die Gartentreppe vor dem „Barkenhoff“.Unbedingt hingehen!

 

Ein Künstlerdorf braucht keine x-beliebige Luxus-Flaniermeile!

08. 10. 2012 – Worpswede am Weyerberg bei Bremen verändert sein Gesicht. Die Bergstraße – eine der wichtigsten und schönsten Straßen im Ortskern – wurde komplett aufgerissen, um sie zu „sanieren“, wie es im sogenannten Erneuerungskonzept der Landesregierung in Hannover heißt. Hier soll eine Flaniermeile für gutbetuchte Müßiggänger(innen) entstehen, wobei sich die Statiker der Baufirma wegen der Neigung der Straße auch noch kräftig verrechnet haben. Dies hat nicht nur im staatlich anerkannten Erholungsort Worpswede (mit besonders guter Luft!) Kopfschütteln, Häme und Verständnislosigkeit ausgelöst. Jetzt ist erst einmal Schadensbehebung angesagt.

Wenn die Straße fertig gestellt ist, wird Worpswede nicht mehr sein, was es einmal war: Der Dorfcharakter mit dem besonderen Charme wäre dann für immer dahin! Es ist bereits heute abzusehen, dass sich die nagelneue „Flaniermeile“ wegen ihrer Beliebigkeit kaum von anderen Fußgängerzonen unterscheiden wird. Worpswede hat es nicht verdient, dass banausenhafte „Schreibtischtäter“ aus der niedersächsischen Ministerialbürokratie, die in der 150 Kilometer entfernten Landeshauptstadt ansässig ist, die gewachsene Künstlerdorf-Struktur dermaßen verschandeln!

Viele schöne alte Bäume mussten bereits jetzt einem großen Parkplatz weichen. Die charakteristischen kleinen Läden sollen verschwinden. Dafür werden Luxus-Boutiquen und andere superteure Geschäfte entstehen, die nun wirklich kein Mensch braucht. Der monatelange Protest vieler Einwohner(innen), denen das „alte“ Worpswede besonders am Herzen liegt, hat leider nichts genützt, weil noch nicht einmal der Bürgermeister auf ihrer Seite stand. Mich als ehemaligem Worpsweder Mitbewohner, der seine ganze Jugend dort verbracht hat, und der das Dorf immer wieder gern besucht, schmerzt das sehr!

Woran wieder einmal zu sehen ist: Historische Kultursubstanz und Ursprünglichkeit werden rücksichtslos geopfert, wenn sie der kapitalistischen Profitlogik im Wege stehen. Was hätte wohl Worpswedes großer Sohn Heinrich Vogeler dazu gesagt?

 

Bürgermeister einer Rüstungshochburg lobt Friedensnobelpreisträger

22. 10. 2012 – Es hat schon ein gewisses Geschmäckle, wenn Jens Böhrnsen als Bürgermeister der Rüs­tungs­hoch­burg Bre­men den neuen Friedensnobelpreisträger in den höchsten Tönen lobt. Für ihn ist die EU laut „Weser-Kurier“ vom 13. Oktober 2012 „das größ­te Frie­dens­pro­jekt, das die Weltgeschichte gesehen hat“. Glaubt der Bürgermeister wirklich, dass sich die Bevölkerung durch diese seltsame Geschichtsdarstellung täuschen lässt? In Wahrheit ist doch das genaue Gegenteil der Fall! Dies beweist auch der jüngste Plan des frischgebackenen Nobelpreisträgers, ein größeres Kontingent an Ausbildern und Militärberatern nach Mali zu entsenden.

Die EU ist ein Interventions- und Kriegsbündnis, das seit Jahren hemmungslos aufrüstet, mit eigenen Truppen bewaffnete Konflikte verschärft sowie mit Hilfe von EZB und IWF Mitglieder wie Griechenland mit unerfüllbaren Forderungen in den Ruin zwingt. Sie raubt damit Millionen Menschen die Lebensgrundlage. Die ebenfalls erwähnten sogenannten Bankenrettungen haben schließlich auch in der Hansestadt zu deutlich mehr Armut geführt. Daraus wird deutlich: Der Bürgermeister, der seit Jahren Mitglied der japanischen Initiative „Mayors for Peace“ ist, spricht hier im Sinne der Rüstungsindustrie!

 

Die USA müssen ihre weltweiten militärischen Aktivitäten einstellen!

19. 11. 2012 – An den frischgebackenen US-Präsidenten Barack Obama ist dringend die Forderung zu richten, dass er als Friedensnobelpreisträger des Jahres 2009 den Krieg mit Drohnen sofort stoppt, den ISAF-Kriegseinsatz in Afghanistan schnellstmöglich zu Ende bringt, die Drohkulisse gegen den Iran umgehend abbaut und sich nicht weiter in den Syrien-Konflikt einmischt.

Die einseitige Parteinahme zugunsten der israelischen Regierung und Militärführung ist äußerst kontraproduktiv, zumal das von den USA gelieferte Zerstörungspotenzial gerade jetzt gegen die Bevölkerung im Gazastreifen eingesetzt wird. Die neue Administration darf Israel nicht länger den Rücken stärken, sondern muss die einzige Besatzungsmacht im Nahen Osten entschieden dazu auffordern, ihre Aggression sofort zu stoppen!

Das „Bremer Friedensforum“ ist davon überzeugt, dass die USA ihren Schuldenberg von 16 Billionen Dollar erheblich reduzieren könnten, wenn sie ihre gewaltigen Rüstungsanstrengungen und ihre weltweiten militärischen Aktivitäten so bald wie möglich einstellt. Auch das Versprechen, das Gefangenenlager in Guantánamo aufzulösen, muss Obama endlich einlösen. Dann hätte der Nobelpreisträger vielleicht tatsächlich die Chance, als erster Friedenspräsident der USA in die Geschichte einzugehen.

 

Wer führt Krieg in
Afghanistan? Die EU!

10. 12. 2012 – Die EU sei „das größte Friedensprojekt, das die Weltgeschichte gesehen hat“, verkündete Bürgermeister Böhrnsen vor einigen Wochen anlässlich der Nobelpreisverleihung an die EU. Dies sagt der Bürgermeister, obwohl er genau weiß, dass das Bündnis hemmungslos aufrüstet, überall in Kriegen mitmischt und selber Kriege führt. Die Liste ist lang, und Deutschland ist immer an erster Stelle dabei! Diese führt über Jugoslawien, den Irak und jetzt auch Syrien, mit der Stationierung von „Patriot“-Raketen in der Türkei.

Die EU ist zudem vor allem in Afrika an zahlreichen Militärinterventionen zur Absicherung ihrer wirtschaftlichen und strategischen Interessen beteiligt. In Afghanistan führt sie – angeblich im Namen der Menschenrechte – seit vielen Jahren zusammen mit den USA Krieg. Die Bundeswehr setzt Aufklärungsdrohnen ein, die von der Bremer Rüstungsfirma Rheinmetall gefertigt werden. Eine solche Drohne kam 2009 beim Bombenangriff auf zwei Tanklastzüge bei Kunduz zum Einsatz, bei dem über hundert unschuldige Menschen ums Leben kamen. Dies sind nur einige Beispiele, und es ließen sich noch etliche hinzufügen.

Überall sind europäische Waffen und oft auch Soldaten mit im Spiel. Es scheint für Böhrnsen kein Widerspruch zu sein, als „Mayor for Peace“ („Bürgermeister für den Frieden“) die Bremer Kriegsgüterbetriebe nach Kräften zu fördern und zu unterstützen! Diese sind bekanntlich ein wichtiger Teil der expansiven europäischen Rüstungsindustrie, die ihre Waffensysteme vor allem in Krisen- und Kriegsgebiete in Asien, in Afrika und in den Nahen Osten exportiert. Es seien hier nur einige Länder genannt: Nigeria, Angola, Pakistan, Malaysia, Thailand und nicht zuletzt Saudi-Arabien mit seinem menschenverachtenden Regime. Diesem hat die deutsche Bundesregierung erst kürzlich wieder eine neue Panzerlieferung in Aussicht gestellt.

Die Lissabon-Verträge verpflichten jeden Mitgliedsstaat zu größten eigenen Rüstungsanstrengungen und damit zum unbedingten Ausbau seiner militärischen „Fähigkeiten“. Die EU steht schließlich auf Platz 1 der Weltrangliste beim Rüstungsexport. Das Bündnis ist also alles andere als eine Friedensmacht. Es bekämpft zudem Flüchtlinge an seinen Außengrenzen mit militärischen und polizeilichen Mitteln und mit modernster Satellitentechnologie, die überwiegend aus Bremen stammt. Die Raumfahrtindustrie der Hansestadt beteiligt sich damit am Krieg gegen Flüchtlinge, wie er im Mittelmeer geführt wird, und der jetzt schon Tausenden das Leben gekostet hat.

Auf diese Weise schottet sich die frisch gekürte Friedensnobelpreisträgerin von den Folgen und den Opfern ihrer eigenen Ausbeutungspolitik ab. Um sich den Nobelpreis wirklich zu verdienen, müsste die EU den von ihr ausgeplünderten Ländern großzügige Entschädigungen zahlen und angemessene Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Sie muss ebenso dabei helfen, die kriegszerstörten Infrastrukturen wieder herstellen. Entstehende Konflikte sind nicht mit militärischen, sondern ausschließlich mit zivilen Mitteln zu lösen.

Wahre Friedenspolitik kann weiterhin nur heißen: Wirksame Hilfe beim Aufbau ziviler Infrastrukturen in den sogenannten Entwicklungsländern und ein striktes Verbot aller Rüstungsexporte. Die europäischen Rüstungsbetriebe sind in Stätten ziviler Produktion umzuwandeln! Die EU-Truppen sind aus den Krisen- und Kriegsgebieten zurückzubeordern! Nur so kann, wie Böhrnsen es ausdrückt, Europa wirklich das größte Friedensprojekt werden, das die Weltgeschichte gesehen hat! Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Deutschland muss den Anfang machen! Fordern wir jetzt Schritte zu echter Friedenspolitik!

 

Ein Konversionsprogramm für die Bremer Rüstungsindustrie!

07. 01. 2013 – Die Lürssen-Werft hat eine wenig rühmliche Vergangenheit. Das Bremer Unternehmen fertigte bereits für die kaiserliche Marine Kriegsschiffe. Später wurden auch für Hitlers Wehrmacht weit über 200 Schnellboote gebaut. Mit der Übernahme der Peene-Werft in Wolgast wäre die Firma nach etlichen vorherigen Fusionen mit anderen Werften dann der größte Kriegsschiffsproduzent auf dem europäischen Kontinent.

Friedrich Lürßen ist Schatzmeister des 2010 gegründeten „Bun­des­ver­ban­des der Deutschen Si­cher­heits- und Ver­tei­di­gungs­in­dus­trie“, eines der stärksten Verbände der deutschen Rüstungslobby. Außerdem gehört er zum Präsidium der „Deut­schen Gesellschaft für Wehr­tech­nik“. Für das „Bremer Friedensforum“ ist dies alles kein Grund zur Freude.

Dabei hatte die Lürssen-Werft unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg schon einmal Konversion praktiziert, als die westlichen Besatzungsmächte der deutschen Industrie untersagt hatten, Rüstungsgüter zu produzieren. Damals stellte die Firma Haushaltsgegenstände, wenig später Fischkutter und Handelsschiffe her. Rüstungskonversion war also bei Lürssen durchaus möglich und anscheinend auch erfolgreich.

In der Bremer Rüstungsindustrie hatte es bereits in den 1990er Jahren erfolgversprechende Bestrebungen für Rüstungskonversion gegeben. Hieran sollte angeknüpft werden, und die Firma Lürssen könnte da mit gutem Beispiel vorangehen. Senat und Landesregierung sollten solche Ansätze unterstützen und gemeinsam mit der IG Metall ein neues Konversionsprogramm auflegen! Dies wäre zukunftsfähig, und damit könnten sie wirklich für den Frieden punkten.

 

Parlamentspräsident lobt blutige Geschäfte mit Islamistenregime

18. 02. 2013 – Kürzlich hat die Friedrich-Lürssen-Werft in Bremen ein Rüs­tungs­ge­schäft mit Sau­di-Ara­bien abgeschlossen: Das menschenverachtende Feudalregime wird für rund 1,5 Milliarden Euro Pat­rouil­len­boo­te von der Werftengruppe bauen lassen. Innerhalb von zwei Jahren nach Vertragsunterzeichnung sollen die Boote zum Stück­preis von 10 und 25 Millionen Euro über­ge­ben werden. Das „Bremer Friedensforum“ verurteilte bereits das Rüs­tungs­ge­schäft.

Saudi-Arabien war 2011 an der blutigen Niederschlagung von Protesten im Nachbarland Bahrain beteiligt. In Saudi-Arabien werden Menschenrechte, die Gleichstellung der Frau und die Rechte von Minderheiten von den islamistischen Herrschern systematisch gebrochen. Das Auswärtige Amt schreibt dazu auf seiner Webseite: „Die Todesstrafe wurde 2011 mindestens 73 Mal vollstreckt, Körperstrafen wie zum Beispiel das Auspeitschen werden regelmäßig vollzogen, Dissidenten werden inhaftiert, Geständnisse erzwungen, Frauen werden wesentliche Menschenrechte vorenthalten, minderjährige Mädchen zwangsverheiratet, freie Meinungsäußerung ist nur teilweise möglich“.

Auf Empörung beim „Bremer Friedensforum“ stößt in diesem Zusammenhang auch das Interview von Christian Weber, Präsident der Bremischen Bürgerschaft, in einer Boulevardzeitung. Weber äußerte sich darin explizit zugunsten des schmutzigen Waffendeals, Patrouillenboote nach Saudi-Arabien zu liefern. Der Parlamentspräsident schwadroniert lobend über das Milliardengeschäft, noch bevor das Parlament darüber beraten hat: „Es ist nun mal ein Geschäft, das wir in Aussicht haben“. Politische Grundsätze interessieren nicht: „Saudi-Arabien ist keine parlamentarische Demokratie, wie wir das in Bremen gewohnt sind“.

Das skandalöse Interview macht sichtbar, wer für den Bür­ger­schafts­prä­si­den­ten Priorität genießt: nicht die Abgeordneten, sondern die Friedrich-Lürssen-Werft. Das „Bremer Friedensforum“ sieht in den Äußerungen Webers einen Akt der sträflichen Verletzung demokratischer Kultur und der Missachtung des Parlaments als Souverän. Nach Artikel 92 der bremischen Landesverfassung sollte es nicht die Aufgabe des Bürgerschaftspräsidenten sein, sich in dezidierter Weise zu äußern und einseitig Partei zu ergreifen.

Das „Bremer Friedensforum“ erwartet, dass die Bürgerschaft von ihrem Präsidenten Rechenschaft für sein Interview fordert und sich darüber Gedanken macht, wie die Stadt Bremen sich von dem blutigen Makel als führender Rüstungsstandort in Deutschland befreien kann. Zum Hintergrund: Im vergangenen Jahr war Saudi-Arabien zum größten Importeur deutscher Rüstungsgüter aufgestiegen. Bis zum Dezember wurden Exportgenehmigungen für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter im Wert von 1,335 Milliarden Euro erteilt.

 

„Ein Sozialstaatsmodell mit
weltweitem Vorbildcharakter“

11. 03. 2013 – Etwa 50 Menschen hatten sich bei stürmischem und nasskaltem Winterwetter auf dem Bremer Goetheplatz eingefunden, um des Todes von Hugo Chávez zu gedenken. Auch einige in der Hansestadt lebende Venezolanerinnen und Venezolaner waren an diesem 9. März darunter. Aufgerufen zu der Trauerkundgebung hatte die „Marxistische Abendschule“ in Bremen. Sehr bewegend waren die persönlichen Worte der Venezolanerin Martha Valdez, die in ihrem aufrüttelnden Redebeitrag erkennen ließ, dass sie für ihr Land auch in Bremen unermüdlich weiterkämpfen wird. Sie will auch hier ihre ganze Kraft dem Vermächtnis von Hugo Chávez widmen.

Ebenso wies Dr. Heiner Fechner von der Uni Bremen auf die großen Verdienste des Verstorbenen hin, die nicht nur das venezolanische Volk und dessen arme Menschen betreffen, sondern alle Völker Lateinamerikas und darüber hinaus. Durch sein revolutionäres Wirken habe Lateinamerika „sein Gesicht verändert wie in 200 Jahren nicht mehr“. Den Armen seines Volkes habe er nicht nur aus dem Elend verholfen, sondern zugleich „ein Sozialstaatsmodell geschaffen, das weltweiten Vorbildcharakter hat“. Fechner verwies auf das unverwechselbare Charisma des verstorbenen Präsidenten und sagte, sein Tod hinterlasse ein großes Loch, aber auch eine große Vision für eine andere Wirtschafts- und Sozialordnung. – Mit einem stillen Gedenken unter den Klängen des russischen Trauermarsches „Unsterbliche Opfer“ endete schließlich die Kundgebung.

 

Im Rathaus waren etliche Stände von Frauen-Organisationen aufgebaut, wobei der Andrang von Besucherinnen ziemlich groß war. Auch einige Männer hatten sich darunter gemischt. Derweil tanzten sich draußen vor dem Rathaus bei Samba-Rhythmen etwa 30 Frauen warm. Später gesellte sich auch eine kleine Demonstration kurdischer Frauen dazu, die aus Anlass der kürzlichen Ermordung dreier kurdischer Aktivistinnen in Frankreich zusammengekommen waren. Sie brachten damit ihren Protest gegen die anhaltende staatsanwaltliche Verschleppung der Ermittlungen in Paris sowie eine äußerst brutale Willkür gegen alle kurdische Freiheitskämpferinnen zum Ausdruck. Mit der Aktion hatten sich auch einige Männer solidarisiert.

Im Festsaal des Rathauses wurde derweil die „Bremer Frau des Jahres“ ausgezeichnet. Die Wahl fiel auf die verdienstvolle Sozialpädagogin Christa Brämsmann. Sie ist Leiterin und Gründungsmitglied des Mütterzentrums im Bremer Stadtteil Tenever. Christa Brämsmann engagiert sich seit vielen Jahren sehr für Frauen in benachteiligten finanziellen Situationen und zerrütteten patriarchalen Familienverhältnissen. Die Besucherinnen dieser Einrichtung kommen aus vielen unterschiedlichen Kulturen, deshalb bekämpft die Ausgezeichnete mit ihrer Arbeit auch den Fremdenhass. Zu diesem multinationalen Mütterzentrum an der Peripherie der Stadt gehören unter anderem eine Second-Hand-Börse, ein Bildungszentrum und ein Café. Alle diese Projekte gehen maßgeblich auf die Initiative von Christa Brämsmann zurück. Mit ihrer Auszeichnung am Internationalen Frauentag wurde eine gute Wahl getroffen.

 

Karstadt-Schließungen:
Menschen wie Abfall behandelt

27. 10. 2014 – Kaufhäuser sind in vielen Städten ein fester Bestandteil urbaner Einkaufskultur. Sie sind dort nicht wegzudenken. Doch dies soll sich nun radikal ändern. René Benko, als Karstadt-Eigentümer eine „Heuschrecke“ par excellence, will per Aufsichtsratsbeschluss sechs Filialen zerschlagen. Dafür sollen dort so etwas wie Luxus-Boutiquen für Superreiche entstehen. Der von Benkos Aufsichtsräten eingesetzte Karstadt-Chef Stephan Fanderl soll das Zer­stö­rungs­werk durchziehen, obschon die meisten Standorte wirtschaftlich gesund und umsatzstark sind.

Außer Stuttgart sollen die Modeketten „K-Town“ in Köln und Göttingen sowie zwei Schnäppchenmärkte in Paderborn und Frankfurt/Oder „dran glauben“. Besonders Stuttgart ist ein Umsatzrenner. Ausgerechnet dieses bei den Einwohner(inne)n höchst beliebte Haus will Benko als erstes profitträchtig verscherbeln, denn es gehört zu seinem österreichischen Immobilien-Konzern „Signa-Holding“. Was dann an Karstadt-Häuern übrig bleibt, könnte womöglich mit Kaufhof-Filialen verschmolzen und an die Börse gebracht werden.

Über solche Szenarien denkt die Immobilien-Mafia um Benko verschärft nach. 2.000 Angestellte gehen damit einer höchst ungewissen Zukunft entgegen, was wieder einmal zeigt, wie solche Leute denken: Benko und seiner gesamten Führungsriege sind die Angestellten und Kund(inn)en völlig wurscht. Hier geht es nur noch um Profit, Profit und nichts als Profit!

Auf der Strecke bleiben die Beschäftigten. Da die meisten um die 50 Jahre alt sind und kaum anderweitig eine Stelle finden werden, die ihrer Qualifikation entspricht, droht ihnen Existenzverlust und letztlich der ausweglose Albtraum von Hartz IV. Hier ist die Gewerkschaft Verdi gefordert, alle Kräfte zu mobilisieren und alles Menschenmögliche zu tun, damit diese neoliberale Wahnsinnstat verhindert wird!

 

Von Deutschland muss
Frieden ausgehen!

26. 01. 2015 – Von Deutschland muss Frieden ausgehen! Das setzt voraus, dass in diesem Land eine sozialistische Revolution stattfindet und der neoliberale Rüstungs- und Bankenkapitalismus endgültig abgeschafft wird. Die „neue“ Bundesrepublik muss dann eine auf Frieden, Ausgleich und Verständigung ausgerichtete Politik betreiben.

Vor allem an Polen – auf dessen Boden die SS ihr Vernichtungslager Auschwitz errichtet hatte und auch sonst ihr verbrecherisches Unwesen trieb – muss eine offizielle Entschuldigung erfolgen. Griechenland und Italien haben ebenfalls schwer unter den Faschisten gelitten.

Für all diese Länder wäre beruhigend zu wissen und von sehr großem Vorteil, wenn sie es in Zukunft nur noch mit einem sozialistischen, antimilitaristischen und mit defensiven Streitkräften ausgestatteten Deutschland zu tun haben würden.

Sie hätten es dann mit einem Deutschland mit einer demokratischen und sozialistischen Verfassung zu tun, das die Menschenrechte achtet und keine Angriffskriege um Rohstoffe mehr führt. Für Flüchtlinge wäre dieses Land ein Hort der Sicherheit und Geborgenheit.

Das würde bedeuten: Bundeswehr abschaffen! Bundesrepublik raus aus der Nato! Eigene Truppenaufstellung nur zur Selbstverteidigung! Nur von einem sozialistischen Deutschland kann wirklich Frieden ausgehen!

 

Protest gegen den Bundeswehrempfang im Rathaus

02. 02. 2015 – Die Bundeswehr hatte am 28. Januar 2015 wie jedes Jahr eingeladen, und zahlreiche Gäste – hohe Militärs aller Waffengattungen sowie jede Menge Prominenz aus Politik, Wirtschaft und Geistlichkeit beider Konfessionen – fanden sich zum Bundeswehrempfang im Bremer Rathaus ein. Es ist bereits lange Zeit Tradition, dass die deutschen Streitkräfte jedes Jahr das Rathaus okkupieren, um prominenten Zeitgenossen wie dem Bremer Landeskommandanten Oberst Körbi oder dem Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber ein Forum zu geben.

Etwa 250 hochrangige Gäste lauschten laut „Weser-Kurier“ den Ansprachen. Auch der Bremer Innensenator Mäurer hatte gesprochen. Seine Anwesenheit unterstreicht die zunehmende und bedrohende Bedeutung der Bundeswehr im Innern. Da vollzieht sich eine wesentliche Militarisierung der Gesellschaft. Deswegen standen direkt am Eingang nicht zivile, sondern Militärpolizisten.

Bevor die Gäste allerdings das Rathaus betreten konnten, mussten sie an einer Mahnwache unter anderem des „Bremer Friedensforums“ vorbei, das ihnen Transparente mit den Aufschriften „Bundeswehr abschaffen“, „Ja zum Frieden, nein zur Nato“ und „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ entgegenhielt. Die Reaktionen in den Gesichtern und die Zurufe waren vielschichtig – sie reichten von halbherziger Zustimmung bis Ablehnung. Mehr war wohl kaum zu erwarten.

 

Früher waren Reden von Gewerkschaftsvertretern viel kämpferischer

04. 05. 2015 – Etwa 4.000 Menschen waren auf der Bremer Maikundgebung. Bei mäßig-frischen Temperaturen um zehn Grad und bewölktem Himmel hörten sich Interessierte und Tourist(inn)en die Redebeiträge an. Vor allem waren viele Gewerkschaftsmitglieder dabei. Die Kundgebung stand unter dem Motto: „Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!“ Die Hauptrede hielt die Bremer DGB-Kreisvorsitzende Annette Düring. Auch gewerkschaftlich organisierte Jugendvertreter(innen) kamen mit eigenen Beiträgen zu Wort.

Annette Düring kam gleich auf den gesetzlichen Mindestlohn zu sprechen. Dieser sei ein Erfolg für uns alle, den es zu verteidigen gelte, etwa gegen Forderungen, die Dokumentationspflicht zu ändern. Dies treffe ebenso gegen Missbrauch zu: Wir brauchten mehr Kontrolle, sagte sie, und darüber hinaus neue gesetzliche Regelungen für Leiharbeit und Werkverträge. Stammarbeitsplätze dürften nicht in „billige Fremdfirmen“ ausgelagert werden. Allerdings kam von ihr kein einziges Wort zum bedingungslosen Grundeinkommen.

Vieles kam leider tatsächlich nicht vor, was im Interesse der Arbeitnehmer(innen) unbedingt hätte gesagt werden müssen. Ein Stichwort ist Arbeitsverdichtung, denn es muss immer mehr Arbeit in immer kürzerer Zeit erledigt werden. Das ganze Elend der Hartz-Gesetze und das Gegeneinanderausspielen mit den abhängig Beschäftigten scheinen für sie nicht zu existieren. Überhaupt waren die Reden von Gewerkschaftsvertreter(innen) früher viel kämpferischer!

Mein Blick ging auch in die Runde: Es gab auf dem großen Versammlungsplatz zahlreiche Stände von Parteien, Einzelgewerkschaften und anderen Organisationen. Besonders erfreut war ich darüber, einige Leute von der Montagsdemo zu treffen. Das „Bremer Friedensforum“ war mit einem Infotisch dabei. Auch für das leibliche Wohl war mit Kaffee- und Bierständen gesorgt. Es konnten Bratwürste, Pommes oder kleine Pizzen genossen werden. Verhungern oder verdursten musste auf dem Platz jedenfalls niemand!

 

Bremen braucht eine soziale
und fortschrittliche Politik

08. 06. 2015 – Einen sinnvollen Maßnahmenkatalog, der wirklich den Menschen dient, konnte bisher kein Bürgermeister verwirklichen. Der Nachfolger von Jens Böhrnsen, der SPD-„Parteilinke“ Carsten Sieling, könnte das ändern. Bis dato hat jeder der Amtsinhaber in erster Linie die Interessen der Unternehmen – vor allem der Handelskammer, der Banken und der Rüstungsindustrie – im Blick gehabt.

Viele arbeitende Menschen gerieten im Extremfall ins Abseits durch Verschieben in Leiharbeitsfirmen und prekäre Arbeitsverhältnisse. Dies betrifft vor allem allein erziehende Frauen. Die Folge: Die Reichen wurden immer reicher, während die Armut, vor allem jene vieler Kinder, zunahm und sich verfestigte. Die Agenda 2010 und Hartz IV spielen hier eine gesellschaftlich verheerende Rolle, weil durch das Gegeneinanderausspielen der Betroffenengruppen das allgemeine Lohnniveau zur Freude der Arbeitgeber(innen) immer weiter nach unten gedrückt wird.

Was bislang nur zögerlich angegangen wurde – nämlich der Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und der Beratungsangebote, das Untersagen von Drangsalierung der Betroffenen von Hartz IV durch Angestellte beziehungsweise Beamt(inn)e(n) der (No-)Job-Center und die Schaffung einer für alle bezahlbaren volksnahen Kultur – muss endlich in Angriff genommen werden. Bei der Infrastruktur sieht Sieling offenbar Reformbedarf, denn er sagte dem „Weser-Kurier“ vom 20. Mai 2015, der öffentliche Dienst müsse „modernisiert“ werden, was auch immer darunter zu verstehen ist. Sehr wichtig auch: Es sollten mehr Umweltzonen zur Verbesserung der Luftqualität durch bezahlbare und weniger umweltschädigende Autos geschaffen werden!

Carsten Sieling ließ sich nicht zur Bundeswehr einberufen, sondern leistete stattdessen von 1988 bis 1989 Zivildienst. Friedensaktivist(inn)en ist er aus dieser Zeit gut bekannt. Sieling studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bremen und an der University of Maryland. Die Bremer Hochschulen gaben sich eine Zivilklausel, welche Rüstungsforschung unterbinden soll. Dennoch hat es Forschung für Rüstungsbetriebe wie die Firma OHB AG gegeben, und die Bundeswehr hat immer davon profitiert. Seit 1991 ist Sieling Referent für regionale Wirtschaftspolitik bei der „Arbeitnehmerkammer Bremen“. Er könnte die Hansestadt im beschriebenen Sinne völlig umkrempeln und zu einer sozialen Stadt für die Menschen machen.

Voraussetzung ist allerdings, dass er dafür sorgt, dass die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge endlich rückgängig gemacht wird. Dazu gehört in erster Linie die Rekommunalisierung der Müllabfuhr, der Stadtwerke und der Krankenhäuser. Mieten müssen für alle bezahlbar sein. Es wäre ausreichend sozialer Wohnraum zu schaffen, der den Ermessensspielräumen der Jobcenter entspricht. Die Mieten der Gewoba und anderer Wohnungsbaugesellschaften müssen für Mieterinnen und Mieter transparent und mitbestimmbar sein, denn Wohnen ist ein Menschenrecht!

Bremen braucht mehr Stellen für Erzieher(innen), Lehrer(innen) und Schulsozialpädagog(inn)en. Die Bildungseinrichtungen benötigen eine durchgehende Sprachförderung. Vor allem die Förderung von sozial benachteiligten Menschen mit Lese- und Rechtschreibdefiziten ist äußerst wichtig. Bremen müsste mehr Ganztagsschulen und Oberschulen einrichten.

Für den Stadtstaat Bremen wäre einen Schuldenschnitt sinnvoll, wie er auch für Griechenland gefordert wird, denn sonst wachsen die Schulden ins Unermessliche. Die „Schuldenbremse“ wirkt verheerend und kann eine in diesem Sinne fortschrittliche Politik schon im Ansatz ersticken. Verwirklicht gehört ein vernünftiger und vor allem gerechter Finanzausgleich. Es muss zwingend eine „Reichenbremse“ her, damit die Millionäre nicht so einfach ihre dicken Barvermögen zum Beispiel in Liechtenstein verbunkern können!

 

Soll der Eindruck entstehen,
dass wir den Sozialstaat
dem Militär verdanken?

18. 01. 2016 – Im Werk von Michael Lüders „Wer den Wind sät... Was westliche Politik im Orient anrichtet“ wird einleuchtend geschildert, wie in der Region alles mit allem zusammenhängt und wie sich der Westen seine Feinde immer wieder selbst erzeugt. Es ist eine Abrechnung mit westlicher Politik, die gerne für sich in Anspruch nimmt, „wertorientiert“ zu handeln. Eine derartige Politik hat im Nahen und Mittleren Osten vielfach „verbrannte Erde“ hinterlassen. Die Akteure sind dabei in erster Linie die USA und ihr engster Verbündeter Großbritannien. Spätestens seit „9/11“ gehören aber auch die übrigen Mitgliedsstaaten der EU dazu – nicht zuletzt Deutschland.

Wie die folgenden Ausführungen zeigen, hat sich das Grundmuster westlicher Militärinterventionen in der arabisch-islamischen Welt über Jahrzehnte hinweg kaum verändert, allem voran die Neigung, die Konfliktparteien in „gut“ und „böse“ zu unterteilen. Das absolut Böse hat natürlich sein Pendant, das selbstlose Gute. Die Guten seien wir und die westliche Politik, weil diese angeblich für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte stehen. Der Glaube an die eigene Allmacht scheint ungebrochen zu sein.

Ferner wird dargestellt, dass westliche Politik lieber auf Konfrontation als auf Kooperation setzt, und dass sie wenig Bereitschaft erkennen lässt, aus eigenen Fehlern zu lernen. So wird gefragt, ob beispielsweise der „Krieg gegen den Terror“ Al-Quaida oder die Taliban geschwächt oder gar besiegt hat. Das Gegenteil ist der Fall – beide sind gestärkt daraus hervorgegangen. Fakt ist, dass die USA seit 2001 in sieben mehrheitlich muslimischen Ländern militärisch interveniert oder sie mit Drohnen angegriffen haben. Wahllos tötende Killerdrohnen setzen sie gerade heute ein, wie zum Beispiel in Pakistan, aber sie führen keine offenen Kriege mit Bodentruppen mehr.

Dies alles wird in dem vorliegenden Buch gut, in leicht verständlicher Sprache und vor allem sehr kenntnisreich vermittelt. Der Cover-Text lautet dazu: „Michael Lüders beschreibt die westlichen Interventionen im Nahen und Mittleren Osten und zeigt die desaströsen Folgen, darunter Terror, Staatszerfall und der Siegeszug islamistischer Milizen. Sein neues Buch liest sich wie ein Polit-Thriller – nur leider beschreibt er die Realität.“

 

Das „Bremer Friedensforum“ hat eine Presseerklärung mit „kritischen Fragen zum ‚Reinhart-Koselleck-Projekt‘ an der Universität Bremen“ veröffentlicht: „Haben Militär und Wehrpflicht zur Herausbildung des Wohlfahrtsstaates beigetragen? Wenn ja, in welchem Umfang? Diesen Fragen will Professor Herbert Obinger in dem Projekt ‚Wehrpflicht, Militär und Wohlfahrtsstaatsentwicklung in Europa‘ nachgehen. Ermöglicht wird diese Forschung mit einem ‚Reinhart-Koselleck-Projekt‘, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft dem Bremer Uni-Professor genehmigt hat. Die DFG stellt der Universität Bremen knapp eine Million Euro zur Verfügung.

Das ‚Bremer Friedensforum‘ hat sich mit kritischen Fragen an die Deutsche Forschungsgemeinschaft zum Forschungsprojekt gewandt: Warum wird der Zusammenhang von Militär und Sozialpolitik gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt thematisiert, wo Tausende deutscher Soldaten im Kriegseinsatz sind? Soll der Eindruck entstehen, dass wir den Sozialstaat dem Militär verdanken? Soll auf diese Weise das Image der Bundeswehr verbessert werden, um Berufssoldatinnen und -soldaten für vermehrte Auslandseinsätze anzuwerben?

Kriege haben nach Ansicht des ‚Bremer Friedensforums‘ Not und Elend zur Folge, sie hinterlassen Witwen und Waisen, kriegsversehrte Krüppel und Traumatisierte, Flüchtlinge und Vertriebene. Diese Schreckensfolgen von Kriegen könnten zwar nicht wieder gutgemacht, aber durch Sozialpolitik etwas gelindert werden. Das zu ‚erforschen‘, hält das ‚Bremer Friedensforum‘ für ‚Humbug‘ und vermutet im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt ‚Wehrpflicht, Militär und Wohlfahrtsstaatsentwicklung‘ die Verschleuderung von Steuergeldern.

Ein sinnvolleres Forschungsprojekt wäre nach Ansicht des ‚Friedensforums‘, die Bedeutung der Gewerkschaften, der Kirchen, der Organisationen der Arbeiterbewegung und der Kriegsgegner bei der Entstehung und Ausgestaltung des Sozialstaats zu untersuchen. ‚Soll deren bedeutende Rolle in der Wohlfahrtsgeschichte verschleiert und der Krieg wieder einmal als „Vater aller Dinge“, also auch der Sozialpolitik, gefeiert werden?‘, fragt das ‚Bremer Friedensforum‘ die ‚Deutsche Forschungsgemeinschaft‘. ‚Warum wird nicht erforscht, weshalb Kriege geführt werden, und was zu tun ist, um die Kriegsursachen zu bekämpfen?‘ Das ‚Bremer Friedensforum‘ erwartet Antworten von der DFG, aber auch eine Stellungnahme der Universitätsleitung und der Bremer Senatorin für Wissenschaft.“

 

Ächtet die Atomwaffen!

07. 08. 2017 – Auch in diesem Jahr fand am 6. August – wie jedes Jahr – auf dem Bremer Marktplatz der Hiroshima-Gedenktag bei strahlendem Sonnenschein statt. Etwa 200 Menschen waren gekommen und hatten mit Blumen das Peace-Zeichen ausgelegt. 130 Staaten, die Mehrheit der in der Uno zusammengeschlossenen Nationen, haben kürzlich beschlossen, dass alle Nuklearwaffen abgerüstet werden sollen. Dr. med. Lars Pohlmeier, Mitglied der IPPNW, der die Rede hielt, hat die Nichtteilnahme Deutschlands bedauert und gesagt, dass große Anstrengungen notwendig seien, damit unsere Nation sich diesem Vertrag der Uno-Konferenz anschließt.

An zweiter Stelle sprach der IPPNW-Mediziner Joachim Streicher. Er berichtete von seiner Teilnahme an den Protestwochen gegen die im Militärstützpunkt Büchel lagernden US-Atomwaffen. Ein Höhepunkt der Mahnwache war der Friedensreigen, der um das Peace-Zeichen herum getanzt wurde. Japanerinnen, die in Bremen leben, hatten eine Stellwand aufgerichtet, die auch über die Folgen von Hiroshima informierten. Es konnten Kinder und Erwachsene Friedenskraniche basteln, die in Japan unseren Friedenstauben entsprechen. Jens-Volker Riechmann las Friedensgedichte unter anderem von Ringelnatz und Gerd Semmer. Von Letzterem stammt das passende Lied: „Gott hat die Bombe nicht gemacht“. Die Moderation der Veranstaltung machte Eva Böller vom „Bremer Friedensforum“.

 

Die Ausrichtung der internationalen Politik auf die Anwendung militärischer Gewalt beenden!

15. 01. 2018 – Nach zwei Weltkriegen, der Periode des Kalten Krieges und der anschließenden Hoffnung auf eine Zeit des Friedens müssen wir vom „Bremer Friedensforum“ feststellen, dass Kriege und Aufrüstung wieder zunehmen. Über Japan fliegen nordkoreanische Raketen, um Atomangriffe zu üben, während US-Präsident Trump seinerseits mit einem Atomkrieg droht. In Syrien herrscht seit Jahren Krieg mit wechselnden Fronten und vielen sich einmischenden Staaten. Die militärische Provokation zwischen Russland und der Nato birgt sogar die Gefahr eines Krieges in Europa! Mit einer Verdoppelung des Militäretats der Bundeswehr auf 70 Milliarden Euro will sich die Bundesrepublik als Führungsmacht eines militarisierten Europa positionieren.

Daher fordern wir: Die Ausrichtung der internationalen Politik auf die Anwendung militärischer Gewalt muss beendet werden! Gewaltsam lassen sich politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Probleme nicht lösen. Vielfach sind auch strategische Gründe die wahren Motive für Interventionen. Aus diesen Erfahrungen sollten politische Lehren gezogen werden. Präventiv ist weltweit gegen Ungleichheit und Ungerechtigkeit zu Felde zu ziehen! Der globale Süden muss gestärkt werden. Stellen wir uns den Kriegstreibern und Kriegsprofiteuren in den Weg: Das Ziel muss eine Welt ohne Krieg und Militär sein!

Wir fordern außerdem von der Bundesregierung, dem Atom­waf­fen-Ver­bots­an­trag beizutreten und die noch immer in Deutschland lagernden US-Nuklearwaffen abziehen zu lassen. Der Vertrag ist ein wichtiger Schritt hin zu einer atomwaffenfreien Welt. Ebenso wichtig sind Verträge zum Verbot von militärischen Drohnen und autonomen Waffensystemen. Hier steht auch unsere Forderung an die Bundesregierung, auf die weitere Anschaffung und Entwicklung von Kampfdrohnen zu verzichten und eine internationale Ächtung der Waffensysteme zu erwirken. Wir treten ein für eine allgemeine und vollständige Abrüstung.

Wir treten ein für die Auflösung der Bundeswehr und aller anderen Armeen. Wir engagieren uns entschieden gegen die Nachwuchswerbung der Bundeswehr. Daneben müssen alle Rüstungsexporte unterbunden werden. Wir sehen uns heute als Teil einer weltweiten Bewegung gegen Aufrüstung und Krieg. Frieden ist ein Menschheitsprojekt. Nur in einer friedlichen Welt lassen sich die Zukunftsprobleme wie der Klimawandel, die Umweltzerstörung und die wirtschaftliche und soziale Ungleichheit lösen.

 

Nachwort

Wappen der 'Geistigen Republik Zitzer'Nachwort – (Autobiographie, Juli 2008:) Wieland von Hodenberg ist seit dem Gründungsjahr 1983 im „Bre­mer Frie­dens­fo­rum“ aktiv. Als Zusammenschluss von damals über 100 Organisationen, Stadt­teil- sowie berufsbezogenen Friedensinitiativen, Kirchengemeinden, Parteien und Ge­werk­schafts­glie­de­run­gen war das Bündnis „Bremer Friedensforum“ Kristallisationspunkt unzähliger Aktivitäten der Friedensbewegung in der Region und ist dies bis heute geblieben. Anlass war zunächst die Stationierung neuer atomarer Mittelstrecken in Europa, dann die geplante Aufrüstung im Weltraum und immer wieder auch die nahe Bremen gelegene US-Brigade “Hell on Wheels” („Hölle auf Rädern“), die damals eine riesige Panzertrasse quer durch ein zusammenhängendes Wald- und Naherholungsgebiet schlug und als „Speerspitze der Nato“ in Nord­deutsch­land galt. Von Hodenberg ist Mitautor des 1987 vom „Friedensforum“ her­ausgegebenen Buches „Bremen – Friedenshauptstadt oder Rüstungszentrum?“ sowie einer Broschüre mehrerer Friedensinitiativen zum Thema Rüstungsbetriebe in Bremen. In den 1980er Jahren gehörte er zudem der „Deutschen Frie­dens­union“ an, schrieb zahlreiche Beiträge für deren vierteljährlich erschienene Publikation „Abrüstungsinfo“ und wechselte nach Auflösung der Organisation in die Bremer Gruppe der „Deut­schen Frie­dens­ge­sell­schaft – Vereinigte Kriegs­geg­ner(in­nen)“.

Im Juni 1994 wurde in der „Villa Ichon“, dem Sitz des „Bremer Friedensforums“, das erste deut­sche „Konsulat“ der „Geistigen Republik Zit­zer“ ins Leben gerufen (siehe „Zivilcourage“ der DFG-VK, Nummer 4/94, Seiten 12 und 13). Kurze Zeit später folgten Hamburg und andere Städte. Konsul in Bremen ist bis heute Wieland von Hodenberg. Das Ganze basiert auf einer witzigen Idee findiger jugoslawischer Kriegsgegner. Zur Vorgeschichte: Während des Krieges in Jugoslawien weigerten sich im Mai 1992 alle männlichen Einwohner der 2.000-Seelen-Gemeinde Tresnje­vac (Oromhegyes) in der serbischen Vojvodina nahe der ungarischen Grenze, an Kriegseinsätzen in Bosnien-Herzegowina teilzunehmen. Statt zum Gewehr zu greifen, gründeten sie unter maßgeblicher Mitwirkung der Frauen in der einzigen Dorfkneipe – einer Pizzeria mit Billard­tisch – die „Geistige Republik Zitzer“, so benannt nach dem Besitzer der Kneipe. Zum „Präsidenten“ wurde der vollbärtige Dorfschullehrer Lajos Balla auserkoren, der auf dem Höhepunkt der Bremer Konsulatseröffnung dem Autor dieses Beitrags mit feierlicher Miene seine „Ernennungsurkunde“ überreichte.

Die fiktive Republik verstand sich als „grenzübergreifendes Staatswesen ohne territoriale Ansprüche“ und als geistiges Band zwischen allen friedensbewegten Menschen weltweit, die auf Antrag sogar die „Staatsbürgerschaft“ annehmen konnten. 8.000 Menschen haben dies getan, und mehr als 500 „Pässe“ stellte allein die Bremer „Diplomatische Vertretung“ aus. Als dem Dorf wegen seiner konsequenten Verweigerungshaltung die Zerstörung drohte und einzelne „Regierungsmitglieder“ verfolgt wurden, solidarisierten sich „Friedensforum“ und „Konsulat“ sowie die Hochschule für Künste mit den Bedrängten, unter anderem mit einem Benefizkonzert in Bremen. Damals wurden auch Veranstaltungsrundreisen von jugoslawischen Friedensaktivist(inn)en durch die Bundesrepublik organisiert. Es gab Unterstützung für Kriegsdienstverweigerer und Deserteure, und von Hodenberg setzte sich mit zahlreichen Appellen an den Bremer Senat für deren Aufnahme und Betreuung in der Hansestadt ein. Im Februar 1995 wurde der „Geistigen Republik Zitzer“ in Anwesenheit hoher „Regierungsmitglieder“ aus dem Friedensdorf und des Bremer „Konsuls“ der Friedenspreis des „Helmut-Michael-Vogel-Bildungswerks“ in Nürnberg verliehen. Ein Schwerpunkt war stets auch der Einsatz für die Menschenrechte und gegen die Abschiebung von Asylsuchenden. Die „Regierung“ in Tresnjevac gibt es inzwischen nicht mehr, aber der „Präsidentenpalast“ steht noch! Auch das Vermächtnis lebt weiter, und dem fühlt sich von Hodenberg heute stärker denn je verpflichtet. Das „Konsulatsschild“ mit dem „Staatswappen“, drei Billardkugeln und eine angedeutete kreisrunde Pizza in Anlehnung an den Geburtsort Zitzers, ziert noch heute den Eingang der „Villa Ichon“ am Goetheplatz 4.

Wieland von Hodenberg, der auch jahrelang Vorstandsmitglied der „Solidari­schen Hilfe e.V.“ war, engagiert sich heute neben seinen Aktivitäten im „Friedensforum“ und der DFG-VK mit regelmäßigen sozial- und friedenspolitischen Redebeiträgen in der „Initiative Bremer Montagsdemo“ sowie in der Initiative „Bremer Bürgerinnen und Bürger gegen Obdachlosigkeit und die Diskriminierung der Betroffenen“. – Veröffentlichungen:

„Bremen – Friedenshauptstadt oder Rüstungszentrum?“, Beitrag Seite 68: „Bremens militärische Infrastruktur“, Herausgeber: Ekkehard Lentz und Klaus Jakubowski

„Die Walser-Bubis-Debatte“, eine Dokumentation herausgegeben von Frank Schirrmacher, erschienen 1999 im Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main, Beitrag Seite 144

„Rüstungsstandort Bremen“, Herausgeber: BUKO-Kampagne „Stoppt den Rüstungsexport“, „Bremer Friedensforum“, „Abrüstungsinitiative Bremer Kir­chengemeinden“, „Bremische Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“, „Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienst­gegner(innen)“, zwei Beiträge, Seiten 26/27 und 34/35

20 Jahre Bremer Friedensforum“, Herausgeber „Bremer Friedensforum“, Beitrag Seite 28

Initiative Bremer Montagsdemo“, Beiträge im „Redebuch“ (2005 bis 2018)

 

06. 11. 2021 – „Wir nehmen Abschied“ (Anzeige im „Weser-Kurier“)

 

 

 

 

 

Traueranzeige für Wieland von Hodenberg im 'Weser-Kurier' vom 6. November 2021

 

 

 

Für einen Kleinrentner, der niemals ein feiner Kaufmann oder Ratsherr gewesen war, hatte der Konsul ehren­halber der Geistigen Repu­blik Zitzer erstaunliche Bekanntheit und Wert­schätzung erlangt, denn als er in hohem Alter starb, spendeten mehr als 70 Bürger­innen und Bürger der Freien Hanse­stadt Bremen gemeinsam 1.200 Euro für eine würdige Trauer­anzeige im Weser-Kurier.

Jahrzehntelang hatte der Konsul in antifa­schistischen Initiativen und Beratungs­vereinen wie Solidarische Hilfe, Friedens­forum oder Montags­demo mitgewirkt, Leser­briefe an Zeitungen geschrieben, am Offenen Mikrofon auf dem Marktplatz gesprochen. Was waren die Worte, mit denen er die Herzen so vieler Menschen erreichen konnte?