Private Entsorger
nicht immer billiger Kommunen müssen Dumpinglöhne
ausgleichen Von unserer Mitarbeiterin Karina
Skwirblies |
BREMEN. In Bremen ist die Entsorgung wie in
vielen deutschen Kommunen seit Jahren in privater Hand. Die Entsorgung
Nord GmbH und Hansewasser kümmern sich um Abfall und Abwasser der Bürger.
Doch es gibt Kommunen, die zurückrudern. In Bergkamen, Frödenberg und
Dortmund zum Beispiel haben die Kommunen die Entsorgung wieder in eigene
Hände genommen. Mit Erfolg, wie die Teilnehmer einer Tagung erfuhren, zu
der der Fachbereich Nautik und Internationale Wirtschaft der Hochschule
Bremen eingeladen hatte. Rund 50 Experten des Entsorgungsbereichs,
Belegschaftsvertreter und Wissenschaftler kamen zu der Konferenz
"Privatisierung oder Rekommunalisierung der Entsorgung".30 Prozent
günstiger sei jetzt die kommunale Abfallbeseitigung in Bergkamen,
berichtete Hans-Joachim Peters von der Stadtverwaltung der 50 000
Einwohner-Gemeinde. Die Verwaltung sei abgebaut worden, der Betrieb
technisch modernisiert und bürgerfreundlicher. Neu angeschaffte Müllwagen
könnten von einer Person allein gefahren werden. Doch dieses Modell könne
nicht auf jede Gemeinde übertragen werden, waren sich die
Tagungsteilnehmer einig. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen müssten
berücksichtigt werden.Häufig sei der Grund für die Privatisierung die
kommunale Finanznot, war die Erfahrung der Experten. Doch die Hoffnung auf
finanzielle Entlastung erfülle sich oft nicht. Zum einen sei die
Kostenreduktion selten oder gar nicht beim Bürger angekommen. Zum anderen
seien die Kommunen durch Sozialleistungen weiterhin an den Kosten
beteiligt. Belegschaftsvertreter erzählten auf der Tagung, dass nach ihren
Erfahrungen Angestellte von Subunternehmen der privaten Entsorger mitunter
einen Stundenlohn von 4,91 Euro erhielten. Die Angestellten bekämen
ergänzende Sozialleistungen, die wiederum zu Lasten der Gemeinden gingen.
Einen Mindestlohn in diesem Bereich forderten deshalb die anwesenden
Gewerkschafter von Ver.di. Dem stimmte auch Dagmar Timm vom Bundesverband
der Deutschen Entsorgungswirtschaft zu.Auf keinen Fall sollten sich die
Kommunen völlig aus der Entsorgung zurückziehen, war die übereinstimmende
Auffassung der Anwesenden. Nötig sei immer zumindest ein Modell von
Öffentlich-Privater-Partnerschaft. Für Bremen sieht Professor Ernst
Mönnich ein Desinteresse der Politik: "Politiker kümmern sich nicht mehr
so um dieses Thema, wenn es privat ist. Im neuen Koalitionsvertrag steht
nichts mehr dazu drin." Doch es bestehe auch in Bremen Gestaltungsbedarf,
meinte Ernst Mönnich. Er kritisierte die Abfallentsorgung als
kompliziertes, bürgerunfreundliches System. Durch Steuergelder, die die
privaten Dienstleister - auch an den Bund und andere Länder - zahlen
müssten, sei Bremen im Abwasserbereich in den vergangenen acht Jahren ein
Verlust von rund 200 Millionen Euro entstanden. Diese Steuern würden vom
Gebührenzahler aufgebracht.Außerdem dürften für den Schutz vor
Überflutungen nicht nur die Hausbesitzer in die Pflicht genommen werden.
Auch das Kanalnetz müsse sich dem Problem stellen. Die Verträge in Bremen
für die private Abfallentsorgung bestünden bis 2018. Dann könne und solle
über eine Rekommunalisierung nachgedacht werden, erklärte Georg Musiol aus
dem Umweltressort. |