Neuer Ärger um
Bagis-Bescheide
Innenrevision beanstandet 40 von 100 Akten
Von unserem Redakteur Bernd Schneider
BREMEN. Die Bagis, zuständig für Hartz-IV in Bremen, steht auch
intern in der Kritik. Nachdem vor Monaten der Landesrechnungshof fast
60 Prozent der Bescheide beanstandet hatte, kommen Prüfer der
Bundesagentur für Arbeit (BA) auf eine Fehlerquote von 40 Prozent. Das
geht aus einem internen Revisionsbericht hervor.Die unterschiedlichen
Zahlen erklären sich aus den verschiedenen Prüfungsfeldern. Der
Rechnungshof hatte jene Hartz-IV-Leistungen im Blick, die den Bremer
Landeshaushalt belasten: Miete und Heizung. Die BA - sie ist Partner
der Stadt Bremen bei der Bagis - hat nun jene Anteile unter die Lupe
genommen, für die sie finanziell aufkommen muss: Arbeitslosengeld (Alg)
II und Hilfen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, also
Ein-Euro-Jobs, Trainings- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM).100
Akten aus laufenden Fällen haben die Prüfer gezogen. Was die
Alg-II-Zahlungen angeht, haben sie 76 Fehler gefunden, verteilt auf 40
Akten. Sehr oft haben Sachbearbeiter Einkommen, Vermögen oder
Unterhaltsansprüche falsch angerechnet - teils zugunsten, teils
zulasten der Antragsteller.So wurde laut Revisionsbericht in mehr als
jedem zweiten Fall nicht geprüft, ob Unterhaltsansprüche gegenüber
einem geschiedenen Ehepartner oder für Kinder bestehen. Teils wurde
bekanntes Einkommen - zum Vorteil des Empfängers - nicht angerechnet.
Zum Nachteil des Empfängers wurden Selbstbehalte von erzieltem
Einkommen ignoriert, pauschale Ansprüche für Versicherungen nicht
gewährt und notwendige Aufwendungen für das Berufsleben nicht
anerkannt.Vermögen wird in 60 Prozent der Bescheide falsch
berücksichtigt. Allerdings verfügten nur fünf der 100 geprüften
Hartz-IV-Familien über Guthaben oder Immobilien. Die hohe Fehlerquote
wird im Prüfbericht daher als "nicht unbedingt repräsentativ"
bezeichnet. Nie richtig berechnet sei der Mehrbedarf
Behinderter.Weitere Ergebnisse: Für fast jede zweite ABM war "nicht
nachvollziehbar dokumentiert", warum sie notwendig war. Einstiegsgeld -
es wird zusätzlich zum Alg II gezahlt, wenn ein Hartz-IV-Empfänger sich
selbstständig macht - wurde meist ohne erkennbare Begründung gezahlt.
In jedem vierten Fall hat die Bagis nicht einmal geprüft, ob der
Betreffende eine selbstständige Tätigkeit überhaupt angemeldet hat. Und
in jedem dritten Fall wurde nicht geprüft, ob die Firma Gewinne
abwirft, die auf das Alg II angerechnet werden müssten.Für
Ein-Euro-Jobber ist selten dokumentiert, wie der "berufspraktische
Einsatz" aussieht, der zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt beitragen
soll. Für jeden Zweiten fehlte die geforderte "Teilnehmerbeurteilung"
des Arbeitgebers. Wo sie doch vorlag, hat die Bagis nur jede zweite
ausgewertet.So gilt die Aktenführung nach dem Bericht als
"verbesserungsbedürftig". Unterlagen sind nicht chronologisch sortiert,
Akten nicht durchnummeriert, teils fehlen die "bekannten
Hintergrundinformationen sowie entscheidungsrelevanten
Begründungen".Frank Münkewarf von der Bagis betont: "In die Prüfung
sind viele Fälle aus 2005 eingeflossen - das war unser Aufbaujahr."
Gerade im dem stark fehlerbehafteten Bereich "Unterhalt" seien
Sachbearbeiter kaum geschult. "Das ist ein sehr komplexes
Rechtsgebiet." So sehe man den Revisionsbericht "als wichtigen
Fingerzeig, in welchen Bereichen wir besser werden müssen".Im
Bundesvergleich habe die Bagis allerdings gut abgeschnitten. Die BA
habe zehn Einrichtungen geprüft, im Schnitt habe die Fehlerquote bei 60
Prozent gelegen.
http://www.weser-kurier.de/20070407/btag_452_32303037303430373030393834.php?MeldungsID=2007040700984&co=1&ressort=BTAG%2FGES%2FBREMEN%2F01&ueberschrift=Neuer+%C4rger+um%0ABagis-Bescheide%0A&