213. Bremer Montagsdemo
am 05. 01. 2009  I◄◄  ►►I

 

Stoppt den Krieg
im Gazastreifen jetzt!

Die barbarischen Bombenangriffe der israelischen Luftwaffe und nun auch der Krieg der Bodentruppen gegen die Bevölkerung des Gazastreifens sind schärfstens zu verurteilen! Dieser verbrecherische Überfall ist eine absolut unverhält­nismäßige Reaktion auf den Raketenbeschuss der Hamas. Der ist zweifellos ebenfalls zu missbilligen; doch die Hamas hatte vor Kriegsbeginn den Stopp ihrer Raketenangriffe angeboten, wenn Israel die Totalabriegelung des Gazastreifens aufheben würde. Die Olmert-Regierung wollte überhaupt nicht darauf eingehen, geschweige denn verhandeln. Sie wollte Krieg! Deshalb provozierte sie unter anderem mit gezielten Hinrichtungen von Hamas-Führern aus der Luft und mit der Zerstörung eines Tunnels während der Feuerpause.

Wieland von HodenbergDie jetzt begonnene „Landoffensive“ wird noch wesentlich mehr Unheil als der Luftkrieg anrichten, Tausenden Palästinensern und Israelis das Leben kosten und weiteres unermessliches Leid für die Bevölkerung beiderseits der Grenzzäune verursachen. Dieser Krieg wird darüber hinaus mit Sicherheit den israelischen Aggressoren in aller Welt schwerste politische und moralische Missbilligungen eintragen, wie die zahlreichen Massenproteste von London bis Singapur schon heute deutlich zeigen.

Inzwischen wächst weltweit und auch in Israel selbst der Widerstand gegen die staatsterroristischen Kriegshandlungen weiter, wobei besonders die Proteste innerhalb der israelischen Bevölkerung zu unterstützen sind, die von den Medien oft kleingeredet oder ganz unterschlagen werden. Uns wird ständig suggeriert, dass eine große Mehrheit der Menschen den Krieg unterstützen und mittragen würde. Wie verlogen solche Behauptungen sind, zeigt sich schon angesichts des großen islamischen Bevölkerungsanteils in Israel!

Die israelischen Proteste passen denn auch so gar nicht in die offizielle Politik der Bundesregierung, die einer bedingungslos einseitigen Unterstützung des barbarischen Bombenkrieges und jedweder Terrorisierung der palästinensischen Bevölkerung das Wort redet. Kanzlerin Merkel behauptet, der Krieg diene nur der eigenen Verteidigung Israels. Das ist erstens eine schamlose Verdrehung der Tatsachen, denn auch dieser Krieg wurde zwecks Erringung und militärischen Absicherung der israelischen Vorherrschaft von langer Hand vorbereitet! Die offen einseitige Parteinahme für die Interessen der israelischen Regierung und Militärführung ist zweitens auch im Hinblick auf die deutsche Rüstungsunterstützung unverhohlene Beihilfe zum Massenmord!

Die israelische Friedensorganisation „Gusch Schalom“ schrieb dieser Tage in der Zeitung „Haaretz“: „Waffenstillstand jetzt! Dieser Krieg ist unmenschlich, überflüssig und schädlich. Die Tötung Hunderter Palästinenser und die Zerstörung der lebenswichtigen Infrastruktur des Gazastreifens sind abscheuliche Verbrechen. Diejenigen, die sich davon Nutzen bei Wahlen erhoffen, täuschen sich gewaltig! Im Namen Tausender Israelis, die in den Straßen Tel Avivs schon in den ersten Stunden nach Kriegsbeginn demonstriert haben, fordern wir, den Angriff auf Gaza sofort zu beenden, einen Waffenstillstand vorzuschlagen und einzuhalten, der das Ende aller Gewaltaktionen beider Seiten, die wirkliche Öffnung der Grenzen und die Beendigung der Blockade gegen die Bevölkerung des Gazastreifens umfasst, sowie in den Dialog mit Hamas einzutreten. Hamas ist ein integraler Bestandteil der palästinensischen Gesellschaft und des palästinensischen politischen Systems. Ohne ihre Beteiligung sind alle Verhandlungen und Übereinkünfte sinnlos.“

Dies wird auch von der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ so gesehen und entsprechend unterstützt. Die offenkundigen und inzwischen von Vertretern der israelischen Regierung vor aller Welt verkündeten Ziele – so die „Men­schenrechts-Liga“ – seien härteste Kollektivstrafen gegen Mitglieder und Anhänger von Hamas. Ziel sei der Sturz der von der Hamas gestellten Regierung. Das internationale Recht verbiete beides, sowohl Kollektivstrafen als auch die Einflussnahmen auf die politische Selbstbestimmung eines anderen Landes.

Wir tragen diese Einschätzungen in vollem Umfang mit und erklären uns mit der israelischen Friedensbewegung solidarisch! Wir schließen uns deren Forderungen ohne Wenn und Aber an! Auch wir fordern das sofortige Ende aller Kriegshandlungen und Embargomaßnahmen, den Stopp der illegalen Besiedlung, einen sofortigen Truppenrückzug und die Beendigung der Einkesselung der palästinensischen Bevölkerung! Insbesondere fordern wir von der Regierung Merkel/Steinmeier, dass sie sich sofort für entschiedene Maßnahmen gegen die Massaker der israelischen Streitkräfte ausspricht und sich nicht unter dem Deckmantel der deutschen faschistischen Vergangenheit versteckt. Wir fordern von der Bundesregierung weiterhin, dass sie alle deutschen Rüstungslieferungen umgehend stoppt und sich für sofortige und bedingungslose Waffenstillstandsverhandlungen zwischen Israel und der Hamas einsetzt!

Resolution der Initiative Bremer Montagsdemo. Verantwortlich für den Text:
Wieland von Hodenberg („Bremer Friedensforum“, „Solidarische Hilfe“)

 

Schluss mit dem
israelischen Völkermord!

Harald BraunAm letzten Samstag hat Bremen die größte Demonstration seit Jahren erlebt: Über 7.000 Menschen protestierten gegen den Völkermord Israels am palästinensischen Volk. Innerhalb einer Woche sind in Deutschland über 100.000 Menschen auf die Straßen gegangen. Auf der ganzen Welt waren es Millionen, die den sofortigen Stopp des Bombenterrors Israels forderten.

Die Bundesregierung deckt die israelische Aggression mit der Begründung einer „Selbstverteidigung Israels“. Das ist eine zynische Verdrehung der Tatsachen:

  1. Israel unterdrückt das palästinensische Volk seit 60 Jahren. Die Menschen arabischer Herkunft werden zu einem unwürdigen Leben gezwungen. Die Familien werden auseinandergerissen, in Gettos zusammengepfercht und als Menschen zweiter Klasse behandelt.
  2. Seit Juni 2008 bestand ein sechsmonatiger Waffenstillstand, der mehrfach von Israel gebrochen wurde. In dieser Zeit wurde keine einzige Rakete aus dem Gazastreifen nach Israel abgeschossen. Die israelische Regierung weigerte sich aber von Anfang an, die vereinbarte Wirtschaftsblockade aufzuheben. Der Gazastreifen wurde stattdessen in ein Gefängnis für 1,5 Millionen Menschen verwandelt. Waren- und Hilfslieferungen wurden gestoppt, ein Massenhungern erzwungen, Wasser und Strom abgedreht und dringend notwendige Medikamente verweigert, wodurch Menschen sterben mussten.
  3. Der Versuch der Einkreisung und des Aushungerns ist gescheitert. Der Widerstand der palästinensischen Völker konnte nicht gebrochen werden. Mit Rückendeckung der USA wurde dieser barbarische Krieg vom Zaun gebrochen. Die Aggression Israels ist ein offener Bruch des internationalen Völkerrechts. Sie muss sofort gestoppt werden!

Auch in Israel wächst der Widerstand – aber davon berichten die Medien in der westlichen Welt einfach nichts. In Israel selbst verlangen nicht nur Aktivisten der Friedensbewegung seit Beginn der militärischen Aggression deren sofortige Beendigung. Eine Anzeige von „Gusch Schalom“, dem „Friedensblock“, in der Tageszeitung „Haaretz“ am 30. Dezember 2008 fordert: „Waffenstillstand jetzt! Dieser Krieg ist unmenschlich, überflüssig und schädlich. Er bringt für Israel nichts Gutes mit sich. Die Tötung Hunderter Palästinenser und die Zerstörung der lebenswichtigen Infrastruktur des Gazastreifens sind abscheuliche Verbrechen.“

Deshalb fordert auch die Bremer Montagsdemonstration eine sofortige Beendigung der Militäraggression und den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen. Schluss mit der Unterstützung des Völkermords durch die Bundesregierung! Solidarität mit dem gerechten Begreifungskampf des palästinensischen Volkes!

Harald Braun

 

Schwachsinnige Maßnahmen
vor der Bundestagswahl

Elisabeth Graf1. Mit 7.000 anderen Menschen nahm ich am ersten Samstag des neuen Jahres an einer Demonst­ration in Bremen gegen die Gewalt im Gazastreifen teil. Aufgerufen hatten dazu mehrere palästinensische Organisationen. Ich war überrascht bis entsetzt, wie hier immer wieder auf Arabisch gerufen wurde, dass es nur einen Gott gebe, und das sei Allah (dies ließ ich mir übersetzen). Beim Versuch, für mehr Toleranz einzutreten, und dem Hinweis, dass ein Streit darüber, wer nun der „richtige“ Gott sei, doch kaum zu einer Lösung im Gazastreifen beitragen werde, wollte mich eine Araberin fast der Demo verweisen. Dabei geht es doch gegen die Gewalt im Gazastreifen, die Gewalt von beiden Seiten, obwohl im Moment die von Israel ausgehende ungeheuerlich ist. Inzwischen findet sogar schon eine Bodeninvasion statt, die das unsägliches Blutvergießen nur noch weiter verschlimmern wird!

„Kindermörder Israel“, „Frauenmörder Israel“ und „Israel raus aus Palästina“, das waren die gängigen Parolen. Ich verstehe die emotionale Betroffenheit durchaus, aber allein auf dieser Ebene geht doch gar nichts! Wenn beide Seiten so drauf sind, dann prost Mahlzeit! Sowohl Israel wie auch Palästina beanspruchen doch beide – aus wie auch immer religiösen Gründen? – das „Heilige Land“ für sich. Es sollte einmal darüber nachgedacht werden, dass Religion Rückbindung bedeutet! Es hat schon immer zu viele Kriege gegeben, die dann auch noch auf dem Rücken der Religion ausgetragen wurden, soll heißen: auf dem der Zivilbevölkerung!

 

2. Hartz IV geht ins fünfte Jahr, und nach wie vor werden die sieben Millionen ALG-II-Bezieher im Regen stehen gelassen. Gerade an Weihnachten zeigt sich besonders, wie groß die Not bei den Betroffenen ist, und dass ihnen es am Allernotwendigsten fehlt. Die rasante Zunahme der „Tafeln“ zeigt hierbei nur die Spitze des Eisberges. „Seit Hartz IV“ ist auch die Nachfrage bei den Kleiderkammern deutlich angestiegen. Die zunehmende Zahl der Besucher spricht Bände, weil die finanzielle Not immer größer wird. Wer ALG II bezieht, kann absolut keinen Anlass zur Zuversicht haben, auch wenn Bundespräsident Horst Köhler uns das glauben machen will!

Von der Lebenswirklichkeit jener vielen Menschen in Deutschland, denen es heute wirtschaftlich schlecht geht, die verschuldet und überschuldet sind, denen das Geld hinten und vorn nicht reicht, hat dieser Bundespräsident keine Ahnung – oder er schweigt sich absichtlich und auch an Weihnachten zu diesem Thema aus. Betroffene haben es in diesen Tagen nur zu deutlich erleben können. Während die Bundesregierung das Kindergeld um zehn beziehungsweise 16 Euro erhöht hat, gehen Kinder mit Sozialleistungen mal wieder leer aus. Dabei machen sich gerade bei ihnen zehn Euro mehr im Monat spürbar bemerkbar. Aber noch nicht mal dieser Tropfen auf den heißen Stein wird den betroffenen Kindern von ALG-II-Beziehern zugestanden. Diese Zuspitzung lässt sich dann nur noch als von der Regierung verordnete Armut und Ausgrenzung bezeichnen!

 

3. Der Generalsekretär der „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“, Angel Guirra, erwartet bis zum Jahre 2010 zwischen 20 und 25 Millionen mehr Arbeitslose. Allein für die OECD-Zone prophezeite Guirra acht bis zehn Millionen zusätzlich. Hierbei sehe es besonders im Bauwesen ganz besonders düster aus. Auch in Deutschland ist mit einer erheblichen Zunahme von Arbeitslosen zu rechnen. Weil bei uns jedoch am 27. September 2009 gewählt wird, werden vorher immer mehr Erwerbslose in Maßnahmen gesteckt. Die Jobcenter und die argen Argen bemühen sich offenbar darum, die Arbeitslosenzahlen zu senken, und scheuen sich dabei nicht, tief in die Trickkiste zu greifen. So beklagen sich immer mehr ALG-II-Bezieher darüber, dass sie von ihren Vermittlern in sinnlose, sich ständig wiederholende „Bildungsmaßnahmen“ gezwungen werden. So soll sich im Landkreis Bad Doberan eine Mutter von zwei Kindern einer achtmonatigen „Bildungsmaßnahme“ aussetzen, obwohl diese überhaupt gar nichts mit ihrem Beruf zu tun hat und sie diesen Kurs bereits zwei Male absolviert hat!

Allein in Mecklenburg-Vorpommern sollen bis zu Tausend ALG-II-Bezieher in irgendwelchen Maßnahmen verschwinden, die just bis zum September dieses Jahres andauern. Da soll dann ein arbeitsloser Bürokaufmann als Modellbauer bei einem Träger tätig werden oder eine arbeitslose Journalistin als Gärtnerin auf der „Buga“ in Schwerin. Es liegt auf der Hand, dass sich ihre Chancen für ein Arbeitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt hierdurch ganz ungemein erhöhen werden! Alle Maßnahmen sind ausgerechnet bis zum September 2009 befristet, und die betroffenen Personen haben seit zwei Jahren keine Arbeit bekommen, obwohl sie sich intensiv über die Bundesagentur hierum bemühten. Ansonsten bleibt noch das arbeitsplatzvernichtende Instrument des Ein-Euro-Jobs übrig, um die Statistik aufzuhübschen. Die zu Landtags- oder Bundestagswahlen übliche „Korrektur“ der Arbeitslosenzahlen nach unten hat selbstredend gar nichts mit Arbeitsbeschaffung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu tun, sondern dient ausschließlich der Kosmetik der Statistik.

Die Leidtragenden sind die ALG-II-Bezieher, weil sie in immer weniger Fällen etwas dagegen tun können. Wer eine Maßnahme ablehnt, wird sofort mit Kürzung des ALG II bestraft. Aber die argen Argen zwingen die Erwerbslosen auch zu „Schwachsinn für geistig Minderbemittelte“ als ob ein sich emsig abstrampelnder Hamster im Laufrad in Wirklichkeit auch nur einen Zentimeter vorankäme. Die Illusion vom Vorwärtskommen allein durch Bewegung hat per se nun mal erste Priorität! Hier zeigt sich mal wieder die Absurdität der Verfolgungsbetreuung von Seiten der Argen, die offenbar leugnet, dass Bewegung zielgerichtet und sinngebend sein muss, soll mensch zum Ziel kommen können! Oder aber es gibt verschiedene Ziele: Erwerbslose wünschen sich händeringend einen anständig bezahlten Job, und der Arbeitsagentur geht es augenscheinlich angesichts nicht vorhandener Arbeit für alle nur um Euphemisierung bei der Arbeitslosenstatistik!

 

4. Den sogenannten Tafeln, die überall wie Pilze aus dem Boden schießen, weil der Staat seine erwerbslosen Bürger mit ihren Familien systematisch verarmen lässt und sich aus der Verantwortung zieht, kommt eine immer größere Bedeutung zu. Heute versorgen in der Bundesrepublik rund 800 Lebensmittel-„Tafeln“ – etwa drei Mal so viele wie noch im Jahr 2000 – fast eine Million Menschen. Früher erfolgte die Armenspeisung in Suppenküchen, heute eben bei den „Tafeln“. Die „Tafel“-Bewegung gilt als größte Bürgerbewegung des Landes und wird inzwischen von großen Unternehmen wie Daimler, Lidl, Aldi oder Rewe „unterstützt“. Entgegen der landläufigen Meinung kommen nicht nur Obdachlose, sondern auch immer mehr ALG-II- oder Sozialhilfebezieher, denn die sogenannte Grundversorgung reicht halt nicht als Existenzminimum aus.

Die „Tafeln“ sind keine rein soziale Einrichtung, sondern führen inzwischen zu einem Synergie-Effekt: Sie helfen nicht nur den im Stich gelassenen Beziehern von zu niedrigen Transferleistungen dabei, dennoch über die Runden zu kommen, sondern auch den scheinbar so spendierfreudigen Unternehmern. Wenn sie Lebensmittel nicht verschenken würden, müssten sie diese vernichten, und das kostet natürlich. Seit Millionen vormals ganz normaler Bürger am Tropf von Hartz IV hängen, kann immer mehr „Kundschaft“ für die „Tafeln“ angeworben werden. So können die Spender auch weiterhin von den „Tafeln“ profitieren, dürfen Lebensmittelhersteller 120 bis 140 Prozent des Bedarfs produzieren, um „Engpässe“ auszugleichen. 20 bis 40 Prozent werden also bewusst für den Müll produziert, oder eben für die Ausgegrenzten der Gesellschaft, was durch die menschenverachtende „Globalisierung“ synonym zu werden scheint.

 

5. Jedes fünfte Rüsselsheimer Kind lebt unter Hartz-IV-Bedingungen, was ja verglichen mit Bremen beinahe noch „gut“ ist! Der Verein „Main-Kinderkram“ hilft mit Unterstützung der Spendenaktion „Leser helfen“ der Zeitung „Main-Spitze“ dort aktiv, wo Kinder unter Armut und Ausgrenzung leiden. Denn es scheint „angekommen“ zu sein, dass Armut und Ausgrenzung gerade bei Kindern einen Mangel an Möglichkeiten bedeutet. Kinder verarbeiten ihre schwierige Lebenssituation nicht mit dem Verstand, sondern reagieren oft mit auffälligem Verhalten. Einerseits wird darüber berichtet, dass es bei Hartz-IV-Leistungen im Gegensatz zur früheren Sozialhilfe keine Gelder für einmalige Bedarfe wie die Reparatur einer Waschmaschine gibt. Andererseits wird daraus nicht der zwingende Schluss gezogen, dass ein Ansparen heute gar nicht möglich ist, sondern lapidar formuliert, dies erfordere eine eiserne Disziplin.

Hilfe und Spenden sollen organisiert werden, weil das Geld eben doch nicht zum Leben ausreicht. Aber den „Armen aus den bildungsfernen Schichten“ fehle es halt an der nötigen Disziplin und, nicht zu vergessen, an den der erforderlichen Kompetenz, mit Geld richtig umzugehen, sodass dann im Wohnzimmer der teure Fernseher stehe, während im Kinderzimmer das Bett fehle. Ohne eine reelle Portion Hetze, dass offenbar der Mangel, die Hilfsbedürftigkeit den Einzelnen anzulasten sei, geht wohl gar nichts mehr! Sollen uns hier sieben Millionen individualisierte Problemfälle vorgegaukelt werden, obwohl es um ein gesellschaftliches Problem geht, eine Form von struktureller Gewalt? Mich kotzt die pseudowohlmeinende und doch so herablassende Art an, in der dieser Artikel geschrieben ist!

 

6. Seit dem 1. Januar 2009 bekommen Kinder, die keine Hartz-IV-Leistungen beziehen, zehn beziehungsweise 16 Euro mehr Kindergeld. Die Bundesregierung erkennt damit an, dass alle Kinder mehr brauchen. Nur Kinder aus Hartz-IV-Familien schließt sie von der Erhöhung aus, denn bei ihnen wird das Kindergeld auf den Regelsatz angerechnet. Schlimmer noch: Die Bundesregierung hält auch jetzt noch daran fest, Kindern im Alter von sieben bis 17 weiterhin nur eine um rund 40 Euro gekürzte Regelleistung zu zahlen. Seit Einführung von Hartz IV weigert sie sich anzuerkennen, dass Kinder von sieben bis 13 Jahren wachstumsbedingt einen höheren Regelsatz brauchen als Säuglinge und dass Jugendliche sogar einen höheren Bedarf haben als erwachsene Haushaltsangehörige. Das „Bündnis gegen Kinderarmut durch Hartz IV“ fordert deshalb die sofortige Wiederanerkennung des Wachstumsbedarfs von Kindern im Alter von sieben bis 17 Jahren, das heißt die sofortige Rücknahme der Kürzung ihrer Regelleistung.

 

7. Es hat zwar unglaublich lange gedauert, aber immerhin ist endlich sogar beim DGB angekommen, was die Montagsdemos seit über vier Jahren propagieren und anprangern: dass nämlich Ein-Euro-Jobber als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. In einem Interview wirft Michael Sommer den Kommunen vor, diese Menschen auszubeuten. Dass dies schon immer der Fall gewesen ist, hat er bisher offenbar nicht begriffen. Dass 15 Prozent der Ein-Euro-Jobber anschließend in reguläre Arbeitsverhältnisse gekommen seien, halte ich auch für ein leicht widerlegbares Gerücht, denn allerorten ist gerade mal die Rede von höchstens vier Prozent, wobei aber nicht mal näher erläutert wird, ob der Lohn noch mit ergänzendem ALG II aufgestockt werden muss oder das Arbeitsverhältnis zeitlich befristet ist. In dem Punkt, dass der Ein-Euro-Job so ziemlich die erfolgloseste Arbeitsmarktmaßnahme ist, bin ich mit ihm ausnahmsweise einer Meinung. Selbstverständlich sind die Ein-Euro-Jobs eine Form der verdeckten Arbeitslosigkeit und natürlich wird dadurch reguläre Arbeit weggenommen. Ansonsten erhob der DGB-Chef endlich die Standardforderungen aller anderen sozialen Organisationen.

 

8. Die Lehrergewerkschaft GEW und der Personalrat bemängeln, dass es an den Bremer Schulen zu viele Leiharbeiter gebe. Für Betreuung und Förderunterricht sind demnach zurzeit über tausend Kräfte von ganz unterschiedlichen Trägern im Einsatz. Dazu kommen noch mal hundert Ein-Euro-Jobber. Personalrat und Gewerkschaft sprechen von Beschäftigten zweiter Klasse. An ein und derselben Schule könnten mehrere Erzieher und „Assistenten“ von verschiedenen Trägern zu unterschiedlichen Tarifen arbeiten. Zur Dienstzeit von Willy Lemke wurde die Fremdbeschäftigung massiv ausgeweitet. Mit der jetzigen Bildungssenatorin sollen feste und reguläre Arbeitsverhältnisse ausgehandelt werden. Blöderweise sieht Renate Jürgens-Pieper keine Veranlassung, das System zu verändern. Schließlich geht es ja nicht um Lehrer, sondern bloß um „Assistenten“, die halt flexibel eingesetzt werden! Wenn tatsächlich alle Träger nach Tarif bezahlen, frage ich mich, wozu wir in Deutschland überhaupt noch Gewerkschaften haben.

 

9. Wegen eines Antragsrückstaus standen am Morgen des 2. Januar 2009 allein bei der Arge Köln-Süd Hunderte von Hartz-IV-Beziehern ohne Geld da. Eine Vertreterin der „Linken“ erklärte gegenüber dem „Erwerbslosenforum Deutschland“, dass der Partei eine Verwaltungsmitteilung an den Rat der Stadt Köln vorliegt, wonach schon im Oktober ein Antragsrückstau bei den Leistungen von circa 30.000 vorgelegen habe. Etwa 40 Menschen aus verschiedenen Erwerbsloseninitiativen versammelten sich in der Arge, um noch am gleichen Tag die Auszahlungen für die Betroffenen durchzusetzen. Aushändigungen von Lebensmittelgutscheinen oder Teilbeträgen sollen keinesfalls akzeptiert werden. Martin Behrsing vom „Erwerbslosenforum“ erklärt dazu: „Es ist keineswegs hinnehmbar, dass wegen organisatorischer oder personeller Engpässe Betroffene ohne Leistungen dastehen müssen. Schließlich ist es der zweite Tag im neuen Jahr, das Weihnachtsfest ist vorüber, jegliche Vorräte sind längst aufgebraucht, jedoch stehen schon wieder neue Verpflichtungen an, wie bei allen anderen Menschen auch. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die betroffenen Menschen seit Monaten keine Sicherheit haben!“

Elisabeth Graf (parteilos, aber Partei ergreifend)
 
CDU-nahe Hilfstruppe mit Vokabular aus der Mottenkiste: „Gewerkschafter“
machen Wahlkampf gegen hessische „Linke“ („Spiegel-Online“)
 
Existenzsicherndes Nettoentgelt in Höhe von monatlich 950 Euro gefordert: Linksfraktion schlägt Programm für gemeinnützige Arbeit vor („Newsticker“)
 
Allgemeine Steuersenkung sind abenteuerlich: Konjunkturpolitische Maßnahmen der Bundesregierung werden Situation nicht gerecht („Junge Welt“)

 

Jetzige Krise stellt Existenzberechtigung des Kapitalismus infrage

Wolfgang LangeWas hat sich zum Jahreswechsel geändert? Das Kindergeld wurde um zehn beziehungsweise 16 Euro erhöht. Das ist schon lächerlich genug, aber Hartz-IV-Empfänger sollen gar nichts davon bekommen! Da die Erhöhung nicht angerechnet wird auf vor dem 1. Januar 2009 begonnene Bewilligungszeiträume für ALG II, sollten alle, denen es angerechnet wird, sodass sie keine Erhöhung bekommen, Widerspruch einlegen. Außerdem kommt das „Schulbedarfspaket“ von 100 Euro pro Schuljahr. Es gilt freilich nur bis zur zehnten Klasse. Arme sollen also kein Abitur machen und studieren!

2,5 Millionen Menschen in Deutschland leben bereits offiziell in Armut, immer mehr Jugendliche sind obdachlos und haben Hunger. Wir fordern einen sofortigen Hungerzuschlag von 50 Euro und eine Erhöhung des Regelsatzes auf 450 Euro! Dessen ungeachtet gilt weiterhin: Weg mit allen Hartz-Gesetzen! Laut Verdi wurden in Deutschland seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise bereits 100.000 Leiharbeiter entlassen, in Japan 80.000. Dort müssen zum Beispiel die entlassenen Toyota-Arbeiter auch gleich aus ihren Wohnungen ausziehen!

Dabei ist Geld vorhanden, als wäre es Dreck: Für 500 Milliarden Dollar kauft die US-Notenbank „faule“ Kredite auf! Nutznießer sind die Banken, vor allem die Hypothekenfinanzierer. In Deutschland gingen je 30 Milliarden Euro an die HSH-Nordbank und an Hypo Real Estate, 15 Milliarden an die Bayern-LB, fünf Milliarden an IKB, und die Commerzbank bekommt 8,2 Milliarden Euro in bar als „stille Einlage“ – nach dem Schlucken der Dresdner Bank muss sie diese schließlich erst in Ruhe verdauen können! Das waren nur ein paar Beispiele.

Der Strompreis stieg in Deutschland im letzten Jahr um durchschnittlich 50 Prozent. Die großen Energiekonzerne RWE, EON, Vattenfall und EnBW haben seit 2002 circa 100 Milliarden Euro Gewinn gemacht! Wir dürfen nicht auf die Propaganda der Regierung reinfallen, sie täte alles, um Arbeitsplätze zu retten. Nein, sie tut alles, damit die deutschen Monopole die Krise unbeschadet überstehen und womöglich noch die ausländischen Konkurrenten aus dem Feld schlagen können! Für die Arbeiter und Angestellten wie für die Arbeitslosen ist 2009 deshalb nicht „Verzicht“ angesagt, sondern der Kampf gegen Regierung und Monopole!

Zu einer Verschärfung des Kampfes wird es von beiden Seiten kommen. Die Monopole werden alles tun, um die Krisenlasten mithilfe der Regierung auf die Massen abzuwälzen. Wir dagegen müssen alles tun, dass sie damit keinen Erfolg haben, und unsererseits offensive Forderungen aufstellen. Die jetzige Krise stellt die Existenzberechtigung des Kapitalismus infrage – aber keiner soll meinen, dass er von allein verschwindet! Seine Nutznießer werden ihn mit Zähnen und Klauen verteidigen und vor keiner Schandtat zurückschrecken. Schäubles Angriffe auf die demokratischen Rechte wie die Vorratsdatenspeicherung seit Jahresbeginn sind nur ein Vorgeschmack. Den Menschen, die noch nicht auf die Straße gehen, werden wir helfen, dabei durchzublicken – und sich uns anzuschließen!

Wolfgang Lange ist Bremer Kandidat der MLPD (Offene Liste)
für die Bundestagswahl 2009

 

Den Kapitalismus
für die Monopole retten?

Das große Redebuch
Band I (2004/2005):
Schröders Hartz-Attacke und 
seine vorgezogene AbwahlIns neue Jahr startete die 213. Montagsdemo in Bremen am 5. Januar 2009 wieder um 17:30 Uhr auf dem Marktplatz bei knackig kaltem Wetter. Der Mond schien auf uns, als wir von zuerst knapp 15 doch noch 30 Teilnehmer wurden. Nach Begrüßung und guten Wünschen standen die begonnene Wirtschaftskrise und die Politik der Regierenden, den Kapitalismus für die Monopole und Spekulanten zu retten, im Mittelpunkt. Es war auch einiges zu sagen zum andauernden Angriff Israels auf das palästinensische Volk. Wir beschlossen fast einstimmig – bei einer Enthaltung – eine Resolution zum sofortigen Ende der Angriffe, wie es auch die israelische Friedensbewegung intensiv fordert.

Auch wenn wegen der Kälte die Teilnehmerzahl nicht so großartig war, ist es notwendig, hier zu allen möglichen Fragen und Themen Stellung zu nehmen. Die Forderung „Weg mit Hartz IV!“ steht im Zentrum, aber die Friedensfrage oder die Entwicklung zu einer Weltklimakatastrophe kann uns nicht schweigen lassen. Die Montagsdemo ist die einzige regelmäßige politische Veranstaltung und Kundgebung in Bremen. Das Offene Mikrofon ist für alle außer Faschisten da. Nutzen wir es für einen breiten Dialog, um alle Kräfte zu bündeln, für einen breiten aktiven Widerstand gegen die herrschende Politik!

Jobst Roselius für die „Bundesweite Montagsdemo
www.Bremer-Montagsdemo.de – 17:30 Uhr am Marktplatz