451. Bremer Montagsdemo
am 02. 12. 2013  I◄◄  ►►I

 

Zu den neuen Mietobergrenzen gibt es in Bremen keine Wohnungen

Hans-Dieter Binder Die „Arbeitnehmerkammer“ hat ihre Broschüre „Wohnen in Bremen und Bremerhaven“ vorgestellt und im Internet das Ergebnis bereits in die Überschrift genommen: „Soziale Schieflagen auf dem Bremer Wohnungsmarkt“. Eine sehr lesenswerte Fleißarbeit – es ist aber verwunderlich, warum die Untersuchung der „Arbeitnehmerkammer“ nicht so ausgerichtet wurde, dass das Ergebnis „eins zu eins“ für die Bestimmung der angemessenen Miete gemäß SGB II et cetera genutzt werden kann.

Als auf dem Portal „Soziales Bremen“ die ab 1. Januar 2014 gültige Verwaltungsanweisung „Wohnen“ vorgelegt wurde, waren diese Fakten des Berichts der „Arbeitnehmerkammer“ den Verantwortlichen bei der Senatorin für Soziales sicher bekannt, ebenso die Ausführungen von „Analyse & Konzepte“. Auch die negativen Feststellungen der Sozialgerichte zu den Anmerkungen von „Gewos“ waren bekannt, zum Beispiel im Verfahren S21 AS 1/09 ER. Dennoch wurde all dies nicht beachtet! Die Anmerkungen von „Analyse & Konzepte“ sind daher nicht gerichtsfest.

Der Trost, dass eine Anweisung an die Verwaltung keinerlei Rechtswirkung hat, ist schwach. Es bleibt die unnötige Belastung der Anspruchsberechtigten. Wer umziehen soll oder möchte, wird die Hilfe des Gerichts im Eilverfahren beantragen müssen, weil es zu den neuen Mietobergrenzen keine Wohnungen gibt. Schon die Ausgangslage ist falsch, denn „Gewos“ hat die Mieten für Bremen insgesamt ermittelt und nicht nach Quartieren unterteilt. Das Sozialgericht hat dies beanstandet und vermutet, dass die Mieten in den einzelnen Stadtteilen unterschiedlich sind.

„Analyse & Konzepte“ hat die Mieten trotzdem wunschgemäß für Gesamt-Bremen ermittelt. Die „Arbeitnehmerkammer“ hat die Unterschiede der Quartiere in Bremen herausgearbeitet und erhebliche Unterschiede festgestellt. Die Begründung von „Analyse & Konzepte“, warum die Mieten ohne Unterscheidung der Stadtteile festgestellt wurden, und die Schlussfolgerungen der Mietpreisentwicklung von „Analyse & Konzepte“ sind durch die Untersuchung der „Arbeitnehmerkammer“ widerlegt, ebenso die Feststellung der Betriebskosten. Zusätzlich stellt sich die Frage nach der Einbeziehung von Wasser und Abwasser.

„Analyse & Konzepte“ hat nur die Situation in Gesamt-Bremen ermittelt, weil auch Berlin und München von den zuständigen Sozialgerichten als einheitliche Wohnungsmärkte bewertet werden (Seite 2, vorletzter Absatz). Diese beiden Städte haben jedoch einen qualifizierten Mietspiegel. Weitere Unterschiede sind aus der Ausarbeitung der „Arbeitnehmerkammer“ über die Wohnungsmärkte in Berlin (Seite 103) und München (Seite 112) ersichtlich. Es fehlt eine Aussage zur konkreten Erreichbarkeit der Anmietung einer angemessenen Wohnung. Die Preise für Neuvermietung stimmen mit dem Bericht der „Arbeitnehmerkammer“ nicht überein. Somit ist klar: Das schlüssige Konzept fehlt. Die Mietobergrenzen sind nichtig!

Vorschlag: Die Senatorin für Soziales akzeptiert die Werte des Wohngeldgesetzes plus zehn Prozent als Mietobergrenze, bis ein gerichtsfestes Papier für andere Mietobergrenzen vorliegt. Alles andere bedeutet wieder eine Benachteiligung der Leistungsberechtigten! Den Menschen auf Wohnungssuche ist anzuraten, die Erlebnisse aufzuschreiben. Diese Erfahrungen können für den Richter eine Entscheidungshilfe sein. Die nächste Sitzung der Deputation für Soziales beginnt am Donnerstag, dem 19. Dezember 2013, um 15 Uhr. Tagesordnung und Tagungsort stehen einige Tage vorher im Netz, spätestens am Montag vorher besteht Klarheit. Darum Montagsdemo, Kopf zeigen: Ich bin nicht einverstanden! Ich will die Zukunft lebenswert gestalten!

Hans-Dieter Binder („Die Linke“)
 
„Tickende Zeitbombe“: Große Koalition will Beitragssatz der Arbeitgeber zur
gesetzlichen Krankenversicherung einfrieren („Frankfurter Rundschau“)

 

Einer weiteren Segregation werden Tür und Tor weit geöffnet

1. Der „Datenreport 2013 – Ein Sozialbericht für Deutschland“ kommt zu dem Ergebnis, dass in Deutschland die Armut steigt, obwohl noch nie so viele Menschen erwerbstätig waren wie in den vergangenen Jahren. 2012 gab es in Deutschland 41,5 Millionen Erwerbstätige; gleichzeitig war das Arbeitsvolumen mit knapp 58 Milliarden Stunden aber geringer als 1991 mit knapp 60,1 Milliarden. Die Zahl der Arbeitsstunden, die jeder Erwerbstätige durchschnittlich leistet, nimmt seit 20 Jahren ab.

Das gern zitierte deutsche „Jobwunder“ hält keinesfalls, was mit diesem euphemistischen Namen suggeriert werden soll, denn nicht die Zahl gut bezahlter Arbeitsplätze, die ein auskömmliches Leben ermöglichen würde, nahm zu, sondern die Zahl der sogenannten atypischen Beschäftigung. Dies hat wiederum zur Folge, dass immer mehr Menschen gewollt oder unfreiwillig in Teilzeitstellen arbeiten: In den vergangenen 20 Jahren stieg die Zahl der atypisch Beschäftigten von 13 auf 22 Prozent.

Während die Arbeitslosigkeit bundesweit bei frisierten 6,5 Prozent lag, war sie in Bremen mit 11,3 Prozent beinahe doppelt so hoch. Auch ist dem Sozialbericht zu entnehmen, dass schwer wieder aus seiner Lage herauskommen kann, wer einmal in die Armut gerutscht ist. Davon am stärksten betroffen seien junge Menschen und jene, die kurz vor dem Rentenalter stünden. Bei den 18- bis 24-Jährigen sowie den 55- bis 64-Jährigen habe etwa jede(r) fünfte ein Einkommen von weniger als 980 Euro im Monat. Die Bremen sei die Situation noch prekärer, weil es hier mit 23 Prozent bundesweit die höchste Armutsquote gebe, unter der besonders Kinder und junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren leiden müssten.

Armut wirke sich auch auf die Gesundheit aus: Die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern in der unteren Einkommensgruppe liege elf Jahre niedriger als die von Männern in der höchsten, bei Frauen beträgt die Differenz immerhin acht Jahre. Oft reiche das Geld nicht aus, um sich vielfältig und gesund zu ernähren. Armut wird von vielen Betroffenen als körperlicher Stress erlebt, der zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen könne. Ich bin mir sicher, dass das Gängelband der Verfolgungsbetreuung vonseiten der Jobcenter sein übriges tut. Hier sind ein Mindestlohn, beziehungsweise ein bedingungsloses Grundeinkommen gefragt, die ihren Namen durch eine angemessene Höhe verdienen! Auch wird es Zeit, den besser verdienenden Damen und Herren endlich wieder höhere Steuern abzuverlangen!

 

Elisabeth Graf2. Eine Gruppe Bochumer Arbeitsloser fühlt sich von einem Lehrgangsinstitut verschaukelt. Sie hätten ihre Fahrkosten nicht oder nur zu geringem Teil erstattet bekommen, was pro Person bis zu 100 Euro ausmachen könne; die Kurse seien außerdem gar nicht wie angekündigt durchgeführt worden. Bei der Bochumer Zweigstelle der „TZU-Akademie“ hätten teilweise „chaotischen Zustände“ geherrscht. Eine Frau habe den Kurs vorzeitig abbrechen müssen, weil ihr das Geld für die Fahrkarten fehlte. Mir gefällt es gut, dass die zehn Teilnehmer jenes Lehrgangs ihren Frust nicht stinksauer runterschlucken wollten, sondern sich zur Wehr setzten!

Der Geschäftsführer erklärte, das Geld sei überwiesen worden, werde jedoch – wie vertraglich vereinbart – erst am Ende des Seminars ausgezahlt. Was sind das denn für Witzbolde? Ohne Fahrgeld kann doch niemand zum Kurs fahren! Die Bochumer Arbeitsagentur reagierte sogar auf die Beschwerden und telefonierte mit dem Träger. Die Arbeitsmethoden in den „Kursmodulen“ ließen bei auch bei anderen Trägern zu wünschen übrig, wenn ein einziger Kursleiter gleichzeitig drei Kurse betreute und sich die Teilnehmer selbst beschäftigen mussten. Eine Intensivbetreuung ist das wohl nicht! Ich kann mir vorstellen, wie profund sich so mancher Träger an den Kursen für Erwerbslose die Taschen füllt.

 

3. Die „Arbeitnehmerkammer“ warnt, dass Wohnen für zunehmend mehr Menschen immer unbezahlbarer wird und besonders Junge, Alleinerziehende und Senior(inn)en ständig mehr bezahlen müssten. Merkwürdig, dass in dieser Aufzählung gerade die Erwerbslosen fehlen! Zwei Drittel aller Bremer(inn)en stehen schon unter dem Druck, mittlerweile mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen aufzuwenden. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die „Gewoba“ niemandem eine Wohnung vermietet, wenn die Miete mehr als ein Drittel seines Einkommens beträgt.

Die Zahl der Bremer Mietwohnungen ging seit Ende der 1980er Jahre um neun Prozent zurück, was immerhin 11.000 Wohneinheiten entspricht. Die Zahl der Privathaushalte stieg im selben Zeitraum um elf Prozent. Der Bedarf an Wohnungen für mehrere Personen nahm ab. Deutlich stieg die Nachfrage nach Kleinwohnungen an, die sich dann erheblich verteuerten. Erschwerend kommt ein eklatanter Schwund an Sozialwohnungen hinzu, weil durch das Ablaufen der Mietpreisbindung fast 90 Prozent der 1990 noch vorhandenen 80.000 Bremer Sozialwohnungen nunmehr auf dem „freien“ Wohnungsmarkt „angekommen“ sind. Hier sind wohl eine Verlängerung bestehender Belegungsbindungen und eine Bremse für den rasanten Mietpreisanstieg notwendig!

Die 700 neuen preisgebundenen Wohnungen, die der Senat derzeit als Neuauflage des sozialen Wohnungsbaus plant, sind gerade mal ein Zischen auf dem heißen Stein, ein trauriger Witz. In der Überseestadt kostet der Quadratmeter im Durchschnitt gut 10,50 Euro Kaltmiete, in Blumenthal 5,35 Euro. Der stadtbremische Durchschnitt liegt bei 6,43 Euro, in Bremerhaven sind es 4,50 Euro. Leider ist die Erhöhung der Kosten für die Unterkunft nur eine Mogelpackung, sodass Erwerbslose keine Unterstützung vonseiten des Senates zu erwarten haben. Einer weiteren Segregation werden Tür und Tor weit geöffnet.

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend) – siehe auch „Die Linke
 
„Dafür haben wir Wahlen verloren“: Wie sich Spezialdemokraten
bei den Arbeitgebern anbiedern („Nachdenkseiten“)
 

 
Menschenverachtend, menschenunwürdig, verfassungswidrig: Die unselige
Sanktionspraxis muss beendet werden! (Petition an den Bundestag)

 

‚Hurra, ich habe einen Arbeitsplatz!‘

Es ist wahr, was immer detaillierter verdeutlicht wird von Frau Graf, und zeigt deutlich, wie die Welt tickt. Sie ist leider nicht mehr sozialistisch wie in den Sechzigern oder erhält noch gewerkschaftlich alle in den Achtzigern erreichten Werte. Jetzt ist es nur noch Marktware auf dem Arbeitsmarkt, wozu die SPD doch glatt „Wir“ sagte. Das liegt gerade an jenen selbst, die sich in diesen Arbeitsmarkt haben einbinden lassen. 42 Millionen Arbeiter begreifen wohl nicht mehr, dass jede(r) einzelne in Gefahr ist, sich im System schwächen zu lassen.

Die Uhren laufen auf verschiedenen Erdteilen zwar unterschiedlich, aber betroffen werden alle Arbeiter. Es ist eine Seuche, genau wie die Pest, die mal irgendwo an einen Punkt angefangen hat. Da können wir ruhig Namen nennen, nämlich China: Dort sind an irgendeiner Ecke, wo die Armut am größten ist, tatsächlich Ratten gekommen. Sie infizieren die Menschen mit Billig und Teuer. Teuer ist der Kredit. Das kann auch heute Indien sein, wo sich nicht wenige aufhängen, weil sie zum Beispiel von der Baumwolle nicht leben können.

Irgendeiner verrät letztlich die Gemeinsamkeit, und dann sind alle ohne Schutzwall. Da kann dich schon eine kleine Flut in Armut versetzen! Es kommt auch darauf an, die Arbeiterschaft und ihren Trend zu erkennen. Die Einstellung ist jetzt: „Hurra, ich habe einen Arbeitsplatz!“ und nicht mehr Politik, Ideologie, Mitvertreterstärke. Ohne dies wollen sie es heute alles ganz allein tun und protzen sogar schon. In Wahrheit haben schon bald alle Arbeiter ihre Macht verloren und haben sich ruhig von oben herab indoktrinieren lassen, was anderen mit Moral und Stolz von etablierten Parteien genommen wird.

Günni, der „Mann mit dem großen Hut“
 

 
„Mehr Telefonie wagen“: Unbotmäßige Parteimitglieder erhalten dieser Tage „falsche Drohanrufe“ unter der Nummer der SPD-Zentrale („Der Westen“)
 
Wie jedes Jahr plant die Bremer Montagsdemo zum Jahresende ein gemeinsames Weihnachtsfest. Es wird diesmal wieder – im Anschluss an die letzte Montagsdemo am 16. Dezember 2013 – ab circa 19 Uhr im Jugendfreizeitheim Buntentor, Geschwornenweg 11a, stattfinden. Herzlich willkommen sind alle Freundinnen und Freunde der kämpferischen Opposition, alle aktuellen und „alten“ Montagsdemonstranten und alle anderen, die sich der sozialen Bewegung gegen die Hartz-Gesetze, für die Abschaltung aller Atomanlagen, der Arbeiter- oder Frauenbewegung verbunden fühlen! Für heiße Getränke und Würstchen ist gesorgt. Benötigt werden noch Plätzchen, Kuchen, Salate und vor allem kulturelle Beiträge (Lieder, Gedichte, Sketche). Bitte meldet euch kurz zurück!
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz