Hartz IV
Zahlenkosmetik zeigt wenig
Wirkung
Die Telefonaktion, mit der die Bundesregierung derzeit
Hunderttausende Hartz-IV-Bezieher überprüft, dürfte für Rot-Grün eine herbe
Enttäuschung werden: Sie wird die offizielle Arbeitslosenzahl nur geringfügig
nach unten drücken können.
AP
Demo vor Arbeitsamt in Duisburg: Für die
Regierung Schröder drängt es |
Telefonumfrage
Bundesagentur findet grobe
Fehler in Arbeitslosenstatistik
Die deutsche
Arbeitslosenstatistik könnte um mehrere zehntausend
Arbeitslosengeld-II-Empfänger nach unten korrigiert werden. Das ergab eine
umstrittene Telefonaktion der Bundesagentur für Arbeit, bei der rund 180.000
Langzeitarbeitslose befragt wurden.
Nürnberg - Bei
fünf Prozent der Befragten hat sich gezeigt, dass diese dem Arbeitsmarkt gar
nicht mehr zur Verfügung stehen und daher aus der Statistik herausfallen
könnten", erklärte BA-Sprecher Ulrich Waschki heute. Nicht mehr statistisch
aufgeführt werden demnach zum Beispiel allein erziehende Mütter ohne
Kinderbetreuung oder Menschen, die einen Ein-Euro-Job oder ein Ehrenamt
ausüben.
Bei weiteren 16 Prozent oder knapp 29.000 ALG-II-Empfänger habe
die BA zudem "Klärungs- oder Änderungsbedarf", sagte Waschki, der damit einen
Bericht der "Financial Times Deutschland" bestätigte. Die Betroffenen würden von
örtlichen Job-Centern nun zum Klärungsgespräch eingeladen. Wenn sich ergebe,
dass auch sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, sollten auch sie aus
der Erwerbslosenstatistik genommen werden.
Hochgerechnet auf die
Gesamtzahl der knapp 2,8 Millionen als erwerbslos eingestuften ALG-II-Bezieher
könnte die Erwerbslosenzahl bei einer Fehlerquote von fünf Prozent um maximal
140.000 abnehmen. Nimmt man noch jene 16 Prozent hinzu, bei denen die BA nach
der Stichprobe Klärungsbedarf sieht, könnte die Arbeitslosenzahl rein
rechnerisch um bis zu 500.000 sinken. Hintergrund ist eine stichprobenartige
Erhebung der internen Revision der BA, die im Frühjahr ergeben hatte, dass bis
zu 20 Prozent der Daten nicht mehr aktuell sind.
Der Erwerbslosen- und
Sozialhilfeverein "Tacheles" übte scharfe Kritik an der aus ihrer Sicht
rechtswidrigen Telefonaktion und riet Betroffenen dazu, einfach aufzulegen.
"Viele Betroffene fühlen sich überrumpelt und unter Druck gesetzt. Von
Freiwilligkeit kann da keine Rede sein", erklärte Harald Thomé von "Tacheles".
Der Überraschungseffekt am Telefon könne missverständliche Aussagen geradezu
provozieren. Es sei "fraglich, ob Betroffenen über die rechtlichen Zusammenhänge
der Überprüfung und mögliche Konsequenzen bis hin zum Leistungsentzug
hinreichend aufgeklärt werden", sagte er.
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