SPIEGEL ONLINE - 12. Dezember 2005, 12:47
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Von Bangemann bis Wiesheu
 
Promi-Politiker im Dienste der Wirtschaft

Dass Gerhard Schröder den Aufsichtsratsvorsitz  beim russisch-deutschen Gaspipeline-Konsortiums NEGP übernimmt, schlägt derzeit hohe Wellen. Ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft ist aber nicht selten - einige prominente Fälle im Überblick.

Helmut Kohl (CDU): Schröders Vorgänger im Kanzleramt gründete kurz nach der verlorenen Bundestagswahl die Firma Politik- und Strategieberatung P&S in Ludwigshafen - und schloss unter anderem Beraterverträge mit dem Medienunternehmer Leo Kirch und der Schweizer Großbank Credit Suisse. Das Bankenmandat ließ er ab Februar 2000 wegen der CDU-Parteispendenaffäre ruhen, offiziell trat er im März 2001 davon zurück. Kohl sitzt heute noch unter anderem im Aufsichtsrat der Versicherungsgruppe AMB Generali.

Martin Bangemann (FDP): Der frühere FDP-Chef und Bundeswirtschaftsminister wechselte 1999 vom Posten des EU-Industriekommissars zum spanischen Telefonica-Konzern. Der Fall löste heftige Reaktionen europaweit und auch massive Kritik in der FDP aus, zumal er als EU-Politiker unter anderem mit dem Bereich der Telekommunikation befasst war.

Wolfgang Clement (SPD): Der Ex-Bundeswirtschaftsminister wurde am 8. Dezember 2005 in den Aufsichtsrat des Dienstleistungskonzerns Dussmann (Jahresumsatz 1,2 Milliarden Euro, in 28 Ländern aktiv) berufen.

Klaudia Martini (SPD): Ende August 2001 gab die rheinland-pfälzische Umweltministerin ihren Wechsel in den Opel-Vorstand bekannt. Sie übernahm dort den Posten der Kommunikationschefin. Die Stelle gab sie Ende Mai 2004 wieder auf.

Klaus Matthiesen (SPD): Kurz war die wirtschaftliche Karriere des früheren SPD-Fraktionschefs im nordrhein-westfälischen Landtag. Im Oktober 1998 wechselte er nach 25 Jahren in der Politik als Vorstandschef zum Kölner Rohstoff- und Entsorgungskonzern Interseroh AG. Einen Tag nach seiner ersten Pressekonferenz in dem Amt starb Matthiesen am 9. Dezember 1998.

Friedrich Merz (CDU): Seit Mai 2005 ist der CDU-Finanzexperte Mitglied des Aufsichtsrates der Deutsche Börse AG. Für Kritik sorgte vor allem, dass Merz als Berater für den englischen Hedge-Fonds TCI tätig war, der als Großaktionär der Börse AG den Sturz von Vorstandschef Werner Seifert betrieben hat.

Werner Müller (parteilos): Der frühere Manager des E.on-Vorläufers Veba und spätere Bundeswirtschaftsminister (1998 bis 2002) wurde im April 2003 zum Vorstandschef des Kohle- und Chemiekonzerns RAG bestellt. Als Minister war Müller an der Verlängerung der Steinkohlesubventionen beteiligt. Im Streit um die Genehmigung der Ruhrgas-Übernahme durch E.on überließ er 2002 den Entscheid über eine so genannte Ministererlaubnis zur Fusion dem damaligen Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke, um sich nicht dem Vorwurf der Befangenheit auszusetzen.

Hans-Peter Repnik (CDU): Er war bis September 2002 Fraktionsgeschäftsführer der Union. Nach der Bundestagswahl 2002 blieb er Bundestagsabgeordneter, übernahm daneben aber im Januar 2003 den Chefposten beim Duales System Deutschland AG (DSD). Für den "Grünen Punkt" war er bis Anfang 2005 verantwortlich.

Gunda Röstel (Grüne): Im Juni 2000 wurden Röstel und Antje Radcke als Grünen-Vorsitzende abgelöst, Anfang Oktober 2000 startete Röstel eine Managerkarriere beim Unternehmen Gelsenwasser.

Lothar Späth (CDU): Der frühere baden-württembergische Ministerpräsident musste im Januar 1991 wegen der "Segeltörn"-Affäre zurücktreten. Ein halbes Jahr später wurde er Geschäftsführer der Jenoptik GmbH in Jena. Dort blieb er bis 2003. Seit Mai 2005 leitet Späth das Deutschland-Geschäft der US-Investmentbank Merrill Lynch.

Otto Wiesheu (CSU): Beim ehemaligen bayerischen Wirtschaftsminister war die Karenzzeit gleich Null. Wiesheu wechselte direkt von der Politik in den Bahn-Vorstand. Heikel war der Schritt, weil sich Wiesheu in den Koalitionsverhandlungen in Berlin für die Bahn eingesetzt hatte. Eine Interessenkollision wies er aber mit Hinweis auf sein jahrelanges Eintreten für die Bahn von sich.

Monika Wulf-Mathies (SPD): Die ehemalige Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) war von 1994 bis 1999 EU-Kommissarin für Regionalpolitik, danach europapolitische Beraterin des Bundeskanzlers. Anfang 2001 wechselte sie zur Deutschen Post World Net als Leiterin des Zentralbereichs "Politik und Umwelt, National und International".

Stefan Uhlmann, ddp
 


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SPIEGEL ONLINE - 12. Dezember 2005, 18:15
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Neuer Job
 
Schröder verrubelt seinen Ruf

Von Alexander Schwabe und Carsten Volkery

Politische Freunde und Gegner Gerhard Schröders sind gleichermaßen fassungslos: Dass der Altkanzler einen Job beim russischen Staatskonzern Gazprom annimmt, halten viele für völlig instinktlos. Die Bundesregierung erwägt die Einführung eines Ehrenkodex.

Berlin - Es ist noch nicht lange her, da bastelte Gerhard Schröder an seinem Denkmal. Im Bundestagswahlkampf und während des wochenlangen Abschieds achtete der Regierungschef stets aus seinen guten Ruf. In unzähligen Auftritten präsentierte er sich als Friedenskanzler und Reformer - von seiner Partei ließ es sich mit immer längeren Standing Ovations feiern. Mit Tränen in den Augen versprach Schröder beim Abschied seinen Genossen: Er wisse wo er herkomme und er wisse wo er hingehöre. Störungen der sozialdemokratischen Harmonie waren nicht erlaubt: Als die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf einen russischen Radiosender im Oktober meldete, dass Schröder ein Posten beim russischen Konzern Gazprom winke, wurde sie mit besonderer Wucht ("haltlose Spekulation", "infame Gerüchtemacherei") von Schröders Leuten attackiert.

Nun finden die Nostalgiewochen ein jähes Ende. Als Gazprom-Chef Alexej Miller am Freitag bekannt gab, dass Schröder Aufsichtsratschef der Betreibergesellschaft der deutsch-russischen Gas-Pipeline werden soll, war dies für die meisten Genossen ein Schlag in die Magengrube. Mit einem Mal rutschte ihr Wahlkampfheld auf das Niveau von Altkanzler Helmut Kohl (CDU), der jahrelang für 300.000 Euro pro Jahr den Medienzar Leo Kirch beriet, oder von EU-Kommissar Martin Bangemann (FDP), der aus seinem Amt direkt in den Vorstand einer spanischen Telefongesellschaft wechselte.

"Schröder verspielt Anerkennung"

"Instinktlos" sei Schröders Entscheidung, hieß es heute in der SPD. Das ist das härteste Urteil, was über einen Mann gefällt werden kann, dessen größtes Kapital immer sein politischer Instinkt war. Schröders so genannte Männerfreundschaft mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin war vielen Sozialdemokraten immer schon suspekt, dennoch haben sie den Kanzler gegen Vorwürfe der Kungelei meist in Schutz genommen. Dass er nun auf eindrucksvolle Weise die Kritik der Medien bestätigt, will vielen nicht in den Kopf.

"Schröder hat sich als Bundeskanzler eine hohe Reputation
erworben", sagte der thüringische Landesvorsitzende Christoph Matschie, als er am Montagmorgen zur SPD-Präsidiumssitzung eintraf. "Er ist im Moment dabei, diese Anerkennung in der Öffentlichkeit zu verspielen." Auch Parteivorstandsmitglied Hermann Scheer sagte, Schröder hätte sich den Job besser "verkneifen" sollen.

Platzeck sieht keinen Pakt

Matschie und Scheer sprechen aus, was viele andere nur hinter vorgehaltener Hand sagen wollen. Etliche führende Genossen ziehen es vor zu schweigen. Andere verteidigen Schröder mit dem Hinweis, rechtlich sei der Wechsel sauber. Doch die Missbilligung schimmert auch in den Äußerungen von Fraktionschef Peter Struck und Wolfgang Thierse durch, die beide sagen, sie hätten den Job an Schröders Stelle nicht angenommen.

Der neue SPD-Chef Matthias Platzeck tut sich da schwerer. Obwohl er über die Außenwirkung von Schröders Karriereplanung nicht erfreut sein kann, verteidigt er den Altkanzler bedingungslos. "Ich halte Gerhard Schröder für einen völlig integeren Mann", sagte Platzeck nach der Präsidiumssitzung. "Ich sehe hier keinen Pakt, weil da etwas mitschwingt, was ich nicht teile".

In einem Telefonat am Morgen habe Schröder ihm erzählt, wie der Deal zustande gekommen sei, sagte Platzeck. Die Einigung über das Jobangebot sei allein unter den beteiligten Unternehmen Gazprom, E.on und BASF erzielt worden. Die Anfrage an Schröder sei dann am Mittwoch erfolgt. Über Geld sei noch nicht gesprochen worden. Es handele sich um eine rein privatwirtschaftliche Initiative, die den Kanzler um Mitwirkung gebeten habe - so stellt Platzeck den Sachverhalt dar.

Gazprom, Putins verlängerter Arm

Doch so sauber die Rechtslage sein mag: Platzeck vergisst zu erwähnen, dass Schröder als Bundeskanzler einer der lautesten Fürsprecher der Pipeline war und dafür sogar diplomatischen Ärger mit Polen und den baltischen Ländern in Kauf nahm. Zudem steht Gazprom, formal ein privates Unternehmen, unter der direkten Kontrolle des Kreml. Unter anderem hat der Konzern, ganz im Sinne Putins, mehrere regierungskritische Medien aufgekauft und auf Linie gebracht. Als Mehrheitseigner gibt der russische Staat bei Gazprom den Ton an. Gazprom wiederum hält 51 Prozent der Anteile an dem Betreiberkonsortium, dessen Aufsichtsratschef Schröder werden soll.

Dass die Zusammenarbeit mit einem Konzern wie Gazprom nicht dem Selbstverständnis eines Demokraten entspricht, schon gar nicht dem eines Sozialdemokraten, wird auch in Teilen der SPD gesehen. Die Parteiführung jedoch will darin kein Problem erkennen. Hier heißt es, bei Schröders Zusage handele es sich um eine patriotische Entscheidung, schließlich sei eine sichere Energieversorgung von höchster Bedeutung für Deutschland. Ob dieser offensive Umgang mit dem Thema bei der Basis so gut ankommt, darf bezweifelt werden. Hier dominiert die Frage: Warum konnte Schröder nicht einfach Nein sagen?

Auch beim neuen Koalitionspartner hoben sich die Augenbrauen. Bundestagspräsident Norbert Lammert verurteilte die Entscheidung mit klaren Worten. Kanzlerin Angela Merkel ließ durch ihren neuen und Schröders ehemaligen Sprecher Thomas Steg mitteilen, dass man nun einen Ehrenkodex für Politiker prüfen müsse. Oppositionsführer Guido Westerwelle griff wie gewohnt zu härterem Vokabular. Wer sich auf die Gehaltsliste eines ausländischen Unternehmens begebe, dem er kurz zuvor im Amt "ein Riesengeschäft verschafft" habe, zeige Respektlosigkeit gegenüber seinem früheren Staatsamt. Er missachte außerdem die Tatsache, dass er noch auf der "Gehaltsliste Deutschlands" stehe, so der FDP-Chef.

Polnische Medien: "Größte Korruptionsaffäre in Europa"

Die mit Abstand schärfste Kritik kam jedoch aus Polen, wo die Ostsee-Pipeline unter Umgehung Polens bereits seit Monaten die nationale Psyche aufwühlt. "Für unsere Politiker ist klar: Das ist die größte Korruptionsaffäre in Europa", schrieb die Springer-Boulevardzeitung "Fakt".

Die Nachricht von Schröders Gazprom-Engagement traf die politische Elite in Warschau wie eine Keule. Zwar gab sich Ministerpräsident Kazimierz Marcienkiewicz vor deutschen Journalisten sehr diplomatisch. Er wolle sich nicht in private Firmenangelegenheiten einmischen, so sein wortkarger, jedoch viel sagender Kommentar. Aber der bei den Präsidentschaftswahlen unterlegene Vorsitzende der oppositionellen Bürgerplattform (PO), Donald Tusk, nahm kein Blatt vor den Mund. "Das ist ein Ärgernis", sagte er gegenüber SPIEGEL ONLINE. Sein Parteifreund Jacek Saryusz-Wolski sagte, Schröders Handeln widerspreche allen EU-Standards.

Dass Schröder den letzten Rest Kredit beim polnischen Volk verspielt hat, zeigen Aussagen wie die des ehemaligen polnischen Außenministers Bronislaw Geremek. "Das ist das Ende der Legende Schröder. Es ist unstatthaft, dass einer der Architekten der Idee dieser Gasleitung daraus materiellen Nutzen zieht", sagte im privaten Sender Radio Zet. Und Jan Rokita von der Bürgerplattform bekundete "lebhafte Missbilligung für Schröder". Ein enger Mitarbeiter von Präsident Aleksander Kwasniewski, Dariusz Szymczycha, äußerte sich "enttäuscht".

Nach Einschätzung von Kai-Olaf Lang, Polen-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, ist der durch den Merkel-Besuch in Warschau gerade erst eingeleitete Versuch, die polnisch-deutschen Beziehungen zu verbessern, schwer belastet - zusätzlich dadurch, dass der ehemalige Stasi-Mann Matthias Warnig zum Geschäftsführer des deutsch-russischen Konsortiums berufen wurde. Warnig war bisher oberster Vertreter der Dresdner Bank in Russland und langjähriger Intimus der Familie Putin. Der russische Präsident kennt Warnig aus seiner Zeit, als er für den sowjetischen Geheimdienst KGB in der DDR stationiert war. Der heutige Top-Manager Warnig wurde als Stellvertretender Leiter des Referats 5 der Abteilung XV des DDR-Auslandsgeheimdienstes geführt.

Die Auflagenstärkste polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza" kommt daher zu dem Urteil, dass Schröder vor allem sich selbst beschädigt. "Zwei Wochen nach der Amtsaufgabe einer Firma beizutreten, deren Chef ein ehemaliger Stasi-Agent wird und deren wirklicher, wenn auch geheimer Vorsitzender des Aufsichtsrates von russischer Seite Putin selbst wird, desavouiert Schröder als Staatsmann", kommentierte das Blatt. "Es macht auch größtenteils die Erfolge seiner sieben Jahre im Kanzleramt zunichte."
 


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SPIEGEL ONLINE - 12. Dezember 2005, 18:36
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Aufsichtsräte
 
Bekommt Schröder den dicksten Scheck?

Einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge soll Gerhard Schröder als Aufsichtsratschef im deutsch-russischen Gaspipeline-Konsortium mehr als eine Million Euro pro Jahr erhalten. Das wäre weit mehr, als seine Amtskollegen in Deutschland normalerweise verdienen. Ein Vergleich.

Hamburg - Im Durchschnitt verdienen Aufsichtsräte bei den im Deutschen Aktienindex vertretenen Konzernen rund 200.000 Euro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Unternehmensberatung Towers Perrin. Zu den Spitzenverdienern gehörte danach unter anderem der Aufsichtsratschef von ThyssenKrupp, Gerhard Cromme, der im vergangenen Geschäftsjahr 334.080 Euro einstrich.

Der drittgrößte deutsche Pharmakonzern Schering wies für 2004 in seiner Bilanz 368.000 Euro für Chefkontrolleur Giuseppe Vita aus. Darin sind allerdings langfristige Elemente, die an die Aktienkursentwicklung geknüpft sind, eingeschlossen. Henkel-AR-Chef Albrecht Woeste kommt der Studie zufolge 2005 auf 360.800 Euro im Jahr und E.ON-Chefkontrolleur Ulrich Hartmann auf 354.390, bei der Deutschen Bank sind es für AR-Chef Rolf-E. Breuer 315.250 Euro.

Der Aufsichtsratsvorsitzende der DaimlerChrysler AG, Hilmar Kopper, erhielt dem Unternehmen zufolge im vergangenen Jahr 245.900 Euro. Bei VW hat Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch für 2004 laut Geschäftsbericht eine feste Vergütung von 22.000 Euro (einschließlich Sitzungsgeld) erhalten sowie auf Basis der Dividende von 1,05 Euro je Stammaktie eine veränderliche Vergütung von 225.000 Euro. Die geringste Entlohnung unter den Dax-Unternehmen gab es 2004 für adidas-Aufsichtsratschef Henri Filho (42.000 Euro).

Insgesamt ist der Verdienst der Chefkontrolleure der Dax-Konzerne - anders als der der Arbeiter und Angestellten - in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen - seit 2002 um 50 Prozent. Die Vergütung der Stellvertreter liegt der Studie 2005 zufolge bei rund 136.000 Euro. Die übrigen Aufsichtsräte bekamen rund 68.000 Euro und damit sieben Prozent mehr als 2004.

Zu beachten ist allerdings, dass es bei den Vergütungen feste und variable Bestandteile gibt. Auch haben Aufsichtsräte mitunter Beraterverträge mit den Unternehmen. Daneben üben sie häufig mehrere Mandate aus. Nach Angaben von Towers Perrin ist einen Trend zu beobachten, die feste Vergütung der Aufsichtsräte zu erhöhen und variable Anteile wie erfolgsabhängige Zahlungen zu verringern. Viele Unternehmen machten die Vergütung weniger von Dividenden abhängig, die der Aufsichtsrat selbst Jahr für Jahr festlegt. Aktionärsschützer fordern dies seit langem. So sagte auch Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): "Aufsichtsräte sollten unabhängig von Erfolgskennziffern vergütet werden."

In internationalen Vergleich nehmen sich die Gehälter indes trotz der beeindruckenden Zahlen eher bescheiden aus. Europas Spitzenverdiener unter den Aufsichtsratsvorsitzenden kassieren der Studie zufolge jährlich bis zu 700.000 Euro. Auch nach diesem Maßstab wäre das Geahlt von Schröder jedoch einsame Spitze.
 


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SPIEGEL ONLINE - 12. Dezember 2005, 15:00
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E.on Ruhrgas
 
"Schröders Verbindungen helfen natürlich"

Der Gasversorger E.on Ruhrgas verteidigt Altkanzler Schröder, der Aufsichtratschef bei der deutsch-russischen Gaspipeline wird. Schröder sei Privatmann. Allerdings hätte er vielleicht nicht nahtlos von einem Job in den anderen wechseln sollen, gibt man auch beim Pipeline-Gesellschafter zu.

Hamburg - "Vielleicht ist es ein bisschen zu früh gekommen", sagte ein Sprecher des Unternehmens zu SPIEGEL ONLINE. Forderungen nach einem Ethikkodex für scheidende Politiker, wie sie etwa Bundesjustizministerin Brigitte Zypries stellte, seien schon verständlich. Der Unternehmenssprecher fügte jedoch hinzu: "Herr Schröder ist ein lupenreiner Privatmann, insofern kann er agieren, wie er möchte." Grünen-Parteichef Reinhard Bütikofer hatte die Berufung des Altkanzlers als Aufsichtrsatschef der North European Gas Pipeline (NEGP) zuvor als "lupenreine Vetternwirtschaft" kritisiert.

Dem neugegründeten Unternehmen bringe die politische Vergangenheit des künftigen Aufsichtsratschefs sicherlich gewisse Vorteile, sagte der Ruhrgassprecher. "Die Verbindungen, die aus seiner Zeit als Kanzler stammen, helfen natürlich." Schröder könne außerdem aufgrund seines Renommees und seiner Erfahrung in beiden Ländern die russische und die deutsche Seite gut zusammenbringen. Es sei jedoch allein seine Entscheidung, ob er den Posten übernehmen wolle.

Zu den Spekulationen um Schröders Gehalt wollte der Sprecher sich nicht äußern. "Dazu kann ich nichts sagen", sagte er. Einem Zeitungsbericht zufolge soll Schröder die für einen Aufsichtsratschef spektakuläre Summe von einer Million Euro im Jahr bekommen.

Gasprom hat Schröder allein berufen

Auch beim dritten Gesellschafter, dem Chemiekonzern BASF hieß es: "Für uns steht das Projekt im Vordergrund." Schröder sei von Gasprom berufen worden, sagte Pressesprecher Michael Grabicki. Dem Energieriesen stehe als größtem Gesellschafter die Auswahl des Aufsichtsratschefs zu. Die Berufung Schröders wurde nach SPIEGEL-Informationen an BASF und E.on vorbei allein zwischen dem staatlich kontrollierten russischen Energiekonzern, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Schröder selbst ausgehandelt. Die beiden deutschen Gesellschafter, die mit jeweils 24,5 Prozent beteiligt sind, wurden von der Personalie vollkommen überrascht. "Zu Details äußern wir uns nicht", sagte Grabicki dazu nur.

Er bestätigte jedoch, dass Matthias Warnig zum Geschäftsführer des deutsch-russischen Konsortiums berufen wurde. Warnig war bislang oberster Vertreter der Dresdner Bank in Russland und langjähriger Intimus der Familie Putins. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz zufolge wurde der heutige Top-Manager als Stellvertretender Leiter des Referats 5 der Abteilung XV des DDR-Auslandsgeheimdienstes geführt.


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SPIEGEL ONLINE - 12. Dezember 2005, 19:32
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Steuererleichterungen
 
Milliarden für die Konjunktur

Die von der großen Koalition zur Ankurbelung der Konjunktur geplanten Steuervorteile kosten Bund und Ländern eine Menge Geld. Insgesamt muss der fiskus bis 2008 auf mehr als 17,2 Milliarden Euro verzichten.

Berlin - Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, kostet den Fiskus das Konjunkturpaket allein im nächsten Jahr 2,75 Milliarden Euro. 2007 stiegen die Steuerausfälle auf 5,49 Milliarden und 2008 auf 6,3 Milliarden Euro. Knapp die Hälfte trage der Bund, der Rest entfalle auf Länder und Gemeinden. Der Gesetzentwurf zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung soll an diesem Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Zu dem Maßnahmenpaket der schwarz-roten Koalition sollen unter anderem verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen gehören. Mit den auf zwei Jahre bis Ende 2007 befristeten Maßnahmen soll die Finanzierung von Investitionen erleichtert werden. Für Unternehmen sollen zudem die Regeln bei der Umsatzsteuer verbessert werden. Die Grenze, bis zu der die Umsatzsteuer erst nach bezahlten Rechnungen an das Finanzamt abgeführt wird ("Ist-Besteuerung"), wird demnach in den alten Ländern auf 250.000 Euro angehoben. In Ostdeutschland soll die 500.000-Euro-Grenze über 2006 fortgeführt werden.

Für kleine Firmen sind Erleichterungen bei der Umsatzsteuer geplant, außerdem soll es Begünstigungen für Binnenschiffer geben.

Zudem sollen Privathaushalte, die für die Modernisierung von Haus und Wohnung Handwerker engagieren oder ein Kindermädchen beschäftigen, Kosten teils in der Steuererklärung geltend machen können. Bei privaten Aufwendungen für Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten im Haushalt sollen bis zu einem Höchstbetrag von 3000 Euro 20 Prozent der Arbeitskosten abzugsfähig sein - maximal also 600 Euro.

Bisher war dies auf wenige Arbeiten beschränkt. Begünstigt sind laut "Süddeutscher Zeitung" Tätigkeiten, "die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, zum Beispiel das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleiner Schäden, die Erneuerung des Bodenbelags oder der Austausch von Fenstern".

Auf ähnliche Weise soll die private Kinderbetreuung aus dem Bereich der Schwarzarbeit herausgeholt werden. Berufstätige Eltern dürften pro Kind und Jahr bis zu 1000 Euro an Kinderbetreuungskosten in ihrer Steuererklärung geltend machen. Der Vorteil gelte für alle Kinder bis 14 Jahre und darüber hinaus bei behinderten Kindern bis 27 Jahre. Entscheidend sei, dass beide Elternteile arbeiteten oder es sich um allein Erziehende handele, die berufstätig sind. Nicht berücksichtigt würden Ausgaben für Nachhilfe-, Musik- und Fremdsprachenunterricht, das Schulgeld sowie der Mitgliedsbeitrag für Sportvereine, schreibt das Blatt unter Berufung auf den Entwurf.
 


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SPIEGEL ONLINE - 13. Dezember 2005, 08:06
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Pipeline-Posten
 
Schröders Job entzweit die Rechtsexperten

"Instinktlos", "bemerkenswert", "überraschend" - von allen Seiten prasselt auf den Altkanzler die moralische Kritik wegen seines geplanten Jobs bei der deutsch-russischen Pipeline-Gesellschaft ein. Jetzt streiten sich die Rechtsexperten, ob Schröders Verhalten sogar strafbar sein könnte.

Berlin - Der Staats- und Verwaltungsrechtler Hans-Herbert von Arnim hält das Verhalten von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) für einen Fall für den Staatsanwalt. "Die Sache hat nicht nur moralisch-ethisch einen üblen Beigeschmack, sondern auch zwei rechtliche Aspekte", sagte Arnim der "Rheinischen Post" zu der Tatsache, dass Schröder Aufsichtsrat bei der russisch-deutschen Gaspipeline werden soll.

"Zum einen könnte der Ex-Kanzler den Tatbestand der Vorteilsannahme (Paragraph 331 des Strafgesetzbuches) erfüllt haben", betonte der Wissenschaftler. Und zum anderen gerate Schröder als Aufsichtsrat der Gesellschaft möglicherweise mit dem Ministergesetz in Konflikt. Wenn es zutreffe, dass Russlands Präsident Wladimir Putin seinem Freund Schröder noch zu dessen Kanzlerzeit versprochen habe, dass dieser nach Ausscheiden aus dem Kanzleramt den hoch dotierten Aufsichtsratsposten bekommen solle, müsse die zuständige Staatsanwaltschaft dem Verdacht der Vorteilsannahme nachgehen, sagte Arnim. Entscheidend sei, ob sich Schröder noch als Kanzler von Putin den Posten habe versprechen lassen. Selbst wenn Schröder den Posten nicht anträte, wäre seine späte Einsicht strafrechtlich relevant, weil bereits das Sichversprechenlassen den Straftatbestand erfülle.

Auch nach Ansicht des Mannheimer Staatsrechtlers Wolf-Rüdiger Schenke setzt sich Schröder mit der Annahme des Postens dem Verdacht einer Verquickung zwischen früherer Funktion und beruflicher Zukunft aus. Im Interview mit den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" stellte Schenke allerdings auch klar: "Kabinettsmitgliedern und damit auch dem Bundeskanzler steht es frei, nach Ende der Amtszeit eine neue Position in der Wirtschaft zu bekleiden." Dazu gebe es keine Regelungen. Aktiven Ministern und dem amtierenden Bundeskanzler sei dagegen jedwede Mitgliedschaft in Aufsichtsräten von Unternehmen untersagt.

Strafbar hätte sich Schröder nach Schenkes Einschätzung nur dann gemacht, wenn er sich bereits bei der Einfädelung des Geschäfts spätere Vorteile hätte versprechen lassen. Dann läge eine strafbare Vorteilsnahme vor. Strafbar wäre es auch, wenn Schröder dem Unternehmen, für das er nunmehr tätig werde, geheime Informationen offenbart habe, die ihm als Regierungschef bekannt wurden.

"Schröder soll auf Bezahlung verzichten"

Der Bonner Wirtschaftsrechtler Marcus Lutter sagte dagegen der "Neuen Osnabrücker Zeitung", Schröders Schritt sei im Grunde das normalste von der Welt. "Wir Deutschen sind interessiert an der Pipeline, und was spricht dagegen, dabei die Verbindungen eines ehemaligen Bundeskanzlers zu nutzen", sagte der Experte.

Schröder solle allerdings auf eine Bezahlung verzichten oder seine Einkünfte aus dem Aufsichtsratsposten dem deutsch-russischen Jugendwerk spenden, sagte Lutter. "Sonst bleibt etwas hängen, selbst wenn es formal nichts auszusetzen gibt", warnte Lutter, der auch Mitglied der Corporate-Governance-Kommission ist, in der sich führende Vertreter aus Wirtschaft und Recht mit ethischen und juristischen Fragen der Unternehmensführung auseinandersetzen.

Auch der Deutschland-Chef der Antikorruptions-Organisation Transparency International, Hansjörg Elshorst, forderte Schröder zum Verzicht auf seine Einkünfte als möglicher Aufsichtsrat auf. Schröder habe sich dafür entschieden, mit etwas Geld zu verdienen, worauf er als Politiker wesentlichen Einfluss gehabt habe. "Das ist problematisch", sagte Elshorst in den ARD-"Tagesthemen". Dies wecke das Misstrauen, dass er schon im Amt seine künftige Tätigkeit vorbereitet habe.

Müntefering nimmt Schröder in Schutz

Rückendeckung bekam Schröder von Vizekanzler Franz Müntefering. Müntefering nannte Schröders Vorgehen in der ARD-Sendung "Beckmann" "völlig okay". Müntefering sagte, Schröder habe sich seit langem sehr für die Erdgasleitung engagiert und wolle das Projekt weiter voranbringen. Er halte es für ein gutes Zeichen, dass Schröder das Vertrauen der beteiligten Firmen habe. Er sei sicher, dass Schröder die Höhe seines Entgelts beim Konsortium NEGP offenlegen werden.

Schröder hat sich bereit erklärt, im Aufsichtsrat des Konsortiums zu arbeiten, zu dem der russische Gaskonzern Gazprom und die deutschen Energieunternehmen E.ON und Wintershall gehören. Über die Höhe seiner Bezüge sei noch nicht gesprochen worden, betonte er.
 


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SPIEGEL ONLINE - 13. Dezember 2005, 14:54
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Internationale Reaktionen
 
"Willkommen im Kreml, Herr Schröder"

Von Tobias Lill und Vera Kämper

Von Washington bis Warschau hagelt es Kritik an Schröders Plänen, bei Gazprom anzuheuern. Die Zeitungen kommen fast alle zu demselben Ergebnis: unanständige Vermischung von ehemaligem Amt und privaten Interessen.

Die meinungsprägende US-Tageszeitung The Washington Post: "Es ist das eine für einen Politiker, seinen Job abzugeben und für ein Unternehmen zu arbeiten, über dessen wirtschaftliche Entwicklung er einst mit zu entscheiden hatte. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn der Bundeskanzler Deutschlands - eine der weltgrößten Volkswirtschaften - seinen Job abgibt und dann für einen Firma arbeitet, die von der russischen Regierung kontrolliert wird und die eine Gaspipeline durch die Ostsee bauen will, wo er das Projekt in seinem Amt noch auf den Weg gebracht hat. Wir können nur hoffen, dass die außerordentliche Nachricht für die neue Kanzlerin Angela Merkel Grund genug ist, eine neue deutsche Russland-Politik zu beginnen - eine, die auf etwas anderem aufbaut, als auf den Privatinteressen von Schröder."

Das wirtschaftsliberale The Wall Street Journal: "Willkommen im Kreml, Herr Schröder. (...)Unglücklicherweise - für Deutschland und seine Nachbarn - ist Herr Schröder nicht an den normalen Beschäftigungen für ausgeschiedene Staatsmänner interessiert, etwa Armenhäuser zu bauen. Aber der Ex-Kanzler wird seinen neuen Job zweifellos als finanziell lohnend und seine neuen Genossen bei Gazprom und deren Weltansichten kompatibel mit seinen eigenen einschätzen."

Die liberale polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza: "In dem er nur wenige Wochen nach dem Abtritt vom Kanzleramt zu einem Unternehmen geht, dessen Chef ein ehemaliger Stasi-Agent ist, und dessen wirklicher, wenn auch verborgener Aufsichtsratsvorsitzender auf russischer Seite Putin selbst ist, demontiert sich Schröder als Staatsmann. (...) Bündnispartner gegen die Pipeline muss sich Polen anderswo suchen, vor allem bei den skandinavischen und baltischen Staaten. Mit der Moral Schröders mögen sich all seine Landsleute befassen."

FAKT, eine polnische Boulevardzeitung des Springer-Verlags, schreibt unter dem Titel "Juristen: Er spottet das Recht": "Die Pipeline hätte ein goldenes Geschäft sein sollen - nicht nur für Russland, sondern auch für Deutschland. Wie es sich gezeigt hat, sollte es ebenso sein auch für die Staatsoberhäupter der beiden Länder - Wladimir Putin und Gerhard Schröder. Die Herren haben sich entschieden Dank diesem Unternehmen die Taschen vollzustopfen. Schröder soll in seiner neuen Stelle eine Million Euro verdienen."

Der linksgerichtete, britische Guardian schreibt von einem "sich ausweitenden Skandal": "In Deutschland gibt es, anders als in Großbritannien, keinen Verhaltenskodex, der ehemalige Regierungsmitglieder davon abhält, unmittelbar nach ihrem Ausscheiden in die Wirtschaft zu wechseln. (...) Herr Schröder hat es in seiner siebenjährigen Amtszeit versäumt, Kritik an der Menschenrechtssituation in Tschetschenien zu üben, und stattdessen Herrn Putin als "lupenreinen Demokraten bezeichnet."

La Libre Belgique schreibt unter dem Titel "Schröder wird Millionen verdienen": "Erstens setzt sich Schröder nach Meinung der Kritiker dem Vorwurf aus, in einem heiklen und von Polen und den baltischen Staaten abgelehnten Projekt den Interessen Russlands zu dienen, indem er den Vorsitz im Aufsichtsrat eines Unternehmens annimmt, das zu 51 Prozent dem vom Kreml dominierten Energiekonzern Gasprom gehört. Außerdem hat die Gesellschaft ihren Sitz im schweizerischen Kanton Zug. Schon seit Jahren führen die Sozialdemokraten eine Kampagne gegen die "schlechten Patrioten", die sich im Kanton Zug niedergelassen haben."

Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bisher hat allerdings Schröders Ankündigung Deutschland eher geschadet, nach innen und nach außen. Und nicht nur die nun zwangsläufig aufkommenden rückblickenden Fragen nach der inneren Unabhängigkeit eines Regierungschefs, sondern auch die unsere Selbstachtung berührende Erwägung, ob ein Bundeskanzler nach dem Ausscheiden aus dem Amt für ein letztlich vom russischen Staat beherrschtes Unternehmen tätig werden sollte. Das kann man wohlwollend "instinktlos" nennen."

Süddeutsche Zeitung: "Wenn er von einem Projekt profitiert, dass er selbst massiv betrieben hat, kann der Verdacht entstehen, dass er nun die Zinsen für seine politischen Entscheidungen einstreicht. Dieser Verdacht der privaten Kapitalisierung einer Kanzlerentscheidung muss nicht stimmen; es ist aber schlimm genug, dass er entstehen kann. Es wäre gut gewesen, wenn Schröder erklärt hätte, dass er aus dem neuen Job vorerst keinen privaten Gewinn zieht."

Berliner Zeitung: "Der Genosse der Bosse steigt auf zum Boss der Bosse. (...) Schon sein Engagement für den Schweizer Ringier Verlag hatte manche irritiert. (...) Nach seinem Engagement für die russische Energiewirtschaft aber ist klar: Schröder entscheidet sich gegen die Ehre, er wählt Macht und Geld. Schröder ist der Basta-Mann. Und er schweigt. Dennoch wäre Schröder als ehemaliger Regierungschef - im Gegensatz zu Künstlern und Sportlern - zu einer Erklärung verpflichtet. Und sei es auch nur, dass seine Verlautbarung verdeutlicht: (...) Vorteilsnahme nach dem Amt."

BILD: "Gerhard Schröder ist dabei, sein politisches Lebenswerk zu verspielen - die Anerkennung, die er sich in sieben rot-grünen Kanzlerjahren erworben hat. (...) "Moral", "Anstand" - diese Begriffe zogen sich wie einen Leitfaden durch Schröders Reden. Auch daran muss er sich messen lassen!"

Die Neue Ruhr/Rhein-Zeitung nimmt Schröder in Schutz: "Wechsel von der Politik in die Wirtschaft kamen und kommen hundertfach vor. (...) Wer jetzt, im Falle Gerhard Schröders, besonders laut Zeter und Mordio schreit, muss sich darum zumindest den Vorwurf der Heuchelei gefallen lassen. (...) Es ist auch ein Beispiel für bewusste Irreführung. An einen solchen Kodex, und mag er auch noch so entschlossen sein, kann man sich halten. Man muss es nicht."
 


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