"Fremdarbeiter"-Äußerung
Gysi nimmt
Lafontaine in Schutz
Die PDS-Führung wirbt bei der Basis für
die Fusion mit der WASG und die Umbenennung in "Die Linkspartei". PDS-Frontmann
Gregor Gysi verteidigte indes seinen künftigen Parteifreund Oskar Lafontaine
wegen dessen umstrittener "Fremdarbeiter"-Äußerung.
Berlin - "Was er eigentlich
meinte, war die Verhinderung von Lohndumping", sagte Gysi der "Berliner
Zeitung". "Und das ist ein zentrales linkes politisches Anliegen, auch um
Ausländerfeindlichkeit zu verhindern."
Oskar Lafontaine, ehemaliger
SPD-Vorsitzender und Spitzenkandidat der der Wahlalternative Arbeit und soziale
Gerechtigkeit (WASG), hatte den Begriff Fremdarbeiter bei einer Veranstaltung in
Chemnitz gebraucht. Gysi sagte, den Begriff benutze er selbst nicht. Den
Grundgedanken von Lafontaines Kritik teile er jedoch. "Ich bin dafür, dass ein
Baubetrieb in Berlin einen polnischen Mitarbeiter einstellt, weil er gut ist.
Aber nicht, weil er billiger ist. Ich würde es eben so sagen", sagte
Gysi.
Mit Blick auf die Entscheidung der PDS über eine Umbenennung in
"Die Linkspartei" sagte Gysi: "Wir müssen unsere Identität erweitern." Die
Zusammenarbeit mit der WASG, mit der innerhalb der nächsten zwei Jahre eine
Fusion geplant ist, sei eine historische Gelegenheit. Die Umbenennung der PDS
ist Voraussetzung für eine Kandidatur von WASG-Mitgliedern auf PDS-Listen zur
der für den Herbst geplanten Bundestagswahl. Die WASG hat sich in einer
Mitgliederbefragung mit fast 82 Prozent für eine solche Zusammenarbeit
ausgesprochen. "Hier haben wir die Chance auf eine Vereinigung in Deutschland,
wie wir sie bisher nicht kennen", sagte Gysi. Im Gegensatz zu 1990 sei nun die
Ostpartei der stärkere Partner.
Kurz vor der Parteitagsentscheidung zur
Umbenennung der PDS trat auch Parteichef Lothar Bisky Bedenken entgegen, seine
Partei werde durch die Zusammenarbeit mit der WASG ihre Identität verlieren.
Bisky sagte, er erwarte eine klare Mehrheit für die Umbenennung der PDS. Die
Zeit der Abwehrreflexe gegenüber der WASG sei vorbei.
Die Vorbehalte
nähmen ab. "Viele in der PDS erkennen, dass die Zusammenarbeit der Linken in Ost
und West ein hohes Gut ist", sagte er. Das geplante Linksbündnis wolle sich
mittelfristig als drittstärkste Kraft im Parteiensystem etablieren, sagte Bisky.
"Wir können im Bundestag eine seriöse, schlagfertige und verlässliche Fraktion
werden", sagte er. Eine Koalition mit SPD und Grünen nach der Wahl wollte Bisky
nicht ausdrücklich ausschließen. Er betonte aber, dass es das Ziel des
Linksbündnisses sei, eine starke Opposition zu werden.
Nach einer
Emnid-Umfrage erhält das geplante Linksbündnis Zuspruch aus dem Lager der
Rechtsextremen. Etwa jeder zehnte Sympathisant der Gruppierung denkt demnach
rechtsextrem. Auch die Zustimmung bei Politik-Frustrierten ist hoch. Jeder
sechste mögliche Links-Wähler gab in der Umfrage an, eigentlich mit Politik
nichts mehr zu tun haben zu wollen, beziehungsweise sich Wahlen zu verweigern.
Der Umfrage zufolge könnte die SPD insbesondere in Ostdeutschland an das
Linksbündnis Wähler verlieren. Das Bündnis könnte die Sozialdemokraten etwa drei
bis vier Prozentpunkte kosten. Aber auch für Protestwähler ist die Gruppierung
attraktiv.
Alle Rechte
vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung der SPIEGELnet GmbH