649. Bremer Montagsdemo
am 29. 01. 2018  I◄◄  ►►I

 

Die SPD ist nicht mehr die Partei des „kleinen Mannes“

Hans-Dieter BinderDie SPD lobt die im Sondierungsgespräch in Aussicht gestellten „Rentenverbesserungen“. Sie erwähnt nicht, dass die Renten der Neurentner nach 2000 allesamt geringer waren als vor der Rentenänderung. Ursache: Die geänderte Rentenformel führt bei gleicher Lebensleistung zu einer geringeren Rente, nachzulesen im Fak­ten­check zur Sendung „Die Anstalt“ vom April 2017 auf Seite 23. Die meisten Neurenten bleiben auch bei Umsetzung der in Aussicht gestellten Rentenverbesserung aktuell rund 30 Prozent niedriger. Verhindert werden soll nur die noch stärkere Absenkung.

Zitat: „Ein langjährig Versicherter bekommt heute real gut 30 Prozent weniger Rente als 2000! Ein Rechenbeispiel: Im Jahr 2000 betrug der Zahlbetrag einer Durchschnittsrente (35 Jahre Versicherte) laut Tabelle der Rentenversicherung 1.021 Euro (Seite 123). Die Differenz zur heutigen Nettorente von 848 Euro beträgt nominell 16,9 Prozent Der Rentenbetrag von 2000 entspricht allerdings heute preisbereinigt 1.285 Euro. Die Differenz zu den 848 Euro, die heute gezahlt werden, beträgt also real 437,89 Euro oder 34 Prozent!“

Die Aufhübschung der geringen Renten auf zehn Prozent über dem Regelsatz ist an Bedingungen geknüpft, die nur einige erfüllen können, denn die Große Koalition hat die Rentenversicherungspflicht für ALG-II-Betroffene aufgehoben. Die ohnehin geringen Beiträge zur Rentenversicherung wurden so eingespart. Die SPD fügt sich dem Sachzwang des Geldes, obwohl klar ist, dass die Steigerung der Unternehmenserträge sich nicht in gleichem Umfang in den Steuerklärungen widerspiegelt. Die superreiche Minderheit lähmt die Demokratie.

Die SPD und ihre Schwesterparteien in Europa sitzen auf einem absteigenden Ast. Die SPD ist nicht mehr die Partei des „kleinen Mannes“: Diese einfachen Worte bringen es auf den Punkt. Die Agenda 2010 hat Raubbau an der sozialen Sicherheit der Lohnabhängigen betrieben. Trotzdem ist die SPD nicht bereit, dies zu ändern. Untergang ist so nur noch eine Frage von Monaten. In der geschrumpften Großkoalition geht es für die SPD noch etwas schneller unter die Fünf-Prozent-Klausel, leider, denn das „Mont-Pèlerin“-Netzwerk freut sich. Die SPD-Mitglieder können es noch abmildern.

Die Nachrichten treiben die SPD vor sich her. Die ebenfalls mögliche Minderheitsregierung der CDU/CSU kommt nicht mehr vor. Die Oppositionsrolle wird als sich vor der Verantwortung zu drücken gewertet und insgesamt negativ dargestellt. Positiv wäre der Einfluss der Opposition auf die Minderheitsregierung. Endlich würden bei jedem Gesetz die Beteiligung und der Wille der Parteien klar ersichtlich. So zeigt sich auch, was die CDU/CSU nicht will. Bei all den positiven Meldungen zum Arbeitsmarkt ist Professor Heinz-J. Bontrup in der „Frankfurter Rundschau“ vom 9. Januar 2018 der Kragen geplatzt: Es gebe keinen Grund zum Jubeln, Arbeitslosigkeit werde schlicht wegdefiniert.

„Einige reden schon von Vollbeschäftigung, viele von einem Fachkräftemangel. Die Jubelmeldungen zum deutschen Arbeitsmarkt reißen nicht ab, obwohl seit Mitte der 1970er Jahre in Deutschland eine chronische Massenarbeitslosigkeit vorliegt. Und dies bei einem fast ständigen Export von Arbeitslosigkeit ins Ausland. Die Exportüberschüsse machen es möglich. Im Ergebnis ein völliges System- und Politikversagen in einer angeblich sozialen Marktwirtschaft! Seit der Wiedervereinigung, mit der die Arbeitslosigkeit noch einmal kräftig zulegte, ist die Massenarbeitslosigkeit nicht im Geringsten gesunken und das entscheidende Arbeitsvolumen nicht gestiegen.“

So warten wir weiter auf einen Richterspruch. Da das Bundesverfassungsgericht ursprünglich noch im Jahr 2017 über das Vorlageverfahren zu den Sanktionen im SGB II entscheiden wollte, hat der Verein „Tacheles“ Mitte Dezember nachgefragt, wann denn nun mit einer Entscheidung zu rechnen sei. Die Antwort vom 11. Januar 2018 lautete, das Bundesverfassungsgericht sei „bestrebt, das Verfahren in diesem Jahr einer Entscheidung zuzuführen“. „Dann hoffen wir mal“, kommentiert Sozialrechtler Harald Thomé, „dass das BVerfG zuverlässiger ist als die BER-Eröffnung und dass es die lange Zeit für eine weise Entscheidungsfindung nutzt!“

Weitere Informationen erhalten Sie durch Nutzung der Such­ma­schi­ne auf unserer Homepage, einfach mal ausprobieren! Die Beachtung der sozialen Auswirkungen wird immer zwingender. Wir arbeiten daran! Die Frage „Was kann ich machen?“ ist einfach zu beantworten: Wir haben auf dem Marktplatz noch viel Platz und ein Offenes Mikrofon. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung und Erfahrung! Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“, „so:leb – Sozialer Lebensbund“)
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz