3.3.2009 | |
Betroffen sind 1500 Haushalte. Laut Landessozialgericht (LSG) hat ihnen das Jobcenter seit Einführung des Arbeitslosengeldes II (Hartz IV) zu wenig Mietzuschuss und Heizkostenerstattung gezahlt. Mal geht es um 2,55 Euro im Monat, mal um höhere zweistellige Beträge. Das Geld mussten die Betroffenen von der Regelleistung - 351 Euro für Alleinstehende ab 24 Jahre, 316 Euro für Partner, 281 Euro für Kinder ab 14 und Erwachsene bis 24 Jahre - aufbringen. Andernfalls mussten sie in eine günstigere Wohnung umziehen. Auslöser des Streits ist eine Formulierung im Sozialgesetzbuch II, wonach die Erstattung "angemessener Mieten" für einfachen Standard vorgesehen ist. "Niemand hat uns erklärt, wie man den ermittelt", sagt Sozialdezernent Stoffers. Was angemessen ist, lässt sich mit einem offiziellen Mietspiegel ermitteln. Doch stattdessen bezog die Stadt Wilhelmshaven ihre Daten aus Zeitungs- und Internetinseraten. Auch aus den Mietzuschuss-Zahlungen für Empfänger von Grundsicherung im Alter flossen Daten ein. Das LSG erkannte diese Praxis an, kam indessen zu anderen Ergebnissen. Während die Stadt nämlich auf Grundlage ihrer eigenen Erhebung die durchschnittliche Wohnungsgröße errechnete - beispielsweise 45 Quadratmeter für einen Alleinstehenden - und deren Durchschnittsmiete zum maximalen Erstattungsbetrag erklärte, errechnete das LSG einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis und multiplizierte ihn mit einer als angemessen definierten Wohnungsgröße. Und diese liegt im Fall einer Person bei 50 Quadratmetern, bei einem Paar bei 60 Quadratmetern. Deren Durchschnittspreis müsse der maximale Erstattungsbetrag sein, egal ob die Mieter tatsächlich eine kleinere oder größere Wohnung bewohnen, urteilte das Gericht in Bremen. Die Stadt mag dieser Interpretation nicht folgen. Die Auslegung des Gerichts sei fehlerhaft - etwa bei den Heizkosten. Diese werden nämlich unabhängig von der Wohnungsgröße voll erstattet. Eine Wohnung, die größer sei, als sie den Mietern zustehe, verursache auch höhere Heizkosten. Für die Zukunft werde man eine Neuberechnung veranlassen, die größere Wohnungen mit einbeziehen soll, erklärt Stoffers. Diese seien im Durchschnitt günstiger als kleine Appartements, womit die Mietzuschüsse wieder sinken würden. Stoffers bedauert die Rechtsunsicherheit für die Betroffenen. Bis zu einem letztinstanzlichen Urteil können nach seiner Einschätzung noch zwei Jahre verstreichen. Mit einem Volumen von 24 Millionen Euro seien die Mietzuschüsse jedoch der größte Posten im kommunalen 186-Millionen-Euro-Haushalt. Wer Haushaltsdisziplin wolle, der müsse verbindliche Klarheit anstreben. Rund 300 Verfahren sind in dieser Angelegenheit allein in Wilhelmshaven anhängig. Wer seine Ansprüche wahren will, muss nach dem LSG-Urteil lediglich einen Antrag auf Überprüfung beim Jobcenter stellen. Unterdessen kritisierte die Arbeitslosen-Initiative Wilhelmshaven-Friesland, nach ihren Recherchen sei für den - von der Kommune bewilligten Mietzuschuss - keine vertretbare Wohnung zu finden. |
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