SPD
Schröder gibt als Wahlziel 38 Prozent
aus
Die SPD schöpft angesichts massiver Zuwächse in den
Umfragen neue Hoffnung: Bundeskanzler Schröder gab für seine Partei jetzt 38
Prozent als Wahlziel aus. In der Union wird angesichts der wackelnden Mehrheit
laut über den Ernstfall der großen Koalition nachgedacht.
Berlin - Er habe sich vorgenommen, "jetzt noch vier Prozent draufzulegen in
den nächsten zehn Tagen", sagte Schröder heute in einem Interview mit dem
Nachrichtensender n-tv zu einer aktuellen Forsa-Umfrage, nach der die
Sozialdemokraten auf 34 Prozent kommen. Weiter sagte er: "Wir brauchen noch vier
Prozent Zuwachs, die anderen müssen genau die verlieren, dann haben wir ein
Ergebnis, wie wir es 2002 auch hatten." 2002 hatte die SPD 38,5 Prozent
erzielt.
Umfrage Berlin - War das TV-Duell von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seiner Unions-Herausforderin Angela Merkel Ausschlag gebend für eine Trendwende? Es scheint so. Seit dem Duell holt die SPD enorm auf. Union und FDP haben ihre wochenlange Mehrheit in der Wählergunst auch in der zweiten Umfrage nach dem Duell verloren.
Nach den neuen Forsa-Zahlen hätten SPD, Grüne und Linkspartei
eine Mehrheit. Da Schröder eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei
ausgeschlossen hat, wäre derzeit eine große Koalition aus CDU/CSU und SPD die
wahrscheinlichste Lösung. Schröder zeigte sich zuversichtlich, dass es zu einer
solchen Patt-Situation nicht kommen werde: "Das wird nicht Wirklichkeit
werden".
Der Kanzler betonte, mit einem solchen Ergebnis könne er "in der
Konstellation weiter arbeiten können, in der ich diese Erneuerung nach innen und
die außenpolitische Positionierung Deutschlands als Friedensmacht begonnen
habe". "Ich will das fortsetzen."
Verwundert zeigte sich Schröder, dass
Union und FDP schon jetzt die Wahl für gelaufen hielten. "So etwas zahlt sich
nicht aus", betonte er. Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel reagierte
gelassen auf die Zugewinne der SPD. Dem Nachrichtensender N24 sagte sie, sie
nehme die Umfrage als Ansporn. Die Union habe eine hervorragende
Ausgangsposition. "Wir kämpfen bis zur letzten Stunde", betonte die
CDU-Chefin.
Nach der heute veröffentlichten Forsa-Umfrage für "Stern" und
RTL hat die SPD massiv aufgeholt, so dass es erstmals seit Wochen nicht mehr für
eine schwarz-gelbe Regierung reichen würde. Die Befragung von insgesamt 1030
Bundesbürgern erfolgte am Montag und Dienstag, also unmittelbar nach dem
Fernsehduell zwischen Schröder und seiner Herausforderin Angela Merkel vom
Sonntagabend, das der Kanzler den Blitzumfragen zufolge klar gewonnen
hatte.
Danach legte die SPD laut Forsa um drei Prozentpunkte von 31 auf
34 Prozent zu. CDU/CSU verloren dagegen einen Punkt und liegen jetzt bei 42
Prozent. Auch die FDP sank von sieben auf sechs Prozent, so dass Union und
Liberale zusammen nur noch auf 48 Prozent kommen. Die Grünen blieben unverändert
bei sieben Prozent, die Linkspartei Gregor Gysis und Oskar Lafontaines sank um
einen Punkt auf acht Prozent.
Schröder 17 Prozentpunkte vor
Merkel
Damit liegen SPD, Grüne und Linkspartei zusammen bei 49
Prozent und damit erstmals seit Wochen wieder einen Punkt vor der
Wunschkoalition von Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle. Bei den
Kanzlerpräferenzen konnte sich nach dem TV-Duell allerdings auch Merkel um einen
Punkt verbessern, Schröder jedoch um vier Prozentpunkte. Mit insgesamt 48
Prozent liegt der Bundeskanzler damit jetzt 17 Prozentpunkte (Vorwoche: 14
Punkte) vor seiner Herausforderin.
Forsa-Chef Manfred Güllner sagte: "Es
ist der SPD offensichtlich gelungen, auf Grund des guten Eindrucks von Gerhard
Schröder beim TV-Duell einen Teil der bislang unentschlossenen SPD-Wähler wieder
zurückzuholen." Wenn sich diese Entwicklung stabilisiere, werde es knapp für
Schwarz-Gelb.
In den Blickpunkt rückt dagegen wieder eine mögliche große
Koalition. Für Unions-Fraktionsvize Wolfgang Schäuble kann eine CDU/SPD-
Bundesregierung nur ein zeitlich sehr begrenztes Bündnis sein. "Selbst wenn es
zu Schwarz-Rot käme, was ich nicht glaube, wäre die SPD nach ein bis anderthalb
Jahren innerlich so paralysiert, dass sie aus der Regierung ausscheiden und in
ein Linksbündnis eintreten würde", sagte der CDU-Politiker der "Leipziger
Volkszeitung".
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) sagte der
Zeitung "Die Welt": "Wir kämpfen natürlich für den Sieg von Schwarz-Gelb. Eine
große Koalition wäre nur die zweitbeste Lösung. Wir zeigen in Sachsen, dass in
einer CDU-geführten großen Koalition auch gute Politik gemacht werden
kann."
Der Spitzenkandidat der Linkspartei, Oskar Lafontaine, sähe es als
Erfolg an, wenn es zu einer großen Koalition. Es sei ein entscheidender Erfolg
des Zusammenschlusses von PDS und WASG, dass die Mehrheit von CDU und FDP
inzwischen nicht mehr sicher sei, sagte Lafontaine heute in Köln.
Sollte
es dank des Ergebnisses der Linkspartei nur zu einer großen Koalition kommen,
käme der von CDU und FDP geplante weitere Sozialabbau "faktisch zum Erliegen",
sagte der ehemalige SPD-Vorsitzende. "In der großen Koalition wird der
Sozialabbau wegen der Konkurrenz der SPD zur Linkspartei wesentlich
schwieriger." Der PDS-Spitzenpolitiker Gregor Gysi äußerte die Erwartung, dass
die SPD in der nächsten Zukunft ihren Kurs korrigieren und sich den
Vorstellungen der Linkspartei annähern werde. "Vielleicht gibt es ja 2009 eine
Koalition mit der SPD, wenn die wieder sozialdemokratisch geworden ist", meinte
Gysi.
Emnid sieht noch Mehrheit für Schwarz-Gelb
Eine
Umfrage des Instituts Emnid für die "Berliner Morgenpost" ergab ebenfalls einen
deutlichen Aufwärtstrend für die SPD, danach würde es aber dennoch weiter ganz
knapp für Union und FDP reichen. Allerdings wurde diese Befragung von 4058
Wahlberechtigten vom 29. August bis 5. September vorgenommen, so dass nur der
letzte Tag in die Zeit nach dem Fernsehduell fiel.
Danach verbesserte
sich die SPD von 30 auf 32 Prozent, während CDU/CSU unverändert bei 42 Prozent
blieben. Auch FDP und Grüne kamen in der Umfrage wie in der Vorwoche wieder auf
sieben Prozent, während die Linkspartei einen Punkt verlor und bei neun Prozent
landete. Damit ergäbe sich ein Vorsprung von 49 zu 48 Prozent für Union und FDP.
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SPIEGEL ONLINE - 08. September 2005, 20:00
URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,373756,00.html
SPD holt auf - CDU-Vize sieht offenes Rennen
Die zweite Umfrage nach dem TV-Duell bestätigt: Schwarz-Gelb schafft nicht die absolute Mehrheit. Die SPD legt im Vergleich zur Vorwoche deutlich zu. Kanzler Schröder spricht schon von Sieg. CDU-Vize Böhr befürchtet, dass Union und FDP die klare Mehrheit verfehlen könnten.
Würde am nächsten Sonntag gewählt, bekäme die Union zwei Punkte weniger als in der Vorwoche und läge wieder bei 41 Prozent. Dies ermittelte das Institut Infratest dimap für den "ARD-Deutschland-Trend". Im Gegenzug gewinnt die SPD zwei Punkte hinzu und erreicht 34 Prozent.
Die Linkspartei verliert einen halben Punkt und bekommt 8,5 Prozent. Die Grünen bleiben stabil bei 7 Prozent. Die FDP verbessert sich um einen halben Punkt auf 6,5 Prozent. Einen ähnlichen Trend hatte das Institut Forsa am Vortag veröffentlicht.
Lager-Gleichstand bei Emnid
Auch in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag von N24 verbucht die SPD in der Wählergunst einen deutlichen Zugewinn gegenüber der Vorwoche. Diese ergab ein Plus von zwei Punkten auf 33 Prozent bei der so genannten Sonntagsfrage. Unverändert sah Emnid die Union bei 42 Prozent, Grüne und FDP bei jeweils sieben Prozent. Damit herrscht laut Umfrage ein Gleichstand zwischen den Lagern Schwarz-Gelb und Rot-Rot-Grün. Beide würden 49 Prozent erreichen.
Die Umfrage ergab auch, dass der SPD im Verlauf des Wahlkampfes wieder eine deutlich höhere Kompetenz in der Sozialpolitik zugemessen werde. Während die Union im Juli auf 28 Prozent und die SPD auf 26 Prozent kam, drehte sich das Bild jetzt um. Im September glaubten 32 Prozent, dass die SPD die bessere Sozialpolitik mache, während das nur noch 27 Prozent von der Union erwarteten. Dabei spielt laut Analyse vor allem die Diskussion um die Steuer- und Rentenpläne des Wissenschaftlers Paul Kirchhof eine Rolle, der Mitglied im Kompetenzteam der Union ist. Die Sonntagsfrage wurde von Montag bis Mittwoch 3000
Bundesbürgern gestellt.
Schröder optimistisch
Zuvor hatte Kanzler Schröder erklärt, nach dem TV-Duell mit seiner Herausforderin gebe es Rückenwind für einen Wahlsieg der SPD. Die aktuellen Umfragen seien Ansporn,
den Wahlkampf noch entschiedener fortzusetzen. Nach einer Forsa-Umfrage hat die SPD so weit aufgeholt, dass es derzeit nicht mehr für einen Sieg von Schwarz-Gelb reichen würde. Der Kanzler hatte zuvor 38 Prozent als Wahlziel für die SPD vorgegeben. Forsa hatte die SPD bei 34 Prozent gemessen. Schröder sagte, er brauche noch vier Prozent auf Kosten von Union und FDP. Dann gebe es ein Ergebnis wie 2002, als sich die Union vorzeitig zum Sieger erklärt habe.
Die Umfrageergebnisse veranlassen Kanzler Schröder zu Optimismus. Die Wechselstimmung sei verflogen, sagte er in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Darin bestreitet er nicht, dass das gegnerische Lager in
Umfragen noch vorne liege. "Aber die Dinge verändern sich", sagte er. Wenn nach der Präferenz des Regierungschefs gefragt werde, dann liege er mit "deutlicher Mehrheit" vorn, erklärte Schröder. "Und
auch die SPD holt immer weiter auf. Da ist viel Bewegung und noch alles möglich."
Ähnlich sieht es CDU-Vize Christoph Böhr. "Das Rennen ist offen", sagte der Parteichef von Rheinland-Pfalz dem "Handelsblatt". "Es gibt
möglicherweise in dieser Gesellschaft keine klare Mehrheit für den
Kurs, für den Schwarz-Gelb steht." In der Bevölkerung herrsche ein
"flaues Magengefühl" vor: "Wer weiß, welche Medizin uns die Union
verabreichen will." Dieses Grundgefühl in den letzten zehn Tagen vor
der Wahl noch zu drehen werde "sehr schwer".
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