11.2.2007

Behörde: Keine Zwangsumzüge
Aufforderungen zur Mietkürzung werden aber weiter verschickt

Von unserem Redakteur
Bernd Schneider

BREMEN. Hartz-IV-Empfänger in zu teuren Wohnungen bekommen die volle Miete erstattet, wenn sie keine günstigere Bleibe finden. Das betont SPD-Sozialstaatsrat Joachim Schuster. Sie müssen aber nachweisen, dass sie sich "ausreichend, aber vergeblich um eine Senkung ihrer Mietkosten bemüht haben" und "eine günstigere Wohnung nicht zur Verfügung steht". Die Bagis werde aber weiter dazu auffordern, zu hohe Mieten zu senken. Das wiederum stößt auf den Widerstand der Grünen.Denn das verunsichere Hartz-IV-Empfänger unnötig, meint der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Dirk Schmidtmann. "Die Menschen stehen unter einem erheblichen psychischen Druck, wenn sie anfangen zu suchen und merken: Sie finden nichts." Zumindest das von der Behörde in Auftrag gegebene Gutachten müsse abgewartet werden. Es soll abermals prüfen, ob die Mietobergrenzen zu eng gesetzt sind. Grund: Heute gebe es mehr Hartz-IV-Haushalte als zur Zeit eines ersten Gutachtens 2005.Der Angst vor "Zwangsumzügen" tritt Staatsrat Joachim Schuster allerdings entgegen: Es habe bisher keine gegeben "und es wird keine geben", sagte er. Die Bagis sei angewiesen, "die aktuelle Situation am Wohnungsmarkt zu berücksichtigen". Wer krank ist, behindert oder lange in einer Wohnung wohnt, könne bis 50 Prozent mehr Miete erstattet bekommen, sagte Schuster, teils sogar darüber.Schmidtmann kritisierte indes: "Die Menschen wissen gar nicht, auf welche Ausnahmetatbestände sie sich berufen können." Die Bagis lehne Anträge zudem meist mit "Textbausteinen" und ohne individuelle Begründung ab. Das sei nicht zulässig. Auch im Sozialressort wird kritisiert, dass Ausnahmen zu selten anerkannt würden.Den Antrag der Grünen, Hartz-IV-Empfänger generell nicht mehr zur Senkung ihrer Mietkosten aufzufordern, lehnte nicht nur das Ressort ab. Auch der SPD-Sozialpolitiker Wolfgang Grotheer ist dagegen. Die Aufforderungen hätten schließlich "keine Rechtsfolgen". So gebe es auch keinen Grund, sie auszusetzen. Sollte ein Sachbearbeiter die Miete kürzen, müsse er das künftig vorab mit seinem Vorgesetzen klären. Grotheer: "Es gilt das Vier-Augen-Prinzip." Sobald die Bagis Mietkürzungen umsetzt, können die Betroffenen Widerspruch einlegen und vor Gericht ziehen, heißt es bei Beratungsstellen wie der Solidarischen Hilfe. Erste Mietkürzungen seien dort bereits bekannt. Bislang lägen sie aber noch im niedrigen zweistelligen Bereich. Das sei zu wenig, um schon in einem Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten die volle Zahlung einzuklagen.

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