Clement-Plan
Hausbesuche gegen Hartz-Missbrauch
Angesichts der Kostenexplosion beim Arbeitsmarktprogramm Hartz IV fordert Wirtschaftsminister Wolfgang
Clement noch einmal verstärkte Kontrollen gegen Leistungsmissbrauch. So soll es unter
anderem verstärkte Hausbesuche und Anrufaktionen gegeben.
Berlin - Auch ein Datenabgleich mit den Finanzämtern und verschärfte Kontrollen der
Arbeitsbereitschaft durch Trainingsprogramme mit Anwesenheitspflicht seien geplant, berichtet die "Berliner Zeitung". Außerdem wolle Clement verhindern, dass etwa junge Arbeitslose nur
aus dem Elternhaus ausziehen, um mehr Sozialleistungen zu erhalten.
Deshalb wolle der Minister gesetzlich festschreiben lassen, dass
Langzeitarbeitslose nur dann ein Anrecht auf Übernahme der Wohnkosten
haben, wenn sie vor dem Erstbezug einer Wohnung die Zustimmung der
Behörden einholen.
Clement sagte, Stichproben hätten den Verdacht auf
Leistungsmissbrauch im großen Stil erhärtet. "Nach diesen Stichproben
und Anrufaktionen der Bundesagentur für Arbeit kann vermutet werden,
dass die Arbeitslosigkeit derzeit um mindestens zehn Prozent
überschätzt wird", sagte er der Zeitung. Dies bedeute, dass mehr als
280.000 angebliche Langzeitarbeitslose zu Unrecht Leistungen
beziehen.
Nach Clements Plan sollen die Arbeitsagenturen und Kommunen
personell so ausgestatten werden, dass sie bei Verdacht auf
Leistungsmissbrauch auch Hausbesuche durchführen können, wie die
Zeitung weiter schrieb. Dabei soll vor allem kontrolliert werden, ob
Leistungsbezieher in eheähnlichen Verhältnissen wohnen und daher von
ihrem Partner unterstützt werden müssten.
Kosten steigen noch weiter
Außerdem sollen die
Behörden die Daten aller Arbeitslosengeld-II-Bezieher in einer
großangelegten Telefonaktion überprüfen. Überdies sollen
Freistellungsaufträge für Zinserträge oder verschwiegene Konten im
Ausland erfasst werden. Außerdem sollen die Einkommen selbstständiger
Arbeitslosengeld-II-Bezieher besser überprüft werden. "Gelegentlich
liegt der Verdacht nahe, dass Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit
bewusst niedrig gerechnet werden, um als hilfebedürftig zu gelten",
sagte Clement.
Einem Bericht der "Welt am Sonntag" zufolge rechnet Clement für dieses und das nächste
Jahr mit nochmals höheren Kosten für die Hartz IV als bisher
bekannt. Danach wird der Bund in diesem Jahr 29 Milliarden Euro für
das Arbeitslosengeld II ausgeben, im nächsten Jahr sogar 31,5
Milliarden Euro. Diese Zahlen habe Clement beim zweiten
Sondierungsgespräch zwischen Union und SPD am vergangenen Mittwoch
genannt, berichtet die Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer.
Ursprünglich waren für das Arbeitslosengeld II nur 14,6 Milliarden
Euro im Bundeshaushalt 2005 eingeplant.
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